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Sonntag, 14. Januar 2018

Tipps vom 08.01. - 14.01.2018


Liebe Leser,

nun schau mal einer an, ich habe seit langem mal wieder einen neuen Post innerhalb einer Woche nach dem letzten zusammengekriegt. Unglaublich, dass ich mir das selbst beweisen musste, aber in diesem Fall klappte es vor allem dank meiner neuesten Methodik, jede Filmbesprechung auf eine reguläre Notizseite zu beschränken - handschriftlich wohlgemerkt, damit sich nicht so viel im Nachhinein verändern ließe. Das hat doch Potenzial für die Zukunft, newa? Mir ist natürlich bewusst, dass es noch eine abgespeckte Version von dem ist, wie es zu manch anderen Zeiten hier abging, ich hoffe, dass ich da nicht euren guten Willen mit überstrapaziere. Aber nichtsdestotrotz, bevor wir uns den jüngst versammelten Empfehlungen widmen, möchte ich noch einige Bonusmaterialien erwähnen, welche ich über die Tage besonders genossen habe. In erster Instanz sei da der Audiokommentar Mike Siegels (der Mann, der immer frägt sagt) auf der neuen Blu-Ray zu Sergio Corbuccis „Leichen pflastern seinen Weg“ genannt, welcher sich recht gemütlich dem technischen Know-How und biographischen Einzelheiten jener Produktion widmet, freimütig oft ins Detail geht und den Kern damit umso größer schürt, bis dann auch noch pralle Zitate die Schnüre legen. Es zeigt sich eine ganz bescheiden agierende Liebe zum Sujet (selbst der Hinweis auf Filmfehler ist eine sehr versöhnliche Angelegenheit), gepaart mit der richtigen Portion „Ich finde es scheiße, dass...“, die ich mir dann auch spontan zur vollen Länge gab. Und dass die Abtastung einer zeitbedingt verranzten 35mm-Kopie des Films ebenso an Bord ist, stimmt umso froher.


An zweiter Stelle möchte ich sodann das Bonusmaterial der 3. Staffel „Twin Peaks“ hervorheben, an dem man gut und gerne den ganzen Tag aufopfern mag, so wie sich die Behind-the-Scenes-Impressionen des Jason S. zu knapp 5 Stunden ballen. Der Rahmen dazu gibt sich als außerweltliche Fly-on-the-Wall, was entgegen bloßen Footage-Abarbeitens einigermaßen gut als Wahrnehmungssubversion/-Obsession gen inszenierten/echten Lebens funktioniert. Ab und an wirkt es auch kitschigst verkopft, wenn es davon ausgeht, dass einem der Kontext zu allem Gezeigtem nicht bekannt wäre. Sehr stark dagegen ist der Eindruck davon, wie David Lynch Regie führt und welch Ekstase selbst dort zu Tage tritt, wie er seine Mitwirkenden in Stimmungen lockt und stürzen lässt. Zum Ende jedes fertig gedrehten Parts gibt es sodann ein Abschiedsritual und man hängt da wie jeder Anwesende mit drin in Geschehen und Emotionen. Größtenteils bleibt dieses Werk vermittelter Transfixion natürlich ein Porträt des Regisseurs an sich und da wird es intim in Überlänge, auch frustrierend bei manch Produktionsumstand. Dann ist man auch mal am Set-Runnen zuhaus, wenn die Erkenntnisse länger auf der Maloche ruhen bleiben - bei aller vorgezeigten Schaffensstärke findet man dennoch ein Gros an Inspiration, kann ich nur empfehlen. Übrigens, es gibt nun auch endlich einen Termin für die deutsche Veröffentlichung der Heimkino-Variante jener Staffel - und zwar der 22. März! Vormerken und nachmerken, jajaja!

Gut, die Geschichten sind durch, nun folgen noch zwei Erlebnisse aus meiner Welt der Träume, welche ich die Woche schon über Twitter geteilt hatte. Danach legen wir aber mit den Filmen los, versprochen - ich möchte die hier nur chronologisieren, damit ich zum Ende des Jahres nicht wieder solange nach ihnen suchen muss:


So, genug der totalen Erinnerung, jetzt kommt das Spektrum an vorbehaltsloser Empfehlung (u.a. geborgen aus dem letzten FILMABEND via Siegfried Bendix sowie dem auf Twitter und Co. stattfindenden #Japanuary) zu euch in Herz und Hirn - möchte ich jedenfalls hoffen. Dabei biete ich wieder zwei Varianten an, wie man sich diese einverleibt - einerseits kann man aufs jeweilige Bild klicken und von dort aus lesen/vergrößern, etc.; andererseits habe ich wieder eine Videovariante produziert, in die ihr unten anklicken und reinlauschen könnt, wie ich die berüchtigten Texte vorlese. Ich bin mit den Formaten noch in der Testphase und kann mir vorstellen, dass sich eins in Zukunft an dieser Stelle durchsetzen wird - oder auch ein ganz anderes? Welches nur? Müsst ihr mir sagen! Schnuppert mal rum, jetzt!^^


(Robert Sigl, 1989)

(?, 1965)

(Tetsuya Yamanouchi, 1966)

(Hideaki Anno & Shinji Higuchi, 2016)

(Karl Hartl, 1937)

(Eckhart Schmidt, 1986)

Und hier haben wir die Videovariante für jeden, der meine enorm idealisierte Handschrift beim besten Willen nicht entziffern kann und sich sowieso wundert, ob sich mein Stoff überhaupt vorlesen lässt:



BONUS! Filme, zu denen ich was zu sagen habe und die es diese Woche nicht in die reguläre Tipp-Sparte geschafft hatten oder halt noch ergänzend hier stehen, weil ich letzten Endes mehr Zeit über hatte:

DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (Wolfgang Staudte, 1946)
Hätte ich gerne in längerer Textform empfohlen, da die Nachkriegseindrücke weit kritischer ins Mark gehen als z.B. „...UND ÜBER UNS DER HIMMEL“, doch den tief verwundeten Abgleich aus Nihilismus und Hoffnung erlebt man am besten in seiner Stimmung an sich, als dass ich diese polemisch wiedergeben müsste. Im Endeffekt halt auch trotz aller Kernigkeit wie zeithistorischen Relevanz in der Kontinuität des UFA-Stils angesiedelt, zum Schluss hin zudem etwas daneben gegangen in Sachen mutiger Darstellung (Wozu diese Modellaufnahme z.B.?).

STORM HUNTERS (Steven Quale, 2014)
Ein typisches Prozedere an Katastrophenfilm-Topoi wirbelt als souveränes Spannungsstück durch den Mittelstand Amerikas. Das heißt, dass es reichlichst um Familie geht, aber auch um mediale Reizüberflutung/Ethik, da die Wetterwissenschaft inzwischen Infotainment in allen Klassen hergibt, so wie jene Katastrophen alljährlich die USA heimsuchen. Das Klima zwischenmenschlicher Konflikte löst sich dann auch „San Andreas“ nicht unähnlich in knackigem Hypermelodram auf und bietet Handheld-Bilder an potenziellem Albtraumfutter, was weit mehr fordert als von der Tele5-Prämisse zu erwarten wäre.

HIDE YOUR SMILING FACES (Daniel Patrick Carbone, 2013)
Ach ja, der atmosphärische Konzeptfilm unter 80 Minuten. Man weiß bei dem Genre meistens schon im Voraus, dass man gen Schlussakt die Sekunden runterzählen wird, wann das Werk die Gefühlsprämisse auserzählt hat - und da ist dieses US-Indie-Kintopp nicht allzu verschieden von seinen Epigonen, auch wenn es sich engagiert auf Coming-of-Age-Stationen jener Sorte einstellt, in welcher man Tod und Verlustängste reflektiert. Das ist natürlich künstlich geballter Diskussionsstoff, im bewährten Stil der Stille gebettet, aber zeitweise authentisch im Grusel vorm Inlandselend wandernd. Die Bärenszene gibt aber den Tiefpunkt dessen ab.

DER KLEINE aka DIE STADTWÖLFE (Klaus Lemke, 1983)
Der Münchener Prototyp von Lemkes eigenem „Die Ratte“, wenn man mal davon absieht, dass keine so reißerische Triebkraft wie Thomas Kretschmann zugegen ist. Macht sich sodann naturalistischer auf die Socken, Milieus und Nacht- wie Tagbegegnungen im schnellen Erfolg auf-/untergehen zu lassen. Der Road Runner gibt dazu das perpetuum mobile auf dem Soundtrack, doch der Film kann's nicht lassen, eher strukturorientiert zu agieren, als dass er sich, seine Figuren und deren gewohnt ambivalenten Männermythos aus distanzierter Tristesse hieven kann.

DER INDIANER IM KÜCHENSCHRANK (Frank Oz, 1995)
Da hatte mich die ganze Zeit irritiert, wie doof das Hauptkind immer frontal in die Kamera glotzen musste, ansonsten war der Film ja eine schön innige Seltsamkeit an Buddy-Movie binnen des multikulturellen New Yorks. Per tricktechnischem Zauberkasten werden Grenzen und Möglichkeiten der Freundschaft gelehrt, Respekt und Zeitpunkte des Abstands, zudem es ganz nebenbei noch um die kulturhistorischen Kernsätze/Versäumnisse amerikanischer Simultanheimat geht. Hat sich gefühlsmäßig aber mehr von E.T. abgeschaut, als ihm gut getan hätte.

