Lib Les,
seid ihr nach der letzten Ausgabe auch
noch so ausgelastet wie ich, was dieses Sextett an Filmen angeht,
das wir jüngst zusammen durchgeackert hatten? Wusste ich's doch! Ich glaub,
dann werden wir uns einigermaßen einig, dass diese Woche mal wieder
einen Gang zurückschaltet und nur 3 Filme zur intensiven Besprechung
vorlädt, schließlich soll man sich ja auch schnurstracks in
Feierlaune begeben, wenn diesen Sonntag erneut die Oscars verliehen
werden! Wow! Stress, Relevanz, Alltag und Kummer zur Lage der Welt –
was sind das nur für Begriffe, keine Ahnung, Hauptsache, wir können
wieder lange aufbleiben! Aber Freundchen - wird mir manch einer
zurufen -, du wohnst doch gar nicht in Los Angeles, wer hat dich
eingeladen?! Ihr habt ja recht, wir schauen uns den Laden vom
Fernseher aus an, weil wir hier oben im Norden allesamt arme
Schlucker, sprich Künstler sind – aber mitreden kann ich von
Vornherein schon, schließlich habe ich als meisterhafter Mordsmann
von Kritiker den einen oder anderen Nominierten sichten können!
Klar, wenn ich ehrlich bin, habe ich einige essenzielle Kandidaten
bisher noch nicht am Augapfel runterrattern sehen, manch Film auch
schlicht noch nicht besprochen, aber damit ihr den Überblick
behaltet und informiert bleibt, habe ich folgende Werke aus allen
Kategorien gereiht, die sich schlicht nicht vor mir drücken konnten:
Toll, überlegt mal, wie viele Stunden ich schon mit diesem Angebot durchgezecht habe, da wird es ein Leichtes, die Verleihung von ebenbürtiger Länge auszuhalten. Was das nur für einen Wochenabschluss ergeben wird, nachdem der Großteil der letzten 7 Tage entweder reichlich Schnittarbeit, Glotzen Glotzen Glotzen oder eben die pure Verzweiflung via Twitter brachte – und ich dachte letztes Mal schon, dass die Pressefreiheit auf dem absteigenden Ast wäre, das wird ja immer schlimmer! In den USA lässt Snowflake-Don-Don schon bestimmte Medien außen vor, weil sie als „Feind des Volkes“ anonyme Quellen nutzen, während er und seine Freunde sich auf der Con-Con selbst feiern, Russlandflaggen schwingen und den Bruch ihrer eigenen Gesellschaft herbeisehnen, weil das ja zum Wahlversprechen dazugehörte. Der Schutz der Transgender-Mitbürger gehörte auch dazu, aber musste ja so kommen, dass der Stichpunkt nicht allzu lange erhalten bleibt. Nun wissen wir dank Betsy DeVos aber auch: Wer im White House bei solchen Entscheidungen nicht konform geht, fügt sich diesen einfach kurz darauf – Junge, was für ein Rückgrat! Und wer wird jetzt übrigens gerade nicht abgeschoben, vom Protest weg festgenommen? Das Prozedere erlangt da drüben langsam Deutschland-Niveau, so wie hier die Willkommenskultur schon anhand ihrer Initiatoren irgendwie abzusterben scheint. Trotzdem, in other news: #FreeDeniz, #MartinSchulzRettetUnsVorHartzIV?, #JuhuWirHabenZuvielGeld, usw. und sofort. Solche und ähnliche Erkenntnisse, Hoffnungen, Ängste, Grenzen und Parallelen der letzten Tage häufen sich wie die Karnickel, von allen Kanälen aus kriegt man davon mit, aber besser so als gar nich, wa? Muss ja auch nicht durchweg so eine triste Whatever-Stimmung wie auf Youtube herrschen, wo sich die breite US-Gamer-Clique trotz fettester Jokes und Memes z.B. apolitisch gibt, aber zur Gewichtung freier Meinungen und Schockhumor-Überangebote gerne mit Alt-Right-Sprachrohren wie Sargon of Akkad auf Kuschelkurs geht – huch, etwa auch Pewdiepie, wer hätt's gedacht? Da kuschen die wenigen Kritiker untereinander sogar schon mal vor Rassistenlügnerräudenbacke Keemstar, wenn sie dieser sonst als Verräter brandmarkt. Millionen Abonnenten haben gewählt!
