Sonntag, 27. Oktober 2013

Tipps vom 21.10. - 27.10.2013



LEVIATHAN - Dokumente, die entfernt an unsere Welt erinnern.

Dank entschieden-eindringlichen Bildern aus jeder möglichen Perspektive werden wir in einen verschrammt-rauschenden Kosmos des allgegenwärtigen Sterbens hineingeworfen, mit dem keine erdenkliche Dystopie mithalten kann. Und was noch nicht verstorben ist (bzw. seine letzten Atemzüge erlebt), ist seiner transparenten Verlebtheit erlegen, die man vom zerfressend-gammligen Rost der Umgebung bis hin zu den tiefgreifenden Poren der dort rastlos arbeitenden Humanoiden erkennt.

Zudem erscheinen nachjagend-aufdringliche, gefiederte Wesen als nihilistische Vertilger der Reste, getrieben vom Instinkt, wie alles an dieser organometallischen, monströs-dröhnenden Maschinerie, die von Anfang an aus kompletter Finsternis wie ein Urknall herausgeschossen, ihre komplexen und groben Zahnräder in Bewegung setzt.

Ein wahrlich unheimlicher Ort, an den wir hier herangeführt werden, unnachgiebig umschlingend in seiner Aura, unentzifferbar wie auch werte- und hoffnungsfrei in seinem Ablauf. Und so wie wir urplötzlich durch ihn hindurchgezogen werden, entschwindet er uns schließlich, dass wir nur noch im Dunkeln, im Nichts zurückgelassen werden.

Wahrlich kraftvolles Mammutwerk! Seit dem 22.10. in den USA auf DVD & BLU-RAY erhältlich.




L'ATALANTE - Wie eine Fortsetzung von 'UNTER DEN BRÜCKEN', nur mit viel mehr Katzen! Oh, welch herzliche Reise über die Kanäle Frankreichs unsere frisch-vermählte Juliette (Dita Parlo) hier erlebt, mit all dem liebenswürdigen, kernigen Seemannsvolk an der Seite (allen voran das alte, gewitzte Schlachtschiff Père Jules).

Eine musikalische und zauberhaft-leichtfüßige Kennenlernrunde mit der greifbar-natürlichen Menschlichkeit des hier dokumentierten (beinahe zeitlosen) 30er Jahre-Figurengefüges - vollkommen unabhängig davon, ob es in der Realität tatsächlich so erwärmend zuging, wo hier höchstens doch die Eifersucht den größten Spielverderber darstellt.

Schließlich führt diese auch dazu, dass man sich aus den Augen und auf nebelverhangenen, finsteren Bahnhöfen zwischen Metropolen- und Strandhorizont verliert. Doch man muss nur mit voller Sehnsucht auf den Grund des Flusses schauen und schon sieht man sich wieder, dass einen das Schicksal (=Père Jules) wieder zusammenführt - hach...




TELEFONI BIANCHI - Im Italien der 1930er Jahre wurden unter dem Regime des Mussolini-Faschismus sogenannte 'Telefoni Bianchi'-Streifen gedreht - imposante Nachahmungen von populären, amerikanischen Produktionen, die mit konservativen Botschaften versehen wurden.

In diese Filmindustrie voller überheblicher Chaoten will das quirlig-unbedarfte Zimmermädchen Marcella (Agostina Belli, ein Goldengel allererster Güte) als Schauspielerin einbrechen, die sich für ihre Karriere durch die Betten einflussreicher und taktlos-selbstsüchtiger Politiker, Stars und Produzenten schläft, während ihr alter Verlobter Roberto (Cochi Ponzoni) ihr immer wieder als beleidigte Leberwurst auflauert und berechtigte Schuldgefühle einbläut.

Dabei gerät sie u.a. in ein prunkvoll-versautes Bordell für feine Herren, wo sie durch einen Kunden & Komponisten (Lino Toffolo) zum Schlagerstar wird. Lange aushalten kann sie das Muttersöhnchen jedoch auch nicht und gerät sodann in die verführerisch-charmanten Fänge des Star-Akteurs Franco Denza (Vittorio Gassman in einer verschmitzten Meisterleistung) - zudem beginnt sie auch nach einer Begegnung mit dem Duce selbst, für jenes diktatorische Staatsoberhaupt zu schwärmen, auch wenn sie sich selbst eingestehen muss, noch immer was für Roberto zu empfinden, der allerdings an die Front versetzt wird.

Schließlich schafft sie durch den Segen des Duce's den Sprung in den Studiohimmel Cinecittàs, wo man aus ihr trotz mangelndem Talent an der Seite Denza's - der dann auch ihr jahrelanger Liebhaber wird - einen waschechten, nationalen Star unter dem Pseudonym Alba Doris macht. Doch auch hier kriselt die Beziehung und Denza's Geisteszustand schlussendlich unter dem Exzess der faschistisch-ordinären Unbelehrbarkeit & Egomanie, während allmählich der zweite Weltkrieg in die Wege geleitet wird.

Aufgrund der Koalition mit Deutschland gerät sie schließlich irgendwann auch in deutsche Durchhaltestreifen und deren Produzenten, weshalb ihr ewiger Verlobter Roberto ihr endgültig die Liebe kündigt. Bonjour Tristesse, encore une fois, erst recht am Horizont des Kriegsendes, wo sie im Lastwagen eines stehlenden, buckligen Vagabunden landet, der sie aber schnell für eine Gruppe von flüchtenden Juden ablädt (welche er aber dann doch an die Deutschen verrät).

Auf ihrer trübseligen Odyssee zurück nach Hause begegnet sie wieder alten Weggefährten, die sich nun vor den Widerstandskämpfern verantworten müssen. Mit kleinen Gesangsauftritten und einer Vermählung mit William Berger kann Marcella sich dann doch noch bis nach dem Krieg über Wasser halten. Doch auf einer Reise nach Russland dann...

In diesem turbulenten, liebevoll-ausgestatteten, wunderbar anarchisch-gewitzten und über mehrere Jahre erzählten Lustspiel vergehen die knapp 2 Stunden Laufzeit wie im Fluge. Faschistische Witzfiguren übertreffen sich im karikierten Gesellschaftsbild jener Zeit an perverser Verkommenheit, während die Lebensverhältnisse immer perfider werden, den Krieg herausfordernd heraufbeschwören. Und dennoch kämpft sich dabei durch die Jahrzehnte eine recht süße, leichtlebige 'Liebesgeschichte' durch, die schließlich durch die Wirren des Regimes und des Krieges immer wieder chaotisch auseinanderbricht.

Wie eh und je liegt das aber auch im Grunde am verführerischen Glanz & Glamour der Unterhaltungsindustrie, die einen mitreißen, aufsaugen und zerbrechen kann, wie es ihr gefällt - wie auch hier in diesem semi-fiktiven Biopic von Dino Risi, das sich mit dem morbiden Pomp der 30er Jahre schelmisch auseinandersetzt und unsere liebenswerten, wenn auch fehlgeleiteten Protagonisten durch den Fleischwolf jagt.

Ein toller Film, leider nur schwer zu bekommen - ich hab ihn in seiner exzellenten dt. Synchro gesichtet, die mir durch eine TV-Aufnahme von 2005 auf VHS erhältlich gemacht wurde. So oder so, sei es euch versichert: Wer 'Telefoni Bianchi' auftreiben kann, darf ihn nicht verpassen!




LES RAISINS DE LA MORT - Leicht abstrakte und tragische Verarbeitung des 2. Weltkrieg-Nazi-Terrors in Frankreich als Horrorfilm-Odyssee.

Ähnlich wie auch im französischen Rachedrama 'ABSCHIED IN DER NACHT' von Robert Enrico lässt Rollin seine Protagonisten noch im sicheren Glauben, dass rein gar nichts Böses ihnen was anhaben kann, auch wenn es bereits offensichtlich hervorbricht - bis dann auf einmal schlussendlich der Schrecken über sie selbst herfällt, hier in Form 'zombifizierender', mörderischer Pestizide im weit und breit goutierten Traubenwein. Sodann auf der Flucht vor diesem Grauen durch die französische Province, auf der Suche nach Geborgenheit & Hilfe, kommt nur wenig Hoffnung auf.

Ein infizierter Bauer z.B. sticht im Rausch seine eigene Frau und Tochter ab, erschreckt sodann vor seinem eigenen Handeln und verlangt von der schluchzenden Hilfesuchenden Élisabeth (Marie-Georges Pascal), unsere Hauptprotagonistin die zuvor ihre beste Freundin durch eine ähnliche Tat verloren hat, dass sie ihn erlöst. Sodann trifft sie auf eine verlorenene Blinde, Lucie (Mirella Rancelot), die sie in Aussicht auf ein befreiendes Telefon zur Aussenwelt in ihr Heimatdorf führt - dort jedoch ist bereits alles verbrannt und zerstört, Leichen pflastern das gespenstisch-hoffnungsfreie Szenario.
 
Lucie verlangt von Élisabeth zu erfahren, was sie denn sieht - sie kann es ihr aber einfach nicht sagen, das unfassbare Grauen ist schlicht zu überwältigend. Schließlich werden sie von den infizierten Dorfbewohnern umkreist, Lucie glaubt sich sicher, wird aber von ihren alten, nun zwanghaft-umgepolten Mitbewohnern getötet, auch wenn diese sich mit Tränen innerlich darum wehren, in Erinnerung wer sie früher einmal waren - das neue Regime aber kennt keine Gnade und zeigt seine keifende, unmenschliche Fratze.

Élisabeth kommt bei einer Uninfizierten (Brigitte Lahaie) unter, doch die entpuppt sich als Kollaborateurin und wirft sie den Monstren zum Fraß vor, biedert sich sodann den eintreffenden Widerstandskämpfern an (von denen einer schon im Krieg gekämpft hat), die aber den Braten riechen - Élisabeth aus den Klauen der Dämonen befreien und in eine offensichtlich schon lange von den Nazis zerbombte Burg fliehen.

Auf dem ausschlaggebenden Weingut schließlich angekommen, findet Élisabeth ihren Verlobten auf dem Dachboden vor. Ihn hat die Infizierung und sein Gewissen schon fast zerfressen (schließlich hat er die todbringenden Pestizide entwickelt) - dennoch (und trotz mahnend-tränenreichen Widerstand von seiner Seite aus) umarmt und küsst sie ihn ein letztes Mal, bevor einer der Bauern ihn erschießt. Sodann greift sie zum Gewehr und tötet die Widerstandskämpfer, lässt in den letzten melancholischen Momenten des Films das Blut ihres Verlobten auf ihre Lippen tropfen, womit sie sich infizieren lässt - es gibt für sie nämlich nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt.

Ein bitterer Schlussstrich für diese durchaus harte Metapher Rollins auf die Schrecken des zweiten Weltkriegs, adaptiert als Plädoyer für einen gewissenhafteren Umgang mit der Natur. Lässt die alten Wunden wieder aufreißen und macht die ländlichen Bewohner erneut zu unfreiwilligen Sklaven des eingeschlichenen Terrors, der ihnen dennoch ganz tief im Unterbewusstsein seit Generationen innewohnte.

Ein stimmungsvolles und recht tragisches (wenn auch nicht aufdringlich-sentimentales) Horrordrama, das durch den deutschen Verleihtitel allzu sehr ins Belanglose gezogen wurde. Gesichtet auf Blu-Ray, vom US-Verleih KINO LORBER, in Top-Qualität (auch wenn die teilweise ungeschickten Schärfeverlagerungen dadurch umso ungünstiger auffallen).




ALIEN - DIE WIEDERGEBURT - Eine weitere, virtuos-skurrile Komödie (mit einigen traurig-stimmenden Szenen für die gute, neugeborene Ripley) von Jean-Pierre Jeunet, frei nach einem Drehbuch von Sci-Fi-Fantasy-Spaßautorenfilmer Joss Whedon, mit einem Hang zum futuristisch-explosiven Ekel, welchen man auch Stuart Gordon & Brian Yuzna oder dem Robert Rodriguez von 'FROM DUSK TILL DAWN' zutrauen könnte.

Insofern nicht ganz so zuckersüß-drollig wie 'Amélie', im Gegenteil, sogar recht tromatisch-grotesk und gewaltreich, aber mindestens ebenso verschroben-poppig in seinen morbiden, meta-postapokalyptischen Produktionsdesigns, Figuren (u.a. der glubschäugige Dan Hedaya mit seiner Gorilla-artigen Schulterbehaarung) & Kameraspielereien wie in seinen vorangegangenen Werken. Insgesamt eine recht spaßige und knallige Angelegenheit, mit einer übermenschlich-starken und anfangs unbekümmert-verschmitzten Ripley (Weaver hier erneut mindestens so begehrenswert-sympathisch und schlagfertig wie Barbarella, wenn auch weit emanzipierter = Whedon-Writing in Bechdel-Test-bestehender Reinkultur) im funsplattrigen und teilweise sogar spannenden Überlebenskampf gegen die Schleimviecher.

Zudem nimmt sie erneut wie in 'ALIENS' eine Mutterrolle ein, in diesem Fall für Winona Ryder's *SPOILER* Androidenmädel *SPOILER ENDE* Call, welches zusammen mit dem Machotrupp um Ron Perlman in die klaustrophobische Raumstationsbelagerung hineingezogen wird. Zudem verfolgt Ripley eine leicht-verhaltene Obsession mit den ausserirdischen Invasoren, mit denen sie seit dem Klonungsprozess nach den Ereignissen von ALIEN³ in der DNA verbunden ist - schmeißt sich hingebungsvoll in den geschmeidig-feuchten Alien-Körper-Kompost, wie Isabelle Adjani in Zulawski's 'Possession' und 'gebiert' daraus einen garstig-brachialen Hybriden, der für seine menschliche Mom die Kreaturen-Leihmutter zerhackt. Kein Wunder, dass David Cronenberg zu einem Zeitpunkt ebenfalls für die Regie vorgesehen war.

Doch Ripley empfindet im Gegenzug eher Liebe für ihre 'Adoptivtochter' Call und kehrt zu ihr zurück, was das neue Baby natürlich immens verärgert und nun um die Anerkennung seiner Mutter 'buhlen' lässt - sodann entbrennt ein irrwitziges Familiendrama inmitten des letzten funktionstüchtigen und nun flüchtenden Weltraumgefährt. Und schlussendlich, mit Tränen in den Augen, treibt Ripley ihr unschuldiges, aber ultimativ-missanthropes Neugeborenes nachträglich ab - fängt aber entschieden, die Vergangenheit hinter sich lassend, ein neues Leben im komplett verwüsteten Paris mit Call an ihrer Seite an. Da wird Jeunet dann doch wieder ein bisschen drollig, auch wenn der Haunted-House-ähnliche Score Unheil über den Abspann vorausspricht.

Sei's drum, mir hat dieser Teil der originalen Alien-Quadrilogy sehr gefallen, womöglich ist er nach dem Original und der James Cameron-Fortsetzung der Drittbeste aus der Reihe. Echt gewitzter, süßer Schleim...




HARD TO DIE - Mein Lieblings-B-Movie-Regisseur aus Corman's Schmiede, Jim Wynorski, schickt in dieser seiner gagreichen Horrorkomödie 5 stramme & hohlbirnige L.A. Bohème-Babes durch eine aberwitzige Horror-Nacht in einem poppig-klobigen Dessousgeschäft namens ACME LINGERIE (natürlich eine niedliche Anspielung auf die LOONEY TUNES, wie auch alle durchaus plaktativen 'Gewaltszenen') und dessen schummrigen Keller - innerhalb eines Wolkenkratzers, wo der stoisch-schmierige Hausmeister (vor dem sich immer alle übertrieben erschrecken, während die Kamera per Dollyfahrt ständig overstated inkl. Blitzgewitter in seine Fresse rast) einige Schauergeschichten zu erzählen hat und Stock-Footage aus anderen Filmen gewitzt-dusselig in den unterhaltsam-schrottigen Narrativ eingebaut wird.

Unsere Protagonistinnen entfesseln beim Öffnen einer alten, ägyptischen Kiste sodann einen bösen Geist, der eine nach der anderen erledigt (= Schwenk auf leere Wand, Blut spritzt dagegen), doch viel wichtiger wiegen zunächst mal Probleme wie: 'Gibt's was zu essen?' (der Chef hat nur verschimmeltes Futter im Kühlschrank) und 'Ich werd jetzt erst mal duschen gehen.', wodurch natürlich, in Abwechslung mit reichlich bewusst-blödeligen Dialogen, einige grundlose Nacktszenen vor die Linse treten, bevor die turbulente Flucht vor dem blutigen Schrecken unternommen wird. Also, ich weiß, was ihr euch jetzt denkt: klingt alles ziemlich sexistisch und chauvinistisch - und im Grunde wäre das auch so, aber den Unterschied machen die durchgängige, leichtfüßige Verspieltheit sowie die parodistisch-anarchische Grundhaltung, die sich durch das Oeuvre Wynorski's seit jeher ziehen.

Und so ist Jim (der hier zudem ein schnippisches Cameo als Porno-Regisseur vollführt) auch mit HARD TO DIE ein durchweg unterhaltsames und augenzwinkerndes Spaß-Filmchen gelungen, welches durchaus mehr Dessous als normale Kleidung für den durchgeknallten Überlebenskampf vorzuweisen hat, wozu sich allerdings auch automatische Knarren und spitze Gegenstände zur Verteidigung gesellen. Somit wird das (eher männliche) Eskapismus-Herz der jugendlichen bzw. junggebliebenen Zielgruppe ganz effektiv mit frivoler Heiterkeit und Frohsinn erfüllt, wo er doch in knapp 83 Minuten Laufzeit 3 ganz wichtige Knöpfe zur Cine-Liebe drückt: Blödeleien, Blut & Boobs - frei von jeder Moral und herrlich-naiv in seinem cartoonhaften Exzess auf sympathischer Sparflamme.




ZUCKERBROT UND PEITSCHE -  Ich erinnere mich noch an eine Zeit, ca. Ende der 90er und Anfang der 00er, in der VOX im Late-Night-Programm einige selbst bis heute noch recht unbekannte Filme von schön verknarzten 'Direkt-von-der-Kinorolle'-MAZen ausstrahlte, die im Dunkel der Nacht den Fernsehschirm meiner Eltern im Wohnzimmer zur Leinwand machten (schließlich war das in dem Dorf, in dem wir wohnten, das nächstbeste cineastische Erlebnis). In diesem Rahmen sichtete ich u.a. einen meiner ewigen Lieblingsfilme, 'NUIT D'OR', der bis heute auf eine ordentliche Heimkinoauswertung wartet.

In dieselbe Kategorie fällt dieser Film, den ich jüngst als alte VOX-TV-Aufnahme erhielt (weil keine andere Version davon derzeitig erhältlich ist) und nun im Nachtrausch meiner Hamburger Wohnung sichtete.

Es geht um den frustrierten, lebensmüden Werbe-Dressman Roger, Star einer Werbekampagne der Zigarettenmarke 'TOP TEN' - zur Abwechslung beraubt er Banken und Juweliere, muss sich dabei auch mit alten Kumpanen bleihaltig rumschlagen, die ihn tot sehen wollen und zieht zudem eine süße Bekanntschaft vom letzten Raub, die vernachlässigte Frau eines Galeristen, Helga, in die Sache rein, die trotz schweigsamer Empörung über seine Taten schließlich mit Faszination sogar als interner Zuschauer daran teilnimmt.

Der Reiz des kriminellen Lifestyles, gemäß dem wiederholten Mantra des Films aus der inszenierten Zigarettenwerbung 'Französisch lieben - Englisch rauchen', geht sodann soweit, dass sie im entfärbten Betonlabyrinth für ein paar Klunker auf offener Straße Schädel einkloppen und Schienenbeine zerballern (knalliges, beinahe-orangenes Blut spritzt auf den Rinnstein) - man sich daraufhin im herbstlichen Wald-Fort bei Sonnenuntergang vermeintlich romantisch trifft, alles unter den beschwörenden Orgel-Drones des Soundtracks, von dem einzig und allein einige unschuldige, über den ganzen Film verteilte, Schildkröten und ein morbides Puppenspiel über Räuber & Gendarm verschont bleiben.

Als Helga's Ehemann allerdings hinter die Sache kommt, weil er sowieso ein Verhältnis zwischen den Beiden vermutet hat, geht er nicht wie erwartet zur Polizei, sondern geilt sich daran auf, sobald er Helga wieder im Haushalt unter seiner Fuchtel hat - infolgedessen plant sie mit Roger die Ausraubung der bald anstehenden Galerieeröffnung ihres Mannes - und zieht es durch, im zwielichtigen Schein der Straßenlaternen jener tieffinsterer, umschließender Vorgarten-Alleen.

Der Coup gelingt, doch die anarchistische Sicherheit des Outlaw-Daseins nimmt bald eine verhängnisvolle Wendung, der kurzfristige Wunsch nach Ausbruch aus der haltlos-grauen Gesellschaft mit Gewalt ist gerade durch sich selbst zum Scheitern verurteilt. Da bleibt Helga am Ende nur der Gang zurück hinter die massiven Gitter ihres prunkvollen Anwesens.




EINE FALSCHE BEWEGUNG - Wirklich souveräner und zeitweise haltlos-ruppiger, durchweg bodenständig-greifbarer Thriller, welcher sich über das ländliche Smalltown-Folk der USA entfaltet - mit starken und dennoch leichtfüßig gezeichneten Figuren (Top-Script von Billy Bob Thornton, will ich da mal hervorheben), geboren aus einem Ensemble on the top of their game.

Und Junge, Junge, wie sich erst so einige Schichten von Bill Paxton's Charakter eröffnen und einen schönen, dramatischen Bogen um die gesamte Geschichte ziehen...bis hin zum kalt in die Magengrube boxenden Showdown.

Wer diese 'FALSCHE BEWEGUNG' noch nicht kennt, sollte durchaus mal einen Blick riskieren, allein schon für die wirklich reizende Cynda Williams als wohlverdienter Dreh- und Angelpunkt des gesamten Narrativs.




DIE SEVEN-UPS - Nice, der von mir gern gesehene Joe Spinell (R.I.P.) hat hier eine feine Nebenrolle inne! Was es jedoch mehr über diesen Quasi-'French Connection'-Spin-Off, basierend auf einem weiteren echten Fall der Detectives Eddie Egan und Sonny Grosso, zu sagen gibt?

Nun, Roy Scheider spielt gewohnt solide den kernig-melancholischen Bullen, die allgemeine Gestaltung sowie der Spannungsbogen des Films sind ebenfalls von souveräner Erlesenheit. Regisseur D'Antoni kann sogar, wie bei seinen vorherigen Produktionen (u.a. BULLITT & FRENCH CONNECTION), wieder mal eine aufregende, adrenalingeladene Verfolgungsjagd im ungefähr gleichen Zeitfenster des Narrativs vorweisen - dieses Mal sogar noch länger als im Friedkin-Meisterwerk, welchem er sowieso in Sachen Stimmung und Plotstruktur Punkt für Punkt nacheifert.

Leider kann SEVEN-UPS trotz einiger zynischer Ermittlungsmethoden nicht denselben Grad an greifbar-dreckiger Authenzität, eindringlicher Faszination & naturalistischer Ruppigkeit vorweisen - schaffte im Vergleich zu seinem 'Vorgänger' sogar eine familienfreundliche PG-Freigabe, was am insgesamt bieder-oberflächlichen Gesamteindruck der recht beliebigen Krimihandlung leider doch allzu ernüchternd und zudem forciert auffällt.

D'Antoni versucht mit vollem Ehrgeiz, die Magie seiner letzten CONNECTION zu reproduzieren, doch leider versagt er dem Film die 'Connection' zur eigenen Stimme & Vision, macht sich seinen Inhalt auf der Suche nach dem Stil im Endeffekt austauschbar und wirkt deshalb umso belangloser. Schade drum, anschaulich gelungen ist er ja dennoch.




DAS KINDERMÄDCHEN - Wie kann diese 'GUARDIAN ANGEL'-Agentur überhaupt noch legal bestehen, wenn ihre Angestellten immer Babies stehlen und von der Polizei gesucht werden?

Ach egal, immerhin hatte Friedkin seinen exploitativen Spaß mit dieser trivialen Auftragsarbeit, einem abstrusen Okkultthriller der käsigsten Sorte - voll blödelig-blutigen Effekten, durchgeknallten Schauspielerleistungen und Jahrmarkts-Jumpscares, bei denen er sich im Regiestuhl wahrscheinlich totgelacht hat, so heftig-plump sie hier doch aufspringen.

Ursprünglich sollte übrigens Sam Raimi hier Regie führen - man merkt's, vorallem im Finale, in welchem ein lebender, mörderischer Baum (TREEVENGE lässt auch grüßen) dank dem Griff zur Kettensäge in Blutfontänen explodiert.

Für den kleinen Schpläddä-Hunger zwischendurch.




DER ZERSTÖRER / JEDER VOGEL BRAUCHT EIN NEST - 'Ich hoffe sie sitzen gut und haben starke Nerven, denn was ich ihnen jetzt zu berichten habe, könnte sie unter Umständen vom besagten Hocker werfen.'

Wolltet ihr schon immer mal euren gewöhnlich-lahmen, ultrazynischen Cheapo-Crime-Reißer aus dem unbeholfenen Something-Weird-Video-Milieu mit expliziten Hardcoremanövern in jeder Schlüsselszene versehen haben? Vergewaltigung und derb-bekloppte Räudensynchro (die aber unfassbarerweise Heinz Petruo verpflichten konnte) dürfen dabei auch nicht fehlen, während ein alter Sack mit Verbindungen zur Regierung, der 'General', seinen Junior anbölkt, weil der Schulden beim Mob hat.

'- Mr. Mandano, bitte, ich will nicht sterben!
- Das Mädchen wollte auch nicht gefickt werden! Du kennst unser Gesetz: auf Vergewaltigung steht der Tod! Aber du darfst gehen wie ein Mann, mit Würde. Anstelle einer letzten Mahlzeit geben wir dir einen letzten Fick.'

Innerhalb einiger feucht-fröhlicher Lesbenspielereien wird zudem ein alter Vietnamveteran namens Joe Napoli (!) vom General für den Kampf gegen die (hauptsächlich herumverkehrende) Mafia verpflichtet. Dort wird gerade übrigens eines ihrer Mitglieder nach oben erwähntem, knapp 10-Minuten-langen Henkersbumms von einem Revolver, der stilecht aus dem roten Vorhang hervorkommt, erschossen.

Joe Napoli entfesselt sodann seinen gewieften Masterplan, indem er einigen Mobsters aus dem Gebüsch heraus auflauert und diese mit dem Sturmgewehr in die ewigen Jagdgründe schickt. Der große Don Tony Mandano erfährt davon, während er einen geblasen bekommt und setzt nun alles daran, Mr. Napoli auszuschalten, der nun von Staat zu Staat reist, um ganz profan wahllos Mitglieder der Cosa Nostra (u.a. den 'Chef der Mafia', wie die Synchro behauptet) abzuschießen.

'Hallo Vermittlung, geben sie mir die verflixte Nummer von...ALSO ICH HAB DOCH NICHT GESAGT: ICH WILL SIE FICKEN! ODER SIND SIE IM PUFF AUFGEWACHSEN?!'

Schmatzende Schnurrbart-Küsse, extatische Schreihals-Rentner, spartanische Budenzauber-Shootouts im blauen Dunst der 'amerikanischen Nacht', eine uninspiriert-hingeschluderte Story mit reichlich Raum für assiges Gemetzel und verzoomte Porno-Leckereien voller Haare - einfach komplett widerlich als Gesamtwerk, diese ungeschönte, primitve Darstellung der Unterwelt im hedonistisch-gammligen Sexrausch (und damit höchstwahrscheinlich näher an der Realität als manch romantisierte Gangsterepen).

So lässt man eine Woche ausklingen!

Sonntag, 20. Oktober 2013

Tipps vom 14.10. - 20.10.2013



BRENNPUNKT BROOKLYN - Handheld True-NYC-Grit vs. Diskreter Euro-Crime - ein zynisch-fesselnder Meilenstein des schnörkellos-knallharten, am nihilistischen Naturalismus grenzenden, Kriminalfilms.

Geradlinig-haltlose Suspense-Rauscheinheit innerhalb des unterkühlt-abgebrühten Moloch Brooklyns, den oft lediglich unheilvoll-still entlangströmende Streicher begleiten, ehe sie den eruptiv-gewaltsamen Siedepunkt der rücksichtslosen Verkommenheit erreichen.
Und wenn das allein schon nicht reicht, liefert BRENNPUNKT BROOKLYN die wohl intensivste und dreckigste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte ab, gegen welche jene aus BULLITT wie ein gut gemeinter, aber teilnahmsloser Pups wirkt.

Hier wirft man den Zuschauer konkret ins Geschehen rein, ohne Zuckerbrot, direkt mit der Peitsche, tief ab in die gezackten Gedärme des urbanen Betonterrors - eine perfide Hatz im dunkel-abfallenden Tal der schäbig-selbstsüchtigen, dekadent-kriminellen Herzlosigkeit.

So findet dann auch der vermeintliche Showdown im chaotisch-verätzten Magensumpf des Verbrechens statt - ein finsterer Höllenort mit bis über den Abspann hinausjammernden Biest-Gejaule des Orchesters. Das diabolische Herz der Großstadt, in welcher der Obermotz für ewig verschwinden kann - ähnlich wie Jahre später in dessen Rückkehr bei Friedkin's Nachfolgewerk DER EXORZIST.

Eine wahrlich atemlose Wucht...




00 SCHNEIDER - IM WENDEKREIS DER EIDECHSE - Aus dem abendlichen Nieselregen heraus, mit dem schwarzen Wollmantel umgespannt, begebe ich mich zu meiner Wohnung und auf dem Flur hallt die Jazztrompete. Heute fällt es besonders auf, denn ich komme gerade aus der ulkigen Abhängrunde mit Kommissar Roy Schneider auf der großen Leinwand.

Stilsicher wie eh und je, im selben eigensinnigen Modus aller seiner Regiearbeiten, überzeugt der Helge auch hier wieder mit einer sympathisch-aberwitzigen Mixtur aus abstrusem Nonsens-Humor und gemütlich-atmosphärischen Weltenaufbau, bei der sich auch ein Touch von noiriger Bullen-Melancholie auf die Seele legt.

Den wieder mal sehr freiförmigen Narrativ hier nachzuplappern kann ich mir ja wohl ersparen, wo 00 SCHNEIDER 2 doch in erster Linie eine loungige Charakterstudie darstellt, die in ihrer zeitlosen und tolldreist-plakativen Aufmachung eh ihr eigenes Ding macht, abwechselnd umherschlendernd und vollends bescheuert durch den Tag lebt.

Ähnlich wie bei Jess Franco wird hier zudem der Jazz mit Almeria, Spanien verbunden, welches zeitweise zum Umkreis von Mühlheim dazugehört - pure Fantasie, das Kino in Reinform (wohlgemerkt in 16mm). Dem Alltagstrott entfliehen und einfach nur 'chillen', wie Sergej Gleitmann es im Film anspricht, in diesem bunten Figurenfundus - ja, was war das für ein Genuss...




DER SÖLDNER - Schon etwas länger liegt bei mir zuhause die alte, ungekürzte Thorn-Emi-VHS hiervon herum und...mann-o-mann, dieses Gefühl von 'Verbotenem' hatte ich schon lange nicht mehr gespürt, wo schon in der ersten Sequenz eine Frau & ihr Baby überfahren werden, was sich sodann als Attrappe für ein anstehendes, dunkelrot-schäbiges, blutiges Slo-Mo-Erschießungskommando herausstellt. Und auch wenige Minuten danach entfesselt sich auf einer graugrün-matten Landstraße ein bleihaltiges, alptraumhaftes Massaker, das von den pulsierend-mystischen Synthtracks Tangerine Dream's und der eiskalten, hypnotisierenden Bildgestaltung - bis hin zur eruptiven Höllenexplosion - wie direkt aus einem Eric-Red-Thriller, getragen wird.

Daraufhin entwickelt sich der Kalte-Krieg-Plot, der natürlich wieder das typische Sowjet-Feindbild jener Zeit in den Vordergrund rückt und sowieso einige höchst naive, politische Verhältnisse zeichnet - die jedoch sodann von der unheilvollen Stilisierung James Glickenhaus' zwielichtig-schnörkellos überschattet werden, auch wenn das Drehbuch einige relativ pulpige Handlungen aus den Annalen des Eurospy-Genres vorschreibt. Doch im nächsten Augenblick steigert sich sodann ein weiteres, massives Action-Setpiece im dichten Sequencerrausch zum audiovisuellen, dialogfreien Monolith der erbarmungslosen Tötungs-Effizienz - verfestigt sich in ausgelassenen Zeitlupen der wehrreichen Flucht, welche die Realität durchbrechen, Korruption und perfide Geheimdienstmachtspiele zum Vorschein bringen und sich mit geisterhaftem Nebel über die oberflächlich heile Welt legen, wo selbst ein umherschwebendes, rotes Modellflugzeug zum unscheinbaren Spielball der Mächte wird.

Hauptdarsteller Ken Wahl lässt zudem als Spezialagent-Protagonist kaum ein Lächeln und nur ganz selten einen flotten Spruch über die Lippen flitzen, lässt seine Mimik in den haarsträubensten Situationen zielstrebig kalt (den Comic-Relief erfüllt dafür in beinahe nur einer Sequenz der gut aufgelegte Steve James) und erreicht allein mit seinen antrainierten Gefechts-Reflexen den gewünschten, harten Impact - bespricht mit seinen Team beim Briefing auch nur das Nötigste, erledigt selbst das nachfolgende Liebesspiel offenbar schlicht aus Obligation 'gut genug'. Es bleibt sowieso nur wenig Zeit dafür, da das Geschehen konzentriert und geradlinig beständig flott auf den unvermeintlichen, globalen Showdown hinarbeitet, den man am Liebsten bar jeder Emotionen oder Umstände anhand des ausgeklügelten Superplans erledigen will, wie es die auftraggebende Regierungsinstanz am liebsten hätte, die offenbar sogar gewaltreiche Infiltrationen in eigene Militäreinrichtungen in Kauf nimmt - wahre Helden sind das nicht, besitzen zudem keine Namen, wie Krieger aus dem Reagenzglas.

Glickenhaus schafft sodann im eindringlichen Schleier regenbefluteter Berliner Mauern, in Brücken eingebetteter dämonischer Fratzen und dem erdrückend-rastlosen Klangteppich zersetzender Stabilität ein hartes und nihilistisches Bild der damaligen ausführenden Organe der jeweiligen Weltmächte - innerhalb von knapp 85 sehr flotten, ballastfreien Minuten, wo Herzlosigkeit und kalte Berechnung zum Modus operandi geworden ist und die anstehende, nukleare Apokalypse aus klobigen Regierungs-&-Militärkomplexen heraufbeschwört, die es im Adrenalindelirium zu verhindern gilt, damit die vermeintliche, rockige Katharsis umso pathetischer gefeiert werden kann (solange jedenfalls, bis der nächste Schachzug wieder alles aus dem Lot kippen könnte, denn 'der Böse' wurde ja nicht umgebracht, nur gedemütigt). Eine recht atemlose Powertour, dieser unaufhaltbar-zielsichere, zackige und stets bierernst-straightfaced 'SÖLDNER'. Knallhart-unterkühltes, abweisendes 'Eskapismus'-Kino - beinahe emotionsfrei, aber dafür umso einschneidender - ein Action-Mammut ohne Pause. Und im schlimmsten Fall eine Welt, in der wir noch immer leben.

Fun Fact aus dem CINEMA Jahrbuch 1983: Offenbar war ein zweiter Teil unter dem Titel 'Der Söldner 2 - Kommando Rainbow Warrior' geplant, in dem neben Ken Wahl auch Tomas Milian, Götz George und Kurt Russell mitwirken sollten. Daraus wurde leider nichts, obwohl der Erstling gar nicht mal so schlecht besucht wurde.




ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN - Veit Harlan's letzte Regiearbeit vor seinem Tode (hiernach folgte lediglich ein Zusammenschnitt zweier vorangegangener Maharadscha-Filme) ist zugleich das erste und einzige seiner Melodramen, dass mir tatsächlich pur-sentimental und vollkommen vorbehaltlos zu Herzen ging. Ein wirklich versöhnlicher Abschied von einem derartig umstrittenen Regisseur, auch wenn er durchaus wieder die Perfidie des Menschen thematisiert, hier aber nicht auf eine ideologische Absicht zielt, sondern auf eine emotionale.

Seine Ehefrau Kristina Söderbaum verliebt sich in der Rolle der Ines in den Witwer Rudolf (Hans Holt), heiratet ihn und zieht in sein Haus ein. Doch ihr entgegen steht seine missmutige Familie, die sie nicht akzeptieren will - weder das Hausmädchen Anne, noch die Tochter Nesi sind bereit für einen neuen Anstrich. Nesi stellt sich sodann richtig quer gegenüber ihrer Stiefmutter und begeht eine freche Tat nach der anderen, beschimpft und verletzt in ihrer kindlichen Naivität und ihrem Unverständnis, eine neue Mutter zu akzeptieren.

Ines hält die Pein aus, so gut es geht und versucht einen Draht zu dem schwierigen Kind aufzubauen, doch es steht wie alle im Haus noch unter dem Bann der seligen Mutter Maria, deren alter Pavillon noch vor der Tür steht, dahinvegetiert und eine Schar an Fledermäusen beherbergt. Als Ines aber schwanger wird und Anne wegen ihres unverfrorenen 'offenen Hasses' endgültig verdientermaßen rausschmeißt, kann Nesi es nicht mehr ertragen und flüchtet aus dem Haus, es bahnt sich eine Katastrophe an.

*SPOILER* Als Nesi jedoch im Zug zu Anne auf einen Priester trifft, erklärt der ihr ganz ruhig und eindringlich, wie gemein sie doch zu Ines war und das sie um Vergebung bitten sollte. Sie sieht es schlussendlich ein und kehrt nach Hause zurück, wo die geschwächte Ines nach einem Schock 2 Kinder zur Welt gebracht hat. Unter Tränen bittet Nesi um Verzeihung - Ines vergibt ihr natürlich, denn endlich wird sie in diesem Hause akzeptiert und kann das liebende Oberhaupt dieser Familie werden. *SPOILER ENDE*

In der Autobiographie von Kristina Söderbaum 'Nichts bleibt immer so' erläutert sie, die Harlan's dritte und letzte Ehefrau war, wie schwer sie es hatte von Harlan's Kindern aus letzter Ehe akzeptiert zu werden. Zudem stieg ihr der Argwohn der Ex-Frau Hilde Körber entgegen, der Harlan trotz Scheidung immer noch gewissermaßen innerlich gehörig war - so besetzte er sie Jahre später noch in 'DER GROSSE KÖNIG' und verbrachte mit ihr und den Kindern Weihnachten, während Kristina alleine zuhause Tränen vergaß.

Diesem Fehlverhalten seinerseits folgte mit 'ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN' eine späte Einsicht - so schrieb und inszenierte er dieses Melodram nach einer Novelle von Theodor Storm ('Viola tricolor'), um so ziemlich genau ihre damalige Situation ihretwillen zu verarbeiten. 'Untermauerte' seine ultimative Liebeserklärung zudem mit der Besetzung von Hilde Körber (!) als griesgrämiges Kindermädchen Anne, welches letztenendes von der Söderbaum selbstbewusst zurechtgewiesen wird. Und auch das Kind in diesem Film, dass so unfassbar fies und arrogant gegen die neue Mutter vorgeht, sieht schlussendlich ein, dass die Söderbaum nur für sie da sein wollte und macht die Versöhnung doch noch kathartisch komplett.

Natürlich war das auch ein kleiner Wink ans Publikum von Harlan selbst, dass man ihn auch endlich für seine Vergangenheit entschuldigt. Auch wenn die Gerichte damals anders entschieden haben, bleibt sein umstrittenster Output aus der Nazi-Zeit für mich vom Inhalt her noch immer indiskutabel verachtenswert und unmenschlich. Aber hier muss ich nun auch ein Zugeständnis machen, dass ihm mit 'ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN' ein recht herzlicher, für ihn ungewohnt feinfühliger und besonders zum Ende hin emotional starker Film ohne überschwängliche Morbidität oder allzu penetranten Symbolik-Pomp gelungen ist (sehr christlich ist er trotzdem). Er reiht sich damit zu den anderen, mir wohlgesonnenen Werken Harlan's ein, 'VERWEHTE SPUREN' und 'HANNA AMON': künstlerisch sehenswert ohne eklige, anbiedernde Ideologie. Mir fehlen noch immer ein paar seiner Werke, die mich interessieren (u.a. alle seine Nachkriegsfilme), aber dieser letzte Film hier von ihm, den darf man mögen, ja wirklich (auch wenn die Nesi manchmal echt ein richtiges Arschloch ist).




THE STABILIZER - Aberwitziges, indonesisches Actionabenteuer, dass von seinem hyperfrisierten, übermenschlich-akrobatischen Protagonisten Peter 'The Stabilizer' Goldson und dessen cooler Polizeitruppe lebt, die gegen die bösen Machenschaften des Drogenbarons Greg Rainmaker ankämpft - rabiat-schweißtreibend & mit geballter Feuer-, Faust- und Vehikelkraft.

Recht kurios erscheinen in THE STABILIZER neben der energisch-kurzweiligen und klobig-bunten Hau-Drauf-Exploitation-&-Pyrotechnik-Inszenierung eine ganze Reihe skurril-brachialer Stunts, bei denen manche Beteiligte wie's aussieht mit dem Leben bezahlen mussten (würde mich nicht wundern, nachdem was man alles in der Doku 'MACHETE MAIDENS UNLEASHED' über solche Produktionen gelernt hat), sowie ein besonders fieser Henchman, der vor der Kamera kleine Tiere bestialisch auffrisst.

Und genauso knallig erscheint sodann die allgemein-kostengünstige, aber irrwitzig-wilde Gestaltung des Films, die in ihren Eskapismus-Fantasien so fern von der Realität und gleichfalls so nah an der Welt des Comic-Pulps ist, dass der abstruse 80's-Spaß keinen Abbruch findet (erst recht nicht in einem Handgemenge, dass mit seinen pointierten Schlägen & Tritten recht schön dynamisch zu Synthbeats geschnitten ist).

Aber vertraut nicht nur mir, denn dieses Bild aus dem Film (welches recht merkwürdig den Besitzer wechselt) sagt hoffentlich mehr als tausend Worte:


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THE LAST WARRIOR - David Worth's 'HIGH PLAINS DRIFTER ON A MOTORCYCLE', wie er seinen Pitch von damals beschreibt, ist zwar nicht ganz der mysteriöse Burner wie der Clint-Eastwood-Klassiker, auf den er anspielt - aber eine knackige Sause durch die kostengünstige Postapokalypse ist ihm dennoch gelungen.

Robert Ginty durchlebt hier mit seinem klugscheißerisch-quatschenden Motorrad Einstein eine Odyssee durch die dystopische Zukunft, schlägt sich mit Schrottplatz-Punkern und Omega-Nazis rum. Als er allerdings von einer übernatürlichen Gruppe Weiser Mönche auserwählt wird, den Wissenschaftler McWayne (der übrigens aussieht wie eine B-Version von Eastwood) mithilfe seiner Tochter Nastasia zu befreien, um die Welt vor der Schreckensherrschaft des Diktators Prossor zu retten. Widerwillig wie Jahre später Kurt Russell in 'BIG TROUBLE IN LITTLE CHINA' willigt Ginty ein und schlägt sich, an mutierten Mumien vorbei, zur Hauptstadt durch, in der die Menschen unter dem Bann eine Glücklichmacher-Drinks gleichgeschaltet willenlos in Gruppen umherwandern und malochen.

Bei einer Hinrichtung von Andersdenkenden schlagen Ginty und Nastasia sodann beherzt zu und holen ihren Daddy mit einem Helikopter und einer großen Menge Maschinengewehr-Power da heraus. Doch sie bleibt leider zurück und so muss Ginty, der sich von McWayne überreden lässt, nochmal zurückzukehren und die Rebellion gegen das Regime anzuführen, mit einem gladiatorischen Faustkampf die Punker (und einige random shirtfreie Karatebuben) auf seine Seite bringen. Zusammen dann stoßen sie in einer MAD-MAX/Halicki-artigen Vehikelschlacht in die Stadt vor und entfesseln den ultimativen Gegenschlag.

Das flotte 80's-Abenteuer aus italienischer Finanzierung liefert gepflegte B-Unterhaltung mit reichlich handgemachter & rasanter Action, einem astreinen Powerchord-Synthsoundtrack und einem teils ganz niedlichen Humor, der dank der deutschen Spaßsynchro nochmal an Unterhaltung dazugewinnt. Auffällig energiegeladen kommt zudem die Kameraarbeit Giancarlo Ferrando's daher, die sich immer mal gerne per Hand ins Gefecht wirft und an den zahlreichen Vehikeln, ähnlich einer GoPro, angeheftet wird, dass man als Zuschauer auch in den halsbrecherischsten Stunts mit dabei ist.

Und manchmal gelingen KARATE TIGER-Regisseur Worth auch einige schön impressive Szenen, wie jene im melancholisch-verträumten Nazi-Ausdruckstanzclub und jene von der recht erdrückenden Dystopie-Metropole. Dagegen bäumt sich allerdings auch immer ein recht aktiver Ginty hervor, der mit seinem unfreiwilligen Heldentum dann doch am Ende verschmitzt den Tag rettet. Zudem einer merkwürdigen Siegeshymne beiwohnen darf, die er als einsamer Reise dann allerdings wieder verlassen muss, nicht aber ohne noch einen innigen Kuss mit Nastasia auszutauschen - that's what good guys do.

Ganz liebes und knalliges Jungskino aus US-italienischem Hause, oberflächlich-apokalyptisches und schnörkelloses Genre-Vehikel in minimal-budgierter, hochsympathischer Montur - schickes Ding!




SIEBEN STUNDEN DER GEWALT - George Hilton begibt sich als rauhbeiniger, Karate-beherrschender Auftragskiller nach Griechenland für die 'Operation Skorpion'. Jedoch muss er schnell feststellen, dass ihn sein Auftraggeber Sam (welcher ihn sowieso nur per Erpressung überreden konnte) zur tödlichen Jagd freigegeben hat - der Polizei kann er z.B. gerade noch dank der Hilfe einer Unbekannten, Helena, entkommen.

Für ihn gibt es fortan nur noch ein Ziel: raus aus dem Land! Doch jeder Schritt nach vorne wird von der Gegenseite (u.a. eine chinesische Schlägerbande) zurückgetreten. Eine existenzialistisch-rasante Odyssee durch griechische Nächte und verrostete Kutter entfesselt sich unter dem peitschend-beschwörenden Metallgepolter Allessandro Allessandroni's, direkt aus einem entrückten, antiken Schiffahrtsstreifen zu kommen scheinend - und zum Ende hin geht's neben der Suche nach den heiligen Ausreisedokumenten und der Bezwingung des Bösen auch um die Befreiung der holden Dame, mithilfe von artistischen Schaukämpfen. Mehr Sagen-Symbolik geht nicht!

Gesichtet habe ich den Film unter eher widrigen Umständen von einer Vollbild-VHS des in 2,35:1 gedrehten Films, dessen deutsche Synchro zudem in den 80ern 'nachgeholt' wurde und ab und an wegen fehlendem IT-Track eine eher abgehakte Musikspur vorweist. Nichtsdestotrotz scheint der reißerisch-nihilistische Thrill des Tarantini-Erstlingswerks stetig durch und kann mit seiner exploitätigen Suspense & Rasanz viele zynisch-kurzweilige Schauwerte abliefern.

Geradezu olympisches und schnörkelloses Italo-Crime-Kino, von den bretterzertrümmernden Faustschlägen am Anfang bis hin zum vom Rost zertrümmerten Schiffsrumpf der bleihaltigen Mafia-Gewalt am Ende.




IN FRANKFURT SIND DIE NÄCHTE HEISS - Mir fiel kürzlich eine alte RTL-TV-Aufnahme vom Film in die Hände, der in jener Fassung länger ist als auf VHS - aber dort auch nicht ungekürzt ist, was man deutlich merkt.

Olsen inszeniert hier in hart-noirig ausgeleuchtetem Schwarz-Weiß seinen gewohnt reißerischen Milieukrimi mit Erwin-Halletz-Swing um einen jungen Wiener Peter, der in Frankfurt den Messermord an seiner Verlobten/Prostituierten Vera Tschechowa nachzuforschen versucht und dabei an illustre Puffgesellen & Wirtschaftler wie Erik Schumann (späterer Synchronsprecher von Buck Bundy), Fassbinder-Koryphäe Barbara Valentin und Walter Kohut (der Theo aus 'SUPERMARKT') gerät.

Aber auch der abgeklärte Kommissar Konrad Georg ermittelt in der Angelegenheit im Sündenpfuhl herum und wird bei allen ihren Kunden vorstellig, von denen zudem jene aus höheren Positionen ihren Arsch und Ruf zu schützen versuchen, dennoch wegen ihrer Connections zur Vera auf die Schnauze fallen - bei denen wird sodann zynisch intrigiert, geschieden und blamiert.

Olsen nutzt die Starpower der Tschechowa trotz ihres frühen Ablebens im Narrativ so gut es geht aus, erzählt ihre zahlreichen Bekanntschaften mit knalligen Rückblenden, die nach und nach den Hintergrund für die brutale Messertat aufdecken, während in der Gegenwart die beteiligten Parteien untereinander Stunk machen, was sich in einem Bandenkrieg der leichten Damen entfesselt.

Das allgemeine Klima des Streifens ist sowieso durchweg verranzt, obszön und profan, wo sich untereinander einfach niemand wirklich ab kann und Gegenspieler in jeder Gesellschaftsgruppe gleich rotzig entledigt werden. Nur der unruhig-wehmütige Peter glaubt noch an echte Romantik und schwelgt nur allzu gerne in charmanten Erinnerungen an seine Dame. Schließlich knöpfen sich auch die Kollegen aus Vera's Gewerbe aus 'Mitgefühl' nun ihre Kunden vor und machen keinen Halt vor Knüppeleien und Folterung, um anhand neugewonnener Informationen den soziopathischen, sexuell-frustrierten Täter endgültig unschädlich zu machen.

Am Ende ist das Verbrechen gelöst, doch nur auf kriminellem Wege, ein richtig-befriedigender Abschluss für alle Beteiligten ist nicht möglich, was ja auch lediglich die FSK befriedigen sollte, damit das sündige Milieu am Ende ja nicht gut dasteht. Aber Olsen, ich weiß worauf du hinauswillst. Bei dir ist die Unterwelt mit ihren kernigen Typen und kessen Girls, vorallem in deinen St. Pauli-Filmen, doch so unbedarft-menschlich und herzlich wie sonst nirgendwo, auch wenn sie jenseits des Gesetzes arbeiten - und es hat mir wie immer echt gut gefallen.




DAS WILDE AUGE - Paolo Cavara rechnet mit seinem Co-Mondokollegen Gualtiero Jacopetti ab. Ein missmutiger Treck von Dokumentarfilmern, unter der Führung des zynisch-reißerischen & profilneurotischen Regisseurs Paolo (!), schleppt sich nach einer Autopanne durch die Wüste - selbst in dieser ausweglosen Lage wird das Zelluloid sensationalistisch durch die Kamera gerollt. Schließlich werden sie doch noch gerettet und der offen-chauvinistische Paolo begibt sich zur Fertigstellung des Films voll finanziert sodann in weitere, orientale Abenteuer mit seiner Crew, auch um einem seiner Assistenten dessen Ehefrau Barbara auszuspannen.

Doch auch dort setzt Paolo auf Shock-Value und lässt Menschen vor der Kamera übertrieben quälen, weil das nunmal 'effektiver für den Film' daherkommt, zündet sich bei den Aufnahmen auch mal eine Fluppe an, während der Rest der Crew vor Empörung am Rande des Kotzens steht. Hier entpuppt er sich nochmals als Manipulator und Verführer, gibt Barbara verschmitzt zu, dass er die Autopanne damals für dramatischen Effekt inszenierte und zieht sie danach nochmals unters Laken, will sie sogar zum Star und narrativen Bogen des Films machen (was sich auch für diesen Film an sich tragisch bewahrheitet) - trotz anfänglicher Bedenken fängt sie sogar an, an sein Genie zu glauben. Seinem unmenschlich-verachtenswerten Handeln und Reden tut das allerdings keinen Abbruch, erst recht nicht dem Beischlaf mit anderen Frauen.

Er lässt in Vietnam sodann einen Mönchen 'engagieren', der sich selbst verbrennen soll und filmt Kriegsgefechte mit, bei denen er von den Vietcong sogar eine gehörige Tracht Prügel abbekommt - seine einzige Frage danach an seinen Kameramann: 'Hast du wenigstens Aufnahmen von mir gemacht, als sie mich geschlagen haben?'. Selbst öffentliche Hinrichtungen können ihm nicht schnell genug gehen, wo das Tageslicht doch bald verschwindet - hetzt die Kamera plakativ auf bittere Tiefen der Menschlichkeit (auch seine eigenen) und nimmt sogar in Kauf, seine Leute und sich selbst für die bildgewaltige Horror-Sensation zu verheizen.

Kritisches Portrait der Sensationsgier und eine wirkungsvolle Abrechnung mit früheren Kollegen - Cavara gelingt die semi-autobiographische Verarbeitung einschlägiger Erfahrungen im Filmgeschäft und kann mit einer recht behutsamen Inszenierung sowie der melancholischen Musikuntermalung punkten, während er empörende Einblicke in die reißerischen Abgründe des frühen, radikalen Shockumentary-Genres gewährt. Mag zwar recht hypokratisch erscheinen, dass er als früherer 'Mittäter' jene Geschehnisse auf der Leinwand nun als Opfer mit erhobenen Zeigefinger abfertigt, liefert insofern dennoch die mahnende Charakterstudie eines besessenen, rücksichtslosen Filmemachers, der zum Schluss hin seine Handlungen zwar bereut, aber dennoch im Zwang steckt, jede Emotion, also auch seine Reue, für die Kamera selbstbetrügerisch auszubeuten. Eine recht tragische Figur und ein durchweg tragischer Film.




DAS LUSTSCHLOSS IM SPESSART - Autorenfilmer Victor Stuck liefert mit diesem seinen einzigen Film genau das, was man sich unter dem Titel vorstellt: eine schnell zusammengekurbelte, ulkige Nackedeisause. Im leicht verkeimten 4:3-Format spickt er das frivole Geschehen mit klamaukigen Gags, die in ihren Speed-Up-Spielereien und theatralischen Gesichtsverrenkungen innerhalb klobiger Setkreationen ganz wohlig an 'Klimbim' erinnern.

Die neckisch-verdorbenen Dialoge/Wortspiele und hyperplatten Situationskomiken ungefähr-episodischem Formats werden zudem in eine hübsch-herbstliche Nadelwald-Aura eingehüllt (während die Frauen allesamt genüsslich enthüllt werden), die zudem von sympathisch-spartanischen Budenzauber-Tricks unterwandert wird.

Am Ende findet dann ein spitzfingriger Schatzsucher in den verstaubten Schlossmauern ein uraltes Liebeselixier und versetzt damit die gesamte Kurgesellschaft des Lustschlosses in einen frenetischen Bumsrausch erster Güte - es rauchen sodann animierte Brüste aus dem Schornstein - die Krönung! Eine Sexklamotte zum Scheckiglachen und Begaffen - wer hier bewusst zugreift, wird nicht enttäuscht.




CRAZY FAT ETHEL 2 - Ein wilder Mix aus Filmmaterial von Teil 1 und auf VHS gedrehten, neuen Szenen der CRAZY FAT ETHEL, vom selben Regisseur, der im Zeitraum zwischen beiden Filmen offenbar lediglich an Unvermögen hinzugewonnen hat, aber dennoch ein unvergleichbares, filmisches Erlebnis für ca. 60 Minuten Laufzeit bereithält.

Ethel verbringt ihr Dasein damit, in der Psychatrie Pudding zu essen und sich an ihre früheren (random aufgeteilten) Abenteuer zu erinnern, wobei sie auch öfters einschläft. Als die Klapse Budgetkürzungen einstecken muss, leiten sie Ethel zusammen mit einigen anderen Verrückten an eine aufnahmefreudige Omi namens Hope weiter (ihr Motto: 'We must never lose hope.'), wo Ethel weiter an ihre früheren Morde zurückdenkt und nun Suppe isst. Natürlich macht sie da auch irgendwann Stunk - während die anderen 'Gäste' entgeistert umherschwirren (einer glaubt, er wäre eine Spinne) - fragt andauernd genervt, wann es wieder was zu essen gibt.

Ein Pfleger jedoch verarscht die Patienten, indem er Hundefutter als Corned Beef ausgibt und vor Ethel's Nase eine Stange Toblerone auffrisst. Sodann muss er mit dem Leben bezahlen. Die Polizei wird darauf aufmerksam und auch einer der Patienten, welcher seine Ehefrau umbrachte, wird Zeuge der Tat - erpresst Ethel damit, dass sie ihm für die nächsten 2 Wochen ihren Nachtisch überlassen muss, sonst packt er aus. Den wiederum will sie mit Strychnin-vergifteten Tee killen, welcher von beiden oft als heiß bezeichnet wird, dann aber nach 30 Sekunden zu kalt ist - also muss sie sich was Neues für ihn ausdenken, während sie einen Apfel isst: 4 Messer in den Rücken.

Danach nimmt Hope ihr die Bretzeln weg: Totschlag (ohne Schlaggeräusche)! Der Leiter der Psychatrie wundert sich, dass niemand mehr in Hope's Hütte dort das Telefon abnimmt und begibt sich zu ihr, wird dann aber auch, nach einigen Rundläufen um den Essenstisch inkl. Hundegebell aus dem Off, von Ethel abgestochen. Sodann tanzt Ethel, nun seltsam befreit wie eine Ballerina, dahergrinsend im Hinterhof herum. Legt sich daraufhin wieder auf eine Couch schlafen und lässt den Film mit einigen weiteren, mörderischen Rückblicken auf Teil 1 ausklingen - History repeats itself.

Was in diesem kurzen Abschnitt meiner vergeudeten Lebenszeit besonders auffällt, sind die abrupten Wechsel der Handlungsebenen. Das 'neue' Material ist ganz simplistisch runtergekurbeltes Amateurmaterial, dass weder externen Ton (dafür schön verrauschten Kameraton) noch ausgeklügelte Beleuchtung benutzt und erst recht keinen Soundtrack aufsetzt - mit hölzernen Schauspielern, die in unglaublich langen Einstellungen ein trostloses Dasein - bis zum Tode - fristen. Schlagartig wiederum hacken sich Ethel's Erinnerungen an Teil 1 hinein, die zwar besser (und auf Zelluloid) gedreht sind, weit mehr schauspielerischen und blutigen Exzess sowie einen kakophonen Horror-Score bieten, allerdings auch an sich knapp am B-Movie-Niveau vorbeischrammen und volle Kanne im SOMETHING-WEIRD-VIDEO-Katalog landen. Und dennoch wird bei diesen Umschnitten die Nacht zum Tage.

Jedoch entwickeln gerade die VHS-Sequenzen eine schon ranzig-hypnotische Wirkung, die in ihrem Dilettantismus eine entrückte Nische der soziopathisch-verwirrten Gedankenwelt und all der erdrückenden Leere um sie herum hervorbringt. Und das Schöne daran ist: fast jeder könnte genau diese Szenen 1:1 nachbilden - werde ich in Zukunft auch mal in Angriff nehmen! Wer dieselbe Inspiration braucht, hier hat jemand den Film auf youtube hochgeladen, viel Spaß!

Montag, 14. Oktober 2013

Tipps vom 07.10. - 13.10.2013



PRISONERS - Willkommen im Labyrinth der Hölle.

Aber sie Glückspilz, sie...hier erleben sie das derzeitig wohl bitterste, finsterste und nervenzerreißenste Stück Kino des Jahres, auf soziopathisch-verstörendsten Schreckenspfaden des provinziell-eiskalten Serientäter-Americanas, im Angesicht zweier unfassbar tief erschütterter Familien, die bis zum Äußersten getrieben werden.

Erdrückener Seelenhorror im behutsam-einschlagenden und immer tiefer-einsteigenden Endstadium - eine wuchtige, um den wehr- & fassungslosen Hals des Zuschauers schlängende Über-Performance von Film.

Roger Deakins und seine visuelle Magnetkralle - Jackman, diesmal ohne Krallen, aber mit Dimensionen-brechender Intensität - Gyllenhall so geil wie nie - DER FALL...alles nur die besten Zutaten für diesen langsam, aber stetig Seelen-aufsägenden Mammutreißer, vom Anfang bis zum Ende!




SYMBOL - Gott ist ein Japaner ♥




STRANGE DAYS - Das Geschäft mit den Erinnerungen, am Advent des Millenniums. Erst recht mit Erinnerungen an den Skandal um Rodney King und der Polizeigewalt der 90er, welcher diese versiffte Cyberpunk-Welt vollkommen aus der Bahn zu werfen droht, wenige Minuten vor Mitternacht seine blutige Fratze mit Dienstmarke auf der Weltbühne zum kaltblütigen Mord anhieft.

Ein - erst recht in den eindringlich-spürbaren und unfassbar-ausgefeilten POV-Sequenzen - meisterhaft inszeniertes, hartes Thrillerabenteuer von Kathryn Bigelow, aus der Feder ihres damaligen Ehemannes Jimmy Cameron - beide gehen auf High-Concept, erbauen eine dystopische Technoparade mit ihren charismatischen, recht glaubwürdigen Hehlern der verbotenen Virtual-Reality-Gedankenwahre, konfrontieren diese anhand der Powerfraukraft von Angela Bassett mit der hier und jetzt stattfindenden Unmenschlichkeit & Gewalt und plädieren erdrückt vom Pandemonium der Paranoia für eine friedlichere Welt.

Leicht naiv und formelhaft: sicher. Aber dennoch ein beeindruckendes, rastlos-treibendes Stimmungsstück und vorausschauendes Bewältigungskino der damaligen Unruhen und Ungewissheiten für die Zukunft, mit letztendlich optimistischer, antirassistischer Haltung (Schwarz & Weiß teilen sich zum Schluss einen süßen Kuss, war dazumal nicht gerade allgegenwärtig) und einem noch immer wirksamen Wow!-Faktor. Ein weiterer, ungerechtfertigter Flop seiner Zeit.




DIE HEISSE SPUR - Der Film mit Hackman's berühmten Eric-Rohmer-Diss 'IT WAS KINDA LIKE WATCHING PAINT DRY.'

Kein Wunder für seinen Charakter, eben das im Namen des Films und Regisseur Penn zu äußern, wo er doch als Detektiv triebhaft-locker-schmissig und geradlinig-unbedarft innerhalb des selbstherrlich-zynischen Sleaze-Pool Los Angeles und Hollywood, im Auftrag einer alternden Diva, auf (zunächst) beliebige Personensuche geht und sich zudem mit dem Liebhaber seiner Frau (die ihm vorwirft, langweilige, triviale Jobs abzuarbeiten, die nichts Erhellendes hervorbringen), dem Arthouse-Antagonisten Harris Yulin, herumschlagen muss.

Dieser persönlichen Tristesse entfliehen wollend, begibt er sich ins Sumpf-Paradies, wo er die junge Melanie Griffith, die ihm ganz schön den Kopf verdreht, zurück auf's Festland bringen muss, womit ihm auch die abgeklärte, braungebrannte Powerfrau Jennifer Warren behilflich ist. Auf dem Weg dorthin finden sie bei einem nächtlich-lockeren Tauchgang aber eine vergammelte Leiche in einem abgestürtzen Flugzeug, weshalb man erstmal weiter auf dem Eiland bleiben muss und sich gefühlvoll & der Geschichte dahinter zwangsläufig näherkommt.

Da wird die eventuelle Abkehr davon und die Rückkehr ins verkorkste Eheleben umso bitterer, also zieht Hackman daraufhin die freischaufelnden, mutigen Konsequenzen, die sich aber auch positiv für ihn herausstellen, weil er sich seiner Frau besser öffnen kann und sie ihn auch wieder liebevoll versteht. Doch dann kommt sein letzter Fall bei einem Autounfall am Set ums Leben, welchen Hackman als Rohmaterial auf der Leinwand in der wohl eindringlich-stärksten Szene des Films vorbeiziehen sieht. Jetzt legt er alles darauf an, aus energisch-liebender, quasi-väterlicher Obligation, herauszufinden, wie das passieren konnte, denn er glaubt an Mord.

Ein Werk über die Filmindustrie in der langsam abflauenden Nouvelle Vague des New Hollywood, über künstlerische Integrität und Sich-Selbst-Treusein, darüber sein wahres Herz vor verlogen-elitärer Vereinnahmung abzuwehren - auch wenn dies alles letztendlich scheitert, war es das trotzdem wert. Denn unter der Oberfläche des Trivialen offenbart sich hier weit mehr Substanz, schöne wie auch finstere, als man anfangs vermutet hätte - bleibt dennoch durchweg bodenständig, aber voll vorantreibendem Elan, mehr Charakterstudie als Krimi, nah am Menschen und seinem Wesen...und umso bitterer in seiner 'Auflösung'.


 

THINGS - Biergesellige Kanadier mit Geheimratsecken und Wildnisbärten erschaffen voller handwerklichem Unvermögen eine abstruse Grusel- & Gore-Mär im Strudel unverständlicher Übernatürlichkeit einer Omaküche und anachronistischer Synthrhythmen, stellen zwischendurch Amber Lynn vor einen Turm von Fernsehern, um belanglose Nachrichten abzulesen.

Hauchen und spucken ihre mündlich vorgetragenen Soundeffekte zusammen mit entrückt-aufgesetzten Nonsens-Dialogen inkl. plattester Genre-Referenzen ins handelsübliche Mikrofon, während die Kamera ziellos durch das ranzige Hüttchen im krankhaften Baustrahlerlicht gehandhabt wird. Sobald die klobigen Monsterkreaturen darin entfesselt werden, scheint ein Entkommen für unsere Proletenhelden unmöglich, weshalb sie genervt und oft zum Alkohol greifen und die Situation verrauscht ausdiskutieren.

Ab und an gehen sie auch gegen die seltsam teilnahmslosen Viecher vor, verlieren sich daraufhin aber erneut in den höllisch-roten Wänden des Anwesens, in denen sie nicht mal mit ihren Taschenlampen zurechtfinden und schlussendlich komplett entgeistert umherirren, dass man als Zuschauer ein fehlerhaft-programmiertes Delirium wahrzunehmen scheint, allen voran wegen der amateur-psychedelischen, lückenhaft-schrabbeligen Tonabmischung.

Selbst der Einsatz brachialer Bohrmaschinen und Kettensägen, der mit deren beinahe tonlosen Fleischzersetzung einen Ausweg aus der Wahnsinnsdimension der Billigteppiche und Blutorgien garantieren soll, kann nicht gegen die verzerrte Tonspur und Schnittkatastrophen ankämpfen, zu denen sich noch ein grinsender Nachbarsfreund (welcher einen Doktor darstellen soll) hinzugesellt, während das monochrom-melancholische Klavier dahinklimpert und ansonsten von kakophonen Keyboard-Grabbeleien ausgetauscht wird.

Unvermittelt flieht man dann ins Tageslicht eines angenagten Wäldchens, doch es entpuppt sich als  vermeintliche Oase des Überlebens - und der Abspann leitet sich sodann mit den Worten ' YOU HAVE JUST EXPERIENCED "THINGS"' ein. Ein Chaos von Horrorfilm, filmisch so unfassbar ungeschickt und bizarr-zerfahren, dass man vor staunender Faszination fast umkommt. Eine schräge, eruptiv-dilletantische Erfahrung mit morbid-veralpträumter Aura. Unmengen an Bier und infantil-sympathische Genre-Ambitionen von perspektivlosen Erwachsenen in den Tiefen kanadischer Hinterwald-Provinzen treffen hier aufeinander - in dem kryptischen, schockierend-unterhaltsamen Ergebnis THINGS. Bedingungslose Empfehlung meinerseits.




ESPY aka ESUPAI - Neben einigen flotten Godzilla-Abenteuern inszenierte Regisseur Jun Fukuda diesen actiongeladenen, globalen High-Concept-Spionagethriller um 2 rivalisierende Geheimorganisationen von telekinetisch-begabten Agenten - darum auch das Wortspiel 'ESPY', eine Mischung aus ESP (Extra-Sensory Perception) und SPY - die sich zwischen St. Moritz, Istanbul, Paris und natürlich Japan um die ganze Welt mit umwerfender, telepathischer Gedankenkraft bekriegen.

Ein astreiner Genrevertreter mit psychotronisch-übernatürlichen Einfällen, der überwiegend überraschend-ernst gehalten wird, dennoch eine gehörige Portion Eskapismus-Potenzial mit sich bringt. Fukuda spricht mit seiner phantastischen James-Bond-Variante zudem ein erwachseneres Publikum, als für ihn gewöhnlich, an - mithilfe einiger recht blutiger Shootouts, nackter Haut, Faustkämpfen, kaltblütigen Attentaten und explodierenden Körpern.

Dennoch besinnt er sich ab und an auf seine Wurzeln im Kaiju-Metier zurück, lässt Modellbauten effektvoll-explosiv einstürzen, spendiert dem sonoren, missanthropen Bösewicht ein mit Fallen gespicktes Spukschloss als Hauptzentrale, dass Konsorten wie Dracula gerecht werden würde und legt seinen Protagonisten melodramatisch-ulkige Dialoge in den Mund, die gut zum Schmunzeln einladen (allen voran: die Erkenntnis, dass der Schäferhund der Gruppe, Caesar, nicht hypnotisiert werden und deshalb unbeeinflusst von Hypnose agieren kann).

Ein kurzweiliger Agentenspaß aus Japan, der in seinen schnörkellosen 92 Minuten Laufzeit keinerlei doppelten Boden anbietet, aber als souveräner und teils schön-rabiater Genre-Pulp mit verblendetem Kitschfaktor und einigen sympathisch-altertümlichen Effektarbeiten angenehm überzeugt und unterhält.




SLEDGEHAMMER - Bereits im Vorspann wird uns innerhalb der monochromen Verschleierung eines Videoeffekts die designierte Gruppe an Opfern dieses hypnotisch-archetypischen Slashers präsentiert, die uns direkt in die Augen blickt - an die KZ-Aufnahmen der Alliierten erinnernd von der Kamera abgeschwenkt wird, während sich die Requiem-artige, wehmütige Synthesizermusik über weitere verzerrte Bilder des anstehenden Schreckens legt, der sich in diesem vollständig auf Video gedrehten und exklusiv dort vermarkteten Horrorfilm von David A. Prior entfaltet.

Hinter den provinziellen Wänden eines milchig-süß ausgeleuchteten Mittelstandhauses braut sich, durch die ungnädig-derbe Vernachlässigung einer egoistisch-sexversessenen Mutter ihrem Kind gegenüber, ein eruptives Gewaltgewitter zusammen, dass seine Welt in ein abbremsendes Koma versetzt (worin auch die Vögel aufhören zu zwitschern), wodurch der titelgebende Vorschlaghammer die unfähig-sich-zu-wehrenden Körper in Stücke reißt.

10 Jahre später dann versammelt sich eine leichtlebig-naive Gruppe von jugendlichen Kumpels (eben jene aus dem Vorspann), männlichen und weiblichen, für eine großangelegte Wochenendsause im selben, nun verlassenen Haus. Man kann sich als Genrekundiger vorstellen, in welche Richtung die Handlung nun weiterverlaufen wird.

Was aber SLEDGEHAMMER hier bereits von anderen Genrevertretern abhebt, ist sein aufs-Wesentliche-konzentrierter Verzicht auf allzu formelhafte Etablierungen der Charaktere durch altbekannte Dialogschemata - stattdessen spendiert er dem Hauptpaar seines Opferensembles eine in starker Zeitlupe aufgelöste, wortlose Zelebrierung ihrer Zuneigung in einem einfachen Kameraschwenk, wo der Prior-Bruder Ted (Hauptdarsteller aller Filme Davids) seine herzhaft-lachende Liebste einfach in den Arm nimmt und ihr spielerisch eine Bierdose auf den Kopf stellt.
Sodann schaut sich ein weiterer Protagonist in dem inzwischen verkommenen Inneren des Hauses um und verspricht in einem starren Frame des von ihm dort aufgefundenen Hammers eine unheilvolle Wiederauferstehung des verjährten Horrors. Regisseur Prior verschwendet weiterhin kaum Zeit und präsentiert uns daraufhin das angestrebte Saufgelage der Gruppe, die sich inzwischen hauptsächlich mit proletenhaften Grunzgeräuschen verständigt und obszön-dekadenten Spielereien hingibt. Selbst ein kleiner Streit unseres Liebespaares zwischendurch wird unter 'pointiert'-versöhnlichen Worten und einem gemütlichen Gitarrenspiel im Vorgarten schnell wieder aufgelöst.

Beide verharren in ihrer Romantik, während bereits das scheinbar unsichtbare Böse um die Fenster schleicht. Doch noch herrscht bei einem spartanisch-ausgeschmückten Festessen unserer Gruppe ausgelassene, infantile Freude inkl. einer unbedarften Essensschlacht. Die Kamera bleibt dabei objektiv stationär und nichtmal ein archetypisches Musikstück für derartige Comedy-Situationen macht sich auf der Tonspur bemerkbar - die pure, jugendliche Freude wird hier in ihrer schnörkellosen und leichtfüßigen Einfältigkeit ganz objektiv, wie spätere erotische Abenteuer, Spukspiele und frivole Streiche, bar jeden Urteils aufgezeigt.

Umso brutaler erscheint sodann der geradezu übernatürliche Terror des Hammermörders bei Anbruch der Nacht - von dessen Hintergrundgeschichte sich im Vornherein unsere Teenie-Truppe schon Furchterregendes in eindringlich-finsterer Runde austauscht - der seine ungebetenen Gäste (die er für seine Mutter hält), einer nach dem anderen, mit seiner Zeit-verlangsamenden Präzision und psychischen Sinnesverwirrung aus dem Leben reißt und nur noch wenig Raum für letzte Worte, höchstens Schreie, übrig lässt.

David A. Prior strahlt in diesem seinen Filmdebüt eine Selbstsicherheit im konzentrierten Umgang mit etablierten Genre-Charakteristika aus, die trotz der archaisch-budgierten Mittel, zeitgenössischem 80's Chic, höchstens-zweckhaften Darstellerleistungen und der allgemeinen Vorhersehbarkeit des Geschehens eine überraschend stimmungsvolle, ansatzweise naturalistische, auf jeden Fall recht direkt-unverblümte Wirkung erzielt. Stellt seine Schocks als Zeit & Raum-zerschlagendes Ereignis dar und erdrückt seine gepeinigten Figuren mit der kalten Leere der geisterhaft-nebulösen, ausweglosen Wände - denkt dabei die Force-of-Nature-Symbolik seiner verhältnismäßig bodenständigeren Kinopendante, wie FREITAG DER 13., noch um einige wahnwitzige Ebenen konsequent weiter.

Für Genrefreunde und VHS-Aficionados sowieso gut goutierbar, für Cinerausch-Suchende ein ebenso interessantes, transparent-luzides Werk der 80er-Jahre-Videowelle.




SHOGUN'S NINJA - Ganz klassisches, hellrotes-Blut-explodierendes Swordplay-Abenteuer aus Japan in (teils schön im Studio erbauten) 2,35:1-Nadelwäldern, in flotter 80's Montur aufgemacht, inkl. schmissigen Powerjazz-Soundtrack und aberwitzigen Ninja-Fantastereien um die erbarmungslos-flotte Suche nach einer Goldmine, hinter der eine treuherzige, von-den-Machthabern-überrannte Gruppe an Vagabunden & tötungsfreudige Regierungsvertreter um Sonny Chiba her sind.

Intrigen, Verrat, Ehre, melodramatische Romanzen aus der Vergangenheit, Lehrstunden bei einem alten Meister, Hattori Hanzo, Goemon, Musketen, Nunchakus, Dolche, Wurfsternfallen, akrobatische Wire-&-Karate-Action, altertümliche Kostüme, Ausdruckstänze für verstorbene Mitstreiter, öffentliche Hinrichtungen (wo die aufmüpfigen Zuschauer aus dem Volk gnadenlos miterschossen werden) - der 2-Stunden lange und recht rabiate Abenteuerreißer von Norifumi Suzuki verbindet jedes Element zur kurzweiligen Eskapismus-Sause und kann dabei sogar einen guten Grad an herzlichem Ernst, beeindruckender Kampfkunst & Genre-typischer Spannung beibehalten (auch wenn das Figurengefüge zu Anfang noch etwas undurchschtig ist).

Und zum Ende hin wird dann auch auf einer schön weiten Sandgrube zum Generations-übergreifenden Rache-Showdown angesetzt, ähnlich einem Spaghettiwestern (wo doch gerade YOJIMBO in der Hinsicht wegweisend war) - daraufhin schmeißt unser Held, der endgültig genug vom Töten hat, auch die verhängnisvollen Dolche, der Ursprung des ganzen opferreichen Leidens, ins tobende Meer. Wie simpel, wie heroisch, wie astrein-unterhaltsam.




BABYSTRICH IM SPERRBEZIRK - Erotikklamotten-Produzent Otto Retzer gönnte sich anno '83 eine spaßige Runde durch die Rotlichtviertel deutscher Großstädte wie Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg, interviewte dabei einige Damen und Herren des Gewerbes und seiner Abzweigungen, was so alles in ihren Etablissements möglich wäre (Hauptfrage: 'Ohne Gummi?' - woran man merkt: der Film entstand vor der AIDS-Ära) und wie die Zustände bei der Arbeit so sind (und nahm einige dieser Dienste auch sicherlich in Anspruch).

Gibt dem marginal-dokumentarischen Rahmen der exploitativen Zurschaustellung wahnwitzigerweise zudem einige extra dafür neu-synchronisierte Szenen seines Spielfilmfundus hinzu, welche die erotischen Vorkommnisse in den jeweiligen Puffs wiedergeben sollen (ein römisch-artiger Palast soll für Düsseldorf herhalten, etc.), so dass u.a. Katja Bienert, Bea Fiedler, Gianni Garko und Ajita Wilson unfreiwillige 'Beteiligte' der 'Dokumentation' werden. Apropos Ajita Wilson: Retzer beleuchtet nicht nur heterosexuelle Häuser, sondern auch solche homosexuellen und (am häufigsten) transvestitischen Geschmacks, wie auch vereinzelte erotische Varieté-Theater und Peep-Show-Buden.

Neben einigen authentisch-derben Gesprächen mit Inhabern, Zuhältern und Prostituierten im mäßig-ausgeleuchteten, unscharfen Erotikmoloch schenkt er einigen dokumentierten Wirtschaftlern zudem ulkige Voiceover, wie dem männlichen Peep-Show-Darsteller, der sich innerlich beschwert 'Mist, gerade jetzt fängt die Sportschau an.' oder 'Aiaiai, die sieht aus, als hätt sie noch den Kaiser gesehen'. Auffallend sind auch einige geradezu pornografische Darstellungen von Blow-Jobs und 'Flaschespielchen', aber die darf man ja ruhig zeigen, schließlich, so versichert der Off-Sprecher, ist es ja eine reine Dokumentation, wo 'nichts zurückgehalten oder hinzugefügt wurde'.

Hat das alles eigentlich irgendwas mit dem sogenannten 'Babystrich' zu tun? Abgesehen von einer angeblich 15-jährigen Interviewpartnerin aus dem Gewerbe versichern jedenfalls alle Befragten '18 müssen sie schon sein', also ergibt sich der Film dann doch lieber anderen geläufigeren Themen, wie S&M, Kumpel-Streiche und Gruppensex - die letzte Erwähnung des Ausgangsthemas erfolgt zum Schluss mit der Einblendung des Plakats zu diesem Film, inkl. Zoom auf den Namen 'Otto Retzer' - feine Sache.

Und damit das Metier ja nicht allzu positiv rüberkommt, erklingt im schwungvollen Disco-Beat der Schlussmontage ein Zitat von Szeneikone DOMENICA, dass sie nicht zur Prositution raten würde, was durch geloopte Hall-Effekte zum beschwörenden, FSK-besänftigenden Moral-Zeigefinger wird - jedenfalls für knapp 15 Sekunden, dann zischt der Boogie weiterhin fröhlich dahin.
Ein Kuriosum des deutschen Erotik-Reportfilms, wieder mal schamlos exploitativ, aber dann doch wieder amüsant nahe an der tatsächlichen Mentalität des Gewerbes, das ebenso ernüchternd-profan wie jede normale Maloche zu sein scheint:

'Sie: [...] du, das kommt drauf an, je nachdem, wie du das haben willst. Es kommt ein bissl auf das Finanzielle an, würde ich sagen, hmm?
Retzer: Und spielt da ein bissl Gefühl auch mit, von dir her gesehen?
Sie: Von mir? Ja, das ist ja wohl meine Sache, ich meine das ist doch total uninteressant, oder wie? Du, ich bin am Arbeiten hier, ich fick hier nicht aus Spaß rum. Was soll denn das? [...] da kannst du mich mal ein bisschen am Arsch lecken, du Wichser!' 





R.O.T.O.R. - Ein ganz einzigartiges Filmchen von Cullen Blaine, einem Storyboard-Artist-Urgestein, der nach R.O.T.O.R. Regieeinträge in Serien wie 'Garfield & seine Freunde' und 'Hey Arnold!' vorweisen konnte - wie er seine Trickfilmskills hier auf den Realspielfilm anwendet, entwickelt eine ganze andere, merkwürdigere Dimension als z.B. bei Brad Bird.

Sein Spielfilmdebüt (und bisher einziger Abstecher ausserhalb des Animations-departments) pendelt leicht unbeholfen, aber gemütlich zwischen käsig-unschuldigem 80's-Sci-Fi-Humor, nüchternen Actionthrillerelementen und in Belanglosigkeit eintauchender, hypnotisch-musikalischer Langsamkeit von Frankenstein's Monster als unaufhaltbaren Gesetzesvertreter hin und her - wie ein nur mäßig ausgestatteter Refn mit ADR-Gags.

Minimalistisch, klobig, einigermaßen gewitzt (u.a. dank dem ulkigen Robot Cop Willard), sachte und geradlinig voranschreitend. Stetig interessante, wenn auch inhaltlich austauschbare & triviale B-Movie-Besonderheit.




TARGET - 10 Jahre nach ihrer letzten Zusammenarbeit 'DIE HEISSE SPUR' bewiesen Arthur Penn und Gene Hackman hier, dass die alte Garde des aufmüpfigen 'New Hollywood' noch immer nicht ausgestorben war und durchaus schlagfertig mit den neuen coolen Kids im nuklearparanoiden Kalter-Krieg-Amerika Ronald Reagan's mithalten konnte.

In diesem R-Rated-Actionthriller - dessen Konzept eines unscheinbaren, aber in Wirklichkeit knallharten Ex-CIA-Amis, welcher zusammen mit seinem Sohn seine in Paris gekidnappte Frau mit Agenten- & Killskills zielstrebig-gnadenlos auffinden will, Jahrzehnte später von Luc Besson in der TAKEN-Reihe recyclet wurde - wird halb Europa (auch meine Stadt Hamburg) über die Mauer hinweg zum Schauplatz einer perfid-verwicklungsreichen Spionage-Hatz unter dem Bann bunt-durchgestalteter Synthflächen und einiger solide-ausgeklügelten Steadycam-Fahrten.

Im Mittelpunkt steht wiederum Hackman als gewohnt toughes und gewitzt-geselliges As, das innerhalb des ganzen Euro-Trubels seine familiären Zwistigkeiten mit dem starrköpfigen Sohnemann aufarbeitet und im Zusammenhalt auszubügeln versucht, zudem mit den Sünden seiner Vergangenheit jonglieren muss.

Und auch wenn der Film dabei geradezu biedere Pfade einschlägt, die genauso gut aus 'GOTCHA - EIN IRRER TRIP' sein könnten, ist gerade seine darstellerische Dynamik in Verbindung mit der inszenatorisch-kurzweiligen Stilsicherheit Penn's, erst recht in den rasanten Car-Chases (u.a. durch Hamburg's Landungsbrücken), der treibende Angelpunkt des fast 2 Stunden langen Spy-Abenteuers.