Sonntag, 19. April 2015

Tipps vom 13.04. - 19.04.2015

Bevor es mit den Tipps diese Woche losgeht, erstmal zwei Sachverhalte in eigener Sache:

Zunächst mal haben wir einen neuen Kurzfilm mit dem Titel "GEH INS HERZ" fertiggestellt, den es ab sofort on demand zu gucken gibt. Mehr dazu im kurzen Teaser zum Film mit Ansage von meiner Wenigkeit:



Mehr Infos unter: https://www.facebook.com/gehinsherz

Dazu haben wir diese Woche auch unseren Kurzfilm von letztem Jahr, "DER UNENDLICHE PLANET" auf Youtube veröffentlicht. Dieser ist hier zu sehen, ich wünsche gute Unterhaltung:



So, alle wieder zurück? Dann kann es ja losgehen! Zunächst erstmal ein Artikel von mir über das Programm für die diesjährigen Filmfestspiele von Cannes, welches diese Woche angekündigt wurde:

http://www.cereality.net/news/das-programm-des-70-festival-de-cannes-044707

Interessante Auswahl, nicht wahr? Mal schauen, welche davon in Zukunft an dieser Stelle zu finden sein werden (ich hoffe ja auf "MAD MAX: FURY ROAD" ;D). Nun aber zu frisch besprochenen Tipps:




DIE BRÜCKEN AM FLUSS - Im Grunde weiß der Film zwar schon narrative Elemente einzusetzen, die man aus zahlreichen melodramatischen Romanzen zu kennen pflegt und das ist an sich ja nichts Schlimmes. Der entscheidende Unterschied zu einem Zuckerstück vom Schlage eines Nicholas Sparks ist aber die Natürlichkeit des Ganzen. Wie sich hier Francesca Johnson (Meryl Streep) und der netteste Macker der Welt Robert Kincaid (Clint Eastwood) finden, kennen und lieben lernen, birgt eine wahrhaftige Menschlichkeit, die von einem unaufdringlichen, doch luftigen Inszenierungsstil greifbar gemacht wird.


Letzteres ist sodann auch der allgemeinen Atmosphäre dienlich, in der Madison County zum heimeligen Fleckchen Erde erblüht und einlädt. Kein Wunder, dass in jener sommerlichen Hitze die Gefühle zwischen den Beiden taumeln, obwohl Francesca eine verheiratete Frau ist. So lässt sie sich auf einen Himmel auf Erden mit dem gütigen Kincaid ein, der allerdings nur "bis Freitag" wären kann, wenn Gatte Richard und Kinder wieder zurückkehren. Mit dieser zukünftigen Konsequenz im Rücken wird auch klar, dass sie sich in ihrem Leben mehr gewünscht hat und selbst diese Idylle hier der Sehnsucht der sogenannten "einfachen Frau" nicht gerecht wird. Umso härter trifft dann auch die unumstößliche Gewissheit ein, dass man nicht aneinander haben kann und jene wahre Liebe der Verantwortung weichen muss.



Dies zerbricht die Charaktere und im Gegenzug den Zuschauer, wie mit unbedingter Zärtlichkeit ein Schlussstrich im physischen Zusammensein gezogen werden muss, doch keiner der emotionalen Verbundenheit. Deshalb treffen die kleinen, intimen Gesten der Güte abseits der Wahrnehmung von Außenstehenden ebenso hart auf beiden Seiten der Leinwand ein: Wie Francesca & Robert ist man mit dem Film auch eine Seele geworden, fühlt den Regen der Entsagung und die Versöhnung anhand individueller Symbole mit. Selbst wenn das alles kitschig klingen mag, ist es als filmische Erfahrung von einer verinnerlichernden Stärke geprägt, dass man auch selber etwas von jenen empathischen Werten mitnehmen wird. Wirklich mal eines jener berüchtigten "großen Stücke Gefühlskino".




CROPSEY - Ein effektives Schauerstück US-amerikanischer Kriminalgeschichte, das zunächst als urbane Legende sein Unwesen treibt und schließlich doch in die unschuldigsten Stellen von Familie und Gesellschaft eindringt sowie die Wurzel psychischen Missbrauchs nebenan offenbart. Staten Island wird da eben auch zur Mülldeponie menschlicher Problemfälle und obwohl die investigativen Regisseure Brancaccio und Zeman dabei ziemlich unentspannt zu emotionalisieren wissen, dürfte es ohnehin schwierig sein, das Grauen und die Trauer der Ereignisse darin komplett abgeklärt greifen zu können - auch weil das Mysterium bis zum Schluss nicht vollständig geklärt wird. Die Ungewissheit bleibt und somit auch die Tiefe der Gefühle in ihrer Nachvollziehbarkeit.




JESUS CAMP - Man wird selten so ungehalten mit der eigenen Machtlosigkeit hadern, wie bei der Sichtung dieser Dokumentation über eine christliche Brutstätte der Indoktrinierung, in welcher beeinflußbare Kinder zu Gotteskriegern gegen den "falschen Glauben" ideologisiert und gar gehetzt werden - natürlich nur, um gegen die Fundamentalisten anderer Religionen und deren Kindersoldaten ein Zeichen zu setzen. Die Hypokrisie stinkt hier also zum Himmel und schlägt ihre verstörenden Wurzeln in die junge Psyche der Kinder wie auch in die landesweite US-Politik. Die einzige und wirksamste Konfrontation, die das Dokumentarteam dabei leisten kann, ist die bloße unkommentierte Darstellung des fassungslosen Sachverhaltes. Eine bewusst unangenehme Präsentation krankhafter Folgsamkeit aufgrund fehlgeleitetem Überlegenheitsgefühl.




