Lieser Lebe,
ich versuche mich zur heutigen
Einleitung etwas kurz zu fassen, bevor es noch zur Belanglosigkeit
wird, erneut auf all jene bestialischen Dummheiten hinzuweisen,
welche sich die Populistenpest diese Woche im Zuge des sich stets
drehenden Globus erlaubt hat – von schierer Unkenntnis/Ignoranz zur
eigenen Verfassung und Gewaltenteilung bis hin zum Erfinden von
Massakern, die alle irgendwann so etwas wie einen „Weltfrieden“
à la Le Pen ergeben sollen, gesetzt dem Fall, man misst ihn nach dem
Grad verbrannter Erde. Da aber immer mehr Leute davon Kenntnis
nehmen, trotz der Gefahr des Terrorismus in keiner Oligarchie vom Formate
Erdoğans und Putins leben zu wollen, rollt die Fascho-Welle immer mal
wieder um einige Zentimeter zurück, obgleich sie einen weiterhin von
allen Seiten zu überschwemmen droht, selbst wenn man sich per Satire und
pro Nation an zweiter Stelle hinter „America first“
einreihen kann. Wird jemals wieder ein Tag oder gar ein Blogeintrag
kommen, der sich nicht als Politikum herausfordern lässt? Wohl kaum,
aber diesen Sonntag bin ich zumindest nicht so sehr auf Weltuntergang
eingestellt wie im letzten Intro, was wohl am starken Samstag voller
spontaner Hausbesuche, Köstlichkeiten und Katzenturbulenzen liegt,
die unter Freunden in Hamburg-City aufbereitet wurden. Die Vorteile
der Freundschaft sind hier ja auch nicht zum ersten Mal vertreten,
also stehe ich etwas auf dem Schlauch, was ich noch so erzählen
kann, bevor es ans Filmgut herangeht. Es kann auch nicht jedes Mal
schon im Vornherein um das Schicksal der Menschheit gehen, wenn das
in den Besprechungen eh noch zur Sprache kommt, zumindest will ich
aber noch davon berichten, dass ich mir „Sonic Adventure“
für den Gamecube besorgt habe, weil die Gebote für eine
ordentliche Dreamcast auf ebay meinem Konto nach noch etwas zu
hoch ausfallen. Zudem ist ausgerechnet aus Amerika schon die Blu-Ray
von „Der
Fluch der schwarzen Schwestern“ verschickt worden, die ich mir
mal eben so gegönnt habe, wie wir uns auch Andreas Dresens „Timm
Thaler“-Verfilmung in Anwesenheit des Regisseurs im Abaton auf
den Zeitplan eingeschrieben hatten. Ein ganz sympathischer Mann, der
Andreas, sieht inzwischen etwas nach Wolfgang Petersen aus, hatte
aber deutlichen Spaß an seinem Beruf vermittelt und war auch umso
bodenständiger auf die Fragen der versammelten Kindergruppen
eingegangen, selbst wenn es darum ging, ob er denn mit Axel Prahl in
Kontakt stünde. Eine vorbildliche Vorstellung, die zudem noch in
Aussicht stellte, dass Dresens nächstes Projekt die Weihnachtsgans
Auguste ins Auge fassen würde. Na dann, da bleiben wir doch mal
gespannt, stürzen uns bis dahin aber bidde noch in die Tipps an
Filmen rein, die ich hier auf der Platte hatte. Währenddessen könnt
ihr auch gerne diese Platte
als potenziellen Ohrwurm laufen lassen oder nachschauen,
welcher Stammgast des Blogs ein kleines Comeback für sich verbuchen
konnte, doch ich hoffe wie gehabt, dass ihr vom Scrollen meiner
folgenden Zeilen nicht müde werdet.
Sich einen Film von Hong Sang-soo
einzuverleiben, das ist wie bei guten Freunden zum Essen
vorbeizuschauen. Stets die einladende Natur, weiß man bei ihm, was
vom Abend ungefähr zu erwarten ist und im Falle von „Hill of
Freedom“ ist er sogar schon nach 66 Minuten fertig, über die
Abenteuer des nach Seoul reisenden Japaners Mori (Ryô Kase) zu
erzählen - nicht der Belanglosigkeit, sondern dem Kurzweil
zwischenmenschlicher Sehnsüchte halber. Wie gehabt ist der Film drum
herum dann auch ein in Bescheidenheit konstruiertes Spiel mit dem
Erzählen an sich, chronologisch ein bisschen durcheinander
gewürfelt, wenn Moris vergangene Flamme Kwon (Seo Young-hwa) seinen
Weg zu ihr in Briefen nachempfindet. Die rekreierten Szenarien dazu
konzentrieren sich dementsprechend auf wenige Ortschaften und
Bekanntschaften, binnen derer sich des Autorenfilmers durchgängige
Liebe zur Begegnung, zur Kommunikation und zum Umgang des Individuums
mit Beziehungen wie sich selbst auf die Suche macht, einen von der
Zeit unabhängigen sowie die Persönlichkeit definierenden Kreislauf
zu filtern. Erinnerungen und neue Erfahrungen treffen da
wechselwirkend aufeinander, wenn Mori im Symbol seiner Hoffnungen,
jenem Café mit dem Titel des Films auf der Tafel, mit der Barista
Youngsun (So-ri Moon) ins Gespräch kommt, gleichsam mit
Pensionsinhaberin Juok (Yoon Yeo-jeong) sowie ihren verschuldeten
Neffen Sangwon (Kim Eui-sung) Bekanntschaft schließt, obgleich er
sich mit allen nur auf englisch verständigen kann. Das vereinigende
Element der Globalisierung aus „In
einem fremden Land“ macht sich erneut geltend, auch als Urheber
herzallerliebsten Humors, wenn die Gefühle aus dem Bauch heraus in
grobe Übersetzungen herausgedrückt werden („She's just a
bitch!“), sich umso mehr um das Miteinander klammern, mehrere
Etappen der Verständigung aufnehmen und Freundschaften schließen,
so wie sich die Alltagssituationen schon um den Abgleich der
jeweiligen Wertevorstellungen bemühen, aber nur bedingt die Ideale vorspielen.