„Arrival“
„Elle“
„Suicide
Squad“ (huh?)
„Sully“
Toll, überlegt mal, wie viele Stunden ich schon mit diesem Angebot durchgezecht habe, da wird es ein Leichtes, die Verleihung von ebenbürtiger Länge auszuhalten. Was das nur für einen Wochenabschluss ergeben wird, nachdem der Großteil der letzten 7 Tage entweder reichlich Schnittarbeit, Glotzen Glotzen Glotzen oder eben die pure Verzweiflung via Twitter brachte – und ich dachte letztes Mal schon, dass die Pressefreiheit auf dem absteigenden Ast wäre, das wird ja immer schlimmer! In den USA lässt Snowflake-Don-Don schon bestimmte Medien außen vor, weil sie als „Feind des Volkes“ anonyme Quellen nutzen, während er und seine Freunde sich auf der Con-Con selbst feiern, Russlandflaggen schwingen und den Bruch ihrer eigenen Gesellschaft herbeisehnen, weil das ja zum Wahlversprechen dazugehörte. Der Schutz der Transgender-Mitbürger gehörte auch dazu, aber musste ja so kommen, dass der Stichpunkt nicht allzu lange erhalten bleibt. Nun wissen wir dank Betsy DeVos aber auch: Wer im White House bei solchen Entscheidungen nicht konform geht, fügt sich diesen einfach kurz darauf – Junge, was für ein Rückgrat! Und wer wird jetzt übrigens gerade nicht abgeschoben, vom Protest weg festgenommen? Das Prozedere erlangt da drüben langsam Deutschland-Niveau, so wie hier die Willkommenskultur schon anhand ihrer Initiatoren irgendwie abzusterben scheint. Trotzdem, in other news: #FreeDeniz, #MartinSchulzRettetUnsVorHartzIV?, #JuhuWirHabenZuvielGeld, usw. und sofort. Solche und ähnliche Erkenntnisse, Hoffnungen, Ängste, Grenzen und Parallelen der letzten Tage häufen sich wie die Karnickel, von allen Kanälen aus kriegt man davon mit, aber besser so als gar nich, wa? Muss ja auch nicht durchweg so eine triste Whatever-Stimmung wie auf Youtube herrschen, wo sich die breite US-Gamer-Clique trotz fettester Jokes und Memes z.B. apolitisch gibt, aber zur Gewichtung freier Meinungen und Schockhumor-Überangebote gerne mit Alt-Right-Sprachrohren wie Sargon of Akkad auf Kuschelkurs geht – huch, etwa auch Pewdiepie, wer hätt's gedacht? Da kuschen die wenigen Kritiker untereinander sogar schon mal vor Rassistenlügnerräudenbacke Keemstar, wenn sie dieser sonst als Verräter brandmarkt. Millionen Abonnenten haben gewählt!