SKINNER ...LEBEND GEHÄUTET (Mark Herrier, 1991)
Diese Hommage ans Horrorkino der Gimmicks ist beinahe Richtung „Demoni“ oder „Matinee“ unterwegs, als waschechte Liebeserklärung zu begeistern, doch ehrlich gesagt war nur der erste Fake-Film ein Sonderschmaus, während der Rest allzu frustrierend billig abgefrühstückt wurde. Die Phantom-Der-Oper-Variante der Rahmenhandlung hätte eben nur als Gerüst für episodenhafte Topoi-Sammlungen getaugt; sobald sie für sich selbst Nervenkitzel erzeugen soll, kommt die Inspiration zu unentschlossen - mal übernatürlich, mal als Standard-Slasher. Als naives B-Movie ist POPCORN (so der Originaltitel) trotzdem nicht zu verachten.

TIGER, LÖWE, PANTHER (Dominik Graf, 1989)
Eine deutsche Fingerübung, an Woody Allen ranzukommen - hastig in seiner wortgewandten Konfrontation der Neurosen, Mann/Frau enervierend, bittet der Film den Zuschauer also, sich hinten anzustellen. Er muss nämlich jetzt sein Theater durchziehen! Die Hysterie reißt nicht ab, Regisseur Graf bleibt entsprechend flott im Schnitt und scheucht sein Ensemble kultivierter Uneinigkeit mit stets direkten Ansagen ins Amerikanische. Die Erkenntnisse sezierter Beziehungsfragen reichen von Ironie bis Frust, sind aber eher durchstilisiert denn involviert. Kann aber sein, dass an dem Film bewusst eitle Witzfiguren vorgeführt werden sollen - bin mir noch nicht so sicher.

HANNAH TAKES THE STAIRS (Joe Swanberg, 2007)
Mumblecore ohne besondere Vorkommnisse. Greta Gerwig und Mitspieler sind wie so oft bei Swanberg full frontal nude, legen dementsprechend die Seelen offen, wie weit Depressionen zurück bzw. in gegenwärtige Zweisamkeitsdilemmata (gleich 3 hintereinander) reichen. Der Gesprächsstoff dazwischen ist in seiner Beiläufigkeit leider etwas dolle distanziert und mit dem laschen Aufhänger eines TV-Writers-Room ausgestattet, umso lieber hat man die stichfesten Selbstzweifel und Strukturen hemmender Rücksichtnahme, selbst in ihrer eher sporadischen Anwesenheit. 



Huch, warum ist der Bonus nochmal so ein Riesensegment geworden? Na was solls, ich habe geliefert, ihr dürft nun entscheiden: Soll ich den Blog so in Zukunft halten? Braucht ihr bei den regulären Tipps beide Präsentationsformate oder seid ihr mit einer Variante der Empfehlungen zufrieden? Oder soll alles doch wieder so werden, wie es früher schon einmal war? Weiß ich selber grade am wenigsten, so helft mir doch auf die Sprünge, diese Beschäftigungstherapie sinnvoll zu nutzen! Wie immer meine ich es nicht so dramatisch, aber ihr wisst ja: Wer kein Feedback bekommt, wird Katzenfutter. So oder so vielen Dank, dass ihr es wieder bis hierher geschafft habt - solch treue Leser sind auch nach all den Jahren an Blog-Aktivität meinerseits stets sehr geschätzt, kann ich nicht oft genug beteuern. Stellt euch an dieser Stelle ein pochendes Herz vor und man sieht sich dann beim nächsten Mal, wenn nicht sogar zwischendurch wie gehabt auf Facebook, Twitter oder Instagram (jetzt mit Live-Lesungen zu unregelmäßigen Zeiten!).

Sonntag, 15. Januar 2017

Tipps vom 09.01. - 15.01.2017


reseL ebeiL,

uff, diese Tage gehen mal wieder mit durchgedrücktem Gaspedal zugange, denn was den Blog angeht, sind die meisten besprochenen Filme erst am Freitag dazugekommen, heiliges Kanonenrohr! Vorher war ich echt schon am Zweifeln, eben dass ich meine Versprechen von letzter Woche, von wegen neue Photoshop-Erzeugnisse und Ein-Satz-Kurzkritiken pro Ausgabe, gleich in darauffolgender Fassung nicht einhalten könnte, doch have no fear, der Filmabend is' hier! Weil in dem qualitativ ausgewählten Rahmen wirklich jedes Werk irgendwie mit Autos zu tun hatte, gingen da auch die Pferdestärken an Menschenkenntnis, moralischen Proben, Sonnenbrillen sowie Kindsköpfen mit einem durch, dass es eher dann schlimm wurde, wenn man fürs Hacken Halt machte - wir wohnen halt nicht in Russland. Ansonsten konnte man sich vollends verschärft in Familienfehden, Hundeleben, Lederkluften und Sterblichkeiten hinein verlieren, wenn die kuriose Filmwelt der Jahrzehnte ruft, knallhart oder auch daneben zum Witzeln anregt, ebenso auf Ebenen des Leidens weist oder als Be-/Entlastung im Körperlichen/Ausblutenden abhängt. Ist womöglich besser als manch Neustart, zumindest haben mich meine Träume schon vor „The Great Wall“ gewarnt und da in den USA nun Martin Scorseses „Silence“ gestartet ist, konnte ich mir folgende Frage nicht verkneifen:


Was das Kinoprogramm 2017 angeht, läuft die Startphase eh noch etwas schleppend ab (schleichender als die Gewinnspielabteilung von REM jedenfalls, die mir „Branded to Kill“, „Belladonna of Sadness“ und „School of the Holy Beast“ zuschickte, bam!), das wird sich jedoch spätestens nächsten Donnerstag mit der Rückkehr des Xander Cage ändern und „Personal Shopper“ habe ich ja ohnehin schon zu einem der besten aktuellen Ultrakünste dazugezählt, da müsst ihr mir vertrauen, auch wenn die seit Oktober fertige Kritik dazu bis auf Weiteres aller Wahrscheinlichkeit nach nicht veröffentlicht wird. Vielleicht passiert aber auch ein Wunder und ihr lest schon nächstes Mal an dieser Stelle Ausführliches zu Olivier Assayas' eigensinnigem Jet-Set-Spuk, wer weiß? Bis dahin sollten die folgenden fünf Besprechungen, wieder mal nicht nach Reihenfolge der Sympathie angeordnet, aber allesamt deftig zur Reflexion tauglich, jeden Filmfreund aktivieren, in die große weite Welt des Zelluloids zu blicken und sich als Anhalter mit dranzuhängen. Anschnallen, Augen nach vorn, die Reise wird das Ziel, Sportsfreunde!




2017 wird für mich wahrscheinlich ein Jahr voller Erstkontakte, wie die Sichtung von Abbas Kiarostamis „Ten“ wiederum in Aussicht stellt. Ich kann also kaum mit Vorwissen zum Werk des im letzten Jahr verstorbenen Autorenfilmers aus Iran glänzen, zumindest aber einen kleinen Vergleich mit „Taxi Teheran“ anstellen, der diesem Film im gestalterischen Ansatz extrem ähnelt – nur eben auf eine Art, die Jafar Panahis Variante im Nachhinein verdächtig blass aussehen lässt. Man lernt immer dazu, deshalb werde ich im Folgenden ein bisschen Kontra zu meiner eigenen positiven Kritik von 2015 geben, obgleich beide Regisseure unter Berufsverbot standen, teilweise bis ins Exil getrieben wurden. Hut ab also fürs Wirken binnen der Umstände, doch weiter im Text: Panahi glaubt sich als objektiver Beobachter unter Taxi-Fahrern selbst herauszunehmen und anhand dessen einen in exemplarischen Szenarien geballten Querschnitt des iranischen Gesellschaftszustands anbieten zu können. Das ist zugegebenermaßen kurzweilig ausgefallen, aber auch mit einer Ankündigung zur Präsentation von Alltagsmagien und -brutalitäten ausgestattet, die als ausformulierte Doku-Fiktion von Distanz spricht, sich aber dennoch Emotionalisierungen und ideologische Symbolschwangerschaften en masse erlaubt. Jene Schwächen stechen geradezu unmittelbar heraus, wenn der Wink zur Inszenierung bei „Ten“ eben kaum existiert und doch das Leben im Zwang exemplifiziert, sofort ein Dialog besteht, der in roher Optik wie von der Dashcam kommt sowie einen Streit zwischen Mutter (Mania Akbari) und Sohn Amin (Amin Maher) vom Zaun bricht, der aus vielerlei Gründen nah wirkt. Ja, die beiden spielen sich quasi selbst und berufen ihre reellen Konflikte als Vorlage, aber das bleibt dann auch eine Spannung in Worten und Reaktionen, muss nicht noch zwischen Skurrilität und konstruiertem Thrill pendeln, wie es ein Panahi von seiner Position vermeintlich bloßer Erzählung aus erfasste, während Kiarostami seine Frau Akbari im Zentrum alles andere als unantastbar darstellt.


