Sonntag, 30. April 2017

Keine Tipps vom 24.04. - 27.08.2017 (Pausenbrot)


Liebe Brötchen,

es ist geschehen. Zum ersten Male (mampf, mampf) seit langer Zeit habe ich keine Zeit gefunden, eine Ausgabe für diesen Blog vorzubereiten. Ich bin mir noch nicht sicher, ob das zur Gewohnheit wird oder ob ich mir ausnahmsweise mal echt ne Pause gegönnt habe, aber Fakt ist, dass es diese Wochen noch enorm viel zu tun und zu erleben gab, als dass ich hierfür Zeit finden konnte. Das berühmt berüchtigte Leben schleicht sich ein und auch wenn ich jene Floskel selber schon mit Augenrollen begleite, muss sie ja auch nicht immer gleich das Schlimmste implizieren. Also, alles easy: Die Family ist gesund, mit der Freundschaft geht’s auch konstant in die Höhen guter bis großartiger Launen, ich muss nicht hungern und erlebe von Tag zu Tag neue Eindrücke binnen Hamburg, Beruf, Land und Leute. So wie es auf den Mai zugeht, ist aber noch einiges dringlich in der Mache, was mir eventuell Nerven aus Stahl abverlangt (die Wurzelbehandlung in der Woche fühlte da auch mal auf den Zahn), aber nicht verzagen: Der Filmkonsum ist wie eh und je wacker am Laufen. In diesem Sinne lasse ich wohl schon für die nächsten Sonntage sammeln, da ich zu dem Zeitpunkt auch beschäftigt sein werde, aber ich möchte lieber für nichts garantieren, ehe ich mir selber noch unnötigen Druck mache. Irgendwie werdet ihr lieben Leudings da draußen immer schon erfahren, welche Filme ich weshalb mochte, da kenne ich keine Hemmungen. Heute aber bleibt der Laden dicht! Hilft nix, ich knirsche mich selber gerade ein bisschen mit der Entscheidung durch, aber wat mutt dat mutt. Wer wissen will, was bei mir die Woche sonst noch so los war, kann sich gerne über twitter und facebook und allerlei nochmal ein Bild davon machen - ich seufze nämlich schon bei dem Gedanken, alles davon an dieser Stelle wieder einzusetzen. Aber mit einem kreativen Höhenflug meinerseits möchte ich euch doch gerne in den Mai entlassen! Bei diesem Werk hoffe ich zudem auf rege Übereinstimmung, wie pietätlos ich bei der Umsetzung jener Idee verfahren bin:


Da haben wir es, hach! Schade, dass ich heute nur kurz hier reinschneien konnte, aber meine Freunde, es muss ja nicht gleich ein Abschied sein! :) Lasst es euch gut gehen, ich lass bald wieder von mir hören. Und eins bleibt natürlich stets beim Alten: Es lebe der Film!

Sonntag, 23. April 2017

Tipps vom 17.04. - 23.04.2017 (Zwischen Weltall, Inseln und Amerika)


Liebe Diebe des Herzens,

es ist wieder mal Zeit für eine obligatorische Ankündigung zum Formatwechsel: Die Herrschaft der langen Texte ist vorbei, die rasante Meinungsbekanntgabe nimmt Überhand! Zumindest für diese Woche, denn ich brauche meines Erachtens doch immer mal die eine oder andere Regenerationsphase. Ich bin quasi wie eine Aufziehpuppe, weshalb ich an dieser Stelle auch jedesmal ungefähr dasselbe sagen muss - es hilft nichts, irgendwie muss ich ja zu Flow und Ebbe kommen. Ihr erinnert euch hoffentlich daran, wie viel Text ich zu Ostern anbieten konnte - das volle Fass lässt sich in unserer ökonomisch erpressbaren Ära aus Frust wie Überfluss eben nicht mit Muckipower und Anti-Denkfaulheit aus dem Perpetuum mobile heraus umsetzen, insbesondere, wenn man inzwischen bei Ausgabe 223 dieses Blogs angekommen ist! Achtung Mitleid: Zudem ist es leider auch seit jeher das Schicksal des Durchschnittsschreiberlings à la moi, dass die Menge an lesenswerten Filmreflexionen wie eine Flut vom Bildschirm aus aufschlägt, in den Sand (am Meer) eingesaugt wird und sofort wieder für die nächste Welle zurückfließen tut, weil die Physik und die Erde und der Mond... Ja, dieser Vergleich ist jedenfalls so raffiniert, dass er im Grunde schon meinen Lieblingsfilm der letzten sieben Tage vorwegnimmt, aber bis dahin lassen wir noch ein bisschen Spannung ins Land ziehen und lachen, lachen, lachen, ohne an morgen zu denken, ha. Soll heißen: Vorerst halte ich chronologisch einige Eindrücke fest, die bei Gelegenheit sicherlich noch ausbaufähig sind, fürs Erste aber aus Prinzip und Übersichtlichkeit Empfehlungen zusammenzimmern, was in der Filmwelt so alles ging - inmitten von Doppelgängern, Asteroidenschauern, Geschlechtsakten jenseits der Milchstraße, versagten Liebeswünschen, Mordssalven an Musik und Blei sowie Krebs bis hin zum Frieden auf die Insel, die kein Mann (allein) ist. Wie sehr sich dieses Intro bewahrheitet? Lest selbst, Freunde!


Zunächst mal gebe ich zu Protokoll, dass ich letzten Samstag mit Siegfried Bendix im All war. Jene (den Science-March antizipierende?) Space-Night hatte mit sechs enorm kosmischen Filmen zu tun, die allesamt mehr Schuss in den Lenden hatten als der erste Blick auf die letzten Jedi – als Startschuss dazu fungierte natürlich der vierdimensionale Angriff vom „Star Crash – Sterne im Duell“, jener Wundertüte via Luigi Cozzi, die sich voll kindlichem Elan und prallem Herzen in eine interstellare Schlacht zwischen Märchen, Antike und Freundschaft jenseits von Zeit und Raum stürzt. Stella Star (Caroline Munro) ist da sicherlich der kecke Unschuldsblickfang binnen der Lichterkette kunterbunten Sternenstaubs, doch wie sie sich mit Kollege Akton (Marjoe Gortner) und Roboter Elle/Al versteht, gehört mit zu dem Drolligsten, was man sich bei jenen Touren über mehrere kostengünstig irdische Planeten auszumalen vermag – zusätzlich angetrieben von Effekten aus Harryhausen-Tagen, sprich Rückprojektionen, Matte-Paintings und Stop-Motion galore, während die Modelle am Neonregenbogen vorbeiflirren, alle Laser irre zurren und auch mal einen Schmelzprozess vom Formate Draculas initiieren. Es wird nie langweilig, dafür sorgen schon Spandex-Raumanzüge, galaktische Bikinis und aus dem Englischen importierte Anreden wie Emperor (Christopher Plummer!), Imperial Battleship sowie Count Zarth Arn (Joe Spinell), doch neben den von ihnen besetzten Lavalampen-und-Alufolie-Kulissen macht insbesondere Laune, wie unsere Heroes jeden spontanen Abenteuerzweig flugs und froh auf sich nehmen, mal gegeneinander jetten, dann doch zusammen das Festland aufmischen und David Hasselhoff zwischen Höhlenmenschen aufsuchen. Bei der Abwechslung staunt sogar „Einer gegen das Imperium“. Zu toll dann auch, wann und wie Elle nervös wird, wozu er noch und nöcher programmiert ist, wie sweet Stella ihn als Freund für die Frau von Welt(all) einschätzt – je mehr man lacht, desto exponentieller fiebert man um deren Schaffen, da hilft John Barrys Leitmotiv (ausgerechnet auf den späteren E.T. verweisend) auch gehörig mit, wie herzlich das Script zudem Wiederbegegnungen und aufopfernden Zauber von Leinwandsehnsüchten her hinein strukturiert.




So ist’s nun mal mit dem italienischen Hauruck-Flair, komischerweise kam es schon beim nächsten Film, „Goldorak – Kampf der Welten“, erneut zum Einsatz, welcher als Zusammenschnitt der in den Siebzigern erarbeiteten Tokusatsu-Anime-Serie gleichen Heldens einen Titelsong vom Stiefel Europas beherbergte. Die Episoden dazu liefen allem Anschein nach auch hierzulande, denn auf der DVD gibt es auch eine kontemporär teutonische Sangeskreation zum Trommelfellabziehen – indes ist gerade die Synchronisation vielleicht die Sensation zum Film, welcher vier Folgen des Getümmels aneinanderreiht und insofern reichlich dramaturgische Stringenz vermissen lässt, Redundanzen und lose Enden des Serienformats umso gleichgültiger zu kaschieren versteht. Als animierte Variante von Flickwerken wie „Roboter der Sterne“ hat man also zig Zerstörungsorgien zwischen Megamaschinen und Monstren auf der Glotze, ehe man im Figurenensemble utopischen Sci-Fis durchblickt, das im Rahmen seines Zeitgeists schon generisch wie Sau agiert und fachsimpelt, allerdings keineswegs im Wurmen mangelt, wenn man so mir nichts dir nichts in die jeweiligen Belange des Einzelnen sowie dessen im Team hineingeworfen wird. Böse Herrschaften aus dem All werfen dann noch alle 20 Minuten eine neue Weltenkillermethode auf unseren Planeten, die jugendlichen Identifikationsfiguren in ihren fliegenden Vehikeln kriegen dazu noch einen Bauerntölpel plus Sohnemann in Heidi-Proportionen dazwischen geschnitten; ebenso Mitmenschen, die in der Reflexion merkwürdiger Ereignisse beinahe unter Zugzwang stehen, so flott diese im Narrativ eintreffen.


Die turbulent rabiate Animationsweise leistet ebenbürtige Zerstörungswut an der Kohärenz des Zuschauers, parallel dazu lernen wir eine junge Bikermaus namens Maria kennen, deren Großvater ihr schon in der zweiten gemeinsamen Szene verrät, dass sie nicht seine Enkelin sei, während das Melodram um sein Ableben sowieso im Eiltempo inklusive Rückblick auf weit entfernte Planeten ins Kurzzeitgedächtnis hinein stilisiert wird. Kann der Kopf das aushalten, wenn manche Kerls der Nicht-Enkelin/Rächerin in spe gegenüber dann noch die urigsten Jugendbegriffe aus dem Nichts dranformulieren? Es fördert jedenfalls mehr Aufmerksamkeit herauf als die Kämpfe binnen gespaltener Berge, Täler und Städte, die von UFOs und Superrauben heimgesucht werden, was eventuell durchaus beeindrucken könnte, wenn es denn real verfilmt wäre – so erschöpft sich die Tour etwas, wenn man auch vielerlei tolle Namen für die jeweiligen Waffenmanöver erwarten darf. Schöner sind aber doch die gemeinsamen Stunden auf dem Pferdehof, inklusive Übungen fürs kommende Reitturnier, Trainingsneckereien für Motorrad- und Raumgleiterskills unter dem wachsamen Auge der Lords aus der Ferne, welche noch Ninjas in die Stratosphäre lotsen, bis der ganze Zorres schlussendlich einen riesigen Asteroiden auf die Erde zu schleudern droht. Ein Happy-End ist gewiss, so wie es quasi nächste Woche schon eine neue Schurkerei zu sehen gäbe, doch da bricht der Film genauso inkonsequent ab wie ein „Krieg der Infras“. War trotzdem eine Gaudi zum Dusseligwerden.
  

