Sonntag, 10. Mai 2015

Tipps vom 04.05. - 10.05.2015



ICH SEH, ICH SEH - Ein konzentriertes Kraftbündel vom Horror, die eigene Mutter nicht mehr wieder zu erkennen. Dabei lockt einen der Film von Veronika Franz und Severin Fiala per meisterhafter Suggestion gerne auf die falsche Fährte; konstruiert in ländlicher Lage bewusst ein Designer-Eigenheim der Klaustrophobie, in dessen Dunkelheit sich so manche Geheimnisse lagern lassen - bis sie dann doch im reißenden Licht der Furcht entdeckt werden. Die Erlösung in Maisfeldern, Hagelkörnern und Trampolinen währt dabei auch nur von kurzer Haltbarkeit, da hierin ebenso mentale wie auch physische Mauern aufgebaut werden. Das fängt mit kleinen abwegigen Anzeichen an und verstärkt sich zu arretierenden Eskalationen, welche die Zelle der Familie in den Schlund der Vermutung, Kontrolle und Frustration hinein wirft.


Ein wahr gewordener Alptraum zieht auf, wie auch die soziale Verklärung keine Gegenwehr anbieten möchte - sind ja schließlich noch Kinder, die sich in die von außen hin abstruse Angst hineinsteigern. Es trifft den Zuschauer aber hart im Herzen und im Gewissen, wenn die Normalität der Fürsorge unberechenbare Tiefen einzugehen droht. Doch was sich zunächst im Kopfkino ausbreitet und nach Entlastung sehnt, wird in der schlussendlichen Heimzahlung der Wahrheitsfindung noch verstörender und grausamer - wohlgemerkt mit kleinen und unscheinbaren Elementen des Haushalts, wie auch schon die Provinz des Umfeldes schlicht mit schweigsamem Druck den Atem anhalten lässt. Die dazugehörigen Bilder und Stimmungen schneiden sich dabei wie die ebenfalls präsente Zahnseide konkret und dominant ins Fleisch, jedoch auch nur deshalb, weil sich das kleine Ensemble wahrhaftig gegenseitig erledigt.


Ohne zuviel verraten zu wollen, sei gewiss, dass sich die Mutter und ihre Kinder hier mächtig kaputtmachen können - bis hin zum eruptivsten Schrei, vor dem man sich seit Langem mal wieder im Kino fürchten darf. Beim kontinuierlich beengenden Psychogramm des Films kommt man eben ins Schlottern, ohne den künstlichen Schreck zu erfahren. Urängste mütterlicher Abhängigkeit und kindlicher Unschuld reiben hier unnachgiebig aneinander; sind zwar bestimmten Genre-Tropes nicht abgeneigt, legen aber einen fesselnd finsteren Impuls frei, der trotz aller Kompromisslosigkeit noch die Hoffnung in der Flucht des Geistes sieht. Dafür muss erst alles brennen, doch in der darauffolgenden Dunkelheit lässt sich auch alles wiederfinden. Kein Happy-End natürlich, aber insgesamt eine spannende Schock-Spezialität aus österreichischen Landen.




DAS FEST - Thomas Vinterbergs Pionierwerk der Dogma-95-Bewegung bringt schon gut auf den Punkt, was sich alles Hassenswerte und Unangenehme im Konzept der Familienfeier abspielt - die Eruption dessen hat dementsprechend knackig den Hau weg und geht zudem auf Hardcore-Tuchfühlung. Stilistisch unmittelbar per losgelöster Handkamera und ruppiger O-Tonkulisse in allzu vertrauten Home-Video-Signalen eingefangen, verdreht er sein Ensemble von der gemütlichen Verklärung in die eingerissene Fassade des bürgerlichen Wohlstands hinein, auf dass schon eine gewisse Katharsis der Wahrheit einkehrt, aber auch ausweglose Spannung.


Bei diesem ungehaltenen Sturm der Gefühle steckt der Horror in der Maßregelung der familiären Einheit, doch der Zusammenhalt der Opfer bündelt noch ein neues Herz zusammen. Es braucht dafür u.a. Hass, Schuld und Offenbarungen, um das Fest der Befreiung entfachen zu lassen - und das, während das Gros der Gäste trotz der Enttarnung die feierfreudigen Scheuklappen aufsetzt. Hier erlebt man also einen durchweg starken und urigen Tobak im Ausbruch aus patriarchalischen Würgegriffen. Ein Grund zum Feiern!




