auch dieses
Mal kann ich behaupten: Lange nichts mehr voneinander gehört! Anstatt mich zu
entschuldigen, wieso hier ewig nix stand, machen wir’s kurz und im Folgenden
sehr lang: Es gab mehrere Stationen der Eigeninitiative anno 2018 zu bestehen,
die weiter unten aufgelistet werden – im Gegenzug gestalte ich meinen
Jahresrückblick mit derart voller Möhre, dass ihr knapp 20.000 Wörter zu lesen
haben werdet. Wenn das mal keine Ansage ist! So muss das eben sein bei einem
Jahr, das ständig unter Zugzwang stand und so schnell verging, wie es einen
auch mit Extremen fütterte. Allein, wie kurios spitzenmäßig der Sommer ankam
und Aktivitäten en masse anstachelte –
da gab’s Monate für mich, die jede Woche Schnitt- und Dreharbeiten,
stundenlange Spaziergänge, hunderte von Filmsichtungen (auch auf
Open-Air-Leinwänden) und Freundschaftstreffpunkte sowieso boten; sogar eine
Wochenendreise in den Osten! Wir halten uns an hiesiger Stelle aber nicht im
Privaten auf, schließlich gilt es, dem Thema dieses Blogs gerecht zu werden –
wie schaute es in der Hinsicht mit diesem Jahrgang aus? Ich wollte zunächst wie
die meisten Leute auch pauschal von einem ernüchternden Ergebnis sprechen, wie
wenige Besties man letztendlich
spontan aufzählen kann - die interessanten Werke lauern einem aber in
beachtlicher Menge auf, wenn man das Potenzial des Zwiespältigen ausspäht,
Qualitäten abseits der Gefälligkeitsmodelle hervorspringen sieht. Mit denen
befasste ich mich am liebsten innerhalb des Jahres, doch es stimmt schon: Ein
wesentlicher Anteil des kollektiven Outputs wähnte sich in Mediokrität – oder zumindest
muss man es so nennen, wenn man vom Überangebot an klassischem wie Heim-Kino geradezu
erschlagen wird, Alleinstellungsmerkmale und known pleasures durchaus auch in breitester Präsenz mit der
Relevanz zu kämpfen haben. So kam es ebenfalls dazu, dass ich mich zeitweise
der zwangsläufigen Gewohnheitslinien halber auf bestimmte Themengebiete stürzte
und am Bingen war – es wurde u.a. (auch im Rahmen der beliebten Filmabende) das
Jahr des Klaus Lemke (ich hatte mir sogar seinen verschollenen Moto-Cross vom ZDF geordert) und des
Eckhart Schmidt, später gen Herbst eine lange Expedition ins Herz des
Hongkonger Kinos, im vierten Quartal sogar noch die Wiederentdeckung des
deutschen Reportfilms.
Und bei all
der Beschäftigung, die viele als übereifrig glotzend empfinden würden, käme
trotzdem noch die bottom line heraus:
Wie, diesen und jenen hast du noch nicht
gesehen? Das wird man gewiss auch an den folgenden Zeilen merken, welche
allgemeingültigen (und auch von mir ersehnten) Favoriten noch nicht gesichtet
wurden: Der seidene Pfaden, Call me by
your name, Transit, Roma, Widows, Searching, A Quiet Place, Bird Box, Halloween,
Die Unglaublichen 2, Spider-Man: A New Universe, Suspiria, Ein Gauner und
Gentleman, etc. – es geht eben nicht alles auf einmal… Muss man leider auch
von den Verleihstrategien insgesamt sagen. Nichts kann wirklich zeitgleich in
aller Welt auftauchen, braucht manchmal Jahre, um bis zur Gegenwart
durchzukommen und wird teilweise gar nicht mal anerkannt, wenn’s auf Netflix und Konsorten anläuft. Vor allem
in letzterer Hinsicht gab’s 2018 allmählich einen breaking point der Legitimation, den ich ebenfalls allzu gerne zum
Anlass nehme, wieder schlicht all jene Filme einzubeziehen, die ich in dem
Jahrgang sah – also finden sich hier insgesamt solche, die: 2018 ihren
Kinostart in Deutschland hatten oder erst dann in hiesigem Heimkino auftauchten,
auf Festivals liefen oder ursprünglich noch aus dem Jahr stammen, aber erst
später oder teilweise auch gar nicht hier erschienen sind. Wenn man schon echte
Diversität (das umstrittenste Thema von allen) vertreten will, muss man sich
nicht unbedingt mit dem Korsett zeitlicher Bindungen aufhalten – die Absurdität
werdet ihr hoffentlich einsehen, wenn ich zu jedem Film die entsprechende
Jahreszahl anhefte. Davon wollt ihr euch selber überzeugen, nicht wahr? Fangen
wir doch am besten mal mit den Dingern an, die ich persönlich fabriziert hatte!
In eigener
Sache entstanden:
DIE RÄUDEN
(Christian Witte, 2018) – In diesem von Computer-zu-VHS-zu-DVD konvertierten Essayfilm
von über 100 Minuten Länge vereine ich vielerlei Ausschnitte aus dem gesamten
Spektrum der bisherigen Filmabend-Geschichte und lege sie jeweils im direkten
Bezug nacheinander an – nicht unbedingt, dass jeder Clip dem nächsten Frage und
Antwort steht, aber insgesamt was über die dunklen wie aberwitzigen Seiten des
Menschseins erzählt. Insofern ist das Ganze in Kapiteln aufgeteilt, die von der
Kindheit an bis zur absoluten Ekstase im Sündenpfuhl reichen; schon früh
traumatische Eindrücke der Verrohung erleben und im Verlauf immer weiter von
der Unschuld abrücken, wie sich auch die Welt dementsprechend um sie reißt. Der
kurze Schwung von Liebe, Tanz und Tierfreundschaft bringt die Enttäuschung der
Realität mit sich, infolgedessen eine globale Verlorenheit binnen der
Urbanisierung, die für schärfste Hässlichkeiten sorgt – gibt ja genug Genres,
die das belegen. Kann man den Teufel besiegen, schafft man es nach Xanadu? Ich
hätte es euch allen gerne gezeigt, aber bei der komplizierten Rechtslage macht
YouTube schon sperrige Kapriolen, dass es auch nirgends sonst eine Heimat
finden dürfte – es sei denn, man fragt mich persönlich an, vielleicht ginge da
was!
Eine kleine Sammlung markanter Handyvideos meinerseits - auch so eine Art Werkschau!
DIE ABRISSBIRNEN (Christian Witte, 2019) – Seit meinem letzten Kurzfilm „Geh ins Herz“ sind ja schon einige Jahre vergangen – es kribbelte also wieder deftig in der Schaffenslaune, doch das Ventil kam wieder mal nur über vielerlei Umstände vorbei. Es begann zumindest im Februar 2018, als ich zusammen mit Jannik Tesch einen Gebäudeabriss in Hamburg auf Mini-DV abfilmte – was tun mit dem Material im Nachhinein? Nun, das hat einige Monate gedauert mit der Denkarbeit, ehe eine ganze Handvoll Inspirationen schließlich dazu führten, im Juni zum ersten Drehtag zu gelangen, bis in den November hinein Exposés, Handlungs- und Stilelemente zu ergänzen, an denen viele tolle Leute aus Spaß an der Spielfreude beteiligt waren. Es ist eine Komödie geworden, die aus dem improvisierten (Bau-)Alltag heraus immer tiefer ins absurde Herz der Entmündigung reicht – zeitnah orientiert am politischen Zirkus dieser Tage sowie der Quassellaune am Menschen von Nebenan ohne Haltbarkeitsdatum, auch wenn allesamt hoffentlich als entsprechend ulkiges wie liebenswertes sowie tragikomisches Abbild der Deutschen wirken. Der Film liegt fertig vor, dauert 75 Minuten und ist bereit, in nächster Zeit auf euch losgelassen zu werden, dann reden wir nochmal genauer drüber. Bis denn dann!
DIE ABRISSBIRNEN (Christian Witte, 2019) – Seit meinem letzten Kurzfilm „Geh ins Herz“ sind ja schon einige Jahre vergangen – es kribbelte also wieder deftig in der Schaffenslaune, doch das Ventil kam wieder mal nur über vielerlei Umstände vorbei. Es begann zumindest im Februar 2018, als ich zusammen mit Jannik Tesch einen Gebäudeabriss in Hamburg auf Mini-DV abfilmte – was tun mit dem Material im Nachhinein? Nun, das hat einige Monate gedauert mit der Denkarbeit, ehe eine ganze Handvoll Inspirationen schließlich dazu führten, im Juni zum ersten Drehtag zu gelangen, bis in den November hinein Exposés, Handlungs- und Stilelemente zu ergänzen, an denen viele tolle Leute aus Spaß an der Spielfreude beteiligt waren. Es ist eine Komödie geworden, die aus dem improvisierten (Bau-)Alltag heraus immer tiefer ins absurde Herz der Entmündigung reicht – zeitnah orientiert am politischen Zirkus dieser Tage sowie der Quassellaune am Menschen von Nebenan ohne Haltbarkeitsdatum, auch wenn allesamt hoffentlich als entsprechend ulkiges wie liebenswertes sowie tragikomisches Abbild der Deutschen wirken. Der Film liegt fertig vor, dauert 75 Minuten und ist bereit, in nächster Zeit auf euch losgelassen zu werden, dann reden wir nochmal genauer drüber. Bis denn dann!
Jetzt
aber erstmal zur Einschätzung der anderen Kollegen:
DIE TOP 10
DES JAHRES 2018:
THE COMMUTER (Jaume Collet-Serra, 2018)
Ich habe
mich dieses Jahr entschlossen, die Reihe der Besten in Glanz und Glorie für
sich stehen zu lassen, nicht erst zu versuchen, jeweils eine Entsprechung ihres
Wesens zu formulieren. Ich meine nämlich, dass viele von ihnen bekannte
Kriterien aufweisen und als Genrewerke eigentlich all das treffend
repräsentieren, was Lust und Leidenschaft in mir auslöst, in der stärksten
Kunstfertigkeit für meinen Geschmack und sowieso ihren selbstbewussten Willen
einstehen. So gesehen gefielen mir besonders Komödien, denen ich authentisch
überraschende Pointen sowie einen unbedarften Umgang mit Publikum und Ensemble
nachsagen kann – solche, die weniger auf Teufel komm raus mit der technischen
Subversion denn mit der Kommunikation auf Augenhöhe locken, gleichsam das
Pathos wegstecken und auf die feinen Gesten des Hier und Jetzt wertlegen. Oder
aber auch Actionfilme, die ihre schaumännischen Impulse zur Gipfelstürmung
menschlicher Erfahrungen anregen, sich in tolldreiste Überwältigungen und
Körperschnittstellen winden, moralisch reichhaltige Zugkräfte erster Klasse
aufbauen können. Und dazwischen natürlich wie in jeder absehbaren Oscar-Auswahl:
Die Passionsprojekte, die mitteilungssüchtigen und gefühlsbetonten Egos in der
Reflexion zur Kunst, sprich zur Ausschmückung einer Realität und Geschichte
ohne Gnade, in der Märchen wahr werden und doch ständig an ihre Schmerzen
erinnert werden, sich untereinander stützen und überstehen, aber selbst in der
Scheinwelt Hassliebe und Verluste finden müssen. Das Eigene ist eben auch immer
das Irdische, in dessen Kollektiv die Sammelstelle von Gut und Böse wirkt, Zeit
verstreichen und nachzeichnen lässt. Gemeinsamer Fort- oder Rückschritt?
Die Frage
hat die Menschheit noch immer zu lösen, aber ich möchte auch noch einige
weniger vage Eindrücke vermitteln. In diesem Sinne habe ich sodann viele andere
Beispiele des Filmjahres 2018 gelistet und besprochen, die in manchen
Angelegenheiten besonders herausstechen und auffallen, selbst wenn es sie nicht
zu formvollendeten Meisterwerken, aber Herzensangelegenheiten mit
Witte-Gütesiegel macht!
Unverhoffte Qualitätsfilme:
LADY BLOODFIGHT - FIGHT FOR YOUR LIFE (Chris Nahon,
2016) – Auszug vom 18.
Februar: „Mehr als solide wird hier die
bekannte Filmsage vom Kumite (siehe „Bloodsport“,
falls Verständnisbedarf besteht) wieder aufgegriffen und mit einer Riege an
ausschließlich weiblichen Fighters versehen, bei denen es womöglich am
innigsten denn je darauf ankommt, Wut und Güte im Einklang zu bringen – erst
recht, was deren Spektrum an nie ganz abgeklärten Geschichten aus der
Vergangenheit angeht. […] Bei solch emotionalen Prämissen lässt sich das
Simplistische daran nie so ganz abschütteln, der starken Umsetzung dessen wegen
ist man trotzdem voll drin, bis zur Konklusion klassischster Katharsis - wobei
der erhöhte Reue-Level vonseiten finsterster Seelen nochmals ein I-Tüpfelchen
dazu gibt. […]”
POLIZEIRUF
110: TATORTE (Christian Petzold, 2018) – Gut, für Petzolds „Transit“ habe ich mir bislang leider
noch keine Zeit gelassen, wohl auch, weils mir so ein Hin und Her mit ihm ist,
aber diese eigene Note an Krimi hier ging schon in Richtung erster Sahne. Mehr
als Homogenisierung des Genres gedacht, müsste man nach einigen mehr oder
weniger geglückten Experimenten in
jener TV-Landschaft um die eigentliche Geschichte bangen, aber der Krischan
weiß das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Er nimmt stichhaltige
Perspektiven und vorausahnende Bezüge zum Krimi-Konsens auf, mit seinem
Charakterspektrum um Matthias Brandt und der Entdeckung Maryam Zaree an
ergebnisorientierten Facetten eines Falls zu überlegen, abzuwägen und insgesamt
den (Power-)Dialog zu suchen. Die Grundader der Konventionen liegt schnörkellos
offen und geht in den Persönlichkeiten auf, authentischen wie verwünschten
Kunstfiguren von Kommissaren, die um alle Eventualitäten wissen und doch keine
bloße Süffisanz an den Arbeitsalltag legen können – gottseidank! Genauso
verhält es sich mit der Inszenierung in ihrer klaren Balance aus Distanz und
Konsequenz, in welcher die Kräfte der Blicke, Worte und ironischen Brechungen
vom Spiel her lenken – mehr als jeder demonstrative Wille zum Stil oder
dergleichen. Die gegenseitige Annäherung als berufsbedingte Retourkutsche der
Menschenkenntnisse/Traumata unter Kollegen macht da gewiss einen Hauptreiz aus,
der das Verbrechen einer erschossenen Mutter umso direkter anfüttert, mit
Berechnungen des schnell schaltenden - wenn auch vom Privatleben her
frustrierten - Gewissens wegen auch Petzolds krasse, aber stimmige
Zufallsschläge übersteht (dürfte auch für die Hater von „Phoenix“ einfacher zu schlucken sein). Die
Leute gehen ans Herz, die Ermittlung bleibt bodenständig und die
Verhältnismäßigkeiten von Gegenwart wie Vergangenheit von Tatorten trotzdem
reichhaltig im Gespräch, ob nun auf dem oder abseits des Bildschirms. „Dick und Doof“ durch dick und dünn sowie
Referenzen an den „13. Krieger“ im
Puff gibt’s noch gratis dazu!
HERRLICHE
ZEITEN (Oskar Roehler, 2018) – Man hat es nie so leicht gehabt mit den
ungehobelt extraprovokanten Werken Roehlers – oft viel zu bemüht mit räudiger
Schnauze und rechten Tendenzen kokettierend, im Gegenzug als stilistische Presswurst
bundesdeutscher Gefälligkeit langweilend, ging sogar einigen seiner
bekanntesten Schlager spätestens zur
Halbzeit die Puste aus. Der stählerne Menschenhasser kann nun aber seit langem
(also „Fahr zur Hölle, Schwester“)
mal wieder stolz sein: Seine Mär von der modernen Sklaverei binnen kölnischer
Noblesse zieht mit gezielter Asozialität um die Häuser, lässt Oliver Masuccis
Monsterakzent und Katja Riemanns zerstörtes Nervenkostüm im Querschnitt
mondänen Afters toben, wenn der Wahn der Wunscherfüllung an der
Haustür steht. Der gesellschaftliche Schlund basiert auf einem Roman von
AfD-Supporter Thor Kunkel und das liest man auch heraus im Menschenbild des
Films an sich, gleichsam binnen der Antiheldenfunktion Masuccis, sich anhand
vollkommen selbstgefälliger Herrenrassenschwünge in die Scheiße zu reiten, mit
der Männlichkeit im Sack auch Leichen zu hinterlassen. Jene Spirale
unheilvoller Überredungen kommt Roehler mit aberwitzigem Sprachgestus und einer
mehr als gelackten (zumindest nach Argento ausgeleuchteten) Inszenierung
entgegen, bis alle Stände der Vorstadtschickeria ad absurdum abgebaut, im grellen Rotz
aus Angst und Testosteron zersägt werden. Wie so oft bewegt er sich in jenen
Spektren selbst ganz eng am Rande der Faszination, feiert die Aufgegeiltheit
und Manie des Millennial-Ariers,
schärft aber erst recht die Sinne auf dessen Lächerlichkeit, wenn die bloßen
Vermutungen der Macht so vorschnell vom Ego angepackt werden, dass es im Desaster
endet - eine klassische wie zerätzende Fabel der Deutschtümelei.
BATMAN NINJA
(Jumpei Mizusaki, 2018) – Wenn man auch allmählich die Nase voll hat von den
inflationär runtergekurbelten DC-Animationsfilmen, sollte man diesem Ableger
mit dicker japanischer Note durchaus mehrere Blicke würdigen – das gestaltet
sich gar nicht mal so schwierig, denn die hyperstilisierte Anime-Interpretation
des dunklen Ritters bannt auf ganzer Linie. Innerhalb ihrer selbst werden sogar
mehrere Traditionen der Zeichenkunst angewendet - vom Abstrakten,
Expressionistisch-Poetischen bis hin zum CGI-Cell-Shading-Exzess. Die Steigerung der kulturbedingten
Ausstattungslust geht dann auch im Narrativ auf, welches den üblichen
Batman-vs.-Joker-Themenkomplex in absurde Spitzen via Zeitkolorit und
Kawaii-/Kaiju-Topoi verwandelt, ohnehin sehr stimmig in der Ronin-Mentalität
anknüpfen, Comic- und Landesmythen koppeln kann – gerade da prägnante Sequenzen
vom Gerechtigkeitssinn fördern, die der erwarteten Effektpalette wesentlich
Paroli bieten. Hier macht es eine Menge aus, dass Mizusaki-san’s Studio
offenbar viele Freiheiten genoss, eine detailverliebt dynamische Version des
Flattermanns aufzupolieren, obgleich er dafür Abstrusitäten in rauhen Mengen
anfordert, hardcore fans zur Weißglut
treiben kann. Umso besser/gelöster für diesen Rausch der Sinne!
Amy Johnston in "Lady Bloodfight"
BLEEDING
STEEL (Leo Zhang, 2017) – Jackie Chan hatte seinen Fans in den letzten Jahren
einiges an Durststrecken abverlangt, je ungelenker er seine schaumännischen Fähigkeiten
ans Festlandchina anzupassen vermochte. Die verkappte Überhitzung dessen im
tollen „Dragon Blade“ gab allerdings
eine neue Marschroute des All-In-Entertainments
vor, die man inzwischen als Vorspiel zu dieser Knalltüte von Sci-Fi-Action
bewerten muss. Als würde der Geist der „Fantasy
Mission Force“ hier herumspuken, teilt sich Leo Zhangs Film prinzipiell als
Genre-Schmelztigel von ungenierter Experimentierfreude mit, der aber stets erzkommerziell
abliefern muss, komme was wolle. Und so gerät der Zuschauer in einen Wirbelwind
der Stimmungen und kurios verklebten Sequenzen, die u.a. das ausufernde Spektakel
des Superheldenfilms mit melodramatischem Polizeidrama koppeln, kurz darauf in
futuristische Auftragskilleraction münden und völlig deplatzierte Gags
vorfinden, die einen aber genauso wenig auf Schulhof-Lästereien,
Vater/Tochter-Sentimentalitäten, ultraklischierte Hood-Homies sowie Hexorzismen
in den Slums von Sidney vorbereiten. Ein übergriffiger und mit äußerst
seltsamen Pointen ausgestatteter Comic
Relief gesellt sich dazu, sodann mit Jackie und Tochter die Welt zu retten,
wenn Callan Mulvey als Cyborg-Imperator die Sternenkreuzer aus den Wolken
steigen lässt. Dass man da zudem zur Empathie lang ersehnter
Wiedervereinigungen und brenzliger Opfer angeleitet werden soll, bleibt im
ungehaltenen Strom der Eindrücke bloßes Wunschdenken, lässt die Kinnlade aber
durchweg voller Erstaunen runterhängen, wenn man denn nicht zwischenzeitig mit
einer Migräne zu kämpfen hat. Was schwellen da die Effekte und Synapsen über, wenn
jener Kessel Buntes letztendlich auch noch so mir nichts dir nichts die vierte
Wand bricht. Hongkong schafft uns, macht allein schon das Oxymoron im Titel zum
Prinzip, ergo muss man es unbedingt mal gesehen haben!