ESCAPE FROM TOMORROW - Vor einigen Monaten hatte ich schon mal eine kleine Besprechung zum Film an dieser Stelle gebracht (siehe http://wittestipps.blogspot.com/2014/08/tipps-vom-2807-03082014.html), nun aber habe ich mich zum Heimkino-Release in Deutschland nochmal etwas näher mit dem Film befasst:

"[...] Die Überstimulation der sexuellen Frustration ist dabei schon im Ambiente verankert. Doch Regisseur Moore bricht die eigentliche Farbfülle zu einem ermattenden Schwarz-Weiß herunter, das in seiner Kälte streng glänzt und gleichsam in den tiefsten Kontrast sinken kann. Dementsprechend hartnäckig wendet sich die Kinder schnappende Welt gegen Jims Realitätsbewusstsein und setzt seine inneren Dämonen frei, wie auch die hübsche Fassade des Parks selbst langsam zerfasert: Die Katzengrippe geht um, Prinzessinnen sind Huren und Gott weiß, was drüben im Epcot Center alles vor sich geht. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




KEIN ORT OHNE DICH - "[...] Dabei darf der Zuschauer aus zweiter Hand das lernen, was die Gegenwart zugleich von der Vergangenheit lernt. Eben, dass jederzeit dieselben Probleme vorherrschen und man diese überwinden kann – mehr bleibt von der Geschichtsstunde des Films nicht über. Höchstens noch die Frage, inwiefern man als Zuschauer eine Reflexion zur Liebe aufnimmt, die ebenfalls noch von einer Reflexion der Liebe belehrt wird und sich daher eher dadurch definiert, als selbstständig zu handeln. [...]

Ein märchenhafter Wunschtraum vervollständigt die erwartete Beglückung einer gelungenen Romanze entgegen aller (selbst auferlegter) Hindernisse; so hanebüchen, dass man vor Freude gluckst. Sparks enttäuscht nun mal nicht in seinem erneuten Versuch, Perspektiven der Liebe für ein beeinflussbares Publikum junger Mädchen, gelangweilter Hausfrauen oder auch Guilty-Pleasure-Afficionados zu skizzieren. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)


BONUS-ZEUGS:




SPY - SUSAN COOPER UNDERCOVER - "[...] Als Zuschauer (muss man sich) damit abfinden, dieselben Versatzstücke einer jeden beliebigen Agenten-Parodie vom Format „Johnny English“ oder „Agent Cody Banks“ mit ihren Femme fatales, Doppelagenten, geheimen Identitäten, Intrigen und hanebüchenen Twists nochmals vorgesetzt zu bekommen – nur, dass man eben penetrant darauf aufmerksam gemacht wird, dass diesmal eine Frau alles meistert [...] Abgesehen davon bekommt man kurzweiliges Genrefutter serviert, das vor allem halbwegs emanzipatorische Sehnsüchte mit einer guten Portion Groteske propagiert und genauso stimmig europäische Sehenswürdigkeiten einfangen kann, wie es sonst ein kostspieliger Urlaub schaffen könnte. Dennoch bleibt der fade Beigeschmack in der Konstruktion des Films, seiner weiblichen Belegschaft ständig auf die Schulter klopfen und sagen zu müssen: „Great job, Susan!“ [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




OH BOY - Schlicht overhyped und kontinuierlich reich an gestelzten Klischees in Dialog, Szenerie und Stilistik (melodramatische Pianotöne und ein in Schwarzweiß schmollender Schilling in der U-Bahn und in der Dusche; stationäre Häuseraufnahmen nicht vergessen - mach ich genauso gerne), dass man bei der ernüchternden Berechnung auf Indiefilm-Standards keine nachvollziehbaren Charaktere mehr sieht, sondern eine beliebige Emulation anhand von überkandidelten Rollenmodellen, basierend auf einer Menschenkenntnis aus 100 Jahren Filmgeschichte: Der urige Kumpel, der Schauspieler sein will und "Taxi Driver" zitiert; der reiche Vater, der dem ziellosen Sohn nach einer Runde Golf nicht aus der Patsche helfen will - "Du bist wie deine Mutter!"; die "Big Lebowksi"-Gedächtnisszene vom lachhaftem Ausdruckstanz mit prätentiösem Theaterregisseur vom Schlage "Wir machen hier halt keinen Mainstream" und jene Julika, die früher dick war, dann auf ein Internat für Fettleibige kam, jetzt schön und schlank ist und Freddy Lau auf der Straße dumpf psychologisch entlarven kann, à la "Deine Mutter hat dich nie geliebt und dein Vater war ein Säufer". Nicht ganz so heuchlerisch wie ein "Wish I Was Here", da Schilling als Protagonist eher bescheidener Beobachter (doch typischer Lebensversager) bleibt, aber nicht weit entfernt von dessen plakativem Fantasiekonstrukt einer Lebenskrise, die ihren Ansatz der Katharsis im faulen, narrativen Mittel des stets unerreichbaren, aber zum Schluss erhaltenen Kaffees findet. So naiv kann nicht mal ich mehr sein, um das Sammelsurium an Einfältigkeiten an diesem Film ausblenden zu können. Bei Formelhaftigkeiten und Genre-Tropes bin ich zugegebenermaßen der Letzte, der sich darüber aufregen dürfte, aber wenn so etwas Austauschbares derartige Wellen schlagen konnte, kann ich das nur dem damaligen Zeitgeist anrechnen.

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