Sonntag, 12. April 2015

Tipps vom 06.04. - 12.04.2015

Diese Woche bin ich noch immer nicht zu wirklich vielen Filmen gekommen. Um nicht zuviel zu verraten: Ich arbeite derzeitig noch an was Anderem und verständlicherweise stecke ich meine Zeit fast vollständig da rein - keine Zeit für mehr schöne Streifen, 'tschuldigung. Dauert nicht mehr lange und Ihr kriegt alle mit, warum das jetzt ist so, aber ist nix Schlimmes, versprochen ;) Ich habe aber auch in letzter Zeit noch gute Filme gesichtet, die ich hier noch nachholen kann, für die ich aber auch keine allzu detaillierten Texte parat habe - aber ich versuche da mal was, ansonsten gibt's die großen Brocken wie gehabt bei CEREALITY.NET:




GOING CLEAR: SCIENTOLOGY AND THE PRISON OF BELIEF - Alex Gibney rekonstruiert einerseits die Geschichte von Scientology und stellt im Folgenden ebenso über Interviews mit Aussteigern (u.a. Mitglieder, die vor Kurzem noch hohe Stellungen dort eingenommen hatten) die unfassbaren Mechanismen von (nicht nur) Misshandlung und Steuerhinterziehung innerhalb des weltweiten Komplexes fest. Die einzige Transparenz, die Scientology selbst daran durchscheinen lässt (und im Archivmaterial offener darstellt, als gewollt), ist jene der Selbstentlarvung im Drang zur totalitären Folgsamkeit, des weltfremden Narzissmus und des Fokus auf finanzielle Macht.


Da kann man sich gut drüber aufregen, Gibneys Erzählung bleibt aber bodenständig und geradlinig; legt Dokumente, Tonaufnahmen, Videos, private Notizen und Berichte von Zeitzeugen auf den Tisch, die strukturell allerdings nur wenige Zweifel übrig lassen. Auf volle Objektivität kann man sich dabei nicht unbedingt verlassen, da die Berichterstattung hauptsächlich von außen (und ehemals innen) in eine kritische Richtung stattfindet (u.a. aber noch Verständnis darin darstellt, dass L. Ron Hubbard anahnd der Dianetik versuchte, seine eigenen Traumata zu verarbeiten) - allerdings schottet sich die Vereinigung Scientology ohnehin komplett von offiziellen Stellungnahmen ab und stellt sich schlicht nicht dem Diskurs. Stattdessen werden kritische Stimmen bis zur Haustür verfolgt und bedrängend beobachtet sowie online diffamiert - ein wahrhaftig ungesunder Psychoterror, bei dem jeder Hubbard-Electrometer Alarm schlagen müsste.

 
Die Rhetorik darin vermittelt natürlich Feigheit, Aggressivität und Schuld (da offensichtlich vermieden werden soll, dass potenziell ungünstige Informationen nach außen dringen) und zeichnet nur allzu effektiv das Bild einer bewusst verbrecherischen Geheimgesellschaft, die für niemanden als sich selbst wirtschaftet. Gibney's Film ist da ein wichtiger Ansatz, bei der angeblichen Religion stärker nachzuforschen und womöglich weitere Missstände zu offenbaren, damit andere Menschen in der Zukunft nicht von deren System ausgebeutet oder zu unmenschlichen Taten indoktriniert werden. Sehr sehenswert.




RUN ALL NIGHT - "[...] Es geht wiederum nicht um mehr, als versprochen wird – und davon nicht zu wenig. Ein Gangsterthriller im New Yorker Milieu: ruppig, düster und mit melancholischem Pathos erfüllt. Altbekanntes von der Ostküste, bewandert von markigen Charakterdarstellern und Neonlichtern im Dunkel der Nacht. Solche alteingesessenen Zutaten bieten sich an und Collet-Serra entscheidet sich anhand derer für klassische Konzepte sowie naive Wunschvorstellungen eines Kinos knapp entfernt von unserem Realitätsverständnis, doch nah am Herzen arbeitend. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




ELLA - VERFLIXT UND ZAUBERHAFT - Eine weitere Variation des Cinderella-Themas, diesmal mit einer ganz drolligen und frechen Anne Hathaway als titelgebende Protagonistin (inklusive fescher Musicalnummern populärer Songs - z.B. "Somebody to love" von Queen <3), deren unterwürfiges Verhalten nun nicht als Mentalität des gutmütigen Nicht-Widerstandes dargestellt wird, sondern als Fluch der Gehorsamkeit. Jener Verhaltenszwang und der stetig wachsende Elan gegen diesen zum individuellen Glück werden sodann der Fokus der zwar kindgerecht komödiantischen, aber recht cleveren Geschichte märchenhafter Gesellschaftskritik mit modernem Verständnis in mittelalterlicher Fantasiewelt. Passt eigentlich gut für ein Double Feature mit "Going Clear". Ein bezeichnender Satz aus diesem Film dazu: "Du musst nicht alles glauben, was in der Mittelalter-Bravo steht." - wunderbar!




TROPICO - Nach ihrem effektiven Einsatz in Tim Burtons "Big Eyes" und wiederum meinem Einsatz desselben Songs im April-Video für Cereality bin ich inzwischen etwas offener gegenüber Frau Del Rey geworden - was ich nämlich vormals an Singles von ihr aufnahm, empfand ich als uninteressant und glaube auch weiterhin, dass sich eher populäre Tracks wie "Video Games" oder "Summertime Sadness" nicht unvoreingenommen reflektieren lassen; gerade dann, wenn man bedenkt, wie viel effektiver und ungestümer ein Stück wie "Born to die" in den Kopf schießen kann (und zumindest für "Mommy" einen recht emotional-explosiven Schluss hergab).


