MORITZ, LIEBER MORITZ - Nach dem Ausbruch aus Wilhelmsburg
schaut Hark Bohm zum Verharren binnen der Elbchaussee, inwiefern sein
titelgebender Protagonist jugendlicher Jahre (Michael Kebschull)
mehreren Fronten auf einmal gegenüber steht. Die Flucht scheint gar
nicht so ein leichtes Unterfangen à la Vorgänger „Nordsee
ist Mordsee“, das liegt mitunter an der vornehmen Behütung des
Ambientes und (zunächst) der Angst, diese zu verlieren - sei es nun
in der Arbeitslosigkeit des Vaters (Walter Klosterfelde), der beinahe
teilnahmslos von der Pfändung seines Besitzes wegschaut oder in der
schwindenden Lebenskraft der Großmutter (Grete Mosheim), von welcher
jeder außer Moritz wohl inzwischen weggeschaut hat. Sie wünscht
sich von ihm den selbstgewählten Tod, so wie die Lebenden beinahe
durchweg keinen Rat für sich selbst und andere zu finden scheinen.
Moritz' Mutter (Kyra Mladeck) versucht, Fürsorge durch
Aufforderungen zu evozieren und sobald es um die Schule geht, ist
jede Hemmung nur die alleinige Verantwortung und Lernwilligkeit des
Schülers, für die man ebenso einfach hart arbeiten muss. Der
Mathelehrer dort aber spinnt die Spirale an Unvereinbarkeiten noch
weiter, wenn stumpfes Aufgabenlösen ohne Zwischenrufe oder
verständnisvolle Motivation gelingen soll. Bezeichnenderweise hegt
Moritz mehr die Freundschaft zu einer Ratte im Müll am Hauskeller
als zur frei auf dem Hof laufenden Katze.
An diesem Leben wird sich wohl
hauptsächlich abgearbeitet, doch auch, wenn Bohm diese Eindrücke
filmgerecht ballt und über die Perspektive des Jugendlichen zum
Alltag des Disfunktionalen zeichnet, ist die Tristesse nicht sein
Gebieter. Viel mehr findet er darin einen Wiedererkennungswert, der
die Schwierigkeiten des Heranwachsens von der Klasse löst und sich
zudem zu einer Aggressivität formiert, die nochmals in vielerlei
Richtungen ausschlagen kann, wohlgemerkt nicht bloß in Gewalt. Die
hebt sich Moritz hauptsächlich für Tagträume auf, die in ihrer
grellen Explizität nicht gerade der Romantisierung des Charakters
helfen, aber einige Funktionen zugleich erfüllen: Sie weisen auf das
Potenzial der Wut hin, schockieren und erfüllen zugleich die
Erwartungen der Zuschauer gleich welchen Alters, fügen sich in die
bewusste Stilisierung des Films zur Darstellung von Figur wie
Zeitgeist ein. Ein reines Ventil ohne reflexiven Kommentar werden sie
gewiss nicht. Interessanterweise scheinen gerade diese nachträglich
zensiert zu sein, während die realen Vorkommnisse, ob nun mit oder
ohne Moritz' Einfluss, in ihrer unmittelbaren Sprachlosigkeit
uneingeschränkt ins Mark gehen. Einige Anflüge externer
Melodramatik lässt Bohm in seiner alles andere als festgefahrenen
Formalität nicht aus, genauso wenig verzichtet er auf Stationen der
Leichtigkeit, so wie Moritz die Kuckuckskleber zum Narren hält, mit
dem Saxophon jamt und in aller Kindlichkeit auch den Tolpatsch gibt,
der sich manch Peinlichkeit nur schwer aus dem Gesicht wischen kann,
ehe er sich jene Malheure wie ein Indianer durch die Visage streift.