Shit, jetzt bin ich wieder bei dem
ganzen Demagogen-Drama gelandet, das sollte doch gar nicht sein, ich wollte
einen fixen Abwasch und zurück zur Party mit den Hollywood-Homies
sowie deren politischen Botschaften, voll meine Vorbilder! Ach
Mensch, irgendwie sind alle diese Milieus anno 2017 nicht mehr so ganz das
Wahre, '16 hat uns puttemat. Ich habe es sowieso viel lieber und sicherlich bereits an die
100mal erwähnt, mit meinen Buddies zu schnacken, individuelle Erlebnisse/Highlights/Belanglosigkeiten Revue passieren zu lassen und natürlich über schlechtes
Entertainment zu meckern, wenn sowas wie „Jerks“ im
Fernsehen läuft, auf der Presseveranstaltung zu „Logan“
die Scorsese-Variante von „Silence“
gefürchtet wird und kleine Filmabende über gemeinsame
Enttäuschungen lachen. Ebenso im Doppelpack diese Woche: An zwei
Tagen hintereinander wurde ich an Haltestellen gefragt, ob der
kommende Zug/Bus zum Hauptbahnhof fahren würde. Na sicher! Außerdem: Gerade
erst am Samstag hat es bei mir vor der Haustür geschellt, denn eine
neue Mieterin mit Umzugskisten und Mutti am Start suchte bei mir Rat,
ob sie sich eher DSL oder Modem besorgen solle. Hey, man hilft wo man
kann und deshalb gibt es im Folgenden wieder einige schöne
Empfehlungen für die Netzhaut, die mit Sonnenbrillen, Zeigefingern,
Sex, Blood, Sauerkrautsuppen and Rock 'n' Roll Superkräfte
entfesseln oder gerade anhand derer in der Desillusionierung
verharren, bis eben alle Träume ein Ende finden bzw. eine bessere
Hälfte, die mit allen Wassern gewaschen ist. Verspreche ich zu viel
bei so wenigen Filmen? Lest selbst, ich wünsche wie gehabt viel Spaß bei jener
Tätigkeit und drück die Daumen, dass sich eure Oscar-Tipps
bewahrheiten, nachdem ihr von diesen Nicht-Oscar-Filmen gehört habt!
Man mag es kaum fassen, aber in Sachen
William Castle bin ich trotz der Sichtung einiger seiner Ausflüge
mit Joan Crawford noch immer ein Novize. Dafür kenne ich jetzt das
Zauberwort „Zotz!“, welches die wilden, leicht Capra'esken Abenteuer des
Professors Jonathan Jones (Tom Poston) entfesselt und für allerhand
Schabernack sorgt, wenn Castle wie gehabt stilistische Gimmicks
daraus entwickelt, als amerikanischer Tati Politik wie Zeitgeist binnen des Eskapismus voller
Slapstick auf die Schippe nimmt. Zu alledem scheint ein
unterschwelliger Sadismus via der Unschuld des Protagonisten
durch, wie er Versuchszwecken wegen seinen Zeigefinger zum
Spontanschmerz des Gegenübers richtet, den moralischen Hinweis
solcher Kräfte von Vornherein an der Eskalation vorbeischmuggelt und
damit in etwa das Alter Ego seines Regisseurs ergibt, wenn
Tausendsassa-Effekte in die Kamera glucksen – aber mal langsam mit den jungen Pferden, ja,
wie kommt es in diesem Fall überhaupt dazu? Nun, nachdem sich unser
Bill wieder mal meta-vergnügt mit der Dame des Columbia-Logos
kurzgeschlossen hat, begegnen wir sodann auch unserem spleenigen, Sauerkrautsuppe spachtelnden
Spezi Jones als Frühaufsteher von Berufswegen her hin zur Stelle als
Experte antiker bis ausgestorbener Sprachen, welche er so fleißig
studiert, dass er die Straßen auf seinem Drahtesel wie ein
waschechter Pee-Wee unsicher macht. Der Mann hat seinen Kopf in den
Wolken, den Lehrergestus mit ebenbürtig luftigem Gemüt auf dem
Stundenplan, was gemäßigtere Kollegen wie Prof. Horatio Kellgore
(Jim Backus) doch manchmal sehr verwundert und Nichte Cynthia (Zeme
North) ohnehin Kirre macht, wenn sie die Launen und Wissensweisheiten
ihres Onkels mal mehr, mal weniger verträgt und ansonsten dem
typischen Teenagermodus frönt, Drive-Ins besucht sowie doofe
Boys (den Filius Kellgores z.B.) datet.