Nun also interessiert mich diese Frau, welche das Image einer L.A.-Melodramatik vom destruktiven und faszinierenden Star-Ruhm nicht nur mit alptraumhafter Elegie in Musik umsetzt, sondern auch in der eigenen Erscheinung ausstrahlt. Wie es den Anschein hat, hat die gerade mal 29-jährige Sängerin ihr Gesicht plastischer Chirurgie unterzogen, obwohl Fotos von einst eine eigentlich schöne natürliche Erscheinung vorzeigen. Dabei hat sich im Nachhinein nichts Grundlegendes an ihrem Aussehen geändert, nur hält sie darin nun einen leicht plastischen Look inne, der eher einem verzerrten Schönheitsideal entspricht und gleichsam eine auffallende Zerbrechlichkeit repräsentiert.


Dieser Kontrast fällt auch auf das Projekt "Tropico" von ihr und Regisseur Anthony Mandler - eine Art dreifaches Musikvideo um die Stücke "Body Electric", "Gods and Monsters" sowie "Bel Air" herum, in dem die Geschichte von Adam & Eva in einem kontemporären Kontext einer exzessiven Unterwelt von Los Angeles gestellt wird. Da werden John Wayne, Marilyn Monroe und Elvis Presley neben Jesus zu den Götzenbildern schlechthin; Ikonen des Pops im Garten Eden - für Lady Del Rey (u.a. in Mutter-Maria-Symbolik) die Grundlage einer schwelgerische Liebesgeschichte vom Leben ohne Ziel, welches stattdessen schlicht permanent Superlative aufsaugt.


Inszeniert wird das 27-Minuten-Epos in hypnotisch leuchtenden 35mm und einem 3,00:1-Bildformat, welches sich dem Gesamtkonzept glorreicher Selbstzerstörung in extremer Breitwandverengung perfekt anpasst. Die Romantik des zelebrierten Zerfalls ist da ein audiovisueller Rausch, der sich bewusst trivialen Plattitüden preis gibt; mit Waffen, Brüsten, Ärschen und Gewalt hantierend, wie auch Del Rey mit ihrer sehnsüchtigen Engelsstimme an der Stripper-Stange das große Ficken als Erlösung sucht.


Das birgt insgesamt dann keine erhellende Erfahrung oder gar profunde Ambition. Hier ist es einfach nur geil, kaputt zu sein - und da steckt auch eine Menge Liebe drin. So kommt "Tropico" dem modernen und verlorenen Menschen recht nah und empathisch, wenn auch entschieden plakativ entgegen. Wer sich ein Bild davon machen und (subjektiv gesehen) gute Musik hören will, sei dieser Link zum Video empfohlen, ich wünsche gute Unterhaltung.




PIPPI LANGSTRUMPFS NEUESTE STREICHE - Ist schon einige Jahrzehnte her, als ich das letzte Mal einen Pippi-Langstrumpf-Film gesehen habe - doch man dürfte auch so erkennen, dass Regisseur Ken Annakin (ehemaliger Regiekandidat für "Battlefield Earth" anno 1984 - man, diese Woche und Scientology) hier reichlich Handlungselemente der Vorlagen zu einem gefälligen und zudem nicht allzu kurzweiligen Mainstream-Narrativ vermengt. Bei seiner Destillierung auf kommerzgerechten Standard geht so einiges an Charme flöten und muss sich zudem mit nur bedingt erbaulichen Musical-Einlagen begnügen, die genauso gut "Die Schmuddelkinder" (1987) entstammen könnten. Die dufte Grundessenz kindlicher Fantasie und drolligen Ungehorsams ist dennoch erhalten geblieben und zudem hilft es natürlich, wenn ein sprechendes Pferd mit dabei ist. Obwohl Erwachsene und Desillusionierte anfangs kaum auf Pippis Seite sind und sie sogar ins Waisenhaus stecken, gibt's dann gegen Ende hin ausgerechnet zu Weihnachten die Versöhnung und einen kleinen Welpen im Karton! Nur ganz am Schluss revanchiert man sich natürlich mit der ideologisch inkonsequenten Unvermeidlichkeit, dass Kinder mit einer gewissen Ordnung aufwachsen sollten. Antiautoritäre Erziehung funktioniert ja auch nicht immer, Spaß soll man trotzdem haben. Bei dem Film hier jedenfalls funktioniert letzteres je nach Zuschauer zumindest in Teilen.


BONUS-ZEUGS:




DER KAUFHAUS-COP 2 - "[...] Diese Schurken gilt es mit geballter Fettleibigkeit und Non-Lethal-Weaponry zu bezwingen – doch ehe dieses simple Konzept überhaupt in die Gänge kommt, sind noch weitere dumpfe Charakterentwicklungen sowie wahllos eingestreute Sketche inklusive Product Placement durchzuleben. [...] Das einzig Beachtenswerte aber, das letztendlich von diesem Film bleibt, ist Kevin James’ Hingabe für undynamische und einfallslose Kalauer, Slapstick-Einlagen und schrille Grimassen. Er versucht mit Verzweiflung, den Zuschauer zum Lachen zu bringen – doch der Film um ihn herum gibt sich mit einer Standardisierung seiner selbst zufrieden, die keinerlei Ambition aufbringt, um das zweckmäßige Narrativ mit Leben zu erfüllen. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

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