Der (dem Jugendpublikum gemäß offene)
Blick durchs Schlüsselloch bei der mehr als kecken Tante (Elvira
Thom) offenbart ohnehin den Frühreifen mit Hang zu weiterhin
kindischen Streichen, sodann verguckt er sich aber noch in
Mitschülerin Barbara (Kerstin Wehlmann), bei deren Anblick er schon
mal sein Fahrrad über die Motorhaube einer Edelkarosse brettern
lässt, gleichsam ungeschönt eingefangen, wie sich die Sehnsucht
auch ihren Weg durch mehrere authentische Milieus bahnt und manch
Demütigung für die Liebe hinnimmt. Das schöne ist, Barbara wird
kein Sadist, trotzdem keine leichte Nummer bar jeder Persönlichkeit,
was sich in vielerlei Jugendfilmen eben abspielen könnte, wenn einer
gegen die ganze Welt zu hadern hat und von grundlos fiesen Strukturen
zugemauert wird. Ein Stück weit könnte man jene Dramaturgie auch
diesem Werk vorwerfen, doch Bohm versteht es, der Vergänglichkeit
oder Ambivalenz jener Konflikte mit einem Gespür zum Realismus zu
begegnen, bei dem Impuls vor Kalkül steht. Am ehesten belegt wird
dies in Moritz' Begegnung mit einer Kneipenrockband, deren
gleichaltrige Typen (u.a. Uwe Bohm und Dschingis Bowakow) schnauzen
sowie sich begeistern lassen können, was er trotz seines
schüchternen Wesens alles drauf hat - gefolgt von Sequenzen, in
denen die Emotionen von Rock zu Schock zum Perfiden und wieder zum
Spaß zurück überschwappen können, in denen nicht bloß der
Umgangston stets gut kernig bleibt.
Schließlich geschieht auch anhand
dessen eine allmähliche Übernahme von Macht und Brutalität hinein
zur kleinen Rebellion, in der das Bewusstsein zu Leben/Tod bittersüße
Wellen schlägt, somit nimmer von einer wahren Katharsis geredet
werden kann, wenn die familiäre Einheit unter sich selbst leidet,
ein Tauziehen aus Liebe und Hass in beiderseitig verlorenen Parteien
gipfelt. Den Seelen brennt es sodann spürbar unter der Fußsohle, so
wie sie mehr oder weniger die Haltung zu wahren versuchen und auch
von der Dynamik der Kamera her so eingefangen werden, die gleichsam
Zwang und Schönheit des Lokalkolorits abzuwägen versteht, ehe die
Grässlichkeit des nüchternen Zufalls unverhofft zutage tritt. Es
bleibt ein Kampf für das Bestehen des Individuums, doch Bohm endet
durchaus nicht auf der Note der Hoffnungslosigkeit, eher im
Verständnis für eine Dampframme gen Zukunft, welche sich die
limitierten Mittel der Jugend aneignen muss und schließlich doch
unter Freunden zur Perspektive aufblüht. Man blutet und küsst,
rockt und würgt, lebt und stirbt, ob nun in der Villa oder in der
Kneipe. Ob das nun mehr Leben oder Film ist, steht nicht wirklich zur
Debatte, wenn man sich die Energie des Ganzen vor Augen führt: Was
da unter solchen Bedingungen nicht alles abgehen und im
allumfassenden Bild auch die krassesten Schläge nach oben wie unten
herauskristallisieren kann, ohne die zentrale Empathie zu verraten
oder sich vollends von dieser beschwichtigen zu lassen - noch immer
eine starke Erfahrung!
SAYA ZAMURAI - Bei Hitoshi Matsumotos
existenzialistischen Komödien wäre es generell ein leichtes, den
Inhalt seinem Entstehungsland gemäß auf Absurdität hin abzuhaken
und kulturelle Bezüge in gegebener Außenseiter-Position zu
relativieren, so wie allgemein (sprich: meist außerhalb von
Kritikerkreisen) mit der Exotik des asiatischen Kinos und
dessen Werten umgegangen wird. Im Falle dieses Films würde solch
eine Distanz trotz länderspezifischer Eigenständigkeit und kuriosen
Ideen aber nur äußerst schwer fallen, so universell er wiederum an
großen gemeinsamen Punkten anzuknüpfen versteht, ohne an eine
Anbiederung mangelnder Wahrhaftigkeit zu geraten. Wohlgemerkt ist die
historische Komödie in ihren Idealen auf Philosophien buddhistischer
Natur sowie nationalen Selbstverständlichkeiten gegründet, die
daraus Reflexion und Spannung im Ensemble erzeugen. Regisseur und
Autor Matsumoto entwirft also zu Beginn eine Farce der Moral, die via
Demut und Ehrgefühl zwar ein kafkaeskes Leiden startet, anhand
dessen aber nicht die Endstation Nihilismus schlussgefolgert wird,
sondern ein Hang zu Einigkeit und Hoffnung. Der Pfad dorthin besitzt
Eigenarten und Überdrehtes, übt sich jedoch nicht in forcierter
Sperrigkeit, selbst wenn anfangs spezifische Topoi des Samurai-Genres
gebrochen werden, sobald der schwertlose Hasenfuß Kanjuro (Takaaki
Nomi) scheu durch die Lande zieht und nach dem Tod der Ehefrau von
Tochter Tae (Sea Kumada) begleitet wird, die ihm noch am ehesten
Vorwürfe macht, wie sich ein Vertreter seiner Berufung zu verhalten
hat.