Die Motivation dazu steckt
Mori der Liebe wegen schon in den Knochen und äußert sich zudem in
fast jeder Szene zentral zum Dienste der scheinbar verschollenen
Kwon, doch statt Verzweiflung übt er sich eben eher im Ausschlafen
sowie in vorsichtiger Freundlichkeit, ganz dem
ruhigen Lokalkolorit entsprechend als Wanderer und Beobachter, der
sich nicht aufdrängen mag – es sei denn, der Alkohol, jenes
beliebte Element drolliger Eskalationen im Werke Hong Sang-soos,
meldet sich zurück. Dessen Stil bietet ohnehin erneut seine
unverkennbaren Dialoge im Profil mit dem gelegentlichen Zoom auf,
dazu gibt's die gewohnt unaufdringlichen Musikpassagen sowie vor den
Kopf stoßenden Künstlergestalten, ebenso das Verinnerlichen
glückspendender Wunschträume, die im Nachhinein als solche
aufgelöst werden und jedweden Filmcharakter brechen, während sie
trotzdem keinerlei Ironie an der jeweiligen Figur üben. Der Gewinn absoluter
Liebe wird dadurch zwar geschmälert, der Zuwachs am passiven wie
integeren Miteinander kommt jedoch prägnant aus der Kiste,
wohlgemerkt nimmer via Feelgood-Manier aus dramaturgischen
Abkürzungen oder behaupteter Emotionen. Liegt wohl auch daran,
dass reichlich leicht/unaufgelöst bleibt, der Zyklus an Abhängigkeiten und
Eigenleben stets im Weggehen und Wiederkehren inszeniert wird, kleine
Ausnahmen wie ein Gratisstück Kuchen oder die Rettung von
Youngsuns Hund auch irgendwo die Regel bestätigen. Die Enthemmungen
daraus halten eben nicht auf Dauer, so wie der Alk-Rausch irgendwann
abklingt, das Frühstück bei Juok selbst nach 10 Uhr irgendwie immer
serviert wird und Kwon nie den Zettel liest, den Mori an ihrer
Haustür hinterlassen hat sowie tagein tagaus auf seine
Allgegenwärtigkeit nachprüft. Die Erinnerungen bleiben eben hängen,
doch sie leben, selbst in der Beständigkeit an Enttäuschungen,
Trostspendern und Kuriositäten zwischendurch, bei einem Hong
Sang-soo ohnehin so herzlich, dass man diese 66 Minuten gerne vor
sich abspielen lässt, obgleich der Mann zweifellos seine bestimmten Mustern benutzt, daraus aber jedes Mal kleine Romantiken
der Menschlichkeit schöpft.
Beim britischen Horror-Studio Hammer
ist es ja seit jeher keine Seltenheit, einen guten, sogar bedeutsamen
Film zu erwischen, wenn es um die Ikonen des Leinwandgruselns geht –
und bei einem Beispiel wie „Frankensteins Fluch“ ist
Qualität dann ebenso eine sichere Bank, ausgestattet mit Regisseur
Terence Fisher, Autor Jimmy Sangster, dem Hyperduo Peter Cushing und
Christopher Lee sowie der knuffig drallen Hazel Court im Cast. Da
ginge an sich schon mal so wenig schief wie bei Hong Sang-soo. Ganz
gleich, wie oft man den Stoff von Mary Shelley schon verfilmt sah,
ist es nun mal auch eine Wonne, von der gotischen Stilistik jener
filmschaffenden Ära anno 1957 hineingezogen zu werden, die einen
gleich zu Beginn mit verschrobenen Tälern, Matte Paintings
voller finsterem Unheil und ebenbürtig abgeranzten Kulissen
begrüßen, in Eastmancolor auf einen unwirklichen
Naturalismus der Zersetzung hinweisen, wie er hier grundlegend
fürs Genre-Repertoire Hammers entworfen wurde. Dessen Einfluss
lässt sich folglich omnipräsent am zentralen Victor Frankenstein
(Cushing) belegen, der sich zur Verteidigung seiner selbst mit einem Rahmen an
Erinnerungen erklärt, die ihre inneren Schmerzen per erhabenem
Charakter übertünchen, dieses Spiel der Formalitäten im Verlauf
der Jahre sodann auf Beziehungen und Ambitionen umsetzt, binnen derer
Mentor/Kollege Paul Krempe (Robert Urquhart) allmählich die
entmenschlichten, allerdings auch seit der Kindheit tragisch
verkümmerten Motive vom Ego des Schöpfers aufdeckt. Die Moral
zwischen Leben und Tod hat Frankenstein seiner wissenschaftlichen
Möglichkeiten wegen gegen ihre Logistik eingetauscht, bewegt sich umso
unbekümmerter durchs morbide Labor, das seine Apparaturen von Keimen
und Spinnweben umgeben sieht, aber durch die Farbgebung umso
kräftiger leuchten lässt, obgleich die Töne menschlicher Haut
infolgedessen weit blasser erscheinen.
