Bele Serlie,
in der heutigen Ausgabe kommen im
Grunde Filme zur Besprechung, die alle am selben Tag gesichtet
wurden - sogar schon Ende letzte Woche herum - und seitdem trotzdem in
starker Erinnerung geblieben sind. Demnach war die Woche zwischendurch also eher auf
andere Themengebiete ausgelagert? Tatsächlich. Meine Mutter war
wieder mal zu Besuch und wenn es nicht in den Waschsalon, an den
Milchkaffee und ans Essen ging, war auch mal ein Bummel durch die
Straßen Hamburgs angesagt, der schließlich in die frischen Tapeten
der Elbphilharmonie führte. Zunächst sei mal gesagt, dass es schon
einer Treppe zum Himmel gleicht, wie lange man mit vielerlei
Schaulustigen den ersten Gang zur 1. Etage vollbringt - in
solch einem engen Tunnel, dass man klaustrophobisch werden muss.
Oben angekommen, gibt der Rundgang ums Außengeländer aber einen
tollen Ausblick auf Stadt und Hafen frei, dass man sich beinahe sogar
die 5 € für 0,2 l Cola an der Bar danach leisten würde.
Stattdessen ging das meiste Geld einen Tag später für den Besuch
des „Aladdin“-Musicals an der Neuen Flora von dannen, was
sich durchaus bezahlt machte, wenn man mal davon absieht, dass der
Kern der Geschichte wie simplistisches Beiwerk wirkt, welches man den
Hyper-Revuen des Genies aus der Wunderlampe (Enrico De Pieri)
unterjubeln musste. Die ergaben ungefähr zur Mitte hin schon den
Klimax an klassischer Musical-Extravaganz, wie man es meistens eher
vom Hörensagen oder aus dem Kino kennt, dementsprechend konnte ich
mir dauernd vorstellen, wie Kamera und Schnitt zur jeweiligen
Performance ablaufen würden. Mitten drin bleibt's natürlich ein audiovisueller Schmaus und auf der
Tearjerking-Skala dann am höchsten, wenn Aladdin (Richard-Salvador
Wolff) in den Himmel blickt und hofft, seine Mutter stolz machen zu können.
Mutti neben mir hatte mich nach der Nummer sofort befragt, ob ich
mich darauf projiziert hätte. Japp. Spätestens ab der zweiten
Hälfte ging da allerdings ein Stück weit die Luft aus, selbst wenn
Jasmin (Myrthes Monteiro) als kecke Superfrau mit auf den Teppich kam
– lag wohl auch daran, dass sie und Aladdin als Protagonisten
wieder jeweils die Musical-Regel von drei Freunden pro
Identifikationsfigur einhielten, diese mal die Laufzeit der Vorlage
streckten, dann wieder überhasteten und mit kontemporären Jokes
ausstatteten, welche mal mehr, mal weniger als Lacher hinhauten. Wär
natürlich gelacht, wenn es nicht trotzdem ein Spektakel unter
Abenden gewesen wäre und das Publikum spendierte äquivalent dazu
Applaus, obwohl es mich im Nachhinein jetzt noch mehr reizt, die
Bühnenfassung von „Mary
Poppins“ zu erleben, was derzeitig aber nur außerhalb möglich ist.
Apropos außerhalb, die Russen kommen, wie die Wochen-Statistik zum
Publikum des Blogs zeigt:
Ob wer schon gehackt hat oder ob manche
Leser aus Moskau und Co. einfach verstärkt nach ihren
Lieblingsfilmen klicken, lässt sich noch nicht so einfach
herausfinden. Ich hatte zuvor schon Anfragen von Landsmännern aus
der Region erhalten, wie ich auf manche Großwerke (insbesondere
solche von Putin-Freund Nikita Michalkov) gekommen wäre, teilweise auch, ob ich diese
bereitstellen könnte, während man mir vorschwärmte, wie ich dem Mainstream im Schreibstil
ohnehin überlegen sei – ich weiß ja nich. Wenn ich Verknüpfungen
zur ehemaligen Sowjetunion aufbauen sollte, sag ich Bescheid, bis
dahin hat ein gewisser Mr. T Derartiges innerhalb dieser Woche ja
wieder vehement abgestritten und im Rausch eigener Lügen als Fake News abgestempelt,
während die Pressefreiheit ringsum erneut vermehrt ins Aus verbannt wurde. In
der Türkei sperrt man Deniz Yücel des Terrorverdachts wegen ein, auf der Autokratie-Werbetour
Yildirims sperrt man taz-Journalisten von Vornherein aus und wenn das nicht schon genug wäre,
überschlägt sich die Fangemeinde PewDiePies
auf Youtube mit der Missgunst zu etablierten Medien, weil die
Normalisierung rassistischer Hetze/Todesdrohung als Meme unter
unreflektierten 12-Jährigen so viel wichtiger sei als unabhängige
Berichterstattung. Aus der Sicht war's wirklich eine schlimme Woche,
selbst für Filmblogger-XY und sowieso, wenn sich die Zukunft
immer weiter in diese Muster an Räudigkeiten steigert. Nun denn, solange das jedoch
noch nicht der Fall ist, stapfen wir heute erneut in die Fußspuren
bester Filmabende, denn dank der Programmierung von Siegfried Bendix
kamen letzten Samstag ganze 7 Filme zusammen, von denen ich 6 nun in
dickster Textform verarbeitet, mit Querverweisen, hoffentlich
gelungenem Humor und thematischen Parallelen ausgestattet habe! Wie
viele Witwen und Waisen, Verlorene und Außenseiter da zugegen sind, ebenso Rivalitäten gleicher
Talente, dazu auch dieses Arsenal an Täuschungen und
Vertraulichkeiten, von denen sowohl Ben Affleck als auch ein Auto
profitieren. Unsere beliebten Filmmerkmale Hunde, Tanz, Bodyhorror
und Laura Gemser sind gleichsam wieder zur Stelle, worauf warten wir
also noch?
Vielleicht ist es in manchen Kreisen
noch ein offenes Geheimnis, aber den Lesern dieses Blogs zuliebe gibt
es mal eine klare Ansage: Ja, wir machen uns auch Schritt für Schritt
mit der „Step Up“-Reihe vertraut – und sind bereits bei
Teil Zwei, „Step Up to the Streets“, angekommen. Checkt es
ab, Freunde, dieser Film ist ausgerechnet Jon M. Chus Regiedebüt,
vielleicht nicht ganz so herzlich durchgeknallt wie seine „Jem
and the Holograms“, aber zumindest schon gen Finale mit dem
Regen am Tänzeln, wie es selbst seine „Unfassbaren
2“ nur ansatzweise so dynamisch hinbekamen. Bis dahin macht er
sich allerdings mit einem Konsens an Tanzfilmdramaturgie vertraut,
wie man diesen schon im Vornherein an seinen Topoi abzählen kann.