Komisch, dass man Ishirô Honda im Vergleich immer mehr als braveren Zeitgenossen des phantastischen Kinos einschätzen muss, aber das hemmte „Frankenstein und die Monster aus dem All“ nicht allzu sehr, nach mehreren wahrgenommenen TV-Ausstrahlungen binnen der Kindheit noch überraschende Spitzen anbieten zu können. Der darin enthaltene Blick in die Zukunft anno 1999 bringt den Angriff der Kilaaks via Hitzkopf Katsuo (Akira Kubo) in die Umlaufbahn, der anhand legerer Gert-Günther-Hoffmann-Stimmgabe zwischen Mond und Erde pendelt („Independence Day 2“ bedient sich gerne daran, was wiederum den Bogen zu Emmerichs Godzilla schlägt), mit bleihaltiger Skepsis auf die üblen Pläne der Invasoren schließt, dass er seiner Freundin sogar die Ohrringe vom Läppchen rausreißt, wenn er einen außerirdischen Peilsender darin vermutet. Solche Drastik findet dann noch angenehmere Partner in provinziellen Gegenden, welche ähnliche Kügelchen vorfinden sowie mit der Neugier des Nachbars teilen; später wird ein Chef der Raumfahrtpatrouille noch angesichts fortschreitender Anti-Alien-Strategien um Kaffee bitten, den ein Kollege im Hintergrund freiwillig zuzubereiten schwört – nette Leute! Mächtig gewaltig wird es dann, wenn alle bekannten Kaiju von der Monsterinsel weg globalen Terror verbreiten, die bewährte wie grandiose Tsuburaya-Miniatur-Parade abfahren und am Fuji wieder zueinander finden. Nicht, um Matthew McConaughy vorm Selbstmord zu bewahren wohlgemerkt, sondern um noch gigantischere Kugelkuppeln zu entdecken und King Ghidorah im Tag-Team plattzumachen, die Besucher von weit oben wieder in ihr Urschleimschneckenhaus zu bugsieren. „Destroy all monsters“ lautet das amerikanische Motto zu diesem Film, doch die wachsen einem selbstverständlich am meisten ans Herz – so sehr, dass sich Herr Bendix schon auf das Sichten der vorherigen Abenteuer von Godzillas Sohn Minya freut. Dem werde ich gerne nachkommen, klare Sache!


Was man gerne auch tun will, ist „Star Force Soldier“ von Paul W.S. Anderson aufzufrischen – ein Film, in dem Kurt Russell wiederum das macht, was er tun muss. Dem Soldatendasein in der weit fortgeschrittenen Zukunft jenes Neowesterns auf fremden Globen, nach einem Drehbuch von David Webb Peoples („Erbarmungslos“), sind hier eben entmenschlichte Funktionen effektiven Tötens aufgebrummt, die sich in der Tilgung der Gefühle trotzdem nicht vom Pflichtbewusstsein zivilen Schutzes abtrennen können, selbst wenn die Hardliner der Militärindustrie zum baldigen Austausch bereits willenlose Superkiller genmanipulieren – so ewig aktuell hallt das Ganze natürlich nach, dass Gary Busey mit Trump-Frise vorbeischaut. Russells Söldner lebt also den Film über einen inneren Schmerz vor, der unter versteinerter Miene mit Vermittlung und Empfang der Empathie kämpft, Traumata als Befehl verrichten muss und sich nur umso belasteter in eine Kolonie an Verlorenen und Ausgeschlossenen integrieren kann. Der Versuch dessen ist so zentral und sensibel im Film präsentiert, dass man der damaligen Abneigung durch Kritik und Publikum nur wenige Argumente abnehmen kann – höchstens beim Aufbretzeln der martialischen Schlussphase im Widerstand, ikonographisch zwischen Vietnam, Bosnien und dem Alamo eingeordnet, macht sich Anderson mehr für knallschattige Schauwerte des Kräftemessens warm, als dass der humanistische Geist inklusive UN-Blauhelm-Emulat vollends obsiegt. Klassisches Meucheln zwischen den Erzfeinden Gut und Böse hat natürlich trotzdem stets etwas für sich, vor allem, wenn es in derartiger Kompromisslosigkeit aufbereitet wird, sich mit einer sinnlichen Schlagkraft bei Regen ins Gesicht greift, wie es seitdem höchstens in „Batman v Superman“ wiedergesehen wurde. Die letzten Einstellungen zu neuen Welten, mit der nächsten aus Ruinen geborgenen Generation im Arm, zudem auch entschieden weg vom selbstverständlichen Salut, hat sowieso etwas Bewegendes im Universellen/Universum an sich, so in etwa: Das Überleben geht ständig auf Reisen, die Kämpfe und Krämpfe der Unschuld durch alle Dimensionen wie Parteien des Seins im Schlepptau.



So, die nächsten zwei Filme im planetarischen Wechselreigen waren dann auch erneut solche, die ich schon von Vornherein kannte und in diesem Rahmen für aufmerksame Genossen empfänglich ausstellte, deshalb nur noch einige Ergänzungen (?) zu „Sternenkrieg im Weltall“ und „Armageddon – Das jüngste Gericht“: Beide sind weiterhin unglaublich stark darin, einen emotional abzuholen, obgleich man bei Bays Ausflügen von Ölplattform zur NASA zum Asteroiden binnen 2 ½ Stunden Laufzeit mehrmals die Orientierung verliert, trotzdem im Überschallmodus irgendwann auf die Gipfel an Americana stürmt, als wäre man zur furiosesten Oper der Welt und darüber hinaus geladen – verständlich, dass wir eine dicke Flasche Rotwein dazu gebucht hatten, denn vieles daran ist in seinem hyperakzentuierten Überschwang (wie meine Wenigkeit auch) strunzdumm in den 90ern hängengeblieben. Kinji Fukasakus heimeliges Epos leuchtender Nüsse, anachronistischer Folkloren-Adaption und lichter Helden murmelte sich davor jedoch schon in wärmere Gefilde aus Edelmut und Koexistenz japanisch-amerikanischer Freundschaft ein - mit einem solch effektiven Pathos auf der Schulter, wie er im Vergleich zu Lucas‘ Vorlage/vorzeitiger Verarbeitung eben jener Nippon-Topoi immerhin hochdynamisch Bock auf die Erde an sich macht, Liebe und Güte durch die Toei-Schächte strahlt, dass jeder Einzelne im Ensemble das Zeug zum Mutmacher hat. Die Melodramatik daran prägt sich in der deutschen Kinofassung schon stark ein, doch der Blick zur Originalversion offenbart noch eine gute Handvoll mehr ungeniert rührseliger Schlüsselmomente, was sich natürlich kein Freund des Films entgehen lassen sollte. Zisch und Pep des Astro-Schlachtengewitters bleiben da wie gehabt ein tolles Stück Affektkino, die Melancholie Vic Morrows sowie der fantastische Wortwitz von Robo-Kumpel Beba mit inbegriffen, selbst wenn diese ebenso vor Aerosmith und Ben Afflecks Tiervergleichen auf die Knie fallen würden.




Meine Damen und Herren, jetzt schauen wir aber mal wieder auf den Boden unseres Planeten hinunter, denn als einzelner Passagier buchte ich mehrmals Reisen nach Santo Domingo binnen der Dominikanischen Republik, wo ein Joe D’Amato unserseits um 1980 herum eine Vielzahl erotischer Filme am Stück kredenzte. Stab und Ensemble gleichen sich also je nachdem mehr oder weniger mit denen aus „In der Gewalt der Zombies“, weshalb es ein Leichtes war, sich in das Areal zwischen Städten und Palmenstränden via Trauminseln wieder hineinzufinden bzw. diese tiefer zu erkunden. Eher weniger simpel war es allerdings, jene daraus entwickelten Narrative im Nachhinein auseinander zu halten. Am beachtlichsten blieb mir „Orgasmo Nero III – Schwarze Haut auf weißem Sand“ (so ein X-Rated-Nachholtitel, man kann auch beim O-Namen „Sesso Nero“ bleiben) dennoch in Erinnerung, jens vielschichtige Requiem für eine Variante Mark Shannons (Rollenname: Mark Lester!), die vom Prostatakrebs angefressen zu dem Ort und zu der Frau (Annj Goren) zurück sucht, welchen er Zeit seines Lebens nacheiferte, dass die Überkompensation im Aktionismus des steifen Glieds immer heftigere Entgnügungen am Miteinander ausübt und bittersüße Schmerzen dazu erleiden muss. Die Freiwilligkeit Marks dazu ergibt erst recht das Rückenmark der hier verlebten Tristesse unter heißen Sonnen und Damen, welche er im Schatten der eigenen Erschöpfung so verzweifelt und grob mit Spritze am Bein verbraucht, obgleich eine lebensrettende Operation und Ehefrau in New York auf ihn warten würden; er sich jedoch den letzten Wunsch erfüllen will, einem vergänglichen und längst vergangenen Glück hinterherzujagen.


Auf dem Pfad zerstört er auch gerne eine Unschuld (Lucia Ramirez), die bereits genug in der Unterschicht zu leiden hatte, vor kurzem erst von seinem intellektuellen, Schulen bauenden Kumpel eingekauft wurde – die sozialen Hüllen und Ideale fallen zwangsläufig auch bei solchen Modellen mit ideologischem Segen, Mark bleibt jedoch durchweg der Schmiermisanthrop des übersättigten Jet-Sets schlechthin. Trotzdem graut es einem davor, wie seine Zeitgenossen (u.a. George Eastman, wieder mal als verrückter Grieche) darin pendeln, sich um ihn zu sorgen sowie ihn leiden sehen zu wollen, genauso steht es mit Nico Fidencos finsteren Tönen, selbst wenn sie in den sinnesverstärkenden Bossa Nova übergehen. D’Amato nimmt da durchaus einiges von „Shame“ vorweg, wenn auch mit einem übernatürlichen Element in der Präsenz der Verflossenen als Geist, deren Vergeltung aus versagter Liebe Mark ebenso in Kauf nimmt, wenn er schon nicht mehr Herr seiner Sinne ist, sich in Visionen seiner Schwächen und rassistischen Vorurteile säuft. Angst und Penisneid vorm schwarzen Mann paralysieren ihn, ehe er zum Biest vor Ort geballter Enttäuschungen wird, die Außenwelt abstreift und vollends regressiv in die Illusion der Vergangenheit taumelt. Das sagt mehr über Realitätsbezug, Abhängigkeit und Gültigkeit innerhalb wie abseits von Beziehungen aus, als einem lieb ist. Im Delirium und Gruppensex unter Sonnenstrahlen kommt der Bezug zur „Letzten Frau“ von Marco Ferreri zum Schluss hin dann sicherlich nicht von ungefähr, so brutal und eisern leidend ist man dennoch nicht immer mit dem Werk D’Amatos in Kontakt.



