Sonntag, 20. Oktober 2013

Tipps vom 14.10. - 20.10.2013



BRENNPUNKT BROOKLYN - Handheld True-NYC-Grit vs. Diskreter Euro-Crime - ein zynisch-fesselnder Meilenstein des schnörkellos-knallharten, am nihilistischen Naturalismus grenzenden, Kriminalfilms.

Geradlinig-haltlose Suspense-Rauscheinheit innerhalb des unterkühlt-abgebrühten Moloch Brooklyns, den oft lediglich unheilvoll-still entlangströmende Streicher begleiten, ehe sie den eruptiv-gewaltsamen Siedepunkt der rücksichtslosen Verkommenheit erreichen.
Und wenn das allein schon nicht reicht, liefert BRENNPUNKT BROOKLYN die wohl intensivste und dreckigste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte ab, gegen welche jene aus BULLITT wie ein gut gemeinter, aber teilnahmsloser Pups wirkt.

Hier wirft man den Zuschauer konkret ins Geschehen rein, ohne Zuckerbrot, direkt mit der Peitsche, tief ab in die gezackten Gedärme des urbanen Betonterrors - eine perfide Hatz im dunkel-abfallenden Tal der schäbig-selbstsüchtigen, dekadent-kriminellen Herzlosigkeit.

So findet dann auch der vermeintliche Showdown im chaotisch-verätzten Magensumpf des Verbrechens statt - ein finsterer Höllenort mit bis über den Abspann hinausjammernden Biest-Gejaule des Orchesters. Das diabolische Herz der Großstadt, in welcher der Obermotz für ewig verschwinden kann - ähnlich wie Jahre später in dessen Rückkehr bei Friedkin's Nachfolgewerk DER EXORZIST.

Eine wahrlich atemlose Wucht...




00 SCHNEIDER - IM WENDEKREIS DER EIDECHSE - Aus dem abendlichen Nieselregen heraus, mit dem schwarzen Wollmantel umgespannt, begebe ich mich zu meiner Wohnung und auf dem Flur hallt die Jazztrompete. Heute fällt es besonders auf, denn ich komme gerade aus der ulkigen Abhängrunde mit Kommissar Roy Schneider auf der großen Leinwand.

Stilsicher wie eh und je, im selben eigensinnigen Modus aller seiner Regiearbeiten, überzeugt der Helge auch hier wieder mit einer sympathisch-aberwitzigen Mixtur aus abstrusem Nonsens-Humor und gemütlich-atmosphärischen Weltenaufbau, bei der sich auch ein Touch von noiriger Bullen-Melancholie auf die Seele legt.

Den wieder mal sehr freiförmigen Narrativ hier nachzuplappern kann ich mir ja wohl ersparen, wo 00 SCHNEIDER 2 doch in erster Linie eine loungige Charakterstudie darstellt, die in ihrer zeitlosen und tolldreist-plakativen Aufmachung eh ihr eigenes Ding macht, abwechselnd umherschlendernd und vollends bescheuert durch den Tag lebt.

Ähnlich wie bei Jess Franco wird hier zudem der Jazz mit Almeria, Spanien verbunden, welches zeitweise zum Umkreis von Mühlheim dazugehört - pure Fantasie, das Kino in Reinform (wohlgemerkt in 16mm). Dem Alltagstrott entfliehen und einfach nur 'chillen', wie Sergej Gleitmann es im Film anspricht, in diesem bunten Figurenfundus - ja, was war das für ein Genuss...




DER SÖLDNER - Schon etwas länger liegt bei mir zuhause die alte, ungekürzte Thorn-Emi-VHS hiervon herum und...mann-o-mann, dieses Gefühl von 'Verbotenem' hatte ich schon lange nicht mehr gespürt, wo schon in der ersten Sequenz eine Frau & ihr Baby überfahren werden, was sich sodann als Attrappe für ein anstehendes, dunkelrot-schäbiges, blutiges Slo-Mo-Erschießungskommando herausstellt. Und auch wenige Minuten danach entfesselt sich auf einer graugrün-matten Landstraße ein bleihaltiges, alptraumhaftes Massaker, das von den pulsierend-mystischen Synthtracks Tangerine Dream's und der eiskalten, hypnotisierenden Bildgestaltung - bis hin zur eruptiven Höllenexplosion - wie direkt aus einem Eric-Red-Thriller, getragen wird.