Der krankhafte Kontrast ergänzt sich
hervorragend mit der Tatsache, dass jenes Gemäuer in den obersten
Stuben des Schlosses haust, Victors ganzen Stolz darstellt und doch
für Außenstehende abgeriegelt bleibt, während die Kamera
hauptsächlich standhaft auf die Verhältnisse gebannt bleibt, im
ausgehöhlten Körper (vermeintlich) humaner Wissenschaften versinkt
und von der Abgeklärtheit Frankensteins berichtet, dass man ihn im kontemporären Rahmen sicherlich mit
Mengele vergleichen dürfte. Um keine schlagfertige Rationalität
verlegen, kann der Mann im Dienst der Wissenschaft seine Leichenfledderei erklären, ebenso die
Entsorgung beschädigter Ware via Säure im Eigenheim, wie er auch Unfälle
vortäuscht, um sich die besten Menschenteile zu erhaschen. Qualität
geht vor Ethik, so ergibt sich dann auch die treibende Spannung
zwischen ihm und Krempe, dessen Versuche der Intervention zum
Gewissen hin im Gegenzug höchstens Schuldsprüche von Frankenstein
erhalten, also dass ohne Pauls Einschreiten doch eine leistungsfähigere
Kreatur entstanden sei – bezeichnenderweise ruft Victor seinen (unfreiwilligen) Mitstreiter
dennoch öfters zu sich, mal der dringenden Mithilfe, mal des
Geltungsdrangs zum gemeinsamen Erfolg wegen, durchweg auch aus
einem Gefühl der Freundschaft, selbst wenn Pauls Zweifel ein
Einsehen oder Konsequenzen herausfordern. Die Konsequenzen aus
Victors Ignoranz schlagen jedoch umso destruktiver ein, angefangen
bei der zur Heirat versprochenen Elizabeth (Court), die ihm
nicht gleichgültiger sein könnte bis hin zur Affäre mit Hausmädchen
Justine (Valerie Gaunt), die ein Kind von ihm erwartet, aber ihres
Wissens wegen dem Monster (Lee) zum Töten freigegeben wird. Schon
bitter, wie Frankenstein das Erschaffen von Leben gegen die pervertierte Verlängerung dessen abwägt und dazu ein Wesen
konzipiert, dessen horrender Schmerz nicht mal vom Film ausformuliert
werden muss.
Bereits bei den Maßnahmen des
Körperbaus wendet die Inszenierung Suggestionen und Kopfkino
im reinen Schauspiel an, die in der ungemütlich stillen
Audiovisualität garstige Eindrücke entwickeln, diese lediglich in
Einzelmomenten mit Blut und Organen kennzeichnen. Eine einbalsamierte
Leiche ohne Kopf im Konservierungsbecken ist via schlichter
Darstellung eben an sich schon furchterregend, natürlich ebenbürtig
der klinischen Methodik Victors geschuldet. Sobald man jedoch Lees
sprachlose Interpretation des Monsters erblickt, wie ein ungelenker
Nosferatu voller Narben und farbloser Augen wild um sich schlagend
oder den Befehlen seines Schöpfers erlegen, ist das grauenvolle
Oxymoron im Wirken Frankensteins vollends angekommen. Dort hört die
Pein allerdings noch längst nicht auf, sie wird stattdessen noch dauernd von
Kugeln und Schreien durchsiebt, im unbeherrschten wie ausweglosen
Leiden des Seins gefangen, als wäre das Fegefeuer in ein Abbild des
Menschen bzw. zur Reflexion der bis zur Manie (selbst-)brutalisierten
Seele Frankensteins gegossen. George A. Romeros „Zombie“-Reihe
hatte sich bis zu einem gewissen Grad bestimmt auch von jener Gestalt
inspirieren lassen, doch letztendlich kehrt der Klimax am
manifestierten Nachleben zu Frankenstein und Krempe zurück, wie die
Verantwortung des Menschseins und deren Grenzen sogar den Verteidiger
der Wahrheit schweigen lassen, den Fortschritt ultimativ zum Tode
verurteilen! Die Einhaltung der Zustände Leben und Tod
zieht hier ihr konservatives wie schmerzerfülltes Los, wobei
Fortsetzungen natürlich nicht ausblieben und die Ethik des Schaffens
seit jeher auf den Prüfstand stellten. Ob diese mit der zeitgleich
angedeuteten wie veräußerlichten Gewalt des hier geballten Hammers
an Fäulnis mithalten können, muss ich allerdings noch sehen.
Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch!