Nachdem er jedoch einer
Pflichtverletzung seinerseits zufolge von Regierungstruppen gefasst
wird und seine energisch-skurrilen Herausforderer somit in eine
kleine Sinnkrise verfallen lässt, wird ihm vor dem Harakiri noch die
Chance geboten, innerhalb von 30 Tagen die Begnadigung zu erlangen,
falls er den Sohn des Fürsten zum Lachen bringen kann. Jenes
Unterfangen ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, denn wie sich
u.a. herausstellt, kann man es wie eh und je nicht jedem recht
machen, was Humor und Unterhaltung angeht. Der Kampf des Individuums
gegen den Druck des Ganzen zeigt sich da exemplarisch, wenn
die Ergebnisse der harten Arbeit mit lustlosen Minen quittiert
werden, stets mit primitiven Mitteln vorliebnehmen müssen und in
ihren Umständen schon Gedankengänge voraussetzen, die nur schwer
dahinterkommen, was Humor wirklich ist. Eine objektive Wurzel scheint
es nicht zu geben, daher legt Matsumoto sie eben auf mehreren Ebenen
in einer Subjektivität nahe, bei der man als Zuschauer schon die
Motivationen und Umstände als tolles Schauspiel mitkriegt, wie auch
die Kommentare der alsbald mithelfenden Wachmänner die Unmöglichkeit
der Einschätzung schöpfen, wenn auf jede Idee pro Tag kein Lacher
ihrerseits, aber eine behauptete Wirksamkeit festzustellen ist. Zudem
sind ihre Vermutungen in einen Ernst gekleidet, wie es der
alltägliche Umgang voraussetzt und gleichsam verurteilt, wie es auch
die Tochter vom Vater zu trennen droht, obgleich dieser stets
ehrfürchtig in der Haltung der Demut verbleibt.
Andere würden so einen Märtyrer im
jeweiligen Medium durch eine endlose Passion schicken, Matsumoto
motiviert seine Figuren aber allmählich zur Gnade, anhand derer sich
sodann auch die Ambitionen der Witze erhöhen lassen. Je näher das
Datum der Entscheidung rückt, desto gewichtiger nimmt die
Inszenierung sie auch wahr, obwohl die Schlichtheit in Kamera und
Schnitt stets gegeben bleibt, gewiss aber nicht die Tür für
aufrichtige Sentimentalitäten geschlossen hält. Jene Aufrichtigkeit
im Gefühl basiert eben nicht auf Behauptungen und aufgesetzte
Projektionen, sondern schon auf der stillen Haltung des untypischen
Samurais, der in seinem verzweifelten Engagement zur Unterhaltung für
Grundsympathien sorgt, eine natürliche Identifizierung des Ganzen
zu ihm erwirkt. Das Leiden des Entertainers ist dabei ein gutes
Stück von potentieller Selbstbeweihräucherung entfernt, wie man sie
bei der Karriere des eher in der TV-Comedy (siehe „Gaki
no Tsukai“) etablierten Matsumoto vermuten könnte. So liegt
das zum einen in der Vermeidung eines vorbestimmten Antagonismus,
wenn im Verlauf deutlich wird, wie sich die Schicksale von Samurai
und Fürstensohn gleichen sowie einer sorgsamen Heilung durch Liebe
und Frieden bedürfen. Zum anderen erreicht der Film dies in der
Besetzung von Hauptdarsteller Nomi, der als totaler Laie so durch die
Produktion geführt wurde, dass er größtenteils gar nicht von
seiner Mitwirkung an einem Spielfilm wusste, daher seine
Persönlichkeit und seinen Willen allein offenzulegen scheint.
Eine delikate Methodik wie auch die
letzten Minuten des Films, in denen die Codierungen von Zeitgeist,
Selbstbewusstsein und Erbe unter Tränen noch auf einen
immerwährenden Kreislauf hinweisen, zugleich desillusionieren wie
romantisieren, wenn man auch auf die emotionale Reise zurückblickt,
die in ihren Kontrasten dennoch eine kohärente Einheit ergibt.