HEATHERS - Eine schonungslosere Satire auf die asozialen Mechanismen des US-amerikanischen Schulalltags dürfte es vor Todd Solondz nicht gegeben haben - und auch sonst ist Michael Lehmanns sowohl spritzig-zeitgenössischer wie auch komplexer Teenie-Albtraum ein schwarzer Schocker, der zeitlos den Arm des Konsens zwiebelt. Dabei werden schon gezielt Stereotypen der schulischen Gesellschaft mit zynischer Abgeklärtheit angepackt, doch im Humor dessen sind Unschuld und Naivität weiterhin nicht ausgeschlossen.


Deshalb jagt der Film an sich auch keinem vollen Realitätsverständnis hinterher, sondern überspitzt nur allzu gerne seinen Zucker, stellt diesem das Morbide entgegen und bringt sowohl Vergebung als auch furchtsame Ermattung fürs Radikale auf. Faszination und Verständnis für Aussenseiter sind da sowieso gegeben, aber ebenso nicht vor giftig-genüsslicher Kritik sicher. Kein Wunder, dass Drehbuchautor Daniel Waters danach für "Batmans Rückkehr" ein ähnlich cleveres Kabarett der Kontraste aufzog.




THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE 2 - "[...] Hoopers Film glorifiziert den Schrecken nicht, sondern veräußerlicht die brodelnde Gewalt eines Landes, das seine Faszination zum Bösen nicht verarbeiten möchte. Kein Wunder also, dass die Sawyers nun unter einem verlassenen Ferienpark hausen, der die Schlacht um Alamo und andere historische Gewaltmomente zum Vergnügen aufbereitet. So stößt Lefty einmal hinter eine Wand, auf der eine Illustration von gegeneinander kämpfenden Indianern und Konföderierten verzeichnet ist, und schon rotzen reichlich Gedärme heraus. Der Abstieg ins finstere Metzellager der Sawyers gleicht so einem Einblick in die Hölle (mit jenen schrillen Bewohnern als entweidende Verwandte der Drei Stooges), zeigt aber auch das wahre Gesicht eines amerikanischen Ideals, das sich allmählich selbst zerfleischt. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




LIFEFORCE - "[...] Genauso haltlos wie das brennende Verlangen nach Sex läuft der Film also seiner hormonell anregenden und ebenso von Lebenssaft abhängigen Vampirfrau hinterher. Er rast mit Vollgas dem Blut, dem Wahn und urbaner Zerstörung entgegen, während sich das Raumschiff anhand eines Laserstrahls am Himmelszelt daran wie mit einem Strohhalm ergötzt und ständig mehr verlangt. [...] Selbst wenn das Böse mit dem Schwert bezwungen wird, spritzen die Seelen atemlos ins Mutterschiff, das sodann zum nächsten Planeten vorantreibt und kein abgeschlossenes Ende bereithält. Tobe Hooper und Co. frönen in ihrem Gesamtkonzept eben der unbedingten Geilheit. Und da ist jedes Mittel recht, um den Reizen des fantastischen Invasions-Horrors ohne Rücksicht auf Verluste oder Sachschäden zu folgen. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




ESCOBAR - PARADISE LOST - "[...] Der Freiraum wird so klein, dass im Versteck nur noch ein Loch fürs Auge oder fürs Ohr am Telefonhörer übrig bleibt, an dem man machtlos die Konsequenzen der Naivität vorbeiziehen sehen und hören muss. Schließlich öffnet sich doch noch die Gelegenheit für eine Genre-gerechte Katharsis im Rückschlag, doch ist diese nur von kurzer Dauer. Stattdessen bleibt Nick der Spielball einer selbst ernannten Gottheit, deren Wege abgesehen vom Selbstschutz unergründlich, doch grausam sind. Alle Wege enden entweder im Blut oder in der Gefangenschaft – das Paradies ist verloren [...]"



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PITCH PERFECT 2 - Nach zwei Pressevorstellungen in den letzten zwei Monaten, jeweils einmal im starken O-Ton und einmal (nicht ganz so stark) synchronisiert, darf ich nun auch offiziell verkünden, dass mir die Fortsetzung der etwas unebenen A-capella-Komödie von 2012 im Vergleich mal echt gefällt. Zum einen liegt das unter Anderem am optimierten Gag-Gehalt, der nun am laufenden Band sympathische Pointen austeilt (und dieses Mal mit weniger unbeholfenen Lesbierinnen-Gags aufwartet); zum anderen am erhöhten und schmissiger geschnittenen Gesangsfaktor, der in seiner Kurzweiligkeit stets für dufte Laune und einige feuchte Augen sorgt.


Klingt belanglos? Ist es auch mit frecher Entschiedenheit, aber sei es drum: Als eskapistisches College-Character-Piece besitzt der Film genau die Freimütigkeit, die liebenswert zum Fun einlädt sowie jenen ambitionierten Zusammenhaltsfaktor unter Mädels, der im ersten Teil noch eher dem Konkurrenzdenken weichen musste. Stattdessen ist das freudige Wiedersehen angesagt sowie die gemeinsame Bezwingung der deutschen Supergruppe "Das Sound Machine", obwohl deren Performances die offensichtlichen Highlights des Films darstellen. Da wird selbst Anna Kendrick ganz wuschig.


Doch was wäre all der Spaß ohne die emotionale Umschließung des Ganzen, in der sich unsere Acabitches einen Kopf drum machen müssen, was sie mit ihrer Zukunft anstellen, obwohl sie das Wirken und die Freundschaft im Chorus am Liebsten für immer und ewig durchziehen möchten. Sie müssen eben ihre eigene Stimme und die Liebe wie ein Licht in der Nacht noch finden. Damit kann sich so manch Heranwachsender identifizieren - auch dank der krassen Auswahl an 90's Jamz, bei denen gerne der ganze Körper mitschwingt, während die Lachmuskeln noch am Arbeiten sind. Eine filmische Ertüchtigung also, bei der man sich gerne öfter als zweimal effektiv beglücken lässt - ganz goldiges Langfilmregiedebüt von Elizabeth Banks.




SUPERGIRL - Zu meiner eigenen Überraschung musste ich jetzt doch feststellen, wie niedlich ich diesen Film fand - insbesondere wohl wegen der goldigen Helen Slater als Titelheldin. Aber auch so verkörpert ihr Charakter eine ungeniert gutmütige Naivität, die nicht nur mit großen Augen, breitem Lächeln sowie toll wechselnden Haaren und Klamotten glänzt. Komisch nur, dass aus jenem Umstand (Sie kommt aus dem All in unsere Welt) kein pointiertes Fish-Out-Of-Water-Narrativ entwickelt wurde - und das obwohl sie ja tatsächlich mit komplettem, Boobs betonendem Kostüm aus dem Wasser in unsere Wälder geschossen kommt; wie ein Kind Flora und Fauna bewundert und darin unbedarft schwebt.


Schon kurz darauf legt sie sich nämlich mit potenziellen Vergewaltigern an und geht danach aus einer reinen Laune (oder der Lust nach Zusammengehörigkeit) heraus ganz unschuldig aufs Internat. Eine Phase, die insofern zur Charakterentwicklung genutzt wird, dass sie ein paar Mädels (allen voran Maureen Teefy als Lucy Lane) kennenlernt, ein paar Streiche und außerirdische Kräfte vereitelt sowie einige drollige Anpassungen an das Mädchendasein vollführt - BH-Ausstopfen und Kussübungen vor dem Spiegel inklusive.


Das intergalaktische Coming-of-Age verschiebt sich schlussendlich eher auf die Prüfung gegen einige der obskursten Bösewichte der Comicfilm-Geschichte: Die pure Faye Dunaway als Provinzhexe Selena und ihre planlose Klatschgenossin Bianca (Brenda Vaccaro), die aus irgendeinem Grund in einer Geisterbahn hausen und auf Black-Magic-Männerfang gehen, wenn sie mal keinen ironischen Smalltalk halten. Ein wunderbar abwegiges Gespann, wie auch der Film an sich irgendwie nicht weiß, worauf er hinaus will, außer vielleicht in die Quelle des beglückenden Eskapismus.


