Sonntag, 10. November 2013

Tipps vom 04.11. - 10.11.2013



THE WRESTLER - Natürlich liebe ich den gutmütig-verbrauchten Giganten 'RAM', erst recht, da er 'BEYOND THE MAT' geht, wie es wohl jedem auf-/selbstopfernden Showmann mal geht (natürlich, wie man sieht, sogar Mickey Rourke selbst), auch seiner Seelenverwandten, der ebenso beinahe abgeschriebenen Stripperin Pam/Cassidy. Aronofsky geht mit ihnen so greifbar wie möglich auf Tuchfühlung, findet seinen emotionalen Realismus im grobkörnig-verknarzten 16mm-Format und stets folgender Handkamera.

Die tief innewohnende Tragik seiner Figuren, sowie deren Angst vor / Sehnsucht nach der Liebe trägt er aber auch nie überbordernd-dramatisiert vor sich her, schließlich bemühen diese sich als Showleute ja gründlich genug darum, sie zu verstecken, obwohl sie die feuchten Augen nur schwer aufhalten können, man als Zuschauer dabei jede einzelne Pore des Schmerzes nachvollziehen und im Nachhinein umso befreiter mit ihnen lachen kann - ein Kino der Bilder und Menschen, wie es im Buche steht.

Und auch ein Kino der energischen Wiedergutmachung, dem Drang zum glorreichen Aufbruch und zur herzlichen Anerkennung, ob vom Publikum oder vom am nächsten stehenden Mitmenschen. Never too old to root for the underdog...


 

HOW TO SURVIVE A PLAGUE - Nichts, was ich schreibe, könnte dem gerecht werden, was die Menschen in dieser Dokumentation, über den Kampf gegen AIDS und für den Drang nach Medikamenten & Heilmitteln, an Eigeninitiative gezeigt und zahlreiche, ignorante Hürden gemeistert haben. Ein kraftvolles, chronologisch-bestürzendes & inspirierendes Testament für die unsterbliche Kraft des humanistischen Geistes. 'ACT UP'.




SUNSHINE - 'Life in space is impossible.' Zwischen Ridley Scott's ALIEN und dem diesjährigen GRAVITY haben sich schon viele Filme diesem finsteren Umstand eindringlich genähert, ließen einen konzentrierten, konfliktreichen Nukleus an moralisch abwägenden Charakteren (sprich: Menschen) um Verantwortung, Angstbezwingung und Aufopferung im Angesicht des unbarmherzigen Kosmos-Vakuum kämpfen.

Danny Boyle's SUNSHINE stellt da keine Ausnahme dar und folgt zusammen mit Drehbuchschreiber Alex Garland nochmal gekonnt jene Genrepfade - nimmt dabei leider auch irgendwann ein Alien-artiges Monster in Kauf, welches stellvertretend für die Gnadenlosigkeit der Natur (oder jenem extraterristischen Äquivalent) unseren Astronauten das Leben noch schwerer macht, als es eigentlich schon ist.

 
Im Grunde wären die bloßen zwischenmenschlichen Konflikte im Ringen mit der Gefahr von aussen und innen genug Stoff, um den Narrativ streng packend voranzutreiben - aber zumindest bringt das 'Monster' dann doch offenbar einige abstrakte, übernatürlich-sinnesverzerrende Kräfte mit sich, die u.a. den Schicksals-unabdinglichen Payload in einen endlos-pechschwarzen Tunnel der Orientierungslosigkeit verwandeln (wie das Weltall selbt).

Und hier wird, wie im Gesamteindruck des Films deutlich, womit Boyle dem Zuschauer die atemlos-erdrückende Dimensionen des furchteinflößenden Weltenraums und der brodelnden Sonnenkraft spürbar nahebringt: die stark-ausgeprägte, audiovisuelle Emotionalisierung des Himmelfahrtskommandos, die in ihrer katharsischen Rauschkraft nur von wenigen Filmemachern derartig stimmig erreicht werden kann.