Matsumoto destilliert jedenfalls keinen Schmalz aus seiner kuriosen
Fabel, eher lässt sich der Menschenfreund an ihm feststellen, der
sich dem inneren Konflikt bewusst ist, wann man alles gegeben hat und
doch nie alle Erwartungen in Person und Image zufriedenstellen
kann, selbst wenn man kurz davor ist und die Natur sogar mitzuhelfen
scheint, bis sie es eben nicht mehr tut. Der Mensch ist nicht zu
allem fähig, doch er kann es schaffen, zumindest für sich selbst
und alle anderen einmal am großen Windrad mit zu pusten, auch wenn
er der irdischen Regelmäßigkeit wegen entsagen muss oder
selbstgewählt Konsequenzen zieht. Die Bewunderung aller kommt ihm
entgegen - auch wenn es kitschig klingen mag und von Matsumoto der
Subtilität halber gewiss nicht geheimgehalten (aber auch nicht
billig ausformuliert) wird. Die Selbstsicherheit dieser Art Pathos
ist jedenfalls keine Selbstverständlichkeit und so willkommen
ehrlich gestaltet, wie man es sich auch außerhalb des japanischen
Kinos öfter vorstellen möchte, so oder so versteht.
MIKE AND DAVE NEED WEDDING DATES - "[...] Es stellt sich im Verlauf nämlich heraus, dass Jake Szymanskis Film eher eine Parodie auf jene standardisierten Spießer-Bromances ergibt [...] Die Überakzentuierung altbackener Motive durch Grimassen, Hashtags und Klamauk, die selbst in vermeintlich ernsten Szenen jede Echtheit aufs Bestialischste eliminieren, bringt allerdings den subversiven Reiz des Films hervor. [...] Sobald es nach Hawaii geht, fängt das Spektakel aber erst richtig an: Jede touristische Attraktion bietet sich zur Situationskomik an – und die Männer- und Frauenteams scheinen sogar darum zu buhlen, welches Szenario man als erstes aufmischt. [...] Die größte Ehrlichkeit besteht insofern, dass Szymanskis Film durchweg auf Komik aus ist und Anflüge von Sentimentalität aus dem Ruder laufen lässt, ehe sich die Formel dementsprechend blöder als blöd vollendet [...]"
(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)
STAR KID - Nichts kann einen wirklich darauf
vorbereiten, was Manny Coto als Regisseur und Autor aus jener
Prämisse macht, die als Kinderfilm konzipiert so manchen Aberwitz
einschlägt. Auf einem dramaturgischen Gerüst der Standard-Sorte
entwirft er eine Machtfantasie, die sich einer Traumphase gemäß zu
90 Prozent in der Nacht abspielt, den kleinen Jungen mit Comic-Faible
und mangelndem Rückgrat so phantastisch ausstattet, dass es schon
gruselig wird. Spencer (Joseph Mazzello aus „Jurassic Park“) ist
insofern als besagter Junior-Nerd unterwegs, der anfangs auf dem
Schulhof schon wie selbstverständlich die Dresche von Raudi Manfred
(Joey Simmrin) erwartet, aber noch von Lehrerin Ms. Holloway (Corinne
Bohrer aus „Police Academy 4“) gerettet wird. Die macht ihm auch
anhand von Taranteln Mut, die Furcht mit Mut zu überwinden, auch was
Mädels angeht, doch die High-School-Hemmungen bleiben, wie auch der
Haussegen etwas schief hängt, wenn der Vater der Karriere wegen kaum
Zeit hat, die ältere Schwester mit ihren Dates rumnervt und die
Mutter zudem schon seit einigen Jahren verstorben ist, als sei man im
Disney-Territorium gelandet. Die narrativen Signale sind eben
besonders breit angekündigt und von der Inszenierung her
dementsprechend grell aufbereitet, so wie man Optik und Schauspiel
aus dem 90er-Mainstream kennt.
Rückblickend enthält jener Zeitgeist
aber durchaus Pepp und technische Sorgfalt, selbst in der
Aufbereitung der Kiddie-Sci-Fi, die noch mit reichlich
handgemachten Effekten vorliebnahm. Wenn man nicht schon vom Arsenal
an Slang, Honk-Gags und Situationskomiken mit chargierender Synchro eingenommen wird, schafft
es also vielleicht das Abenteuer aus weit entfernten Galaxien, das
sich im Farben- und Soundspektakel auf mehrere Variationen des
Creature Designs stürzt, woraus sich eine Kreation am
stärksten herauskristallisiert: Der Cyborsuit, ein
semi-lebendiger Bio-Alien-Robocop-Anzug, dessen Funktionalität so
locker definiert ist wie er zudem magischen Reiz und Brechreiz
zugleich verinnerlicht. Auf einem Schrottplatz gefunden, der genauso
gut Freddy Kruegers vorzeitige Ruhestätte sein könnte, wird Spencer
also zur potenziellen Rettung des Universums aufgefordert, in den
Rücken des Suits zu steigen, worauf er sich auch einlässt, so wie
sein Leben „nicht schon genug vermasselt“
sein könnte – was hat der nur
für 1 Life? Ein bisschen Iron Man und Body Horror
kommt ihm in der Kennenlernphase jedoch entgegen, als das Gerät sich
mit seinen Synapsen verknüpft, beiderseitig erst geübt werden muss,
wie man sich zusammen selbst bewegen kann - Kommunikation und
Zielerfassung mit inbegriffen („T2“ lässt grüßen).