Innerhalb von zehn freiläufigen Szenarien - jeweils per Kapitelform mit dem Klingen einer Eieruhr eingeleitet, um die Warteschleifen jener kinotauglichen Struktur zu persiflieren - sowie eben vom Lenkrad aus zeigt sich an ihr ein Charakter voller Widersprüche, Selbstverständnisse, Traditionen und Tendenzen westlichen Aufbegehrens im Status als muslimisch gläubige Frau, dessen Erwartungen sie erfüllt und mit Frust gegenübersteht, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit vom Manne ersehnt und dennoch einen Kontakt im Sinne der Familie herzustellen versucht, der auf jenen Vordersitzen eben Kompromisse und Bindungen kommunizieren will. Mit dem eigenen Kind ist das schon ein schweres Los, wenn's sich im jungen Alter mit dem Konzept der Trennung konfrontiert sieht und die Schuld am Verlust des Eingelebten bei der Mutter sucht, sicherlich auch von der Einsamkeit wie Wertekatalog des Vaters frühreife Beschuldigungen austeilt und in kindlicher Eitelkeit wütet, während die Motive der Mutter da schon um ihre Glaubwürdigkeit ringen müssen. Amin kann es nicht mehr hören, fühlt sich konstant belehrt und steigt mehrmals mutwillig aus, doch da lässt sich natürlich kein Urteil finden, genauso wie Kiarostami nicht extern eingreift, sein Konzept eben nicht auf die Charaktere zwingt, die ohnehin schon konstant für sich abwägen müssen, wie ein normaler Umgang verläuft. Am besten beweist er das in der nächtlichen Begegnung mit einer Prostituierten, die sich am freiesten mit Sex, Liebe, Zuneigung und Abneigung an der Gesellschaft vorbei ausreden kann, von unserer Hauptfigur jedoch in ambivalenter Fragestellung passiv belehrt zu werden scheint, wo sie auf den Vergleich mit Normen zurückgreift, diese jedoch anschließend sowie vorher schon nicht als bindend herausstellt. Der Film will sich sowieso nicht dazu anbieten, etwas aus dramaturgischen Konsequenzen herzuleiten, weshalb in seiner Beobachtung relativ kleine Situationen ablaufen, sich hier und da mal über einen Stau ärgern, um den Alltag schnacken, wohin man will, welche Abkürzungen es dafür gibt oder wie's heute mit dem Beten steht. Ganz zentral verbleibt die Liebe, in deren Vertrauen sich hinein verloren wird und die gleichsam wankelmütig enttäuschen kann, wenn im Lauf/in der Stagnation der Zeit die Zweifel kommen. 


Ein anderer Film würde solche Erkenntnisse mit Ausrufezeichen hervor schöpfen, hieran darf man hingegen seine Menschenkenntnis testen und das Innere erkennen, wenn hier z.B. schlicht alleine im Wagen gewartet wird, wie Fahrer und Mitfahrer miteinander sprechen, von sich und anderen reden, Fremden begegnen oder gar ihre getrennten Wege abklären. Natürlich geht es da auch um Ideale, die Suche nach dem Miteinander und wie man den Prozess mit sich vereinbaren kann – Stichpunkte so unlösbar, dass sich am Einzelnen schon opportunistische Positionen ergeben, manche fester als andere, was ganz auf den Bezug zum Gegenüber ankommt. Rein exemplarische Stationen greift Kiarostami damit trotzdem nicht ab, zudem könnte man am ehesten ein Sprachrohr vermuten, wenn die Frau Mutter zum Trost ein Wachsen an Erfahrungen bekräftigt. Niemand ist da von Frust und Tränen befreit, Konflikte wie lichte Punkte bleiben zwar gewöhnlich, aber nicht kalt im Auge fester Einstellungen, wenn diese geradeaus schauen, aber nicht auf Ausbeutung scharf gestellt sind, ohnehin überwiegend unoptimiert erscheinen, einmal sogar für längere Zeit milchig dreinblicken. Wirkt dann wohl auch so geerdet, weil sich Sympathien nimmer von außen geleitet ergeben, der Regisseur beinahe nur noch für den Schnitt zwischen Gesprächspartnern zuständig zu sein scheint, während außerordentliches Geschick im Schauspiel für Echtheit und Verständnis sorgt, sowieso improvisatorische Dokumentation bis hin zum Smalltalk unter zufällig Mitgenommenen erfolgt. Da backt man trotz ähnlicher Philosophie kleinere Brötchen als mit dem „Taxi Teheran“, bei Kiarostami kommt die Intimität irgendwie müheloser zustande, so gut es geht vom Zwang des Autoren abgekoppelt und ins Wirken wahrer Menschen blickend. Mein Text liest sich bestimmt schon zig-mal pathetischer als der im Film ausgelassene Charakter an natürlichen Wechselwirkungen, aber es wird eben immer einen Unterschied geben zwischen Erkennung und Veranschaulichung – das Verhältnis lässt sich auch anhand der Landsleute Panahi und Kiarostami vertreten und bewerten, also macht das nicht von mir abhängig, hinter welches Steuer es sich eher zu klemmen lohnt, obwohl ich zumindest feststellen möchte, dass sich mir nach „Ten“ mehr Fragen und Motivationen zum Reflektieren ergaben.





Pierce Brosnan ist nach dem Wunder des „Weihnachtssterns“ im Direct-to-DVD-Regal zurückgelandet und hat einen strunzdummen Cyber-Thriller namens „Hacked – Kein Leben ist sicher“ vom Himmel geholt, den er zu alledem noch John Moore anvertraut hat. Moores Filme, inzwischen nicht mehr auf Leinwänden unterwegs, haben die Angewohnheit, sich anfangs nicht sofort als Werke ihres hyperaktiv versumpften Regisseurs zu verraten, weshalb die Fähigkeiten seines Kameramanns hier noch eine Kohärenz versprechen, die Moores Vorgängerwerk „Stirb Langsam 5“ nicht schnell genug abhanden kommen konnte. Kalte Edel-Buden im symbolischen Glasscheibenüberdruss, distanzierte Familienverhältnisse mit Ansagen wie „Ich küsse dich“, strikte Business-Geometrien: Alltag für Airline-Unternehmer Mike Regan (Brosnan), der von neumoderner Technik wenig hält, dennoch in den App-Markt einsteigen sowie die Sympathien des Zuschauers gewinnen will, obgleich er und alle Figuren drum herum als bloße Funktionsträger urtümlichster Stereotypen verbleiben. Alsbald sieht er sich mit Horrorvisionen biederster Technophobie konfrontiert und heuert dafür den brillanten, doch verkorksten IT-Fritzen Ed Porter (James Frecheville, stets von böser Musik begleitet) an, dem er aus blindem, Whiskey umnebelten Vertrauen zudem die Installation seiner Home-Software überlässt. Aber Achtung, in diesen Zeiten ist derart freier Datenumgang leichtsinnig wie Sau und so spielt sich ein Psychoduell aus Online-Stalking, manipulierter Interface-Übernahme und drübberer Menschenkenntnis ab, wie es nicht nur die Sicherheit von Regans Familie aufs Spiel setzt, sondern auch von schwacher künstlicher Intelligenz zeugt, an welcher der Zuschauer jeden nächsten Schritt voraussieht. Eine Handvoll Glitches kann Moore dennoch verbuchen, wenn sein Epic Troll drolligstes Karaoke im Oldsmobile betreibt, Regan-Tochter Kaitlyn (Stefanie Scott, „Jem and the Holograms“) quasi auf Kommando in der Dusche masturbiert und im obligatorischen Voyeur-Modus ihres Tablets den High-School-Schock kollektiven Entsetzens erlebt, während Brosnan es nicht lassen kann, zu fieser Fresse Morddrohungen und Privatsphäre-Phrasen gegen den kranken Bastard auszusprechen, der sich spekulativ an seinen Multi-Bildschirmen abrödelnd mit Gas-Masken und teuflisch grünem Keyboard-Licht umgibt. Ein Fest für Fans der Selbstjustiz, mithilfe von Gaststar Michael Nyqvist aber ebenso eine mäandernde Moralkeule unter Familienmenschen im Zeitalter verrohender Vernetzung, bei der zum Schluss hin wortwörtlich Sturm und Laub durch die Korridore jagen, um Bodenständigkeit abseits sexueller Perversion und sinnbildlicher Datenströme via City-Luftaufnahmen zu rebooten. Trotzdem ist der Film dann doch so billig, dass er sich nicht mal einen Besuch in der Oper leisten konnte, dennoch Außenaufnahmen und Music-Cues des behaupteten sozialen Status seines Protagonisten wegen verwendet und überhaupt so überernst für den reichen Mittfünfziger argumentiert, dass nicht nur jedes Feingefühl für Schnitt, Spannung oder psychologisches Profiling auf der Strecke bleibt. John Moore halt, wie eh und je blind gegenüber potenziell zur Satire reizbaren Dumpfbacken-Stoffen.



Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch!

„Blue Crush“ - John Stockwell macht man nichts vor, was die Euphorie zu Wasser und Wellen angeht, bei diesem spritzigen Teenie-Aufstiegsdrama voller suggestiver Erotik ist er aber noch eher dem nicht zeitlosen Zeitgeist verpflichtet, welcher P.O.D., Zeitraffergags und das auf echte Surfer computergenerierte Gesicht Kate Bosworths in die flüssige Meditation voller türmender Spannungsmomente wirft, dafür aber auch Freundschaft feiert, sich insbesondere mit Kondom- und Hundeszenen ein Denkmal setzt.

