Liebe Leser,
ich bitte um Entschuldigung für die Verspätung! Der Titel
des Blogeintrags ist heute sehr programmatisch gedacht und umfasst einfach
vieles an der derzeitigen Gefühlslage, die mich heute wieder hierher geführt
hat. Zum einen war es doch mal an der Zeit, die Rekapitulation der inzwischen
zwei (!) letzten Filmabende schriftlich festzuhalten – da liefen also schon mal
15 Filme durch, die sich repräsentiert wissen wollen. Zum anderen habe ich mir
in den letzten Wochen auch eine Menge Filmgut gegönnt, auf das ich schon länger
heiß war oder dauernd von hörte und nun eher durch Zufall Zugang zu hatte (und dann war ich seit März
auch mal wieder im Kino!). Von letzteren ist im Blog eventuell weniger über
geblieben, aber erwähnen möchte ich sie trotzdem. Vorher ist es mir aber
noch sehr wichtig, durchzusagen, dass für mich auch ein besonderer
Nachholbedarf herrschte, euch mit Lesestoff zu versorgen. Ist ja beinahe schon
wieder ein ganzer Monat her seit der letzten Ausgabe und das sollte so
eigentlich nicht geschehen. Die üblichen Ausreden von der regulären Arbeit und
anderweitigen externen Einflüssen hilft euch gewiss wenig über die Runden,
deswegen ist das Angebot der Kompensation in der Fülle all dieser Faktoren vor
allem jetzt eins geworden: Ziemlich dick, mit 12 Filmen in umfangreichen
Abschnitten (abgesehen von den schlechteren Streifen, aber das merkt ihr schon,
hoffentlich ohne Abzug an Qualität wohlgemerkt). Bei der Auswahl der
Filmabend-Streifen hatte ich mir überlegt, diese im Review-Rahmen fair
aufzuteilen – jeweils 4 Beispiele vom jeweiligen Evening habe ich spontan auserwählt,
vom verbliebenen Ensemble seien vor allem aber noch folgende Filme herzlichst
empfohlen (nur im Augenblick irgendwie nicht in meinem Schreibfluss gelangt):
DER FALL BACHMEIER -
KEINE ZEIT FÜR TRÄNEN (Hark Bohm,
1984); SCHICKSALSSPIEL (Bernd Schadewald, 1993); GIB GAS - ICH WILL SPASS (Wolfgang Büld, 1983); THE SOULTANGLER (Pat Bishow, 1987); STEP UP:
MIAMI HEAT (Scott Speer, 2012); MARIHUANA (Dwain Esper, 1936); DREAM
NO EVIL (John Hayes, 1970)
Da auch ein wenig rumexperimentiert wurde, was die
Verpflegung bei den jüngsten Filmabenden angeht, möchte ich noch einige
kulinarische Erfahrungen bezeugen: Ich hatte mir vom örtlichen Asia-Markt
Getränke besorgt, die uns bisher vollig fremd waren. Leider nur zwei Sachen
davon würde ich uneingeschränkt empfehlen: Zum einen den Energydrink Lipovitan-D
Plus und zum anderen Sake als geschmeidigerer, wenn auch etwas
verdächtiger Wodka-Ersatz, jawoll! Mit einigen Einschränkungen hab ich auch den Soja-Drink
der Marke Chin-Chin sowie den kalten Kaffee „Oliang“
aus Thailand ausgetrunken, doch beim Grassgelee-Getränk mit Kokosnuss-Geschmack
(ebenfalls von Chin-Chin) war’s dann doch zu viel des Guten. Noch
schwerer fällt es mir allerdings, folgenden Filmen keinen ordentlichen Text
spendieren zu können, aber ihre hiesige Listung ist eventuell sowas wie meine
persönliche Cannes-Siegerliste:
DER FAN (Eckhart Schmidt, 1982); THE COMMUTER (Jaume Collet-Serra, 2018); PADDINGTON
(Paul King, 2014); LA BOUM - DIE FETE - ELTERN UNERWÜNSCHT
(Claude Pinoteau, 1980); GREASE - SCHMIERE (Randal Kleiser, 1978)
Oha, was blieb nach diesen ganzen Top-Streifen dann noch
alles übrig? Ich hoffe, ich kann euch mit der folgenden Auswahl so oder so
trotzdem zufriedenstellen und freue mich jetzt schon, bevor der heutige
Hauptteil rankommt, auf die nächste Ausgabe an Filmtipps – irgendeiner muss es
ja tun :D
FLITTERWOCHEN (Klaus Lemke, 1980) – Langsam wird es eng bei
uns im Fundus an Cleo-Kretschmer-und-Wolfgang-Fierek-Paarungen. Abseits dessen,
was auf diesem Blog schon besprochen wurde, sind die verbliebenen (Fernseh-)Filme
immer seltener vorzufinden, doch hier lässt sich zumindest nochmal aufatmen,
dass die Zwei immerhin endlich in einer fruchtenden Ehe zusammenfinden.