Ob man das nun als esoterischen Kitsch und Überdramatisierung sehen will, bleibt jedem selbst überlassen. Mir persönlich stiegen im stetigen Aufbau die kribbelnden, herzlichen Elementarteilchen der angespannten Nachempfindung ins Mark. Tolle Sache, wie die Wissenschaft des menschlichen Körpers, je nach Empfindsamkeit (und Sonnenschutzfaktor?) mit überdimensionalen und dramaturgisch überwältigend-konstruierten Science-Fiction-Stoffen korrespondieren kann!




DER LETZTE MOHIKANER - Ein überwältigendes, uramerikanisches Epos der Loyalität und Identitätssuche im Angesicht der Kolonialkriege - England gegen Frankreich auf amerikanischen Boden, beide im Kampf um die neue Heimat, zudem jeweils im Clinch mit den Statuten ihrer Länder und beide verbunden mit den Ureinwohnern Amerikas. Auf die Seite Englands schlagen sich die Mohikaner, auf die Seite Frankreichs die Huronen.

Im Mittelpunkt beider Parteien stehen Adoptivsöhne - Hawkeye/Nathaniel Poe (Daniel Day-Lewis), der sich mit den Engländern zusammenschließt und für immer in die Tochter des Colonels Munro, Cora (Madeline Stowe), verliebt und auf der französischen Seite Magua (Wes Studi), der nach blutiger Rache für seinen von den Engländern geschlachteten Stamm sinnt. Zwischen ihnen entscheidet sich im metaphorischen Sinne die Zukunft/Vergebung der neu formierten Nation und die unvermeidliche, opferreiche Adaption an diese. Frieden und Vernichtung stehen sich gegenüber.

Michael Mann schenkt dieser recht romantisierten, aber auch kompromisslosen Verfilmung des gleichnamigen Romans von James Fenimore Cooper nicht nur seine absolute, behutsame Hingabe in Sachen Bild- und Tongestaltung, sondern auch emotionaler Nachvollziehbarkeit sowie naturalistischer Härte. Ehre und Nobilität werden da natürlich zu den erhebenden Hauptcharakteristika des Gesamteindrucks, zusammen mit dem durchgehenden Titelthema des Scores.

Doch so wie uns dieses Thema begleitet, wie die Charaktere auf ihrer Odyssee, so finden auch wir uns zum Schluss unausweislich in der letzten, großen Entscheidung und erleben in ihrer vollen Konzentration die Bitterkeit der gesamten Reise nochmals in uns - besiegen diese mit einer derartig aufstrebenden Befreiung, dass auch der letzte von uns Zuschauern mit dem letzten Mohikaner und Hawkeye geeint ist. Identität: gefunden.




BEFORE THE DEVIL KNOWS YOU'RE DEAD -  Riskante und moralisch-ambivalente Entscheidungen zweier problembehafteter, einen-Weg-aus-der-Misere-suchender Brüder, welche sich selbst und ihre ganze Familie gegeneinander reiben - in einem durchweg finster-bitteren Drama mit methodischen Thriller-Elementen, welches in einem komplexen Wust an sich gegenseitig ergänzenden Rückblenden (im Vergleich zum schleppenden Prozedere des Films mit etwas zu energiegeladenen Übergängen) durchexerziert wird. Verantwortung, Vertrauen, Schuld, Betrug und Selbstbetrug gehen dabei Hand in Hand im fortwährend gen Abgrund fallenden Spannungsbogen des persönlichen Verlusts und des vermeintlichen, immer wieder zusammenbrechenden Wiederaufbaus.