„Willard“ - In diesem behutsamen US-Horrorfilm von Daniel Mann, 50er Jahre actor's director deluxe, verliert Rattenfreund Willard seine Mutter und erbt deren Schulden, die er beim ihn demütigenden Boss Ernest Borgnine abarbeiten muss, weshalb er seine Disney-taugliche Freundschaft zu den süßen Tieren in einen zum Ende hin etwas schleppenden Rachereißer gegen das Aufdrängen der Anpassung verwandelt und mit einer jungen Sondra Locke, nicht aber ihrer Katze anbandeln geht.

„Eine Stadt geht durch die Hölle“ - Phil Karlsons semidokumentarischer, politischer Noir geht etwas steif in der Etablierung runter, verhärtet seine Eindrücke von Korruption, Mord und Rassismus jedoch zu einer kühlen Hilflosigkeit, aus deren Südstaatenmilieu sich Verzweiflungstaten und fiebrige Momente der moralischen Besinnung ergeben, die als Stütze für die Grundwerte der Demokratie noch so geschickt formuliert werden, dass man manch aalglatte Dialoge verzeiht.

„La Banda Vallanzasca“ - Mario Bianchi spielt ungewohnt bewusst humorvoll mit Bäumchen-wechsel-Dich-Charakteridentifizierungen und einigen subtileren Späßen des Gangster-Schmeichelns, springt nach vielen verhaltenen Mikrobudget-Anläufen zur Mafia hin aber in ein behäbiges Kidnapping, das in der konstant diffusen Menschlichkeit seines Protagonisten ein gnadenloses Ende findet und über Umwege auf politische Ängste anspricht.

„Ash vs. Evil Dead – Staffel 2“ - Der nächste Anlauf des nostalgisch kernigen Revivals macht sich leidlich komischen Funsplatter-Impulsen einer Fangemeinde gefügig, die „Tanz der Teufel“ als Chauvi-Catchphrase-Maschine verstehen wollen und feiern, wenn aufs Langweiligste (aber mit practical fx) zitiert wird, im Handlungsspielraum allerdings rein gar nichts von bleibendem Gehalt entwickelt wird, Staffel Eins dagegen wie ein Bündel aus Originalität und effektivem Horror wirkt.

„Hanni und Nanni“ - Das überraschend unsympathische Zwillingsduo nach Enid Blyton kommt in ein Internat und lernt dort Stück für Stück die Vorteile autoritärer Uniformität kennen, unter deren HJ/FDJ-Strukturen, -klamotten und Kameradschaftsphrasen man ENDLICH man selbst sein kann, in Sachen Kinderschauspiel allerdings mäßige Leistungen hervortreten, Oliver Pocher und versandende Gags zur Wahrheitsaufklärung gegen die moderne Jugend ebenfalls anwesend sind und eine Volksgemeinschaft die Fabrik des „Herrschers“, ähm, die Fascho-Brutstätte Hannelore Elsners rettet.

So, jetzt geht's weiter im Text:




Auf leichtem Fuße erwischt man Kathryn Bigelows Debüt „The Loveless“, das sie in Ko-Regie wie Ko-Autorenschaft mit Monty Montgomery (der zum Drehzeitpunkt an die 17 war?) als entschleunigtes Manifest an Rockern und Bikern binnen der halbstarken 50er Jahre aufleben lässt. Weg von jedwedem überflüssigen Handlungstrieb schießt sich hier also eine Generation in die Omnipräsenz ein, um die spießige Hitze der Gegend um den Highway US 17 aufzumischen, in dessen Einsamkeit und offener Feindschaft gegenüber Außenseitern umso markantere Eindrücke krasser Jugend eskalieren können. Heiße Öfen, knarzendes Leder und schnittiges Pomadenformat sind da also als stille wie massive Eminenzen vor Ort; nehmen sich, was sie wollen, knutschen, fummeln, lungern herum, werkeln an ihren Maschinen, exen Colaflaschen und qualmen, dass vor lauter Coolness die Leinwand kocht, ein Mindestmaß an externer Bewegung via Kamera und Schnitt ebenso die Haltung der rasenden Rebellen verstärkt, wenn sie ihre Reißverschlüsse hoch- und runterziehen. Willem Dafoe, hier erstmals zur Sprech- und Hauptrolle einfahrend, gibt als Vance dementsprechend Stoff auf allen Zylindern des Körperlichen und Ikonographischen, blickt der amerikanischen Südstaaten-Tristesse mit kühler Sonnenbrille entgegen und ballert sich mit der Harley in die Diner am Wegesrand rein, die sich selbst via Sexappeal nur ermattet fürchten können, Rührei und Kaffee servieren, in die er noch reichlich Ketchup, Salz und Zucker reinknallen muss, ehe sein Feuerzeug extraspitze Flammen speit. Ey, was für ein Heidenspaß da im Zuge schlichter Perspektiven angerollt kommt, bei dem jedes Unterhemd kontinuierlich an Ölflecken wächst! Ist eben auch ein unheimlich sinnlicher Typ und Blickfang mit großer Zunge, der zwischen dem „Versteinerten Wald“ und Brandos „Der Wilde“ zudem noch Verstärkung kriegt, wie der Film an sich durchweg (via Rockabilly-Gönner Robert Gordon) Mucke und hyperstilisierten Rotzjargon laufen lässt, dass ein hundsgemein lässiger Rhythmus der Spannungen und Reize zustande kommt, dem sich die Selbstverständnisse an Statussymbolen als lebende Zeitgeist-Gemälde ergeben.


Bei den akzentuierten Posen wird mit der Gefahr gespielt, obgleich drauf geschissen wird, ob man über den Dingen steht – es geht nicht um Macht, eher ums saubere Laufen der Motoren per Schraubenzieher, um Zungenküsse und Messerspiele als Zeittotschläger. Unruhige Parteien der Heimatmodder spekulieren sich da schon vor Schiss einen Wolf zusammen, wenden ihre Blicke unter Schweißperlen auf und ab, spucken in einer Tour Bäche an Kautabak aus und kramen Knarren aus dem Kofferraum zusammen, wenn Angst und Neid das provinzielle Kostüm überschwemmen. Sei's drum, unsere schwarz glänzenden Jacken stechen Klappmesser und Penis der Laune nach ins Ambiente ein, feuern gen Sonnenuntergang im Wald auf Streichhölzer oder besorgen sich Hochprozentiges aus dem gleichfalls unbeeindruckten Außenseitertum des schwarzen Mannes, dass das Fegefeuer der Abgeklärtheit im Zen-Dauerorgasmus aufflammt. Auf derart kleinem Areal weiß sich die Milieustudie dann auch gehörig stilsicher zu ballen, aus der schleichenden Permanenz an Konkurrenz Gewalt, Vehikelterror und bisexuelle Erotik zu fördern, muss dafür aber auch nicht à la „Outsiders“ oder „Rumblefish“ melodramatisch konstruiert werden, darf stattdessen urteilsfrei mit trockener Attitüde auf Jugendschicksale und Autoritätenhass blicken, obgleich das Verständnis zu einem Mädel wie Telena (Marin Kanter) durchaus auf eine Spur der Romantik unter Leidenden schielt. Für Romantisierungen hat die Nacht untereinander dann aber doch nicht so viel über, wenn in der Lounge Strip und Suff angesagt sind, Kippen und Bier zu Rock 'n' Roll den Wettbewerb anstacheln, neben denen sich Motorhauben und Büstenhalter sprengen, wie man es von Frau Bigelow nur selten so unaufgeregt, aber immerhin so geschickt ins Beobachtende verdichtet kennt. Wie und was da letztendlich allein im Abgang der Maschinen und deren Männer erzählt wird, bannt quasi Jahrzehnte an Americana, die Leidenschaft kühnem Scheiß-Egals ohnehin so schön und schnörkellos, dass sich ruhig noch mehr Zuschauer hier zum lautstarken Ritt treffen dürften.




Mit die räudigsten Puppen in der Geschichte der Menschheit lassen sich in Stuart Gordons „Dolls“ vorfinden, der mit seinem deutschen Untertitel „Killerpuppen spielen nachts absolut tödlich“ eigentlich ganz gut beschreibt, mit was für Urängsten da umgegangen wird, bereits vom auf „Funhouse“-Höchstwerten operierenden Vorspann an. Abseits jener kollektiven Hemmschwelle des von klein auf angreifenden Grauens, aus welcher Full Moon noch etliche „Puppet Masters“ abkupferte, beherbergt der Film allerdings einen Hauptanteil märchenhaften Humors, der im antiken Schauermauerschuppen auf die Qual der Kindheit wie auch der Kind-Gebliebenen acht nimmt, sich so ziemlich auf derselben Philosophie der „Toy Story“ gründet, gleichsam das Böse der Menschheit in Miniaturform geißelt. Letztere Transformation im Abbild verstörender Kunststofffratzen ist eben grundsätzlich von Menschenhand geformt, also nimmt sich die Angst des Kindes darauf ein bisschen zurück, wohingegen die Moral von der Geschichte verstärkt an der Eitelkeit der Erwachsenen sägt – ungefähr auch so derb unter die Haut gehend wie Takashi Miikes „Audition“. Hängt natürlich auch mit den Achtzigern zusammen, die sich binnen der USA unter der allseits bekannten Fuchtel der Republikaner über alle Randgruppen stellten oder zumindest nicht ernsthaft auf diese zu hören versuchten, wenn die kapitalistische Autorität Werte der Achtsamkeit ins nukleare Wettrüsten/die nukleare Familie ummünzte. In der Ära gelangte Empire Pictures (wie Full Moon von Charles Band gegründet) aber auch zu einer noch immer etwas unterschätzten Relevanz im Wettbewerb um Low-Budget-Genre-Moneten und unabhängiges (Heim-)Kino, was sich in vielerlei Narrativen von Filmen wie „TerrorVision“ widerspiegelt. Hier wie dort sitzen irgendwann die Kleinen am Hebel, weshalb sich Gordons Prämisse (nach einem Drehbuch von „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“-Kollege Ed Naha, produziert von „Dark Society“-Spezi Brian Yuzna) allzu sinnig mit Mini-Killern und der kindlichen Perspektive allgemein brüstet.