Innerhalb jener naiv gezeichneten
Gesellschaftsverhältnisse der frühen 60er Jahre wird ihr jedenfalls
ein Talisman mit geheimer Inschrift zugeschickt, welche unser Prof
sodann aus charmant kaschierter Neugier zu entziffern versucht. So
kurios die Entdeckung von der Größe einer Münze schimmert, so
kurzweilig entwickelt sich an ihr die Prämisse schwarzer Magie,
welche der Gelehrte in stetig verrückteren Situationskomiken voller
Selbstverständlichkeit zu beweisen versucht. Nachdem er per Zufall
versteht, dass er jedem Wesen mit bloßem Fingerzeig Schmerzen
bereiten, mit der Erwähnung des Wortes „Zotz“ die Zeit
verlangsamen und in der Kombination jener Manöver sein Ziel
zerstören kann, legt er es darauf an, sowohl seinen Dekan Joshua
Updike (Cecil Kellaway) als auch im Verlauf das Militär unter
General Bullivar (Fred Clark) von seinen Fähigkeiten zu überzeugen.
Im Interesse der Wissenschaft und nationalen Sicherheit kommt wie
gehabt der pflichtbewusste Rationalist zum Vorschein, doch alle Welt
hält ihn glatt für verrückt, wenn stets der Vorführeffekt
einsetzt, weiße Mäuse bei einem wichtigen Diner freilaufen und
Jones ausgerechnet dann nicht den Talisman in der Tasche hat, während
Cynthia damit völlig unverhofft eine ganze Schar an Fußgängern in
die Knie zwingt. Da geht’s anhand ökonomischer Schwarzweißoptik
mit Screwball-Pointen auch hin zum Psychiater auf die Couch,
doch wenn man jenen kecken Ball schon erwähnt, sind die Begegnungen
mit Professorin Virginia Fenster (Julia Meade) keineswegs zu
missachten. Allein, wie umständlich sich der Jonathan da als ewiger
Junggeselle anstellt, dass es ihm die Sprache verschlägt und doch
noch darauf hinarbeitet, dass man sich in gerade dem Gebiet ja
eigentlich in bester Gesellschaft befindet, bietet eine Drolligkeit
an, die dennoch kaum vergessen lässt, wie krass seine Versuchszwecke
via Zotz eigentlich ausfallen (vom Griff zum Wodka ganz zu schweigen).
Unter anderem Motten, Eichhörnchen,
Echsen und Schüler stehen zum angetesteten Schmerzempfinden bereit,
damit holt er später fast schon ein Flugzeug vom Himmel, nachdem ihm beim
Nachvollziehen bloßer Wegbeschreibungen ebenso zufällig der Finger ausrutscht, weil wir einen mittelschweren Tolpatsch hoher
Intelligenz-/Sympathiewerte vor uns haben und einen Regisseur, der
dies als Plattform surrealer wie tolldreister Späße zu verdichten
weiß. Wenn dann noch die russischen Geheimdienste ins Spiel kommen,
mit Folter und Erpressung drohen, einen US-Widerstand
phantastischster Ausmaße erleben und der Tag so formvollendet vorm
Lincoln Memorial höchstpersönlich gerettet wird, dass der „First
Dog“ seinen Hut ziehen muss, mustert sich der Retrotrip ohnehin
zum Perma-Augenzwinkern kindlicher Freuden. Wenn man nach politischer Korrektheit oder potenzieller Zeitlosigkeit bewertet (*seufz*), mag zwar einiges daran wohl
kaum noch zeitgemäß nachwirken (z.B. das Klischee der schwarzen Hausdame
oder überhaupt alle - zumindest teilweise umgekehrten - Geschlechterrollen), wie auch manche Engpässe
im Budget, sprich die Nutzung von Archivmaterial inkl. Castles
„Mörderisch“ (1961), durchscheinen, doch solch eine
sprunghafte Variante der Red-Scare-Agenda begibt sich
zumindest eher weniger auf reaktionären Sturzflug, als dass sie ihre
Gewitztheit schlicht vonseiten der Leinwandmagie auf die Spielwiese
der Satire zieht – eine gute Portion musikalischen Affekts darf da
ebenso nicht fehlen! Schließlich schüttelt sich Castle auch
vielerlei Umstände zum Handlungstrieb unvermittelt aus dem Ärmel,
schwebt verträumt im Strudel des Außergewöhnlichen und pegelt sich
bei unter 85 Minuten Laufzeit kompakt auf den Unterhaltungsfaktor der
Entfaltung vom kleinsten Alltagsfaktor bis hin zur globalen
Schlagzeile ein, wie man es von ihm als Enthusiasten fürs
High-Concept eben (gern) gewohnt ist. Und sowieso: Wer meint, dass Lachen gesund macht, kriegt meiner Empfehlung nach „Zotz!“ als Rezept nur so hinterhergeschmissen!
Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch!
„Our Sunhi“ - Bei Hong Sang-soo
macht man erneut nicht viel falsch, wenn man per Schlichtheit und
narrativer Ironie mit der Dreifaltigkeit von Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft schlendern gehen will, weshalb sich hier auch ein Trio
der (wie gehabt filmschaffenden) Männlichkeit mit seinen
vergänglichen Kompetenzen/Ratschlägen im versteckten Frust
begegnet, eine Beziehung mit Studentin Sunhi anzufangen/zu
reinitiieren, obwohl jene Projekte projizierter Gefühle an
einer Wechselwirkung abprallen, in der weder Mann noch Frau vom
wahren Ich wissen, dieses aber in trister wie betrunkener Halbtotale
ersehnen, fordern und zwischendurch bestes Hähnchen empfehlen,
selbst wenn die Szenarien nicht dazu ganz so keck wie sonst ins Herz
hüpfen – abgesehen vom Ende, ne.
„Hye-hwa, dong“ - Der südkoreanische Tearjerker weiß anhand seines knuddeligsten Überangebots an Hunden und Welpen in Sachen „Awwww!“ zu überzeugen, die zurückhaltende und manchmal erbarmungslose Stille der Inszenierung beißt sich allerdings mit tendenziell plumpen Kreisläufen des Schicksals, bei denen die Generationen an versagter wie unfreiwillig getrennter Mutterschaft zwar noch kuriose Persönlichkeitsticks und länderspezifische Leinwandhärten erhalten; nach Kidnappings, bösen Hundefängern und Rätseln der Identität allerdings auch in ein klischeehaftes Melodram rutschen, das binnen seiner Schlag-auf-Schläge sadistisches Herzleiden ballt, teilweise effektiv ankommt, im Verlauf sodann schon etwas blöd-pianoseicht auf die Hoffnung im Mutterinstinkt anspringt.
„Tschick“ - Als Jugendabenteuer nach Wolfgang Herrndorf dürfte die Sommerlaune unter Teens auf der Flucht vor dem alten Leben potenziell hinhauen und besitzt ja auch ein grundsympathisches Duo mit Tiefkühlpizzakicker-Pfiff, doch was Fatih Akin in Zusammenarbeit mit Hark Bohm als „Nordsee ist Mordsee“ 2.0 suggeriert, ist selbst ohne jene Messlatte oftmals am jugendlichen Affekt vorbei inszeniert und spekulativ im Jungs-Esprit (sowie in Deutschland allgemein) unterwegs, welchem man Richard Clayderman, Jan Delay und weiteres Standard-Gedudel als Zeitgeist aufzwingt, passend dazu gestelzten Jargon zur fördergeldtauglichen Dramaturgie, #NoHomo-Sprüche, Optik- und Sinnlichkeits-Konsens knapp über den Schauwerten biederster Kinderfilme sowie die Klischee-Checkliste für die erste Liebe, auch wenn die Herzlichkeit (nicht der Voiceover) zur Momentaufnahme da einiges wieder gutmacht und Uwe Bohm toll ausrasten darf, die Ernüchterung aus mangelnder Wahrhaftigkeit und standardisierter Traumtänzerei aber nur bedingt negiert.