„Gegen den Strom die Treppe hinauf“ - Robert Mulligans Prototyp des Lehrer-vs-Schüler-Dramas von 1968 knüpft auch ohne konstruierte Eskalationen Kontakte zwischen der jugendlichen Unterschicht und dem Aufbegehren zum Lernen, wenn Sandy Dennis die Belange des Einzelnen in einer Aufrichtigkeit zum Potenzial angeht, die zudem von einer beinahe dokumentarischen Alltagsbeobachtung im Lehrkörper gestützt wird und jeden Schwänzer zum Klassenkampf in die „Tale of Two Cities“ zieht.
„Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ - Der erste Kinderfilm von Andreas Dresen ist auf Anhieb nicht unbedingt als seiner zu erkennen, übertrifft manche Kollegen jedoch im Ideenspektrum an teuflischen Wetten und Visualisierungen zur Moral des Lachens, die sich auch manch kuriose Wut, absurden bis sadistischen Humor sowie die Veräußerlichung von versteckten Gefühlen erlauben, Justus von Dohnányi eine Meisterrolle verpassen und den Wert des Reichseins effektiv entkräften, in der Dramaturgie jedoch etwas an Verdichtung schwächeln und ohnehin etwas doll auf Zielgruppe gebürstet CGI-Ratten auspacken, aber überraschenderweise noch „Suspiria“ hineinschleichen lassen.
„Die Polizistin“ - Andreas Dresen versetzt Gabriela Maria Schmeide nach Lütten Klein und rekreiert dort die schönsten Rangeleien aus zig Polizei-Reportagen im kratzigen 16mm-Korn, wobei die rohen Zustände unter dem Schnack von Kollege Axel Prahl („Lass Glas über die Sache wachsen“) allmählich auch in ein Figurennetz voller günstiger Zufälle münden, die das Eigenleben der Protagonistin zu Dekolleté und Waschmaschine führen, aber auch zu Naivitäten aus leicht behaupteter Liebe und Mutterinstinkten fürs klauende Problemkind wie direkt aus „Was soll bloß aus dir werden“.
„Die Bestien“ - Das fehlende Glied zwischen „Parasitenmörder“ und „Stirb Langsam“ lässt basierend auf dem großen New Yorker Stromausfall von 1977 vier Psychos unter Führung von Robert Carradine frei, um ein Hochhaus Zimmer für Zimmer zu schockieren, während Cop James Mitchum über Umwege zur Rettung kommt, Vergewaltiger abknallt und Langhaarige an die Kloschüssel geißelt, bis das Verbrennen eines echten Picassos (Eigentum von Ray Milland) sowie die Geiselnahme einer jüdisch-griechischen Hochzeit die Grenzen der Moral auslotet und dem kurzweilig urbanen Thrill ein wohl beheiztes Finale beschert.
„Nightwatch – Nachtwache“ - Der dänische Thriller wandert grundsätzlich souverän durch die Spannungen jener Berufswahl als Wächter der Leichenhalle, baut sich daraus jedoch ein dürftiges Whodunit? voller Klischees zusammen, das noch dadurch involviert, wie zwiespältig gezeichnet das Kumpelduo Martin und Jens Beziehungen, zur Lächerlichkeit entlarvte Männlichkeitsrituale sowie den Bezug zum weiblichen Geschlecht allgemein angeht, obgleich ihre Ausnutzung bis ins Absterben lediglich (wenn überhaupt) als thematische Fußnote abgeschlossen wird.
„Der Schlächter“ - Die Sexploitation als Zwischenwesen vom Soft- bis Hardcore, aber mit rahmenbildenden L.A.-Krimi-Kommissaren, ist als Film zumindest auf erquickende Schauwerte aus, aber auch ein primitiver Reißer, der sich über Synchro und Musikeinsatz als absurde (teils brüllend komische) Komödie verfolgen lässt, trotzdem dümmlich kurzen Prozess mit Spannern und Transvestiten macht, die vom Bullenduo einige wutbürgerische Worte für straffere Gesetzte zu hören kriegen, wenn sie mal nicht von den Genitalien aller Darsteller/innen überschattet werden (die bockige Brünette aus dem Massagesalon ist mein persönlicher Favorit).
„The Forgiveness of Blood“ - Joshua Marstons Einblick in den Zwang der Isolation bietet zwar ein kohärentes Kontra zu ungerechten Mechanismen innerhalb einer Familienfehde in Albanien, tritt im Gefühlsspektrum aber überwiegend lang auf einer Stelle und nüchtert seine Charaktere dazu - auch via gleichförmiger Inszenierung - derart dünn aus, dass die Erkenntnisse aus dem (schnell entschlüsselten) Grauen der Stille und Gefangenschaft kleiner ausfallen, als es die Einzelmomente passiver wie eskalierender Wut zeitweise zu suggerieren vermögen.
Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch!
„Gegen den Strom die Treppe hinauf“ - Robert Mulligans Prototyp des Lehrer-vs-Schüler-Dramas von 1968 knüpft auch ohne konstruierte Eskalationen Kontakte zwischen der jugendlichen Unterschicht und dem Aufbegehren zum Lernen, wenn Sandy Dennis die Belange des Einzelnen in einer Aufrichtigkeit zum Potenzial angeht, die zudem von einer beinahe dokumentarischen Alltagsbeobachtung im Lehrkörper gestützt wird und jeden Schwänzer zum Klassenkampf in die „Tale of Two Cities“ zieht.
„Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ - Der erste Kinderfilm von Andreas Dresen ist auf Anhieb nicht unbedingt als seiner zu erkennen, übertrifft manche Kollegen jedoch im Ideenspektrum an teuflischen Wetten und Visualisierungen zur Moral des Lachens, die sich auch manch kuriose Wut, absurden bis sadistischen Humor sowie die Veräußerlichung von versteckten Gefühlen erlauben, Justus von Dohnányi eine Meisterrolle verpassen und den Wert des Reichseins effektiv entkräften, in der Dramaturgie jedoch etwas an Verdichtung schwächeln und ohnehin etwas doll auf Zielgruppe gebürstet CGI-Ratten auspacken, aber überraschenderweise noch „Suspiria“ hineinschleichen lassen.
„Die Polizistin“ - Andreas Dresen versetzt Gabriela Maria Schmeide nach Lütten Klein und rekreiert dort die schönsten Rangeleien aus zig Polizei-Reportagen im kratzigen 16mm-Korn, wobei die rohen Zustände unter dem Schnack von Kollege Axel Prahl („Lass Glas über die Sache wachsen“) allmählich auch in ein Figurennetz voller günstiger Zufälle münden, die das Eigenleben der Protagonistin zu Dekolleté und Waschmaschine führen, aber auch zu Naivitäten aus leicht behaupteter Liebe und Mutterinstinkten fürs klauende Problemkind wie direkt aus „Was soll bloß aus dir werden“.
„Die Bestien“ - Das fehlende Glied zwischen „Parasitenmörder“ und „Stirb Langsam“ lässt basierend auf dem großen New Yorker Stromausfall von 1977 vier Psychos unter Führung von Robert Carradine frei, um ein Hochhaus Zimmer für Zimmer zu schockieren, während Cop James Mitchum über Umwege zur Rettung kommt, Vergewaltiger abknallt und Langhaarige an die Kloschüssel geißelt, bis das Verbrennen eines echten Picassos (Eigentum von Ray Milland) sowie die Geiselnahme einer jüdisch-griechischen Hochzeit die Grenzen der Moral auslotet und dem kurzweilig urbanen Thrill ein wohl beheiztes Finale beschert.
„Nightwatch – Nachtwache“ - Der dänische Thriller wandert grundsätzlich souverän durch die Spannungen jener Berufswahl als Wächter der Leichenhalle, baut sich daraus jedoch ein dürftiges Whodunit? voller Klischees zusammen, das noch dadurch involviert, wie zwiespältig gezeichnet das Kumpelduo Martin und Jens Beziehungen, zur Lächerlichkeit entlarvte Männlichkeitsrituale sowie den Bezug zum weiblichen Geschlecht allgemein angeht, obgleich ihre Ausnutzung bis ins Absterben lediglich (wenn überhaupt) als thematische Fußnote abgeschlossen wird.
„Der Schlächter“ - Die Sexploitation als Zwischenwesen vom Soft- bis Hardcore, aber mit rahmenbildenden L.A.-Krimi-Kommissaren, ist als Film zumindest auf erquickende Schauwerte aus, aber auch ein primitiver Reißer, der sich über Synchro und Musikeinsatz als absurde (teils brüllend komische) Komödie verfolgen lässt, trotzdem dümmlich kurzen Prozess mit Spannern und Transvestiten macht, die vom Bullenduo einige wutbürgerische Worte für straffere Gesetzte zu hören kriegen, wenn sie mal nicht von den Genitalien aller Darsteller/innen überschattet werden (die bockige Brünette aus dem Massagesalon ist mein persönlicher Favorit).
„The Forgiveness of Blood“ - Joshua Marstons Einblick in den Zwang der Isolation bietet zwar ein kohärentes Kontra zu ungerechten Mechanismen innerhalb einer Familienfehde in Albanien, tritt im Gefühlsspektrum aber überwiegend lang auf einer Stelle und nüchtert seine Charaktere dazu - auch via gleichförmiger Inszenierung - derart dünn aus, dass die Erkenntnisse aus dem (schnell entschlüsselten) Grauen der Stille und Gefangenschaft kleiner ausfallen, als es die Einzelmomente passiver wie eskalierender Wut zeitweise zu suggerieren vermögen.
So, jetzt geht's weiter im Text!