Im Zentrum hält sich insofern die kleine Judy Bower fest, deren Darstellerin Carrie Lorraine so mimisch überlebensgroß spielt, dass sie seitdem natürlich nirgends mehr sonst auftauchte, außer als Sängerin auf myspace unter dem Namen Carrie Katz. Vater David (Ian Patrick Williams) und die reiche Stiefmutter Rosemary (Carolyn Purdy-Gordon, Frau von Stuart) sind im gemeinsamen UK-Urlaub jedenfalls eine knallhart überzeichnete (und somit urkomische) Plage der Ignoranz und Unterdrückung, als ihr Wagen nach einem Stock-Footage-Blitzgewitter im Dreck stecken bleibt, sie sodann Zuflucht in einem alten Gemäuer suchen. Vorher jedoch schmeißt die fiese Stiefmama Judys Teddybären in die finstere Pampa, wobei dieser im nächsten Moment jedoch als enorm albtraumtaugliches Riesenmonster zurückkehrt und die Erziehungsberechtigten zerfleischt. Alles aber nur eine Einbildung vonseiten Judys (!), noch unheimlicher agieren dann die Bewohner des Schlosses, die alten Puppenmacher Gabriel (Guy Rolfe) und Hilary Hartwicke (Hilary Mason). M. Night Shyamalan hat seine Großeltern in „The Visit“ wahrscheinlich nach jenem Duo modelliert, so eindeutig sie die Familie in den Wanst der Mörderspielzeuge einladen und die längste Nacht versprechen. Als Begleitung dazu melden sich dann noch der schusselige Ralph (Stephen Lee) sowie die zwei Punk-Anhalterinnen Isabel (Bunty Bailey) und Enid (Cassie Stuart) an, wobei letztere via Madonna-Klamotten und Ghettoblaster-Lärm so ziemlich als erste das Zeitliche segnen werden, aber nicht so schnell, ne. Vorerst trennt sich nämlich die ideologische Spreu vom Weizen, wie wenig Mom und Dad das Kind bei sich haben wollen, höchstens auf Sex und Monte Carlo aus sind, Ralph aufgrund seines guten Umgangs mit Judy aber wiederum als Sittenstrolch vermuten, so wie auch Isabel und Enid bei ihm vom Schlimmsten ausgehen, obwohl sie bereits ans Ausnehmen des Ladens denken. 


Gleichsam versichert der alte Gabriel den naiv Gescholtenen und Mythosempfängern dieses Films, dass sie in diesen Mauern noch am meisten willkommen sind, ebenso weiß Ralph Vertrauensgeschichten lebendiger Spielsachen nachzuerzählen, doch wirklich warm werden sie plus Zuschauer wohl kaum mit dem Ensemble an viktorianischen Meuchelpuppen - mindestens so garstig wie Clowns, weshalb der Harlekin Mr. Punch ebenso mitmischt. Die animatronischen Effekte mit Stop-Motion-Unterstützung stürzen sich dann auch in die Schatten und Ecken individueller Unmenschlichkeit und fetzen eine Leiche nach der anderen zusammen, die Stück für Stück in verpuppte Leidensgenossen verwandelt, von Gordon so auch suggestiv in den Hintergrund platziert bzw. der Verwirrung wegen weggenommen werden, während sich Ralph und Judy noch aus grundgütiger Sorge sowie unter Kerzenschein auf die Suche nach den Vermissten machen. Der Spukfaktor moralischer Proben eskaliert dementsprechend in kurzweiliger Horrorlaune und pointierten Vorführeffekten zur makabren Fairy Tale, die Vater David sodann am stärksten abkriegt, allerdings nur insofern zu bekämpfen versucht, da sein Besitz an andere abgeführt wird, Wut statt Tränen bei ihm auslöst und ihn bald allzu gut in die Truppe an Liliputbrutalinskis ordert, welche eben aus demselben Menschenschlag konzentriert wurden. Klein gegen Groß ist hier im Endeffekt auch Alle gegen Alle, weshalb Mittler Ralph und Judy dazwischen verloren wirken, um einen guten Ausgang appellieren und sich darin eben beweisen, so drollig Genre-gerecht das auch so ausfällt, dass nach knapp 70 Minuten schon wieder Schluss ist mit der übernatürlichen Achterbahnfahrt kleinsten Blutdursts, die ihr Spiel mit den Kontrasten der Dimensionen fies und doch bescheiden herzlich ausreizte. Wie keck sich dann auch noch die Lehre des Ganzen auflöst und neue Verhältnisse schafft, ist selbstverständlich die Krönung wundersamer wie satirischer Naivität im hiesigen Horrortrauma, weshalb sich das Rundumpaket der „Dolls“ und ihrer bestialischen Kleinigkeiten vor allem in geselliger Runde als Paradebeispiel des 80er Schauerkintopps empfehlen lässt.




Die größte Lachbombe der Woche ergab sich natürlich mit einem Hundefilm. „Nur Hunde kommen in den Himmel“ ist aber nicht nur irgendein austauschbarer Vertreter jenes Supergenres mit dem besten Freund des Menschen im Fokus. Der knapp 90-minütige Streifen, den wir aus einer 3er-DVD-Hundefilmbox gesichtet hatten, ist nicht mal ein besonders guter, will natürlich ein buntes Vergnügen für die gesamte Familie sein, doch was hier im Grunde an beliebiger (christlicher) Moral aufgeboten wird, ist nur bedingt so erheiternd wie die Art und Weise, mit welchen Mitteln diese an den Mann/Hund gebracht wird. Und da sollte schon mal erwähnt werden, dass Gary Busey besagten Wandler zwischen den Lebenswesen darstellt, während die Produktion unter Regisseur William Byron Hillman nahe am Amateurspektrum aufbereitet wurde und derart offensichtliche Makel anschlägt, dass man diese nicht mal mit Absicht so gelungen nachahmen könnte. Das heißt also hinein ins DV-Cam-Vergnügen, um dort Bekanntschaft mit unbeholfenen Effekten und repetitiven Kulissen zu machen, während abgestandene B-Stars wie Curtis Armstrong und Christopher Atkins als Träger menschlicher Güte am Hungerknochen nagen, um den selbstsüchtig reichen Videospielhersteller Archie Channing (Busey) zu läutern. Der wird nämlich in einen tödlichen Autounfall verwickelt, kommt seinem Ego wegen aber nicht durch die Papphimmelspforte und muss nun also unter Aufsicht des gerne mal etwas schummelnden Schutzengels Sweeney (Oz Perkins) einige gute Taten mit möglichst wesentlichen Konsequenzen vollbringen. Was von der Ausgangslage her beinahe ans „Rendezvous mit dem Jenseits“ grenzt, gestaltet sich aber besonders knuffig, da Archie auf seiner Rückkehr gen Erde in den Hund verwandelt wird, den er beinahe mit seinen Reifen zermatscht hatte: Quigley! Und der macht wahrlich einen ganz schönen Wirbel, um das Leben seines ehemaligen Assistenten und Firmenerben Dexter Pearlsley (Armstrong) auf die erfolgreiche Bahn zu leiten.


Das ist allerdings nur Kapitel Eins der existenzialistischen Hunderückkehr („Fluke“ lässt grüßen) und auch wenn keine strenge Struktur à la „Dogville“ den Leidensweg Archies aufzeichnet, ist zumindest die Standortkonzentration beinahe auf Von Triers Spuren, denn fast alles an der ersten Phase des Films spielt sich im selben Flur, im selben Treppenhaus, im selben Büro oder in der selben Abstellkammer ab, deren Szenarien und spartanische Besetzung um den immerhin toll dressierten Wau-Wau ebenbürtig gleichförmig ablaufen – soweit sogar, dass Einstellungen wiederholt werden, die vom nachfolgenden Szenenverlauf eigentlich in andere Richtungen/Räume führen sollten. Neben jener Desorientierung hat man es zudem mit reichlich irrealen Zuständen zu tun, die einem kuriosen Protagonisten wie Busey auf den Leib geschrieben scheinen, was sicherlich nicht schon damit aufhört, dass die Erscheinung Archies/Quigleys im Auge Sweeneys je nach Pointenreichtum als Mensch oder Hund zu erkennen ist, devote Halsbandabhängigkeiten und weiteren Daseinssadismus evozieren. Man kann sich das wiederum als verlängerte Hommage ans Ende von „Dogville“ vorstellen – die Filme laufen sogar so parallel ab, dass sie beidesamt von 2003 stammen. Was einem Von Trier in dem Rahmen aber nie eingefallen wäre, sind Jagden um „virtuelle CD-Roms“, trottelige Sicherheitsmänner, die energische Karikatur eines Franzosen als Hausmeister sowie eine permanent begeisterte Assistentin Sarah (Caryn Greenhut), die vom Drehbuch geleitet schnurstraks drauf hinweist, wenn der Hund „uns etwas sagen will“ und einen Stuhl anschiebt, obwohl man den am rechten Bildrand von einer Hand gezogen sieht – der quälend lange Zoom auf ihr Grinsen unter leeren Augen bleibt da trotzdem nicht aus. Goldwert! Nachdem die extrem basischen Firmenstrukturen auch durchschaut und auf einen besseren Kurs inklusive Liebe gebracht werden, ist das nach Gottes Auffassung noch immer nicht genug und so trottet Archie letztendlich seinem Bruder Woodward (Atkins) sowie dessen Familie hinterher, von der er vorher so gut wie gar nichts wusste.