Belegen lässt sich das u.a. an den simultan bewerkstelligten Reißern „Porno Holocaust“ und „Hard Sensation“, die vergleichsweise schroffer und schlichter auf die Bestätigung der per Packung versprochenen Reize eingehen (abgesehen vom Holocaust-Begriff, sollte man anmerken). Ersterer Film stieg mir allerdings trotz längerer Laufzeit (knapp 110 Minuten) leichter übers Zwerchfell, was auch daran liegen mag, dass allesamt viel netter zueinander sind - erst recht Shannon als Captain O’Day in seinem Verhältnis zu Lucia Ramirez als Forscherin Annie, die zusammen mit Simone (Dirce Funari), der Gönnergräfin (Annj Goren) und Dr. Lemoir (George Eastman) einige biologische Extremitäten auf derselben Insel wie in allen diesen Filmen zu erforschen gedenken. Da kommt noch zu späterer Stunde ein Ein-Mann-Zombie-Faktor ins Spiel, bis dahin leistet sich der Film jedoch mehrere Abstecher in die Ablenkung per Fleisch, in jedem Szenario mindestens einmal ficken zu wollen. Das Beste daran ist, dass die Charaktere solche Wünsche auch explizit aussprechen, jene Gelegenheiten trotz der Gefahr dramaturgischer Schlappe wahrzunehmen – selbst Shannon muss in der Menge an Flutsch und Weg mal ein verhaltenes „Nein, danke“ anbringen, ehe er sich doch wieder zu tollen Überschäumungen zwischen Sonnenglut und Wellenschlag überreden lässt. 


Eastman hingegen zieht in solchen Situationen ja immer wunschlos glücklich von dannen, doch als Autor jener Filme - in ihrer Varianz zum selben Ambiente nicht unbedingt die simpleste Kolportage - ist solche Bescheidenheit erst recht lobenswert oder Zeichen eines kompliziert ausgelebten Minderwertigkeitskomplexes. D’Amato nutzt den Effekt daraus so oder so, dass das letztendliche Monster ganz wie Frankenstein nach Verständnis giert sowie ein Ungeheuer der Triebe ergibt. Das Verständnis zu schwarzen Männern ist in dem hardcore-italienischen Rahmen natürlich weit hinter der Zeit geblieben, aber bis zum Ende hin noch versöhnlicher, als es der groovende Showeffekt per Doppelpenetration noire zu Beginn hinkriegt - Annj Goren geht in jeder Lage aufs Ganze! Vergnügter Ulk begegnet einem dann ebenso am Rettungsboot und ist da durchaus die Antithese zur Rape-and-Revenge-Klaustrophobie von „Hard Sensation“, welcher anhand der zuvor genannten Zutaten zeitweise eher den Anschein macht, die kollektive Erniedrigung, Machismo und Sexismus als Lust auf den Zuschauer übertragen zu wollen. Haut erwartungsgemäß nicht so ganz hin, obwohl sich alle Männer hier als Etappenschweine der Grausamkeit aus Macht entlarven; die Sympathie unter Beihilfe von Alessandro Alessandronis Score konstant bei den gefangenen Frauen liegt, obgleich die Kamera sie im Blowjob geißelt. Mark Shannon rotzt sich da als Haupträude eines entflohenen Knasttrios am Fiesesten einen von der omnipräsenten Goldkette ums Genick, kriegt aber auch erst so in der letzten Minute sein Fett weg, was der Film mit einem tragischen Bündnis zum Vergessen quittiert, dessen Tragweite ich viel lieber und früher genutzt gesehen hätte. Naja, nächstes Mal läuft’s bestimmt wieder besser zwischen Joe und mir.




Bis dahin haben wir wieder ein bisschen an amerikanischen Stoffen in petto – James Mangolds Debüt „Liebeshunger – Hungry for Love“ nämlich, das per Originaltitel „Heavy“ weit weniger platt klingt, hat es mir nämlich auch angetan, die Schwierig- und Selbstverständlichkeiten des sozialen Kontakts via Pizzabuden-Mitbesitzer Victor (Pruitt Taylor Vince) mit zu verfolgen. Obwohl sich der Rahmen auf provinziellere Sehnsüchte der Arbeiterschicht und solche, die es werden wollen, konzentriert, als es Mangolds aktueller „Logan“ von außen hin unternimmt, merkt man denselben Macher zwischen jenen auseinander klaffenden Wunden an, die ihre jeweils zentralen Individuen am Eingeständnis derer selbst zweifeln und Kreuze machen lassen. Keiner mag mit den Gegebenheiten brechen, Beerdigungen in die Wege leiten oder eine Trennung aus gewohnten Mustern vornehmen – man träumt von einem Ziel der Sicher- und Geborgenheit, doch in der Unterwürfigkeit zur eingelebten Desillusionierung Amerikas und seiner Tankstellenmärkte auf Valium (immer mit Schaukelpferd davor, von dem Hunde wie Kinder ausreißen) bleiben diese verbaut. Nicht unbedingt aus Dickköpfigkeit gegenüber nötigen Veränderungen (in diesem Fall: Weg vom Speck), eher, weil man allen Seiten nach zu urteilen ein Narr sein müsste, diese in Angriff zu nehmen. Die neue und blutjunge Aushilfe Callie (Liv Tyler) hat eben schon einen Beau, alles andere als der beste Hengst im Stall, aber eben das, was schon ist, was selbst sie nicht ändern kann, obwohl der Wille in den Tränen steckt und man es sich als Zuschauer fast so sehr wünscht wie Semi-Kupplerin/Victors Mutti Dolly (Shelly Winters).


Moms Ableben per Herzinfarkt hinterlässt schließlich einen Sog für den ohnehin schon auf Zurückhaltung gepolten Sohnemann, der fehlplatzierte Schuldgefühle und Beziehungsunfähigkeiten zu einer allumfassend zerstörerischen Mischung aufbereitet, noch mehr (auch wortwörtlich) in sich hineinfrisst, wenn das Diner, eben der Treffpunkt aller, immer mehr Fragen ans Gewissen stellt und das Schlechteste aus dem Egoismus des seit jeher Festgewachsenen fördert. Amerika frisst sich bei Mangold oftmals aus dem Innern nach oben=unten, u.a. anhand von Kollegen wie Delores (Deborah Harry), die einem beim Aussichtszaun zu aufsteigenden Flugzeugen noch Süßes vorsäuseln kann und im nächsten Moment Gemeinheiten aus Frust in die Wege leitet, so abgeklärt sie auch an einem Tresen arbeiten muss, der in seiner Gemütlichkeit oftmals auf „Blutgericht in Texas“-Ebenen aufleuchtet. Die Methodik an Hinweisen und Konstruktionen, mit denen Mangold dahin arbeitet, hat er übrigens bis heute nicht abgelegt – es herrscht hier wie dort der Zwiespalt, einen inneren Weg mit deutlich identifizierbaren Mittlern per Script zu unterfüttern, wie sie eher in Filmen denn in der Realität funktionieren, eben die Funktion an sich repräsentieren und doch noch mit einem Feingefühl gehandhabt werden, wie es ihnen vom Genre her normalerweise nicht zuteilwird. Mangold weiß seine geliebten Dysfunktionalen eben in der Filmsprache (erst recht in der höchst exemplarischen Einnahme der Darsteller) zu verinnerlichen, selbst wenn das Drehbuch mit Pflichten auf der Kippe steht, dennoch singuläre Ereignisse und Figuren ins Erfahrungsspektrum des Verdrängens und Verlangens nach Liebe zulässt, wie es einem unsteten ewigen Wanderer wie Wolverine ebenso ins Gesicht geschrieben steht. Die angeschlagenen wie anschlagenden Erwartungen zur Männlichkeit sind hier natürlich stiller als 2017 im Clinch, letztendlich fahren eh alle nebeneinander im selben Auto gen (n)irgendwo, bis sich die Wege trennen und es da ja doch weitergeht.




Wir kurven dagegen weiter zum „Point of Terror“ in Los Angeles lang, genau dorthin, wo uns Peter Carpenter letzte Woche schon zur „Blood Mania“ einlud. Mir war da noch nicht ganz bewusst, in wie viele Bereiche jenes Films er seine Hände stecken hatte, umso deutlicher tritt das hier zum Vorschein, wo ich zunächst noch vermutete, dass Robert Vincent O’Neill erneut die Führung übernommen hätte. Denkste! Alex Nicol heißt der Regisseur hiesigen Erotikthrillers, doch das ist im Grunde banane und einerlei. Inhaltlich gleichen sich die Filme fast bis aufs Haar – also gut, zumindest in den Grundzügen geht es wie dazumal um einen von Frauen umgarnten Toptypen (Carpenter), der seiner Geldsorgen wegen mit einer reichen Dame anbandelt, welche jedoch einen Knacks in der Psyche hat und besonders dann um die potenziellen Besitztümer wettert, wenn eine jüngere Unschuld aus Familienkreisen zu Besuch kommt und besagtem Manne bis zum Trauring den Kopf verdreht…was üble Konsequenzen nach sich zieht! Ganz wie bei Mangold sind die doppelten Lottchen an Filmerfahrung aber keineswegs solche, die sich gegenübergestellt von selbst aufheben, dafür kommt der jeweilige Elan dann doch immerzu auf die tollsten Eigenarten und offenbar sowieso von Carpenter selbst. Schade, dass er, der binnen beider Filme auf Beerdigungen vorstellig wurde, noch im selben Jahr, 1971, einer Gehirnblutung erlag – an ihm ist ein fesches Multitalent verloren gegangen, das vielleicht mehr den Hansdampf in allen Gassen ergab, aber eine solch selbstüberzeugte (nicht immer selbstsichere) Exploitation auffuhr, dass es nur allzu schmackhaft knisterte.