MUTE (Duncan
Jones, 2018) - Auszug vom 4. März: „[...] „Mute“ sieht und führt einen permanenten Drang nach Zugang, indes
reiht er kunterbunt verzweigte Sets sowie verschlossene Türen, Suchende und
Ausgeknockte, sexuelle Freiheit als Unfreiheit unter dem Dach von
Kleinst-Appartements. [...] Vieles ist in seinen Augen dann eine Perspektive
der Furcht, aber da ist er gewiss nicht allein, wie sich eben viele im Film vor
der gesteigerten Unberechenbarkeit des Anderen fürchten, selbst wenn sie es gar
nicht müssen. Furcht oder die Gewissheit dieser wird hier nämlich mit Schutz
gleichgesetzt, ob nun vom kalten Blick kibernetischer Bodyguards ausgehend, als
trollende Handy-Nachricht einer vermissten Liebe bemutternd oder via
angeschossenen Gangstern als finanzielles Standbein agierend. […]„Mute“ wühlt die Innereien des
gegenseitig leidenschaftlichen Angriffs, wie er in der öffentlichen/privaten
Diskussion tagtäglich auftritt, mächtig auf – auch wenn er mit der Dynamik
dessen nicht immer rechtzeitig abschließt, an der konzeptbedingten
Sprunghaftigkeit auch holprig wirkt […]“
FFC - FEMALE
FIGHT CLUB (Miguel A. Ferrer, 2016) – Wer sich mit der „Lady Bloodfight“ anfreunden konnte, hat dieser Tage besonderes
Glück! Amy Johnston darf hier nämlich ebenfalls von vorderstem Posten aus im
Sub-Legal-Tournament austeilen, wobei jene stark choreographierte
Genre-Obligation wiederum eher das Ventil für ein spannend verästeltes Ensemble
der Verpflichtungen, Zwänge und Selbstverständnisse darstellt. Die gängigen
Annäherungen von Prota- und Antagonisten weichen hier sogar einer Ambivalenz in
Stil und Spiel, die sowohl den unsicheren Boden im Kampf als auch im Schutz
Unbeteiligter füttern. Johnstons Figur kämpft sich für Freunde und Familie zwar
selbstverständlich durch, bleibt aber auch immer vorsichtig, ihre eigene Lage
einzuschätzen – Verlustängste zeigen sich schon in der Distanz zum Vater Dolph
Lundgren, der einem Missverständnis der Gerechtigkeit wegen im Knast steckt und
doch irgendwie damit zurechtkommt. Der Film wiegt sich durchweg in solchen und
ähnlichen Zwiespältigkeiten und weckt die Hoffnung auf Lichtblicke, Befreiungsschläge
im rein femininen Kampfgemenge, die auch trotz des kleinen Budgets audiovisuell
sitzen. Das urbane Labyrinth springt einen da schon mal gerne als Neo-Noir an,
mit langer Lunte am Herzschlag der Kämpferin nachzufühlen, was man in der
Vielfalt der Menschen findet, an Sympathien aufrichtet oder auch ausmerzen
muss. Diese aus bescheidenen Verhältnissen kommende, an humaner Größe wachsende
Genre-Schönheit ist ein echter Geheimtipp!
I CAN ONLY
IMAGINE (Andrew und Jon Erwin, 2018) – Dieses Jahr hatte es in sich, höchst
tränenreiche Musiker-Biopics aus dem motherland
der Vereinigten Staaten anzuleiern. In diesem Beispiel geht es zudem wieder arg
christlich geprägt zu, als ob man die Fehler vom „Identical“ (2014) wiederholen wollte. Und tatsächlich herrscht auch
hier erneut die Neigung, einen Darsteller für eine Rolle von 16 bis 35 zu nutzen,
um den Werdegang Bart Millards nachzuzeichnen - ein texanischer Sonnyboy, der
ständig unter dem wütenden Alkoholismus seines Vaters (ein unfassbar intensiver
Dennis Quaid) zu leiden hatte, ehe er mit seiner Band MercyMe auszog, den Gospel per Balladenrock zu predigen. Die
musikschaffende Komponente mit ihrem raubeinigen Managerkumpel und zig
Label-Zweifeln oben drauf gibt allenfalls gewohnte Töne des Schaffensdrangs ab,
kann zumindest von einer technischen Souveränität profitieren, die z.B. einem
Benny „All Eyez on me“ Boom die
Sparstrümpfe reißen lassen würde. Wo der Film aber immens punktet und
ausrastet, lässt sich am Vater/Sohn-Verhältnis erleben, das mit derart kalten
und garstigen Gesten den Bauernhof des Hasses ausstellt, dass man sich in „Ediths Tagebuch“ zurückglaubt. Quaid zerdeppert
sogar Teller auf den Kopf seines Sohnes, wenn er denn nicht schon mit
giftigsten Worten der Verachtung und Enttäuschung um sich schlägt, im Suff auf
die Hölle spuckt und dem Filius somit reichlich Kraft kostet, dass man als
Zuschauer Gänsehaut bekommt. Der Film legt aber immer noch eine Schippe drauf,
dass man geradezu vom Glauben abfällt, wie übertrieben hart hier die Töne
getroffen werden und im Verlauf sogar noch eine tief sitzende Passion der
Vergebung draus fördern. Das lässt Tränen kullern als Meisterklasse
kalkulierter Signalwirkungen, hitting
close to home wie die Emotionalisierung eines weltbesten
Versicherungswerbespots, dass man es danach recht schwer hat, sich noch über
die religiös anbiedernde Unbeholfenheit zu beömmeln.
MIDNIGHT SUN
- ALLES FÜR DICH (Scott Speer, 2018) – In diesem Jahr sah sich besonders ein US-Genre-Regisseur
dazu auserkoren, seine Anzahl abgeschlossener Werke nach dem Prinzip
japanischer Vielfilmer à la Miike und Sono aufzustocken. Scott Speer, der zuvor
schon mit „Step Up - Miami Heat“
punkten konnte, darf sich nun also auch ganze 3 Mal in dieser Ausgabe markieren
und fängt dafür mit einer Teen-Romanze fürs Kino an, die in bester Tradition
von Love-Stories-mit-Krankheiten wie „Du
neben mir“ auf den Spuren von Nicholas Sparks ins Schwärmen kommt. Jener
verliebte Impuls trifft Bella Thorne, die hier ausgerechnet mit einer fatalen
Sonnenallergie ans Haus oder eben schlicht die Nacht gefesselt ist. Ein
Herzblatt hat sie allerdings schon länger im Auge: Der von Patrick
Schwarzenegger gespielte Nachbarsjunge! Wenn derjenige auf der Leinwand erscheint,
traut man seinen Augen kaum, so blöd es auch klingt: Der sieht volle Kanne wie
sein Paps in Jung aus, besonders wenn er lacht! Ein ernsthafter Umgang mit dem
Film gestaltet sich dementsprechend schwierig als auch der dadurch etablierten
Grundsympathie wegen überflüssig – dies besonders angesichts dessen Rolle des
absoluten Schwiegermutterlieblings. Auch so gibt er den perfekten Boyfriend ab:
Immer hilfreich, zig zauberhafte Überraschungen in petto und voller Verständnis
am Mädel an sich interessiert. Und was hat die alles für unerreichbare Träume,
allen voran eine Gesangskarriere. Als ob man eine kindgerechte Variante von „A Star is Born“ vorausschicken wollte,
sind die ersten Auftritte und Problementhüllungen nicht weit – noch näher nur
die Unmenge aufmunternder Worte vonseiten Patricks sowie die ihres zuckersüßen
Dads (gespielt von Rob Riggle!). Die Inszenierung dieses Topoi-Eintopfs gibt
insofern den naiven Nachtschwärmer, ohne auch nur die Ahnung eines bösen
Hintergedanken im Plüschherzen unsterblicher
Momente zu hinterlassen. Insgesamt keine allzu eigene Sache, aber von solch
stimmiger bis rausreißender Niedlichkeit, dass man Speer auch gerne in die
nächsten Jahrgänge folgt – aber erstmal weiter mit diesem hier.
15:17 TO
PARIS (Clint Eastwood, 2018) – Da hatte sich irgendwer verkalkuliert, dem „American Sniper”-Regisseur Eastwood
erneut eine militärische Biographie zur epischen Aufbereitung aufzudrücken. So
sieht es zumindest der Konsens in dieser Angelegenheit jener Nacherzählung, wie
drei normale US-Soldaten binnen ihres Euro-Urlaubs dazu kamen, einen
Terroranschlag im TGV zu vereiteln. Man besetzte zudem die wahren Helden als
sie selbst, dass sich der automatisierte Drill aus jeder Pore ihres Schauspiels
vorquetscht und dabei dann doch irgendwie umso liebenswertere Typen zeichnet.
Unterfüttert wird dies mit extensiven Rückblicken in die Kindheit, wo die
dramaturgischen Fallhöhen aber so oder so sehr bodenständig/flach ausfallen,
vom Schulverweis bis zum kindischen Kriegsspiel reichen, wobei das Engagement
derer Mütter tatsächlich die stärkste Projektionsfläche bietet. In der
Gegenwart angekommen bleiben den Jungs immer noch Hürden des Selbstbeweises,
doch Eastwood und sein Anflug von Cinéma
vérité lässt sie hauptsächlich so normal leben und erleben, dass man sich
ob der ausgiebig entfalteten Beiläufigkeit verschaukelt fühlen muss. Solch ein Unding
macht aber überraschend viel Laune – und nach all dem entspannten Hinauszögern
knallt es auch noch gewaltig! Der mehr spontane Horror im Zug lässt seiner
vorausgehenden Konstellation wegen erst recht mit dem Trio fiebern und jeden
Schmerz so tief nachempfinden wie er auch flott verarbeitet wird – gemachte und
dennoch ermattende Zielgenauigkeit. Dass die Muttis danach voller Stolz endlich
auf das schauen können, was sie schon immer an Potenzial in ihren Jungs sahen:
Das gehört dann übrigens zum Ergreifendsten, was das Kinojahr zu bieten hatte,
selbst wenn’s dafür den umständlichsten Weg von allen wählte.
A SKIN SO
SOFT (Denis Côté, 2017) – In dieser Dokumentation um nordamerikanische
Bodybuilder bleiben der Off-Kommentar und jeglicher Showfaktor des
herbeigesehnten Muskelspiels außen vor. Was angesichts der portraitierten
Körperwelten allerdings an Persönlichkeit gefördert wird, lässt den Zuschauer weit
interessantere Ebenen der Menschenkenntnis durchgrübeln. Das kennt man ja auch
ein bisschen vom Dschungelcamp, nur dass hier (nicht unweit von „Beyond the Mat“) in aller Stille das
Martyrium der Selbstdisziplin zum Vorschein tritt: Die geißelnde Objektivität
der Inszenierung zeigt ihre Herren mit Trainings- und Ernährungsplan am
Wegesrand der Gesellschaft sowie der eigenen Familie. Steroide sind zwar
irgendwie kein Thema - dagegen dominieren lustbefreite (bzw. in der Lust eher
nach innen gekehrte) Rituale der Perfektion, permanenten Arbeit und
Selbstaufgabe in Richtung eines Status Quos physischer Gipfelleistung. Der Film
bannt die kritische Distanz jener Verhältnisse, nähert sich aber auch mit
höchsthaptischer Zärtlichkeit an das Wesen dieses freiwillig erschwerten Weges,
der selbst in der Freizeit geradezu außerirdische Dimensionen an Hemmungen
gegenüberstellt und dennoch Bollwerke der Friedfertigkeit produziert. Das hat
seine komischen Spitzen und züchtet die soziale Entkopplung womöglich auch
verstärkt per Schnitt heran, legt aber allen voran einen faszinierend
gezwungenen Menschentypus vor, so als sei eine moderne Variante des Mönchseins
im Unterhaltungszyklus angekommen.
BETWEEN
WORLDS (Maria Pulera, 2018) – Fast die gesamte Cinesphäre schwärmt derzeitig
von Nicolas Cages Auftritt in „Mandy“
(siehe weiter unten), doch wie man weiß, arbeitet der Mann pro Jahr bestimmt
nicht nur singuläre Grenzerfahrungen ab. So bietet sich hier der noch weit
wildere Output als Mysterythriller der zerstreuten Töne an, bei welchem sich
Cage als Truckfahrer in eine Beziehung zu Franka Potente und ihrer mehr als
patenten Tochter einlässt. Erstgenannte besitzt zudem einen heißen Draht zur
Welt der Toten, nötigt ihre Kerle stets dazu, sie zu würgen, um z.B. ihren
Nachwuchs vom heiklen Nahtod weg ins Leben zurückzuholen. Wie sich aber
herausstellt, steckt jetzt womöglich ein anderer Spirit in der Geretteten drin!
Diese ganzen Eckpunkte werden schon genüsslich ausgespielt, da kommt auf einmal
die sehr eigene, nach dem Nebensächlichen gierende Inszenierung daher, jede
Situation mit zweierlei Maß an Stimmung zu beurteilen. Viele kleine
Persönlichkeitsspitzen im Cast befördern sich zusammen mit Sleaze, Sex und
Crime in eine klassisch verräudete White-Trash-Exploitationspirale, in der
Komponist Angelo Badalamenti zudem Selbstzitate einbauen kann, welche wie der
gesamte Film an sich mehr oder weniger passiv auf die Twin-Peaks-Fangemeinde schielen. Der meist im Schlüpfer agierende
Cage macht hier jedenfalls wieder ordentlich Dampf, den Zuschauer aus der
Reserve zu locken. Sein Wahn hängt nicht an der Kette wie im besagten „Mandy“, bringt zudem Ego-Gags und
Vielfickerattitüden ins Spiel, bei deren Spielfreude es kaum noch aufhält, dass
sich der Großteil des Geschehens in einem muffigen Haus aufhält, eine sehr
wahllose Reihenfolge an Eskalationen zum Film erklärt. Tolldreist!
SERGEANT REX
- NICHT OHNE MEINEN HUND (Gabriela Cowperthwaite, 2017) – Mit dem Hund zum
US-Jingoismus übergehen zu können – das klingt wie eine denkbar heikle
Angelegenheit und ist hier in vielen Breiten- wie Längengraden so auf den
pathetischen Affekt ausgelegt wie man’s vom deutschen Trottelverleihtitel (und
seiner tendenziell dürftigen Synchro) her vermutet. Die innere Führung bestimmt
sich dennoch eher anhand von Protagonistin Megan Leavey (die wie immer
unbestimmbare wie engagierte Kate Mara), ihren Weg durch die Kasernen und
Kriegsgebiete dieser Welt, bei dem ihr einer immer zur Seite steht: Rex, der
Hund! Der natürlich voll vermenschlichte Gefährte wird ihr nicht nur als
Bombenschnüffler vor Ort unerlässlich; ein Fels in der Brandung, ohne den sie
nimmer kann. Dagegen sind fast alle menschlichen Beziehungen mittel bis ganz
und gar verkorkst, stinken eh ab, sobald Megan mit Rex in eine Explosion gerät,
dass beide vom Irak zurück in die Heimat dürfen und doch getrennt bleiben
müssen – als Haustier wird er von der Heeresleitung (ganz oben: Common!) nicht zugelassen, doch wir wissen,
was Megan davon hält! Der Zuschauer steht auf ihrer Seite, so deftig die
Emotionalisierung des Ganzen beinahe an „Bailey“-Verhältnisse
der Tearjerker-Kunst herankommt und
gleichsam das trockene Militärtraumadrama ausstrahlt. Eben ein Crowdpleaser der
entgegenkommendsten Sorte!
ASSASSINATION
NATION (Sam Levinson, 2018) – Die eher unrühmliche, aber nicht witzlose Internet-Haltestelle 4chan gibt den geistigen Stein des
Anstoßes für diese tödlichst giftige Gesellschaftssatire. Im Blick auf die
Online-Meisterschaft Rufmord hat die
High-School-Clique um Bienenkönigin Lily (Odessa Young) schon den moralischen
Kompass verloren, wie es eben auch inzwischen jedermann von links nach rechts
leicht von der Hand geht, geleakte Privatinfos zur individuellen Verurteilung
zu gebrauchen. (Vermeintliche) Verfehlungen sammeln, um abzukanzeln - eine
zynische Hysterie im Auftrag des
moralischen Konsens. Aber wenn’s einen selber trifft… In dieser eskalierenden
Prämisse des gegenseitigen Verrats bleibt keiner unschuldig, die Konsequenzen
keinesfalls nur verbal oder
psychisch. Der mörderische Mob geht um und will Blut sehen, den Schlampen eins
auswischen und auch mithilfe der Cops über Leichen gehen. Das ist schwer
nervenaufreibend anzusehen, mit welch finsteren Aussichten for the lulz auf Gewalthemmungen geschissen wird und der Gerechtigkeitssinn
ohnehin unterm kollektiven Sadismus zu leiden hat. Der ätzende Humor über Amerikas Hang zur Hexenjagd
geht irgendwo auch ans Eingemachte vom Schlage eines „Heathers“, erliegt in seiner spielerischen Montage aber nicht dem
Kontrollzwang der ähnlich kritischen „Vollblüter“
(siehe ganz unten), weil er letztendlich doch sehr affektiert agieren will, auf
den Spuren der „Good Time“ am Puls
der Zeit rumreißt. Nicht, dass daraus ein gänzlich runder Kreislauf fließen
kann, denn dem Kollegen Levinson geht eher das Schockpotenzial unter
Stereotypen nah, als dass er der Empörung auch ein Gegengewicht abringen kann,
das sich nicht in demonstrativer Resist-Überkünstelung
ausruht.
AQUAMAN
(James Wan, 2018) – Als die ganzen Machenschaften hinter „Justice League“ letztendlich ein katastrophal mutloses Produkt
einlösten, glaubte man die Zukunft des sogenannten DCEU für beendet. Den morbiden Charakter unter Zack Snyder wird man
nun auch weiterhin vermissen müssen, doch der bauchige Genre-Freund Wan bringt
hier im Gegenzug einen guten Schuss an Wahnwitz mit, um der ausgelutschten
Superheldenaction-Presswurst zumindest das Kurzweil der Narrenfreiheit zu
spendieren. Als gängige Origin-Heldensage
ist das inhaltliche Gehalt kaum nennenswert ausgefallen (abgesehen vom
Mutti-Komplex, den Snyder in die DNS platziert hat), viel mehr packt das
visuelle Kaleidoskop aus CGI-Wust und surrealen Wasserkreaturen in seiner
gezielten Haltlosigkeit, dass man vom Augenkrebs zum Augenaids übergeht.
Passend dazu kriegen Aquaman und Konsorten schön doofe Oneliner auf die Rippen,
die binnen der Aufregung allgegenwärtiger High-Fantasy-Intrigen eine
Autorenschaft Hulk Hogans vermuten lassen könnten. Dementsprechend launig
ziehen die zweieinhalb Stunden Laufzeit an einem vorbei, während Jason Momoa
von einer irren Quest in die nächste kaspert, zwischen epischer Königsbrust und
drolliger Beachboy-Unbedarftheit pendelt. Ein überfordernder Sturzflug für den
Zuschauer - für ihn Anlass, ab und an sogar den Romantiker raushängen zu lassen.
Huiuiui! Wans Film wirft jede plakative Option in den Topf und kommt als
Ringmeister bizarr vermengter Töne sogar gut raus; zumindest bunt, daneben, von
aufgegeilter Stumpfheit, wo Marvel
inzwischen nur noch trübsteif auf Nummer Sicher gehen will.
AUFBRUCH ZUM
MOND (Damien Chazelle, 2018) – Nachdem „La
La Land“ meiner Meinung nach endgültig den kühlen Geschäftsmann in Chazelle
feststellte, welcher das Träumen höchstens vom Hörensagen kannte, musste ein
Höhenflug her – offenbar sah das kaum jemand noch so, denn weder Kritik noch
Publikum wollten ihm für dieses Neil-Armstrong-Biopic wirklich treu bleiben.