Hinzu gesellt sich der Zwist zur Erwartungshaltung des Vaters beider Brüder, der ihnen im Gesamtverlauf ihrer beider Leben als omnipräsenter Schatten der Enttäuschung im Rücken steht. Schließlich findet dieser aus dem Nichts einen erschlagenden Beweis für ihre Schuld und lauert seinen Söhnen auf, die sogar schon unabhängig von seiner Präsenz oder dem Wissen um seinen heiklen Informationsstand besprechen, wie sie 'ihn' (bzw. das Karma im Angesicht ihrer verhängnisvollen Handlungen) zufriedenstellen, ihren Plan zu einem endgültigen, möglichst schnell umsetzbaren Ende verhelfen können - welches dennoch wie alles Vorherige nur im brachialen Chaos abebbt. Die Brüder entkommen dabei zunächst einer Strafe durch das Gesetz, doch der Vater spricht das ultimative Urteil gegen den Drahtzieher unter den Beiden, wandert sodann als komplett zerstörter Klotz ins heilig-leuchtende, katharsische und dennoch aussichtslos-verschwommene Tal - es bleibt offen, ob er seinem anderen, eher unschuldigeren & verführten Sohn eine ähnliche Strafe zukommen oder Vergebung walten lässt.

Im Gesamteindruck muss ich leider bemängeln, dass der Film in seiner Rückblendenstruktur nicht immer stimmig oder zielstrebig aufgebaut wirkt, den Zuschauer damit eher in eine beliebige Crime-Mystery-Haltung einführt, die nicht so recht mit den tief-eindringlichen Schicksalsschlägen der handelnden Figuren harmoniert, manchmal diese fast sogar trivialisiert [Warum z.B. die Ereignisse und Lebensbedingungen, die zu den Handlungen jener Protagonisten führten, im Nachhinein nochmal rückblickend darstellen, wenn sich diese Bedingungen im weiteren Verlauf nicht nur selbst erklären, sondern sich zudem noch nicht einmal zum Guten wenden, sogar beständig schlimmer werden?]. Ist mir persönlich etwas zuviel Puffer und lenkt doch manchmal ein bisschen vom dramatischen Hauptstrang ab.

Nichtsdestotrotz ist der scheußlich-unterkühlte und anspannungsreiche Pfad der sich immer tiefer ins Grab schaufelnden Brüder eine recht packende, erdrückende sowie höchst intensiv dargestellte Erfahrung (allen voran Philip Seymour Hoffman lässt seinen Kopf in demütiger, trübroter und schuldbewusst-wütender Scham auflaufen), die leider zum letzten Mal bewies, dass Sidney Lumet ein Meister seines dramaturgisch-inszenatorischen Fachs war.




THE FOUNTAIN - Die 3 Dimensionen der Heilung, des aufopferungsvollen Schmerzes auf den Weg dorthin (dürfte Hugh 'Wolverine' Jackman nur allzu bekannt sein) und der göttlich-gnädigen 'Wiederauferstehung' in der selig-metaphysischen Bezwingung der Krankheit Tod - schnörkellos-direkt (frei von jeder Suggestion, denn in anderen Filmen würde 1 Dimension schon als Narrativ reichen, die anderen 2 würden diesen höchstens als unausgespielte Metaebenen unterstützen), esoterisch-religiös gefärbt und in visionären, warmen Bilderfluten eingefangen.

THE FOUNTAIN trägt sein Anliegen mit voller Hingabe an den Zuschauer heran, gibt den Weg zu seiner Lösung und seiner Gefühle ohne Umstände und Interpretationsanstrengung frei. In dem Sinne ist er natürlich ein Stück simplistisch geprägt und macht mit seiner erhaben-behutsamen Bildgestaltung hauptsächlich ordentlich Luft für eine sphärische, sentimentale Gesamtfassung.

 
Da er allerdings nur in diesem Modus arbeitet, war es teilweise schwierig für mich, die dramatischen Höhen auch eindringlich nachzuempfinden, geschehen sie doch sowieso alle in einem kosmisch-zirkulären Gefüge des 'ewigen Lebens'. Aber das ist ja auch die beruhigende Aussage des Films: Leben und Tod liegen im Endeffekt harmonisch beieinander, Liebe und Seelen sind unsterblich und das Universum hilft uns dabei, ihm helfen zu wollen - Kharma, baby!

P.S.: Vieles an THE FOUNTAIN erinnerte mich an das Videospiel ETERNAL DARKNESS: SANITY'S REQUIEM von 2002 - empfehle ich jeden, mal anzuspielen, auch wenn dieselbe interdimensionale Reise in die Hölle und nicht in den Himmel, wie in Aronofsky's Werk, führt.




COLLATERAL - Auf geht's, kopfüber in die Nacht - vollkommen leichtfüßig-abgebrüht und verträumt (in das Bild vom Zufluchtsort der Insel und dem Meer, einem Lieblingsmotiv Mann's) kurvt Jamie Foxx als ganz otto-normaler L.A. Taxifahrer durch das urbane Neon-Paradies, als plötzlich ein adrett-gekleideter, mysteriöser Mann auf seiner Rückbank Platz und ihn fortwährend, zunächst mit Geld, dann mit Furcht und Waffengewalt, in Beschlag nimmt. Der entpuppt sich zudem als Auftragskiller, der von ihm durch die Gegend, von einer Zielperson zur nächsten, kutschiert werden will - eine erzwungene, aber zweckmäßige Symbiose, die unseren Cab-Man aber immer tiefer ins moralische Verderben reitet, so dass er bis zum Ende des Films kaum mehr das Morgengrauen erblicken kann.

Regisseur Michael Mann nutzte diesen hart-rastlosen Abstieg seines unschuldigen, permanent-herausgeforderten und schlussendlich gehetzt-konfrontativen Taxi-Drivers in die hinterlistige Nacht, um erstmals hauptsächlich mit der CineAlta so nah, roh und ungekünstelt in ihr umherzuwandern, einen bis dato im Kino unversuchten Grad an Naturalismus zu versuchen - welcher zwar als digitale Videoaufzeichnung bewusst befremdlich im Filmformat auffällt, aber dennoch einigen schnörkellosen Handheld-Grit vermitteln kann (lediglich der Soundtrack erscheint in der Hinsicht wohl teilweise overstated).

Er betrat mit diesem Film zwar technisches Neuland im Sinne der Kameraarbeit, passte aber nicht nur seinen alten, bewährten Modus der stilisierten Crime-Action daran an, sondern ließ u.a. auch seinen Protagonisten aus MANHUNTER, Profiler Will Graham, aus den dunklen Tiefen der amerikanischen Psyche, nochmals auferstehen. Nicht etwa, indem er einfach William Petersen wieder vor die Linse schleift, oh nein. Stattdessen verteilt er dessen Charakteristika auf 2 ebenso manische Figuren in COLLATERAL: der investigative, gerechtere Part des Graham taucht in Mark Ruffalo's adleräugigen Detective Fanning auf, der dem noch unbekannten Killer triebsam auf der Spur ist.

Die traumatisierte, melancholische Grauhaarigkeit des präzisen und vorausschauend-berechnenden Graham findet sich hingegen in Cruise's (recht ähnlich wie Petersen aussehenden) Charakter des rücksichtslos-kalten und dennoch durchweg menschlichen Auftragskillers Vincent wieder. Als ob Graham Jahre später nach seinem FBI-Einsatz und der damit verbundenen, ständigen Konfrontation mit Serienkillern und allerlei, endgültig in deren Welt einstieg - auch wenn er nach den Morden teils noch immer wie entgeistert auf die toten Körper seiner Opfer starrt, einschlägig-'telepathisch' nachvollziehen kann, was er ihnen angetan hat, 'antun musste', wie im Showdown von MANHUNTER.

Natürlich wurde er im Sinne dieser Geschichte zum Antagonisten umfunktioniert, der seinem blutigen Ziel für die Nacht wie ein einsamer, hungriger Wolf/Kojoten (einen Artgenossen sieht er zudem in den Straßen L.A.'s wild herumlaufen) rabiat folgt, am Ende damit aber auch eine recht tragische Figur darstellt, sobald er seinen abgestumpften, ziellos hetzenden Modus operandi endgültig aufgibt und mit der in den Horizont schlengelnden U-Bahn für immer in die unendlich erscheinende Nacht entschwindet. Mit dem Kopf nach unten gesenkt hinein in das Vergessen, ins Ende der Existenz, hinter ihm ein Pfad der materiellen und psychischen Zerstörung. Bitter!




THE LONG HAIR OF DEATH aka I LUNGHI CAPELLI DELLA MORTE - Ein gothisches Schauerstück aus der Zeit der Hexenverbrennung, welche den Hass der angeblichen Hexenfamilie Rochefort gegen die skrupellose Baronenfamilie Von Humboldt aufbringt. Barbara Steele als sorgsame Tochter Helen Rochefort will anfangs die Verbrennung ihrer unschuldigen Mutter verhindern, appelliert sodann beim Baron mit erzwungenem Körpereinsantz um deren Freilassung, die ihr letztendlich versagt bleibt. Am brennenden Pfahl belegt die Frau Mutter den adligen Stamm der selbsternannten Retter des Christentums mit einem ewigwährenden Fluch, wonach sich ihre kalte Asche mit dem allumfassenden Schwarz der Nacht verbündet. Vor steigender, abergläuberischer Angst schmeißt der Baron deren Tochter Helen dann sogar einen Wasserfall hinunter.


Jahre später heiratet sein chauvinistischer und selbstherrlicher Sohn Kurt die Schwester Helen's, Elizabeth, und durch die immer brutaleren Zustände gegen das Volk in dessen Reich beschwören sie eines Nachts die stürmischen Geister der Rache herauf, die Helen wieder zum Leben erwecken und sie als unerkannte Verführerin Marie in die Humboldt'sche Burg geleiten. Kurt verfällt ihrer Aura und vernachlässigt Elizabeth, konspiriert auch einen scheinbar gelungenen Giftmord an ihr, doch die Geister setzen zur ultimativen Strafe an und versetzen ihn in ein finsteres Labyrinth der perfiden Illusionen und übernatürlichen, tödlichen Machtspiele.

 
Margheriti liefert eine wahrlich stimmungsvolle Gruselmär in tief-kontrastreichem Schwarz-Weiß, welches innerhalb verbrauchter Burgmauern und flirrender Orgeln seinen delirischen Abstieg in den Wahnsinn findet. Die verengenden, höllischen Katakomben, welche in ihrer Architektur beschwörend fotografiert werden, konzentrieren die brutalen Intrigen Kurt's in eine treibend-hypnotische und erdrückende Schuldzuweisung alà Edgar Allan Poe. Diese Rache der Frauen ertränkt ihn und sein Gewissen in eine scheinbar unendliche Nacht der Verwirrung und rastlos-verfolgenden Offenbarungen, endet in einem schrill-grausamen Inferno, wie jenes, dass er einst über die Mutter der Rocheforts hineingebracht hat.


Wunderschön morbid-erotische und kompromisslos ummantelnd-schattenwerfende Euro-Gothika mit überwältigendem, unheilvoll-verätzenden Spukschloss-Charme. In Deutschland leider unveröffentlicht, in Italien als RARO VIDEO-DVD mit englischer und italienischer Tonspur erschienen.



DAS GEISTERGESICHT DER ROTEN DSCHUNKE - Gesichtet im Rahmen der BIZARRE CINEMA-Reihe des Metropolis Kino Hamburg, von einer schön verätzten, rotstichigen 16mm (?)-Kopie.

Vor ACT OF KILLING, LADY TERMINATOR, THE STABILIZER und MYSTICS IN BALI gab es aus dem Filmland Indonesien diese Koproduktion mit Hongkong - eine abstruse Martial-Arts-Odyssee im 'klassischen' Shawscope-Format - nur weit kostengünstiger - welche der gängigen Inszenierungsformel des HK-Eastern/Wuxias folgt (ZOOM - ZOOM - ZOOM), wieder mal Morricone-Musik aus 'SPIEL MIR...' und 'TODESMELODIE' plündert, hier allerdings mit der bizarren Folklore Indonesiens verknüpft.


So sehen wir schon in den ersten Sekunden unseren mythischen Helden 'GHOSTLY FACE', ein Mensch mit grotesker Horrormaske, herumreiten, der sich sodann in einige abstrus-akrobatische Gefechte verwickelt (welche mit klar durchschaubaren, dusseligen Wirework ausgeführt werden). Um seine Person herum entstehen Komplotte, Legenden und Racheschwüre - unter dem stets klaren Tageslicht-Himmel der Palmen und Jahrhunderte-alten Bauten von Bali. Strukturell macht der Film einige eigensinnige Entwicklungen durch - so nimmt eine heroische Rückblende unseres GHOSTLY FACE fast den gesamten Mittelteil ein, welcher sodann die dramatische Dimension des gesamten Geschehens recht effektiv-eindrücklich vermittelt. Hat Tarantino hier Notiz genommen? Und im Finale geschehen vor dem brutalen Showdown einige sehr schöne, merkwürdige Ausdruckstänze mit stilisierten Tierfiguren und sich-bewusst-selbst-verletzenden Schwertkämpfern. Wie im Rest des Films sprießt die Kultur Indonesiens hier aus jeder Pore.


So kommt es dann auch, dass neben den aberwitzigen Kampfchoreographien auch einige recht grotesk-plakative Splattermomente in das Geschehen reingestreut werden, die allerdings in ihrer plastischen Zweckmäßigkeit herrlich naiv aufs Zwerchfell schlagen, wie auch die verhonkte deutsche Synchro aus München (von Schier?) mit ihren hyperhölzernen Silbendreschereien. Und obwohl dadurch natürlich der Unterhaltungsfaktor besonders ins Auge sticht, möchte ich die exotisch-schwüle Aura des Films nicht unerwähnt lassen, welche eine spirituelle & psychotronische Metaebene suggeriert, die einem beständig Lust darauf macht, weiter in der Umgebung, der Geschichte und ihrer Mythologie herumzuforschen - wenn auch die Filmrisse unserer Fassung einige Orientierungs-raubende Sprünge durch die Augäpfel jagten.


War auf jeden Fall eine schöne und einmalige Erfahrung, so eine gewitzte Obskurität auf der Leinwand zu erleben, in Deutschland gibt es den Film aber auch zudem auf DVD und VHS, wenn auch offenbar gekürzt (was für jene Fassung im Metropolis auch gilt, schließlich weiß ich noch immer nicht, was mit dem macht-habenden Drahtzieher hinter dem Oberbösewicht zum Schluss hin passiert ist).




KING OF NEW YORK - Abel Ferrara hüllt seine nihilistische Gangster-Saga ins kühle, verkeimte Blau der Nacht, krönt Christopher Walken darin zum König von New York, welcher das Fundament der Herrschaft mit dem Samen des Verbrechens paart und mit Gewalt für 'geordnete' Verhältnisse sorgen will - geradezu mittelalterliche Zustände, denn auch Verrat in den eigenen Reihen bringt den Tod mit sich.

Auf der anderen Seite die Polizei, machtlos und manisch im Kampf gegen seine neue Weltordnung. Lassen sich blind vor Wut sodann dazu hinreißen, vollends mit ebenso rabiater Gewalt zurückzuschlagen; das Schlachtfeld ist eröffnet; diese Verkommenheit beider Seiten wird wütend von der Sintflut ertränkt, welche nur schwer das strömende Blut aller davonwischen kann.

Eine klassische, laute Moralentwertung durch den Mobster-Ethos, ummantelt vom Rap der Straße und transportiert in die dreckigen Heroin-Buroughs von NYC, wo zwischen Schwarzen, Iren, Latinos, Asiaten und Italo-Amerikanern nur Kugeln zur Vermittlung angesetzt werden können. Immer stetig, auch mit Handheld-Cam, hinunter in den Morast. Konsequent und ohne Zwischenstop: Gute Ware, netter Genrestoff.




THE IDES OF MARCH - Was entscheidet Wahlen wohl beinahe mehr als alles andere? Charme. Nicht nur in den USA, wo der Befreier-Charme von Obama den Sieg im Handumdrehen entschieden hatte, sondern auch im Rest der Welt (in Deutschlad wählen wir dennoch immer die griesgrämißten Anzüge in den Bundestag).

Und Charme ist auch hier die Wurzel des Narrativs, welcher von niemand geringeren als Playboy-Charmebolzen George Clooney im Regiestuhl 100%-ig stilsicher angeführt wird, der nicht nur sich selbst als volksnahen und weltmännischen Präsidentschaftskandidaten inszeniert, sondern auch noch Handsome-Boy Ryan Gosling als Protagonist an seine Seite stellt, der seine Ideale mit dessem Charme in seliger, rechtschaffener Einigkeit sieht. Als sich das ebenfalls charmante Mädel Evan Rachel Wood mit ihm kurzschließt (was sie schon länger vorhatte, denn 'beautiful people like to fuck each other') offenbart sich allerdings, dass hinter dem Clooney-Charme eine verhängnisvoll-perfide Seite steckt (ein gerissener Augenzwinker vom Regisseur ans eigene Image) und bewährte, vermeintliche Freundschaften sich als oberflächliche, erpresserische Machtspiele entlarven.

Wieder mal: 'Beautiful people like to fuck each other'...

Und so muss er auch (unter recht harten Konsequenzen) mit ihr brechen, denn der Charme des vermeintlich Guten, der sich in seine Ideologie eingenistet hat, treibt ihn rücksichtslos verblendet voran, die Wahl gewinnen zu wollen. Doch es hilft nichts, nicht mal sein natürlicher, redegewandter Charme kann ihn mehr aus der Bredouille raushelfen, weil man ihm schließlich unterstellt, für einen flüchtigen Moment nicht loyal gewesen zu sein. Dieser Vertrauensbruch zieht ihn zur Gegenseite rüber, wo er alles daran setzen will, seine früheren Götzenbilder in den Ruin zu treiben, Anakin-Skywalker-Style (auch in dem Sinne, wer aus seinem Umkreis dabei in Mitleidenschaft gezogen wird). Allerdings will nicht mal die 'dunkle Seite' seine Dienste und er wird im kalten, bitter-brutalen Wind der Verlorenen zurückgelassen.

So bleibt ihm nur noch ein Ausweg, abgeschnitten von jeder Unterstützung, das Gleichgewicht wiederherzustellen, mit einem Engagement, das er von Anfang an in sich hatte und nun ein neues Ventil in einer wütenderen Dimension findet. Wo die Machtspiele neugemischt werden, ohne die glättenden Schichten des Charmes, nur noch mit kaltschnäuziger Präzision - ein Wahlkampf um Wahrheit und Illusion, noch immer mit dem selben Ziel wie am Anfang der Geschichte. Wir erleben die Korrumption eines gutgläubigen Idealisten in ein berechnendes, zynisches und dennoch tieftragisch-enttäuschtes Wesen.

Der Charme hat seinen oberflächlichen Zauber verloren und der Gebrochene führt in seiner haltlosen Kampagne, abgeschnitten von seiner ursprünglichen Seele, die entscheidenden, opferreichen Schritte zum Karriereaufstieg seiner Mannschaft aus, Darth-Vader-Style. So funktioniert, hinter der hübsch-menschlichen Maskerade, Politik wirklich...

...und offenbar auch der essenzielle Handlungsstrang der Star-Wars-Prequels - charmant gespielte Partie, Clooney! :P

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