„When Alice broke the mirror“ - Lucio Fulcis Spätwerk wird mir von Mal zu Mal fragwürdiger und auch wenn mir seine Misogynie nicht gerade ein Geheimnis war, ist die hiesige Schlachtplatte dazu nochmal besonders giftig ausgefallen - mit Warzen, Damenbärten und Narben auf Frauen kotzend -, ehe die Kettensäge diese zerteilt und der Ofen das Gesicht zerschmelzen lässt, da ein alternder Psycho der Wettmafia wegen ständig neue Geldeinlagen braucht und daher hässliche Witwen verführt/erledigt, was als pechschwarze Komödie gelten will, sich anhand des Grads stilistischer Schäbigkeit allerdings übermäßig schleppend in der Redundanz suhlt und der Tristesse des späten Mario Bianchi eher stehen würde, als einem Grand-Guignol-Surrealisten vom Status Fulcis.
„Army of One – Ein Mann auf göttlicher Mission“ - Für Regisseur Larry Charles und Hauptdarsteller Nicolas Cage der jeweils enttäuschendste Film der Karriere, es sei denn man findet am belanglosen Overstatement eines Anti-Humors Gefallen, der nicht nur anhand seiner penetrant typischen Inszenierung ätzt, sondern auch derart einfallslos auf einer Stelle tritt, dass man an der Verkumpelung quirliger Verschwörungstheoretiker und aufdringlicher Volkstümlichkeiten noch eher hängenbleiben will, als an der Pointenfreiheit permanenter Schrägheit (Cages blödeliger Akzent ist vom Unterhaltungsfaktor her schnell verlebt), der weniger als halbgaren Romanze zur alten High-School-Flamme, dem „Krüppel“-Humor zu derer Adoptivtochter oder der schier ungenutzten Möglichkeit, einen freispielenden Cage à la „Borat“ auf den Mittleren Osten reagieren zu lassen.
So, jetzt geht's weiter im Text!
LOGAN - THE WOLVERINE - "[...] Man kann nicht aus seiner Haut – jenes Leitthema wird folglich Urheber aller Stärken und Schwächen jenes grimmigen Comic-Abgesangs, welcher es sich zudem noch explizit aus „Mein großer Freund Shane“ ausleihen muss [...] Mit jener Abgeklärtheit brüstet sich der Film dann auch in eine Gangschaltung der Räude hinein, wie er sich im Vergleich zum Rest des Franchise freier und menschlicher äußern kann, aber inhaltlich ständig um dieselben Konflikte wie bisher greift, jede Handlungsentwicklung und emotionale Deutung so ausformuliert vorwegnimmt, wie die Geradlinigkeit des Scripts ohnehin abseits einer Spannungskurve arbeitet. [...] Da könnte man Hugh Jackman und Co. Eintönigkeit unterstellen, wenn denn nicht das Engagement zum Dauerzustand so genüsslich ruppig umgesetzt wäre, in der Verweigerung der Selbstreflexion umso dringlicher die Spannung an Entscheidungen ballt, eben den Ausbruch ins Ich staut, ohne Brotkrümel des Pathos auf dem Weg verstreuen zu müssen. [...] Ist auch eine der wenigen Innovationen in diesem Best-Of an meist ernstgenommener Comic-Ikonographie, das zudem mit den Merkmalen des Westerns, der „Mad Max“-Endzeit, der inländischen Wurzel des home of the free, der Sehnsucht aufgelöster Grenzen und natürlich Johnny Cash oben drauf anbandelt. Wie man's schon liest, ist Innovation dann vielleicht auch nicht sooo wichtig, wenn die reichhaltige Mischung jenes Best-Ofs Punktlandungen der Effizienz erfüllt. [...]"
(Die komplette Kritik gibt es bei den DREI MUSCHELN zu lesen.)
Mit der Spitzhacke in die
Entmystifizierung des Daseins als Rocker hinein, hält Chûsei Sone
innerhalb seines Pinku-eiga-Dramas
der Firma Nikkatsu,
„Akai bôkô“ (der Übersetzung nach allgemein auch als
„Red Violation“ bekannt), konstant aufs Fegefeuer
versiegender Ideale drauf, ohne den Frust entkoppelter
Zwischenmenschlichkeiten unbedingt als Lehrstück an Moral
aufbereiten zu müssen – nun, zumindest nicht ohne gewisse
Schauwerte der Ambivalenz. Der Blick hinter den Kulissen der Band
„The Devils“ bleibt eben durchweg einer, welcher sich der
allgemeinen Desillusionierung innerhalb seiner Ära um 1980
verschreibt, No Future bei Alt und Jung erkennt, Wahlautos mit mehr Dezibel als jedes Rockkonzert zur Übersteuerung ins Passive passieren lässt und jene
Ziellosigkeit weniger als Kommentar vermittelt, denn als Einfluss für
seinen Bezug zur Körperlichkeit, welcher im Porträt der jeweiligen
Bandmitglieder zutage tritt. Jene Kids zwischen 19 und 23 können
zwar im ersten Eindruck eine treue Fangemeinde vor der Bühne
vorweisen, hinterher decken sich die Ausgaben jedoch kaum mit den
Einnahmen, weshalb höchstens eine Runde Alk zur Feier des Auftritts
noch drin ist, ehe man weibliche Bekanntschaften via des Mini-Fames
anpumpen muss. Die Masche mit Groupies und Co. läuft einigermaßen (selbst in Sachen Frisuren),
doch jener Umgang lässt alle Machtfantasien hinter sich, wenn die
jungen Herren im Selbstbetrug der Milieu-Coolness durchweg ihre
Abhängigkeit signalisieren und sich zudem nur in eine Sexualität
hineindenken können, die ungelenk und leidenschaftslos auf die
Befriedigung des Egos hinsteuert; sich dennoch wundert, wenn jede
Bindung daraufhin abgewürgt wird.
Bei Fujito (Fujio Takahashi) lässt
sich der Prozess initiativ erkennen, wenn er seiner On/Off-Beziehung
schroffes Abrödeln aufzwingt, daraufhin nach Geld für ein Taxi nach
Hause sowie einer Erlaubnis fürs Telefonieren fragen muss, da der
Laufpass der Freundin schon längst vorbereitet und in kurz,
schmerzloser Gleichgültigkeit ausgeführt wurde. Regisseur Sone
zeigt die Reaktion darauf als Songwriting-Session, welche im
Parallelschnitt mit der Konzertattitüde der Devils potenziell
die ironische Schere auspackt, gleichsam auch den gehemmten Ausdruck
von Schmerz und Individuum, wenn die Totale jenes Motels, in dem die
Gruppe auf Geheiß des Managers einquartiert ist, als Klammer dessen
mit drückt. Die Karriere jenseits des Erfolgs sucht sich sodann umso
mehr ihre Schuldigen, keilt sich mit einem nach dem anderen auf
kargen Fluren und lässt Blut fließen. Insgesamt kocht dieses aber
auch nur lauwarm auf und verdingt sich eher in der Rauschaufnahme
oder im fixen Aufbau einer Erektion – von Adrenalinschüben zur
Bühne hin kann man da nicht wirklich sprechen, wenn die permanente
Probe zu Musik und Zusammensein am Nervenkostüm durchexerziert wird.
Exemplarisch dafür geht Gitarrist Hunt (James Hunt) der Tristesse
aus dem Weg, indem er alleine in einer Bar sitzend auf die
nächste Spenderin hofft, wie gehabt fündig wird, zusammen
auf ihre Kosten einen trinkt und für einige Momente am Morgen danach
den Tunnel ungefährer Freiheit bewandert, ehe jene Dame anhand des
Hangs zum Selbstmord sowie ihrer Veruntreuung von Firmengeldern
mindestens eine Seifenblase platzen lässt – mal abgesehen davon,
dass sich Hunts gehetzter Drang zum Koitus nur bedingt gegen die von
den Fingernägeln der femininen Leidenschaft gesetzten Kratzer am
Rücken behauptet.