Schade drum, denn hier beweist er sich von verklärender Selbstgefälligkeit
abgelöst als bodenständigerer Beobachter einer schön schwierigen
Persönlichkeit. Selbst Ryan Gosling, Schirmherr der ausgestrahlten
Blasiertheit, überzeugt in der Rolle jenes Astronauten, der (offenbar recht
authentisch verkörpert) eher distanziert zu seinem Umfeld und sich selbst
steht. Die Gründe dafür verhandelt Chazelle in dokumentarisch angehauchten
Ellipsen, die u.a. das Trauma der früh verstorbenen Tochter so konkret
unausgesprochen darstellen, wie sie auch die vermeintliche Heim- und
Hausfrauenästhetik der 60er Jahre als Verhaltensstudie kaschierter Leere oder
verschluckter Tragödien entpuppen. In Chazelles auch weiterhin
leidenschaftlicher Berufswelt tritt die Angst dann aber noch expliziter zum
Vorschein: Die Klaustrophobie und primitive Technik binnen der Babyschritte der
Raumfahrt kommen dem Zuschauer mit entsprechender Enge entgegen, bannen Film
als Nahtoderfahrung durch Erstickungsgefahr, während die Termini und
Kontrollinstanzen der NASA nur bedingt den Überblick halten können. Nicht nur das
Sterben im Namen der Wissenschaft/des space
race beschwört kritische Stimmen hoch, doch Armstrong bleibt seltsam, wie
ein Zombie getrieben im Vorgarten stehen, legt Theremin-Platten auf und driftet trotz aller geschaffter Strapazen in
einen anhaltend bitteren Abschluss ab, der seine finsteren Lebenslöcher
allenfalls noch größer erscheinen lässt. Harter Tobak!
Das Plakat zu einem der legendärsten Filmabende überhaupt!
DEATH RACE:
ANARCHY (Don Michael Paul, 2018) – Recht überraschend, wie lange diese Reihe
auf dem Heimkinomarkt die Luft anhalten und zudem noch Feuerbälle ausspucken
kann. In Dreck und Tristesse des Drehorts Osteuropa lässt sich eben recht
stimmig das neue Amerika entwerfen, welches hier krasseste Autorennen und
Todeskämpfe im großzügig verranzten Knastgelände veranstalten lässt.
Frankenstein, die bereits aus den Vorgängern bekannte Rennfahrerlegende, gibt
hier den Zeremonienmeister ungenierter Anarchie, ehe der frische Häftling
Connor Gibson die Party sprengt. Der wird als moralischer Ruhepol sodann die
Führungskraft für den Zuschauer, gibt sich aber alles andere als zimperlich in
einem Ambiente, das von der Kamera nur zu gern in allen Exzessen aufgegriffen
wird. Ob Polizisten nun mit Kettensägen zerlegt werden, Räudengladiatoren sich
die Schädel eindreschen oder Frauen in ewiger nackter Lust schwelgen: Hier
gibt’s kein Pardon, der Film mag es derbe und reizt den hormonellen Überschwang
schamlos aus. Ein Hauptgewinn an Machtreibungen, der allenfalls von seinen
knapp zwei Stunden Laufzeit überschattet wird und sich da neben dem glücklichen
Gesuhle auch noch mit einer hauchdünnen Love-Story abgibt; ohnehin recht
schwerfällig vom Free-For-All-Konzept
in die Großkonzernintrigen-Gänge kommt. Nächstes Mal also bitte mehr narrative
Standbeine abhobeln - so macht das grand
guignol des white trash aber
immer noch mächtig Laune, sprengt mehr dicke Luft weg als es jedes noch so sensible
Sozialdrama zu schaffen vermag.
DAPHNE AND
VELMA (Suzi Yoonessi, 2018) – Obgleich man bei diesem neuen Realfilmableger der
Scooby-Doo-Reihe ohne Hund auskommen
muss, ist der Spaßfaktor überraschend hoch ausgefallen. Die Direct-to-Video-zurechtgelegte Plotte
dreht sich um das erste Aufeinandertreffen der titelgebenden Heldinnen zu
High-School-Zeiten, wo es schon darum geht, jeden Fall auf jeden Fall zu lösen.
Somit greift man da schon eine Menge übersteuernder Topoi an
Klassenraumdynamiken und -typen auf, wobei allesamt selbstbewusst durch den
Kakao gezogen/an ihr höchstes Potenzial erinnert und zudem von merkwürdigen
Machenschaften im Hintergrund in den Bann gezogen werden. Ein kindgerechtes und
doch recht clever pointiertes Who/Whatdunit?
ist sodann auf dem Stundenplan verteilt, mit einer passiv autoritären
Rektorin am Abnerven und frisch angehauenen Wendungen binnen Krimi-Konventionen
und Social(-Media)-Skills durchsetzt. Gutes Futter für Freunde verspielter
Trivialunterhaltung, gerade mal an die 75 Minuten lang, wie „Die Abrissbirnen“!
A BETTER
TOMORROW 2018 (Ding Sheng, 2018) – Wie arg rappelt es noch im Karton, wenn sich
in diesem Jahrzehnt ein Remake von John Woos Heroic-Bloodshed-Klassiker vorstellen möchte – zumal von jenem Ding
Sheng, der bisher recht regierungskonforme Unterhaltung fürs Festlandchina
aufbereite? An Pathos mangelt es ihm jedenfalls nicht, wenn er das altbewährte
Narrativ in eine kontemporäre Melange aus Pop und Grit packt, die sich am
liebsten selbst verleugnen will. Manche technischen Entscheidungen gehen daher
trotz/aufgrund aller Glattheit seltsam ins Abseits, was sich umso mehr daran
abzeichnet, dass Sheng jener Ikone von Film scheinbar hauptsächlich über den
Soundtrack auf den Grund gehen möchte. Da lässt er auch gut und gerne Meta- und
Realitätsebenen durchbrechen, während in erster Instanz Sentimentalität die
Szenen beherrscht und da zumindest öfters tränendrüsig ankommt - mal mit
Nostalgiebonus, mal mit der bewährten asiatischen Expressivität unter hart
geprüften Brüderbündnissen. Fast komplett gegen die Wand gefahren wurde die
Action, welche trotz einiger ausgewählter Shootouts Dynamik vermissen und
Effekte versanden lässt, was eventuell auch den Investoren geschuldet ist,
inwiefern man die Unterwelt binnen Rotchina noch ehrenhaft geschweige denn
überhaupt darstellen kann. Umso dicker steht die Versöhnung an, umso kurioser
erscheint das anachronistische Zeitkolorit, umso weiter entfernt man sich von
Form und Glorie Woos, aber nicht unbedingt von dessen zwischenmenschlicher
Spannung, die ja stets visuell zwischen Plakativität und Treffsicherheit
pendelt. Hier wird sich eben breiter ausgesprochen und dick aufgetragen – ein
gut mit Tränen gesalzener Frustschluck für Fans, aber auch nicht viel
schlechter als z.B. Woos eigener zweiter Tomorrow.
BIRTH OF THE
DRAGON (George Nolfi, 2016) – Anhand der leider nur sehr kurzen, aber Ehrfurcht
erregenden Biographie Bruce Lees machen es sich Filmemacher seit jeher schwer,
ein Äquivalent zur Ikone auf Spielfilmdauer einzufangen, wenn das allzu
griffbereite Potenzial zum Biopic ansteht. So geschah es dann auch in Regisseur
Nolfis Martial-Arts-Drama, das nur spät seinen Weg in deutsche Heimkinos fand:
Äußerlich mit Lees Aufenthalt in San Francisco beschäftigt und auf dessen
legendenumwobenes Duell mit Meister Wong Jack Man hinarbeitend, musste die
Produktion im Nachhinein noch mehrmals auf diesen Nukleus zugeschnitten werden.
Grund hierfür ist ein fiktionaler Handlungsstrang um Lee-Schüler Steve McQueen,
nee… ähm… McKee (Billy Magnussen), der seiner großen chinesischen Liebe aus dem
Bordell helfen möchte, was nicht nur einigen Triadenmitgliedern sauer aufstößt.
So selten die Plots miteinander auskommen können, werden unweigerlich die Mechanismen
der Brucesploitation in Erinnerung
gerufen – wie man sich auch in die Quere kommt, mangelt es dann aber nicht an
Charme, wenn die altbackene Lotusblütenromantik mit theoretischen wie
praktischen Kampfphilosophien abgeklatscht wird. Die zwei abgeschotteten Welten
sowie deren Parallelgesellschaften aus Hafenstadtrauhbeinen und Menschenhandel-Sozialkritik,
Star-Ambitionen und Kung-Fu-Magiern, alle versammelt im ausgeschmückten Zeitkolorit
der 60er Jahre: Das zeugt schon von kurios anachronistischem Format! Eine
Legendenbildung aus Widersprüchen, die selbst ihren Schlusspunkt des Heldentums
so spontan und heterogen aus dem Ärmel schüttelt, dass nicht nur die
Filmlogikfanatiker von heute frühzeitig das Handtuch werfen. In meinen Augen
hat’s einen positiven Eindruck hinterlassen.
NO WAY OUT -
GEGEN DIE FLAMMEN (Joseph Kosinski, 2017) – Ein episches Drama unter
Feuerwehrleuten, wie es seit „Backdraft”
für emotional ergiebigste Zweistünder einsteht. Hotshots der Arbeiterklasse Amerikas stellen sich dem Publikum (und
das ist für wahr ein crowdpleaser!)
hier in abschnittweise vermengten Wiedererkennungsbiographien bzw. Stereotypen
vor, wenn sie unter Leitung des Alpha-Neo-Cowboys Josh Brolins Brände löschen
und Provinzherzen schmelzen lassen. Neuzugang Miles Teller fungiert dabei als
Ex-Junkie und Ventil für Phrasendrescher der zweiten Chance, welche sich binnen der Gruppe beweisen müssen, bis
sie trotz einschneidender Streitigkeiten und Zweifel eine Familie werden. So
weit so gut, doch Regisseur Kosinski hat binnen dieser anbiedernden Pracht an
Konventionen noch ein As im Ärmel, immer mehr brisante Informationen um seine
Typen herum herauszuquetschen, eben warum die Dynamiken untereinander so
agieren wie sie es tun – nicht bloß der aufmuckenden Männerwirtschaft (sowie
ihrer Mystik von der schwarzen Seele
des Feuers) wegen, sondern auch aufgrund eigener Verfehlungen in selbst den
strahlendsten Testosteron-Exemplaren. Das macht sich selbst innerhalb mancher
Durststrecken an Dramaturgie mit urigen (auch lokalen) Details bewährt, ehe
dann aber das letzte Drittel mit einem Schwung der Fassungslosigkeit ankommt, die
alles so vergänglich erscheinen lässt wie sie sich auch um den Erhalt von
Stolz, Ehre und ewiger Liebe bemüht. Eben eine uramerikanische Zwischenwelt aus
irdischen wie spirituellen Bromanzen, wie sie nur in den granite mountains des Proletariats entstehen konnte.
THE OATH
(Ike Barinholtz, 2018) – Neuerdings, also spätestens seit „Get Out“, breitet sich im US-amerikanischen Kino die Formel aus,
Comedy mit dem Zugzwang des Thrillers auszustatten, allen voran, wenn eine
soziopolitische Krise mit involviert ist („Casino Undercover“ lässt ebenfalls grüßen). Die Ära
bringt die Angst mit sich und da wird unbefangenes Lachen allmählich zur
Seltenheit, was nun auch in Ike Barinholtz‘ Regiedebüt verzweifelt daran
anknüpft, binnen der Satire auf die üblen Wurzeln Trumplands zu stoßen. Dafür
konzentriert sie allzu gut wiedererkennbare Konfliktpunkte der Kluft von rechts
bis links als Diskursparcours am Familientisch zu Thanksgiving. Barinholtz selbst als Protagonist gibt sich sodann
gar nicht mal zu gefällig als liberaler Anker, dem schnell der Kragen platzt, der
hinter jeder Andeutung den Angriff/Verrat vermutet und vom Strom an Nachrichten
kaum ablassen kann. Das Fest der Sippe wird unter dem Gewicht der Welt zur
Plattform an Standpauken, wenn es darum geht, einen Eid auf die Nation zu unterschreiben.
Jener elefant-in-the-room ruft alsbald
die Staatsgewalt vor die Haustür und lässt den Widerspruch von Verfassung und
autokratischer Bürokratie explodieren, die moralischen Barrieren untereinander
implodieren. Verrät man den Staat oder die Familie, erfüllt man per
Selbstjustiz den Geist des stand-your-ground
oder wird man zum Monster, das man nie sein wollte, selbst wenn der Faschismus
(unfassbar intensiv von Billy Magnussen verkörpert) die Zähne fletscht?
Dilemmata, die dem kleinen Budget geschuldet allerdings auf wenige Schauwerte
setzen können und Barinholtz zudem zu Redundanzen verleiten, wenn er -
hauptsächlich in einem Haus aufhaltend - variierte Muster von immer schlimmer
vergeigten Konfliktlösungen forcieren muss. Sein politisches Macguffin des Oath wirkt da gar nicht mal so weit dahergeholt, leider aber dessen
Auflösung als deus ex machina, an
welcher der Film sodann die letzten Schritte an Konsequenz verliert.
Interessant bleibt’s auf jeden Fall, dass er mehr zur Schockstarre als zur
Belustigung neigt und somit als Mittler recht nahe jene Machtlosigkeit des
Individuums vermittelt, wenn Politik Alltag, Medien und Familie bestimmt.
Jackie Chan in "Bleeding Steel"
BOARDING
SCHOOL (Boaz Yakin, 2018) – Als einer der unauffälligsten Autorenfilmer
Amerikas kommt Yakin immer nur alle paar Jahre mit Stoffen rum, welche einen
reichhaltigen Kern zu jenem Themenkomplex liefern, wie Kinder mit ihren
Abhängigkeitsverhältnissen zu Erwachsenen umgehen oder auch untereinander
hadern. So geschehen in „Fresh“, „Safe“ und sogar dem Hundefilm „Max“
spinnt sich hier ebenfalls ein Netz des Misstrauens zusammen, wenn der in
androgyner Ambivalenz schwebende Problemfall
Jacob (Luke Prael) plötzlich auf ein sehr merkwürdiges Internat geschickt wird,
welches von Tag zu Tag in der Anzahl seiner Schüler schrumpft. Jenes Unbehagen verknüpft unser Protagonist zudem mit
Visionen seiner Großmutter und ihren Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg, dass er
sich seiner Identität unsicher fühlt, sie leugnet und doch verinnerlicht. Gefüttert
wird er darin von Mitschülerin Christine (Sterling Jerins), jener femme fatale in spe, mit welcher Jacob
dem Geheimnis der Lehrer auf den
Grund geht, obgleich er sich ständig von ihr abzustoßen versucht. Jenes
Tauziehen der kleinen wie großen Grausamkeiten bestimmt die Spannung binnen der
stimmungsvoll einkapselnden Mauern – Yakins Inszenierung platziert die
Jugendforscher demnach auch zwischen manipulierter Behutsamkeit und krasser
Entlarvung, dass dem wahren Wesen seines Ensembles ein moralisches Fass ohne
Boden überlassen wird, solange der doppelte Boden der grown ups endlich wegfällt. Eine sehr eigene Störung sogenannter
Normen – etwas mäandernd im Aufbau, psychologisch aber durchaus mehr als
Genre-Binsenweisheiten einlösend.
OPERATION
RED SEA (Dante Lam, 2018) – Dieser Blockbuster aus China bringt schon die
tollsten Erwartungen mit sich: Militär-Propaganda ab 18, kinetisches
Hollywood-Übertrumpfen in Sachen Action-Exzess und heroic bloodshed, ultradünnes Charakterspektrum mit
überkonstruierter Terror-Plotte auf dem Gipfel schamlos patriotischer
Unterhaltungskunst. All diesen Faktoren wird Lams Film gerecht, legt aber noch
eine große Schippe an Fiebrigkeit oben drauf. Mayhem in the middle east ist angesagt und schnelle Entscheidungen
sind da auf der Überholspur, dem Schnitt und Verbrauch an Produktionsressourcen
aus zig (auch staatlichen) Finanzgruppen angepasst, wenn sich die Ekstasen an
Mut und Heldentum binnen abgetrennter Gliedmaßen und Bombenattentate stapeln. Aus
solchen Parallelmontagen kommt der Schädel nur sehr durch raus, später geht’s zumindest noch etwas konzentrierter, aber
nicht minder rabiat ans Einkesseln – ringsum die Wüste, tausendfach Blei und
Mörser-Input, gefolgt von Luftunterstützung und Scharfschützenpräzision, bis
alle Gegner tot sind. Und das alles wohlgemerkt im Namen einer Rettungsaktion.
Als man glaubt, dass es sich nicht noch mehr steigern könnte, gerät eine
Infiltration unter Islamisten sodann außer Kontrolle, bis die Panzerduelle in
einen Sandsturm à la „Mad Max“
geraten, ehe die rotesten Opfertode verlebt werden - solange man Zivilisten
retten kann! Ein Hardcore-Kanonenrohr, vor Pathos und direkt anpackender
Genresprache strotzend, das jedoch nicht ganz den Level an phantastischer
Egoshow via „Wolf Warrior 2“
erreicht.
EIGHTH GRADE
(Bo Burnham, 2018) – Renovieren statt Innovieren: Auf der authentischen wie
pointierten Sonnenseite des Coming-of-Age-Musters angesiedelt, macht sich der
positive Ruf noch besser verdient als es „The
Edge of Seventeen“ jüngst zuteilwurde. Stets im Strudel der Unbeholfenheit
unterwegs durchläuft man anhand der Achtklässlerin Kayla (Elsie Fisher) zwar
erneut allzu bekannte Szenarien des Genres ab, doch allen voran der formale
Ausdruck geballter Awkwardness sucht
auf dem Gebiet seinesgleichen. Darüber hinaus wird dieser aber noch vom
lebendigen Sprachschatz des Casts geschlagen, als dass man sich jemals einer
reinen Stilcollage ausgesetzt fühlen müsste. Spontanität und Angst gehen innig
stiften – ab der Gabelung gen 3. Akt sind die verstärkten Ansagen zum
Selbstbewusstsein allerdings fast schon wieder mehr erschöpfendes Wunschdenken.
Insgesamt natürlich dennoch ein gelungenes Regiedebüt des Komikers Bo Burnham.
NIGHT SCHOOL
(Malcolm D. Lee, 2018) – Überragend fähig darin, der unwiderstehlichen Tiffany
Haddish eine Garderobe zum Niederknien aufzubieten, gibt diese Kevin-Hart-Komödie
auch sonst keine schlechte Figur darin ab, alle zu erwartenden Konventionen
einzulösen. Hart muss nämlich zusammen mit einem bunten Strauß verballerter
Gesellen die Abendschulbank drücken, um seiner Verlobten ein angemessen
liquides Leben bieten zu können. Nicht dass sie es von ihm verlangt, aber er
ist stets am Überkompensieren, steht zudem dauernd vor der nächsten Notlüge. Im
Folgenden hadert er also mit dem inneren Schweinehund, was sich in
misslingenden, aber gemeinsam bestrittenen Mogelaktionen und
Makeleingeständnissen äußert, welche bereits in Malcolm D. Lees Vorgängerfilm „Girls Trip“ für solide Höhlengleichnisse
mit Happy End sorgten. Ein gesteigerter Anteil der Gags ist hier auch
mindestens so glückselig beknackt geraten, was dem Ganzen wiederum eine
verdiente Genre-Pappkrone aufsetzt.
THE HUMANITY
BUREAU - FLUCHT AUS NEW AMERICA (Rob W. King, 2017) – Diese sehr kostengünstig
zusammengeschusterte Dystopie bietet vielerlei desolate Landschaften Amerikas
an, um einen absehbaren Sci-Fi-Thriller ständiger Verfolgung zu erzählen. Der
demnach mehr oder weniger futuristische Road-Movie à la „Logan“ - starring Nicolas Cage - kann
seine Zugkraft nur bedingt in Schauwerten anlegen, gibt Schergen wie Helden die
üblichen Schwarz/Weiß-Werte auf den Weg, wenn Cage im Auftrag des Fascho-Staats
doch mal mit dem Gewissen (und einem lange nachwirkenden Trauma) hadert, sobald
er eine Ottonormal-Mutter und ihren Sohn in ein Todeslager namens New Eden schicken soll, weil sie den
Obrigkeiten nicht produktiv genug erscheinen. So schleppt man sich also der
Desillusionierung des amerikanischen Traums nach von Ruine zu Ruine, dem
unteren Mittelstand die Hand zu halten und Verstecke anzubieten, während die
Konfrontationen mit fiesen Agenten insgesamt äußerst spärlich ausfallen. Das
ist aber auch alles egal, wenn man mit einem wieder sehr seltsamen Cage
abhängt, welcher nie zu wissen scheint, was er mit seinen Händen machen soll.