Daraufhin entwickelt sich der Kalte-Krieg-Plot, der natürlich wieder das typische Sowjet-Feindbild jener Zeit in den Vordergrund rückt und sowieso einige höchst naive, politische Verhältnisse zeichnet - die jedoch sodann von der unheilvollen Stilisierung James Glickenhaus' zwielichtig-schnörkellos überschattet werden, auch wenn das Drehbuch einige relativ pulpige Handlungen aus den Annalen des Eurospy-Genres vorschreibt. Doch im nächsten Augenblick steigert sich sodann ein weiteres, massives Action-Setpiece im dichten Sequencerrausch zum audiovisuellen, dialogfreien Monolith der erbarmungslosen Tötungs-Effizienz - verfestigt sich in ausgelassenen Zeitlupen der wehrreichen Flucht, welche die Realität durchbrechen, Korruption und perfide Geheimdienstmachtspiele zum Vorschein bringen und sich mit geisterhaftem Nebel über die oberflächlich heile Welt legen, wo selbst ein umherschwebendes, rotes Modellflugzeug zum unscheinbaren Spielball der Mächte wird.

Hauptdarsteller Ken Wahl lässt zudem als Spezialagent-Protagonist kaum ein Lächeln und nur ganz selten einen flotten Spruch über die Lippen flitzen, lässt seine Mimik in den haarsträubensten Situationen zielstrebig kalt (den Comic-Relief erfüllt dafür in beinahe nur einer Sequenz der gut aufgelegte Steve James) und erreicht allein mit seinen antrainierten Gefechts-Reflexen den gewünschten, harten Impact - bespricht mit seinen Team beim Briefing auch nur das Nötigste, erledigt selbst das nachfolgende Liebesspiel offenbar schlicht aus Obligation 'gut genug'. Es bleibt sowieso nur wenig Zeit dafür, da das Geschehen konzentriert und geradlinig beständig flott auf den unvermeintlichen, globalen Showdown hinarbeitet, den man am Liebsten bar jeder Emotionen oder Umstände anhand des ausgeklügelten Superplans erledigen will, wie es die auftraggebende Regierungsinstanz am liebsten hätte, die offenbar sogar gewaltreiche Infiltrationen in eigene Militäreinrichtungen in Kauf nimmt - wahre Helden sind das nicht, besitzen zudem keine Namen, wie Krieger aus dem Reagenzglas.

Glickenhaus schafft sodann im eindringlichen Schleier regenbefluteter Berliner Mauern, in Brücken eingebetteter dämonischer Fratzen und dem erdrückend-rastlosen Klangteppich zersetzender Stabilität ein hartes und nihilistisches Bild der damaligen ausführenden Organe der jeweiligen Weltmächte - innerhalb von knapp 85 sehr flotten, ballastfreien Minuten, wo Herzlosigkeit und kalte Berechnung zum Modus operandi geworden ist und die anstehende, nukleare Apokalypse aus klobigen Regierungs-&-Militärkomplexen heraufbeschwört, die es im Adrenalindelirium zu verhindern gilt, damit die vermeintliche, rockige Katharsis umso pathetischer gefeiert werden kann (solange jedenfalls, bis der nächste Schachzug wieder alles aus dem Lot kippen könnte, denn 'der Böse' wurde ja nicht umgebracht, nur gedemütigt). Eine recht atemlose Powertour, dieser unaufhaltbar-zielsichere, zackige und stets bierernst-straightfaced 'SÖLDNER'. Knallhart-unterkühltes, abweisendes 'Eskapismus'-Kino - beinahe emotionsfrei, aber dafür umso einschneidender - ein Action-Mammut ohne Pause. Und im schlimmsten Fall eine Welt, in der wir noch immer leben.

Fun Fact aus dem CINEMA Jahrbuch 1983: Offenbar war ein zweiter Teil unter dem Titel 'Der Söldner 2 - Kommando Rainbow Warrior' geplant, in dem neben Ken Wahl auch Tomas Milian, Götz George und Kurt Russell mitwirken sollten. Daraus wurde leider nichts, obwohl der Erstling gar nicht mal so schlecht besucht wurde.




ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN - Veit Harlan's letzte Regiearbeit vor seinem Tode (hiernach folgte lediglich ein Zusammenschnitt zweier vorangegangener Maharadscha-Filme) ist zugleich das erste und einzige seiner Melodramen, dass mir tatsächlich pur-sentimental und vollkommen vorbehaltlos zu Herzen ging. Ein wirklich versöhnlicher Abschied von einem derartig umstrittenen Regisseur, auch wenn er durchaus wieder die Perfidie des Menschen thematisiert, hier aber nicht auf eine ideologische Absicht zielt, sondern auf eine emotionale.

Seine Ehefrau Kristina Söderbaum verliebt sich in der Rolle der Ines in den Witwer Rudolf (Hans Holt), heiratet ihn und zieht in sein Haus ein. Doch ihr entgegen steht seine missmutige Familie, die sie nicht akzeptieren will - weder das Hausmädchen Anne, noch die Tochter Nesi sind bereit für einen neuen Anstrich. Nesi stellt sich sodann richtig quer gegenüber ihrer Stiefmutter und begeht eine freche Tat nach der anderen, beschimpft und verletzt in ihrer kindlichen Naivität und ihrem Unverständnis, eine neue Mutter zu akzeptieren.

Ines hält die Pein aus, so gut es geht und versucht einen Draht zu dem schwierigen Kind aufzubauen, doch es steht wie alle im Haus noch unter dem Bann der seligen Mutter Maria, deren alter Pavillon noch vor der Tür steht, dahinvegetiert und eine Schar an Fledermäusen beherbergt. Als Ines aber schwanger wird und Anne wegen ihres unverfrorenen 'offenen Hasses' endgültig verdientermaßen rausschmeißt, kann Nesi es nicht mehr ertragen und flüchtet aus dem Haus, es bahnt sich eine Katastrophe an.

*SPOILER* Als Nesi jedoch im Zug zu Anne auf einen Priester trifft, erklärt der ihr ganz ruhig und eindringlich, wie gemein sie doch zu Ines war und das sie um Vergebung bitten sollte. Sie sieht es schlussendlich ein und kehrt nach Hause zurück, wo die geschwächte Ines nach einem Schock 2 Kinder zur Welt gebracht hat. Unter Tränen bittet Nesi um Verzeihung - Ines vergibt ihr natürlich, denn endlich wird sie in diesem Hause akzeptiert und kann das liebende Oberhaupt dieser Familie werden. *SPOILER ENDE*

In der Autobiographie von Kristina Söderbaum 'Nichts bleibt immer so' erläutert sie, die Harlan's dritte und letzte Ehefrau war, wie schwer sie es hatte von Harlan's Kindern aus letzter Ehe akzeptiert zu werden. Zudem stieg ihr der Argwohn der Ex-Frau Hilde Körber entgegen, der Harlan trotz Scheidung immer noch gewissermaßen innerlich gehörig war - so besetzte er sie Jahre später noch in 'DER GROSSE KÖNIG' und verbrachte mit ihr und den Kindern Weihnachten, während Kristina alleine zuhause Tränen vergaß.

Diesem Fehlverhalten seinerseits folgte mit 'ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN' eine späte Einsicht - so schrieb und inszenierte er dieses Melodram nach einer Novelle von Theodor Storm ('Viola tricolor'), um so ziemlich genau ihre damalige Situation ihretwillen zu verarbeiten. 'Untermauerte' seine ultimative Liebeserklärung zudem mit der Besetzung von Hilde Körber (!) als griesgrämiges Kindermädchen Anne, welches letztenendes von der Söderbaum selbstbewusst zurechtgewiesen wird. Und auch das Kind in diesem Film, dass so unfassbar fies und arrogant gegen die neue Mutter vorgeht, sieht schlussendlich ein, dass die Söderbaum nur für sie da sein wollte und macht die Versöhnung doch noch kathartisch komplett.

Natürlich war das auch ein kleiner Wink ans Publikum von Harlan selbst, dass man ihn auch endlich für seine Vergangenheit entschuldigt. Auch wenn die Gerichte damals anders entschieden haben, bleibt sein umstrittenster Output aus der Nazi-Zeit für mich vom Inhalt her noch immer indiskutabel verachtenswert und unmenschlich. Aber hier muss ich nun auch ein Zugeständnis machen, dass ihm mit 'ICH WERDE DICH AUF HÄNDEN TRAGEN' ein recht herzlicher, für ihn ungewohnt feinfühliger und besonders zum Ende hin emotional starker Film ohne überschwängliche Morbidität oder allzu penetranten Symbolik-Pomp gelungen ist (sehr christlich ist er trotzdem). Er reiht sich damit zu den anderen, mir wohlgesonnenen Werken Harlan's ein, 'VERWEHTE SPUREN' und 'HANNA AMON': künstlerisch sehenswert ohne eklige, anbiedernde Ideologie. Mir fehlen noch immer ein paar seiner Werke, die mich interessieren (u.a. alle seine Nachkriegsfilme), aber dieser letzte Film hier von ihm, den darf man mögen, ja wirklich (auch wenn die Nesi manchmal echt ein richtiges Arschloch ist).




THE STABILIZER - Aberwitziges, indonesisches Actionabenteuer, dass von seinem hyperfrisierten, übermenschlich-akrobatischen Protagonisten Peter 'The Stabilizer' Goldson und dessen cooler Polizeitruppe lebt, die gegen die bösen Machenschaften des Drogenbarons Greg Rainmaker ankämpft - rabiat-schweißtreibend & mit geballter Feuer-, Faust- und Vehikelkraft.

Recht kurios erscheinen in THE STABILIZER neben der energisch-kurzweiligen und klobig-bunten Hau-Drauf-Exploitation-&-Pyrotechnik-Inszenierung eine ganze Reihe skurril-brachialer Stunts, bei denen manche Beteiligte wie's aussieht mit dem Leben bezahlen mussten (würde mich nicht wundern, nachdem was man alles in der Doku 'MACHETE MAIDENS UNLEASHED' über solche Produktionen gelernt hat), sowie ein besonders fieser Henchman, der vor der Kamera kleine Tiere bestialisch auffrisst.

Und genauso knallig erscheint sodann die allgemein-kostengünstige, aber irrwitzig-wilde Gestaltung des Films, die in ihren Eskapismus-Fantasien so fern von der Realität und gleichfalls so nah an der Welt des Comic-Pulps ist, dass der abstruse 80's-Spaß keinen Abbruch findet (erst recht nicht in einem Handgemenge, dass mit seinen pointierten Schlägen & Tritten recht schön dynamisch zu Synthbeats geschnitten ist).

Aber vertraut nicht nur mir, denn dieses Bild aus dem Film (welches recht merkwürdig den Besitzer wechselt) sagt hoffentlich mehr als tausend Worte:


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THE LAST WARRIOR - David Worth's 'HIGH PLAINS DRIFTER ON A MOTORCYCLE', wie er seinen Pitch von damals beschreibt, ist zwar nicht ganz der mysteriöse Burner wie der Clint-Eastwood-Klassiker, auf den er anspielt - aber eine knackige Sause durch die kostengünstige Postapokalypse ist ihm dennoch gelungen.

Robert Ginty durchlebt hier mit seinem klugscheißerisch-quatschenden Motorrad Einstein eine Odyssee durch die dystopische Zukunft, schlägt sich mit Schrottplatz-Punkern und Omega-Nazis rum. Als er allerdings von einer übernatürlichen Gruppe Weiser Mönche auserwählt wird, den Wissenschaftler McWayne (der übrigens aussieht wie eine B-Version von Eastwood) mithilfe seiner Tochter Nastasia zu befreien, um die Welt vor der Schreckensherrschaft des Diktators Prossor zu retten. Widerwillig wie Jahre später Kurt Russell in 'BIG TROUBLE IN LITTLE CHINA' willigt Ginty ein und schlägt sich, an mutierten Mumien vorbei, zur Hauptstadt durch, in der die Menschen unter dem Bann eine Glücklichmacher-Drinks gleichgeschaltet willenlos in Gruppen umherwandern und malochen.

Bei einer Hinrichtung von Andersdenkenden schlagen Ginty und Nastasia sodann beherzt zu und holen ihren Daddy mit einem Helikopter und einer großen Menge Maschinengewehr-Power da heraus. Doch sie bleibt leider zurück und so muss Ginty, der sich von McWayne überreden lässt, nochmal zurückzukehren und die Rebellion gegen das Regime anzuführen, mit einem gladiatorischen Faustkampf die Punker (und einige random shirtfreie Karatebuben) auf seine Seite bringen. Zusammen dann stoßen sie in einer MAD-MAX/Halicki-artigen Vehikelschlacht in die Stadt vor und entfesseln den ultimativen Gegenschlag.

Das flotte 80's-Abenteuer aus italienischer Finanzierung liefert gepflegte B-Unterhaltung mit reichlich handgemachter & rasanter Action, einem astreinen Powerchord-Synthsoundtrack und einem teils ganz niedlichen Humor, der dank der deutschen Spaßsynchro nochmal an Unterhaltung dazugewinnt. Auffällig energiegeladen kommt zudem die Kameraarbeit Giancarlo Ferrando's daher, die sich immer mal gerne per Hand ins Gefecht wirft und an den zahlreichen Vehikeln, ähnlich einer GoPro, angeheftet wird, dass man als Zuschauer auch in den halsbrecherischsten Stunts mit dabei ist.

Und manchmal gelingen KARATE TIGER-Regisseur Worth auch einige schön impressive Szenen, wie jene im melancholisch-verträumten Nazi-Ausdruckstanzclub und jene von der recht erdrückenden Dystopie-Metropole. Dagegen bäumt sich allerdings auch immer ein recht aktiver Ginty hervor, der mit seinem unfreiwilligen Heldentum dann doch am Ende verschmitzt den Tag rettet. Zudem einer merkwürdigen Siegeshymne beiwohnen darf, die er als einsamer Reise dann allerdings wieder verlassen muss, nicht aber ohne noch einen innigen Kuss mit Nastasia auszutauschen - that's what good guys do.

Ganz liebes und knalliges Jungskino aus US-italienischem Hause, oberflächlich-apokalyptisches und schnörkelloses Genre-Vehikel in minimal-budgierter, hochsympathischer Montur - schickes Ding!




SIEBEN STUNDEN DER GEWALT - George Hilton begibt sich als rauhbeiniger, Karate-beherrschender Auftragskiller nach Griechenland für die 'Operation Skorpion'. Jedoch muss er schnell feststellen, dass ihn sein Auftraggeber Sam (welcher ihn sowieso nur per Erpressung überreden konnte) zur tödlichen Jagd freigegeben hat - der Polizei kann er z.B. gerade noch dank der Hilfe einer Unbekannten, Helena, entkommen.

Für ihn gibt es fortan nur noch ein Ziel: raus aus dem Land! Doch jeder Schritt nach vorne wird von der Gegenseite (u.a. eine chinesische Schlägerbande) zurückgetreten. Eine existenzialistisch-rasante Odyssee durch griechische Nächte und verrostete Kutter entfesselt sich unter dem peitschend-beschwörenden Metallgepolter Allessandro Allessandroni's, direkt aus einem entrückten, antiken Schiffahrtsstreifen zu kommen scheinend - und zum Ende hin geht's neben der Suche nach den heiligen Ausreisedokumenten und der Bezwingung des Bösen auch um die Befreiung der holden Dame, mithilfe von artistischen Schaukämpfen. Mehr Sagen-Symbolik geht nicht!

Gesichtet habe ich den Film unter eher widrigen Umständen von einer Vollbild-VHS des in 2,35:1 gedrehten Films, dessen deutsche Synchro zudem in den 80ern 'nachgeholt' wurde und ab und an wegen fehlendem IT-Track eine eher abgehakte Musikspur vorweist. Nichtsdestotrotz scheint der reißerisch-nihilistische Thrill des Tarantini-Erstlingswerks stetig durch und kann mit seiner exploitätigen Suspense & Rasanz viele zynisch-kurzweilige Schauwerte abliefern.

Geradezu olympisches und schnörkelloses Italo-Crime-Kino, von den bretterzertrümmernden Faustschlägen am Anfang bis hin zum vom Rost zertrümmerten Schiffsrumpf der bleihaltigen Mafia-Gewalt am Ende.




IN FRANKFURT SIND DIE NÄCHTE HEISS - Mir fiel kürzlich eine alte RTL-TV-Aufnahme vom Film in die Hände, der in jener Fassung länger ist als auf VHS - aber dort auch nicht ungekürzt ist, was man deutlich merkt.

Olsen inszeniert hier in hart-noirig ausgeleuchtetem Schwarz-Weiß seinen gewohnt reißerischen Milieukrimi mit Erwin-Halletz-Swing um einen jungen Wiener Peter, der in Frankfurt den Messermord an seiner Verlobten/Prostituierten Vera Tschechowa nachzuforschen versucht und dabei an illustre Puffgesellen & Wirtschaftler wie Erik Schumann (späterer Synchronsprecher von Buck Bundy), Fassbinder-Koryphäe Barbara Valentin und Walter Kohut (der Theo aus 'SUPERMARKT') gerät.

Aber auch der abgeklärte Kommissar Konrad Georg ermittelt in der Angelegenheit im Sündenpfuhl herum und wird bei allen ihren Kunden vorstellig, von denen zudem jene aus höheren Positionen ihren Arsch und Ruf zu schützen versuchen, dennoch wegen ihrer Connections zur Vera auf die Schnauze fallen - bei denen wird sodann zynisch intrigiert, geschieden und blamiert.

Olsen nutzt die Starpower der Tschechowa trotz ihres frühen Ablebens im Narrativ so gut es geht aus, erzählt ihre zahlreichen Bekanntschaften mit knalligen Rückblenden, die nach und nach den Hintergrund für die brutale Messertat aufdecken, während in der Gegenwart die beteiligten Parteien untereinander Stunk machen, was sich in einem Bandenkrieg der leichten Damen entfesselt.

Das allgemeine Klima des Streifens ist sowieso durchweg verranzt, obszön und profan, wo sich untereinander einfach niemand wirklich ab kann und Gegenspieler in jeder Gesellschaftsgruppe gleich rotzig entledigt werden. Nur der unruhig-wehmütige Peter glaubt noch an echte Romantik und schwelgt nur allzu gerne in charmanten Erinnerungen an seine Dame. Schließlich knöpfen sich auch die Kollegen aus Vera's Gewerbe aus 'Mitgefühl' nun ihre Kunden vor und machen keinen Halt vor Knüppeleien und Folterung, um anhand neugewonnener Informationen den soziopathischen, sexuell-frustrierten Täter endgültig unschädlich zu machen.

Am Ende ist das Verbrechen gelöst, doch nur auf kriminellem Wege, ein richtig-befriedigender Abschluss für alle Beteiligten ist nicht möglich, was ja auch lediglich die FSK befriedigen sollte, damit das sündige Milieu am Ende ja nicht gut dasteht. Aber Olsen, ich weiß worauf du hinauswillst. Bei dir ist die Unterwelt mit ihren kernigen Typen und kessen Girls, vorallem in deinen St. Pauli-Filmen, doch so unbedarft-menschlich und herzlich wie sonst nirgendwo, auch wenn sie jenseits des Gesetzes arbeiten - und es hat mir wie immer echt gut gefallen.




DAS WILDE AUGE - Paolo Cavara rechnet mit seinem Co-Mondokollegen Gualtiero Jacopetti ab. Ein missmutiger Treck von Dokumentarfilmern, unter der Führung des zynisch-reißerischen & profilneurotischen Regisseurs Paolo (!), schleppt sich nach einer Autopanne durch die Wüste - selbst in dieser ausweglosen Lage wird das Zelluloid sensationalistisch durch die Kamera gerollt. Schließlich werden sie doch noch gerettet und der offen-chauvinistische Paolo begibt sich zur Fertigstellung des Films voll finanziert sodann in weitere, orientale Abenteuer mit seiner Crew, auch um einem seiner Assistenten dessen Ehefrau Barbara auszuspannen.

Doch auch dort setzt Paolo auf Shock-Value und lässt Menschen vor der Kamera übertrieben quälen, weil das nunmal 'effektiver für den Film' daherkommt, zündet sich bei den Aufnahmen auch mal eine Fluppe an, während der Rest der Crew vor Empörung am Rande des Kotzens steht. Hier entpuppt er sich nochmals als Manipulator und Verführer, gibt Barbara verschmitzt zu, dass er die Autopanne damals für dramatischen Effekt inszenierte und zieht sie danach nochmals unters Laken, will sie sogar zum Star und narrativen Bogen des Films machen (was sich auch für diesen Film an sich tragisch bewahrheitet) - trotz anfänglicher Bedenken fängt sie sogar an, an sein Genie zu glauben. Seinem unmenschlich-verachtenswerten Handeln und Reden tut das allerdings keinen Abbruch, erst recht nicht dem Beischlaf mit anderen Frauen.

Er lässt in Vietnam sodann einen Mönchen 'engagieren', der sich selbst verbrennen soll und filmt Kriegsgefechte mit, bei denen er von den Vietcong sogar eine gehörige Tracht Prügel abbekommt - seine einzige Frage danach an seinen Kameramann: 'Hast du wenigstens Aufnahmen von mir gemacht, als sie mich geschlagen haben?'. Selbst öffentliche Hinrichtungen können ihm nicht schnell genug gehen, wo das Tageslicht doch bald verschwindet - hetzt die Kamera plakativ auf bittere Tiefen der Menschlichkeit (auch seine eigenen) und nimmt sogar in Kauf, seine Leute und sich selbst für die bildgewaltige Horror-Sensation zu verheizen.

Kritisches Portrait der Sensationsgier und eine wirkungsvolle Abrechnung mit früheren Kollegen - Cavara gelingt die semi-autobiographische Verarbeitung einschlägiger Erfahrungen im Filmgeschäft und kann mit einer recht behutsamen Inszenierung sowie der melancholischen Musikuntermalung punkten, während er empörende Einblicke in die reißerischen Abgründe des frühen, radikalen Shockumentary-Genres gewährt. Mag zwar recht hypokratisch erscheinen, dass er als früherer 'Mittäter' jene Geschehnisse auf der Leinwand nun als Opfer mit erhobenen Zeigefinger abfertigt, liefert insofern dennoch die mahnende Charakterstudie eines besessenen, rücksichtslosen Filmemachers, der zum Schluss hin seine Handlungen zwar bereut, aber dennoch im Zwang steckt, jede Emotion, also auch seine Reue, für die Kamera selbstbetrügerisch auszubeuten. Eine recht tragische Figur und ein durchweg tragischer Film.




DAS LUSTSCHLOSS IM SPESSART - Autorenfilmer Victor Stuck liefert mit diesem seinen einzigen Film genau das, was man sich unter dem Titel vorstellt: eine schnell zusammengekurbelte, ulkige Nackedeisause. Im leicht verkeimten 4:3-Format spickt er das frivole Geschehen mit klamaukigen Gags, die in ihren Speed-Up-Spielereien und theatralischen Gesichtsverrenkungen innerhalb klobiger Setkreationen ganz wohlig an 'Klimbim' erinnern.

Die neckisch-verdorbenen Dialoge/Wortspiele und hyperplatten Situationskomiken ungefähr-episodischem Formats werden zudem in eine hübsch-herbstliche Nadelwald-Aura eingehüllt (während die Frauen allesamt genüsslich enthüllt werden), die zudem von sympathisch-spartanischen Budenzauber-Tricks unterwandert wird.

Am Ende findet dann ein spitzfingriger Schatzsucher in den verstaubten Schlossmauern ein uraltes Liebeselixier und versetzt damit die gesamte Kurgesellschaft des Lustschlosses in einen frenetischen Bumsrausch erster Güte - es rauchen sodann animierte Brüste aus dem Schornstein - die Krönung! Eine Sexklamotte zum Scheckiglachen und Begaffen - wer hier bewusst zugreift, wird nicht enttäuscht.