Dem Zuschauer tun aber beide Leid, so
unvereinbar sie auf Modelle und Strukturen der Liebe einzugehen
versuchen und daran nur scheitern können, während sich die
(übrigens wie so oft im Genre gewohnt fabelhafte)
Audiovisualisierung in schlichter Erfassung zurückhält, der Lust
vielerlei Möglichkeiten der Entfaltung und Romantik erlaubt, wenn sich diese auch
sichtlich in Mühen wägt. Unsere teuflischen Boys scheinen trotzdem
weiterhin an den Reiz ihres öffentlichen Status zu glauben, was ein
Fujito z.B. an der jungen Ärztetochter Mari Ikemoto (Megumi Saki)
bestätigt sieht – ein Mädel wie der Rest des Films weg von
Autoritäten, in blutjunger Naivität aber auch als Spielball
verkappten Nihilismus eingeführt, der ihr anfangs im Durcheinander
schon ein Hot-Dog klaut (starkes Intro übrigens – Pantyshots
und Hände-Choreo inklusive) und im Verlauf noch soviel mehr. Die
Opferrolle bleibt größtenteils jedoch außen vor, eher versucht sie
noch mit Fujito, diesen als Berühmtheit an ihrer Seite vorzuführen,
während kein Laden seine Platten führt, Idole nebenan dieser
zumindest interessante Qualitäten nachsagen. Vor Mari nennt
Fujito sowas arrogantes Gequatsche, bei den Kollegen eine Chance zum
Weiterkommen – nicht die einzige Situation, in der die doppelte
Zunge wirkt, obgleich damit trotz kalter Miene weniger Intrigen, denn
die Deeskalation motiviert werden soll. Die Maßnahme zum Vorteil
bleibt trotzdem mehrheitlich eine fürs Ego und verläuft
vergleichsweise extrem ungeschmeidig, wenn Fujito Mari zum Sex
überredet. Er manipuliert ihre jugendliche Neugier, so wie er
dieser selbst dem adoleszenten Wunschtraum wegen nachjagt und ständig
darin pendelt, wie er seinen Frust umsetzt bzw. aushält, bis er Mari
damit in die Ecke drängt.
Der Film lässt dazu auch teilweise
dieselben Kadrierungen, Bewegungen und Sätze sequenziell
wiederholen, um die Schwere der Situation sowie ihre ausweglose
Erfüllung an Verhaltensmustern darin zu illustrieren. Die Devils
leben in Rhythmen, erliegen dem Faulungsprozess und suchen darin noch
die wilde Power des Rock'n'Roll – oder zumindest das, was der
industrielle Komplex drum herum übrig lässt. In einer klimatischen
Aufnahmesession, wie alle Proben des Films von schleppender wie
verschleppter Reibung, überlässt Regisseur Sone dem Raum hingegen
noch eine Hoffnung im Talent, die Passion aus verstecktem Leiden, mit
welcher der Fluchtgedanke im Angesicht aller Schwächen noch seine
Harmonie findet. Das Finale überbietet dennoch die Bitterkeit
eines „La
La Lands“ (das hier ist immerhin die Oscar-Ausgabe!), so wie die „Red Vialation“ auch offener
auf rohe Wunden schielt, dezentralisiert um die Ziellosigkeit fickt,
Leere und soziale Massen auf eine Stille hin konterkariert, die
selbst in der Zappelei verzweifelter Männlichkeit weder um richtige
noch um lautstarke Töne weiß. Wohl deshalb sieht man manch
trivialen Streit durch eine dämpfende Tonstudioscheibe, schwere
Unfälle sowieso im Vakuum einer Rückblende, das sich nur per Musik
vorm Zerfall schützen kann. Die Sinne des Zuschauers
vervollständigen jedoch das gnadenlose Bild, das Regisseur Sone in
derart zielgenauer Unaufgeregtheit skizziert – die Moral zieht
trotz stilistischer Distanz, Erotik und elektrischer Furiosität im
Fokus Bilanz und hemmt sich da ein Stück weit selbst als gerichtete
Impression, wo sie im Gegenzug aber auch eine tolle Pointe ergibt.
Wäre ja auch langweilig, wenn solch eine Eindeutigkeit, wie auch der
Sex, nur eine Funktion reflektieren würde.