Gewiss gelingt ihm das mit toughen Girls, obskuren Setdesigns (Hurra für die Phantomzone - sogar mit vertrocknetem Leichnam à la "Man of Steel") und einer guten Menge dusseliger Romantik - ob nun jene aus Pseudo-Hypnose erwachten Liebe zwischen Supergirl und Ethan (Hart Bochner) oder die geradezu selbstverständliche Zuneigung zwischen Lucy Lane und Jimmy Olsen (Marc McClure). Mit ähnlicher Selbstverständlichkeit überrascht der Film ohnehin den erfahrensten Genre-Kenner; entwickelt humorvolle Unsinnigkeiten wie die plötzliche Diktatur Selenas anhand eines riesigen Berges oder Peter O'Tooles Drang zum "Squirten".


Man könnte meinen, John Boorman hätte zeitweilig den Regiestuhl übernommen; dazu passt auch das metaphysische Riesenmonster aus Selenas magischer Kugel, mit der sie sich auch quasi in der ganzen Welt umschauen kann - weil sie es nun mal kann. Und weil Dunaway hier offenbar spielen kann, wie sie wollte, bietet sich hier ein Camp-Traum vom feinsten an! Wem das jetzt alles zu weit vom Superman-Mythos entfernt klingt, sollte sich zumindest noch damit begnügen können, dass Supergirl ein pflichtbewusstes und freundliches Ideal repräsentiert, das sich neben der Sehnsucht zur Rettung von Welt und Mitmenschen zudem ohne Hindernisse die Freiheit nimmt, mit netten Typen zu knutschen, die ohnehin voll begeistert davon sind, dass sie fliegen kann. Mal ehrlich: Wer wäre das nicht?




CRAZY LOVE - LIEBE SCHWARZ AUF WEISS - Mit gut abgeglichenen Teenie-Komödien aus den 1980ern kann man nicht viel falsch machen - so ist auch hier der pubertäre Drang nach Liebe und Sex der Entscheidungsfaktor der paarfixierten Persönlichkeitsbildung, wobei das Konzept jenes gängige Wer-mit-Wem insoweit umspielt, dass jene einzig Richtige für Protagonist Michael (C. Thomas Howell), Toni (Lori Loughlin, "RAD"), anhand von poetischem Briefverkehr freiwillig aber frustriert die Mittlerin zwischen ihm und der heißesten Braut der Schule, Debby (Kelly Preston), wird. Wie gehabt geht die Dramaturgie natürlich darauf hinaus, dass er erst relativ spät erkennt, was wahre Liebe bedeutet; erfüllend wirkt es trotzdem.


Liegt womöglich an der kurzweiligen Ensemble-Arbeit des recht naiven Films, der sich neben den Allgemeinplätzen des High-School-Lebens zudem erlaubt, jene romantisch ausgeschmückten Briefe Tonis noch zu einem Subplot weiterzuentwickeln, bei dem die jeweiligen Eltern glauben, dass ihr Partner eine Affäre mit jemandem hätte. So kommt es dann immer zum Wechselspiel zwischen dem komplizierten Paarungsverhalten der halbstarken Teens und dem Verhängnis der Erziehungsberechtigten, wenn sie ihren angeblichen Verehrern nachstellen und sich so auch vor ihren Kids verstecken müssen. Weiß Gott nicht die hohe Schule der Komödie und teilweise entschieden honkig, aber allein durch die umschmückenden Eckdaten eine genüssliche Zeitkapsel.


Jan Hammer am Score lässt es nämlich Synth-gerecht krachen, Fred Ward gibt den wütenden Dad, alle Frat Boys sprechen in Neon-Clubs und Frittenbuden vom Fuck-around-the-clock, ein paar schöne Brüste werden ebenso ausgepackt und dennoch haben alle eine altersgerechte Unschuld inne - das Stichwort dafür schlechthin: Lori Loughlin. Insgesamt ist der Film ein ganz bescheidenes und stimmiges Liebeskarussell aus einem Jahrzehnt voller ähnlich gelagerter und auch noch weit besserer Filme, aber wer dem Genre was abgewinnen kann, dürfte hier eine ganz sympathische Wahl treffen. Und wer noch mit der Entscheidung hadert, sich nach diesem Film umzuschauen, darf seine Öhrchen mal für diesen feschen Titelsong aufstellen:






DUFF - HAST DU KEINE, BIST DU EINE - Ein Film, aus dem man einfach nicht enttäuscht hinausgehen kann, da er von außen genau das repräsentiert, was er auch liefert: Die gängige Teenie-Komödie voller Genre-Konventionen sowie dem ewig gleichen Narrativ des "hässlichen Entleins", das sich zur Ballschönheit mausert und den liebsten Kerl abkriegt. Daran ist natürlich alles in Ordnung und manchmal ist das Erleben jener Wunschfantasien ohnehin Balsam für die Seele. Wenn dann aber wie hier noch ein knackiger Wortwitz mit einigen abwegigen Pointen am Start ist, hängt man sich umso lieber rein - auch wenn gewisse Längen nicht zu verleugnen sind. Ebenso unbeholfen, aber von Connaisseusen der Materie mehr als erwünscht: Die Einarbeitung von Social Media zur Zeichnung des Zeitgeistes - allerdings nicht so planlos-erklärwütig wie z.B. in "Kiss the Cook".


Die Ära der Cyberbullys bietet sich nun mal nicht zur Zeitlosigkeit an, wohingegen die Rollenmodelle der High-School-Comedy hier mit entschiedener Selbstverständlichkeit zur Handlungsentwicklung aufgewendet werden. Die clevere und satirische Keule fortschrittlicherer Varianten aus bereits vergangenen Tagen darf sich zwar nur im Ansatz blicken lassen, doch dafür entschädigt die sympathische Figur Mae Whitmans als titelgebende "DUFF" (Designated Ugly Fat Friend - keine Ahnung, wie die deutsche Synchro das handhabt), Bianca Pepper. Sobald sie nämlich im Intro als Kultfilmfan offenbart wird und Poster von "Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies" und "Maniac" an der Wand hängen hat sowie mit sarkastischer Schüchternheit im drolligen Casual Look abhängt, kann man sich (subjektiv gesehen) nur verlieben.


Obwohl, man wird sich mitunter eher mit ihr identifizieren, denn solch liebenswerten Idealfällen begegnet man nun wirklich nicht jeden Tag. Die unsichere Aussenseiterin sehnt sich aber wie immer in derartigen Filmen nach Akzeptanz und am besten auch der Liebe - erst recht, sobald sie Stück für Stück vom Schulalltag, sozialen Schemata und Viral Videos in die unwürdige Enge getrieben wird. Ihr netter, doch zackiger und populärer Nachbar Wesley (Robbie Amell) will ihr da ein bisschen auf die Sprünge helfen. Das lässt allmählich und relativ natürlich eine süße Liebe zwischen dem ungleichen Paar entstehen, doch Handykameras folgen ihnen auf Schritt und Tritt. Die Öffentlichkeit kennt dafür nur Häme.


Hier wird die Agonie der permanenten medialen Erfassung illustriert, die nun allzu stimmig in die Mechanismen des Schulalltags einfließen, wie es abermals heimliche Nachrichten, Tagebucheinträge und schlichte Gerüchte schafften. Es hat sich nicht viel geändert, in Sachen Stil und Storytelling erst recht nicht, bringt aber weiterhin die erwartete Erleichterung, sobald die designierte Verstoßene mit individuellem Selbstbewusstsein aus sich herauskommt und die Blicke hinter sich zieht. Wobei Frau Whitman nun absolut keine schicken Klamotten braucht - attraktiv ist sie schon von Anfang an. Eben ganz nett wie der Film an sich.