Zumindest theoretisch, denn mancherorts besitzt der Filmtitel nicht umsonst die
Zusatzzeile „Zitterwochen“ – die Begleitumstände
hierfür macht der Film auf die Schnelle fest, wenn neben der Romantik unter
unseren beiden drolligst naiven Zollbeamten ständig Alltag+Frust in die Bindung
einkehren, bereits im kleinsten Kleinen an die jeweilige Gurgel gehen. Schon
bei der Hochzeitsfeier steigt der Alkoholpegel Wolfgangs in die Höhe, sobald
der Ex der Cleo noch seine Blumen abgibt, sie hingegen im Rausch aller gen
Kohlenkeller rumkrabbeln muss. Ein seltsamer Brauch, der in eine ebenso dustere
Hochzeitsnacht mündet – und dann soll’s am morning
after schon nach Rio in die besagten Wochen gehen. Wie dünn da jeder Geduldsfaden
wird, genauso knapp auch die freien Zimmer im Hotel, auf dass man sich eins mit
dem Reiseleiter teilen muss. Es wird nicht leicht für unser Traumpaar, trotz
der Zauberkulisse im Hintergrund auch nur einmal zum Schmusen zu kommen. Alles
funkt dazwischen und da darf sich der Film gerne von einer gesteigerten Hemmung
in die nächste hangeln, so wie der improvisierte Urlaubszank seine Ventile
sucht, höchst nachvollziehbar auf den Nerven des Gegenübers rumkaut, genauso
wie die schiere Komik des Verlorenseins im Paradies. Und wenn sich dann noch
die fesche Dolly (Dollar) und Guntram Vogel von der Scotia als Touristen aus deutschen Landen zwangsläufig der hart vermissten Kommunikation wegen dazu gesellen, ist das
Chaos an Cockblock und brasilianischem Exzess ringsum perfekt. Im Gegenzug
bedient sich Lemkes Film sehr frei an bodenständigen wie abstrusen (auf jeden
Fall sehr gelingenden) Gags, verlässt sich wie gehabt auf schlichte
Perspektiven mit umso größeren Ausblick. Im Gegenzug wirkt der Spießrutenlauf
von Cleo und Wolfgang, ihre Strapazen mit Dialekt nochmals umso mehr zum Kugeln, liebenswert und ohne Plan – eine Tati-Dynamik erlebnissüchtiger Demut. Kann die Liebe in solch unsteten
Zeiten aber noch Bestand haben? Da muss der Film selber auch erst mal einen
drauf kippen, um zur Einsicht zu gelangen, wie viel Freimut, Eifersucht,
Überwältigung im Großen, Ganzen und Privaten die richtige Mische ergibt. Selbst
dann macht er jedoch Lust auf mehr von dieser Kombo an Filmschaffen – ein
bittersüßer Ausflug!