Weil manche Lücken dringender gefüllt
gehören als andere, wollte ich den Erstling zur „xXx“-Reihe
endlich nachgeholt wissen – und siehe da, Vin Diesels initiativer
Einsatz als „xXx – Triple X“ ist nicht nur der bisher
beste Rob-Cohen-Film in meinem Erfahrungsspektrum, sondern auch ein
Vergnügen, dessen Unschuld sich nach 15 Jahren enorm gut erhalten
hat. Natürlich hat man es im Vergleich mit dem jüngsten
Teil anfangs noch mit einer Blaupause geläufigsten Eskapismus zu
tun, ehe der Springteufel des kecken Extremsports, Xander Cage, ins
Geheimagenten-Geschehen infusiert wird. Der erste Hinweis zur
poppigen Extremisierung des Bond-Prinzips jedoch geschieht allein mit
der Präsenz von Rammstein im Intro - „Feuer frei!“
für Nu-Metal-Bösewichte im osteuropäischen Moloch, wie es nicht
lauter nach 2002 klingen könnte. Doch Obacht, die NSA späht
daraufhin den krassesten Macker ever auf, sobald sie die
Xander-Zone betritt und halsbrecherische Szenarien miterlebt, die
sich von Mal zu Mal an Fun und Fantasie steigern sowie von Tony Hawk
und Matt Hoffman höchstpersönlich abgeholt werden, wenn Cage z.B.
den Karren eines restriktiven Honk-Senators schrottet. Der Outlaw mit
der Lizenz zur Edginess wird den Erwartungen gemäß von
„Lieblingskidnapper“ Gibbons (Samuel L. Jackson)
eingesackt und auf die Probe gestellt, doch Xander wurde halt nicht
erst gestern geboren und durchschaut jede Scharade mit Grinsen und
Muckis, dass man ihn immerzu nur mit den stärksten Sedativa umhauen
kann. Das Stehaufmännchen mausert sich trotzdem galant zum
Klassenbesten unter Auserwählten, wenn eine Undercover-Mission in
den Kokainfeldern Kolumbiens selbstverständlich im Feuerwerk aufgeht
und ausgerechnet ein Motorrad ebenso zur Stelle ist, um die
akrobatischen Unmöglichkeiten Xanders in glorreicher Zeitlupe
einfangen zu lassen. Der Recke arbeitet nicht umsonst nach dem Prinzip Playstation!
Hut ab für jene amplifizierte
Inszenierung, die sich kunterbunt mit „Let the bodies hit the
floor!“ ausstattet, dennoch stets kohärent aufs Minenfeld im
Kindergeburtstag schneidet und bei keinem noch so surrealen Move in
Schamesröte verfällt. Nimmt sich die Bush-Ära der World Police
da schon vorsorglich selbst auf den Arm, ehe jemals ein
Rekrutierungsvideo draus wird oder hat der Film Leute wie Snowden
erst recht angezogen? Man bedenke jedenfalls: Xander Cage geht mit
seinen Bossen auch nur bedingt konform, weil er sonst in den Knast
muss, dementsprechend lässig (inkl. Kopfnuss) pfeift er auf die Bestimmer, sobald er in
die „goldene Stadt“ Prag geschickt wird, die Kamera ihm
ebenso peppig hinterher jettet und sich am omnipräsenten
Weltkulturerbe ergötzt, während Cop vor Ort Milan Sova (Richy
Müller!) beidesamt ebenso noch maßregeln will, aber schnellstens an
die frische Luft gesetzt wird. Grund hierfür ist eine glaubwürdige
Infiltration in die Reihen des Oberfieslings und „The
Crow“-Imitats Yorgi (Marton Csokas), dessen Handlanger
besonders auf Cage abfahren, weil sie ihn von seinen ganzen
Mordsaktionen im Web wiedererkennen – andererseits findet Xander
aber auch Gefallen an der mysteriösen Yelena (Asia Argento), die
mindestens genauso knallhart sexuelle Spannungen abwedelt und ebenso
gegen die Machenschaften Yorgis zu ermitteln scheint, sobald allesamt
auf dessen Dracula-Castle eingeladen werden. Bei den ganzen Topoi
darf auch nicht der Q zum X fehlen, so wie Agent Shavers (Michael
Roof) Nina Dobrevs Rolle in Teil Drei vorwegnimmt und Gadgets en
masse auffährt, die ein Arsenal an Pointenreichtum versprechen,
Zufälle und punktgenaue Sprüche ergeben, wenn man halt gefährlich
lebt. Da kann es schon mal vorkommen, dass man auf jenem
Silbertablett, mit dem man zuvor den Scharfschützen geblendet hat,
ein Treppengeländer hinunter grindet, woraufhin man die global
tödliche Erfindung Yorgis mithilfe eines X-Ray-Fernglas ermittelt,
das zuvor hauptsächlich für den Einblick in grellste Reizwäsche
tauglich war.