Abgehangen wird er jedoch sodann vom Jungen der unverhofften Dreieinigkeit, da
dieser mit Blitzeinfällen der Marke Scheißkind für den Großteil absurder
Spitzen in diesem manchmal auch bemitleidenswerten Film sorgt, der ohnehin von
einer grenzbilligen KSM-Synchro aufs Abstellgleis befördert wird. Das macht ihn
gewissermaßen aber auch so auffällig eigen und superwitzig, dass man ihn so
manch regulärem Zukunftsabenteuer (u.a. „Ready
Player One“, siehe unten) vorzieht.
Nicolas Cage in "Between Worlds"
VENOM (Ruben
Fleischer, 2018) – Ob jemals wieder ein guter Film unter der Marvel-Marke entstehen wird? Man kann
angesichts der letzten Jahre berechtigterweise ins Zweifeln kommen – zumal auch
diese Spiderman-Lizenzbiege via Sony
vom Grundgerüst her äußerst denkfaul ausgefallen ist. Dass die geballte
Altbackenheit im schwarzglibbrigen Alien-Gewand dennoch binnen der
obligatorischen zwei Stunden Laufzeit auf Kurzweil setzen kann, liegt dem
Konsens nach an Hauptdarsteller Tom Hardy. Das stimmt ja auch, aber die um ihn
gesponnenen Pointen sind zudem von solch fröhlicher Menschenfresserei beseelt,
dass sie gemeinsam den unnützen Plot vom bösen Multimillionenwissenschaftler
drum herum besiegen können. Am liebsten kugelt sich der Film dann auch im
Privatleben seines ineinander verwachsenen Duos Eddie Brock/Venom zusammen,
welche Missverständnisse im Alltag auftreten und wo es damit noch Richtung
Beruf und Liebe hingehen soll. Jene bürgerliche Bodenständigkeit mit der Buddy-Horror-Comedy im Schlepptau muss
sich allerdings dann doch recht vorschnell (angeblich landete eine gute
Handvoll Szenen unter den Schneidetisch) dem dritten Akt eines jeden
Superheldenfilms stellen – nachdem das abgefrühstückt ist, bleiben die internen
Konflikte/Lösungen des/der Anti-Helden dennoch interessant, je positiver man
dem schlechten Einfluss was an Lebensqualität abnimmt. So wie man selber nie
ohne Cola kann zum Beispiel!
VIELMACHGLAS
(Florian Ross, 2018) – Das deutsche Kino kann sich an seinen verkitschten Roadmovies
offenbar nicht sattsehen, was sich an dem Jahrgang erneut mit Konsorten via
Markus Goller oder Hans Weingartner bewies. Regiedebütant Ross folgt da erst
recht sicheren Pfaden, bekommt mit Jella Haase und Matthias Schweighöfer zudem
einen Selbstläufer an Cast zusammen – und läuft dennoch mit Schmackes binnen
seiner Topoi aus dem Ruder. Dramödiantische Töne krachen sich gegenseitig an,
in gestelzter wie übergreller Anbiederung an erster Stelle der Gefälligkeit zu
stehen; wie in einem besseren Buck montiert sich dies zu einer Manie der
Selbstfindungskalendersprüche, Mädchentraum-MacGuffins
und Stereotypen (das heftige Insta-Chick!), dass der Zuckerschock in aller
Munde ist. Das Arsenal an abwegigen Situationskomiken, spekulativer
Menschenkenntnis und Haltestellen inländischer Urigkeit weiß zu überfordern, in
gleichsam überkonstruierten Zufällen die Liebe zum Leben anzustoßen. Der
Versuch der technischen Glätte gibt sich bei all dem jedoch so auffällig
unbeholfen, dass man sich der Berechenbarkeit wegen kaum langweilen kann, der
Film tatsächlich in jener Meta-Unterhaltung aufgeht, wie drübber er seinem
Genre banalster Straßenromantik hinterherjagt.
LETZTENDLICH
SIND WIR DEM UNIVERSUM EGAL (Michael Sucsy, 2018) – Hier lohnt es sich, von
Vornherein nichts über die Prämisse zu wissen. Gut und gerne 30 Minuten werden
vergehen, bis man raus hat, welche Charakterdynamiken dieser phantastischen
High-School-Teen-Romanze um Newcomer-Girl Angourie Rice tatsächlich von
Belangen sind, warum sich deren Verhalten teilweise von Tag zu Tag ändert und
dem Zuschauer darin gestalterisch ohnehin vielerlei konkurrierende Signale vor
den Latz knallen – eine wilde Sause und Herausforderung für jeden noch so
erfahrenen YA-Genrekenner (Sympathisant muss man aber auch nicht sein). Die
Auflösung nimmt dann zwar den typischen Spießrutenlauf gelebter wie versagter
Sehnsüchte auf, um dem Zielpublikum Wunschträume der Naivität und Alles-Ist-Verbunden-heit aufzutischen,
wobei sie sogar noch einem „Wenn ich
bleibe“ oder „Seelen“ genuiner
von den Lippen gingen – aber die hoffnungsvoll verknallte
Multikultur/Pansexualität kann jenen esoterischen Vorgängern in Sachen
Drolligkeit durchaus das Wasser reichen.
DAS
ZEITRÄTSEL (Ava DuVernay, 2018) – Eine Knalltüte an Fehlkalkulation, die in Disneys ansonsten todsicherer
Jahresplanung für ein bisschen Abwechslung per Wahnsinn sorgt. DuVernays Kinderfilm entlockt sich nämlich
psychedelische Impulse bei der Umsetzung einer Vorlage, die ihren Pathos vom
Selbstbewusstsein scheinbar so platt in der Endlosschleife rotieren lässt, dass
einem auch visuell schwindlig werden soll. Ein ganz pauschal hingenommenes,
aber durchweg undurchsichtiges Geflecht an Fantasiefiguren und -welten stülpt
dabei die Realität unseres Hauptmädels Meg um, welches doch nur ihren Wissenschaftler-Paps
Chris Pine zurückhaben will. Im Verlauf bleibt es für den Zuschauer auch ein
sinnloses Unterfangen, den einzelnen hyperskurrilen Metaphysismythen eine
sinnige Fabel oder dergleichen zuzuordnen. Als Hommage an „Der Heilige Berg“ und Konsorten geht da durchaus die
Post ab – die Beharrlichkeit des Films, in solch einem Tohuwabohu auch
Sehnsüchte familiärer Wiedervereinigung stiften zu können, geht natürlich
ordentlich befremdlich nach hinten los.
THE FIRST
PURGE (Gerard McMurray, 2018) – Mensch, was mussten die Vorgänger in Sachen Purge alle erst so ätzend doof
daherkommen, ehe der schwarze Filmemacher McMurray mit dem Prequel einer ersten
Inkarnation dessen relativ bodenständiges Blaxploitation-Kintopp
abliefern konnte. Klar, die spekulativen Psychostumpfheiten und hässlichen
Masken im Terrorrausch bleiben auch hier nicht aus, eine Ahnung von
Sozialsatire abzuklatschen bzw. diese in Jumpscares versenken zu lassen. Weit angenehmer
hingegen wird ein Ensemble frustrierter Ghettoisierung darin beobachtet, ob und
wie es dem Angebot der Regierung folgt, als Probanden des freien Mordens zu
agieren, während die individuellen Probleme im sozialen Bodensatz untereinander
nach Halt suchen – wird man der Endlosschleife des Gangsta-Daseins oder der
wahren Liebe erlegen? Der omnipräsente Hintergedanken des racial profiling, also jener zur Segregation via
Straftatenpotenzial motivierende Trick, beherrscht sodann den Diskurs des
Films, dem viele mit umgekehrter Erwartungshaltung begegnen, selbst wenn
monetäre Vorteile locken. Dem ideologischen Vorteil halber müssen also vom
Staat bezahlte Killer her - gegen die sowie deren Signale aus der aktuellen
politischen Lage wird sich vehement verteidigt. Daraus bastelt der eher
kleinbudgierte Film konzentrierte Dosen des urbanen Thrills, stellt mit
Protagonist Dmitri (Y’lan Noel) allerdings auch den krassesten Muckimann
zwischen Crime und Family zur Verfügung, mit dem es die Crazies jemals aufnehmen
mussten. Ehe dieser richtig nach Crowdpleaser-Manier
zuschlagen darf, schleicht sich das Prozedere noch an einigen technischen Kompromissen und James DeMonacos banalen
Dialogen vorbei, um moralische Dilemmata und Einengungstaktiken schließlich
mittels besagten Supermanns zu lösen. Schmarrn mit Shaft-Charme!
Meine Güte,
sind das alles sympathische Prachtexemplare direkt neben der Top Ten! Aber das
ist ja nur der Anfang des Ganzen – es gab nämlich wie in jedem Jahr nicht nur
die Überflieger und Überraschungserfolge, sondern auch die kalkulierbaren
Erfahrungen zu bestaunen: Mittel zum Zweck für das Gewohnheitstier Mensch,
welches bestimmten Künstlern und Genres folgt und gar nicht mal enttäuscht
geschweige denn in Abwegigkeiten herausgefordert werden will, um bekannte
Qualitäten zurecht geschätzt zu wissen. Diese Werke der known pleasures gilt es ebenfalls zu würdigen und gegebenenfalls zu
kritisieren, welche Hürden zum Wachsen über bleiben!
Gefällig wie
angekündigt:
THE HOUSE
THAT JACK BUILT (Lars von Trier, 2018) – Die Selbstreflexion und –parodie im
Serienkiller lässt Von Trier seinen eigenen Ruf verballhornen. Matt Dillon gibt
dafür das alter ego an blutrünstigem
Frauenhass vor, das seine Kunst des Mordens in der Nacherzählung polemisiert,
in der dargestellten Praxis jedoch dauernd wie ein Trottel dasteht. Alles
gelingt ihm nur per Zufall, nach einer Weile gerät er jedoch zum Profi im
Sadismus, welcher Schuld und Häme auf seine Opfer projiziert, sich im Grunde
jedoch nur über die mangelnde Entschlossenheit seiner selbst ärgert. Er
umschifft/motiviert diese Feigheiten mit illustren streams of consciousness, wie es zuvor schon im „Nymph()maniac“ zum guten Ton gehörte – anders als
dort hingegen setzt sich Bruno Ganz als hiesiger Zuhörer durch, alles Verlogene
an jener Ego-Intellektualisierung zu entlarven. Das geschieht wiederum in teils
derart ausgewalzten Abschnitten, dass der Diskurs zur Sache als Filmerfahrung
hinkt: Jene Balance nimmt einem expliziter als nötig das moralische Dilemma ab,
während sich die Explizität der Mordszenarien irgendwann nur noch als
Selbstzweck ausreizen kann. Das quittiert Von Trier schlussendlich selbst mit
einem Abstieg in der Hölle, deren Schlund er sich freiwillig hingibt, um diesen
Jack endlich loszuwerden. Hoffen wir aufs Beste, auch wenn dieser Exorzismus
gut spannend, mitunter mühsam anzusehen war.
THE BALLAD
OF BUSTER SCRUGGS (Joel und Ethan Coen, 2018) – Ein - wie gehabt für die Coens
- existenzielles Büchlein aus ulkigen und tragischen Geschichten über a million ways to die in the west,
unergründlichen Schicksalszufällen sowie kritischen Kausalitäten der
Zwischenmenschlichkeit. Die daraus vergebens unternommenen Trecks auf der Suche
nach Ruhm, Gold oder auch nur einem kleinen Stück Heimat binnen des
amerikanischen Traums voller Vergänglichkeiten spielen sich dem Netflix-Format gefällig nun in mehr oder
weniger ausbalancierten Episoden ab. Die blühende
Lakonie der Bildkompositionen gibt sich einverstanden/machtlos mit der
Natur der US-Pionierzeit - in der öfter ausgestrahlten Sehnsucht gen Humanismus
steigt das Brüdergespann aber dann doch gelegentlich innig vom Götterposten
(jener nach Art des Altes Testaments) ab. Könnte aber auch mehr der allgemeine
Ausdruck einer Tristesse sein, wie ambivalent man zur Identität, Nation und
deren mythische Nostalgie im Tauziehen von Gerecht und Ungerecht steht. Der
Sinn des Lebens bleibt auch in dieser Variation unbekannt, immer bewegend.
THE
HURRICANE HEIST (Rob Cohen, 2018) – Bereits ab Eintreffen des ersten Trailers
war ich mir sicher, hier einen Gewinner an Genre-Unverschämtheit vorzufinden
und wurde alles andere als enttäuscht. Eine Gruppe sehr britischer Gangster
versucht den großen Coup, Massen an bald vernichteter Kohle von der Regierung
zu stehlen, während ein Hurrikan über die US-Provinz saust. Fortan müssen sich
Toby Kebbell und Maggie Grace als mehr oder weniger lokale Auskenner durch
dieses Aufeinandertreffen der Naturgewalten schlagen, um das große Verbrechen
zu verhindern und durchweg Menschlichkeit zu wahren. Letztere füllt Cohens
größte Leistung seit „xXx“ mit sehr lockerer Schnauze und Gesprächsthemen von
Lieblingssandwich bis „Ich muss mal
pissen“ via Mann und Frau zugleich aus, aber auch mit der Unbedingtheit,
Leben zu retten – selbst wenn die Bösen vorm Wirbeltod stehen. Die treten
nacheinander ab, sind bis dahin aber ziemlich gewitzt auf der Jagd nach dem Eigenbedarf, dass sich sogar die
Autoritäten vor Ort als Verbündete entpuppen. Bei dieser Mische aus „Hard Rain“ und „Storm Hunters“ haben die Topoi eben ganz schön die Tollwut,
manchmal sogar einen echten Totenkopf im Auge des Tornados! Mensch, was macht
das Spaß auf solch einem Gerüst aus angefeuerter Zuschauergunst und High-Concept-Hochstapelei!
KICKBOXER:
DIE ABRECHNUNG (Dimitri Logothetis, 2018) – Nachdem John Stockwells Erstling bereits die Schnittstelle vom
Kampfsport und dessen innewohnender Sinnlichkeit auszudrücken versuchte, macht
sich Teil 2 mitunter noch abwegiger als Tanz der Kraftgefühle bewährt.
Christopher Lambert holt Alain Moussi darin zum Spielball binnen aufgehitzter
Knastübungen heran, in denen schließlich Lehrmeister Jean-Claude Van Damme
sowie Mike Tyson als Dampfhammer eingeschleust werden, sich überall als Bonvivants wohlfühlen
können. Ein Trainingsplan leichtfüßiger Schlagkraft, ganz schön verträumt in
der Kunst der Montage auf Entschlossenheit gepolt. Dramaturgien Richtung
Endgegner erweisen sich zudem als Absurditäten der maskulinen Modellierung,
umso herzlicher gelten die Begegnungen an Freundschaft und Liebe, die ihre
Probe sodann im voll ausgewalzten Tournament finden. Das fällt arg vorhersehbar
aus – entscheidend ist da aber die Technik, wenn sich der Film bis dato sowieso
eher dem Ballett der Plan- und Traumsequenzen widmet und (dem Zuschauer
entgegenkommend) urlaubsreif auffällt.
Luxia Jiang in "Operation Red Sea"
SKYSCRAPER
(Rawson Marshall Thurber, 2018) – So oft wie man das „Stirb Langsam“-Prinzip in seinem Leben auch wiedererlebt, so
zufrieden wird man im Endeffekt dann trotzdem auf den Kinosessel gebannt. Jene
gelingende Türmung von einstürzenden Neubauten, abstürzenden Fieslingen, weit
hergeholten Heist-Plots und bestürzten Actionhelden auf dem Weg nach oben kommt
nun auch mit Dwayne „The Rock“
Johnson zur erhofften Konklusion eines Abends mit McClane – wobei hiesiger
Recke noch glücklich verheiratet der Rettung seiner Familie wegen über jede
Spalte springt und als Everyman viel
zu muckimassiv ankommen müsste, hätte man ihm nicht noch ein Trauma von
Metallbein dazugegeben. Auf einer Wolkenkratzer-Skala von 1 bis 10 bietet das
chinesische Wunderwerk im City-Himmel sodann tausend effektlastige
Möglichkeiten, Spannungssequenzen vom „Wird
er es schaffen?“ mit anschließendem Szenenapplaus zu kredenzen. Der
internationalen Marktanalyse halber gestaltet sich das ernüchtenderweise alles
etwas blutleer, am Spaß vom schaumännischen Charakter des
klaustrophoben/explosiven Eskapismus schüttelt es dann aber doch nur bedingt
was ab.
THE DISASTER
ARTIST (James Franco, 2017) – Bin ungern einer von diesen Menschen, die darauf
bestehen, dass ein Buch besser war als der Film dazu. In diesem Fall muss man
der beliebten These wiederum recht geben, da sich die Franco-Sippe hier eine
simplifizierte Variante dessen zurechtlegt, wie „The Room“ entstand, wie bewusst die
gestalterischen Mängel bei Entstehung wahrgenommen wurden und vor allem wie
sich die Beziehung zwischen den Machern Tommy Wiseau und Greg Sistero drumherum
entwickelte. Vieles daran ist auf den einfachen Gag abgezielt, auf die
Reaktionen gegenüber ausgestrahlter Merkwürdigkeiten, die binnen James Francos
Darbietung an sich zwar noch die Kurve kriegen, jenen echten Narzissmus Wiseaus
mit dessen naiver Freundschaftssucht zu koppeln, aber auch nicht gerade selten
den demonstrativen Fingerzeig bedienen. Als Bromance der gegenseitigen
Unterstützung, unter Stiernacken der Selbstbestimmung und Kontrollverluste,
findet der Film jedoch immer wieder zur Empathie zurück, zum unbefangenen
Schaffensdrang im Griff nach den Sternen, selbst wenn die Leidenschaft noch so
merkbefreite Früchte trägt. Das gelingt so zugänglich wie es „The Room“ allerdings auch endgültig
abfertigt, dem Kultstatus ein von „Ed Wood“ geborgtes Biopic-Denkmal
setzt, aus dessen Beliebigkeit keine weitere Relevanz rauszuschöpfen ist.
Demnächst versuchen James und Dave F. dasselbe übrigens mit Vanilla Ice, „To The Extreme“.
ISLE OF DOGS
- ATARIS REISE (Wes Anderson, 2018) – Wieder zurück in der minutiösen Kontrolllust
der Stop-Motion scheint Wes Anderson auf
den Hund gekommen zu sein und bedingt anhand der Vierbeiner eigentlich zig
Ausreden, Unmengen überniedlicher Quirkiness
anzurühren. Dennoch hält er sich ihres Außenseiterdaseins auf besagter Insel
wegen eher mit der geißelnden visuellen Spracherforschung an sich auf, als dass
er seinem Fantasiejapan anno 2. Weltkrieg Zugzwänge an Spannung und Sentiment
widmen würde. Er bewegt den Zuschauer also weit weniger als es sein „Fantastischer Mr. Fox“ tat, reizt dennoch
durchweg mit der Immersion via Detailreichtum, was im Kontext des
Handlungsrahmens mancherorts auch als historische Ignoranz gewertet wurde – von
der ausufernden, geschlechtsidentitären Kritik bei kino-zeit.de ganz zu schweigen. Wer sich nicht
ständig in politischer Larmoyanz denkt, wird aber vielleicht noch die
spielerische Vertiefung und cleveren Kniffe der süffisant-verprellten Hundewelt
zu schätzen wissen, mit denen die Kriegstreiberei unterwandert wird. Alles eine
Frage der Perspektive oder Perspektiven, welche hier reich beschichtet an der
Fassung jeder Form - ob nun solche propagierter Tyrannei oder jene über
Mensch-Hund/Hund-zu-Mensch/Hund-zu-Hund (Mensch-Mensch eher weniger) - kneten.
UPGRADE
(Leigh Whannell, 2018) – In dieser Zukunftsvision der totalen
Einverständniserklärung sehnt sich der verwitwete wie querschnittsgelähmte Retro-Aficionado
Grey Trace nach Rache und überlässt der künstlichen Intelligenz Stem Detektivarbeit, Martial-Arts sowie
andere Schnitzeleien. Die Zwickmühle der Technophilie und –phobie wird als schnörkelloses
und affektiertes Kintopp des Cyberpunks vermittelt: Man trifft sich auf Augenhöhe
mit den konventionellen Zukunftsängsten der Gegenwart, während moralische
Grauzonen der Katharsis des Blutbads wegen kaschiert werden. Ein Genre-Kompromiss, der dem souveränen
Charakterdrama binnen der Emotionspalette Logan Marshall-Greens gewiss keinen
Abbruch tut und für bittere Konsequenzen sorgt, obgleich der Film dort - binnen
seiner konstruierten Glätte - eher kalt lässt als wenn er Effekte ballt.