BORN HERO 2 (Liu Chia-Liang, 1988) – Die 2 im Titel bitte
mal kurz wegdenken, da es sich ja trotz jener Kreation des dt. Verleihs in
Wirklichkeit um „Tiger on Beat“
handelt, gelle? Gut, das ging fix, ich wette, da könnt ihr euch dann auch
gleich genauso flott mit dem Film an sich vertraut machen, oder? Schließlich
ist es eine Actionkomödie aus Hongkong mit den Dreh- und Angelpunkten Chow
Yun-Fat (mit Schirmmütze und Hawaii-Hemden!) und Conan Lee, die sich als Bullen-Buddies
einen tolldreisten Schlagabtausch liefern, wie weit Berufsethos und Energien im
Medium Film an sich auszulegen sind. Eine gehörige Sauerei ist den Genremixern
aus jenen Landen und Zeiten ja immer vorbehalten, doch hier geht das Kurzweil
besonders sympathisch im Pendel
blutig-durchchoreographierter Action und moralisch-grenzenlosem Jux auf.
Jene Extreme lassen sich exemplarisch auf zwei Szenen festlegen: Eine, in der
Yun-Fat mehrere Eier der Potenz (?) wegen ins Glas schmeißt und in einem
Schwung runterkippt; dann wiederum eine andere gen Schluss, in welcher Conan
Lee das Kettensägenduell aus „Texas
Chainsaw Massacre 2“ auf den Mond schießt. Die Verbindungslinie dazu hat
wie so oft mit Drogenschmuggel zu tun – ein Fall fürs Kino wie viele andere
zuvor und danach, weshalb dessen kriminelle Mechanismen eher funktionell
dahinticken, während die geballten Sequenzen drumherum mit unseren Tigers im
jeweiligen Zentrum der Einmischung erst die Bomben platzen lassen. Und da bleibt
einfach alles (auch intensiv spruchreif) in Erinnerung: Die scherbenreiche
Neumöblierung der Aerobic-Buden, Verfolgungsjagden und Geiselnahmen in
Unterhosen (bei denen schon Verhandlungssache ist, wer sich entblättern muss), vollends
misogyne Verhöre und sowieso das stets bipolare Gebären einer Macho-Männerwelt
im kunterbunten 80’s Outfit. „Lethal
Weapon“, Stallones „Cobra“-Irrsinn
und Jackie Chan wären da als geistige Anleitung schnell genannt, doch die
hiesigen Unmengen an Groteske, Melodram und Dynamik² arbeiten nochmal auf einer
wilderen Ebene. Launig, sehr daneben und exzessiv – ich liebe alles daran!
LINIE 1 (Reinhard Hauff, 1988) – Mir war der Ruf von Musical
und Film bisher immer irgendwie entgangen, welcher offenbar von Kult bis Geißel der Schulzeit reicht. Ganz ab
davon muss ich jedenfalls festhalten, dass Reinhard Hauffs Adaption gehörig
konsequent, derbe und innig an die Gosse ran ausgefallen ist – vielleicht sogar
als eine der überspitzt abstoßendsten und ehrlichsten Darstellungen Berliner
Subkulturen überhaupt. Der Vermengung des S-Bahn-Panoramas menschlicher Untiefen
mag als Musical ein Hauch der Romantisierung innewohnen, doch die Haltestellen
gen Sozialkitsch existieren eher im Wunschdenken. Das schroffe Ensemble bietet die
richtige Schnottersprache zum Bodensatz der Existenz, der physische Umgang
untereinander ist ebenso penetrant am Fummeln und Drohen, natürlich auch in der Permanenz
des eigenen Drucks gefangen. Ressentiments und Gruppendenken/-kloppe schüren
sowieso die Abgrenzung ins Asoziale wie Alksüchtige, da bietet man im Gegenzug
umso weniger Fußraum, eher das Durchsetzungsvermögen der Provokation. Dies im
schamlosen Sing-Sang auf Touren zu erleben, bereitet nicht von ungefähr auf
Schlingensief vor, wie die urbane Intensivstation daher rast – jeweils voller Hypokrisie,
Desillusionierung und Abenteuerlust
ins endgültige Entschwinden. Schulschwänzer, Selbstmörder, No-Futuristen,
Kellerkinder, Hobbydetektive, Hascher, Napper und Nazis, Penner,
Schweinepriester und die Normies mit ihrer vorgehaltenen Hand der Doppelmoral:
Hier treiben sie einen alle in die Enge, doch die Sympathien liegen definitiv
gegen das Verklemmte, für den Außenseiter, gegen Fremdenhass und die Übermacht
des Molochs. Gut so, vor allem, da diese Reise von Neuankömmling Sunnie (Inka
Victoria Groetschel) nie so tun will (oder kann), als ob sie irgendwas davon zu überwinden
vermag, so wie alles an sich schon unmöglich
geballt daherkommt. Der Film endet sogar lediglich mit einer kleinen Hoffnung im
großen Scheitern – eine ganz schön schonungslose Supershow, vom im Dreck
spielenden Hauff ins Neonlicht der bombastischen Schmierenkulisse gerückt und
dann doch nicht im Voyeurismus gelandet. Hart und happy halt.
THE AMAZING WIZARD OF PAWS (Bryan Michael Stoller, 2015) –
Von den Machern von „First
Dog” und sogar mit demselben Haustier Little Bear am Start, gibt’s noch einen sehr
merkwürdigen Hundefilm hinterher – und es wird nicht der letzte bleiben! Klingt
wie eine Werbezeile und sollte genauso wahrgenommen werden, denn hier wird ja getippt und bei solchen Abenteuern an zauberhafter Tristesse bestimmt nicht zu
knapp. So abgegriffen Narrativ und Inszenierung auch in sicheren B-Movie-Gefilden
verbleiben wollen, sind die unverhofften Qualitäten des Herrn Stoller wiederum
im Großeinsatz: Darsteller von Jung bis Alt, die zwischen ausgestelltem
Desinteresse und hyperventilierter Depression pendeln; Schnittmuster der
Abwegigkeit aus visueller Leere, spontan-entrücken Reaktionseffekten und
dauergedämpfter Musik; das Nimmerendenwollen eines Nicht-Spannungsbogen angelernter
Magie, der nicht nur einen (!) Bösewicht auszubremsen versucht, sondern auch einen Talentwettbewerb gewinnen und am besten noch den verstorbenen Vater
zurückholen will. Wie wird sich dies auflösen? Das Raten überlasse ich euch,
auf jeden Fall ist die absehbare Kausalkette weniger entscheidend als die
Erwartungshaltung, die der Film von Anfang an mit seinen Widersprüchlichkeiten
der unerfüllbaren, ständig umgeworfenen und doch ersehnten Niedlichkeit schafft.
Ganz bezeichnend dafür ist der Umstand, dass Little Bear als magischer und
Pizza-verrückter Hund nun spricht. Stoller animiert die Sache selbst und man
muss es gesehen (und gehört) haben, um diesen Film Stück für Stück ins Herz zu
schließen – insbesondere, wie frei er mit der allgemeinen Menschenkenntnis
umgeht (siehe den Kurzauftritt von Tiny Lister)
und seine eigenen Supersituationen (siehe alles im Zusammenhang mit dem
Talentwettwerb und dessen Eindruck von der Existenz der Magie) verflachen lässt. Eine Weihnachtsvariante dieser Gruppenleistung ist schon unterwegs!
MARS MEN aka HUO XING REN (Hung Min Chen, 1976) – Mehr aus
der Trickkiste Asiens, ordentlich (optisch) angestaubt und obskur, aber nicht
minder delirierend in geballter Topos-Sause inszeniert. Anhand einer DVD aus
Frankreich unter dem Titel „Les hommes d’une
autre planete“ hat man die Gelegenheit, jenes Sci-Fi-Puppenspiel, welches
sich anhand von Mythologie und Kautschuk-Eskapismus schnell wie oft in den
Sternen wiederfindet, in angemessener Synapsen-Pestilenz einzuverleiben. Einen
besonderen Hinweis hat dabei die englische Synchronisation verdient, die mit
Ach und Krach aus dem Hobbykeller stammt, unter wenigen Leutchen alle Rollen
aufteilt und bei Kinderstimmen sogar den Chipmunk-Effekt
einsetzt, während die Tonqualität sonst vor allem mit Lautstärke, die Sprecher
mit steifem Unvermögen glänzen. Wie viel davon bewusst eingesetzt ist, sei mal
dahingestellt – es ergänzt vor allem einiges an Aberwitz, welcher diesen Film mit
seinen unglaublich aufgeregten wie ausgestreckten Expositionsphasen umhüllt,
nur um diese mit allzu turbulenten Auflösungen jeweils in die nächste
Surrealität der Invasion kippen zu lassen. Böse Aliens vom Mars greifen nämlich an und
ehe man sich mit dem taiwanesischen Hauptpaar angefreundet und miterlebt hat,
wie dieses den Götzen Hanuman zum riesenhaften Lebensretter wiedererweckt,
verbündet sich dieser sodann mit dem Roboter-Pendant aus Japan und nimmt damit über
die Hälfte der verbliebenen Laufzeit ein. Pyrotechnik und Lasermalereien
schießen sodann kreuz und quer durch die Galaxis, am Erdboden kriegen zudem
mehrere Monster Zorres auf die Birne. Nicht, dass den Beteiligten deswegen
öfters die Worte fehlen würden, dafür geht’s dem Zuschauer blendend fassunglos in seiner Konstante
an Verwunderung. Passend dazu empfehlen wir: Lipovitan-D Plus, allerdings aus Thailand.
KANSAS (David Stevens, 1988) – Wer es nicht bis Ende des
Jahres abwarten kann, Matt Dillon beim Abrutsch ins Soziopathische via Lars Von
Trier zuzusehen, dürfte zumindest einen guten Anhaltspunkt in diesem späten Americana-o-drama vorfinden. Zweigleisig
auf den Pfaden des Outlaw-Mythos spazierend, findet man hier eventuell sonst wenig
festen Boden, was in diesem Fall nichts Schlimmes bedeuten soll. Im Panorama
aus Kleinstadt-Ruhelosigkeit und endlosen Maisfeldern finden nämlich Gleich-/Abstand
von Kumpelfeinden Dillon und Andrew McCarthy statt, die als entwurzelte Macker
ziemlich hitzig auseinanderreißen, gleichsam in ihren jeweiligen Einöden ankommen,
dort auf ihre Art mit begrenzten
Chancen auf Tuchfühlung gehen. Regisseur Stevens zeichnet dieses Kansas
trotzdem geradezu widersprüchlich als Leinwandromantik in
Sonnenblumenfarben, die sich nach der Auseinandersetzung sehnt, da latent
homosexuell in Schwüle bis Flammen schwelgt. Dass zudem eine gute Handvoll
Jugendfantasien ausgespielt werden, steht hoffentlich außer Frage, aber der
Reihe nach vorhanden sind: Liebe auf den ersten Blick zum Mädel auf dem Pferd
(Leslie Hope), heimtückischer Einstieg ins fremde Haus inkl. Ausstatten mit
dessen Kleidern, Aushilfsarbeiten auf dem Rummel (siehe auch „Gib Gas – Ich will Spaß“) inkl. Stelldichein
mit der Chefin oder auch eine Spritztour mit dem Truck vom Vadder der umworbenen
Meid, bis man zum zweifachen Helden erklärt wird. Dazu gesellen sich aber noch
Geschichten um Gouverneure, Autounfälle, Banküberfälle, unschlüssige
Journalisten und versteckte Kohlen, auch eine üble Vergangenheit um Antiheld
Dillon und so gut wie gar keine um Sonnyboy McCarthy. Ein seltsames Potpourri an
Wurzeln und Verästelungen, das hier durch die Lande streift und stets voll
Übergriffigkeit schwärmt, mehr als vagen Zielen (Geld, Ehre, Liebe?) zu ahnden. Klar, dass Dillon dann auch mal einem Girl voll patzig erklärt, was er von ihr nicht hören will, obwohl wir von ihr zuvor nix gehört haben.
Die USA, so wirr und unbedingt heimelig, wie man sie sonst vielleicht nur in „Dirty Tiger“ erlebt.
RAMPAGE - BIG MEETS BIGGER (Brad Peyton, 2018) – Nach dem
hochemotionalen Aufstieg aus Ruinen namens „San
Andreas”, den Regisseur Peyton und Dwayne The Rock Johnson schon zur tollen Familienkittung anwenden konnten,
bleibt ein guter Anteil dessen auch in der Videospieladaption um ein Städte
demolierendes Riesenmonstertrio über. Die Bindung zwischen dem Rock und
Albino-Gorilla George ergibt da schon früh ein Quell an Freude und Pathos, der
fortan auf die Probe gestellt wird, wenn Malin Akerman als Bösewichtin mit
Gespür fürs Cartoon-Theatralische (Peytons Weltbild seit eh und je) skrupellose
Gentechnik betreibt, Söldner und Sonarsatelliten vorschickt. Mit jener Plotte
nimmt es der Film mal sehr und mal gar nicht ernst, ist aber trotzdem selten in
Erklärungsnot, seinen Ansporn an Spaß und Spannung auf den Zuschauer zu
übertragen. Man trägt das Absurde mit Fassung und bewegt sich sicher im Genre-Rahmen,
dass sich die Action per Wow-Effekt steigert und die gottseidank spärlich
eingesetzte Komik eher aus der Ehrfurcht der jeweiligen Größen/Rollen und nicht bloß aus den ach so beliebten „Echt-jetzt?“-Phrasen
ergibt. Selbst Jeffrey Dean Morgan als verschmitzter Cowboy kann da einiges an Charisma ausschütten, während er genauso
selbstverständlich ins Prozedere eingepflanzt scheint (und zufällig überall auftaucht) wie die meisten hiesigen
Topoi - vom Flugzeugabsturz über Militär-Kurzschlussentscheidungen bis hin zum
Wolkenkratzerinferno. Das Leinwandspektakel weiß sich genau richtig zu stapeln,
so dass die ollsten Kamellen an Wendungen schon einer Katharsis gleich kommen à
la „Ich hoffe (und weiß), dass das gleich
passiert.“. Die Sommerfilmstimmung buhlt sodann um Zerstörungsschauwerte und
immer heftigeren Fähigkeiten von Tier wie Rock, demnach hat der Kern der
Dringlichkeit aus „San-Andreas“-Tagen
hier eben etwas abgenommen (und ist auch hinsichtlich Naomie Harris etwas zu
kurz gedacht), obgleich das Spiel mit dem vermeintlichen wie reellen
Leinwandtod erneut an entsprechenden Stellen tiefer als erwartet atmen lässt.
Ein angenehmes Präludium zum nächsten „Jurassic
World“ scheint’s allemal zu sein.
GEOSTORM (Dean Devlin, 2017) – Wenn man mal einen Tag
erwischt, an dem der filmische Anspruch recht niedrig eingepegelt ist, können
einen die Weltuntergangsvisionen eines Dean Devlin noch immer einigermaßen
catchen, obgleich er sich hier grenzdreist etlicher Quellen bedient, den Katastrophenfilm-Baukasten
nochmals abendfüllend trivial auszubreiten. Zwischen dem Space-Melodram à la
Gravity/Armageddon und der kontinentalen Verwüstung, die jeweils einen vom Desaster Verfolgten zur Rettung begleitet (und Tausende mit einem Schlag killt),
macht das Ensemble eben zentral noch einiges an identifikationsstiftendem Boden
gut: Ein Brüderzwist um Jim Sturgess und Gerald Butler (wieder als der beste
der Besten) sehnt sich insgeheim ständig nach Versöhnung, kommt im passiv-aggressiven Konkurrenzdenken aber immer näher an die Lösung aller Menschen Leben. Beide
spielen sich zudem fortwährend Verschwörungstheorien zu, wer für die
Fehlfunktion der weltweit verkomplizierten Klimakontrollstation im All verantwortlich
ist – und da sind vielerlei verdächtige wie unverdächtige
Kandidaten unterwegs, im globalen Abenteuer mit Klischees en masse ausgestattet
(siehe Alexandra Maria Lara als die Deutsche, Ute
Fassbinder!). Die Lösung dieses Whodunits
macht sich wie abermals aufgegeilt ins Hemd, wie auch die Melange aus
Action, schlagfertigen Sprüchen, Ro-/Bromance und Pseudo-Technobabble schier
nach Prinzip aus Überzeugung (und gehörig Deus Ex Machina) zu handeln scheint. Im Vergleich zur „Independence
Day“-Wiederkehr herrscht aber zumindest keine volle Gleichgültigkeit, die
Blockbuster-Muster von vor 20 Jahren zu wiederholen, so dass sie in
ihrer Menge an CGI-Schauwerten zwar angepasst werden, Rollenmodelle aber
dieselben Aufbau-Etappen mitnehmen, selbst wenn sie mit Andy Garcia als
Präsidenten und Ed Harris als dessen Berater nicht typischer ausfallen könnten.
Jene seltene Ecke an Aufrichtigkeit, kurz vorm Tele-5-Ironiegewitter, ist tatsächlich etwas kostbar geworden und wenn schon nicht originell, dann hier wenigstens noch auf eine
stimmige Euphorie im Sieg des Menschen gegen seine Natur eingestellt.
BIBO'S MÄNNER (Klaus Lemke, 1986) – Etwas neben dem
regulären Kanon an Lemke-Filmen firmiert diese Sam-Waynberg-Produktion, die den
bewährten Schwabinger Humor jenes Regisseurs in der Mitte der 80er zu orten
versucht. Die neue Generation des Anpflaumens startet allerdings mit
Protagonisten bedingter Anziehungskraft,
wenn man so will. Tanja Moravsky, Nikolas Vogel, Dominic Raacke und der Rest an
Provinz-Damen wie Münchener Kerlen sind in ihrer Pomeranz weniger von
herzlicher Naivität als von sprunghaftem Temperament geprägt, verlieren sich
daher öfter in sehr lockeren und gleichsam intensiven Beziehungen, wie dann
auch der Film an sich agiert: Abhängend wie abgehangen im Zeitgeist. Leicht
sperrig, diese Sommerlaunen, aber gewiss nicht mundfaul voll Konfrontationsbock
- so sehr, dass die Synchro im Vorbeigehen stets mehr beleidigte Leberwürste aus
den Leuten macht, aber gerade da mangelndes Vertrauen in den Film offenbart. Tempo
und Pointe bleiben daher eher kleinen
(uneingeweihten?) Rollen, Gesten, Klamotten und Situationskomiken vorbehalten,
während die feschen Teens wie eh und je ihre Möglichkeiten der Eifersucht austesten, anlernen und mit
Gegensätzen anziehen. Der Zuschauer findet in dem Hin und Her leider bedingt
Stichhaltiges vor, einen neuen Satz
zur Herzensangelegenheit mitzumachen – gut also, dass jene Beziehungsposse nicht
zu dolle für sich selbst aus allen Wolken fällt, nach unter 80 Minuten fertig
in die Turbulenz d‘amour gaga aufgestiegen
ist.