Agent Cody Banks dürfte sich beinahe
zum Dienst melden, doch das dynamische Flair, das Cohen anhand des
adoleszenten Knalleffekts anpackt, drückt dann doch ein gutes Stück
explosiver auf die Tube oder zumindest so, wie man sich zu jener Zeit
mit „Stirb an einem anderen Tag“ messen wollte. Am besten,
man packt gleich alle Knarren in die Karre mit ein und parkt die
tschechische Polente ebenso vor die Schlossmauern, denn Cage kommt
nach kurzer Zeit schon à la Bogner mit der Lawine um die Ecke und hält den
Zuschauer mit Eskalationen des Effektwahns bei der Stange, dass der
Fallschirm in Red, White and Blue erst recht nicht fehlen
darf, während alle Münder offen und nach oben gerichtet stehen. In
der Kombi voller Humor und Kabummlaune ist man trotzdem nie abgeneigt
zu fragen: Wird Cage es schaffen? Ein Kriterium, das selbst den
schönsten Eurospy-Kanonen abhanden kommt und sich hier derart
zur Furie der Bruckheimer-Blockbuster-Art hochschaukelt, dass selbst
der klassische Abschluss in seiner Überhöhung als Glückskeks
angeknabbert werden darf. Da lässt sich auch verschmerzen, dass die
universellere Teambildung erst bei xXx³ vollends erfüllt
wurde, hier zumindest in eine Romantik zwischen Ost und West gen Bora
Bora blickt, die sich nach dem Zwei-Stunden-Höllenritt voller Bikes,
Boards, Raves, Trenchcoats und Fellmäntel auch mal knackiges
Abknutschen erlaubt, obgleich man Yorgis Konzept der „Anarchy99“
(das terroristische Äquivalent zu Dogma '95?) jegliches
Entfaltungspotenzial abspricht. Ganz von den Autoritäten kommt die
xXx-Philosophie dann doch nicht weg, da ist man inzwischen
zurecht etwas losgelöster unterwegs, aber die Xander-Zone war sich
hier schon bar jedes Nationalismus und überflüssigen Jingoismus
ihrer Vorlieben bewusst: Mucke, Videogames, mächtig PS, dufte Mädels, smoking kills
und eine starke Ladung Gerechtigkeit. Mit der Naivität an typischer
Macho-Arroganz vorbei wird der olle George W. gleich aufs Doppelte
überholt, dass es auch Regisseur Cohen seitdem nie wieder so tolldreist
verquicken konnte.
Ein interessantes Doppel ergab sich
diese Woche durch die Back-to-Back-Sichtung von „Kumiko,
the Treasure Hunter“ und „The Sea of Trees“. Beide
Filme, mit einem Jahr Abstand in ihren Erscheinungsdaten getrennt,
chronologisieren ihrerseits Reisen zwischen Japan und der USA,
getragen durch Hoffnungen auf Schätze bzw. auf das Ende des
individuellen Leidens, binnen derer die Protagonisten als Außenseiter
vom verlorenen Gesellschaftsposten aus noch die Hilfe anderer erhalten, bis sie Erfahrungen über den Geist hinaus in den
Zwischenraum aus Leben und Tod tragen. Kumiko (Rinko Kikuchi) und
Arthur Brennan (Matthew McConaughey) sind auf diesen Pfaden ohnehin
vom Verlust gekennzeichnet, sie lässt z.B. ihr Karnickel Bunzo in der
U-Bahn zurück (eine stille und schmerzhafte Top-Szene der Entsagung), er hingegen ist bereit, vollends sein Leben zu
beenden. Unsere Dame im anderen Film gibt ohnehin ihre Sicherheit im
Beruf auf, soziale Interaktion im Rahmen zunehmender Zynismen und
Belanglosigkeiten sowieso; er zerfällt vergleichsweise
kontinuierlich am Tod seiner Frau (Naomi Watts), mit der er sich zu
Lebzeiten noch über ihre Alkoholsucht, über ihre zerrüttete Ehe
und Abhängigkeiten im Finanziellen zu streiten wusste, ohne dass sie
jemals das Verständnis zum Charakter des anderen vollends erfassen
konnten. Kumiko trifft auch durchweg auf Unverständnis, soll ihrer
Rolle als Frau gerecht werden, den Leistungsdruck der Wirtschaft
Nippons schlucken oder mit einem Mann an der Seite auf die
Eigenständigkeit verzichten, am besten gleich wieder bei Frau Mutter
einziehen. Bei solchen Parallelen ist es nur stimmig, dass sich beide Filme im markant
stilisierten Breitwandformat zudem auf wahren Ereignissen stützen.
David Zellners („Kid-Thing“)
Portrait der Frau im roten Parka basiert auf der Geschichte Takako
Konishis, die bis nach Minnesota auszog, um die Tasche voller Geld im
Schnee zu finden, welche in „Fargo“ von Steve Buscemi
vergraben wurde. Der verzweifelt unbedingte Hang zum Mythos umweht
auch Gus Van Sants („Good
Will Hunting“) Einstieg in die weiten Wälder Aokigaharas, einer Sammelstelle für jährlich Hunderte von Selbstmorden, der
man einen dämonischen Sog, auf jeden Fall keinen Mangel an
tragischen Einzelschicksalen und Motivationsschildern zum Umkehren nachsagt. Arthur will sich in jener
großflächigen Abgeschiedenheit entschlossen und einsam von der Welt
verabschieden, Kumiko befähigt sich höchstens einer (gestohlenen)
Seite der Weltkarte, um vollkommen unvorbereitet und entgegen aller Pflichten in eine beinahe
ebenbürtige Schneewüste der USA zu flüchten. Beiderseits geschehen
kulturelle Begegnungen, die sich nur bedingt zu verknüpfen wissen,
aber auf einen inneren Helferinstinkt hören. Arthur geht da mit
gutem Beispiel voran, als er dem verletzten Takumi (Ken Watanabe)
einen Rückweg zu ebnen versucht - Kumiko hat es da weit schwerer,
jemanden an sich heranzulassen, meistens büchst sie den Samaritern des mittleren Westens schon in der ersten Nacht bei denen zuhause aus, wenn
das Ziel Fargo eher weniger ernst genommen wird. Ausgerechnet die
Autoritäten, „dein Freund und Helfer“, sind dann am
ehesten der Segen für sie wie auch für Arthur, doch bis dahin sind
die Hürden an Naturgewalten in der Überzahl, eine Bewährungsprobe
nach der anderen: Kumiko weicht ihrer sozialen Abgrenzung wegen öfter
als nötig auf die Qual der Winde und Kälte aus, wenn sie dort den
Schatz vermutet, an den Küsten Japans überhaupt erst die VHS mit
der Wegbeschreibung zum Geldsegen gefunden hat.