ON THE BEACH
AT NIGHT ALONE (Hong Sang-soo, 2017) – Mit diesem Werk des bewährten Vielfilmers
aus Südkorea (erst das zweite, das es hier ins Kino schaffte) sympathisiere ich
besonders nach zweierlei Maß: Einerseits, weil er das erste Drittel in Hamburg
spielen und seine Gattin Kim Min-hee somit durch den Stadtpark gleich bei mir
um die Ecke spazieren lässt. Andererseits verlegt er sie im späteren Verlauf in
ein Hotel, innerhalb dessen ein unbekannter Mann völlig unbemerkt und
übereifrig Scheiben putzt. Zwischen diesen Haltestellen visueller
Aufmerksamkeit bugsiert er seine Darsteller wie abermals in Gesprächssituationen
an Beziehungsfragen und lang gehegten Enttäuschungen/Verfehlungen. Diese
stechen im Gesamtwerk Hong Sang-soos vielleicht nicht allzu sehr heraus, lassen
seine Pendel an forcierten Nettigkeiten, Mann/Frau-Defiziten, Traumidealen und
bornierten Regisseurscliquen noch so souverän ausschlagen, wie man es halt
gewohnt ist. Ein effektiverer Fanservice kam hingegen im weiter oben genannten
„Hotel“ zustande, ohne Frage!
James und Dave Franco in "The Disaster Artist"
BLACKKKLANSMAN
(Spike Lee, 2018) – Voll wahre Geschichte hin oder her: Lee entwirft ein
einigermaßen spannendes Ventil für die aktuelle Grundstimmung der Empörung,
inwiefern Faschismus und Rassismus jetzt noch wieder salonfähig gemacht werden
können, obgleich deren Akteure die widerlichsten Schießfiguren abgeben. Für
jenes brenzlige Gebiet nimmt er sich den Fall eines schwarzen FBI-Agenten an,
welcher den Ku-Klux-Klan anhand gefoppter Identitäten hinters Licht führen und
Anschläge verhindern konnte. Ehe es ernst wird, werden die Verhältnisse aber
noch etwas lose etabliert – die 1. Hälfte macht zwar schon verbal dicke Luft
und streckt sich im ideologischen Abgleich aus, welcher zusammen mit seiner
Prämisse aber schon vor Eintritt im vollsten Maße verinnerlicht sein dürfte.
Irgendwann treffen die Erwartungen dann auch auf entsprechend einschlagende
Bilder sowie Parallelmontagen von den Ausmaßen an Schmerz und
Menschenfeindlichkeit – umso süßer geraten sodann die ortsgebundenen Siege
aufrechter Demokratie (Lees Joint ist tendenziell links, aber auch ein Freund
von law and order im Sinne „Shafts“), die aber klein wirken müssen,
wenn Lee als Epilog noch Charlottesville und Trump in aller Hässlichkeit
aufspringen lässt. Knallharte wie naheliegende Agitprop – und zumindest
dringlicher am Gewissen rüttelnd als es ein Moore jüngst schaffte (dazu unten mehr).
APPGEFAHREN
- ALLES IST MÖGLICH (Scott Speer, 2018) – Er, der Speer, taucht weder zum
ersten noch zum letzten Mal in dieser Jahreslistung auf – für alle aktiven
Trivialenthusiasten seinesgleichen lieferte er nämlich ein zweites
Teen-Abenteuer ab, welches in diesem Fall den Geltungsdrang der Generation App als „Überlege, was du dir wünschst“-Märchen à la „Teen Wolf“ aufs Korn nimmt. Jene Mentalität und ihre angepeilten
Zielgruppen-Triggers sind schon bei Anlieferung abgelaufenen Datums. Von diesem
Umstand weiß Speer wohl aber noch am Ehesten Bescheid, weshalb er die Prämisse
für entschieden übertriebene und altbackene Gag-Eskalationen nutzt;
Musical-Sequenzen, Honkvisagen, Skater-Tricks und Boytoy-Fantasien drunter
mischt. Exponentiell cringey wird’s
auch, sobald sich unser Held seinen peinlichen Vater plus Karre ins Haus
zurückwünscht, bei steigend unverdienter Popularität in immer mehr Fettnäpfchen
tritt (ergo seine große Flamme verprellt) und sich schließlich entscheiden
muss, ob das Leben mehr wert ist als das nächste status update. Diese kindische Sause ist der Lachknüller auf jedem
geistigen Schulhof!
BUMBLEBEE
(Travis Knight, 2018) – Der Prequel-Ableger zu Michael Bays tolldreister „Transformers“-Reihe lässt sich als sehr
niedliche bis tränendrüsige „E.T.“-Neuverfilmung
lesen. Angesiedelt anno 1987 (trotz ehrfürchtigem Zeitkolorit mehr so für den
immer noch trendigen Nostalgiebonus ackernd) findet das Außenseiter-Tomboy-Teen
Charlie (Hailee Steinfeld) einen Vaterersatz im via Cybertron abgestürzten Autobot
vor, der so tollpatschig wie herzensgut um seine neue Besitzerin schwärmt –
andersrum läufts genauso, fraglich aber wie man solch ein Gerät verstecken
soll. Jene Situationskomiken im Vorort voller Strandblicke geben den
gemächlichen wie heimeligen Ton an, der sich gleichsam an lästernden
High-School-Bitches und harmoniesüchtigen Stiefeltern der Reaganomics abkämpfen muss. Alles eher simple, aber ankommende
Charakterhürden. Die antagonistische Steigerung erfolgt im (nicht unbelehrbaren)
Militärjargon des Agenten Jack Burns (John Cena) und dessen unheilvolle Allianz
mit den Decepticons. Wenn da die
obligatorische Effektpallette abgezogen wird, wirkt sie allerdings deplatziert,
so ganz ohne die anderen Faktoren des Bayhem
anbei. Dem drolligen Abenteuer innigster Zweisamkeit von Mädchen und Maschine
schadet’s aber nicht zu arg.
RAMPAGE -
BIG MEETS BIGGER (Brad Peyton, 2018) – Auszug vom 20. Mai: „Nach dem hochemotionalen Aufstieg
aus Ruinen namens „San Andreas”, den
Regisseur Peyton und Dwayne The Rock
Johnson schon zur tollen Familienkittung anwenden konnten, bleibt ein guter
Anteil dessen auch in der Videospieladaption um ein Städte demolierendes
Riesenmonstertrio über. Die Bindung zwischen dem Rock und Albino-Gorilla George
ergibt da schon früh ein Quell an Freude und Pathos [...] Mit jener Plotte
nimmt es der Film mal sehr und mal gar nicht ernst, ist aber trotzdem selten in
Erklärungsnot, seinen Ansporn an Spaß und Spannung auf den Zuschauer zu
übertragen. Man trägt das Absurde mit Fassung und bewegt sich sicher im
Genre-Rahmen, dass sich die Action per Wow-Effekt steigert und die gottseidank
spärlich eingesetzte Komik eher aus der Ehrfurcht der jeweiligen Größen/Rollen
und nicht bloß aus den ach so beliebten „Echt-jetzt?“-Phrasen
ergibt. […]”
ACTION POINT
(Tim Kirkby, 2018) – Johnny Knoxville kann es nicht lassen, seinen Körper zu
zerstören und versucht mit dieser Ferienkomödie gebrochener Regeln und Rippen,
an die lichte Anarchie aus „Jackass”-Tagen
anzuknüpfen. Dafür nimmt er auch nochmal Kollege Chris Pontius ins Team an
Freizeitparkgestalten auf – vom ursprünglichen Spirit ist man in einigen
Punkten aber etwas hemmend abgezogen. So krass die Stunts an sich auch
konzipiert und durchlitten werden, bleibt die Inszenierung merkwürdigerweise
oft auf Abstand, schert sich nicht allzu sehr um die Dynamik der Erwartung und
Ausführung. Als spontane Gags sind sie noch zu gebrauchen, doch sie scheinen so
oder so dem Ansporn untergeordnet, eher einem Spielfilmgerüst über das Potenzial ihrerseits zu dienen.
Indes pendelt Knoxvilles Rolle dann auch zwischen den Verpflichtungen als alles
durchlassender Parkleiter und verantwortungsvoller Vater einer Teen-Tochter.
Dieser herzliche, aber auch angeheftete Balanceakt fungiert inklusive seiner
nacherzählenden Rahmung mit Knoxville als bad
grandpa sodann mehr als Abgesang auf eine Ära. Klar, dass das - trotz der
flachen Inszenierung - auch an einigen Stellen melancholisch stimmt, aber
zumindest noch einige Knalleffekte an tollen Zoten und Freiheiten zur Verfügung
stellt, ehe der Laden dicht macht.
John David Washington in "BlacKkKlansman"
THE EQUALIZER 2 (Antoine Fuqua, 2018) – More of the same vom glückstiftenden
Racheengel Denzel Washington. Seine rabiate Kulanz im Sinne der Gerechtigkeit war ja schon im ersten
Teil eher via konzentrierter Ladungen zu bestaunen; in der Fortsetzung macht
das Prinzip zur zweiten Hälfte hin sogar noch mehr den Duckmäuser, ohne
unbedingt an der fachmännischen Voraussicht des Helden zu zweifeln. Im
Gegenteil: Seine versteckten Kniffe und Analysen als inaktiver Geheimagent sind im Grunde noch stringenter im Einsatz,
weils nun - wie es sich für ein Sequel gehört - persönlich geworden ist. Jene
Selbstsicherheit bremst aber auch schon von Vornherein jedwede Fallhöhe aus,
weshalb ihm wie im zweiten „Jack Reacher“
ein junger Protegé zur Seite gestellt wird. Wie sich zum Finale hin
herausstellt, hat der Seitenstrang nur mickrig hängenbleibende Werte anzubieten
– viel mehr freut man sich hingegen, wenn dank Fuquas inszenatorischer
Stumpfheit wieder mal all die bösen Schweine ihr Fett wegkriegen. Blutrünstig,
entschieden christlich (zu Beginn in der Türkei metzelnd, später aber auch der
Wiedervereinigung zweier Holocaust-Überlebender behilflich), eben ein
Räudensympath mit narrativem Handicap.
CRIMINAL
SQUAD (Christian Gudegast, 2018) – Michael Manns „Heat” wird wieder aufgewärmt, ohne dass jemand Tantiemen an diesen
zahlen müsste. Im hiesigen epischen Duell zwischen Cop und Gangster stehen sich
Gerard Butler und Pablo Schreiber gegenüber, da letzterer mit seiner
L.A.-basierten Crew den Raub des Jahrhunderts plant. Jene Anlaufstelle der
Suspense wird so minutiös ausgespielt wie die charakterlichen Bezüge
untereinander auch keine nur dahergesagten Kumpeleien anstrengen - bekannte
Rollenmodelle, so menschlich wie’s nur geht. Dass die Laufzeit in Überlänge
nicht am Nervenkostüm zerrt, liegt am unbedingten Willen zur Authentizität
vonseiten Gudegasts, dessen Recherche und Beratung durch Experten hier einen
immens stimmigen Flow ergeben. Der Grad an Außergewöhnlichem wirkt ansonsten
recht unscheinbar, obgleich sich die Genre-Fähigkeiten hier natürlich
mindestens so professionell vorstellen wie die Contenance und Konsequenz jener
aufgestellten „Den of Thieves“.
APOSTLE
(Gareth Evans, 2018) – Ambitioniert an Unbehagen, aber auch ungelenk von Sinnen
entwurzelt der „The Raid“-Regisseur
ein Geflecht religiösen Aderlasses binnen einer Inselclique im Bund mit Mutter Erde – als Pole der vorteilhaften
Lügen auf Kollisionskurs: Dan Stevens und Michael Sheen. Eine Schar narrativer
Umwege dazu markiert trotz einiger Behäbigkeiten das Merkwürdige und Konspirative;
die krassen Schauwerte der Folter und Jenseitsriten entzaubern die
(Über-)Konstruktion jedoch so früh wie möglich. Fortan arbeitet der emotionale
Zug nämlich hauptsächlich nach Racheprinzip, gegen das Orthodoxe und seine
falschen Propheten/Silent-Hill-Monster.
Urtümliche Kämpfe, die im sehr eigenen und spannenden
Schnittprinzip Evans‘ keine Gemeinheit aussparen und - wenn schon keine
Reflexionen - immerhin Spurenelemente ambivalenter Instinkte im moralischen
Morast hinterlassen.
OUTLAW KING
(David Mackenzie, 2018) – Für besagten Mackenzie verteidigt Chris Pine erneut
Land und Boden gegen eine steuerschluckende Übermacht – nach „Hell or High Water“ kommt das Herzblut
allerdings etwas verdünnt raus, wenn jene Prämisse auf die Beliebigkeit des
Mittelalter-Genres zurückfällt. Nun geht es also um die Eigenständigkeit der
Schotten gegen das british empire und
filmisch gesehen vor allem ums Racheprinzip. Der Männermythos um Robert the Bruce und seine tapferen
Recken hat dafür sogar (neue, kesse) Frau und Kind als Motivator im Schlepptau,
umso flotter Blutdurst. In jener Eskalation geht der Film sehr gern auf und
schießt sich gespannt wie ein Flitzebogen auf Gore-Gefechte ohne Gnade ein –
mal verstörend, mal astrein in moralischen Grauzonen metzelnd, wenn auch noch
der verrückte James Douglas (Aaron Taylor-Johnson) zur Truppe dazu stößt. Ein
Haufen verwegener, aber stets gerechter Hunde – im Gegenzug prahlen die Briten mit
snobbistischer bis feiger Tyrannei, als wären sie aus „The Patriot“ rübergeschwappt. Das Kalkül vom Kampf um die Freiheit
und dessen kathartische Konklusion arbeitet insofern mit der Derb- und
Stumpfheit eines Wrestling-Matches: Der Effekt kommt stark an, nichtsdestotrotz
kann man diese Netflix-Produktion nur
als berechenbares Schlachtenepos abhaken.
An diesem Filmabend wurden "Die Räuden" uraufgeführt!
LUCKY (John
Carroll Lynch, 2017) – Der mehr oder weniger unverhoffte Abgesang auf
Hauptdarsteller Harry Dean Stanton lässt sich als Synergie der Altersmilde entsprechend
locker wegschauen. Der Mobilität sind dann beiderseits natürlich Grenzen
gesetzt, im Vordergrund stehen immerhin die beschwerliche Tagesroutine eines
90-Jährigen und was ihm binnen seiner letzten Tage überhaupt noch an
Lebensqualität vergönnt ist: Laissez-faire. Im Äther verschollene
Bekanntschaften, spontan einschlagende Erinnerungen, Begegnungen sowie die
unbeweglich verpflanzte Kaffklientel um ihn herum zeichnen sich da abwechselnd
als Endhaltestellen greiser Urigkeit oder ewigwährender Zuneigung ab – das ist
nur folgerichtig bei der heimeligen US-Einöde. Eine recht bekömmliche Plattform
des Optimismus vorm Sensenmann, obgleich dieser innerhalb jener Charakterstudie
auch mal ohne Fallhöhen auskommen muss.
SHOPLIFTERS
- FAMILIENBANDE (Hirokazu Koreeda, 2018) – Eine sehr viel wärmer scheinende
Variante von Armutsdramen à la „Stray
Dogs“ (2013), irgendwie aber auch eine Reevaluierung von Koreedas eigenem „Nobody Knows“ mithilfe des verständnisschaffenden
Sentiments einer Naomi Kawase. Nicht, dass die in den Tag hineinlebende und bei
Gelegenheit einklauende Patchworkfamilie
hier entschieden mit den Melodram-Mechanismen jener Dame korrelieren würde –
womöglich hätte dies der eher nüchternen Bestandsaufnahme an
Außenseiterursachen und –bündnissen aber auch einige Längen nehmen können. So
jedenfalls, in der Verweigerung absehbarer Emotionseffekte, zeugen die kleinen
Alltagsfunken des Untergrunds von etwas unentschlossenem Charakter, eben wie
echt (dem Kindeswohl halber so oder so stets innig) sich der Film dazu nähern
will oder manche Ambivalenzen im Nebenbei suggeriert/wegschluckt.
NUR EIN
KLEINER GEFALLEN (Paul Feig, 2018) – Auf dem geistigen wie stilistischen Level
einer Lifetime-Produktion findet
Regisseur Feig wieder eine gewisse Erdung zum gezielten Unterhaltungssinn: Die
Dialoge und Genre-bedingten Aufreger-Elemente agieren schärfer als seine
letzten drei Unternehmungen an Impro-Comedy, wenn die moderne Social-Media-Fee
von Hausfrau (Anna Kendrick) gegen die alles berechnenden Machenschaften der Femme Fatale (Blake Lively) antritt. Die
offenbar bereits gewitzte Vorlage von Bahnhofsbestseller dreht sich dafür dann
auch dreimal um die eigene Achse, den Konventionen seiner selbst mit
kaltblütiger Ironie zu begegnen, dass die Spielchen binnen des suburbanen
Klatschkrimis ins Stapeln kommen. Unmengen an sexy bis skandalösen Geheimnissen
lassen zig Blätter wenden und der Spielfreude im Cast freien Lauf. Der Anstrich
vom lau(nig)en und allzu fix verdauten Zeitvertreib löst sich insgesamt dann
aber doch nicht ab, wenn die Trivialparade so lückenlos auserzählt im Rahmen einer
kleinen gemeinen, trotzdem angezogenen Komödie bleibt – Schwarzbitteres vom
Schlage eines „Gone Girl“ wäre mal wieder was gewesen!
MANDY (Panos
Cosmatos, 2018) – In diesem inhaltlich ausgehöhlten, formal jedoch
fetttriefenden Streifen begibt sich der angehende Chefpsychedeliker Cosmatos
auf einen eigenen, aber
unmissverständlich kultgeilen Genretrip, der nicht nur binnen seiner
Langsamkeit „Universal Soldier: Day of
Reckoning“ und Konsorten zu imponieren versucht. Nicolas Cage rächt den Tod
seiner Freundin und metzelt die ganze verrückte Sekte nieder – eine farbenfrohe
(und manchmal auch gewitzte) Heavy-Metal-Hallogenscheinwerferflut, bei denen
die Sinne dann doch irgendwie immer nur verbliebene Schimmelpilze geborgter
Pop-Nischen erahnen lassen. An denen blubbert die Laufzeit soweit ganz
gemütlich Richtung Elend zu, ehe Cage mit (eigentlich zurückhaltend) gezieltem
Räudenbombast aufräumt. Letzteres äußert sich so barbarisch und bräsig, dass
man eine Eigenverarschung der Artsploitation
vermuten könnte – oder eben bornierte Geilheit. Ich kann beides akzeptieren.
ACCIDENT MAN
(Jesse V. Johnson, 2018) – Nach dem liebevollen Action-Grand-Guignol des „Savage Dog”
verschlägt es Regisseur Johnson mithilfe der angefixten Britishness seines
Lieblings Scott Adkins nun eben ins UK, um im Comic-basierten Milieu der
Auftragskiller für soliden Direct-to-DVD-Zorres
zu sorgen. Komplizierter als jede noch so stimmige Kampfchoreographie gestaltet
sich allerdings die charakterliche/identitätspolitische Spannung: Im Grunde ein
Brexit-Film, in welchem Adkins jeden seiner internationalen Kollegen als
Mitmörder seiner Frau entlarvt und wegfightet, hadert der Recke zudem damit,
die Ex-Freundin (!) seiner verlebten Maid zu akzeptieren. Die Annäherung geht
nur schwer vonstatten - für solche Hürden rekonstruiert der Film sodann
besonders ausgiebig (zu lang) die Kindheit des Helden, der sich unter der
Fittiche des nationalistischen Meisterkillers Ray Stevenson gegen seine
Schulhofpeiniger bewähren und bald in dessen Geschäft miteinsteigen kann.
Bleibt da im Hier und Jetzt der wackligen Allianzen aber noch jedes angedeihte
Vertrauen in Takt? Das werden nur die Fäuste beantworten können!
GOTTI (Kevin
Connolly, 2018) – Der vielerorts belächelte Anschluss John Travoltas ans
auserzählte Mafiaeposformat stellt sich tatsächlich ziemlich verzweifelt, in
jeder technischen Kategorie unbeholfen, an die Seite der Großen. Wie man aber
auch weiß, eilt der Ruf jenen Konsorten meistens voraus, weshalb der Film viel
am verblendeten Geist des Genres bloßlegt: Da wird per Voiceover geprotzt, wen
man alles kennt und/oder umgenietet hat; die Unübersichtlichkeit im Ensemble
angeblich notorischer Kerle geht ein und aus/gesichtslos; die öffentliche
Meinung feiert diese Outlaws dann als Helden der Nachbarschaft, obgleich die
guten Taten wohl nur in deren bloßer Präsenz als Protagonisten existieren. Hauptsache Gotti ist
Familienmann und solch einer mit (sehr vagen) Prinzipien; ganz gleich, ob der
Film daraus eine involvierende narrative Brücke schlagen kann, wenn er fragt:
Wie der Vater, so der Sohn? Viel mehr wird man an der zerwürfelten
Lebensgeschichte eh nicht kapieren, doch sie weiß zu amüsieren, wenn man hier
auch wirklich jeden Klischee-Itaker zu jeder Zeit mit seinen Händen sprechen
sieht.
JURASSIC
WORLD: DAS GEFALLENE KÖNIGREICH (J.A. Bayona, 2018) – Drehbuchautor Colin
Trevorrow gilt ja spätestens seit „The
Book of Henry“ als Garant für seltsame Entscheidungen in Sachen Dramaturgie.
Folglich wirkt dieser zweite Ableger seines Dino-Reboots unter der Regie des
auf sentimentale Monster-Epen abonnierten Bayona latent geisteskrank. Nachdem
man sich zur ersten Hälfte hin nämlich pflichtbewusst im Abhaken der gröbsten
Franchise-Eckpunkte bewiesen plus nervende Marvel-Nerds
mit auf die Reise genommen hat, spielen sich u.a. eine Supersaurier-Versteigerung,
ein hinterfotziger Kissenmord sowie eine via geklontem Mädchen verhinderte
Dino-Shoah in perplexer Breitwandehrfurcht ab – alles binnen einer High-Tech-Gruselvilla
wohlgemerkt. Einzeln geballte Suspense-Sequenzen ergeben im Verlauf noch das
konsensqualitative Gegengewicht zu dieser Parade juveniler Banalitäten, welche
im per Cliffhanger angekündigten 3. Teil hoffentlich vollkommen den Laden
übernommen haben werden.
Tiffany Haddish in "Night School"
THE DEATH OF
SUPERMAN (Sam Liu und Jake Castorena, 2018) – Eine sehr direkte Adaption vom
ersten Teil jener 90er-Comicssaga, welche den Tod des allseits beliebten Supermans
Clark Kent durchlebte - nur um ihn dann wieder auferstehen zu lassen, was sich
wohlgemerkt ebenfalls momentan in Produktion befindet. Wer mit den
Heimkino-anpeilenden DC-Animationsfilmen der letzten Jahre vertraut ist, weiß,
was ihn an formalen Qualitäten
erwartet. Hier überwiegt vom Gefühl her zumindest eine ehrliche Anteilnahme im
aufopfernden Heldentum des Kryptoniers, die recht geballt auf sein gutes Herz
hinweist, dementsprechend hart sitzende Schläge Doomsdays sowie traurige
Todeschöre zur Immersion sterbender Güte aufbieten kann. Das fängt alles
allerdings schon nach fünf Minuten an, also ist der Film an sich mehr denn je
nur für Fans und deren emotionale Vorbelastung tauglich. Für die putzt er sich
einigermaßen effektiv raus, aber es ist trotzdem kein zweites „The Dark Knight Returns, Part 1 + 2“.
THE
ADVENTURERS (Stanley Fung, 2017) – „Ein
Traum wird wahr: Jean Reno gegen Andy Lau”, meint das Cover zum Film, aber
dass man hiermit den kühnen Fantasien einer solch kuriosen Kombo gerecht wird,
mag ich nur bedingt bestätigen. Was man sich da hinein holt, ist jedenfalls ein
ganz glatter routinierter Caper-Klatsch,
der es sich in den Tourismushochburgen Europas (von Cannes bis nach Prag –
Harlans „Die Goldene Stadt“ lässt
grüßen) gemütlich macht und allen voran in der Ehre/Freundschaft unter Dieben
an Sympathie punktet – denn ein Lau ist so gut, dass er auch seinem Verfolger
Reno einst das Leben rettete. Letzterer ist dann auch hauptsächlich über seine
Erinnerungen an früher im Plot involviert, welcher auf den cleveren Klau
piekfeiner Juwelen und die darin verborgenen Intrigen abgerichtet ist.
Entbehrlich, aber auch vollkommen in Ordnung.
PAY DAY
(Jesse V. Johnson, 2018) – Nun als Geldeintreiber in spe unterwegs neigt die nächste Adkins/Johnson-Vereinigung eher
zu Tarantino’esken Schwafeleien, wobei Beifahrer Louis Mandylor den
reizvolleren Charakterdarsteller des berufsbedingten moralischen Abstiegs
abgibt. Haus um Haus müht man sich also bei den Kunden ab - einige tolle Eskalationen im Verteilen blutiger Nasen
deuten da beinahe auf die erzmaskuline Variante eines „American Honey“ hin. Gen Ende lässt sich das in unseren urbanen
Cowboys brodelnde Dilemma von Richtig und Falsch jedoch nimmer abschütteln: Der
Seelenfrieden im heroic bloodshed
holt die kurze Laufzeit derart früh ein, dass man von der funktionellen
Low-Budget-Produktion gerade noch angenehm unterhalten Notiz nehmen kann.
"The Ballad of Buster Scruggs"
GLADBECK
(Kilian Riedhof, 2018) – Auszug vom 18. März: „[...] Rein oberflächlich
betrachtet gibt dieses Event einen ziemlich straffen Terrorfilm ab, der
allerdings auch ausschließlich dieses Gefühl auszudrücken imstande ist. Jedes
Mal, wenn er die Zwischentöne der einst tatsächlichen Reaktionen nachzuzeichnen
versucht, wirkt er daher komplett neben der Spur und widersprüchlich binnen
seiner selbst. Der inszenatorische Grundmodus der Bedrohung gibt zwar permanent
Druck in (merkwürdig koloriertem) Cinemascope und Synth-Drones, doch da beißen
sich erst recht die naturalistischen Eindrücke der Mimikry mit
hochdramatisierten Drehbuchphrasen anhand von Einsatzleitern. Zudem sieht man
sich als Zuschauer auch auf eine Emotionalisierung angesetzt, die dem
Desasterfilm-Prinzip gemäß einzelne Vorgeschichten, Betroffenheits-Sequenzen
und Gesten des Gefühls als Symbolbilder der Menschlichkeit spekuliert. […]“
JOHNNY
ENGLISH - MAN LEBT NUR DREIMAL (David Kerr, 2018) – Rowan Atkinson hat den
filmischen Prozess offenbar satt, da jener die gesunde Menge an Spontanität missen
würde. Beim dritten Ableger der English-Reihe dürfte seine Beweisführung
zweifelsohne gelingen, doch innerhalb solch platter Agentenklamotten hegt man
als Zuschauer weniger den Moment jedweder Überraschung als die Frage, wann und
wie lange die ollsten Kamellen ausgespielt werden. In der Hinsicht weiß der
Film genau die richtigen Erwartungen anstehender Blödheit zu füttern und
sättigen. Grauenvolle Greenscreen-Effekte und eine (vorsichtig ausgedrückt)
laxe Haltung zum Brexit lassen jene Old-School-Holzhammermethoden noch ätzender
müffeln, machen sich aber auch ein bisschen selber lächerlich. Ob der Ausgleich
sympathisch daherkommt oder überhaupt eine gelungene Komödie ausmacht, muss
jeder selber sehen. Ich hab gelacht!
WUNDER
(Stephen Chbosky, 2017) – Zuckersüß verdünnisiert und irgendwie doch nicht
allzu seelenlosem Kitsch anfallend, zeichnet sich kapitelweise die Botschaft
der Akzeptanz und des Selbstbewusstseins innerhalb einer Familie mit
(optischem) Problemkind und deren Mitmenschen ab. Ein eher utopisches
Leinwandmärchen, stets in der Nähe unbedingter Mutterliebe und väterlicher
Sportsfreundlichkeit unterwegs, das sich gestalterisch in der Gefälligkeit übt
als auch Wahrhaftigkeit nach vorne zu filtern gedenkt. Die künstlichsten
Samthandschuhe an Katharsis negieren jenen humanistischen Ansporn gen Finale
beinahe wieder – als verfilmte Kuscheldecke (inklusive grandios garstiger rich parents im 3. Akt) dennoch
überraschend oft auf Augenhöhe agierend.
DEADPOOL 2
(David Leitch, 2018) – Sowohl erträglicher als der Vorgänger als auch Leitchs „Atomic Blonde” (2017) nimmt sich die
obligatorische Zweckerfüllung des Superhelden-Handlungsgerüsts binnen der Parodie nun tatsächlich eher eine
Auszeit, da sie einen aus mehreren Ecken drübberdramatisch um die Ohren haut.
Für eine totale Persiflage des Genres mag sich der Film wiederum nicht
einsetzen und dessen Hang zur Todessehnsucht ebenso wenig ausklammern - er
deckt sich aber wenigstens mit noch mehr (nicht immer unbefangener) Blödheit
ein und bemüht sich in der Action zudem um eine gesteigert haptische Dynamik
mittels Josh Brolins Cable-Kernigkeit. Dadurch wird’s insgesamt natürlich eine
verwirrte, aber nicht unbedingt zum Seufzen anregende Filmerfahrung über
Quasselstrippen, X-Men-Anwärter und
deren kuriose/blutrünstige Familienbande.
John Travolta in "Gotti"
WAHRHEIT
ODER PFLICHT (Jeff Wadlow, 2018) – Aus dem Blumhouse
entsteigt dieses entschieden beliebige Horrortribunal unter Teens, deren virale
Sucht auf Geheimnisse und Bekenntnisse vom Spiel-auf-Lebenszeit verfolgt wird. Die darin offenbarten Urängste
beschränken sich natürlich auf eher gängige Haltestellen der Jugend: Wer ist
wem treu, liebt man doch eine Andere, obwohl jene die beste Freundin der
Freundin ist? Kann man dem Vater offenbaren, dass man schwul ist? Fühlt man
sich schon als Karrieremensch? Und noch am heftigsten: Liegt ein
Missbrauchsfall im Figurengeflecht vor? Für diesen Film so oder so kein Anlass
zur psychologischen Konfrontation, eher eine Plattform für Final-Destination-Effekte in zumal massentauglicher
PG13-Mutlosigkeit. Die dümmste Moralschleuder Richtung Social Media hebt man sich aber für den Schluss auf, bis dahin ist
die Routine immerhin vor lauter künstlicher Aufregung nicht nur gelangweilt
ausgefallen.
TOMB RAIDER
(Roar Uthaug, 2018) – Lara Croft, diesmal von Alicia Vikander - lebhafter als
in allen ihren gängigen Oscarrollen - verkörpert, begibt sich hier noch grün
hinter den Ohren auf die Quest, das Vermächtnis ihres verstorben geglaubten
Vaters zu entschlüsseln. Die Daddy-Komponente liefert als Sehnsuchtspol noch
die innigste Dockstation jener Videospieladaption, die allzu flott zu den oft bewanderten
Pfaden des exotischen Abenteuerfilms runter steigt. Der Wust an Spezialeffekten
treibt einen vor sich her wie der als moderner Sklaventreiber agierende Walton
Goggins - Superfrau Croft meistert den Fall trotz künstlich aufgebauschter
Verletzlichkeiten auf jeden Fall, dass selbst der vierte Indiana Jones unweigerlich
ins Gähnen kommen dürfte. Ein vergeblicher Cliffhanger Richtung Fortsetzung
rundet diese weitere Runde der halbärschigen Einfallslosigkeit Hollywoods ab,
ehe der befreite Seufzer des Zuschauers einsetzt.
SUPER
TROOPERS 2 (Jay Chandrasekhar, 2018) – Dieser unverhoffte Bro-Com-Nachzügler
aus dem Dunstkreis der Broken-Lizard-Truppe
müsste wie sein Jackass-Kollege „Action
Point“ unter allen Umständen wie aus der Zeit gefallen wirken und das tut
er auch – auf die Art mindestens so auffällig wie „Jigsaw“ (2017). Der Versuch der Relevanz anhand einer Persiflage
gegenwärtiger US-amerikanischer Außenpolitik, hier Richtung Kanada protzend,
gibt sich als Nährboden plumper Gags aber derart ehrlich daneben, dass durchweg
Kurzweil besteht. Spaß? Ansichtssache. Wenn sich nicht gerade der bleiern
funktionelle Subplot geheimnisvoller Schmuggelgangster zu Wort meldet,
bewandern die Highwayhonks jedenfalls vielerlei Streiche, Anmachsprüche und
patriotische Penisvergleiche – u.a. anhand der örtlichen Bärenzunft, illegaler
Substanzen, Hormonpillen, Rasierschaum, Rauchbomben und geklauter Uniformen.
Alles drübber und dort wo’s hingehört.
GEFANGEN –
DER FALL K. (Hans Steinbichler, 2018) – Auszug vom 4. März: „[…]Was hat der Deutsche immer für
Wut im Bauch! Alles also weiterhin extrem dramatisch bei Steinbichler – Liefers
im Zentrum bleibt dementsprechend ein arg bemühter Mime, wird der
schicksalsschwangeren Verschwörungsparanoia seines Charakters damit aber umso
gerechter. Konterkariert werden solche Signale des Zwielichts allerdings mit
sehr durchsichtigen Ansagen an den Zuschauer, dass Kronach alles genommen wird,
seine selbstverständlichsten Grundrechte bei Autoritäten auf taube Ohren stoßen
und Revisionen im Vornherein per konspirativem Personal abgewürgt bleiben.
Alles Lug und Trug und böse – außer die Guten, die an allen Grenzen scheitern.
Ist da natürlich nicht ineffektiv, wie der Film die Hoffnung begraben kann und
daraufhin moralische Gerüste der Gesellschaft einfordert - und seien es nur
Apfelkerne oder festes Schuhwerk. […]“
Nun aber
wird es schon etwas enger in der Auswahl! Wenn das Abwegige und Routinierte
alles nichts mehr nützt fürs gesteigerte Selbstbewusstsein, befindet sich der
Film meist in einer Zwickmühle mangelnder Inspiration oder seltsam abgesteckter
Zuschauererwartungen, dass sich selbst die Guten den einen oder anderen Fauxpas
erlauben, natürlich ambitionierte Versuche unternehmen, aber dann doch an uns
unergründlichen Faktoren scheitern, stimmige Gesamtbilder zu ballen. Manchmal
weiß ich bei denen auch nicht weiter, aber eine Distinktion möchte ich ihnen
ebenso wenig entsagen. Nun denn!
Hinter den
Erwartungen zurückgeblieben:
A BEAUTIFUL
DAY (Lynne Ramsay, 2017) – Dieses Drama um eine traumatisierte Variante des Equalizers via Joaquin Phoenix geht
einem gut und gerne aus dem Weg, nicht Halbes und nichts Ganzes über die
verrottende Ambivalenz der Gerechtigkeit zu erzählen. Stil und Inhalt sind da
nur folgerichtig aufeinander abgestimmt, aber nicht minder mühsam als
Filmerfahrung. Im mal sperrigen, mal authentischen Schnitt ist der geplagte wie
konsequente Protagonist des Niemandslands Amerika (k)ein Held – allerdings in
solch einem Verhältnis, welches jedweder Faszination und Emotion dann doch
teils zu kalkulierte Mengen an Unergiebigkeit voraussetzt. Bei der klammen
Sehnsucht bleibt der Film durchaus eigen, wenn sich ihm auch kaum entgegenkommende
Argumente zur Rettung einer kaputten Welt herauskitzeln lassen. Der
Originaltitel „You were never really here“
spricht in dem Sinne Bände.
3 TAGE IN
QUIBERON (Emily Atef, 2018) – Auszug vom 18. März: „[...] Die Auflösung einer Person
des öffentlichen Lebens scheint keine Gefangenen zu machen, obgleich man
hauptsächlich Reaktionen denn wirklich konstruktive Reflexionen erwarten
dürfte. Seelen-Exhibitionismus halt. [...] Unter Umständen geht man mit so
einer Charakteristik eher noch in Sachen biographischer Einzelheiten in die
Tiefe, wirklich vielschichtig fällt der filmische Wert dessen auf dem Papier
dann trotzdem nicht aus. Dass es nicht so herbe ins Gewicht fällt, ist Marie
Bäumer zu verdanken, die selbst aus der noch so peniblen Mimikry des Interviews
stets Echtes nach vorne fördert. [...] Die Spannung kommt in jenem Szenario
deutlich aus der zwischenmenschlichen Reibung, aber ihre Gestaltung,
Kameraführung und Sounds bleiben konstant auf demselben Level von basic coverage. [...] Dankenswerter
Weise schließt Atef auch mit einer Note des Aufschwungs, der Ablösung vom Zwang
des per Öffentlichkeit verprellten Ichs. Doch mit solch einer dem Zuschauer
gereichten Methodik bleibt der Film halt nochmals absolut vage. [...]“
DER HAUPTMANN (Robert Schwentke, 2017) – Die Lügenbündnisse
und –bereitschaften der Macht, im giftigsten Schwarzweiß aus der Kernschmelze
des Dritten Reichs zusammengeballt, machen sich hier teils hart per overacting - schuldverdrossen in
Exzessen und Sadismen verloren - Luft. Gegen sowie um die Menschenwürde geht’s
hier ja von Vornherein im bereits verlorenen Überlebenskampf der Nazi-Ideologie;
mit der Uniform sodann umso toller. So sind die damit verbundenen Tendenzen gen
Exploitation binnen Schwentkes
strammer Schocks nicht ineffektiv geraten, aber sie tragen nun mal platte
Blüten, die allen voran in der Laufzeit eher hartnäckigst auszuhalten sind.
Übertrifft so natürlich jeden bisherigen US-Export des Regisseurs.
UNSANE –
AUSGELIEFERT (Steven Soderbergh, 2018) – Auszug vom 4. März: „[...] Soderbergh trifft da
natürlich einen aktuellen Nerv, wie die Entmündigung des Ichs vonseiten
unbelehrbarer Obrigkeit global um sich greift, sich hier vor allem als Struktur
aus Geldgier/Versicherungsmandat offenbart. Man darf allerdings auch durchatmen,
dass er im Verlauf keinen spröden Problemfilm draus macht. Als Plattform der
Rationalität wirkt seine Handhabe dennoch unausgegoren, sobald sich ein
Szenario herauskristallisiert, das nur bedingt von Verwandten wie „Obsessed“, „Genug“ oder „The Perfect Guy“
abgegrenzt werden kann. Die Drehbuchautoren Jonathan Bernstein und James Greer
waren bislang ohnehin ein eher triviales Gespann, welches hier für sich
zumindest einiges an Boden gut macht, mit welch piesackender Methodik der
Alltag unter Verfolgungswahn und/oder Psychatrie vorangeht. Die Kontinuität des
Dialogs wirkt ebenfalls noch selbstsicher genug, doch sobald Antagonisten
eingreifen, ist die Kolportage daran schwer am Schuften, nicht vorzeitig zu
verpuffen. [...]“
I STILL SEE
YOU - SIE LASSEN DICH NICHT RUHEN (Scott Speer, 2018) – Allzweckwaffe Speer
lauscht weiterhin an den Mauern der High School entlang, um seine
Handwerkerfähigkeiten auch beim schwierigen Genremix des
YA-Dystopie-Grusel-Dramas zu beweisen. Bella „Midnight Sun“ Thorne gibt nun ein Gothgirl inmitten einer Welt von
Normalos und koexistierenden Geistern, das einigen gefährlichen Geheimnissen
auf den Grund geht und gleichsam einen Schlussstrich unter ihre
Vergangenheitsbewältigung setzt. Blass und sentimental, angereichert mit
Jumpscares und Teen-Quirks zugleich, bietet der Film irgendwie für jeden was,
ohne wirklich an sich selbst denken zu können. Der doch recht klein und
konventionell geratene Kern schleppt sich also mit dieser Schale voran – und
der Zuschauer landet hauptsächlich doch eher bei der Erkenntnis, die Cast &
Crew nicht übersehen wissen wollen: Thorne hat jetzt ein Nippelpiercing!
DEATH WISH (Eli Roth, 2018) – Auszug vom 4.
März: „[...] (Roth) versucht noch jede
(kurze) Chance zu nutzen, die Lust am Töten aus seinem Protagonisten
herauszukitzeln und darf für den Hauptanteil an hiesigem Zynismus sorgen, wie
explizit die Carnahan’sche Selbstverteidigung (unter Beihilfe von
Kettenreaktionen à la „Nackte Kanone“)
bis hin zur reinen Folter ausfällt und Kersey sich selbst dabei gefällt.
Gleichsam zurückhaltend persifliert er den amerikanischen Waffenkult, umso
stärker die mediale Aufmerksamkeit rund um die Abkratzaktionen des sogenannten Grim Reapers. Podcasts und Memes agieren
da so reaktionär und aufgegeilt, dass ihm die Sense zittern müsste, im Gegenzug
begründet der Film an jener Bestätigung ein Stück weit die Heilung seines
Traumas. So wie sich das liest, müsste es provokant sein, doch dafür fehlt
schlicht die Fallhöhe der Vorlage. […] Carnahan traut sich nichts (weder
Justizirrtümer noch unfähige/korrupte Bullen, Gott bewahre) und Roth muss unter
MGM Folge leisten, dass beidesamt zudem einen Mediator via Kersey-Bruder Frank
(Vincent D’Onofrio) einbauen, nach welchem für den Zuschauer keine Fragen mehr
über bleiben. […] Dass der Effekt der Rache mehr Nerven kitzelt als die Ursache
dessen, ist da als Erkenntnis auch nur ein schwacher Trost.“
FAHRENHEIT
11/9 (Michael Moore, 2018) – Moore wirft alles in dem Topf, um ein Abbild des
modernen Amerikas zu entwerfen (obwohl es eingangs um das Phänomen Trump und
wie es dazu kam gehen soll): Die Volkskrankheit der politischen Kluft, der
Trinkwasserskandal von Flint Michigan, korrupte Verfehlungen der Republikaner
und Demokraten, politische Newcomer und Parkland-Shooting-Überlebende als
Hoffnungsträger, der falsche Bombenalarm auf Hawaii, eine Handvoll Bilder aus
Charlottesville, sich selbst als unterstützenden PR-Stunt. Die Trefferquote an
bewegenden Erkenntnissen und/oder Voiceover-Montagen bewegt sich noch in den
schwarzen Zahlen, doch die Relevanz einiger Passagen kommt selbst im Nachhinein
noch weniger zu Potte als z.B. bei Kollege Dinesh D’Souza.
THE OUTSIDER
(Martin Zandvliet, 2018) – Auszug vom 18. März: „[…] Anstatt Spannung zu ballen,
verlässt er sich auf Steadicam-Strecken,
Neonfarben und die ältesten Kamellen von Schuss und Gegenschuss, um irgendwo
ein Hauch von Zen auszumachen. Es bleibt aber Wunschdenken, solange die
Verhältnisse untereinander mit Binsenweisheiten, Territorialdrohungen und
reaktionärem Gangster-Einmaleins allein begossen werden. [...] In denen wacht
der Film ja am Meisten auf und hält selbst dann spekulativ drauf, wenn auch zum
dritten Mal hintereinander der kleine Finger abgeschnitten wird. Solche Szenen
sagen zwar aus, wie weit der Gaijin
für seine Befreier gehen würde, aber es wird letztendlich nur im lustlosen
Abhaken an Topoi draus geschlossen, wie dieses Verhältnis z.B. im Kontrast zum
eigentlichen Nachkriegsverhältnis anno dazumal steht, eben was jene
wechselseitige Anpassung macht oder ausmacht. [...] Die Motivation des
Narrativs gründet sich dann zwar noch immer auf der (spätestens seit
Kurosawa/Leone erwiesenen) Faszination der westlichen Welt zum Themenkomplex
Nippon und andersrum, verharrt aber in der Hemmung, schlicht von außen rein zu
schauen und infolge dessen aus dem Innern in die Beliebigkeit zurück zu
starren.“
BUYBUST
(Erik Matti, 2018) – Einerseits eine haptische wie brisante Verquickung von
moderner asiatischer Martial-Arts-Garstigkeit mit der moralischen Ambivalenz
des war against drugs powered by
corruption binnen der Philippinen. Andererseits ein in alle Richtungen
blutendes Labyrinth, das jeden profunden Ansatz chaotisiert und seine
bestmöglichen Effekte genauso verpasst wie die auf allen Ebenen missratene
Tongestaltung.
IN DEN
GÄNGEN (Thomas Stuber, 2018) – In den Längen, da verliert sich Stubers
Supermarkt-Panorama an aufgehaltenen wie abgehängten Existenzen mehrmals aus
den Augen (nicht aus dem Sinn), wie es ohnehin eher wortscheu bleibt. Nicht
jede dieser inszenatorischen Entsagungen kommt auch charakterstark aus dem Bauch
heraus - mit einigen kunstgewerblichen Gesten der Alltagspoesie ist’s ebenso
wenig getan, dem Ost-Trott viel Wahrhaftiges abseits spärlicher Sozialtristesse
und unerfüllter Liebe abzugewinnen. Einige Stalker-Fantasien,
schlechte-Einflüsse-von-einst und alkoholische Trübsaltauchgänge später ist man
aus dem Rundgang kaum schlauer geworden – das bringt die bedrückende Dead-End-Atmosphäre aber auch mit sich,
jene Stimmigkeit muss man dem Film schon lassen.
MOGLI -
LEGENDE DES DSCHUNGELS (Andy Serkis, 2018) – Es geht wieder ab ins
Dschungelbuch und alles, was binnen seiner aktuellen Umsetzung als weiterer
Hybrid nach Avatar-Manier an frischen
Aspekten addiert wurde, lässt sich vermutlich an einer Hand abzählen. Dass man
sich nun eher mit den Unvereinbarkeiten und Enttäuschungen des Tiermenschen
Mogli innerhalb sowie im Wandel benachbarter Zivilisationen beschäftigt, macht
sich dann allerdings auch als fähige Erkundung heller und finsterer Seiten des
Identitätswillens bewährt; gibt sich weniger handzahm als die allein schon per
Motion-Capture-Verfahren geißelnde Blockbuster-Sprache, deren Konsens Serkis
letztendlich doch zuviel Platz überlässt. Eben ein gedrosselt ergiebiger
Weltenwandler.
MARY
POPPINS' RÜCKKEHR (Rob Marshall, 2018) – In Marshalls formeller Hingabe zur
Rekreation des Erstlings mag das Herzblut kaum nachlassen,
doch bei allem ausstattungsfreudigen Pomp fletscht das Drehbuch allenfalls für
jene Konfitüre die Zähne und gerät beim Abwarten zwischen den Gängen zusehends
ins Nachplappern an Plotpoints (teils beat
for beat anno 1964), bis lediglich das schöne Nichts zum Bewundern über
bleibt. Vorm Mindestsatz an emotionaler Belastung oder verdienter Euphorie geht
der Film sodann ebenfalls in Deckung, ersetzt jene Qualitäten des Originals
u.a. mit einer deplatzierten wie ausdauernden Meryl-Streep-Episode sowie
großzügigen Mengen an Deus ex machina.
Nostalgie als Verzweiflung ewigen Blühens.
Kate Mara in "Sergeant Rex - Nicht ohne meinen Hund"
NATSUKI: THE
MOVIE (Chris Broad, 2018) – Online erschienen und als etwas größerer Wurf des „Abroad in Japan”-Kanals angekündigt,
folgt die Dokumentation dem exzentrischen Friseur/Teilzeitrocker Natsuki auf seiner
fixen Idee einer 1. Europareise. Skurrile Kommentare auf einige
Pflicht-Sightseeings sind die Folge, freundschaftliche Spontanbegegnungen
sowieso - euphorisches Einkaufen und sogar einige Mutproben sind im kostenlosen
Viewing mit inbegriffen! Die Ziellosigkeit des Unternehmens macht dem Narrativ
aber am Härtesten zu schaffen und so versanden die verstreuten Aspekte an
Midlife-Sehnsüchten und Motivationsphilosophien schlussendlich in einem
vorgeschobenen Musikvideo angehobener Cringe-Werte.
GAME NIGHT (John
Francis Daley und Jonathan Goldstein, 2018) – Eine Jason-Bateman-Komödie der
Eskalationen, in welcher das vorstädtische Spießerdasein via einer Kette an
Spieleabendmissverständnissen kopfüber in die Nacht schlittert. Prompt leiten jede
Menge Gangster, Blödheiten und Kultfilm-Namedroppings die teils
extraseichten/-langen Situationskomiken an, aus vermeintlich harmlosem Roleplay
heraus auf die wahre Unterwelt zu treffen, während besagter Bateman (wie gehabt
für sein Œuvre) permanent Bindungsängste ausstrahlt. War’s nicht schon bei der
„Date Night“ so? Diese hier
jedenfalls kommt auch nicht drumherum, aus dem netten Zug ihrer Prämisse
geschmissen zu werden, um im klischierten dritten Akt plus Standard-Obermotz zu
verebben.
MEG (Jon
Turteltaub, 2018) – Haihorror muss nicht immer auf Tele5-Niveau absoffen – aber
es gestaltet sich nicht minder problematisch, ein dürres Unterwasserdrama
verästelter Schicksale anzusappeln, um dann doch nur durch die berechenbare
halbe Handvoll an CGI-Schauwerten zu hechten. Mit Jason Statham am Steuer würde
man auch nicht unbedingt von Vornherein davon ausgehen, einer kapitalistischen
wie kommerzkritischen China/US-Synergie beizuwohnen, doch deren allenfalls
nettes Networth macht längst nicht so viel her wie das Finale. Dort fängt der
Film erst an, sich binnen Massenpanik und unmöglicher Posen des Heldentums zu
vergnügen – der späteste aller Spätzünder.
WOLFSNÄCHTE
(Jeremy Saulnier, 2018) – Zu Beginn schon per Passivität verquast, findet
Saulniers schneeweiß und blutrot bedeckter Thriller durchweg keine richtige
Erdung als Territorialkrieg aus dem Innern, eher nur sporadisch packende
Sequenzen von einer dies anstrengenden, menschgewordenen Wolfsfamilie.
Blutrünstige Schocks ergeben dabei das Hauptargument an Ambitionen - die fragmentarische
Rahmung voll uninspirierter Bilder und Töne kann dagegen nur wie eine per
Sperrigkeit kaschierte Pflichterfüllung wirken, auch wenn sie einen im Verlauf
noch etwas enger einzuschnüren vermag.
An diesem Filmabend lernten wir sowohl Drexel Hemsley als auch Dinesh D'Souza kennen!
AUSLÖSCHUNG
(Alex Garland, 2018) – Auszug vom 18. März: „[...] Eine Expedition ins Herz der
Finsternis als Selbstbeweis Natalie Portmans für die Wissenschaft oder auch
wahlweise den Ehegatten (Oscar Isaac) – von Anfang bis Ende so schicksalsschwer
mit Rückblenden und ausgestellten Mysterien beladen, dass es dem kollektiven
Schauspiel schon die Luft abwürgt. [...] Genauso verhält sich Regisseur Garland
mit seiner fulminanten Bilderwelt, die an sich eigentlich gut mit Faszination
liebäugelt, aber stets auf Distanz bleibt, ebenso frustrierend an der Immersion
vorbeimontiert ist [...] selbst wenn er sich in einer (nicht immer gelungenen)
Verschachtelung übt, welche das labile Wesen des Menschen sowie seiner Wahrnehmung
ins Gewissen rückt. Der Punkt ist durchaus die stichhaltigste Schlussfolgerung
des Films, der darin auch Ängste der Übernahme aus unserer Gegenwart behüteter
Identitäten reiht, als kämen die Körperfresser wieder zu Besuch. Dafür nimmt
der Film aber auch einige Plattitüden an Menschenkenntnis in Kauf, die es einem
einfacher als nötig machen und letztendlich halt auf eine Odyssee reißerischer
Entdeckungen/Schocks abzielen [...]“
THE
CLOVEHITCH KILLER (Duncan Skiles, 2018) – Eine etwas durchsichtig geratene Murder Mystery binnen des US-amerikanischen
Suburbia, welche mit falschen Fährten und bestenfalls soliden narrativen Schleifen
bei der Stange hält, sich aber auch dem Kreislauf der Lügen binnen
omnipräsenter Heimeligkeiten widmet: Familie, Gemeinde, Religion. Kühl im Stil
und einigermaßen intensiv im Spiel, reicht das thematische oder psychologische
Spektrum aber auch nicht derart tief, das man mit größeren Spannungsmomenten
jenseits gewohnter Serienkillerstoffe zu rechnen hat.
THE KISSING
BOOTH (Vince Marcello, 2018) – Eigentlich eine Coming-of-Age-Dramödie nach Schema-F, bei welcher der Faktor Friendzone allerdings absurde Züge
annimmt, die daraus resultierende desaströse Pubertät dennoch aus dem Ärmel zu
schütteln glaubt. Poppigst geht es also in ein toxic love triangle, welches Joey King zwischen einem prügelnden
Zwei-Meter-Kontrollfreak und seinem Bruder, dem zutiefst eifersüchtigen BFF
pendeln lässt. Auch wenn’s zuckersüß überspielt wird: Abhängigkeitskomplexe und
forcierte Leidenschaftsansprüche geben nicht unbedingt das beste Vorbild ab und
das zentrale Mädel gibt sich ebenfalls mehr schlecht denn recht widerstandslos
der Regression als Spielball hin. Schwierige Umstände in einem Film, der alles
an sich dann doch zu leicht nimmt und merkbefreit daherkommt.
Bella Thorne in "I Still See You - Sie lassen dich nicht ruhen"
READY PLAYER
ONE (Steven Spielberg, 2018) – Auszug vom 20. Mai: „[…] binnen einer Virtual-Reality-Dystopie hat es selbst ein Spielberg
schwer, vom Polierten weg das Herzstück rauszukramen. Seine Führung zieht
stattdessen höchst unpersönlich durch, die I-Love-the-80’s-Hobbynerds
(aka Fans vom saulahmen Buckaroo Banzai)
mit Eindrücken aus zig IPs im Strom zu halten, während der Junge (Tye Sheridan)
auf der Jagd nach dem Schatz das Mädel (Olivia Cooke) trifft und die Welt vor
dem Bösen rettet, Realität als einzig real erklärt und den Online-Kasten daher
für jeweils 2 Tage in der Woche (!) dicht macht. Nichts gegen jene Essenz von
Heldensage, wenn man diese abseits des Grundgerüsts anfüttern würde. Bei
hiesigen Stereotypen kommt allerdings relativ nix neben der Markenidentität
hinzu – schlicht grelle Gesellen in funktioneller Perfektion, die selbst mit
Muttermal im Gesicht natürlich noch vor Schönheit strotzen. In jener denkfaul
positiven Haltung ist der Widerspruch von Kommerzfreundlichkeit und
Anti-Großkapitalisten-Adventure natürlich umso stimmiger im emotionalen Nirwana
unterwegs - ebenso bleibt der technische Esprit auf Vordermann, also wie viele
Renderfarmen in Sekundenschnelle verpulvert werden können. Und das ist
zusehends anstrengender anzuschauen, so wie sich die Derivate im Pre-Viz-Mantra türmen. […]“
DER SEX PAKT
(Kay Cannon, 2018) – Hysterische Eltern (u.a. John Cena und eine besonders
faschistoide Leslie Mann) wollen unter allen Umständen verhindern, dass ihre
Teens Sex haben – eine turbulente Tour durch die Nacht und zig aus dem Ruder
laufende Feten sind die Folge. Was ist der „Clou“
an solch einer dutzendfach ausgereizten Prämisse? Na hör mal: Die Beteiligten
sprechen die Klischees ihrer Rollenmodelle an, dass ihre Verhaltensmuster alte
Hüte sind, relax! Ganz im Sinne des ähnlich gearteten „How To Be Single“ heißt das natürlich auch, dass die Klischees so
oder so, teils einfach mit Verzögerung eingelöst werden, denn die hier als
Einsicht/Innovation verbalisierten, versöhnlichen Noten des Genres gehören auch
so schon ewig dazu. Die Seichtigkeit und Lustfeindlichkeit der Gags wäre
jedenfalls auch ohne Pseudosubversion auf Augenhöhe miteinander.
ZOE (Drake
Doremus, 2018) – Abklatsch von „Her“ oder auch: Gefühlsduselei für eine künstliche
Intelligenz, die sich selber als Mensch glaubt und es doch nie sein wird.
Produzent Ridley Scott fährt weiterhin seine Kampagne vom Verständnis für den
besseren Menschen im Androiden, wollte für diese schmächtige Romanze aber wohl
nicht zuviel ausgeben. So muss sich die uninspirierte Handkamera mit einer
Handvoll Sets sowie dem repetitiven Sog von Blicken und Spaziergängen begnügen,
deren rübergeschmierter Soundtrack aus Dream Pop und Sehnsuchtsgeständnissen
Terrence Malick Konkurrenz zu machen scheint. Theo James („Die Bestimmung“) darf noch einen etwas
raffinierteren Roboter-Charme ausspielen, muss aber Scotts gesteigertem Willen
zum Cyber-Positivismus passiv bleiben, obwohl er anfangs noch voller
Spannungspotenzial ins Liebesdreieck zwischen Erfinder Ewan McGregor und
Robotermaid Léa Seydoux platziert wird. Da ist eine Energiewende fällig.
"On the beach alone at night"
PACIFIC RIM:
UPRISING (Steven S. DeKnight, 2018) – Die eher unnütze Fortsetzung eines
singulären Jungstraums probiert sich als verstärkt inklusiver/stereotyper Cinematic-Universe-Startschuss und nimmt
alles, was am Topoi-remixenden Erstling Laune machte, als spaßbremsende Ansage
zum regulären Blockbuster-Prinzip auf – schlechte „Echt jetzt“-Witze, Worldbuilding-Übererklärungen
sowie unverschämte Anbiederungen an den chinesischen Filmmarkt inklusive. Das
Potpourri bunter Farben binnen fast gewichtloser Kaiju-Kämpfe dürfte sich fortan trotzdem als harmloses Testbild an
geistloser Unterhaltung bewähren bzw. vergessen werden.
CALIBRE -
WEIDMANNSUNHEIL (Matt Palmer, 2018) – Stilistisch eher fernsehtauglich
aufbereitete Reihung von moralischen Dilemmata des Tötens – wo’s zunächst ein
Unfall ist, daraufhin Notwehr, gefolgt von geplanten Notlügen und Racheaktionen.
Die psychologische Last der Schuld macht sich ja schon u.a. seit Poe als
immersive Zugkraft stark – umso ernüchternder, dass Regiedebütant Palmer im
Vertrauen auf Konventionen an Intimität oder ähnlicher gestalterischer Verengung
spart. Er kriegt seine narrativen Schlüsse zumindest glatt wie dünn hin – wer
mit der alljährlichen B-Ware des Fantasy
Filmfests vertraut ist, kennt diese Art von Streifen.
INGRID GOES
WEST (Matthew Spicer, 2017) – Falsche Identitäten und Freundschaften der
Instasphäre sind die Grundlagen dieser Stalker-Dramödie (?), in welcher die
Obsession zum Public Image mit der Unzuverlässigkeit gen Real Life gekoppelt
wird. Bei der Menge an Gegensätzen kann der Zuschauer nur ins Kippeln geraten,
ehe er sich von den allzu banalen dramaturgischen Lösungen verschaukelt fühlen
wird. O’Shea Jackson Jr. und seine Batman-Forever-Schwärmerei
geben dem Film dennoch ein denkwürdiges kleines Stück Herz dazu.
GUTLAND
(Govinda Van Maele, 2017) – Freddy Lau guckt verschämt in eine luxemburgische
Kaffgemeinde rein, übernimmt als schweigender Vergangenheitshüter allmählich
Rollen und Liebschaften eines zuvor verlebten Doppelgängers seinerseits,
während zu allem Übel noch alte Gangsterbekanntschaften ihren Anteil fordern.
Die surreale Provinzmystery macht für solche Entwicklungen aber auch nur bräsigst
Boden gut und gibt auch im Nachhinein eher magere Auflösungen/Bilder/Emotionen
dessen ab. Ein unsicheres Regiedebüt im Tauziehen zwischen Atmosphäre,
Krimikonventionen und wahrscheinlich auch Förderanstaltkompromissen.
BATMAN:
GOTHAM BY GASLIGHT (Sam Liu, 2018) – Zeichentrickadaption eines DC-Comics-Spin-Offs, welches den bekannten Flattermann ins London zu Zeiten
Jack the Rippers verlegt. Diese entpuppt sich als Detektivarbeit nach Maß – die
Neuinterpretation der Topoi jenes Helden gerät mehr oder weniger
stimmig/fantasielos, das Whodunit zur
kunstlosen Erbsenzählerei. Letzteres lässt sich auch über den Direct-to-DVD-Animationsstil sagen, aber
da ist man auch nur der altbekannten Linie treu geblieben. „Batman Ninja“ reigns supreme!
CRAZY RICH
(Jon M. Chu, 2018) – Der ansonsten zuverlässige Journeyman Chu darf der aktuellen asiatisch-amerikanischen
Identität filmisch die Ehre erweisen, landet aber allzu unreflektiert in eine
elitäre Romanze, die vorgibt, den Traditionen und Vorurteilen per
Selbstbestimmung zu trotzen, nur um sodann trotzdem durchweg alles im
Kapitalismus wegzuprotzen. Was bleibt sind Intrigen, Entscheidungen aus Liebe
und Dynastien der Marke Seifenoper, aufgelockert durch hohle Nicht-Gags und
bekannte Popsongs in chinesischen Coverversionen (in etwa wie in „Die wahren Memoiren eines internationalen
Killers“).