Man siehe dieses Mal allein das Intro, in dem der Herr Hippie’esken Soul am Vorhang vortanzt und mitsingt, den Sänger/Songschreiber Tony Trelos mimt und höchstwahrscheinlich nicht höchstselbst auf der Tonspur trällert. Ja, sieht leicht unbeholfen aus, aber den Mann kann man nur liebhaben; die Schnittstelle zwischen Tony Curtis und Ryan Gosling sehe ich ihm weiterhin an und genauso angenehm gestaltet sich auch sein Beuteschema zur Weiblichkeit. Die erste Freundin ist wieder eine rothaarige Schönheit, Sally (Paula Mitchell), und ein motivierender Anker inmitten seiner Behausung als halber Beachbum, der hinter der fitten Fassade um den Ehrgeiz gegenüber Mutter und Skeptikern auf Lebenszeit ringt, was er in einem One-Take und Schoße genialer Konkretheit so nah wie möglich zum Ausdruck bringt, Carpenter vor unseren Augen transzendierend privat wird. Damit er also die Katharsis erreichen kann, weil es ihm keiner an dieser Stelle abschlagen kann, meldet sich der Zufall in der Standsonne an, in Gestalt der Ehefrau des invaliden Plattenmoguls Martin Hilliard (Joel Marston, fantastisch am Quängeln und mit Phil-Hartman-Ton in der Stimme): Andrea, gespielt von keiner geringeren als Dyanne Thorne, epochenmarkierende Sadomasochistin aus den Ilsa-Filmen. Die gefährliche Verführung ihrerseits ist da allzu absehbar, sobald sie Tony unter ihre Fittiche nimmt, es aber eher insofern auskostet, ihren Gatten vor Eifersucht rasend zu machen – obwohl sie sich da gegenseitig an die Gurgel gehen wollen, funktioniert wohl genau das schon seit einiger Zeit als Beziehungsgrundlage. Das Essig-Syndrom im Menschen!


Mit Tony als neuer vom Mister bezahlter Plattenbengel scheint jedoch eine Spitze der Frechheit erreicht, bei der es kein Zurück mehr gibt. In der Sippe sind die um mehrere Köpfe geworfenen Ultimaten dann auch so blutrot wie Tomaten, mit Farben geizt der Film sowieso nicht, wenn er das Muster mörderischer Intriganz und Erpressung sogar mit den Signalen des Stierkampfs ausstattet. Über welches aus „Blood Mania“ übernommene Element ich mich dann aber doch am meisten freute, war die Rückkehr von Leslie Simms als per Trockengift schnatternde und trinkfreudige Kumpeline Fran – die Frau leuchtet selbst mit unschmeichelhaftesten Perücken und Leopardenfellklamotten auf, dass ich mich frage, warum Tony nicht einfach mit ihr um die Häuser zieht. Gute Freunde werden sie hier ja so oder so, null problemo. Die Kontrolle behält allerdings Andrea, zwingt Tony (und - siehe den tollen Couch-Schlagabtausch - sich selbst) in Abhängigkeiten, die mich an „Love and Mercy“ erinnern ließen und auch hier von einem Engel in blond, Hilliard Tochter aus erster Ehe Helayne (Lory Hansen), errettet werden, mit welcher die schönsten Freizeitaktivitäten unternommen werden, ehe die Provokationen an Eskalationen ihren im Titel erwähnten High-Point erreichen. Der verausgabt sich bis dahin vielleicht mit weniger Sexappeal und Delirien, als es bei O’Neill der Fall war, aber das ordnet ihn vielleicht sogar kurzweiliger in jene Variante der Hardboiled-Seifenoper ein, zwischen deren tollen Damen (und dem perfekten Barpärchen nebenan, als käme es der Funktion aus „Begegnung“ gleich) sich Peter Carpenter deutlich pudelwohl fühlt und dennoch allesamt hart gegeneinander sowie gegen ihn als Versager aus Stolz und Ambition antreten lässt.



  
Gegen sich selbst und die eigenen Schwächen arbeiten zu wollen, tja, darum geht es auch in meinem schon ganz oben angekündigten Darling innerhalb dieser Filmwoche: „Emanuelle – Insel ohne Tabus“. Wieso springe ich gerade auf den Film an, wenn er Laura Gemser ausnahmsweise mal nicht durch Joe D’Amato in die Welt der Sinnlichkeit führen lässt? Ich hätte mir die Frage jedenfalls nicht bei ihrem Einstand als „Black Emanuelle“ im (ich übertreibe mal:) gesteigerten Sextourismus von Bitto Albertinis gleichnamigen Film stellen müssen, aber diese italienisch-venezolanische Koproduktion von Enzo D’Ambrosio und Humberto Morales hat sich auf eine ganz eigene Art ins mediale Vergnügen meinerseits eingepflanzt, welche ihre Hingabe zum Wandel eines Individuums so friedfertig und ehrlich wie die Wenigsten ihrer Epigonen angeht. Im Sinne einer gefühlsmäßigen Orientierung kann man anfangs durchaus einen Mittelweg zwischen „Robinson Crusoe“ und „Die blaue Lagune“ für sich erkennen, doch selbst wenn man auf dem verlassenen Eiland des dort gestrandeten Daniel (Paolo Giusti) begrenzte Möglichkeiten des Erzählens vorzufinden glaubt, konzentrieren sich dann doch zielsichere Erkenntnisse zu Leben, Liebe, Selbsterkenntnis und Respekt für alle Lagen des Daseins heraus, was angesichts der schmuddeligen Umstände ein kleines Wunder darstellt. Beim Rückzug auf eine Insel wie diese liegt es natürlich gerade dann immer im Auge des Betrachters, wie der Entzug, die (un)freiwillige Flucht und die Reflexion zur eigenen und Fassung des Films - der sich natürlich nicht vollends dem Sleaze und seinen extensiven Streicheleinheiten entziehen wird - zu werten ist.


Und da macht er es mir nicht leicht, ihn an euch Leser weiterzuleiten, wenn seine bislang erhältlichen Versionen aufgezoomt und breiig aufs Meer gondeln; die nicht immer kostenintensive Schludrigkeit in Kamera, Schnitt und Tempo ebenso wohl kaum dem Standard entspricht. Wie man’s von mir kennt, sehe ich gerade da aber einen Reiz auf Augenhöhe, der hier z.B. in recht fixen Fragmenten alles zu erzählen schafft, wie Daniel auf das im Meer verfahrene Boot gekommen, im Parallelschnitt von Einsam- und Mittellosigkeit umzingelt ist. Die außergewöhnlichen Töne von Marcello Giombinis Soundtrack machen den einnehmenden Druck der Situation erst recht greifbar, wenn auch eben eher mit solch unruhigem Wabern, das auch auf der Bildebene eine Schönheit voller Widersprüche stattfindet. Jedenfalls klebt man fortan ganz fest an Daniel und seiner nach innen gekehrten Rastlosigkeit dran, die auch dann nicht aufhört, sobald er die rettende Insel bar jeder Ressourcen erreicht. Dass solche Schicksale einen nicht gleich derart stilistisch erschlagen und nerven müssen wie ein „Swiss Army Man“ versteht sich hoffentlich von selbst, entsprechend entschleunigt geht dieser Mann also auf Spurensuche zur Selbstversorgung und trifft dabei via behutsamen Herantasten auf das Geschwisterpaar Heyde (Gemser) und Juan (Nicola Paguone), die seit jeher mit ihrem Vater Antonio (Arthur Kennedy) im Alleingang die Insel bewohnen. Interessant ist bereits da schon, wie Daniel dem Typus des barschen Stadtmenschen in der Situation entgeht, Vorsicht und den personal space beherzigt, ohne sein Gegenüber von Vornherein für dumm zu verkaufen.


Es bahnt sich hier also eine feine Sache Richtung Menschenkenntnis an, bei deren Freizügigkeit in erster Linie mal nicht von Sex die Rede ist. Man merkt Antonio auf jeden Fall schon mal eine harte Linie des Protektionismus an; eben einen Kauz, der nichts von der seiner Meinung nach verkommenen Außenwelt an sich und seine erwachsenen Kids hinein lassen will – so basisch jene Eigenschaften auch klingen, sind Dialog und Umgang zwischen den Parteien dann doch nicht allzu sehr vom Topos gekennzeichnet und leiten ihre Positionen ohnehin mehrmals zur Differenzierung an. Kann auch sein, dass ich sowas übersehe, wenn man daran teilnehmen darf, wie Heyde und Juan der ungenierten Unbedarftheit und Neugier wegen Daniel helfen, dass sich da über die ersten kleinen Gesten (u.a. Feuer, Harpune und Hochprozentiges) ein Austausch entwickelt, von dem alle etwas haben, eben geteilte Plätze anstatt geteiltem Leid. Die insofern noch vorhandene Sucht zur Spritze schlägt bei Daniel zwar immer wieder unter Krämpfen durch, doch am Genesungsprozess dazu öffnet der Film erst recht eine Vielzahl von Stärken: Die Balance zum Natürlichen lässt sich im audiovisuellen Schwebezustand erfassen, die Sympathien bleiben an jeder Person größtenteils auf einem hohen Level und die Beobachtung moralischer Kontraste funktioniert eben hauptsächlich als solche. Die buntesten Zoten bleiben bei Antonio haften, ansonsten bietet der Film eben einen relativ schwärmerischen, doch intimen Diskurs (entgegen) des Alltäglichen – zudem entschlossen abseits des Alltags in der Zivilisation.


Das kann man dem Film als Fantasieerfüllung anrechnen, klar, insbesondere, was die Zuneigung Heydes angeht, doch jene natürliche(re) Erfassung des Zwischenmenschlichen hatte mich zeitweise sogar an die Leichtig- und Knappheit eines Hong Sang-soo erinnert. Gewagte und naive These, ich weiß, weise aber gleichsam auch darauf hin, exemplarisch zu beachten, wie Daniel mit einem schließlich vorbeikommenden Fischer parliert, wie die Entscheidungen im Nachhinein dazu ausfallen und überhaupt wie sich allesamt von bestimmenden Mustern lösen, die teilweise auf ewig über Kino und Realität zu thronen scheinen. Sind wie gesagt durchweg kleine Gesten in einem Werk, das solche Ansätze von außen hin nicht zu erwecken wagt, aber in die verliebt man sich ja bekanntermaßen am ehesten ganz unverhofft. Ich war sogar überrascht, wie der Film letztendlich seine titelgebenden Tabus auflöst, wie packend die Grenzerfahrungen darin zusammenkommen und trotz aller Konflikte über den eigenen Schatten springen können. Solche emotionalen und aufrichtigen Pfade findet man sonst eben auch eher in unterschätzten Begegnungen wie derer mit der „Dark Tide“, wenn es um den Stellenwert des Echten im Genre geht. Falls man also da schon von den Socken war, wie sich die Elemente mit dem Menschen ergänzten und ihre gemeinsamen Aktionen auf eine Dreieinigkeit des Wiedererkennbaren, des Romantischen und des Trivialen einstellen konnten, dann dürfte man hier ebenso ganz geschmeidig die Sehnsucht inhalieren.

Sonntag, 16. April 2017

Tipps vom 10.04. - 16.04.2017 (Ostern-2017-Edition)


Liebe Osterhasen,

ich hoffe, ihr hattet die Tage über eine angenehme Schonzeit via Eiersuche und Chillfaktor, ehe wir uns weiter damit beschäftigen müssen, welche Bomben und Raketen mütterlich einschlagen oder versagen. Weil medial vielerorts auch eher auf Automatiksteuerung geschaltet wurde, ist es hoffentlich eine nette Nachricht meinerseits für Euch, dass nach der letztwöchigen Junior-Ausgabe erneut ein etwas umfangreicherer Wind hier sein Wehen tätigt. Obgleich ich gesundheitlich etwas vom Rücken aus angeschlagen war (Hauptagitator meiner bereits erwähnten Handschmerzen übrigens) und mir mancherorts mehr Stress als nötig machte, ließen sich gute Mengen an Filmen wegschauen! Mittwoch hatte ich in dem Sinne wieder meine 12-Stunden/8-Filme-Initiative durchgezogen und Samstag gab es sogar einen goldigen Space-Abend mit Siegfried Bendix und Zelluloidraketen oben drauf (dazu eventuell mal mehr), von denen ich mich jetzt noch ausnüchtere. Puh, schade, dass ich in diesem Sinne nicht noch mehr davon berichten kann, was mir außerhalb der Medienlandschaft passiert ist - da war letzte Woche mehr los, allerdings auch nicht soviel an brancheninternen Nachrichten, die von Cannes über Star Wars mal wieder alle Extreme an Vorfreude abgreifen durften. Ich weiß nicht warum, aber bei aktuellen Filmen stehe ich im Augenblick etwas auf dem Schlauch, insbesondere, wenn sich zig Meinungen um eine Neuigkeit ballen und im Kanon unterzugehen drohen - hab ich jedenfalls so den Eindruck. Was soll's? Machen wir einfach noch weitere Erkundungen in den Wahnsinn der Vergangenheit und dessen schönen Gärten voll historischer Großwerke ringsum (inkl. zwei Generationen an Tschechowas!). Die bunten Klöten, äh, Eier, habe ich auch schon in den Korb gelegt, schaut mal rein:




Schon mal daran gedacht, „Die große Flatter“ zu machen? Der jugendliche Fluchtversuch aus den Untiefen der BRD ergab schon beim gleichnamigen Dreiteiler von Marianne Lüdcke die Sehnsucht schlechthin, doch die Sozialtristesse behielt auch dort letztendlich stets die Oberhand. Als mittelschwer kathartische Ergänzung dazu gab der WDR wiederum ein Jahr zuvor schon „Die Abfahrer“ aus – eine 16mm-Tour binnen wie außerhalb des Ruhrgebiets, mit der Adolf Winkelmann ganz dem Status seines Films als Debüt entsprechend den Startschuss zum Gesamtwerk interner und externer Entfesselung erhielt. Auch wenn er den Konflikt des Aufbegehrens gegen das Festgewachsene in „Super“ noch auf eine Endzeit polen würde, ist auch hier eher ein struktureller/markttechnischer denn ein persönlicher Antagonismus zugange, wenn unsere drei Arbeitslosen Atze (Detlev Quandt), Lutz (Ludger Schnieder) und Sulli (Anastasios Avgeris) tagein tagaus im Hinterhof abgammeln, Ersatzteile vom Schrottplatzhehler stibitzen, sich mit den jungen Kollegen vom Kohlenpott kabbeln und kaum noch darauf warten müssen, dass etwas passiert. Die innere Ruhe in der Handlungsunfähigkeit inmitten von Dortmund ist eben eine Haltung der Ungewissheit aus geographischen sowie psychologischen Druck, die man gerne auch vor der eigenen Mutti verheimlicht/umso prägnanter durchscheinen lässt („Was interessiert sich der Fortschritt für meine Lehre?“) – die Winkelmann aber auch keinen Anlass dazu gibt, seine naturalistische Leichtigkeit zu durchbrechen (ging bei „Tschik“ gehörig daneben), welche ihren Alltagsrundumschlag mit der Varianz wiedererkennbarer Provinzler füttert, die schiefen Lagen zum Handeln und Beurteilen als trockenes Laissez-faire evaluiert, in die Kneipe zum Fußballanfeuern auf kleinster Mattscheibe zusammenführt.


Dass sich unser Trio da nicht blicken lassen kann/will, ist dann schließlich unter Beihilfe der melancholischen Töne der Schmetterlinge (Methodik und Effektivität erinnern an „Das Brot des Bäckers“) der Auslöser fürs Einmal-um-den-Block-ne-Runde-drehen mit dem in der Einfahrt geparkten Möbeltransport-LKW, das genauso spontan an Fahrtrichtungen zunimmt wie die Jungs untereinander agieren. Winkelmann bleibt roh am Ball und dramaturgisch locker im Umgangston, doch extern steckt er den Zuschauer mit einem Traum der Befreiung an, der sich durch die Neonlichter der Nacht ins Unendliche wagt, Urlaubstramperin Svea (Beate Brockstedt) aufgabelt und weit weniger um ihre Gunst buhlen lässt, als dass sie gemeinsam eine Menge Unsinn unter Wurstschnitten oder Fichten verbreiten, alle mal den Sattelschlepper antesten (Svea gibt Gas!). Alles Teil der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, mit der (vermeintlich) ursprünglichen Route als Etappensieg im Auge und einer zu lockeren Handbremse in Gefahrenzonen eines „Lohn der Angst“ steuernd, wenn diese auch eher solche eines „Quo vadis?“ im Nachhinein darstellen, welches man sich zudem mit dem Stellenabbau gen Heimat teilt. Wird schon irgendwie, sagt man sich da, ob nun mit Arm-auf-Kissen am Fensterbrett, im REWE-Tratsch oder beim Feierabendbier im gelockerten Bangen um Möbel, die nach Lübeck umziehen sollen. Die Autobahnen sind ja seit jeher offen, „Die Abfahrer“ ergreifen lediglich die Initiative und man blickt mit ihnen zusammen voraus bzw. im Gespräch mit dem Rücken zur Fahrtrichtung auf dem Armaturenbrett, kecke Schnauze und die selbstverständliche Spannung des „Wir schaffen das, aber es eilt nicht“ mit inbegriffen - minus den Realitätsverlust daran, wohlgemerkt.




Bei Joe D’Amato bin ich immerzu leicht hin- und hergerissen, ob er sich nach Altherrenmanier am Schauwert des Obszönen aufgeilt oder ob er den genuin sanften Höhenflug im Hedonismus aufsucht. Dass er zwischen diesen Welten pendelt, macht allerdings seine schönsten Werte aus und ich möchte meinen, dass „In der Gewalt der Zombies“ jenen glücklichen Zwiespalt an der Spitze trifft. Wahlweise als Horror- oder Hardcore-Variante anschaubar, machen sich die Inselriten so oder so gehörig nackig, dem Trend der damaligen Untotenwelle um 1980 per Mash-Up nachzukommen (siehe auch „Zombies unter Kannibalen“ sowie D’Amatos „Nackt unter Kannibalen“). Genre-Exzesse sind meistens eben lieb aufeinander und im Zentrum dessen weiß Seemann Larry (George Eastman) als souveräner Genießer mit Pflichtbewusstsein zum Schunkeln und Abhärten zugleich zu überzeugen. Als Alter Ego D’Amatos oder als fortgeschritten liberales Ideal eines Leinwandabenteurers ist er sodann auch kaum an einer Herrenmenschenkonstellation interessiert (bei dem Ambiente leider öfters der Fall); Frauengeschichten seinerseits kommen auch erst verstärkt auf Wunsch der Damen zustande.


Der Mann kennt seine Grenzen, auch wenn er mal eine Verheiratete in seine Kajüte einlädt und ein andermal respektiert, dass eine kesse Biene des Geldes wegen jemand anderem versprochen ist – zumindest bis zu dem Punkt, an dem Fiona (Dirce Funari) Interesse und mehr zeigt. Unter der glühenden Urlaubssonne ist eben High-Life angesagt, doch die Moral zeigt Bedenken, sobald der Amerikaner John Wilson (Mark Shannon) mit Moneten angeben will, das sagenumwobene Eiland der Katzeninsel  in ein Hotelreservat zu verwandeln und die verbliebenen Einwohner aus der Gegend zu kicken. Der Kerl ist dennoch kein Superarschloch und erst recht der Urheber für den Hauptanteil an Porno-Segmenten der Verwöhnung – aber so sehr man sich mit ihm auch in Hotelzimmer, Schaumduschen, Art-Deco-Bettzeugs und Vaginalsaft einkuschelt, macht der Film klar, dass es mit seiner Ankunft ringsum merkwürdig, ja sogar sehr merkwürdig wird (die Dialoge beherzigen oftmals derartige Wortwahl). Nicht, dass die Vermengung aus Horror und Sex enorm verdichtet vorangetrieben wird, dafür ist D’Amato schlicht zu lässig im Sleaze eingelebt – so begibt man sich also trotz abergläubischer Warnung recht locker verkumpelt auf die hohe See, selbst wenn sich passivaggressive Tendenzen der Begattungshingabe einschleichen. Warnung vor dem Ami, ne.


Gleichsam nett und frustriert geht man auch mit dem letzten Großvater auf der Insel um, der die ungebetenen Gäste forthaben und auch kein Geld annehmen will, was John genauso wenig annimmt wie die Abfuhr durch dessen Enkelin Luna (Laura Gemser) – erst recht aufgrund des Geheimnisses, warum sie auf keiner seiner Vermessungsfotos zu sehen ist und sich für den Zuschauer ersichtlich dauernd in eine niedliche schwarze Katze verwandelt. Man ahnt: Irgendwann kommen die Zombies aus ihren Gräbern hervor, doch bis dahin darf es jeder mal mit jedem versuchen, wobei Larry natürlich am besten abstaubt: Der bekommt einen Fetisch zum Schutz und badet unter heißen Stößen mit Luna zusammen im blauen Mondlicht – passend zu seinen dauernassen Jeans. Zuvor durfte er auch schon den Tanz einer Korken verschlingenden Schönheit als Privatvorstellung erleben, anhand derselben entschleunigten Hypnose wird er auch mit dem Ensemble an Untoten konfrontiert. Dieses verteidigt Grund und Boden eher im Schleichtempo der „Rückkehr der Zombies“, wird aber beinahe so ruppig wie bei Fulci zerteilt, ehe mit fataler Fellatio gekontert wird. Am Ende wachen eh alle voller Sand in den Hosen an derselben Strandbucht unter Palmen auf. Die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen da aber am Schärfsten, bis dass der Wahnsinn die Enthemmung fördert und selbst in der Klapse ein Happy-End hinterlässt, solange die filmische Nutzung von Fleisch in jene Extreme schippern darf, welche D’Amato hier als Lust- und Muntermacher für Kolportage-Freunde fetischisiert hat.




Wow, was für ein hinreißender Titel, „Blood Mania“! Ich sträube mich ein bisschen davor, die deutsche Verleihtaufe „Porno Mania“ zu verwenden, da sie falsche Erwartungen schüren dürfte, aber im Grunde trifft das auch auf das originale Pendant zu, so lange man auf die Hysterie im Blutrausch warten darf. Der Film von Robert Vincent O’Neill („Angel“) ist aber auch per Selbstdefinition weniger einer, in dem viel passiert, wo es zudem nicht zu straff wiegt, wie alles daran vor sich geht. Er ist hingegen ein Kapitel US-amerikanischer Sexploitation, das sich mit innerfamiliären Intrigen ausstattet, aus denen sich „Dallas“ bzw. „Denver-Klan“-Episoden bilden ließen. Gerade dieses infame Melodram binnen höherer Gesellschaft und niederträchtiger Skrupel hält die 80 Minuten Laufzeit aber wacker zusammen – und die Genre-Zutaten dazwischen lassen so froh und angeregt aufglucksen, dass es nicht bloß auf die weiblichen Schauwerte zurückfällt. Ach, wen will ich auf den Arm nehmen?  Von Anfang an gibt’s Brüste und durchsichtige Babydolls in die Linse, aber immerhin in einer dieser von klaustrophober Finsternis benebelten Umnachtungen, wie sie anno 1970  gang und gäbe waren, hier eine Verfolgungsfantasie inne haben, die sich der schwerreiche Ridgeley Waterman (Eric Allison) zusammenträumt, während er seines schwachen Herzens wegen ans Bett gebunden ist.


Der Frust und seine psychischen Ventile sind derart klischeearistokratisch, dass sie auf den Zynismus von Tochter Victoria (Maria de Aragon) abfärben und vorwegnehmen, dass ein kollektives Trauma an Missgunst, Männerhass und Gier in der Sippe schlummert – was allerdings nicht exklusiv an ihnen verbleibt. So gerät Waterman-Kollege Dr. Craig Cooper (Peter Carpenter – das Missing-Link zwischen Tony Curtis und Ryan Gosling) als verdeckter Liebhaber Victorias in die Bredouille, zum Abbezahlen seiner Schulden bei einem alten Freund Moneten heranschaffen zu müssen, welche die Dame des Hauses ihm verspricht, wenn er bei der Beschaffung der hochdotierten Erbschaft mithilft. Oy, das klingt gerissen, doch er hat kaum eine andere Wahl – und das, obwohl seine treu ergebene, rothaarige und vollbusige Schönheit Cheryl (Reagan Wilson) zuhause auf ihn wartet, ihn zu Beginn schon per Schaumbad aus der Morgenmuffeligkeit erweckt und eine von vier sehr vergnügten Frauen in diesem Reißer ohne großartige Mengen an Reißertum darstellt. An zweiter Stelle stellt sich Krankenschwester Turner (Leslie Simms) vor, die selbst ihr Pleitekonto (auch bei den Männern) mit Humor nimmt und nur die besten Absichten in der Villa vorlebt; ab der zweiten Hälfte gesellen sich noch die alles durchschauende Kate (Jacqueline Dayla) und Unschuldsengel Gail Waterman (Vicki Peters) dazu, wobei letztere als Schwester Victorias flugs zur Konkurrenz wird.


Das rührt daher, dass Craig der femme fatale nach einem psychedelischen Techtelmechtel einige Aufputschmittel überlässt, die sie unter des verhassten Vaters Nase hält. Mit dem folgenden Exitus fühlt sich Craig jedoch umso mehr in der Schlinge, dass er allmählich mehr Gefallen an Gail findet, mit der er einige wirklich schöne Stunden am Strand (inkl. Dogge) verbringt. Bis dahin füttern jedoch vielerlei widersprüchliche Eindrücke die Ambivalenz zu solchen Szenen. Man bedenke allein, wie sich Cheryl für ihren Beau aufopfert, sich dessen Erpresser hingibt, dass keine Schulden mehr über bleiben. Oder dass er überhaupt erpresst wird, da er einst illegal bei Abtreibungen mitgeholfen hatte und nun seine Lizenz verlieren könnte – spielt dieser Film im Jahre 2017? Victoria kann man ebenso nur bedingt böse sein, so tolle Jenseitsgemälder sie gestalten kann und sich mit einem erzgrantigen Papa abmühen muss, der im Blitz der Erinnerungen seiner Töchter wohl noch mehr Unheil auf dem Kerbholz hatte (O’Neill hält das aber vage genug – es bleibt spannend!). Das alles führt schließlich zu tödlichen Impulsen, die sich jedoch so pointiert auf den Wahnsinn konzentrieren, dass sie die Wartezeit deutlich Wert waren – erst recht, da jene Überbrückungsphase sinnliche Kontraste vergänglichen Bürgertums lieferte, die in ihren konkreten Launen ein Schauspiel voller Spaß am Ekel und Legeren in den Marmor meißelte.



Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch:

Sasori - Scorpion - Ich habe mich davor gesträubt, eine weitere Lobeshymne zu diesem allseits bekannten Knastreißer beizutragen, obgleich ich Shun'ya Itô schon bei seinem Curse of the Dog“ schwer zu schätzen wusste, der hier ebenso reichlich Expressionismus in das Milieu gebeutelter Weiblichkeit und Vertrauensvergänglichkeit infusiert, audiovisuell hypergeschickte Überraschungen anhand eines nihilistischen Infernos an Sadismus und Überschwang zum Hochgenuss der Rachekunst Meiko Kajis verdichtet, das Leiden und die Korruption an der Landesflagge gleich mitsymbolisiert, aber eben auch schon so bekannt ist, dass ich mir die größeren Brocken an Kritik eventuell eher für die Fortsetzungen aufheben möchte, welche ich natürlich kaum erwarten kann.

Macabro - Die Küsse der Jane Baxter - Wer die letzten Jahre zufälligerweise nicht von Lamberto Bava und einigen hiesigen Retrospektiven zu seinem Werk gehört hat (schaut einfach mal auf die Ausgabe, die letztes Jahr am 17.04. rauskam - doller Zufall, wa?), muss ich in dem Fall leider auch um Verständnis bitten, wenn ich auch hier nicht die Absicht habe, auf den fahrenden Zug ausführlicher Reiteration über dessen Qualitäten aufzuspringen, zu alledem nicht die Besonderheit in der Handhabe dieses psychologischen Thrillers verraten möchte, mit welcher so viel Ambivalenz und Charaktertiefe gefördert wird, dass der makabre Sleaze-Faktor von naturalistischer Sehnsucht zeugt, wenn Blindheit und Verzweiflung binnen der Straßen wie Villen New Orleans in eine Schicksalschronik eskalierender Heimlichkeiten münden.

Zûmu appu: bôkô genba aka Zoom Up: Rape Site - Die Reihe hatte ich schon einige Male hier in die Höchstklasse an Besprechungen gepusht und obwohl jenes Segment aus der Nikkatsu-Schmiede noch immer einen tollen bizarren Voyeurismus an den brachialsten Untaten der von den eigenen Geschlechterrollen und Fantasien frustrierten Gesellschaft Japans festmacht, gehen die Qualitäten etwas plumper von dannen/auf die Schauwerte zu, welche Mord und Sex innerhalb ihres Charakterspektrums als Ansteckungsgefahr psychologisieren, sich in der Autopsie der Perversion jedoch schneller als gewünscht auserzählen, bei knapp über einer Stunde Laufzeit aber noch die schärfste wie widerwärtigste Form der Pinku-Eiga-Sozialkritik schlechthin markieren.

Jack Reacher: Kein Weg zurück - Von den Grundzügen her müssten dieselben zielsicher analytischen Qualitäten des Ex-Militärs Reacher (Tom Cruise) hier noch aus Teil 1 vorhanden sein und kräftig über alle Regierungs- wie Staatsgewalten hinweg zuschlagen können, ohnehin eine tolle ebenbürtige Partnerin in Cobie Smulders (auf obigen Banner wie bei meinem Beitrag zu Results mit Mütze abgebildet) inne haben, doch was Edward Zwick als Regisseur und Ko-Autor dann allerdings etwas doll abhanden geht, ist einerseits die Stringenz der Titelfigur in Relation zum hiesigen Verschwörungsplot nach Schema F (inklusive Bösewicht-Blassbacke deluxe) und andererseits die emotionale Bindung in Gestalt der angeblichen Tochter Reachers, deren Involvierung auf solch forcierte Signale des Älterwerdens setzt, dass es beinahe schon einen provisorischen Charakter im Sinne von 'Das ist der letzte Teil, lassen wir's gemächlich ausklingen, wir lernen jetzt, eine Familie zu sein' besitzt.

The Light Between Oceans - Zugegebenermaßen lasse ich mich gerne von der Ära unabhängig in Melodramen zur See hineinziehen, die ihre Schicksalswendungen so offen austragen, dass man einen Höhenkoller der Gefühlsduselei erleiden müsste, doch Derek Cianfrances Variante des Kontinuums Trauma-Unzugänglichkeit-Hoffnung-Geheimnis-Pseudoglück-Schuld-Gewissen-Offenbarung-Trauma-Patchworkfamilie (der letzte Punkt ist speziell sein Ding, schon klar) macht sich oftmals mit solch beliebigen bis theatralischen Phrasen und Stilisierungen Luft, dass man ihm auch angesichts der effektiveren zweiten Hälfte eine Ungeniertheit zum Kitsch à la Nicholas Sparks wünschen möchte, während per Alexandre Desplats Geklimper und verkrampften Dringlichkeiten zum Qualitätskino hin durch die Bank weg jedoch ein Lebenswerk suggeriert werden soll, dem zum Atmen schon von Vornherein jede Geduld fehlt.

So, jetzt geht's weiter im Text!




Ins nächste feindselige Interieur geht es sodann „Hinter Klostermauern“, ein Film, der zig Flaschen an Essig geschluckt zu haben scheint, ohne dass man als Zuschauer einen Brechreiz daran empfinden müsste – und das obwohl er von Harald Reinl stammt! Ich möchte nicht unnötig streng gegen den Mann wettern, doch bisher schien mir sein Beuteschema an Stoffen eher nach Staubmenge und Auftragsentgelt ausgerichtet, als dass distinktives Verlangen aufkommen könnte, dass über die Toleranz für seine „Winnetou“-Stoffe hinausgeht. Vielleicht hab ich ihn auch in einen Topf mit Wolfgang Liebeneiner geworfen, aber gemessen an diesem Frühwerk werde ich meine Haltung natürlich überdenken, selbst wenn man merkt, auf welche moralischen Themengebiete er in Zukunft zurückgreifen würde (siehe „…und die Bibel hat doch recht“). Ehedem jedoch der Fall ist, wird man von der groben Kelle des jüngst aus dem Knast entlassenen Thomas Holinka (Philip Dorn alias Frits van Dongen) überwältigt, vielmehr aber noch von der pechschwarzen Ungnade der Nachkriegszeit, die reichlich Eskalationen bietet wo alles andere kaum noch gedeiht – keine Jobs, keine Behausungen, keine Zwischenmenschlichkeit; dafür Alk, gezinkte Karten, falsche Freunde und Familienleben ohne feste Zukunft. Was man sich da um die Ohren schnauzt und fetzt gewinnt zudem an Deftigkeit, wie erdrückend Optik und Ton kooperieren, Ödland am Tiefpunkt zu extremisieren, was vielleicht auch deshalb so schauerlich scheint, da allesamt nachsynchronisiert sind - besonders an der Statur Holinkas gilt es sich zu messen, der einen stets wie „Tarantula“ auf dem Kieker hat.


Wie gefährlich der Typ doch wirkt, obgleich der angefahrene Hund in ihm um die Straßen und Kneipen kreuzt, nichts für Freundin Kathrin (Katharina Mayberg) und den gemeinsamen Sohn Peter (Peter Fischer) tun kann, als sich Schulden bei Kumpel Joschi Panek (Harald Holberg) anzusaufen. Die umherirrende Räude findet allerdings doch noch unter Einsatz von Faust und Scherben einen Unterschlupf jenseits der Behörden im verlassenen Kloster, lädt sich seine Liebsten gleich mit ein und lässt wundern, wie man in solch Gemäuern direkt aus „Das Schöne und das Ungeheuer“ nur wohnen wollen würde. Kein Geschmack, wohl eher aber keine Wahl in der desaströsen Stimmung – aber pass mal auf, sobald die Nonnen unter Oberpriorin Olga Tschechowa in ihr Hab und Gut zurückgeführt werden sollen: Da will die Staatsgewalt Besetzer Holinka mit allen Mitteln rausreißen, doch die Geistlichkeit bringt eine Wende ins Geschehen, so wie der Film auch nicht die politischen Anspielungen darin verhehlt, den Wiederaufbau per CDU gegen die (explizit erwähnte) KPD und Sozialschmarotzertum auszuspielen. Genauso konservativ lässt sich der kommende Handlungsverlauf begreifen, da Holinka bleiben darf und eine Anpassung zur charakterlichen Besserung erfährt, allerdings fährt er bis dahin durchweg einen solchen Konfrontationskurs, dass es eine helle Freude ist, mitanzusehen, wie angsteinflößend sich unbedingte Barmherzigkeit und Faustrecht auf den heiligen Fluren gegenüberstehen.


Bei den Bemühungen trifft man sich insofern eher unfreiwillig, wenn der kleine Peter z.B. in die Küche läuft und fortan immer ein kleines Stück Kuchen abkriegt, was ihm der Paps sofort verbietet, da er aus Stolz und Nihilismus keinerlei Hilfe und Bekehrung von den Pinguinen annehmen will – doch sobald es darum geht, was man alles im Krieg gesehen und was Gott zugelassen hat, ist der Abstand zwischen den Welten gar nicht mehr so weit. Das heißt, wenn man übersehen kann, wie brünstig das monochrome Gift die Führung in den Abgrund strafft, wie unwirklich die Elemente darin aufflackern und ihre Symboliken an den wolkenschweren Horizont zimmern, wie restriktiv das menschliche Wesen unter jener Kutte das Sprechen in eremythischer Verschwörung lernt, eben auch wie die Unterwelt via Joschi einem Tumor ähnlich im Gewissen anwächst. Da sind die bloßen Hausbesuche bald wieder Suffekstasen, die sich die Pfoten aufschlitzen und jeden Pfennig abschwatzen lassen, während der Lernprozess bei den Holinkas kontinuierlich unter Proto-Winnetou-Tönen ankommt und doch keinen Schwung an Spannung verliert, wenn die kirchliche Oberleitung am Zweck des rehabilitierenden Gärtners in Thomas zweifelt und Joschi (wahrscheinlich auch aus Neid) die Begleichung herbei manipuliert. Wie kann das nur ausgehen, wie wird Kathrin die zweite Schwangerschaft überstehen, wie finster wird die sakrale Moral und ihr Gesellschaftsbild in Erinnerung bleiben und wie toll wird man diesen Horror an verschleppter Wiedergeburt empfehlen können? Alle Antworten führen zu Höchststufen, soviel sei gesagt.




So, jetzt lassen wir die frommen Brüder und Schwestern mal dort, wo sie sind und widmen uns im Folgenden den „Sisters in Leather“ sowie ihren heißen Öfen. Zoltan G. Spencers Nachfolgewerk zu „The Satanist“ mausert sich erneut zum Nudie-Cutie promiskuitiver Beischlafsdrolligkeiten inmitten abwegiger Milieus und stockspießiger Mittelklasse-Erzähler, wobei letztere erneut für keinen Moment ihres Handelns unterschlagen können, wie dürftig sie ihre Hemmschwellen einhalten. Opportunismus und Voyeurismus schlagen also erneut zu, wenn sich Mustergatte Joe (der passgenau unsichere Tony-Lo-Bianco-Imitator Dick Osmun) auf einen Quickie mit Dolly (Karen Thomas) im Cabriolet einlässt, dafür auf eine Kiesgrube fährt und beim Auspacken feststellen muss, dass die feministisch-lesbisch-teilweise-bisexuelle Bikergang unter Herrschaft von Butch (Bambi Allen) Fotos von seiner Tat geschossen hat und ihn damit erpresst. Man liegt richtig, wenn man Dolly als Teil des Plans vermutet, umso weniger ist Joe im Folgenden nicht in der Stimmung, sich mit seiner Frau Mary (Kathy Williams) aufs Zwerchfell zu legen. Kerl, die gute Dame ist dauernd im Negligé zuhause, hübsch und willig auf der Matte, wie es beim Eheduo im „Satanist“ schon zuging, doch bei der selbst eingebrockten Suppe Joes ist ihre Ansage nur recht: Entsage der Liebe deiner Frau und du brauchst kein Mitgefühl von ihr zu erwarten.


Das gilt vor allem dann, wenn er sich per Voiceover zu erklären versucht, dass er beim Wiedersehen mit Dolly zur Geldabnahme erst wieder heiße Eisen schmieden wollte. Gut für ihn, dass sie ja auch angeturnt ist, doch beim nächsten unvermeidlichen coitus interruptus gerät die Sache für ihn eben noch ärger aus dem Ruder. Ärger wird es für den Zuschauer allerdings kaum, schließlich überzeugen die Schwestern seine Frau davon, was für ein Betrüger er doch sei und laden sie zu einem Picknick unter der Sonne L.A.‘s ein, bei dem die Hüllen so schnell fallen, wie man auch gemeinsam den Körperkult per Fotosession, Sonnenöl und kreisrunden Motorradspuren im Sand feiert. In solchen Szenarien weiß Spencer Kamera und Jazz wie gehabt zu baden, wie es kaum entspannter mit der Schönheit der Weiblichkeit und der Freiheit des Zeitgeists zugehen könnte – insgesamt verdichtet er den Plot aber um viele Ebenen mehr als in seinem letzten Werk an (auf die Bescheidenheit des Seins konzentrierten) Ausschweifungen, da Joe nach Hilfe sucht und prompt einigen Biker-Herren mit demselben Blitzemblem wie dem der Asphaltmädels in die pappigste Bar aller Zeiten folgt. In jener gemütlichen Ausstaffierung eines Containers braucht er zunächst noch Ewigkeiten, um den Wiedererkennungswert an jenen Herren zu überprüfen bzw. um mit anzusehen, wie sich allesamt von einer Stripperin aus verwandtem Milieu (Pat Barrington) den Kopf verdrehen lassen.


Daraufhin unterbreitet er dem Anführer Mike (Larry Martinelli) das Angebot, Mary aus den Klauen der Schwesternschaft zu befreien, wobei er hauptsächlich darauf setzt, dass sich der Biker wie er im männlichen Stolz verletzt fühlt, da sie sich dasselbe Logo teilen. Klingt auch so, als ob die Jungs auf Krawall scharf sind, aber natürlich versteht Joe deren Welt genauso wenig, wie käsig er auch die letztendliche Lösung zwischen den Parteien einschätzt. In der Hinsicht offenbart sich auch, wie verbohrt Mary mit dem Wandel zwischen gegebenen und neuen Verhältnissen umgeht, dass sie es vor allem vor ihrem Mann nicht zugeben kann, wie erregt sie das Liebkosen im Initiationsritus unter Frauen genossen hat. Stattdessen verlässt sie zusammen mit Retter Joe flugs die Wohnung, während sich die Biker-Truppen untereinander spielerisch necken und auf Tuchfühlung gehen – natürlich in solch einer Laufzeit, die sich unter Rockabilly-Bässen vollends den sinnlichen Nebensächlichkeiten hingibt, auch wenn Butch mehrmals das Leder des lachenden Mike anzuschlitzen versucht. Ich kann gar nicht mal sagen, ob es überhaupt derart viele versöhnliche Biker-Streifen wie diesen gibt oder auch solche, die so wenig auf eine Dämonisierung jener Mannen/Damen setzen, während sich das Spießertum innerhalb seiner eigenen Perspektive als verklemmte Witzfiguren vorführt. Zoltan weiß, wie man mich glücklich stimmt und mit welcher üppigen Menschlichkeit man knapp über eine Stunde Laufzeit verbringen kann, dass es wie ein sonnenreifer Nachmittagsausflug besonders lange in Erinnerung bleibt.




Vadim Glowna hängt sich wie eine Klette an Hamburg und fördert anhand seiner „Desperado City“ darin wahrhaftigere Einblicke heraus, als man es über Jahrzehnte hinweg von Romantisierungen und Verhärtungen des Kiez via St. Pauli und Co. zu kennen glaubte. Das Regie- und Autorendebüt des gestandenen Darstellers (siehe u.a. „Ediths Tagebuch“, den Mann hatte ich schon mehrmals im Blog) schaffte es sogar bis nach Cannes, doch warum über Erfolge reden bei einem Film, der die Fluchtmaßnahmen aus dem permanenten Niedergang zwar über seine Charakteren leicht verträumt ausdenken lässt, die Wirklichkeit fragmentarischer Baustellen in der Persönlichkeitsfeststellung jedoch omnipräsent verdichtet? Die Blues-Balladen von Stanley Walden, als er selbst ebenso in der Kneipe Cotton Club hier anzutreffen, sind da noch die zugänglichsten Brücken zu einem Figurenfeld an scheiternden Existenzen, die bittersüß um ihre Entwurzelung hoffen, sich gegenseitig mit Druck, Erwartungen und Ängsten um nächtliche Schluchten jagen. Da brennt die Luft vor Kühle, für einen Alptraum ist das alles schon zu echt. Deswegen ergeben sich auch mehrere Lager und verkreuzte Verhältnisse, Fürsorge und Gefahr bereits in der Frage, wer einem als Fahrer im Taxi sitzt. Hilke (Vera Tschechowa) hat dieses Mal, am ersten Tag von der externen Erzählung des Films her, Glück, denn vor ihr sitzt Skoda (Siemen Rühaak), ein junger Kerl, der immer weit ab und zugleich sehr intensiv von seinem aktuellen Dasein nährt.


Später erfährt man zudem, dass er Bankierssohn ist und da von Natur aus quasi die Faxen dicke hat, doch solche Werte entschlüsselt der Film eher beiläufig als dass er auf den dramaturgischen Effekt eingestellt wäre. Mit der Spontanität erleben wir und er allerdings auch die Furcht Hilkes, die aus ihrem Nachtclubjob auszusteigen droht, da die Taxigewerkschaft vor Ort scheinbar aus sehr vage gehaltenen Gründen brutalen Zorres macht und sie in permanente Panik/Konfrontation versetzt. Das Warum ist eben auch nicht so wichtig, solange das daraus geschlossene Sein die Folgen dessen zeigt, genauso lacht Hilke aber auch darüber, wenn Skoda zum Spaß ein Pärchen auf dem Bürgersteig einkreist. Solche Situationen wirken alles andere als filmtypisch, an der Dynamik an Ambivalenz zieht sich das Prozedere dann auch mehrmals auf, ohne mit der Wimper zu zucken. Schlag auf Schlag geht man dann auch Friseusenazubi Liane (Beate Finkh) auf den Grund, die mit den geistlosen Anforderungen der Arbeit genauso wenig anfangen kann wie mit dem Stresslevel der Frau Mutter, die ihren wackeligen Boden an limitierten Ressourcen anhand der Kontaktaufnahme zum Exmann kaschieren will. Das Ehemalige zu reintegrieren, ist bei allen hiesigen Wunden meist vergebene Mühe, auch bei Skodas Chefin Eva (Karin Baal), die ihn bei sich hausen lässt und in der Entblößung versteckter Hoffnungen eine verheerende Eifersucht aufspielt, sobald er dort Liane im Bett hat.


Den wird das deutsche Kino wohl nicht mehr so schnell los, den Alles-ist-verbunden-Faktor, doch Glowna weiß die Zufälligkeiten an Begegnungen in solch einer Stadt nicht noch extra zu kommentieren oder zu stilisieren. Skoda z.B. denkt ja eh schon weiter als alle anderen, zieht die Leute mit seinen Leinwandreminiszenzen und Träumen Richtung Amerika an, nimmt sich solange, was er braucht, bis es in der inzestuös konspirativen (heißt eben auch dem Zuschauer verheimlichenden) Vernetzung an Bekanntschaften wie Vermutungen (unschuldigerweise) seinetwegen heftig kriselt – die Herausforderung nimmt er gerne an! Es wird kriminell, es kommen aber auch Kindersärge in den Treppenflur, an denen Onkel Paul (Glowna selbst) vorbeigeht, um einen unverhofften Blowjob abzuholen – später raubt Joe eine Bank aus, bucht Tickets für den Abflug und legt Leichen seine eigenen Geldscheine in die Hand, wenn da ein gewisses Schuldgefühl besteht – andere kriegen wiederum Rasiermesserstriche im Gesicht ab, homoerotische Begegnungen im Aerobictanzclub, Liane hingegen Touren über den Hafen durch den Tunnel hinauf aufs Dach, ohne jemals irgendwo anzukommen. Von wegen leicht durchschaubar, diese Filmerfahrung, insgesamt aber auch so einfühlsam im Sozialunmut unterwegs, wie es im „Kiez – Aufstieg und Fall eines Luden“ noch einem (tollen) Cartoon ähnlich sah, hier beim Aufheben der Glassplitter die Finger zerschneidet und äußerst wilde Pflaster dafür findet, wenn die Staatsgewalt der Enttäuschung/Verzweiflung immer wieder auf die schwungvolle Verarbeitung via Stanley Walden trifft. Ein schnörkelloses Sittenbild mit Rotzjargon aus allen Ecken, nur für echte Desperados!




Passen die Kinderschuhe noch? Die sollte man nämlich in seinem Inventar parat haben, wenn „Gang Wars“ alias „Devil’s Express“ auf dem Sichtungsplan steht. Dabei sind alle Versatzstücke in dieser Genre-Mixtur schwarz auf weiß zunächst mal Erwachsenenkram, wie man ihn sich in aller Jugend nur allzu idealistisch vorstellen kann: Ein urbanes Blaxploitation-Vehikel, das sich um eine Parade an Martial Arts und fernöstlichen Mythen tummelt, bis ein Monster in den U-Bahn-Schächten NYCs aufkreuzt. Der Herausforderer gegen jene Kreatur ist zudem niemand Geringeres als Warhawk Tansenia – ein Name, der jede Hintergrundrecherche zur Person völlig ergebnislos und überflüssig macht, insbesondere, wenn man seine Leistung zu Gesicht bekommt, wie er dem Unheil Einhalt gebietet, vorher sowieso jedes Viertel mit seiner schlagkräftigen Posse aufräumt. Ehedem geht es jedoch 200 Jahre vor Christus zurück in die Zeit gen China (= ein Park in Brooklyn), wo eine Samurai-Variante und seine Mönche eine geheimnisvolle Schachtel in eine Höhle verbannen, dass sie nie jemand finden würde – weshalb sie sich allesamt auch die Köpfe absäbeln. Kann dieser blutige Frieden jedoch erhalten bleiben? 1976 jedenfalls sind Luke (oben genannter Warhawk) und sein Straßenbruder (Achtung:) Rodan (Wilfredo Roldan) drauf und dran, von Harlem nach Hongkong zu reisen, um die totale Erleuchtung zu erlangen – d.h. vor allem Sifu Luke, Rodan fungiert eher als Anhängsel.


Sei’s drum, der Film verbringt ausgiebig viel Zeit damit, zu demonstrieren, wie sich ihre (etwas steifen) Kampfkünste bewähren; auch wie forciert ihnen die jeweiligen Black-Panther-Ansagen zu Körper und Geist, brothas und the man über die Lippen gehen – also nichts, was sonderlich an Unterhaltung mangelt, selbst wenn der Film seine produktionstechnisch limitierte Reiselust auf gewisse Längen der Offenbarung einstellen muss. Wenn es aber rund geht, dann gleich doppelt, denn Rodan findet nicht nur besagte Schachtel inklusive anreizenden Talisman in der Höhle, er schafft es beinahe aus Versehen auch, dass Luke in seiner wichtigen Meditation von einer Cobra gebissen wird! Aber wir reden hier eben von Luke, klar soweit? Es geht leicht verärgert zurück in die Staaten, doch das Böse aus Übersee folgt hinterher und übt die Gedankenkontrolle an einem unbedarften Chinesen, der fortan mit blinden (?) Monsterglubschern in die U-Bahn-Tunnel der Stadt stakst. Selbst solche am helllichten Tage inmitten der City gedrehten Szenen besitzen ein meditatives Tempo (und interessante Reaktionen/Kopfkino von ringsum), lassen an Faszination jedenfalls nicht locker, so wie man auch erst dann ungefähr per Montage mitkriegt, welchen Stellenwert Luke in seiner Nachbarschaft einnimmt - ergo mit welcher Lady er eine Wohnung teilt, mit welchen Kids er Baseball spielt und in welcher Kneipe man sich so kennt. Die wortlose Erzählung daran ist so basisch wie exemplarisch, dass der Film umso kuriosere Ausmaße unternimmt, um jede weitere Erwartung im Vornherein wegzuspülen - gerne auch mit einer dement nörgelnden Oma im Wagon.


So erlebt man wie folgt parallel die per Talisman verstärkten Rivalitäten zwischen Rodan und den asiatischen Gangs vor Ort um Preis wie Menge an Drogen, während das Ungeheuer im Untergrund aus seinem menschlichen Wirt platzt und Szene um Szene neue Opfer vom innerstädtischen Querschnitt her anlockt, Bulle Cris (Larry Fleischman) indes die Ermittlungen dazu aufnehmen sowie die Theorien über mutierte Kanalisationsamphibien (Vorschau auf die Turtles?) seines neuen Partners Sam (Stephen DeFazio) herunterspielen muss, sobald die Presse zuhört. Reichen knappe 80 Minuten an Laufzeit aus, um diese Eindrücke unter einen Hut zu kriegen? Regisseur und Ko-Autor Barry Rosen findet einen Weg, der sich nicht nur mit Verfolgungsjagden, deftigen Verhören und übertrieben blutigen Straßenkämpfen über Wasser hält, ehe das heiß erwartete Creature-Kostüm überhaupt mit der Kamera angerissen werden muss. Vieles hängt auch von dieser ureigenen grundsympathischen Unbeholfenheit in der Interaktion der Beteiligten ab, die sich wiederum nicht mit Scham bekleckert, stattdessen bedingungslos allen wunderbar absurden Impulsen im Topoi-Team-Up folgt, die Szenerien durcheinander würfelt und ankaut, bis schließlich die Frage erfüllt wird, wie „C.H.U.D.“ wohl ausgefallen wäre, wenn man eine menschliche Großtat wie Warhawk Tansania auf jenen Horror losgelassen hätte. Ich sag nur so viel: Man sitzt fassungslos da, in welches Delirium sich der Herr begibt, wie er vorher auch an die Mittel dazu kommt, alle Spezialeffekte innerhalb jener Entwicklungen ausfallen, die Ambivalenz zu toten und lebendigen Freunden seinerseits und die drollige Nachvollziehbarkeit des Grundguten dazu ausfällt… Es ist alles nur selbstverständlich für einen Film, der seine Schlusspointe mit einer durch Sam erkannten Zufallszitation von Cole Porter unterstreicht.