Kein Grund zur Langeweile, aber so wie sich Protagonistin und Vollwaise
Andie (Briana Evigan) von der Straße auf in die Maryland Schule
der schönen Künste binnen Baltimore stürzt, ihre alte
Dancecrew 401 vernachlässigt und zwangsläufig eine neue
hinter Schulmauern wie -regeln gründet, um ein Duell/Klimax der
Selbstbewährung zu evozieren, sucht man die Überraschungen eben im
Honkfaktor zwischen den Zeilen. Da wären zum einen die platten
Etablierungsphrasen von Stiefmama Sarah (Sonja Sohn) zur Stelle,
welche zumindest den Patchwork-Family-Faktor von „Jem“
vorwegnehmen, gleichsam deren Trauma zu fehlenden Elternteilen (Andie
kommt stets auf die austauschbaren Weisheiten ihrer Mom - „Sei
du selbst“ und Co. - zurück) sowie den Drang, in schweren
Zeiten zusammenzuhalten. Weil Andie jedoch null klar kommt, mit voll
akrobatischen Pranks ihrer Crew den Alltagsmuff aufmischt und
miese Noten einfährt, soll sie zur Tante nach Texas verschifft
werden.
Aber oho oho, hier kommt Tyler
(Channing Tatum) aus Teil Eins zum Cameo vorbei und lässt sie nach
einem Battle unter DJ-Sand-Ansagen und Trampolinjumps raffen,
dass sie ihren Horizont erweitern soll, wie es ihm eben letztes Mal
ergangen ist: Auf der oben erwähnten MSA! Welche Rollentypen
da wohl hausieren? Ok, nur für den Überblick: 1) Direktor Blake
Collins (Will Kemp), der aus dem Kasten eine Elitebastion basteln
will und daher wenig Gegenliebe für Andies urbanen Style aufbietet;
2) Dessen rebellischer Bruder Chase (Robert Hoffman), der sie beim
Vortanzen in letzter Instanz durchboxt und mit der Laufzeit ihr neuer
Beau wird; 3) Perfektionistin Sophie (Cassie Ventura), die Chase für
sich gewinnen will; 4) Obernerd Moose (Adam G. Sevani), der den
Apparat in- und auswendig kennt, trotz totaler Trottelmanier Talent
zum Tanzen besitzt; 5) Ebenso versteckte Außenseiter mit markigen
Spitznamen wie Smiles, Monster, Fly, Hair oder Cable. Soweit ist am
Standard alles gesichert, das Konfliktpotenzial ohnehin im Flow
der Erwartungen eingepegelt: Andies Ehemaliger, Tuck (Black Thomas),
hat schnell die Faxen dicke von ihren Bildungsambitionen und legt
sich mehrmals mit Chase an, was aber auch zur stärksten Szene des
Films führt. In der Bude der 401 riecht es Tuck auf einmal zu
sehr nach „Zwiebeln, Broccoli und Eierschweiß“, was manch
einer für den Kaffee hält, aber nix da, die Prankster der
Rivalentruppe waren zuhause und haben einen Fisch unter den
Flurbalken versteckt! Ganz schön reingelegt! Mit ähnlich kindlicher
Ader wird ohnehin in die multikulturelle Beschaffenheit unserer
Sympathieträger hineingeschaut, also u.a. ab ins Barbecue, wo mehr
Salsa getanzt als gegessen wird, ehe es Andie und Chase zum
gemeinsamen Schmachten auf den Disney-Baumast verschlägt – die
Motivationssprüche voller Sentiment wären auf jedem Tumblr
der Hit.
Love is in the air, doch mit der 401
am Rande faschistoider Slackernasen sollte man es sich eben nicht
verscherzen, weshalb Randale und Angriffe auf offener Street wie im
Klassenzimmer geschehen – wer nicht von der Straße kommt,
gehört da nicht hin, lautet hier das Äquivalent zu
Rassismus/Ausgrenzung/Intoleranz, doch lassen sich die Stellvertreter
des bunten Amerikas das gefallen? Nö - die Hoffnung heißt Andie,
jeder verdient eine zweite Chance, bis die Altklugen auch mal von den
verstaubten Regeln Abschied nehmen und sich was vom (spekulativen)
hippen Lingo der neuen Generation abholen. Und sowieso: Noch mehr luv
am Start, wer hätt's gedacht? Im Vergleich zum ersten Teil muss
immerhin niemand sterben, um den Spannungsbogen nach Schema T wie
Tanz abzuklären, was durchaus noch weniger zum Klammern an jedwede
Emotionen taugt, doch an sauberem Kurzweil mangelt es genauso wenig
wie an Choreographien vom anderen Stern, bei denen die Gegner-Crew
wie immer die aufregenden Moves drauf haben, die Gewinner der Herzen
dafür ein Gimmick, das sexy krumpt und ohnehin auf
Underdog-Brettern erbaut ist, die bei jeder Verzweiflung eine
prägnante Erklärung nach der anderen durcheinander quatschen. Alter, sogar Flo Ridas Low knallt sich mehrmals in die Gehörgänge (ein weiterer Vorteil gegenüber Teil Eins und seinem RnB-Überschuss). Das
fetzt weg wie man's auch zig-mal via StreetDance erleben kann,
aber was wäre die Welt nur für ein Step Down ohne solch
garantierte Hyperlaune in den Beinen, bei denen die Naivität zur
unbedingten Freundschaft sowie von allen Konventionen befreiten
Tanzkünsten noch das höchste Gut innerhalb einer Spielfilmlänge
ergeben kann?
Wie hoch stehen die Chancen, dass man
sich eine gute Runde 90er-Jahre-Abenteuer ins Haus holt, wenn der
junge Brad Pitt ein Teen-Sportler-Drama anführt, welches zwei Brüder
aus der Unterschicht à la „Warrior“ zu Konkurrenten
macht, so halbärschig wie nur möglich die latente Homosexualität
darin versteckt und die Laufzeit mit derart Mengen an Räudigkeit
binnen Los Angeles füllt, dass Pitt - späterer Produzent von „12
Years a Slave“ und „Moonlight“ - seinen Erstschlag
gegen die White Power ausführen darf? In letzterem Punkt muss
man natürlich etwas auf dem Teppich bleiben, da die Dimensionen
gewisser „Rollerboys“
nimmer erreicht werden, aber ansonsten ist (Achtung, neuer Name in
dieser Runde) Sandy Tungs Autorenfilm „Rivalen“ die
Antwort auf just gestellte Frage und jene, ob man solch
überchargierte Sozialmelodramatik inklusive Loaded-Weapon-Gitarren,
synthetischen Panflöten und perfekt eskalierenden Wortgefechten noch
als wahrhaftig empfinden kann. Mit Verlaub, der Zahn der Zeit ist
hier nur die geringste Hürde für eine intensive Glaubwürdigkeit,
dennoch zieht sich der Film einen Geschenkkorb an Energie an seine
Brust, der sich von der ersten Sekunde an auf die Problemkinder des
Zeitgeists einschießt, von Wechselwirkungen, Abhängigkeiten sowie
der Selbstzerstörung binnen der Ambitionen zur Zukunft erzählt.
Ausschlaggebend dafür ist Billy (Ricky Schroder), ein Kid aus dem
Trailer Park, das anhand seines Drogen vertickenden Kumpels Louie
(David Anthony Marshall, eine Art Kreuzung aus Seann William Scott
und Fabio) auf die schiefe Bahn gerät und nach einem Jahr
Jugendknast wieder Fuß fassen muss – nicht nur auf der High
School, sondern auch in der eigenen Familie. Wie bei „Step Up 2“
ist ein Erziehungsberechtigter wieder fehl am Platze, also
muss Mutter Rosemary (Carrie Snodgress) stets die Stimme der Vernunft
ausstrahlen, obgleich die Hälfte ihres Dialogs aus „Wenn euer
Vater jetzt hier wäre...“ besteht.
Der Hang zum Patriarchat zwingt sie
zudem offenbar in mehrere kuriose Outfits, die teilweise nach einer
Safari Ausschau zu halten scheinen (in diesem Film sind die Details am Rande, also auch bei Ausstattung, Schnitt und Klientel durchweg Hingucker), abseits dessen erleben wir das
Spektrum der Sorge, sprich die Wut ums Versagen in sozialen Mustern,
hauptsächlich aus den Augen des Bruders Joe (Pitt, nicht als Joe
Black), welcher an seiner High School Spitzenleistungen im Sprinten
absolviert, damit nach Stanford gehen will. Solche Impulse machen
sich immer wieder für verlängerte Laufszenen warm, wie sie in der
Menge musikalischer Motivation am ehesten mit „Rad“
mithalten können, im Vergleich aber weit weniger Zeit mit Mädchen
verbringen wollen. Das Thema kommt im Verlauf immer wieder sporadisch
zur Sprache, doch selbst ein Pitt mimt hier noch keinen
Schürzenjäger, kommt bis ins Finale höchstens auf eine Einladung
zum Date, während Billy im Off immerhin mal eine Heroinbraut vernaschen darf.
Wer ist denn da jetzt der ganze Stolz bzw. der designierte Versager der Maloneys (so der
Familienname übrigens)? Tja, der Status verschiebt sich kontinuierlich im
Laufe der Resozialisierung Billys, der zwar immer mal wieder mit
Louie auf Spritztour geht, nach einigen Schüben ins Aufraffen jedoch
die Talente seines Bruders in sich selbst findet und sogar übertrifft.
„Chariots of Fire“ hängt als Plakat schon im gemeinsamen
Kinderzimmer, doch mit einer Freude zum über alle Erwartungen hinaus reichenden Gleichgewicht (Billy schwört sogar den Drogen ab,
sobald er jene für Louie verkaufen soll) macht sich Joe wohl kaum
Luft, wenn er sich von seinem jüngeren Ebenbild überrumpelt fühlt,
bis er schließlich sich und seine Körperkünste vernachlässigt. Was der Film
allerdings kaum vernachlässigt, ist die konstante Spannung von
aufgedrehter Adoleszenz, die sich an die eigenen Limits pusht wie
auch an jene subtiler Milieuzeichnung, so reißerisch sich Zufälle,
Sensationen des Erfolgsdrangs und allen voran Versuchungen an das Duo heranmachen.
Im Gegenzug fliegen die Deklarationen
zum immerzu anstehenden Schaffen permanent um die eigene Achse und versprechen
ihrer Mom den vollsten Stolz, obwohl diese ihrer Meinung nach mal mit der Vergötterung des
verstorbenen Gatten aufhören sollte, keiner der
Söhne hingegen aufhören kann, Adjektive des Jugendslangs abzupfeffern, als
läsen sie Witte's wöchentliche Tipps. Ferner battlen sie sich in
Beschuldigungen und verhaltenen Krämpfen des Selbstmitleids, doch
diese Kids kommen binnen jener mit der „Perfect
High“ verwandten Moralisierung trotzdem auf gemeinsame Nenner
wie „Keine Macht den Drogen“, bei denen Schulraudis erst
recht dumm aus der Wäsche gucken – wenn sie mal nicht die
Egoperspektive Billys in den Asphalt bugsieren. An inszenatorischen
Einfällen wie jenen schenkt der Film zwar nur wenig ein, stattdessen
weiß man aber – egal, ob jetzt wieder ein Auto vorgefahren kommt,
Billy und Joe ein einziges Mal von den Beinen der Frauen sprechen
(ein Tête-à-Tête fängt da mit dem Knie an) oder sich in der
Einfahrt zanken, wer wen jetzt aus Mitleid hat gewinnen
lassen: Irgendwas passiert immer und es wird krachen, ob nun im
Clinch mit Autoritäten (zuhauf fette Weißbrotbosse), mit der Einhaltung der Trainingseinheiten,
mit fehlenden Betten und Albträumen vom Knast (Billy schläft
ausschließlich mit Nunchakus am Mann), mit dem Schweiß auf freien
Oberkörpern, mit Joints und Dealern, mit dem NES-Spiel „Knock-Out!“,
mit der Bewältigung der Vergangenheit, letztendlich auch mit der
Verrohung der urbanen Gesellschaft. Ginge natürlich auch weit
weniger spekulativ oder vielleicht sogar auf die konsequenteren Pfade einer
„American History X“ zu, doch ehe man sich versieht,
landet die Saga von Siegern, die dem Druck nicht standhalten, immer
siegen zu müssen, auf einer Zielgeraden ins neue Leben,
oftmals natürlich auch ins Zwerchfell filmtauglicher
Dramaturgie, aber trotz mancher Redundanz irgendwie nie ins Aus
mangelnder Aufmerksamkeit vonseiten des Zuschauers.
So, jetzt geht's weiter im Text!
Lieber Gott, mach ihn krumm, dass ich
aus dem Ferat kumm! Das Chrom des Karrens jener Marke hat nämlich
diese eine Macke, welche Schluck um Schluck am Gaspedal entlang den
Lebenssaft jedes Rasers aus den Gliedern saugt. „Der Autovampir“
ist folglich der Titel zum Film zum Auto und da wird die
übernatürliche Funktion allerseits echter als echt wahrgenommen, auf deren Spurensuche
andere Genrevertreter normalerweise ab der
kollektiven Skepsis anfangen würden, der Zuschauer aber eben immer von
Vornherein um die Existenz des Monstrums, eben dem Grund aller Obsession ins Übernatürliche hinein weiß. Juraj Herz, der „Die
Schöne und das Ungeheuer“ schon zur Wirklichkeit musterte,
füttert jenes Selbstverständnis nun mit einer Steilvorlage an
Suggestionen und Vermutungen zum Blutsauger unter der Motorhaube,
dass sich die Charaktere erst recht jener Tatsache bewusst
werden. Kommt der Vorspann um die Ecke gefahren, sind die morbiden
Malereien wie beim eben verlinkten Märchen zur Stelle, aufs
Unterschwellige am Rennsport hinzuweisen: Die Gewalt der Maschinen,
der Sexappeal als Beifahrer, der Tod am flammenden Beton. Zu jenen
Risiken und Verlockungen ruft der Film sodann den Apotheker, genauer
gesagt die Ambulanz inklusive Dr. Marek (Jirí Menzel) und seiner
Assistenzärztin Mima (Dagmar Havlová) – so wie letztere noch an
ihrer ehemaligen Pole Position als Rennfahrerin hängt, gibt der Film
entsprechend Gas, den Alltag zu entrücken, sobald ein pechschwarzer
Schlitten wie von Geisterhand vorfährt und es anhand seiner provokanten
Manöver scheinbar auf sie abgesehen hat. Die Adresse, zu welcher
der Notruf gelotst wurde, existiert dann auch nicht, dafür nun eine
Fahrerin im verfolgenden Vehikel, Luisa Tomásová (Jana Brezková),
mit merkwürdiger Verletzung am Fuß. Kaum kurzfristig verarztet, liegt
dasselbe Auto in stabiler Unfallslage und Frau Tomásová im
Leichenwagen - ganz geheuer ist die Sache nicht, wie Marek diese
sodann noch an einem Gros an Abweisungen, Vertuschungsversuchen und
passiven Passanten ringsum feststellt.
Die Bestätigung dafür erhält
der Zuschauer bereits in einer Television-Manipulation der Firma
(Nos)Ferat(u), stilecht zwischen Rot, Schwarz und nackten Hauttönen
auf internationale Machenschaften eingeschworen, mit Madame Ferat
(Zdenka Procházková), Anzugträgern und Gespielinnen im Image
subversiven Horrors abgeklärt, dass man zu gern das Schlimmste vom
neuen Modell des „Interceptor“-Cousins
erwartet. Marek kann trotz lakonischer Statur und Hornbrille auch
nicht stillhalten, bangt um das Fieber Mimas zur Rückkehr in den
rasenden Ledersitz, macht sich zeitgleich auch auf die Suche nach der
Leiche Luisas und sieht sich stattdessen nur äußerst merkwürdigen
Zufällen des Fehlens eben jener ausgesetzt, bis ihm der kauzige Kollege Dr.
Kaplan (Jan Schmid, Urheber fast aller Jumpscares) jene Theorie
als bare Münze einredet, welche die Karosserie als
Hämoglobin-Vertilger vermutet. Schließlich - und sowieso ganz
nüchtern gesagt - sitzt er ja auch schon seit einigen Jahren an der
Beweisführung dran, billigeren Treibstoff gäbe es aktuell ohnehin
nicht auf dem Markt und wenn man erst mal die Vorführung von alten
Vampirfilmen hinter sich hat (tolle Aufnahmen, von denen man sich
einen ganzen Film wünscht), sollten keine Zweifel dazu mehr bestehen.
Regisseur Herz kommt zur nächtlichen Stunde erst recht ins Schwärmen gen Paranoia, blubbert mit der Tonspur an mysteriösen Gemäuern und
Gestalten vorbei, die sich am Ballungsgebiet der Geheimnisse
ergötzen/schleichen, ehe Marek Kraft seines Amtes in die Gruft
Luisas eindringt und atmosphärischen Grusel en masse
heraufbeschwört, doch dann....! Ja, wo kommen wir denn hin, wenn
wir dem US-Fanzine „Monster!“ ähnlich einfach jeden
Handlungswendepunkt abschreiben? Wichtig ist doch, dass die Perspektive
Mareks immer wieder mit Doppeldeutungen beruhigt werden soll, (Selbst-)Zweifel aber stets bleiben, die Realität auch von der narrativen
Trennung her unterwandern, bis sich der gute Doktor nicht nur in den
erotischen Reiz des Unbekannten verliert, sondern auch mit der Gefahr
des Kommerz auf Tuchfühlung geht, gar „Videodrome“ in
vielerlei Hinsicht vorwegnimmt.
Ferner noch wird er von Ferat
selbst angeheuert, eine Untersuchung zu deren Unternehmungen anzuleiten –
nach außen spielt die Firma ja so oder so was vor, doch zu welchem
Grad? Und was hat der Wendepunkt im Liebesleben aller Rennfahrerinnen,
Kriz (Petr Cepek), unter seinem Helm an Motiven gelagert? Legen allesamt
falsche Spuren, ist Gevatter Tod mit Absicht auf Rädern unterwegs?
Sind das Löcher im Hals oder schon ein neuer Auspuff? Vorhin meinte
ich ja noch, dass man als erfahrener Zuschauer die provisorische Antwort auf all das schon in petto hätte, doch das Blatt wendet sich mit jedem neuen Weg,
welcher auch noch dadurch verkompliziert wird, dass sich die Dialoge
zeitweise in eine Sammelstelle an Theorien vertiefen, die (reelle)
Skoda-Rallye vor Ort als Anlass ausgenutzt wird, ellenlange
Fahrtszenen zu reihen, in denen im Grunde genommen nichts passiert (wahrscheinlich am interessantesten für Vintage-Autonerds), so
genau man mit Marek auch hinzuschauen versucht. Irgendwas muss ja
sein, wenn sein Wagen schon zwischen zwei Lastern eingequetscht wird
und niemand in Sichtweite zu helfen versucht, oder? Tja, die Antwort liegt wie so
oft im Auge des Betrachters und die Stellung kann ich in diesem Fall
durchaus empfehlen, wenn auch mit dem Wermutstropfen, dass so
ungefähr ab der zweiten Hälfte mit weniger PS an geschickten wie
makabren Eindrücken zu rechnen ist, Theorie verstärkt die Praxis
(auch jene manifestierten Kopfkinos) übernimmt und einige
Dringlichkeiten auf der Strecke bleiben, wenn sich das Hängenlassen
Mareks als Gerade herauskristallisiert – trotz unverhofftem
Schlach' bei die Weibaz. Die Genre-Subversion im Lokalkolorit
jedenfalls, teilweise auf hypnotische Überhöhungen an
Zwischenwelten, Verschwörungen, Sinnlichkeiten, Öl wie Blut geeicht
und als Kapitalsatire auf den Betrug des eigenen Gedankens gekommen,
macht Film als Intrige zum Renner voll kurioser Kurven und
Illusionen, die in ihrer Menge nur stückweise auf Bodenhaftung
setzen wollen.
Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch!
„Hollywood-Monster“ - Klar, am Frühwerk Roland Emmerichs erkennt man berstende Ambitionen hin zur Genre-Liebeserklärung, zur Sehnsucht des Filmemachens unter Kids sowie zur bunten Bromance mitten im Strudel zusammenfantasierter L.A.- und Business-Naivitäten, in denen die Probe zum Spezialeffekt ihre Puppen tanzen lässt, doch wenn man dafür mit einem Zwei-Stunden-Schlamm Vorlieb nehmen muss, der seine marginalen Sets und Spannungsbögen zur Belanglosigkeit streckt, allenfalls noch Höhepunkte im Zeitgeist der Spruchdichte, Frechdachsattitüde sowie in genau einer Montage der „Imagination“ findet, während Love Interest Laurie spontan AfD-reife Anti-Asien-Sprüche ausstößt und der dritte Akt in seiner Redundanz jedes Tempo vermissen lässt, kann man nur wie Honk-Hero Warren schlussfolgern: „Was ein schlapper Geist“.
Ein-Satz-Kritiken für zwischendurch!
„Nude on the Moon“ - Mein Einstieg
in die Welt Doris Wishmans verzauberte mich bereits mit seinem „Moon
Doll“-Crooner zur Space-Malerei des Vorspanns, ehe das
selbstfinanzierte (und sehr niedliche) Astronautenduo aus Miami, Jeff
und Professor Nichols, den Traum vom ersten Flug zum Mond
(Erscheinungsdatum 1961) à la Méliès umsetzt, zuhause zwar die
Sehnsucht der Assistentin Cathy übersieht, ihr Double jedoch auf dem
Mond wiederfindet, in die sich Jeff trotz Schwur zum ewigen
Junggesellendasein verliebt, während des Erdballs Nachbar einer
Nudistenkolonie in Florida gleicht und wie alles am Film im
Lounge-Tempo fern jeglicher echter Wissenschaft wie Physik (außer
jener des Damenensembles) erkundet wird, was trotz mittelschwerer
Ereignislosigkeit und Archivmaterial-Nutzung wie eine Frischzellenkur
nachwirkt.
„Results“ - Andrew Bujalskis Nachfolgewerk zu „Computer Chess“, sprich gedämpfte Rom-Com eines Beziehungsdreiecks zwischen
Körperperfektionisten Guy Pearce, Cobie Smulders und
Multimillionär-Schlaffi Kevin Corrigan lässt sich nur bedingt als
Missing Link zwischen Mumblecore und Mainstream
durchsetzen, so schwer es dieser an Verdichtung mangelt, einige
geschickte Offenbarungen des Selbstmitleids dennoch bestehen bleiben,
sich mit dem vergänglichen Konzept der Männlichkeit sowie seiner
Motivationsphrasen und dem genuinen Glauben daran koppeln, welche im
Dialog auf relativ enthemmten Umgangston setzen, Ideale
zwischenmenschlicher Personal Trainers unterwandern und
abgleichen, allen voran Frau Smulders in Topform und Corrigan als
Goldräuden herauskristallisieren, aber beizeiten auch trivial auf
der Stelle laufen lassen.
„Hollywood-Monster“ - Klar, am Frühwerk Roland Emmerichs erkennt man berstende Ambitionen hin zur Genre-Liebeserklärung, zur Sehnsucht des Filmemachens unter Kids sowie zur bunten Bromance mitten im Strudel zusammenfantasierter L.A.- und Business-Naivitäten, in denen die Probe zum Spezialeffekt ihre Puppen tanzen lässt, doch wenn man dafür mit einem Zwei-Stunden-Schlamm Vorlieb nehmen muss, der seine marginalen Sets und Spannungsbögen zur Belanglosigkeit streckt, allenfalls noch Höhepunkte im Zeitgeist der Spruchdichte, Frechdachsattitüde sowie in genau einer Montage der „Imagination“ findet, während Love Interest Laurie spontan AfD-reife Anti-Asien-Sprüche ausstößt und der dritte Akt in seiner Redundanz jedes Tempo vermissen lässt, kann man nur wie Honk-Hero Warren schlussfolgern: „Was ein schlapper Geist“.
So, jetzt geht's weiter im Text!
Holla, gibt ja mal echt nicht viele
Filme, die Didos „Here with me“ verwenden. Ich war bislang
durchaus der Meinung, Xavier Dolan hätte den Titel am Ende seiner
„Mommy“
nutzen können, damit das Ganze nicht zu anachronistisch rüber
kommt, aber was soll's, inzwischen ließ sich eine Kinoleistung
finden, die jenen Track für eine Montage einzusetzen wusste, welche
als Quasi-Musikvideo nicht derart stilistisch auf sich aufmerksam
machen muss, wie es beim Herrn Dolan manchmal doch der Fall ist. Ganz
gleich, ob jener Hammer der Pop-Tristesse auf eurer All-Time-Playlist
steht: „Bounce – Eine Chance für die Liebe“ baut daraus
eine Sequenz schlichten Zusammenseins und kleiner Helfer, die in kurzer Zeit alles
über ihr zentrales Paar zu erzählen vermag, eben wie zaghaft sich
Buddy Amaral (Ben Affleck, mit auf den Leib geschriebenem
Rollennamen) auf eine Beziehung zubewegt, die er seinem Schuldgefühl
wegen auf Sparflamme halten muss, trotzdem machtlos ist gegenüber
der Einsamkeit Abby Janellos (Gwyneth Paltrow), deren Trauer nach dem
Tod des Ehegatten nichts an ihrem zwischenmenschlichen Engagement geändert hat – bei einer langen Schlange vor dem Klo bleibt sie
mit Schulterzucken hinten dran, kurz darauf übernimmt sie einen
Fetzen Papier vom Schuh einer anderen Frau. Sie ist zu gut, um wahr
zu sein; dementsprechend bringt der Bilderfluss im Baseballstadion -
inklusive der Töne von Frau Armstrong - einen effektiven Ansatz zum
Tränenfluss, wenn jene ungenierte Unschuld im Wendekreis des
Verlorenen mit der Spät-90er-Hymne für Duckmäuser korreliert, kurz
darauf die Romantik des Nasereibens anspricht.
Der nahegehendste Höhepunkt in (noch ein Neuer:) Don Roos'
Tearjerker-Streifen kann insgesamt natürlich nur bedingt
davon ablenken, mit welch absehbarer Konstruktion er aufs Taschentuch
der Wiedergutmachung schielt, sich zwar einige Ebenen mehr an
Vorarbeit in Sachen Glaubwürdigkeit einräumt, aber dennoch anhand
drübberster Phrasen jedweden Neuanfang sentimentalisiert – derart
vordergründig, wie es sich selbst „Step Up 2“ und
„Rivalen“ nicht trauten. Alles beginnt mit einem
Prä-9/11-Flughafen, der im Nachhinein dennoch an
Anti-Terror-Maßnahmen aufgestockt schien (wegen 1993?), ehe besagter Buddy, hohes junges Tier einer Werbeagentur,
einem gewissen Greg Janello (Tony Goldwyn) an der Airport-Bar begegnet. Jenem
Theaterschreiberling fehlt noch der rechte Dreh zum Erfolg, während
Buddy in Kürze die flüchtige Bekanntschaft Mimi (Natasha
Henstridge) auf die Matte legen wird. Jenem Jet-Set ist der
Menschenfreund im Innern aber noch nicht abhanden gekommen, deshalb
gibt’s Trost und Drinks auf schlechte Kritiken bis hin zum
Tickettausch, damit der gute Greg rechtzeitig zuhause und
Buddy dafür länger im Bett mit Mimi sein kann. Bei der Ausgangslage ist klar,
dass das Schicksal zuschlagen wird und ein Film beginnen kann – bis
hierhin ließ das Tempo noch einiges an Prägnanz mäandern. So
kommt der Flugzeugabsturz ins Spiel, den eine verzweifelte Abby am
Telefon erfährt sowie im Glauben verharrt, dass ihr Mann bloß nicht
die Maschine genommen haben dürfte. Die Gewissheit dazu ist genauso
unvermeidlich wie sie aufgedunsen vermittelt wird, allerdings bleiben
die schärfsten Abstiege zum Leidensporno noch außen vor, wohingegen
Buddys Weg in die Gewissenskrise auf dem Sichtungsplan steht.
Seine Agentur übernimmt nämlich eine
Kampagne zur Imagewahrung der verantwortlichen Fluglinie und drückt
so stark auf die emotionalen Knöpfe, dass sie den Film an sich
parallelisieren, aber auch einen Preis einheimsen, bei dessen
Verleihung Buddy vollalkoholisiert das Mikropult betritt. Seine
Anklage an den Zynismus der ganzen Angelegenheit ergibt aber eher eine
blendende Pointe des Schockhumors, als dass die seelische
Gefangenschaft seiner selbst durchscheint, was auch von der Nüchternheit der
Bilder abhängt, gepaart mit einigen stumpfen Stereotypen nebenan und
der sowieso unabdingbaren Eskalation. Dasselbe Problem war auch vorhin
beim Pitt-Film schon das hemmende Manko, trotzdem dämpft sich das
Geschehen wieder etwas aus, sobald Buddy auf dem Weg der
Rehabilitation eine gute Tat für die Witwe vollbringen will, ohne diese an
vergangene Vorfälle erinnern oder gar etwas einfordern zu wollen. Er
hängt den Plan allerdings auch verstärkt vom Zufälligkeitsfaktor
ab, wie plötzlich als Fremder in ihr Leben reinzuplatzen, was eben
in den seltensten Fällen gut geht und jüngst erst bei „Passengers“ für ein totales Dilemma dem Film gegenüber gesorgt hat. Als Konter
findet Regisseur und Autor Roos dann doch des Öfteren die Bindung im
Nebenan der umklammernden Ambivalenz, auch Höhen des Abwegigen, wenn
irre Begegnungen via Hund entstehen, die Lage zu den jeweiligen Jobs
eine Win-Win-Situation startet, auf die gute Freunde eben anstoßen
können. Oder wird noch mehr draus? Buddy will es eigentlich nicht
drauf anlegen, so wie Abby der Vergangenheit hinterher traut (eine
Vergötterung à la „Rivalen“ wird ebenso angesprochen),
doch Dido weiß Bescheid vom anbahnenden Liebesglück mit der
Haltbarkeit bis zum Einschenken reinen Weins, das nur zeitweilig
seine ungelenken Entsagungen übt.
Der Neue zieht fast ein, die
Kids gewöhnen sich allmählich an ihn, noch wartet er den richtigen
Zeitpunkt zum Geständnis ab, doch einerseits kommt letzteres
vorzeitig und andererseits zum Hyper-Finale hin im Gerichtssaal zustande –
größtenteils erwartete Stationen, die Roos jedoch wie Moses den Nil
in Türme spaltet sowie das Gewicht seiner Worte zu Geboten des
Kitsch meißelt. Man bemerke allein die krasse Manipulation, mit der
Buddys Abschied von den Kids abgehalten wird, als sei Abby Mrs. H aus
„Nymph()maniac“,
Sad Affleck allerdings so hart am Heulen wie Uma Thurmans Rolle dort –
man kennt sich halt aus „Paycheck“-Zeiten.
Genug der Querverweise, obgleich der Film ja durchaus seinem Titel
gemäß leichtsinnig durch zig Stimmungen bounct, gegenüber
dem Assistenten Seth mal zwei schlecht gealterte #NoHomo-Sprüche
rauslässt und diesem am Ende doch höhere Positionen binnen der
Firma verschafft, ewig lange Grundstücksverhandlungen zur
Kompetenzfeststellung Abbys durchführt und natürlich dann am
Glücklichsten ist, wenn sie auch glücklich ist, die
Umstände dazu auch manch moralischen Quantensprung weg vom blanken Stalking durchackern müssen.
Ist das nicht drollig oder doch ein bisschen durch den Wind (besser
das, als vom
Winde verweht), wenn sich die Genre-Konventionen auf peinlichst
genaue Pflichten stürzen, gleichsam dem Bekenntnis zum
Klischee ausweichen, es aber in entscheidenden Momenten umso fieser
ballen, um ein Happy-End zu gewährleisten? „Here with me“
reicht nicht ganz als Antwort darauf, zumindest aber noch als gelungenstes
Denkmal dieser Querbeetversuchung ins Herz, die ihre Empathie zur
Tränendrüse nie so ganz aussprechen mag.
Hey, warum war Joe D'Amato aka
Aristide Massaccesi bislang eigentlich noch kein Thema auf diesem
Blog? Hmm, gute Frage – da gibt es ja so einige Haltestellen der
Vergangenheit meinerseits, die mit ihm zu tun hatten, von zahlreichen
VOX-Sendungen Samstag nachts bis hin zum ersten
Bloodsuckerz-Download von „Man-Eater“ bei Ersteinzug
des Internets in der DDR und darüber hinaus. Das Interesse an jener Person
scheint im Augenblick aber wieder enorm aufzuflammen, wenn man das
Kanon an Lob aus den letzten Jahren an Hofbauer-Kongressen
vernimmt, welches neuerdings auch „Nackte Eva“ zuteil
wurde. Unvermeidlich also, dass der Trip nach Hongkong ebenso hier an
Land gehen musste und seine biblischen Schlangenspiele als Attraktion
vorführen durfte. Der Schirmherr für jenes Getier ist niemand
Geringeres als Judas selbst, gespielt von Jack Palance als - man kann schon sagen - asexueller
Freund aller Gattungen, welche er sodann als Kumpanen in seiner Villa
an der Spitze aller Klassen hält. Deren Aufenthalt ist mit vielerlei Vorteilen versehen, solange der Respekt des Gönners
und Sammlers in der Membran vorhanden bleibt – im Gegenzug
verlangt er ausschließlich Präsenz, besser gesagt jene der Treue,
doch wie lässt sich das auf Menschen übertragen, wenn die junge Eva
(Laura Gemser) sein Angebot zum Einzug in diesen Garten Eden freiwillig annimmt? Trotz ihrer
fabelhaften schwarzen Haut umschifft der Film allzu deutliche
Anspielungen auf die Sklaverei, versucht sich allerdings durchweg an
den Grenzen des Vertrauens, wenn sich die Lust nach außen
omnipräsent um den Globus schlängeln will. Audiovisuell ergänzen
sich der Kameramann im Massaccesi, die repetetiv rhythmisierenden
Hymnen von Piero Umiliani sowie der Schnitt Bruno Matteis zum
Hineinträumen in Tänze, grelle Leinwände und stille Berührungen
aller Körperregionen, dass man gerne die Zeit vergisst wie auch die
meisten Neigungen zum potenziell intrusiven Sleazefaktor.
In jenen Vierteln ist die käufliche
Liebe natürlich ein Thema, ohnehin dieses Auge fürs exotische
Flair (und D'Amatos Topos schaumiger Duschszenen), doch Evas Reise aus der Unschuld in die Freiheit bis hin
zum Verrat und Verderben der erstgenannten Anlaufstelle ist kein
bloßer Sextourismus. Dafür interessieren sie Männer schon zu
wenig, umso eher vertraut sie sich Judas an, welcher ihr Wesen
bewundert anstatt es verbrauchen zu wollen. So sehr der Film ihn als
Connaisseur der Natürlichkeit auch zum Drängen auf Exklusivität
biegen könnte (wäre der Entstehungszeit nicht unbekannt), setzt
sich diese Sehnsucht im Verlauf mehr und mehr auf seinen Bruder Jules
(Gabriele Tinti, Ehemann von Gemser) um, der von seinem Status als
gefügiger Planer ins Machtspiel mit dem Gift überläuft. Die
mörderische Ader seinerseits lässt vielerlei intakte Schönheit in
Sekundenschnelle absterben - ironischerweise anhand der zierlichen,
doch tödlichen Grünen Mamba -, doch ausgerechnet D'Amato widersteht da
allzu exzessiver Gewaltdarstellung. Stattdessen sehen wir, wie Eva
ein Geschwisterpaar zur Berührung ihres Körpers einlädt, so wie
sie sich ohnehin an die Frauen herantastet, die ihr gefallen, bis sie
schließlich Gerri (Michele Starck) kennenlernt. Da funkt es dann
gewaltig, denn nach dem ersten Besuch in einem Stripteaselokal
begleitet sie der Film als stiller Genießer bei ihren Wanderschaften
durch das zeitgenössische Hongkong, bis hin zur Hafenrundfahrt und
ohne große Nachfragen zur tragischen Vergangenheit beider Seiten.
Solch friedfertiges Schwelgen ließe sich mit Eric Rohmer vergleichen, eher weniger allerdings das Häuten und
Braten einer Schlange in Echtzeit, welches D'Amato hier auf
einschlägigen Märkten mitgenommen hat. Eine Maus wird daraufhin
ebenso an die Tierchen bei Judas zuhause verfüttert, aber weil das
Eva und Gerri schon beinahe wie Kinder binnen der sturmfreien Bude in die
Wege leiten (eigentlich wie Judas selbst), während Jules hinter dem Türspalt auf sie lauert, ist
da mehr die Vorahnung zum Einschnitt gen Schrecken zugange, als der
Schockfaktor des Tiersnuffs.
D'Amato geht sodann auch weiterhin eher
sanft mit der Gewalt um, wendet sie als Zeichen einer
nüchternen Vergänglichkeit an, das sein verlorenes Gegenüber noch
stärker, weil stummer trifft, als es jede Überinszenierung des
Sterbens in-your-face hinkriegen würde – Beispiele dazu aus
D'Amatos eigener Filmographie gibt es genug. Was für ein Finale er
daraus allerdings anschleichen lässt, wenn Eva aus der Freiheit der
Versuchung sowie der Versuchung der Freiheit gegenüber Jules einen
Racheplan sondergleichen schmiedet, muss man gesehen haben – selbst
wenn das meiste davon Kopfkino brachialster Deutlichkeit/Unfassbarkeit/Verballerung darstellt.
Judas hat irgendwo auch Mitschuld daran, so abgeklärt er die Nachricht der Tat zugleich empfängt und den Versuch einer Liebe zum Menschen wie zur
Schlange gescheitert sieht, das Konzept ohnehin schon eher als Anlass zum
Kontakt anwenden musste, wie er es sich sonst nie trauen wollte.
Allesamt lernen im Folgenden jedenfalls vom Verhängnis jedweder Machtverhältnisse, die sie
parallel als Liaison mit der Gefahr in Kauf nehmen (siehe Evas
betörende Schlangentänze), auch wenn die irdischen Konsequenzen
dazu wie gehabt gnadenlos zerstören, selbst wenn man sie im Zugriff
des Reichtums unter den Teppich kehren, aber nimmer vergessen kann.
Ein dolles Ding ist allerdings, wie mühelos D'Amato jenen
moralischen Diskurs in ein Werk infusiert, das von außen genauso gut
auf Schnellschuss gebürstet sein könnte, Hauttöne und
(hauptsächliche weibliche) Genitalien im Dauerlauf aneinander reiben
lässt, indes ziemlich essenziell vom Wunschdenken seiner Figuren
und der Entfaltung dessen berichtet, wenn man denn mit der
Selbstverliebtheit zum erotischen Aufdröseln ferner Länder in der Mise en Scène fern substanziellen Budgets konform gehen kann. Pah, das
kann doch jeder! Aber solch eine Hingabe zur Körperlichkeit
vielleicht nicht immer vom Formate eines D'Amatos – wenn er denn in
seinem Gesamtwerk eine Konsistenz dazu aufstellen konnte, muss ich
selber noch nachprüfen, auch wenn mir seine Frauen, selbst deren wie
maßgeschneiderte Schambehaarungen seit jeher zusagten.
Freunde, zum Schluss ist es mal wieder unsere Pflicht, die US-amerikanische Politik in die Mangel zu nehmen
oder zumindest eine Fantasie-Variante dessen als Irrsinn zu
beklatschen, wenn ein Hundefilm für die ganze Familie den
Patriotismus ins Absurde apportiert. Stilecht von „First
American Cinema“ (!) produziert, setzt sich insofern der „First
Dog – Zurück nach Hause“ in Bewegung, um die Vielfalt der
Nation im turbulenten Roadtrip aufzuzeichnen bzw. dem mickrigen
Production Value wegen mit Klischee-Kanonaden in Hülle und
Fülle auszustatten. Kurzweilig stürzt sich Autorenfilmer Bryan
Michael Stoller also durch mehrere Haltestellen des american
dream, ehe er überhaupt das Filmemachen an sich vollends zu
beherrschen scheint, so inkohärent er seine Szenarien abhetzt,
zwangsläufig für kuriose Überraschungen sorgt, die in der
entrückten Billig-Synchro zudem ihre Krönung erhalten - „Quigley“
lässt grüßen! Als Produktion von 2010 ist das Narrativ innen drin
dann auch eins, welches einige Jahrzehnte vor Obama
hängengeblieben ist, die Core Values sodann auf einen
zeitlosen Präsidenten wie Eric Roberts (wen sonst?) abdrückt, der das
Wohl der Vereinigten Staaten wie
viele seiner Vorgänger auf dem seiner Haustiere stützt.
Stockkonservativ wie der Film ist, fällt der Vergleich mit der
gegenwärtigen Administration also umso leichter, weil man damit erst
recht seinen Spaß haben kann. So gibt es nach den synthetischen
Flötentönen (welcome back) des „Glory Glory Halleluja“
einen Oval Office zu bewundern, der zig Fotos des First
Dogs Teddy (Little Bear, ehemaliges
Eigentum von Nancy Reagan!) sowie auch gleich ein Steve-Bannon-Double
sondergleichen anhand eines gewissen Mr. Brentwood (Corbin Timbrook)
beherbergt, welcher den Präsidenten Robert Woodruff (Roberts) zur
Eröffnung einer neuen Schule anleitet.
Okay, das Bildungswesen und
der Umweltschutz sind in seiner Rede wichtige Eckpfeiler, also gibt’s
schon mal Pluspunkte für den Fantasy-Prez, wohl deshalb wird an
selbiger Veranstaltung auch ein Attentat auf ihn versucht, bei dem
ausgerechnet Teddy alleine zurückbleibt. Der Umstand währt allerdings nicht allzu
lange, denn wie der Zufall so will, ist Vollwaise (die
Charaktereigenschaft werden wir heute nicht mehr los) Danny Milbright
(John-Paul Howard) zur Stelle, ihn nach einer verrückten Tour durch
vielerlei Tierhandlungen und Hundefuttertrucks aufzunehmen, weil dieser
selbst im Waisenhaus keine Freunde zu finden imstande ist, awww! In einem
Schnelldurchlauf an Freundschaftsmontagen und Grundschuleskapaden, emotionalisiert durch
Country-Konsens von Dolly Parton und Co., erschafft das Prozedere
zwar noch lange keinen genuinen Filmcharakter, aber zumindest die
Vorstufe zur Glanzstunde verstrahlter Inszenierungseigenarten, in
denen der Queensland Heeler mit der kalten Schnauze zudem
manch Von-Trier'sche Beleuchtung aufs Gesicht permanenter Traurigkeit
gesetzt bekommt. Passend dazu verstärkt sich der naive
Drolligkeitsfaktor binnen plattester Formelhaftigkeit mit der
Hausleiterin guten Herzens, Mrs. Angell (Ex-Bond-Girl Priscilla
Barnes, irgendwie der Maloney-Mutti ähnlich), die mit Danny auch nicht so recht hin weiß, weil ihn auch
echt keiner haben will – die Dialoge dazu sind in ihrer Stumpfheit
Gold wert, genauso wie Danny sowieso einem Dickens-Roman
entkommen zu sein scheint. Bald jedoch büxt der Junge aus, weil er
per Hundemarke und Telefonnummer (welche auf hiesigen Displays
als „The White House“ geführt wird) den wahren Besitzer
Teddys ermittelt und nun eine Tour quer durchs Land auf sich nimmt,
die ihm einem Pee-Wee Herman gleich mit reichlich freundlichen bis
ausbeuterischen Gestalten bekannt macht.
Da gäbe es die total
verballerten College-Teens, die im Rausch (?) nur bedingt auf die
Greenscreen-Straße vor sich aufpassen und mit demselben irrealen
Ausblick einen Unfall bauen, dann die Paula Nelson Band mit
einem Faible für Speck und Eier sowie der spontanen Vernachlässigung
Dannys und zu guter Letzt das Antagonistenpärchen Henderson (Tim
Peyton) und Vicky-Ann (Paula Devicq), welches als Knarrenliebhaber
sowie gieriges Redneck-Lügenpaket noch die kritischste Abgrenzung
des Films von rechts-außen weg ergibt. Der absolute Hit ist jedoch der einzige
Afroamerikaner binnen der ganzen Angelegenheit, Truck-Fahrer mit
blauer Latzhose Big Mike (Tommy Tiny Lister), wie Danny
ebenfalls Vollwaise, leidenschaftlicher Burger-Gourmand, saustark,
clever und schlagfertig als Herzensstück der Minderheiten,
Beschützer der Hilflosen unterwegs. Dass die Rolle wie aus den
frühen 50ern stammt und sich auf vorsichtigste Art für Toleranz
einsetzt, ist natürlich genauso hemdsärmelig wie der Film ohnehin
jeden Bezug zum Rassismus peinlichst genau vermeidet (die First Lady
unterrichtet Danny später auch, dass Abe Lincoln allen voran für
seine Ehrlichkeit bekannt war and that's it). Das Abenteuer
mit ihm auf dem Highway inklusive Lagerfeuer, Umarmungen und Fluchten
vor Men in Black bringt allerdings noch die innigsten
Sympathiepunkte zum Vorschein, welche man dieser Vision Amerikas
abringen könnte, während sich die Situationen ringsum ohnehin zu
einem Tohuwabohu entrücktester Realitätsverständnisse
kuddelmuddeln, die einen geradezu zur Aufgabe des Hirns zwingen, wenn denn nicht der Kontrast der eigenen Filmkompetenz für eine durchweg fesselnde Begegnung/Grinseerschütterungsserie mit jenem Stoff sorgen würde.
Wie Danny z.B. ins
Jugendgefängnis rein-/rauskommt, wie Big Mike immer zur
rechten Stelle auftaucht, wie jeder überhaupt vom anderen
erfährt sowie vom Präsident bar jeder Bürokratie, dafür voll idealisierter Warmherzigkeit eingeladen wird: Da stecken durchweg
narrative Kombinationen dahinter, die mal höchst umständlich, mal
komplett willkürlich, auf jeden Fall einzigartig und für sich selbstverständlich
ablaufen, dabei an der inneren Fassung des Zuschauers rütteln. Ja,
mit Lachanfällen ist zu rechnen und das schönste daran ist, dass
man Stoller, dem Hansdampf in allen Gassen hinter den Kulissen,
wahrlich keine Längen oder Fehlgriffe im Unterhaltungsfaktor
vorwerfen kann, so glücklich sich seine technische Talentfreiheit
mit dem Überangebot an Ideen und Schauwerten trifft, dass selbst die
politische Blauäugigkeit ein Kuriosum an Humor ergibt –
insbesondere, wenn Teddy von Dienstwegen her Sonnenbrillen trägt, pathetisch an den à
la Home-Video eingefangenen Denkmälern und Statuen Washington D.C.'s
hockt, ohne den Jingoismus eines „Max“
suggerieren zu müssen. Vieles daran ist heiter, harmlos und
bewusst dusselig als Standardfanfare voller durchsichtiger Situationskomiken aufgezogen, gleichermaßen auch mit Sentimentalitäten der Freundschaft durchsetzt, die teilweise sogar „Bounce“ an Effektivität überbieten. Die gutgemeinte Wundertüte für Kids ist aber dennoch eher mit einer Konzentration an Tollwut im Sinne der Was-geht-ab?-Skala infusiert, wie
man es innerhalb einer Textform wie dieser nur ansatzweise vermitteln kann.
Gottseidank sind die Scheiben zum Streifen spottbillig zu haben, also
nichts wie ab und durch ins Wunderland hyperkonfuser Hundefilmtopoi!
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