FREISTATT - "[...] So handelt es sich entgegen der historischen Hintergründe seines Titel gebenden Ambientes um einen lupenreinen Genrefilm, wie es ihn zuletzt vielleicht mit Manfred Purzers „Randale – Junge Mädchen hinter Gittern“ (1983) gab. Regisseur und Koautor Marc Brummund legt nämlich eine Sause hin, die trotz ihrer technischen Ernsthaftigkeit als klassischer Exploitation-Reißer durchgeht. [...] Der große Spaß in diesem Abenteuer kommt aber daher, dass es einem nicht mehr vorgaukeln möchte, als es verspricht. So wird jede Handlungsentwicklung und jeder Satz zur Pointe, während der Grundgedanke die Empathie am Laufen hält und gleichsam auf den Magen schlagende Spannung erzeugt. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




PAYCHECK - DIE ABRECHNUNG - Nein, was habe ich mich gefreut. John Woos letztes Hurrah für Hollywood ist, mit heutigen Augen gesehen, ein spekulatives Spaßbündel und schlicht verballertes High-Concept-Kino vom Feinsten. Alles an Charakteraufbau und Storytelling ist (bewusst?) von so weit hergeholt, dass die Unfassbarkeit nimmer stoppt - jedes Element findet auf die urigste Weise zu seiner Drehbuch-Einmaleins-Designation, die so phantastisch durchgeplant ist, dass man rein gar nichts daran ernst nehmen kann. Tiefere Gefühlswelten werden deshalb zugunsten knackig-dämlicher Oneliner und Etablierungs-Overkills für Dummies eingetauscht.


Dafür herrscht natürlich ein ausgelassener Schwachsinn, der sich dementsprechend mit Woo's visueller Verspieltheit deckt. Interessant ist dabei zwar der sporadische Einsatz der Kamera als unterstützende Perspektive für Afflecks Charakter, die somit gerne auch mal seine Desorientierung visualisiert; ansonsten poppt die bunte Montage reichlich wilde Klischees und die obligatorische weiße Taube ins Auge, auf dass der Film selbst für 2003 unglaublich overstated und grell daherkommt. So legt er aber auch einen aberwitzigen Fokus auf eigentlich belanglose Gesten wie ein Händeschütteln oder Afflecks variierende "Helden"grimassen, als wäre man in einem unbeholfenen B-Movie gelandet.


So fühlt sich der unwürdig auf Philip K. Dick basierende Zukunftsthriller wie die ähnlich realitätsfernen Eurospy-Eskapaden der 1960er Jahre an - stilecht mit einem Gadget-Helden, gegen den von allen Seiten intrigiert wird, der dufte kombinieren und fighten kann, sein Herz allerdings nur für eine Special Lady offen hat sowie explosive Sachschäden mit (teils per Steinzeit-CGI gelöster) Hau-Drauf-Raffinesse und einem verschmitzten Grinsen übersteht. Honk-Coolness in naiver Reinkultur inklusive esoterischem Bullshit - so lässt sich dieses gewollte und herrlich verbockte Blockbuster-Allerlei des infantil-futuristischen Sci-Fi-Stumpfsinns ausgezeichnet empfehlen.




DAS VERSPRECHEN EINES LEBENS - "[...] Dort am Strand kreuzen sich die Wege der Väter und Söhne dieser Welt und betreten die Ruinen des Schlachtfelds, welche auf beiden Seiten noch immer Wunden einreißen können. So schreckt Regisseur Crowe auch nicht davor zurück, die Gewalt des Konflikts niederschmetternd und direkt Revue passieren zu lassen. Der Verzicht auf Rührseligkeit und oberflächliche Musik-Emotionalisierung wirkt hier derart treffend nach, dass Crowes scheinbare Mühelosigkeit in der Inszenierung nur zu bewundern ist. Seine einfachen Gesten der Menschlichkeit müssen sich jedoch ab der zweiten Hälfte stetig verkomplizieren, lenken vom Weg Joshuas ab und legen das Schicksal der gesamten Türkei in seine Hand. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

BONUS-ZEUGS:




ABOUT A GIRL - "[...] Alles zu bezeichnend für einen Film, der sein Taktgefühl zugunsten sonniger Einwegbilder eintauscht, die für alle Phasen im Leben eine möglichst einfache Lösung finden und meinen, dafür nicht einmal die Beweggründe des menschlichen Problems verstehen zu müssen. Hauptsache, man darf sich über die leicht verdauliche Trivialisierung morbider Neigungen sowie der Suizidproblematik amüsieren, solange dabei ja nicht allzu provokante oder gar neue Ideen zur Umsetzung angewendet und die Sicherheit eines Happy End versprochen werden. Kein Wunder, dass gerade so was mit Fördergeldern und dem Prädikat „Besonders wertvoll“ belohnt wird."



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

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