Gut, dass wir diese Leute kennenlernen, denn obwohl die deutsche Synchronisation vorher schon ein Billigprodukt letzter Güte abgibt, hat jener Haushalt erst recht eine ungehaltene Quatschsalve nach der anderen parat. Zum Beispiel, als der (schlechte) Videospiele entwickelnde Vater voller Geldprobleme seinen Kindern vorschlägt, den Hund nach draußen zu bringen, um zu gucken, ob er denn „ein Häufchen machen muuusss“. Genauso schön die Frage der Tochter Megan (Jillian Clare), ob sie mit ihrem Bruder „noch ein paar Videospiele machen“ könne. Ich möchte mir nicht anmaßen, hier schon jeden absurden Dialog zu verewigen, denn die gen Himmel schreiend steifen Situationen, mit denen Quigley sich zur Hilfe der Familie konfrontiert sieht, lassen allen voran an der Intelligenz von Megan zweifeln, an den weltfremden Kompetenzen von Vater und Mutter sowieso und erst recht am Treffpunkt mit der ersten Story, bei dem sich die Zufälle so verstrahlt steigern, dass es zartbesaitete Seelen vor Lachen mit dem Leben bezahlen müssten. Songs mit explizit szenenbeschreibendem Inhalt sind ebenfalls zugegen und brechen das Gesehene auf einen gemeinsamen Nenner herunter, der insgesamt natürlich harmlos erscheint und in seinem Grundgerüst einiges an kurzweiligem Sentiment zwischen Kindergeburtstag und einer erwachsenen Umsetzung dessen probiert. Versuch macht kluch, auch wenn die technische Talentfreiheit auf allen Ebenen prävalent abspeckt, ohnehin dramaturgisch mehrmals dem eigenen Schwanz hinterherläuft und seine Einsicht mit einer Konstruktion ausformuliert, die sich wie die Spiele Woodwards von Kleinkindern ausdenken lassen könnten. Jene Games sollen Erwachsenen übrigens ebenso gefallen, das war das heiligste Versprechen des Herstellers – und siehe da: auf eine höchst umständliche Art, binnen derer (ein wahrscheinlich berauschter) Gary Busey so deplatziert und verwirrt wie nur irgend möglich agiert, gefällt uns das Quigley-Abenteuer zweifellos.

Montag, 14. Oktober 2013

Tipps vom 07.10. - 13.10.2013



PRISONERS - Willkommen im Labyrinth der Hölle.

Aber sie Glückspilz, sie...hier erleben sie das derzeitig wohl bitterste, finsterste und nervenzerreißenste Stück Kino des Jahres, auf soziopathisch-verstörendsten Schreckenspfaden des provinziell-eiskalten Serientäter-Americanas, im Angesicht zweier unfassbar tief erschütterter Familien, die bis zum Äußersten getrieben werden.

Erdrückener Seelenhorror im behutsam-einschlagenden und immer tiefer-einsteigenden Endstadium - eine wuchtige, um den wehr- & fassungslosen Hals des Zuschauers schlängende Über-Performance von Film.

Roger Deakins und seine visuelle Magnetkralle - Jackman, diesmal ohne Krallen, aber mit Dimensionen-brechender Intensität - Gyllenhall so geil wie nie - DER FALL...alles nur die besten Zutaten für diesen langsam, aber stetig Seelen-aufsägenden Mammutreißer, vom Anfang bis zum Ende!




SYMBOL - Gott ist ein Japaner ♥




STRANGE DAYS - Das Geschäft mit den Erinnerungen, am Advent des Millenniums. Erst recht mit Erinnerungen an den Skandal um Rodney King und der Polizeigewalt der 90er, welcher diese versiffte Cyberpunk-Welt vollkommen aus der Bahn zu werfen droht, wenige Minuten vor Mitternacht seine blutige Fratze mit Dienstmarke auf der Weltbühne zum kaltblütigen Mord anhieft.

Ein - erst recht in den eindringlich-spürbaren und unfassbar-ausgefeilten POV-Sequenzen - meisterhaft inszeniertes, hartes Thrillerabenteuer von Kathryn Bigelow, aus der Feder ihres damaligen Ehemannes Jimmy Cameron - beide gehen auf High-Concept, erbauen eine dystopische Technoparade mit ihren charismatischen, recht glaubwürdigen Hehlern der verbotenen Virtual-Reality-Gedankenwahre, konfrontieren diese anhand der Powerfraukraft von Angela Bassett mit der hier und jetzt stattfindenden Unmenschlichkeit & Gewalt und plädieren erdrückt vom Pandemonium der Paranoia für eine friedlichere Welt.

Leicht naiv und formelhaft: sicher. Aber dennoch ein beeindruckendes, rastlos-treibendes Stimmungsstück und vorausschauendes Bewältigungskino der damaligen Unruhen und Ungewissheiten für die Zukunft, mit letztendlich optimistischer, antirassistischer Haltung (Schwarz & Weiß teilen sich zum Schluss einen süßen Kuss, war dazumal nicht gerade allgegenwärtig) und einem noch immer wirksamen Wow!-Faktor. Ein weiterer, ungerechtfertigter Flop seiner Zeit.




DIE HEISSE SPUR - Der Film mit Hackman's berühmten Eric-Rohmer-Diss 'IT WAS KINDA LIKE WATCHING PAINT DRY.'

Kein Wunder für seinen Charakter, eben das im Namen des Films und Regisseur Penn zu äußern, wo er doch als Detektiv triebhaft-locker-schmissig und geradlinig-unbedarft innerhalb des selbstherrlich-zynischen Sleaze-Pool Los Angeles und Hollywood, im Auftrag einer alternden Diva, auf (zunächst) beliebige Personensuche geht und sich zudem mit dem Liebhaber seiner Frau (die ihm vorwirft, langweilige, triviale Jobs abzuarbeiten, die nichts Erhellendes hervorbringen), dem Arthouse-Antagonisten Harris Yulin, herumschlagen muss.

Dieser persönlichen Tristesse entfliehen wollend, begibt er sich ins Sumpf-Paradies, wo er die junge Melanie Griffith, die ihm ganz schön den Kopf verdreht, zurück auf's Festland bringen muss, womit ihm auch die abgeklärte, braungebrannte Powerfrau Jennifer Warren behilflich ist. Auf dem Weg dorthin finden sie bei einem nächtlich-lockeren Tauchgang aber eine vergammelte Leiche in einem abgestürtzen Flugzeug, weshalb man erstmal weiter auf dem Eiland bleiben muss und sich gefühlvoll & der Geschichte dahinter zwangsläufig näherkommt.

Da wird die eventuelle Abkehr davon und die Rückkehr ins verkorkste Eheleben umso bitterer, also zieht Hackman daraufhin die freischaufelnden, mutigen Konsequenzen, die sich aber auch positiv für ihn herausstellen, weil er sich seiner Frau besser öffnen kann und sie ihn auch wieder liebevoll versteht. Doch dann kommt sein letzter Fall bei einem Autounfall am Set ums Leben, welchen Hackman als Rohmaterial auf der Leinwand in der wohl eindringlich-stärksten Szene des Films vorbeiziehen sieht. Jetzt legt er alles darauf an, aus energisch-liebender, quasi-väterlicher Obligation, herauszufinden, wie das passieren konnte, denn er glaubt an Mord.

Ein Werk über die Filmindustrie in der langsam abflauenden Nouvelle Vague des New Hollywood, über künstlerische Integrität und Sich-Selbst-Treusein, darüber sein wahres Herz vor verlogen-elitärer Vereinnahmung abzuwehren - auch wenn dies alles letztendlich scheitert, war es das trotzdem wert. Denn unter der Oberfläche des Trivialen offenbart sich hier weit mehr Substanz, schöne wie auch finstere, als man anfangs vermutet hätte - bleibt dennoch durchweg bodenständig, aber voll vorantreibendem Elan, mehr Charakterstudie als Krimi, nah am Menschen und seinem Wesen...und umso bitterer in seiner 'Auflösung'.


 

THINGS - Biergesellige Kanadier mit Geheimratsecken und Wildnisbärten erschaffen voller handwerklichem Unvermögen eine abstruse Grusel- & Gore-Mär im Strudel unverständlicher Übernatürlichkeit einer Omaküche und anachronistischer Synthrhythmen, stellen zwischendurch Amber Lynn vor einen Turm von Fernsehern, um belanglose Nachrichten abzulesen.

Hauchen und spucken ihre mündlich vorgetragenen Soundeffekte zusammen mit entrückt-aufgesetzten Nonsens-Dialogen inkl. plattester Genre-Referenzen ins handelsübliche Mikrofon, während die Kamera ziellos durch das ranzige Hüttchen im krankhaften Baustrahlerlicht gehandhabt wird. Sobald die klobigen Monsterkreaturen darin entfesselt werden, scheint ein Entkommen für unsere Proletenhelden unmöglich, weshalb sie genervt und oft zum Alkohol greifen und die Situation verrauscht ausdiskutieren.

Ab und an gehen sie auch gegen die seltsam teilnahmslosen Viecher vor, verlieren sich daraufhin aber erneut in den höllisch-roten Wänden des Anwesens, in denen sie nicht mal mit ihren Taschenlampen zurechtfinden und schlussendlich komplett entgeistert umherirren, dass man als Zuschauer ein fehlerhaft-programmiertes Delirium wahrzunehmen scheint, allen voran wegen der amateur-psychedelischen, lückenhaft-schrabbeligen Tonabmischung.

Selbst der Einsatz brachialer Bohrmaschinen und Kettensägen, der mit deren beinahe tonlosen Fleischzersetzung einen Ausweg aus der Wahnsinnsdimension der Billigteppiche und Blutorgien garantieren soll, kann nicht gegen die verzerrte Tonspur und Schnittkatastrophen ankämpfen, zu denen sich noch ein grinsender Nachbarsfreund (welcher einen Doktor darstellen soll) hinzugesellt, während das monochrom-melancholische Klavier dahinklimpert und ansonsten von kakophonen Keyboard-Grabbeleien ausgetauscht wird.

Unvermittelt flieht man dann ins Tageslicht eines angenagten Wäldchens, doch es entpuppt sich als  vermeintliche Oase des Überlebens - und der Abspann leitet sich sodann mit den Worten ' YOU HAVE JUST EXPERIENCED "THINGS"' ein. Ein Chaos von Horrorfilm, filmisch so unfassbar ungeschickt und bizarr-zerfahren, dass man vor staunender Faszination fast umkommt. Eine schräge, eruptiv-dilletantische Erfahrung mit morbid-veralpträumter Aura. Unmengen an Bier und infantil-sympathische Genre-Ambitionen von perspektivlosen Erwachsenen in den Tiefen kanadischer Hinterwald-Provinzen treffen hier aufeinander - in dem kryptischen, schockierend-unterhaltsamen Ergebnis THINGS. Bedingungslose Empfehlung meinerseits.




ESPY aka ESUPAI - Neben einigen flotten Godzilla-Abenteuern inszenierte Regisseur Jun Fukuda diesen actiongeladenen, globalen High-Concept-Spionagethriller um 2 rivalisierende Geheimorganisationen von telekinetisch-begabten Agenten - darum auch das Wortspiel 'ESPY', eine Mischung aus ESP (Extra-Sensory Perception) und SPY - die sich zwischen St. Moritz, Istanbul, Paris und natürlich Japan um die ganze Welt mit umwerfender, telepathischer Gedankenkraft bekriegen.

Ein astreiner Genrevertreter mit psychotronisch-übernatürlichen Einfällen, der überwiegend überraschend-ernst gehalten wird, dennoch eine gehörige Portion Eskapismus-Potenzial mit sich bringt. Fukuda spricht mit seiner phantastischen James-Bond-Variante zudem ein erwachseneres Publikum, als für ihn gewöhnlich, an - mithilfe einiger recht blutiger Shootouts, nackter Haut, Faustkämpfen, kaltblütigen Attentaten und explodierenden Körpern.

Dennoch besinnt er sich ab und an auf seine Wurzeln im Kaiju-Metier zurück, lässt Modellbauten effektvoll-explosiv einstürzen, spendiert dem sonoren, missanthropen Bösewicht ein mit Fallen gespicktes Spukschloss als Hauptzentrale, dass Konsorten wie Dracula gerecht werden würde und legt seinen Protagonisten melodramatisch-ulkige Dialoge in den Mund, die gut zum Schmunzeln einladen (allen voran: die Erkenntnis, dass der Schäferhund der Gruppe, Caesar, nicht hypnotisiert werden und deshalb unbeeinflusst von Hypnose agieren kann).

Ein kurzweiliger Agentenspaß aus Japan, der in seinen schnörkellosen 92 Minuten Laufzeit keinerlei doppelten Boden anbietet, aber als souveräner und teils schön-rabiater Genre-Pulp mit verblendetem Kitschfaktor und einigen sympathisch-altertümlichen Effektarbeiten angenehm überzeugt und unterhält.




SLEDGEHAMMER - Bereits im Vorspann wird uns innerhalb der monochromen Verschleierung eines Videoeffekts die designierte Gruppe an Opfern dieses hypnotisch-archetypischen Slashers präsentiert, die uns direkt in die Augen blickt - an die KZ-Aufnahmen der Alliierten erinnernd von der Kamera abgeschwenkt wird, während sich die Requiem-artige, wehmütige Synthesizermusik über weitere verzerrte Bilder des anstehenden Schreckens legt, der sich in diesem vollständig auf Video gedrehten und exklusiv dort vermarkteten Horrorfilm von David A. Prior entfaltet.

Hinter den provinziellen Wänden eines milchig-süß ausgeleuchteten Mittelstandhauses braut sich, durch die ungnädig-derbe Vernachlässigung einer egoistisch-sexversessenen Mutter ihrem Kind gegenüber, ein eruptives Gewaltgewitter zusammen, dass seine Welt in ein abbremsendes Koma versetzt (worin auch die Vögel aufhören zu zwitschern), wodurch der titelgebende Vorschlaghammer die unfähig-sich-zu-wehrenden Körper in Stücke reißt.

10 Jahre später dann versammelt sich eine leichtlebig-naive Gruppe von jugendlichen Kumpels (eben jene aus dem Vorspann), männlichen und weiblichen, für eine großangelegte Wochenendsause im selben, nun verlassenen Haus. Man kann sich als Genrekundiger vorstellen, in welche Richtung die Handlung nun weiterverlaufen wird.

Was aber SLEDGEHAMMER hier bereits von anderen Genrevertretern abhebt, ist sein aufs-Wesentliche-konzentrierter Verzicht auf allzu formelhafte Etablierungen der Charaktere durch altbekannte Dialogschemata - stattdessen spendiert er dem Hauptpaar seines Opferensembles eine in starker Zeitlupe aufgelöste, wortlose Zelebrierung ihrer Zuneigung in einem einfachen Kameraschwenk, wo der Prior-Bruder Ted (Hauptdarsteller aller Filme Davids) seine herzhaft-lachende Liebste einfach in den Arm nimmt und ihr spielerisch eine Bierdose auf den Kopf stellt.
Sodann schaut sich ein weiterer Protagonist in dem inzwischen verkommenen Inneren des Hauses um und verspricht in einem starren Frame des von ihm dort aufgefundenen Hammers eine unheilvolle Wiederauferstehung des verjährten Horrors. Regisseur Prior verschwendet weiterhin kaum Zeit und präsentiert uns daraufhin das angestrebte Saufgelage der Gruppe, die sich inzwischen hauptsächlich mit proletenhaften Grunzgeräuschen verständigt und obszön-dekadenten Spielereien hingibt. Selbst ein kleiner Streit unseres Liebespaares zwischendurch wird unter 'pointiert'-versöhnlichen Worten und einem gemütlichen Gitarrenspiel im Vorgarten schnell wieder aufgelöst.

Beide verharren in ihrer Romantik, während bereits das scheinbar unsichtbare Böse um die Fenster schleicht. Doch noch herrscht bei einem spartanisch-ausgeschmückten Festessen unserer Gruppe ausgelassene, infantile Freude inkl. einer unbedarften Essensschlacht. Die Kamera bleibt dabei objektiv stationär und nichtmal ein archetypisches Musikstück für derartige Comedy-Situationen macht sich auf der Tonspur bemerkbar - die pure, jugendliche Freude wird hier in ihrer schnörkellosen und leichtfüßigen Einfältigkeit ganz objektiv, wie spätere erotische Abenteuer, Spukspiele und frivole Streiche, bar jeden Urteils aufgezeigt.

Umso brutaler erscheint sodann der geradezu übernatürliche Terror des Hammermörders bei Anbruch der Nacht - von dessen Hintergrundgeschichte sich im Vornherein unsere Teenie-Truppe schon Furchterregendes in eindringlich-finsterer Runde austauscht - der seine ungebetenen Gäste (die er für seine Mutter hält), einer nach dem anderen, mit seiner Zeit-verlangsamenden Präzision und psychischen Sinnesverwirrung aus dem Leben reißt und nur noch wenig Raum für letzte Worte, höchstens Schreie, übrig lässt.

David A. Prior strahlt in diesem seinen Filmdebüt eine Selbstsicherheit im konzentrierten Umgang mit etablierten Genre-Charakteristika aus, die trotz der archaisch-budgierten Mittel, zeitgenössischem 80's Chic, höchstens-zweckhaften Darstellerleistungen und der allgemeinen Vorhersehbarkeit des Geschehens eine überraschend stimmungsvolle, ansatzweise naturalistische, auf jeden Fall recht direkt-unverblümte Wirkung erzielt. Stellt seine Schocks als Zeit & Raum-zerschlagendes Ereignis dar und erdrückt seine gepeinigten Figuren mit der kalten Leere der geisterhaft-nebulösen, ausweglosen Wände - denkt dabei die Force-of-Nature-Symbolik seiner verhältnismäßig bodenständigeren Kinopendante, wie FREITAG DER 13., noch um einige wahnwitzige Ebenen konsequent weiter.

Für Genrefreunde und VHS-Aficionados sowieso gut goutierbar, für Cinerausch-Suchende ein ebenso interessantes, transparent-luzides Werk der 80er-Jahre-Videowelle.




SHOGUN'S NINJA - Ganz klassisches, hellrotes-Blut-explodierendes Swordplay-Abenteuer aus Japan in (teils schön im Studio erbauten) 2,35:1-Nadelwäldern, in flotter 80's Montur aufgemacht, inkl. schmissigen Powerjazz-Soundtrack und aberwitzigen Ninja-Fantastereien um die erbarmungslos-flotte Suche nach einer Goldmine, hinter der eine treuherzige, von-den-Machthabern-überrannte Gruppe an Vagabunden & tötungsfreudige Regierungsvertreter um Sonny Chiba her sind.

Intrigen, Verrat, Ehre, melodramatische Romanzen aus der Vergangenheit, Lehrstunden bei einem alten Meister, Hattori Hanzo, Goemon, Musketen, Nunchakus, Dolche, Wurfsternfallen, akrobatische Wire-&-Karate-Action, altertümliche Kostüme, Ausdruckstänze für verstorbene Mitstreiter, öffentliche Hinrichtungen (wo die aufmüpfigen Zuschauer aus dem Volk gnadenlos miterschossen werden) - der 2-Stunden lange und recht rabiate Abenteuerreißer von Norifumi Suzuki verbindet jedes Element zur kurzweiligen Eskapismus-Sause und kann dabei sogar einen guten Grad an herzlichem Ernst, beeindruckender Kampfkunst & Genre-typischer Spannung beibehalten (auch wenn das Figurengefüge zu Anfang noch etwas undurchschtig ist).

Und zum Ende hin wird dann auch auf einer schön weiten Sandgrube zum Generations-übergreifenden Rache-Showdown angesetzt, ähnlich einem Spaghettiwestern (wo doch gerade YOJIMBO in der Hinsicht wegweisend war) - daraufhin schmeißt unser Held, der endgültig genug vom Töten hat, auch die verhängnisvollen Dolche, der Ursprung des ganzen opferreichen Leidens, ins tobende Meer. Wie simpel, wie heroisch, wie astrein-unterhaltsam.




BABYSTRICH IM SPERRBEZIRK - Erotikklamotten-Produzent Otto Retzer gönnte sich anno '83 eine spaßige Runde durch die Rotlichtviertel deutscher Großstädte wie Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg, interviewte dabei einige Damen und Herren des Gewerbes und seiner Abzweigungen, was so alles in ihren Etablissements möglich wäre (Hauptfrage: 'Ohne Gummi?' - woran man merkt: der Film entstand vor der AIDS-Ära) und wie die Zustände bei der Arbeit so sind (und nahm einige dieser Dienste auch sicherlich in Anspruch).

Gibt dem marginal-dokumentarischen Rahmen der exploitativen Zurschaustellung wahnwitzigerweise zudem einige extra dafür neu-synchronisierte Szenen seines Spielfilmfundus hinzu, welche die erotischen Vorkommnisse in den jeweiligen Puffs wiedergeben sollen (ein römisch-artiger Palast soll für Düsseldorf herhalten, etc.), so dass u.a. Katja Bienert, Bea Fiedler, Gianni Garko und Ajita Wilson unfreiwillige 'Beteiligte' der 'Dokumentation' werden. Apropos Ajita Wilson: Retzer beleuchtet nicht nur heterosexuelle Häuser, sondern auch solche homosexuellen und (am häufigsten) transvestitischen Geschmacks, wie auch vereinzelte erotische Varieté-Theater und Peep-Show-Buden.

Neben einigen authentisch-derben Gesprächen mit Inhabern, Zuhältern und Prostituierten im mäßig-ausgeleuchteten, unscharfen Erotikmoloch schenkt er einigen dokumentierten Wirtschaftlern zudem ulkige Voiceover, wie dem männlichen Peep-Show-Darsteller, der sich innerlich beschwert 'Mist, gerade jetzt fängt die Sportschau an.' oder 'Aiaiai, die sieht aus, als hätt sie noch den Kaiser gesehen'. Auffallend sind auch einige geradezu pornografische Darstellungen von Blow-Jobs und 'Flaschespielchen', aber die darf man ja ruhig zeigen, schließlich, so versichert der Off-Sprecher, ist es ja eine reine Dokumentation, wo 'nichts zurückgehalten oder hinzugefügt wurde'.

Hat das alles eigentlich irgendwas mit dem sogenannten 'Babystrich' zu tun? Abgesehen von einer angeblich 15-jährigen Interviewpartnerin aus dem Gewerbe versichern jedenfalls alle Befragten '18 müssen sie schon sein', also ergibt sich der Film dann doch lieber anderen geläufigeren Themen, wie S&M, Kumpel-Streiche und Gruppensex - die letzte Erwähnung des Ausgangsthemas erfolgt zum Schluss mit der Einblendung des Plakats zu diesem Film, inkl. Zoom auf den Namen 'Otto Retzer' - feine Sache.

Und damit das Metier ja nicht allzu positiv rüberkommt, erklingt im schwungvollen Disco-Beat der Schlussmontage ein Zitat von Szeneikone DOMENICA, dass sie nicht zur Prositution raten würde, was durch geloopte Hall-Effekte zum beschwörenden, FSK-besänftigenden Moral-Zeigefinger wird - jedenfalls für knapp 15 Sekunden, dann zischt der Boogie weiterhin fröhlich dahin.
Ein Kuriosum des deutschen Erotik-Reportfilms, wieder mal schamlos exploitativ, aber dann doch wieder amüsant nahe an der tatsächlichen Mentalität des Gewerbes, das ebenso ernüchternd-profan wie jede normale Maloche zu sein scheint:

'Sie: [...] du, das kommt drauf an, je nachdem, wie du das haben willst. Es kommt ein bissl auf das Finanzielle an, würde ich sagen, hmm?
Retzer: Und spielt da ein bissl Gefühl auch mit, von dir her gesehen?
Sie: Von mir? Ja, das ist ja wohl meine Sache, ich meine das ist doch total uninteressant, oder wie? Du, ich bin am Arbeiten hier, ich fick hier nicht aus Spaß rum. Was soll denn das? [...] da kannst du mich mal ein bisschen am Arsch lecken, du Wichser!' 





R.O.T.O.R. - Ein ganz einzigartiges Filmchen von Cullen Blaine, einem Storyboard-Artist-Urgestein, der nach R.O.T.O.R. Regieeinträge in Serien wie 'Garfield & seine Freunde' und 'Hey Arnold!' vorweisen konnte - wie er seine Trickfilmskills hier auf den Realspielfilm anwendet, entwickelt eine ganze andere, merkwürdigere Dimension als z.B. bei Brad Bird.

Sein Spielfilmdebüt (und bisher einziger Abstecher ausserhalb des Animations-departments) pendelt leicht unbeholfen, aber gemütlich zwischen käsig-unschuldigem 80's-Sci-Fi-Humor, nüchternen Actionthrillerelementen und in Belanglosigkeit eintauchender, hypnotisch-musikalischer Langsamkeit von Frankenstein's Monster als unaufhaltbaren Gesetzesvertreter hin und her - wie ein nur mäßig ausgestatteter Refn mit ADR-Gags.

Minimalistisch, klobig, einigermaßen gewitzt (u.a. dank dem ulkigen Robot Cop Willard), sachte und geradlinig voranschreitend. Stetig interessante, wenn auch inhaltlich austauschbare & triviale B-Movie-Besonderheit.




TARGET - 10 Jahre nach ihrer letzten Zusammenarbeit 'DIE HEISSE SPUR' bewiesen Arthur Penn und Gene Hackman hier, dass die alte Garde des aufmüpfigen 'New Hollywood' noch immer nicht ausgestorben war und durchaus schlagfertig mit den neuen coolen Kids im nuklearparanoiden Kalter-Krieg-Amerika Ronald Reagan's mithalten konnte.

In diesem R-Rated-Actionthriller - dessen Konzept eines unscheinbaren, aber in Wirklichkeit knallharten Ex-CIA-Amis, welcher zusammen mit seinem Sohn seine in Paris gekidnappte Frau mit Agenten- & Killskills zielstrebig-gnadenlos auffinden will, Jahrzehnte später von Luc Besson in der TAKEN-Reihe recyclet wurde - wird halb Europa (auch meine Stadt Hamburg) über die Mauer hinweg zum Schauplatz einer perfid-verwicklungsreichen Spionage-Hatz unter dem Bann bunt-durchgestalteter Synthflächen und einiger solide-ausgeklügelten Steadycam-Fahrten.

Im Mittelpunkt steht wiederum Hackman als gewohnt toughes und gewitzt-geselliges As, das innerhalb des ganzen Euro-Trubels seine familiären Zwistigkeiten mit dem starrköpfigen Sohnemann aufarbeitet und im Zusammenhalt auszubügeln versucht, zudem mit den Sünden seiner Vergangenheit jonglieren muss.

Und auch wenn der Film dabei geradezu biedere Pfade einschlägt, die genauso gut aus 'GOTCHA - EIN IRRER TRIP' sein könnten, ist gerade seine darstellerische Dynamik in Verbindung mit der inszenatorisch-kurzweiligen Stilsicherheit Penn's, erst recht in den rasanten Car-Chases (u.a. durch Hamburg's Landungsbrücken), der treibende Angelpunkt des fast 2 Stunden langen Spy-Abenteuers.