Die alles andere als aufwandsfreie
Darstellung der Kräfte des Cyborsuits lässt aber alsbald
wissen, dass Spencer anhand dessen seinem Peiniger Manfred zunächst
mal einen mächtigen Schrecken einjagen will und daraufhin seinem
austauschbaren Schwarm Michelle Eberhardt (sie mag zufällig dieselbe
Comic-Figur wie er) auf den Rummel hinterherläuft. Der Creep-Faktor
daran wird erst recht nicht niedriger angesetzt, wenn über
Missverständnisse ein Reigen an Zerstörung folgt und besagtes Mädel
beinahe draufgeht, während die Alien-Technologie durch die
Kleinstadt fegt. Zwischendurch will die Erzählformel mit einer
Portion Rührseligkeit, dem berühmten Herz im alles wörtlich
nehmenden Blecheimer, zur Empathie auflockern, doch das Chaos nimmt
gewiss kein Ende, so wie der Film fast jedes Szenario ausübt, das
man sich aus der Kombi von Alltag und verrücktem High-Tech
vorstellen kann. „Was kann schon schiefgehen?“ wird also
mit Bombast-Pointen der Dusseligkeit quittiert und wie ein Kevin
grimassiert sich Spencer einen dazu ab, während er sich zu allem
Übel noch vom Hunger zum Harndrang hangelt. Schließlich gerät er
in dem Suit auch zum Haus seiner Lehrerin Holloway und erschafft eine
Situation, die objektiv gesehen Psycho-Terror pur ist und dennoch im
Blick jugendlicher Unschuld ein Stück weit vom Kino-Tagtraum
schwärmt. Nachdem der furchterregende Suit sie nämlich wie ein
Einbrecher in die Mangel nimmt, versucht Spencer sie zu beruhigen,
woraufhin sie schon recht beeindruckt ist von dem irren Teil, das
jedoch kein allzu leicht findendes Ventil zum Urinieren besitzt,
weshalb sie ihm aushelfen muss.
Wie viele Ebenen an psychologischen
Komplexen da zusammenkommen, möchte man sich gar nicht ausmalen,
schließlich kommt auch nach knapp einer Stunde noch ein Bösewicht
ins Spiel, der nicht minder furchterregend dreinschaut und den
Cyborsuit, Spencers neuen (aber gemäß dem Zeitfenster als
solchen nur bedingt etablierten) Freund, für Kriege im All
missbrauchen will. Das will er sich nicht bieten lassen, obgleich
Daddy und Co. ihm nicht glauben, er sich dann aber
überraschenderweise auf die Hilfe von Manfred verlassen kann, mit
dem er teilweise auch ohne Suit die Welt zu retten imstande ist.
Differenzen aushebeln, Freundschaft finden, Selbstbewusstsein
erlangen, ein bisschen „E.T.“ hier, ein bisschen
„Terminator“ und „Alien“ da - so findet das
„Star Kid“ seinen erwarteten Abschluss in einer
Geschichte, die in ihrer Ausbreitung des High-Concepts nur
bedingt eine war und dennoch vor Aufregung strotzte, ein
Kintopp-Abenteuer an Superhelden-Topoi sowie wahr gewordenem
Eskapismus durch die Ängste und Doppeldeutigkeiten einer
pechschwarzen Nacht schickte, in der keine Hoschi-Aktion unversucht
blieb. Was für ein Heidenspaß - und dennoch voll mit außerirdischen
Ekel, der vielen Kids einen Schrecken bereiten sowie ihre
Wunschträume erfüllen dürfte. Alles hat seinen Preis, auch die
Todesgefahr vor dem Happy-End, dementsprechend leicht
verdaulich, wie der Film sich selbst zu wissen glaubt, ist er eben
nicht, aber zweifellos ein Kuriosum durch und durch. Eben die Art von Kinderstreifen, in der man als Erwachsener an Verstörung und Blödsinn verglüht.
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