CRAZY FAT ETHEL 2 - Ein wilder Mix aus Filmmaterial von Teil 1 und auf VHS gedrehten, neuen Szenen der CRAZY FAT ETHEL, vom selben Regisseur, der im Zeitraum zwischen beiden Filmen offenbar lediglich an Unvermögen hinzugewonnen hat, aber dennoch ein unvergleichbares, filmisches Erlebnis für ca. 60 Minuten Laufzeit bereithält.

Ethel verbringt ihr Dasein damit, in der Psychatrie Pudding zu essen und sich an ihre früheren (random aufgeteilten) Abenteuer zu erinnern, wobei sie auch öfters einschläft. Als die Klapse Budgetkürzungen einstecken muss, leiten sie Ethel zusammen mit einigen anderen Verrückten an eine aufnahmefreudige Omi namens Hope weiter (ihr Motto: 'We must never lose hope.'), wo Ethel weiter an ihre früheren Morde zurückdenkt und nun Suppe isst. Natürlich macht sie da auch irgendwann Stunk - während die anderen 'Gäste' entgeistert umherschwirren (einer glaubt, er wäre eine Spinne) - fragt andauernd genervt, wann es wieder was zu essen gibt.

Ein Pfleger jedoch verarscht die Patienten, indem er Hundefutter als Corned Beef ausgibt und vor Ethel's Nase eine Stange Toblerone auffrisst. Sodann muss er mit dem Leben bezahlen. Die Polizei wird darauf aufmerksam und auch einer der Patienten, welcher seine Ehefrau umbrachte, wird Zeuge der Tat - erpresst Ethel damit, dass sie ihm für die nächsten 2 Wochen ihren Nachtisch überlassen muss, sonst packt er aus. Den wiederum will sie mit Strychnin-vergifteten Tee killen, welcher von beiden oft als heiß bezeichnet wird, dann aber nach 30 Sekunden zu kalt ist - also muss sie sich was Neues für ihn ausdenken, während sie einen Apfel isst: 4 Messer in den Rücken.

Danach nimmt Hope ihr die Bretzeln weg: Totschlag (ohne Schlaggeräusche)! Der Leiter der Psychatrie wundert sich, dass niemand mehr in Hope's Hütte dort das Telefon abnimmt und begibt sich zu ihr, wird dann aber auch, nach einigen Rundläufen um den Essenstisch inkl. Hundegebell aus dem Off, von Ethel abgestochen. Sodann tanzt Ethel, nun seltsam befreit wie eine Ballerina, dahergrinsend im Hinterhof herum. Legt sich daraufhin wieder auf eine Couch schlafen und lässt den Film mit einigen weiteren, mörderischen Rückblicken auf Teil 1 ausklingen - History repeats itself.

Was in diesem kurzen Abschnitt meiner vergeudeten Lebenszeit besonders auffällt, sind die abrupten Wechsel der Handlungsebenen. Das 'neue' Material ist ganz simplistisch runtergekurbeltes Amateurmaterial, dass weder externen Ton (dafür schön verrauschten Kameraton) noch ausgeklügelte Beleuchtung benutzt und erst recht keinen Soundtrack aufsetzt - mit hölzernen Schauspielern, die in unglaublich langen Einstellungen ein trostloses Dasein - bis zum Tode - fristen. Schlagartig wiederum hacken sich Ethel's Erinnerungen an Teil 1 hinein, die zwar besser (und auf Zelluloid) gedreht sind, weit mehr schauspielerischen und blutigen Exzess sowie einen kakophonen Horror-Score bieten, allerdings auch an sich knapp am B-Movie-Niveau vorbeischrammen und volle Kanne im SOMETHING-WEIRD-VIDEO-Katalog landen. Und dennoch wird bei diesen Umschnitten die Nacht zum Tage.

Jedoch entwickeln gerade die VHS-Sequenzen eine schon ranzig-hypnotische Wirkung, die in ihrem Dilettantismus eine entrückte Nische der soziopathisch-verwirrten Gedankenwelt und all der erdrückenden Leere um sie herum hervorbringt. Und das Schöne daran ist: fast jeder könnte genau diese Szenen 1:1 nachbilden - werde ich in Zukunft auch mal in Angriff nehmen! Wer dieselbe Inspiration braucht, hier hat jemand den Film auf youtube hochgeladen, viel Spaß!

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