Sarah Gilman in "Daphne and Velma"
OPERATION:
12 STRONG (Nicolai Fuglsig, 2018) – Chris Hemsworth konnte dieses Jahr keinen
Film retten, #1: Ein 08/15-Kriegsmärchen, das sich als moderner Western
verstehen will und zudem so entschieden ewiggestrig gibt, dass es von den
ersten Militärheldentaten Post-9/11 berichtet. Keine Faser dieses Films glänzt
mit Innovation - muss er auch gar nicht, aber selbst mit dem Vorwissen ist
Stumpf noch lange kein Trumpf. Man bleibt auf Nummer Sicher, untereinander
sowie bei der Bevölkerung Ehrenmann, ohnehin flach auf der Spannweite von
Schauwerten und Schicksalen. Entbehrlich.
KEEP
WATCHING (Sean Carter, 2017) – Ein typisch weit hergeholter
Home-Invasion-Thriller aus der Perspektive eines mörderisch beliebten
Livestreamevents. Psychos vs. Family mit einem Twistfinale, dessen hanebüchene
Aufregung schon im Rest des Films aufzuspüren ist, wenn nicht gerade ellenlang
über Flure und Keller geschlichen wird. Mit Bella Thorne, deren „Amityville: The Awakening“ (2017) ich
hier viel lieber besprochen hätte.
SUMMER '03
(Becca Gleason, 2018) – Die Joey-King-Teensploitation macht sich weiterhin per
Flashback-Voiceover auf die Suche nach dem ersten Sex – und findet ihn! Als
wäre Ernst Hofbauer wiedergeboren, spielen sich typisch spekulative und falsche
Hoffnungen des Frühreifen-Anschraubens ab, sobald der Tod der Großmutter eine
ganze Handvoll dysfunktionaler Geheimnisse in der Familie des Mädels ablädt.
Fortan bemüht sich Joey/Jamie dem Wunsch der Oma entsprechend vom jüdischen
Glauben weg hin zum süßen Priesterschüler, dass sie ja einen ordentlichen
Blowjob hinkriegt und (inszenatorisch natürlich sehr feinfühlig) defloriert
wird – stärkere Charakterwerte als der Jugendfrust aus allen Filmen zuvor
bleiben allenfalls am Schockfaktor,
der jungen Fleischbeschau und sonstigem Indiefilmkonsens hängen. Streitereien
mit der Mischpoke bleiben nicht ausgeschlossen - vom „Du hättest auch mal ans Handy gehen können!“ bis „Dein echter Vater ist ein Antisemit!“
sind fast alle Situationskomiken elterlicher Hysterie vorhanden; das
promiskuitive High-School-Dilemma sowieso. Eine voll vorhersehbare und
stilistisch abgegriffene Rahmung, welche in ihrer ersehnten Verwandtschaft mit
z.B. dem „Diary of a Teenage Girl“ vergleichsweise verklemmter,
kopfloser als auch derber auf den Leim geht.
BAD TIMES AT
THE EL ROYALE (Drew Goddard, 2018) – Chris Hemsworth konnte dieses Jahr keinen
Film retten, #2: Dem Titel nach hat man es mit einer dieser unsäglichen
Tarantino-Emulationen aus den 90ern zu tun – und der Film an sich löst genau
das ein, als ob Goddard ein olles Jugendscript seinerseits abgestaubt hätte.
Kapitelweise rücken Perspektiven, Zeitsprünge und Evergreen-Montagen um
besagtes Hotel zusammen, seiner dubiosen Charakterschar reichlich Rückblenden,
Stilblüten sowie blutige Konfrontationen aufzutischen. Innerhalb dieser kommt
ein einigermaßen belangloser Zeitvertreib zusammen, der zumindest schicke
Plansequenzen entwerfen kann, auf der Suche nach dem Kultstatus aber
größtenteils stocksteif Philosophien (in Blei) austauscht.
Ihr habt es
wirklich versucht, Leute! Und damit seid ihr auf jeden Fall noch besser dran
als die letzte kommende Kategorie, die vom Bodensatz aus teils besonders
energisch (oder langweilig) daran gelegen war, 2018 als ernüchternde
Filmsammlung erscheinen zu lassen. Bei manchen muss man sogar von böswilligen
Absichten sprechen, selbst wenn die Liebe zu den jeweiligen Stoffen noch so
künstlich massentauglich behauptet wurde. Wenn sowas Kino sein soll, dann sind das die…
Grabsteine:
BAD SPIES
(Susanna Fogel, 2018) – Dass derart absehbare Agentenkomödien der Marke „Susan Cooper“ dieser Tage noch an die knapp zwei
Stunden Laufzeit grenzen können, ist schon ein dreistes Unding. Dies versucht
die überproportional redselige Mische aus Mila Kunis und Kate McKinnon sodann
mit legitimen, teils rabiaten Actionschauwerten zu kontern, welche jedoch den
Kontakt zum Rest des Geschehens regelrecht scheuen. So ergeht es auch dem
Zwerchfell mit hiesigen Pointen aka aufgezählten weird facts seitens McKinnon, dass man durchweg zwischen Fremdscham
und Durchzug pendelt.
OCEAN'S 8
(Gary Ross, 2018) – Wieder ein Film, in dem alles, aber auch wirklich alles,
nach Plan gelingt – wie für einen Pfandautomaten geschaffen!
WER IST
DADDY? (Lawrence Sher, 2017) – Ed Helms, Owen Wilson und wahllos
zusammengestreute Charakterdarsteller (plus Sportskanone Terry Bradshaw)
versuchen herauszufinden, wer denn nun der leibliche Vater oben genannter
Midlife-Krisen ist. Aus jener hauchdünnen Prämisse laufen eventuell einige
basische Familienwerte raus – von gelungenen Witzen oder rein-objektiv-gesehen
urigen Situationskomiken kann hingegen nur bedingt die Rede sein, auch wenn
sich das Breitwand-Einheitsbild der US-Komödie hier noch so gefällig
runternudelt.
THE
CLOVERFIELD PARADOX (Julius Onah, 2018) – Ein Sci-Fi-Thriller von der Stange,
der unter vielerlei unterhändlerischen Marketing-Faktoren sowohl fallen
gelassen als auch überambitioniert ausgestellt wurde. Nichts anderes als jene
Kontroverse um seine Übergabe von Paramount
an Netflix bestimmt die Relevanz
dieses Films, der alle erdenklichen Topoi zum Thema in stilistischer Routine
(wie schon „10 Cloverfield Lane“ an
jeglicher Klaustrophobie vorbei inszeniert) und narrativer Arschlosigkeit
verebben lässt. Lieber „Life“ (Daniel
Espinosa, 2017) reinlegen!
FIFTY SHADES
OF GREY – BEFREITE LUST (James Foley, 2018) – Alles beim Alten im Farbspektrum
der Lustineffizienz, dass selbst eine Highway-Verfolgungsjagd mit
anschließendem Beischlaf nichts Unterhaltsames/Erhellendes zu dieser
missratenen Trilogie aus Schundroman- und Beziehungsratgeber-Restposten
beizutragen imstande ist.
Mindy Kaling, Oprah Winfrey und Reese Witherspoon in "Das Zeiträtsel"
SOLO: A STAR
WARS STORY (Ron Howard, 2018) – Nun völlig dem Zauber und Einfallsreichtum der
eingekauften IP entwöhnt, liefern Kathleen Kennedy bzw. Ron Howard als zweite
Wahl in Sachen „Regie“ die Origin zum Stereotypen Han Solo ab. Zig
Nebenfiguren drum herum probieren eine Ahnung von Charaktergehalt, doch das
Überangebot an blasser Gesamtgestaltung lässt allesamt im luftleeren Raum der
Belanglosigkeit zurück. Ließ man nur allzu gerne am Box-Office
implodieren.
HOW TO PARTY
WITH MOM (Ben Falcone, 2018) – Die nächste Melissa-McCarthy-Komödie voll
beachtlich energischer Humorverweigerung klopft dünnste Frauenbündnisse ab,
während sich die Reihung ständig verfehlter Pointen per Eltern-Cringe dann irgendwie noch zur
Spielfilmdauer klumpen kann. Der tollpatschige Zugzwang zu Nettigkeiten auf
allen Ebenen der Filmerfahrung stellt sich ohnehin als reiner Sadismus heraus.
Haben die Eheleute Falcone solch einen öffentlich ausgetragenen Fetisch
wirklich nötig?
VOLLBLÜTER
(Cory Finley, 2017) – Eiskalte Engel aus der High Society kriegen ihre elitäre
Inszenierung oben drauf, während sich deren Dialog ganz peinlich schlau mit
Bret Easton Ellis (lol) zu messen wollen scheint. Das Gepose der Soziopathen
kommt dem behäbig kühlen Film gerade recht, den Nihilismus die ganze Arbeit
machen zu lassen. Für dessen vereinzelte durchkonstruierte Eskalationen geht er
dann noch kunstgewerblicher als zuvor auf Distanz – die Leinwandkrankheit des
permanenten „One perfect shot“ wie
schon bei „Hereditary“ (siehe unten) in
voller Blüte.
SLENDER MAN
(Sylvain White, 2018) – Da wir den Man im UCI
Mundsburg sahen, muss ich gestehen, dass wir bei dessen dusterer Projektion
bestimmt so an die 70 % des Films nicht erkennen konnten. Soviel ließ sich aber
aller Wahrscheinlichkeit nach nicht verpassen. Die geradezu lethargisch
runtergewetzte Horrorsülze arbeitet wenn überhaupt nach Stichpunkten, den
titelgebenden Internetmythos aller noch so trivialen Reize zu berauben. Selbst
der noch bei „Wish Upon“ so
übersteuerte Teen-Slang wird hier zusammen mit seiner Urheberin Joey King auf
die hinteren Sitze verbannt, wo auch schon die kurz vor Kinostart rausgeschnittenen
Mordszenen dahin vegetieren. Kaum Camp und noch weniger genuiner Terror – was
bleibt diesem bemitleidenswerten Schlafwandler aus 1001 Studiomandaten denn
noch?
An jenem Filmabend mussten "Demonic Toys" und "Orgy of the Dead" durch "Between Worlds" ersetzt werden.
HOT DOG
(Torsten Künstler, 2018) – Die Schweighöfer/Schweiger-Kombo hat wohl nun endlich
auch an der Kinokasse ausgedient. Liegt eventuell an der omnipräsenten Faulheit
jenes Actionkomödien-Prozederes, das gleichsam altbacken wie infantil die
einfachsten Handlungsmuster und Schauwerte jener Zunft in den Sand setzt, zudem
mehrmals für die Dümmsten der Dümmsten durcherklärt. Der Macho und der
Hänfling, deren „Ich bin nicht schwul!“-Wortgefechte
und osteuropäische Gangster-Kisten sind halt auch sowas wie gelebtes
Essig-Syndrom.
HEREDITARY -
DAS VERMÄCHTNIS (Ari Aster, 2018) – Der Hang zum Kubrick-Perfektionismus im
Horrorfilm des digitalen Zeitalters hat nach seinen mehr oder weniger
verdienten Hypebeastern „It Follows“ oder „The VVitch“ nun einen Trittbrettfahrer erhalten, der allenfalls zum
Idiotentest tauglich geschrieben werden kann. Ari Asters überkonstruierte wie
lieblos zusammengeschusterte Hausarbeit an Genre-Versatzstücken überlässt dem
Zuschauer keinerlei Raum zur Entdeckung, lädt jede Einstellung mit
durchsichtigen Symbolen auf, um sein unausgegoren derivatives Prinzip an
Unterkühlung und Distanz u.a. allein schon aus der Puppenhausästhetik eines „Paddington“ heraus zu motivieren. Er
will damit aber nur permanent die Fäden ziehen, macht seinen Film zur bemühten
Demonstration kontrollierter Sperrigkeiten, die sich weniger mit dem inneren
Leiden seiner Toni Collette als mit dem formalen Muskelspiel beschäftigen.
Asters ständiges Zerwürfnis mit Genrekonventionen, die er anhand seiner Inszenierung
selber offenbar zu verachten scheint, lassen seine letztendliche Hinwendung zur
Effektschau im (eigentlich auch vollkommen hintergangenen) Trauerprozess zudem
erst recht heterogen daherkommen, dass es einen so oder so komplett kalt
lässt/lassen soll. Was manche Leute nicht alles tun, um dem Trend anzugehören.
DOWNRANGE -
DIE ZIELSCHEIBE BIST DU! (Ryûhei Kitamura, 2017) – Mehrere Opferschablonen werden
unter der glühenden Sonne Amerikas nacheinander vom Heckenschützen niedergemäht
und sind - dem stetig degenerierenden Lebenswerk Kitamuras entsprechend -
lediglich als Vorlagen für zynisch ausgewalzte Splattereffekte vorgesehen. Single-Setpiece-Terror-Einmaleins,
wie es jüngst nur „47 Meters Down“
noch langweiliger hinbekam.
DESTINATION WEDDING (Victor Levin, 2018) – Beim Publikum des Winterhuder Fährhaus würden solche
hyper-boulevardesken Dialogflaggschiffe wahrscheinlich zum Burner avancieren –
auf der Leinwand hingegen sitzen Winona Ryder und Keanu Reeves wie Blei im
Gemüt, wenn sie sich mit selbstgefälligen Zynismen zuschwafeln, bis die
Attraktivität der Gehässigkeit das jeweilige Incel-Dasein zum Techtelmechtel
animiert. Vollkommen abgekapselt vom Rest der Menschheit im Kamerastillstand
des abgefilmten Theaters und als Film
dementsprechend unergiebig strampeln beide ansonsten noch durch eine der
unerträglichsten Sexszenen des Jahrhunderts, ehe sich diese Null an
Beziehungskomödie in aller Flachheit auserzählt wie sie angefangen hat.
Frankenstein in "Death Race: Anarchy"
GUN SHY
(Simon West, 2017) – Ein höchst penetrantes und witzloses
Actionkomödien-Vehikel für Antonio Banderas, welcher als alternder Rockstar
seinen Chile-Urlaub zwischen entführter Frau und CIA-Trotteleien wegalbert. Das
Crowdfundingprojekt lässt stets anmerken, wie mickrig es ausgestattet wurde -
doch der ziellos überdrehte Anti-Humor voll betagter Abenteuerfilmtopoi,
Depp-Allüren und Stilübungen, die einem David Ayer peinlich wären, dürfte unter
jedem Budget auf die Nerven gehen. Nichts daran findet eine Erdung und erst
recht kein Ende – eine Probe für jeden noch so hartgesottenen Filmfreund.
WUFF (Detlev
Buck, 2018) – Nach vier sympathischen und knallbunten Bibi-&-Tina-Filmen war
Buck wohl selber schier verwirrt – anders kann man sich dieses geballte
Unvermögen in Sachen Rom-Com plus Hundepower nicht erklären. Storytechnisch
schon eine weitere esot(i)erische Verkettung von Zufällen und Kalendersprüchen
via „SMS-Für-Dich“-Autorin Andrea
Willson, gehen im Folgenden selbst die Genre-Gefälligkeiten per mangelndem
Timing unter/an allen Zuschauergruppen vorbei. Bucks „Asphaltgorillas“ aus selbiger Saison sollen anscheinend ebenfalls
für niemanden funktionieren – gute Besserung!
BLACK
PANTHER (Ryan Coogler, 2018) – Diese grenzwertig blasierte Sage vom schwarzen
Ethnostaat und seiner Herrenrasse bewies, dass selbst der Regisseur des soliden
„Creed“ nicht davor gewappnet ist,
binnen des Marvel-Kosmos jede Lust
und Dynamik hinter sich zu lassen. „Wakanda
über alles“ lautet der Schlachtruf der Langeweile eines Films, der alles an
sich so versimpelt weglabert wie aufbauscht. Ein Milliardenerfolg, der so eben
auch Hollywoods Haltung zur Diversity
als Lachnummer entblößt.
AVENGERS:
INFINITY WAR (Anthony und Joe Russo, 2018) – Chris Hemsworth konnte dieses
Jahr keinen Film retten, #3: Der Tod des Kinos gähnt sich als entschieden passive
Stilmischung aus Fanfiction-Kurzsichtigkeit
und Cutscene-Funktionalität aus. In
diesem Epos der Balancen, also künstlicher Nichtigkeiten und Lumpengags, wiegt
der Großteil der Spannung eben darin, wie lange sich die Sequels der jeweiligen
Franchise-Helden hinauszögern werden – wie sich herausstellt: bis spätestens
diesen Frühling.
Aber wie
gehabt möchte ich das Jahr nicht bloß mit sauren Gurken verabschieden, sondern
vor allem den vorherigen Kategorien für ihre bereitgestellten Stunden der
Unterhaltung und Reflexion so weit danken, dass ich natürlich auch erneut eine
kleine Auswahl dessen aufstellen möchte, was ich mir von 2019 als mindestens tolle
Filme erhoffe:
Triple Threat, Holmes und Watson, The Lego Movie 2, Happy Deathday 2U,
Nobody’s Fool, Beale Street, mid90s (noch vom letzten Jahresrückblick
übergeblieben), Dumbo, Shazam!, Godzilla 2, Streetdance – Folge deinem Traum (ehemals
Streetdance: Broadway, sollte auch letztes Jahr schon kommen), Once upon a Time
in Hollywood, Joker, Drei Engel für Charlie, The Mule, Ip Man 4, Master Z: Ip
Man Legacy, Das von Andrew Bujalski geschriebene Susi-und-Strolch-Remake,
Jungle Cruise, Hobbs and Shaw, Altar Rock (bestimmt schon zum dritten Mal in
Folge an dieser Stelle erwartet), Kickboxer: Armageddon, Avengement, Moose,
Speed Kills, Doom, Project X-traction, Endless (von Scott Speer) u.v.m.
Und für euch Statistiker da draußen eine kleine Übersicht meinerseits zur Anzahl gesichteter Filme:
Erstsichtungen 2018: 640
Erstsichtungen 2017: 617
Erstsichtungen 2016: 568
Erstsichtungen 2017: 617
Erstsichtungen 2016: 568
Wiederholungssichtungen 2018: 89
Wiederholungssichtungen 2017: 92
Wiederholungssichtungen 2016: 135
Wiederholungssichtungen 2017: 92
Wiederholungssichtungen 2016: 135
Insgesamt 2018: 729
Insgesamt 2017: 709
Insgesamt 2016: 703
Insgesamt 2017: 709
Insgesamt 2016: 703
Bei all den Zahlen möchte ich auch ungern unerwähnt lassen, welche abseits von 2018 entstandenen Filme mir besonders in Erinnerung blieben, vor allem, nachdem wir uns bis vorhin noch mit den Schlimmsten der Schlimmsten abgeben mussten - hier nun die tollste Retrokutsche!
TEENAGERLIEBE (Klaus Lemke, 1975)
DIE SWEETHEARTS (Klaus Lemke, 1977)
IDOLE (Klaus Lemke, 1976)
LAURIN (Robert Sigl, 1989)
WOLF WARRIOR 2 (Wu Jing, 2017)
WOLF WARRIOR 2 (Wu Jing, 2017)
DAS GEHEIMNIS (Rudolf Thome, 1994)
BAHUBALI: THE BEGINNING (S.S. Rajamouli, 2015)
BAAHUBALI 2: THE CONCLUSION (S. S. Rajamouli, 2017)
BACKDRAFT - MÄNNER, DIE DURCHS FEUER GEHEN (Ron Howard, 1991)
DAS SCHWEDENMÄDCHEN ANITA (Torgny Wickman, 1973)
DAS WUNDER (Eckhart Schmidt, 1985)
CASINO UNDERCOVER (Andrew Jay Cohen, 2017)
CASINO UNDERCOVER (Andrew Jay Cohen, 2017)
DER FALL BACHMEIER - KEINE ZEIT FÜR TRÄNEN (Hark Bohm, 1984)
BORN HERO 2 (Liu Chia-Liang, 1988)
PADDINGTON (Paul King, 2014)
DIE WILDEN ENGEL VON HONGKONG (Kuei Chih-Hung, 1976)
KARATE COPS (Leo Fong und George Chung, 1988)
DADDY'S HOME 2 - MEHR VÄTER, MEHR PROBLEME! (Sean Anders, 2017)
TAROT (Rudolf Thome, 1986)
FRAUENARZT DR. BERTRAM (Werner Klingler, 1957)
THE IDENTICAL (Dustin Marcellino, 2014)
BAILEY - EIN FREUND FÜRS LEBEN (Lasse Hallström, 2017)
CHEN SING - DER UNBEZWINGBARE MÖNCH (Ulysses Au-Yeung Jun, 1975)
THE UNDERGROUND BANKER (Bosco Lam, 1994)
IP MAN 3 (Wilson Yip, 2015)
HONGKONG COP - IM NAMEN DER RACHE (David Chung, 1986)
NEW DRAGON GATE INN (Raymond Lee Wai-Man, 1992)
MR. BEAN MACHT FERIEN (Steve Bendelack, 2007)
HEILIGABEND AUF ST. PAULI (Klaus Wildenhahn, 1968)