READY PLAYER ONE (Steven Spielberg, 2018) – Wo man den
Eskapismus wüten lässt, muss es zwangsläufig auch mal eine empathische Dockingstation
geben, doch in diesem digitalen Wunderland binnen einer Virtual-Reality-Dystopie hat es selbst ein Spielberg
schwer, vom Polierten weg das Herzstück rauszukramen. Seine Führung zieht
stattdessen höchst unpersönlich durch, die I-Love-the-80’s-Hobbynerds
(aka Fans vom saulahmen Buckaroo Banzai) mit Eindrücken aus zig
IPs im Strom zu halten, während der Junge (Tye Sheridan) auf der Jagd nach dem Schatz das
Mädel (Olivia Cooke) trifft und die Welt vor dem Bösen rettet, Realität als einzig real
erklärt und den Online-Kasten daher für jeweils 2 Tage in der Woche (!) dicht
macht. Nichts gegen jene Essenz von Heldensage, wenn man diese abseits des
Grundgerüsts anfüttern würde. Bei hiesigen Stereotypen kommt allerdings relativ
nix neben der Markenidentität hinzu – schlicht grelle Gesellen in funktioneller
Perfektion, die selbst mit Muttermal im Gesicht natürlich noch vor Schönheit
strotzen. In jener denkfaul positiven Haltung ist der Widerspruch von
Kommerzfreundlichkeit und Anti-Großkapitalisten-Adventure natürlich umso stimmiger
im emotionalen Nirwana unterwegs - ebenso bleibt der technische Esprit auf
Vordermann, also wie viele Renderfarmen in Sekundenschnelle verpulvert werden
können. Und das ist zusehends anstrengender anzuschauen, so wie sich die
Derivate im Pre-Viz-Mantra türmen. Eben
ein Kinderfilm/Mini-Minority-Report äußerst flacher Spannungsebenen, als 3D-Tornado der Nostalgie
verschachtelt und selbst dann nur bedingt spaßig (4mal „Echt-jetzt?“ inkl., aber auch mit einigen besseren, visuellen Witzen).
SOULMAN (Steve Miner, 1986) – C. Thomas Howell gibt die
College-Nudel und der Film dazu nimmt ebenfalls die gewohnten dramaturgischen
Mühlen der Bildung ins Visier, vom Schlendrian zum Musterschüler – mit dem
kleinen, aber feinen Unterschied, dass sich jener via Blackface ins Stipendium wieselt und somit die ganze Palette an rassistischen
Vorurteilen wie Klischees vom afroamerikanischen Mitbürger durchlebt. Check your privilege, sagt die
moralische Note, konsequent stellt sich das aber noch lange nicht dar. Es
bietet sich eher die zu erwartende Klamotte voller Notlügen, Missverständnisse und unverhoffter Ironie an, deren Lektion
genauso gut einem Genrevertreter vom Schlage Body/Gender-Swap gleichen könnte. Der
Mut (auch zur bissigen Satire hin) hält sich also in Grenzen, macht zudem noch
Platz fürs aufrichtige Pauken in filmischer Gleichgültigkeit. Eine schnarchende
Peinlichkeit, gäbe es nicht noch:
BODY OF EVIDENCE (Uli Edel, 1993) – Der Film mit der sexy Wachs-Szene,
soweit dürfte ungefähr die kollektive Erinnerung zurückreichen. Was hier jedoch
zusätzlich zum mühsam skandalösen
Techtelmechtel zwischen Madonna und Willem Dafoe in die Sabbelschmelze getunkt wird,
ist ein Gros an Langeweile, das sich zunächst anhand laxester
Etablierungsüberholspur jedem Thrill verweigert, seine mickrigen
Femme-Fatale-Verführungsskills sodann im ultrapedantischen Gerichtssaalkrimi einlöst.
Zig stumpfe Wenden zur Waffe Frau darin
ergeben kaum mehr als eine Handvoll müde Lacher, Uli Edel selbst nutzt die Gelegenheit daher
lieber für die Lichtgestaltung/Puffbeleuchtung.
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