Arthurs Funde beschränken sich meist
auf mumifizierte Leichen in Zelten, nachdem er aus Versehen Klippen
herunterrutscht und sich Äste in seinen Torso spießen, obgleich er
natürlich durchweg die Erinnerungen an seiner Frau aufrecht
erhält/sie ihn aufrecht erhalten, bis er seinen Weg auf einer
gemeinsamen Linie Richtung „Hänsel und Gretel“
nachverfolgt. Bei Van Sant muss man dafür reichlich Zufälle zum
magischen Realismus hin in Kauf nehmen, die als
„Alles-ist-verbunden“-Zauber nicht immer freiwillig
unterhalten, aber wenn ich hier eh schon alles miteinander verbinde,
sollte Kumikos quirliger Umgang mit dem Realitätsverständnis
natürlich auch nicht an uns vorbeigehen, so wie sie selbst einem
Bandsalat mit ungläubigem Leid entgegenblickt, einen Teil von sich
selbst verschwinden sieht. Dieselben Ängste hängt sich Arthur
gleichsam an triviale Symbole/Souveniers, in beiden Fällen ist die
Sehnsucht zur Präservierung zentral ins Narrativ gebettet, ob nun
jene zu Gedanken/Filmausschnitten, zu Momenten der Erfahrung
oder eben zur eigenen Persönlichkeit, die sich ihrer Entscheidungen
wegen etlichen Widerständen ausgesetzt sieht und diese trotzdem
stets in neue Formen verpacken kann. Kumiko schafft insofern auch den
Sprung von der VHS zur DVD, vom fiktiven Fargo ins echte, von
Begegnung zu Begegnung durch Ansätze der Liebe und unausweichliche Enttäuschungen; Arthur dagegen die Selbsterkenntnis
im Dialog mit Takumi, nachdem sie sich die Lumpen eines Selbstmörders
als Schutz vor der Verkühlung angezogen haben – sollte man
übrigens auch nicht unerwähnt lassen, dass Kumiko die Bettwäsche
eines Motels als Mantel zweckentfremdet. Während Arthur an jenen
Ereignissen immer weiter in die Schönheit des Lebens zurückgeführt wird,
driftet Kumiko immer weiter von einer Gesellschaft ab, welche ihr Wesen weder
haben oder verstehen wollte.
Der Geldhahn aus der Firmenkreditkarte
wird abgedreht und am Telefon kann die Mutter nur wettern anstatt der
Tochter zuzuhören, Arthur dagegen wird in einem Gros an zweiten
Chancen reanimiert, im Meer der Bäume wiedergefunden, während
Kumiko immer tiefer in Schnee und Eis (auch im Wald!) versinkt. Die Nacht darauf
finden beide Parteien allerdings zu ihrer Auflösung, zu ihrer
Bestimmung, den Sinn des Lebens oder eher zum sinnlichen Leben, wo
sich im Endeffekt nur die Frage stellt, wer als Geist den Geist des
anderen trifft. Für den Zuschauer sind bis dahin natürlich auch
vielerlei Unterschiede feststellbar: Zellner hat die Gefühle
faszinierter Entfremdung in seiner audiovisuellen Erzählung
verinnerlicht, dröhnende Sphären um die warm/kalten Zonen der
freiwilligen Hilflosigkeit gelegt und Kommunikationsbarrieren ganz
wie bei Hong Sang-soo vorhin als Anlass für die Güte von den
Idealen weg konzentriert – Van Sant macht alle Barrieren von
Vornherein obsolet, auch mehr an der Bewährung des Einzelnen fest,
verlässt sich im Miteinander aber zugleich auf allzu konstruierte Muster, die jede Deutung ähnlich einer Selbsthilfeanleitung
aufs Expliziteste ausformulieren und mit Schicksalen um sich knallen, trotzdem noch den Mut darin finden,
eine Poesie im makabren Tal des Sterbens zu evozieren, bei der sich
Bild und Ton gerne öfters konträre Signale senden und aus dem
Schatten des Leidens ins Licht des Lebens springen. Beide Filme
verbergen so oder so noch bittersüße Noten in ihrer Schlussfolgerung,
doch diese sowie die vielen Narben dazu teilen sie sich umso williger, wenn solch scheinbar
unabhängige Werke schon derart aufeinander aufbauend in Folge auf
meinem Bildschirm laufen und die Wunder ihres Mediums (wie solche,
von denen ich letzte
Woche eingangs berichtete) aufs Neue bestätigen. Schätzen und
Geistern hinterher jagen - das gehört zum Leben eines Filmfreunds
dazu und bindet die Helden Zellners und Van Sants letzten Endes
nochmal stärker an einen selbst. Ich empfehle es jeden, das mal auszuprobieren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen