Sonntag, 29. Januar 2017

Tipps vom 23.01. - 29.01.2017


LLbb LLssrr,

habt keine Angst vor den doppelten Konsonanten in der Betreffzeile, denn ab und an ist es ganz normal, einen Doppelten zu schieben (und ich meine damit nicht explizit, sich einen Doppelten hinter die Binde zu kippen). In diesem Sinne möchte man sich dieser Tage ja auch gerne eine zweite Welt wünschen, manche am liebsten gleich #AlternativeFakten, einige haben schon den #Brexit, andere wollen den #Calexit, aber machen wir uns nichts vor, Hashtag-Bros, selbst wenn wir auch zeitweilig in die Zwischenwelt des Films einsteigen dürfen: Diese Woche förderte am laufenden Band Neuigkeiten zutage, die auf halber Backe von Schwachmaten mit fingiert-multipliziertem Status, doch fern durchdachter Menschlichkeit sowie auf ein Gros an paranoiden Versprechungen zugeschnitten unterzeichnet wurden, welche die knappe Hälfte einer Nation an Verunsicherten auch noch auserkoren hatten und in Zukunft wahrscheinlich mehr als doppelt zurückbekommen. Mit wem fängt der Krieg als erstes an? Mit dem eigenen Volk und seiner Verfassung, mit Russland, mit China, mit Mexiko, mit dem Iran, mit Kanada? Welche Werte darf man dann verdoppeln oder halbieren, wenn es nicht schon sofort Milliarden an Steuern frisst? Gerade am Freitag erst gedachte man hierzulande zudem einer Anzahl von bis zu 6,3 Millionen Opfern des Holocaust, doch im Endeffekt wurde sich mehr auf den einzelnen Querulanten konzentriert, auf die halbe Wurst emotionaler Skrupellosigkeit, die sich ebenso nur mit Zahlen programmieren kann, Kapital aus der Verblendung anderer schlägt und mit der Parteiführung einen eigenen Kreml bauen will. Auf der anderen Hälfte des derzeitigen Spektrums wird es aber immerhin nicht minder lautstark und da wird der Einzelne auch als Ganzes gewertet, je nachdem als Widerstand zu einer singulären Welt, die kaum gespaltener jeden Tag eine neue Runde macht. Die Erde macht da keine halben Sachen, auch keinen Nitroboost, auf ihr kommt aber manch einer schneller bei sich und anderen an, ein anderer bleibt wieder auf unbestimmte Zeit stecken.



Was mir persönlich als Nächstes bevorsteht, muss z.B. auch mindestens zwei Wochen für die Behandlung von vier Zähnen auf sich warten lassen, während in der Zwischenzeit zwei Filmabende unter Freunden in Folge auf dem Plan standen, der Output an Geschriebenem daraus auch locker die Menge der vorherigeren Ausgabe verdoppelt. Bei solchen Mustern an Zahlen wünscht man sich allmählich auch echte Zufälle – und siehe da, es gab Überraschungen, wenn auch mit Vorlagen, die subsequent erfüllt wurden. Angebot und Nachfrage haben im gesamten Ensemble der hiesigen Besprechungen Bestand, aber man, es ist schon kaum von dieser Welt, wenn man sich nach knapp einer Stunde „Good Burger“ wünscht, dass eigentlich auch mal ein Hund auftauchen müsste und just eine Minute später genau das im Megaformat passiert! Oder dass man in einem New-York-Film jemanden als John-Goodman-Imitat belächelt, im nächsten NYC-Streifen dann unverhofft ein Auftritt des echten Goodman vonstatten geht. Die Welt legt sich im eigenen Kreise die besten Witze zurecht, aber ob's das Leiden ringsum halbiert, kommt noch auf den Prüfstand - insbesondere, wenn der Verlust von John Hurt und Emmanuelle Riva quasi simultan betrauert werden musste. Eine Abwägung mit dem folgenden Filmgut wäre jedenfalls nichts für ungut, so wie dort auf die versteckten Gemeinsamkeiten im Untergrund der Schmerzen oder im Triumph des Herzens hingewiesen wird, konkurrierende wie kongruente Lebensmodelle auf die Erlösung hoffen oder den Erdball zu zweit richten/errichten. Kommunikation, Wahrheit, Tanz, Paarung, Entkopplung und Tod – klingt fast schon wie eine Anleitung, ist auf jeden Fall eine exemplarische Gegendemo zur Gegenwart, deren Sadismus nirgends ausgeklammert wird, aber gezähmt werden kann, schließlich sind die Werke innerhalb der jüngeren Klammer älter als ich und haben seitdem mehrere Krisen überlebt. Vielleicht lernt man daraus ja auch, wie. Vorerst aber noch die Ergebnisse neuester Umfragen zu den vor kurzem angekündigten Oscar-Nominierungen:




Solche Ergebnisse lassen sich doch sehen, ich wünsche uns allen sowie genannten Filmen und Toten viel Glück, nun aber erst mal viel Spaß beim Lesen und Entdecken unter ausgewählter Schreibfertigkeit meinerseits:




Schau mal an: Eine auf leichtem Fuße aufbrechende Studie zerstörerischer Eitelkeit legt ihre Schienen binnen „Listen up Philip“ zurecht und ruft mit bewusst trügerischer Wärme zu sich. Alex Ross Perrys Vorgängerfilm zu „Queen of Earth“ bewährt sich insofern bereits als Schmuggler komplexer Psychologie, wenn von außen die wohlige NYC-Hipster-Mumblecore-Komödie markiert wird und eingangs dafür urbane Neurosen um flotte (wirklich tolle bis grausame) Pointen buhlen lässt, im Querverweis auf Folgen und Rückwirkungen des Egos jedoch eine Misere in der Dauerschleife offenbart, binnen derer sich zudem oftmals vom Zentrum des Autors distanziert wird. Autor bedeutet in dem Sinne die Spiegeleinheit von Philip Lewis (Jason Schwartzman) und Ike Zimmerman (Jonathan Pryce), ein Wesen aus Vorbildfunktion, Abhängigkeit und Ehrfurcht, das sich am gegenseitigen Aufbau der Kunstfertigkeit eine Freundschaft fingiert, letzteren Faktor eben nur künstlich vorleben kann, selbst face-to-face eher Phantomen des Gegenüber zuspricht, wenn man sich zur Analyse der Menschenkenntnis eisern an Muster klemmt. Das zeigt sich schon im Umgang mit dem Stellenwert des eigenen Werkes, auf beider Seiten im permanenten Vergleich mit Erfolgen von einst und somit als intellektuelle Währung gehandelt, mal ungefragt zur Schau angeordnet oder mal des spontanen Selbstmitleids wegen eingemottet – selbst wenn das Exil weg von künstlerischen Regelmäßigkeiten auf dem Stundenplan steht, konstruiert sich da ein Mantra zusammen. Krasser zeigt sich das dann allerdings in Beziehungsfragen, die via brutalen Schlagfertigkeiten abgeklärt werden und im Geltungszwang stets auf Charakterentlarvung aus sind, dass das Funktionale auf der Strecke bleibt, solange jemand wie Philip auch dauernd dem Disfunktionalen begegnen will, Ex-Geliebte aufsucht, es aber umso stimmiger empfindet, fürs eigene Schaffen die Isolation zu suchen und Bedürfnisse der Zuneigung zurückzulassen, die sich eh schon von ihm zu lösen versuchen. Dass er sich selbst in dem Status einnisten kann, ist da nur stimmig. Perry bringt den Schaffensprozess als ambivalentes Krebsgeschwür auf den Punkt, eben als Findungsdrang binnen forcierter Entsagung, dem er im Verlauf nicht jedem anrechnen wird oder zumindest als Pfad zur Selbstreflexion anlegt, so auch in der Stilisierung seinerseits das Innere und Äußere in behutsamer Balance ausspricht, aus der das jeweilige Individuum sein vergängliches Glück zu erfahren vermag.


Glück an sich ist hier eben auch verstärkt Theorie, beispielsweise in Freundin Ashley (Elisabeth Moss) und ihrer (selbst unter Freunden) choreographierenden Beauty-Fotografie zur Debatte gestellt, die ihr Leidwesen auf kommunikativer Ebene bis in den Nagellack hinein zweckmäßig übertüncht, bis sie allerdings gar nicht mehr zum Sprechen kommt. Der Verschluss ballt sich als deutlicher Vorbote zur „Queen“ zudem in Rückblenden des Miteinanders, das seinen Stolz erst durchspielen muss, ehe er nur noch halbgar ankommt, so dass die Dimensionen des Leidens als ständiger Begleiter durchscheinen, beinahe eine Zelle der Sicherheit ergeben und so auch von Philip in seine Mitmenschen hinein suggeriert werden. Seine traumatische Verarbeitung hat sich mit diesem Umgang arrangiert, die Lasten kommen dann auch über die Stimme des Erzählers (Eric Bogosian) zur Geltung, der sich im literarischen Pflichtgefühl ebenso an jeden heftet, gleichsam mitansehen darf, wie bestenfalls doch noch eine Abkopplung von den unnahbaren Gefühlskraken Philip/Ike stattfindet - die Abhängigkeiten der Kunst pendeln eben ohnehin zwischen Sadismus und Masochismus. Bestimmte wie berechtigte Dosen an Narzissmus sind für die Emanzipation omnipräsent vonnöten - ob nun bei Ikes Tochter Melanie (Krysten Ritter) oder Philips kurzzeitig neuer Flamme Yvette (Joséphine de La Baume) - und an Innigkeit mit dem Einzelnen spart Perry erst recht nicht, wenn er die Sinnlichkeit des Gesichts formatfüllend skaliert, herbstliche Farbpaletten und die sanfte Melancholie des Jazz auf die Boheme legt, aber auch konterkarierend turbulent schneidet, in der ausformulierten Überhöhung von Angst und Misanthropie ein Höchstmaß ironischer Schlichtheit bezeugt. Auch daraus entsteht ein vollgepacktes Netz an emotionaler Beobachtung in jenen Phasen der Ehre zum Ego, in denen Zweisamkeiten ein schweres Los ziehen und doch den stärksten Einfluss haben, (brillant schöne) Groupies sowie die längsten Zigarren ever zum (Selbst-)Feiern herbei rufen und die Erkenntnis zur Schwäche vermeiden, bis der kreative Output, die Karriere oder gar die Anschaffung einer drolligen Katze wieder eine Katharsis auf Zeit installiert. Mit dem hier vorgelegten Tempo ist die Tristesse eben nimmer aufgehoben, die Sehnsucht zur Kompensation bewährt sich da aber umso differenzierter als Urheber fürs Verständnis untereinander, selbst wenn die verknüpfende Kunst als Folter/Selbstgeißelung mit Stil aufschlägt.




Wenn man allein der Filmwelt nach urteilt, war New York City binnen der 80er Jahre der Hort für menschliche Müllkippen schlechthin, folgerichtig oftmals auch das Ventil für eine Leinwandselbstjustiz, die sich dramaturgisch nur allzu willig in die Horrorzone hochschaukeln konnte. „Streetwalkin' – Auf den Straßen von Manhattan“ geizt ebenso nicht mit Eskalationen, macht die Untiefen urbaner Erfahrung aber weniger am Reißertum mit Showfaktor, als an einer Studie erdrückender Nachtstationen fest. Potenzial für ersteres wäre durchaus vorhanden (es gibt schließlich einen knackigen Titelsong), sobald man die junge Cookie (Melissa Leo) inklusive Bruderherz Tim (Randall Batinkoff) auf der Flucht von ihrem misshandelnden Vater bis hin zur vermeintlich gütigen Aufnahme durch Zuhälter Duke (Dale Midkiff) kennenlernt. Da werden jedoch explizite Szenarien vermieden, stattdessen Charaktere und Ambiente als Ausdruck einer Verzweiflung angewendet, welche die keimige Kälte der Nacht mit Neonlicht aufzuwärmen versuchen, in knappen Kleidern den Monetenfang einstudieren und die Abhängigkeiten des Kapitals vom kleinsten Nenner aus durchhalten, bis dem Gönner vor Gier der Kragen platzt. Regisseurin Joan Freeman lässt dementsprechend jede Romantisierung weg, ebenso jedweden moralischen Erklärungsbedarf, wie solch eine Rutsche ins System passiert, wenn es so schon symptomatisch Amerika repräsentiert. Stattdessen folgt man dem kollegialen Umfeld unter Damen der Nacht in den Umgang mit gegebenen Strukturen, gefolgt von der Fassade eines regulären Feierabends zwischen Wohnung und Kneipe, ehe die Ausstiegsbemühungen den Missbrauch durch Duke auf den Plan rufen. Der ist halt eine miese Type konzentrierter Tobsucht, mit solch brutaler Eminenz gecastet, dass sich jede Glühbirne drum herum mit Blut füllt und in Kürze explodiert. Als Konter dazu ist Cookie effektiv und gleichsam funktionell das Herz der Unschuld, à la „Angel“ im Milieu mit beinahe jedem unbedingt verkumpelt und im Beruf trotzdem nicht der Enthaltsamkeit verpflichtet. Freeman brutalisiert ihre reizvolle Freizügigkeit dann auch nicht, schwenkt aber sodann von der falschen Liebe Dukes zu ihr in dessen Opfer rüber, die sie im konstant um Gnade flehenden Treueschwur zum Brötchengeber noch zu retten versucht.
 

Treue ist insgesamt natürlich das kollektive Spielzeug in jenen Kreisen, weshalb Cookie nach dem Besuch der Notaufnahme genauso professionell weiter schuftet und sich bei Mitstreitern (u.a. Julie Newmar als Queen Bee) locker machen kann, im Hintergrund aber schon die nicht minder gnadenlose Konkurrenz um die Unabhängigkeit von Duke bittet, während dieser in den Clubs schon neue Beute ausspäht, per Angebot und Nachfrage die Ware seiner Geschäftsrivalen abspenstig macht. Insofern entsteht kein narrativer Drang, der Rache und Katharsis nachzuspüren, wie es ein geradlinigerer Zeitgenosse an Film konstruiert hätte, vielmehr der Einblick in die Methodik der Ausbeutung, in dem trotzdem ein Sleazefaktor von Genre-Wegen her vergegenwärtigt wird, pulsierende Synths auf Absturztypen und Eingeschüchterte blicken, in denen die wilde Bestie Duke mehr und mehr um sich schlägt. Das Lokalkolorit leitet die bröckelnde Moral sowie den Zuschauer mit immer tieferen Einschnitten voran, macht gleichsam auf Kurioses und Alltägliches binnen des Strichs der Sünde aufmerksam, doch der destruktive Terror Dukes wird zum punktgenau furchterregenden Höhepunkt des Ganzen. Das Finale dazu ergibt trotz jener Vorlage ein Überraschungsei an Intensität und durch das Talent Melissa Leos erst recht eine Feuerprobe der Verletzlichkeit, die im Low-Budget-Rahmen des Films umso näher ankommt, die Spannungen im Charakterdrama so bitter aufkochen lässt, wie man sich auf den Straßen von Steven Fierbergs Bildern ohnehin sofort verloren fühlt, wenn in der Dunkelheit kaum eine Menschenseele zur Hilfe kommt und Duke einen aus der Slasher-Perspektive heraus anpackt. „Streewalkin'“ hat eben auch die Dynamik des Genres in den Knochen, zwischenmenschliche Ängste sowie Netze an Selbstaufgabe und Selbstbewährung aber erst recht im Griff, wobei er Gesprächsstoff zu Geschlechterverhältnissen und Berufsethiken ebenso beiläufig mitliefert. Bei den zynischen Zeiten, die der Film durchlebt, seien Zartbesaitete vorgewarnt, ebenso hat sich nicht jede Darstellung mit Feingefühl ausgestattet, doch wo sonst wenn nicht hier hat die Grobheit ihren Platz und vor allem diese starke Wirkung Richtung (bezeichnend fix abgeblendeten) Sonnenaufgang in einem Amerika, das so seit jeher gar nicht mal versteckt agiert?




Die Geschichte vom „Doppelten Lottchen“ via Kästner gilt schon länger als Quelle für Filmstoffe, die sich eineiige Duos auf die Plakate drucken wollen, im Zelluloid selbst dann verstärkt auf das Spiel an Verwechslungen und kuriosen Gemeinsamkeiten bauen. Jene Treffen unverhoffter Verwandtschaften ergeben bei Van Damme schon die halbe Karriere, umso drolliger geht die Variante dann aber doch mit Lindsay Lohan runter, die in „Ein Zwilling kommt selten allein“ ihr Debüt gab und dafür gleich eine zweifache Leistung an blödeligen Grimassen und Sommersprossen-Streichen vor den computergesteuerten Kameras von Nancy Meyers ablieferte. Warum die Kindersause dann auch gleich an die zwei Stunden dauern musste, fragt man sich zumindest erst ab dem dritten Akt nachgeholter Rom-Com-Gefälligkeiten für die Eltern im Publikum – vorher allerdings tobt die Zweisamkeit zwischen Hallie und Annie im Feriencamp und prankt sich mit überlegenem Grinsen allmählich zu Schwesterherzen zusammen, die ihre vormals getrennten Wesen so ausformuliert sowie mit einem Blankocheck an Zufällen verschmelzen, dass das Pendel zwischen Sentiment und Honkigkeit den Freitod wählt. „Der süße Leo DiCaprio“ weiß das zu schätzen. Im kindlichen Geiste wird dann auch der umständliche Plan geboren, die Plätze zu tauschen und so die bislang verschollen geglaubten Elternteile kennenzulernen, wofür man sich auch mal der perfekten Täuschung wegen in beachtlich sadistischer Sequenz die Ohren pierct. Es ist alles so selbstverständlich wie die zuschauerfreundlichen Selbstgespräche Richtung Situationskomik, die Soundtrack-Einlagen voller 90's Hits als Musical-Ersatz inklusive Klamotten-Montage, die nachgeholten Zeitlupen zur Gewichtung glückseligen Wiedersehens oder der Glaube vonseiten der Dramaturgie, dass sich ein Kontrast ergibt, wenn man zwei wohlhabende und endfreundliche Elternteile als Lebensmodelle gegenüberstellt. Bei Elizabeth James (Natasha Richardson) könnte insofern „Mary Poppins“ einziehen, während Nicholas Parker (Dennis Quaid) auf seinem Weingut den permanenten Grinsemann abgibt.


Das Glück der Mädels spiegelt sich dann auch in Dialogen wider, die alle halbe Sekunde die Katze aus dem Sack rauszulassen drohen und den Zuschauer mit Doppeldeutigkeiten überschwemmen, wobei der Frieden aber dann doch eher dadurch gestört wird, dass sich eine fiese Cruella de Vil namens Meredith (Elaine Hendrix) an Parker heranzumachen versucht, während die kleinen Details den Austausch der Mädels allmählich verraten. Kein Grund zur Panik, aber zum lang ersehnten Treffen in klassischer Slapstick-Manier, das sich im Hotel voller Irrungen, Wirrungen und verwunderter Visagen eine Ladung Wodka gönnt, teilweise zig-fache Aufdeckungen am Stück in eine Szene steckt. Mensch, was macht das Laune, geht Nancy Meyers öfters so einladend knuffig mit ihren Stoffen um? Da könnte gerne auch schon Schluss sein, doch genau dann erscheint es nicht mehr so zufällig, dass sich Quaids Rollenname verdächtig nach Nicholas Sparks anhört. Die erneute Verkupplung von Nick und Elizabeth steht auf dem Spiel und schwelgt hin- und hergerissen in Erinnerungen, weshalb noch ein Camping-Trip voller Streiche sowie eine verlängerte Aussprache im Weinkeller nötig sind, um die Spannungskurve künstlich zu verlängern. Immerhin, Frechheit siegt und kuschelt sich in die voll ausgekostete Familienunterhaltung ein, obgleich aus den vorhandenen Charakterschablonen nur wenige Merkmale hängen bleiben: An manche Sachen erinnern sich unsere Leute nur schwammig, an andere ganz genau (man glaubt nicht, wie viele Dialoge so verlaufen!); warum es überhaupt eine Trennung gab, hängt sehr vage im Raum; Merediths Dad sieht aus wie Tom Hanks als „Sully“, nur ohne Bart; die jeweiligen Hilfskräfte aus gutem Hause verknallen sich ineinander; Hallie und Annie werden zum Spitzenteam emotionaler Erpressung, sobald es sich die Verhandlungen unter den geschiedenen Elternteilen zu schwer machen. Selbst dann bleibt immer noch die Frage offen, warum Frau Mutter ihre eine Tochter von London aus ins selbe Feriencamp mit der kalifornischen Zwillingsschwester geschickt hatte. Egal, Hauptsache, der Film hier ist x-mal lebhafter und kecker als die Faschos „Hanni und Nanni“.



Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch! 

„Der Höllentrip“ - Ken Russells US-Debüt dämpft dessen sinnliche Kompromisslosigkeit, geilt sich dennoch wie bei keinem anderen am Bilderrausch der Psyche auf, wo hinter dem Grundpfosten an Religion und Zivilisation das Tier im Manne mit anschließenden Dimensionen des Nichts aufwartet, in verschlingender Virtuosität auch so gut es geht die aufgedunsene Rhetorik in Paddy Chayefskys Drehbuch überfliegt, trotzdem nach abgestandenem Sci-Fi-Pulp riecht.

„Wanderlust – Der Trip ihres Lebens“ - Paul Rudd ist als Versager und verhaltener Spießer wie eh und je grundsympathisch, die Hippie-vs-Yuppie-Komödie drum herum teils zu stark aufs Impro-Mäandern à la Apatow geeicht und arg klischeekonform, dank David Wain aber auch mit einer Handvoll grandioser Pointen des Schwachsinns ausgestattet, die einigermaßen vom restlichen Culture-Clash-Schwachsinn ablenken und jedweder Monokultur ein Bein stellen.

„Perfect High“ - In diesem moralisierenden Teen-Drama des US-Senders Lifetime hängt die kesse Bella Thorne mit den falschen, doch krassen Kids ab, die den vermeintlichen Traumtypen Carlson, Meme-Maschine Nate, jede Menge Filmabende mit Public-Domain-Klassikern sowie die kontinuierlich gesteigerte Sucht zu einer Vielzahl von Drogen beherbergen, gegen welche Freundschaft und Selfies noch so hip bestehen können, dass die konventionelle Zeitgeist-Analyse kurzweilig genug bei Problemkindern interveniert.

„Lang lebe Charlie Countryman“ - Trotz Selbstfindungs-Narrativ und auf Werbelook getrimmter Lost-in-Translation/Ostblock-Gangstermilieu-Melange kann man sich überraschend stimmig in die grelle Romantisierung des von den Eltern abgebrochenen Pärchens hinein verlieren, Shia LaBeouf als Träumer auf Ecstasy nachempfinden, selbst Til Schweiger als dumpfen Obermotz mögen und Mads Mikkelsen inkl. Hunde-Shirt und Body Slam sowieso, wenn die große Liebe Blut, Mucke und Zeitlupen en masse ausschüttet.

„Good Burger – Die total verrückte Burger Bude“ - Der Spruch „Am liebsten würde ich dir jetzt einen vor die Rübe plätten“, der „Weintrauben-Junge“, der in der Einleitung erwähnte Hundemoment sowie eine junge Linda Cardellini werden auf ewig in Erinnerung bleiben, doch ansonsten ist die Nickelodeon-Karambolage an 90er-Jahre-ismen so derb und gleichsam platt auf Überspitzungen und Honkhumor aus, dass man abwechselnd in Fremdscham ausbricht oder im nächsten Moment mit Lachkrämpfen reagiert.

„Split“ - M. Night Shyamalan wird das Lob für diesen Film wohl hauptsächlich seines Marvel-Moments zum Schluss hin wegen hinterher geworfen, tatsächlich beweist sein Abschälen multipler Persönlichkeiten und versteckter/aufbrechender Traumata eine Subtilität, die sich allerdings auch mit Oberflächlichkeiten und redundanten Strecken des Erklärens zufrieden gibt, während James McAvoy so sehr auf sein Spiel aufmerksam macht, dass jede konzentrierte Spannung zum Abwarten verdammt wird.

„Joy – Alles außer gewöhnlich“ - Diesem schlaffen Schnellschuss von David O. Russell fällt beachtlich wenig ein, wie er die individuellen Hürden der Miracle-Mop-Erfinderin Joy Mangano chronologisiert, so dass man sich mit einem gehetzten Oldie-Ranzteppich à la „Suicide Squad“ auf der Tonspur sowie einer inszenatorischen Gleichförmigkeit herumschlagen muss, die sich zudem noch selbst trivialisiert, wenn O. Russell sein Narrativ mit dem einer Daily Soap parallelisiert, das schönste (weil innig familiärste) Bild zumindest Virginia Madsen und ihren Enkelkindern in kollektiver Bettlägerigkeit überlassen wird.

„Witching and Bitching“ - Wer hofft, dass der Hang zur Misogynie im spanischen Kino seit den 70ern allmählich abgestorben sei, wird anno 2013 enorm enttäuscht sein, wenn Álex de la Iglesia in pubertärer Angst und Teal-and-Orange-Brei-Optik die Hexen loslässt, schluffige Scheidungskerle als wahre Männer wiederaufbaut, eigenständige Mordsweiber zähmt und mit klamaukiger Auf-Verdacht-Kult-Horrorcomedy umzäunt, die sich ihren altbackenen No-Homo-Ulk natürlich auch nicht verkneifen will, obgleich die größten Stärken in Urangst-Bildern und Gross-Out-Überzeichnungnen verbleiben.

So, jetzt geht's weiter im Text:




Warum nicht einfach mal eine Karriere als Tänzer anstrengen? Ein kräftiges Bündel an Filmen beweist seit jeher, dass da eine spannende Reise ansteht, an der sich jede Persönlichkeit ins pure Glück hinein hotten kann – selbst „La La Land“ hatte eine klägliche Retromanie dazu emuliert, aber nirgends wurde der Gedanke so oft reiteriert, wie im Eskapismus der 80er Jahre, als die Flucht vor Reagan, Wettrüsten und Nuklearparanoia einen Dance-Trend-Movie nach dem anderen an die Spitze brachte. In diesem Fahrwasser zwischen „Flashdance“ und „Breakin'“ kam dann noch dem Zeitgeist entsprechend Aerobic ins Spiel und schwuppdiwupp hatte man bei MGM die „Himmelskörper“ auf der Matte, deren Unschuld im Vergleich zu anderen Genre-Kollege auffallend aus der Reihe tanzt, wenn sich ausgerechnet „Playboy Enterprises“ als Produktionsfirma ankündigen und Adrian Lyne scheinbar überbieten wollen. Der nur für dieses eine Projekt eingesprungene Regisseur/Ko-Autor Lawrence Dane lässt in seiner Handhabung dann auch keinerlei Zweifel über, mit welchen Impulsen hier knapp 85 Minuten an Laufzeit zusammengebastelt wurden - umso verrückter erlebt man als Zuschauer die Offenbarung eines Minimums an Handlung, das sich derart surreal und megasexualisiert durch einen Wettbewerb der Danceploitation schlingert, dass es von Aliens oder zumindest von ziemlich plumpen Herren der Libido erdacht sein müsste. Will man es ihnen verübeln? Nun, das reine Erzählen per audiovisueller Power wird selten so freimütig angewandt wie in jener Aufstiegsgeschichte des vom Sekretärinnenmoloch ausgestiegenen Tanztalents Samantha Blair (Cynthia Dale, in ihrer Schönheit ebenso nicht von dieser Welt), deren Charakter hier von Anfang an durch aneinandergereihte Musikvideos definiert wird, als wäre man sofort schon dort angelangt, wo andere Filme ihre erste Hälfte abgearbeitet hätten - dagegen sind selbst die Streetdance-Filme entschleunigter.


Fortan sehen wir, wie sich Sams Lagerhallenstudio „Heavenly Bodies“ mit Kundschaft füllt und mehr oder weniger dufte Choreographieren zu einem begrenzten Kontingent an verdächtig nach „She's a Maniac“ klingendem Pop durchzieht, was im Ganzkörper-Stringtanga inklusive Schweißbandensemble so verschwitzt montiert ist, dass sich zwischendurch auch ein bisschen Story reinschmuggeln kann. Allerdings eher in Form eines gereimten Gorillagrams, dessen Spontanität sich parallel zur Schwärmerei des Quarterbacks Steve (Richard Rebiere) in den Dauerzustand des Tanzens einmischt, während Samanthas Bezug zum Sohnemann zuhause beinahe ausschließlich in dessen Frage, was denn Orgien seien, repräsentiert wird. Solche und ähnliche Charaktermomente wirken wie Fragmente ehemaliger Szenen sowie beim eigentlich auf Industriestandard gebürsteten Production Value neben der Spur inszeniert - genauso die irgendwann durchsickernde Motivation, dass Frau Blair für ein Vortanzen übt, das ihr eine eigene TV-Sendung bescheren könnte. Dem entgegen stehen sofort der manipulative Playboy vom Sender Jack Pearson (Walter George Alton) und dessen Bettmieze Debbie (Laura Henry), wobei ersterer nichts dagegen hätte, sie in seine Wohnung (= ein einziger roter Vorhang) einzuladen, während die Konkurrentin schon den Boss ihres Bodybuilder-Schuppens auf die Besitzansprüche der Himmelskörper ansetzt. Während all das zwischen den Zeilen vonstatten geht, jumpt Samantha vor Glück durch ihre Fernsehkulissen und macht sogar einiges an Dopplungszauber (Lohan lässt grüßen) klar – unterdessen steht die Kamera in manchen Dialogen zufällig direkt hinter Arschbacken, zoomt bedächtig auf Hüftbereiche oder packt sich gleich zum Sex in die Federn, wo ein Pearson (mit Debbie unter ihm) auch mal tief in die Glotze schaut, um sich in den Spandex-Spagat von Samantha hineinzudenken.


Diese toll zwiespältigen Ideen der Lust kreuzen sich ohnehin mit einer zwischenmenschlichen Inszenierung voller ungemütlicher Pausen, gehetzter Eskalationen und absurder Eigenarten, die Steve auf Anhieb Pirogen kochen lassen, ihn auf eine Entscheidung zum Restaurant in Chicago hinleiten (das gibt Trouble im Paradies, wieder à la „La La Land“) und Samantha auf die Knalleridee bringen, einen Wettbewerb zum Überleben ihres Tanzstudios zu veranstalten, bei dem sich zwei Teams für mehrere Stunden am Stück gegenüber stehen und solange nacheinander halbtot umfallen, bis ein Sieger gekürt werden kann. Bitte was? Falls man da nicht hinterher kommt, gibt ein Kommentator vor Ort nochmal alle wichtigen Handlungsmomente wieder, legt aber auch offensichtlich falsche Tatsachen vor oder solche, von denen er keine Ahnung haben kann. Wie z.B., dass Samantha durch Jack eine Verletzung am Bein erfahren hat, von der sie sich mitten drin laut Ansage angeblich „erholt“ und dennoch ins Finale humpelt, während Steve auf Anhieb faustdicken Streit mit Pearson sucht, Schiedsrichter wie in einer Komödie dazwischen springen und ansonsten keinerlei konstante Regel nachverfolgen. Tanzen, Tanzen, Tanzen ist hingegen das einzige, was zählt und das Mantra für haushohe Verstrahlung in einem Film, dessen irrationale Eindrücke man als absichtliche Pointen verstehen will, obwohl die Absichten billigster Erotik so transparent durchscheinen, als sei „Caligula“ höchstpersönlich in der Chorus Line vorgefahren, nur noch besengter mit dem Schnitt seiner Figurenverhältnisse umgegangen. Es ist unfassbar, mit welcher Unmenge an Montagen hier das Prinzip eines Films untergejubelt wird, dessen Realitätsverständnis rein aus Topoi und Chauvinismen ein Märchen der Bewältigung kreiert, das schlicht nicht aufhören kann (und das kann man nicht oft genug erläutern), sich in hautenger Pose zu rhythmisieren. Allein mit der Konsequenz und Drauf-Geschissen-Attitüde gegenüber filmischem Konsens fiebert man durch ein einzigartiges Vergnügen, das als Musterbeispiel für das Wort plakativ weit mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, so aber schon irrwitzig vor sich her lebt.




So, nun haben wir wiederum erneut einen Regisseur am Start, der seinerzeit nur für einen Spielfilm eingesetzt wurde (Frau Freeman von „Streetwalkin'“ machte immerhin zwei). Es geht um Douglas Cheek, der mit dem niedrigbudgierten NYC-Horror „C.H.U.D. - Panik in Manhattan“ auf jene Urängste hinarbeitet, was wir aus der Kanalisation (vom Kontext her in Verbindung mit radioaktiven Bedrohungen) zu befürchten glauben und gleichsam via Genre-Signalen das Gefühl der Ausgeschlossenheit verdichtet, das er im Zustand der Obdachlosigkeit ansiedelt. Die Monstren dazu strecken zum Einstieg bereits ihre Klauen hervor, packen nachts vom Gulli-Deckel aus ihre Opfer an, wirken aber beinahe wie zahme Turtles, wenn am Morgen danach die Trucks der Stadtreinigung vorfahren und im Licht das ganze Elend in Ecken wie Ruinen urbaner Verarmung kauert; so still von Kamera und Schnitt eingefangen, dass allein der Vorspann schon bitter zupackt, ehe Reporter George Cooper (John Heard) in jener Szene helfend weiter pflichtbewusste Nachforschungen betreibt und auf diese aufmerksam zu machen versucht. Die Presse hat zu der Zeit allerdings einen denkbar schlechten Stand, wenn die Stadtverwaltung die sogar uns schon bekannten Viecher verheimlicht, dem Status Quo wegen um jedes Durchsickern fürchtet und sich über alle Systematiken der Aufklärung legt, dass auch die Polizei unter Captain Bosch (Christopher Curry) bei den Nachforschungen mit halber Backe arbeitet und Hinweise als Hirngespinste absengt. Die Anzeichen berechtigter Paranoia verhärten sich jedoch mit kontinuierlicher Menge, auf dass der Film selbst im äußerst gemäßigten Tempo in einen Zeitgeist einsteigt, der nicht bloß von der verschrobenen Musik des OMD-Mitglieds David A. Hughes her eine Atmosphäre verdeckten Leidens aufbrodeln lässt. Anhand des Gemeindehelfers A.J. Shepherd (Daniel Stern) wird einem also der Einstieg in die verkümmerten Korridore der Unterschichten gewährt, mit jedem weiteren Eingang gen Untergrund an Beklemmung wachsend, dass es natürlich umso grausiger nachwirkt, wenn administrative Handlanger mit einfachen Schlössern jedes Wiederauftauchen Unschuldiger von Vornherein verhindern. „C.H.U.D.“ macht einen zum Klaustrophobiker, wendet dafür natürlich auch individuelle Schicksale an, die an diesem Bodensatz des Lebens eingehen und entsprechend eher nüchtern an Dialog wie Narrativ aufbereitet werden, wenn das Schlimmste eh noch bevorsteht, sich permanent ankündigt.


Die für George bekannten Gesichter unter der Erdoberfläche sind von Dreck und Ruß verschleiert, stumm in Fetzen eingedeckt und in der Gefahr der unbekannten Viecher auch unbehandelbaren Verstümmelungen erlegen, wie man sich jenen Bilder auch aus Hiroshima und Vietnam bis hin zum Ausbruch von AIDS bewusst war, was sich dieser Film nicht mal explizit auf die Agenda schreiben muss, um mit krasser Nähe zu konfrontieren. Die allgemeine Furcht vor der inneren wie äußeren Zersetzung, das Himmelfahrtskommando an Verlustängsten, wiegt dann auch bei Bosch, dessen Frau erst seit kurzem vermisst wird, er das als Captain jedoch erst spät zur Anzeige bringt, nachdem die kollektive Geheimhaltung ihren Siedepunkt zu erreichen droht, Beweise nicht mehr nur wie Zufälle erscheinen, sondern auch in den Gesichtern geschrieben stehen – ein kleines Mädchen ist da als Zeuge eigentlich schon Argument genug, obgleich sich die Menschheit ja auch bis heute nicht wesentlich von solchem überzeugen lässt. Etwas manipulativer, aber auch alles andere als melodramatisch vom Film umklammert, wiegt die Schwangerschaft von Georges Freundin Lauren (Kim Greist), die von der deutschen Fassung kurioserweise komplett ausgeklammert wurde (wie auch der Überraschungsauftritt eines gewissen Top-Typen), aber mitunter am nächsten auf Tuchfühlung mit dem Grauen kommt (inklusive geschicktem Ultrahorror mit Blick zum Duschabfluß). Wie dieses letztendlich aussieht, ist regelrechtes Albtraumfutter aus Venen, Glut und Schleim – so aber auch die Herren am obersten Hebel mit ihren blassen Tränensäcken, derer aus dem Expressionismus entlehnter Müdigkeit der blanke Schmerz der Armen umso belastender ins Auge fällt, weshalb die Korruption zu erneuter Nacht selbst bei den kleinsten Löchern Hand anlegt, diese mit Gas ausmerzen will. Apropos Expressionismus: Das extrem kontrastreiche Filmkorn, diese Sets und brutalen Ausstattungen voller Staub, Schimmel und Leichenteilen sind der Wahnsinn ungemütlichster Immersion, natürlich auch in ihren vielen Schatten wie einsamen Lichtern eine Pest, durch die man hier zudem mit den Charakteren krabbeln muss, dass man sich danach zehn Tetanusspritzen auf einmal daher wünscht. Bei der rohen Zunft bleibt man eben nicht unberührt, man schnappt zeitweise sogar energisch nach Luft und hofft selbst in den schlichten Alltagsszenarien zwischendurch, dem eingangs angesetzten Griff der Gewalt irgendwann zu entkommen, was ein auf vielerlei Ebenen subversiv verstärkter Film wie jener von Douglas Cheek nur auf den letzten Drücker zu beantworten versucht, aber durchweg dringlich ins Gewissen ruft.




Ich kenne sonst nichts von Tod Williams, aber bei der Sichtung seines neuesten „Puls“ könnte man meinen, dass da jemand höchstens ins Fach reingerutscht ist, eine Stephen-King-Verfilmung mit John Cusack und Samuel L. Jackson zu führen. Beinahe jeder inszenatorischen Entscheidung begegnet man mit solch einer Irritation, die normalerweise für Untiefen des B-Movies aufgehoben wird, dementsprechend vage lässt sich der Weg der gesamten Produktion zurückverfolgen, wer denn nun drei Jahre nach Drehschluss für jene Fertigstellung zuständig war, die bemerkenswert unfertige Spezialeffekte sowie das mehr oder weniger freiwillige Stimmungsbild an Genre-Dissonanzen ins Kino/Heimkino beorderte. Nun haben wir jedenfalls die technophobe US-Apokalypse vor uns und die große Sause der Unbeholfenheit eingeladen, bei der sich der Aberwitz an ineffizientem Spannungsaufbau zum Pointenmeister schlechthin entwickelt, teilweise bewusst (?) hypersplattrig gegen Bäume knallt und amüsiert. Selten wird man sich so oft in die Rolle des Regisseurs versetzen wollen, um zu überlegen, aus welcher Perspektive da etwas Schauriges geschöpft werden sollte, wenn die chargierenden Tobsuchtsanfälle und Visagen der Smombies weniger an irgendwelchen Urängsten rütteln, als am Zwerchfell dramaturgischer Signale, die Cusacks Graphic-Novel-Scheidungsdad Clay Riddell aus dem Minimum an Charakterisierung inmitten des drübberen Todesrausch werfen, der Lloyd Kaufman als Maskottchen führt. Bloß nicht vergessen, sofort die (so Direct-to-DVD-typische) Mütze aufzusetzen, ist da seine erste Devise zum Überleben, mit der er sich vor einem Kanon an Eskalationen rettet, in durchweg beengter Optik Richtung Tom McCourt (Jackson) flüchtet, mit dem er von der U-Bahn aus weiter in alle Stationen des Dystopien-Survivalmodus zieht, wie aus der Hüfte geschossen zig konstant schlüssige Theorien austauscht. Das passiert so selbstverständlich, wie die Motivationen ohnehin durchweg zwischen den Zeilen stecken bleiben, Gefühle eher passiv ansprechbar sind und Spannungsmomente sowieso, wenn sich ein Anhängsel wie DJ Liquid miteinkackt. Über weitere Zwischenstopps gesellt sich aber noch Nachbarin Alice (Isabelle Fuhrman) dazu und ist ebenso fassungslos über die Methoden der Menschenmonster-Kommunikation, die sich per hanebüchenem Handy-Terror entdynamisiert und binnen karger Kulissen zudem noch bleierner schäumt. 


Das kommt so wundersam verstrahlt, dass es nach endlosen Wanderschaften sowie Totalen durchs Herbstlaub erst recht begeistert, wenn Cusack und Jackson das Trololo-Meme anschalten, CGI-Benzin über schlafende Phoner verteilen und diese gleichsam still überfahren, als könne man keinen absurderen Witz konstruieren, obgleich im Nachhinein dennoch Verlustschmerzen à la „28 Days Later“ behauptet werden. Da liegt der Film so schön daneben, wie er auch in der kurz darauffolgenden Barszene einfach so hardcore gelackte Rentner zur Endzeit-Verkumpelung einlegt, zum Saufen, Tanzen und Bewundern ausgestopfter Tierschädel ansetzt, wenn Clay daran festhält, seinen Sohn wiederzusehen, gleichsam Alpträume durchlebt, in denen einer seiner Comic-Kreationen Terror pur verbreitet. Und wie der Zufall so will, träumen alle anderen auch vom Freddy-Krueger-Äquivalent, der im paranoiden Jargon der Überlebenskünstler bald als Präsident des Internets gehandelt wird. Was für ein Vergnügen, wie sich die Fronten des Films durchweg selbst an Plattitüden zu unterbieten versuchen und ihn zwangsläufig charmanter erscheinen lassen, so wie ihm der Ernst auf der Stirn eingeritzt bleibt, klobige Jumpscares im audiovisuellen Fegefeuer grölen und zum Finale hin ein ungelenker Knalleffekt nach dem anderen grandios im Wirbelwind der Funkmast-Tristesse verflacht. Trotzdem lebt „Puls“ nicht bloß anhand der Schadenfreude auf, schließlich sind seine Eigenarten innerhalb jener irrationalen Regie ein Segen, der sich so konfus wie ein Traum entfaltet, gerade da trotz käsiger Moral menschlich ankommt und zwischenzeitlich Bilder der Verletzlichkeit beherbergt, die höchstens von der gehetzten Laufzeit, nicht aber von den Kleinigkeiten des Ensembles gehemmt werden. Cusacks verhalten neurotische, aber seltsam unbestrittene Kompetenz hält da selbst mickrige Stern- und Schneeeffekte durch, Jacksons Veteranen-No-Nonsens haut sich teilweise spontan selbst in die Pfanne und ein Arsenal an Geschichten der Zwischenmenschlichkeit lässt sich zudem an Frau Fuhrman erahnen, bis allesamt voller Zweifel um den Wasserfall herum wandern, vor dem sie zuvor noch fiese Verfolger abknallten und sich unter Kanus versteckten. Nicht zu wissen, was man macht und es gleichzeitig doch wissen – das steckt von vorne bis hinten im Film drin und plustert sich so aufgeregt in seinen Schwächen auf, dass es so oder so durchweg fesselt und die Grenzen unfreiwilligen Humors verschwimmen, ganz gleich, wie Stephen Kings Stoff nun gegen die Wand gefahren wurde oder eben noch in kauzigen Details verzaubert. Mütze ab!

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