Sonntag, 18. Mai 2014

Tipps vom 12.05. - 18.05.2014



GODZILLA - DUELL DER MEGASAURIER - (GESICHTET IM METROPOLIS KINO HAMBURG IM RAHMEN DES 'MONSTER MACHEN MOBIL'-EVENTS)

Endlich mal einen klassischen Kaiju-Eiga auf der großen Leinwand zu sichten, im 35mm-Format, ist für jeden Filmfreund eine große Ehre. Dass es sich in diesem Fall um einen Film handelt, den ich in meiner Kindheit auf Video besaß, rauf und runter guckte, verstärkt die Sympathie und die Bedeutung eines solchen Ereignisses ungemein.

Sicherlich hat sich die Ansicht aufs innere Geschehen im Film ein Stück geändert - schnell durchschaut man den patriotischen Pathos, nicht nur in den Rückblicken zum Heldentod der Japaner und der Verteidigung ihrer Insel mithilfe von Godzilla, sondern auch in der Gegenwart einer besonders fortschrittlichen Wirtschaftsmacht und der wirklich naiven Zukunftsaussicht einer japanischen Weltmacht, die andere Staaten einkaufen kann und über den USA und China steht - au Backe, und dann auch noch mit klischeehaften Gwailo-Villains aus der 'dritten Dimension'...


An der Essenz der filmischen Magie ändert das aber rein gar nichts, da beherbergt Kaziku Omoris Fantasy-Abenteuer weiterhin den eskapistischen Charme, welcher die Reihe abermals größtenteils auszeichnete - zaubert ein Flammenmeer drolligster Effekte auf das Lächeln des Zuschauers, ergibt sich einer wissenschaftlichen Anarchie, die zwischen STAR TREK, STAR WARS und TERMINATOR (inkl. Shinya Tsukamoto-Flair beim rasenden Androiden M-11) ihre eigenen, bunten Regeln aufstellt, niedliche Doratos in die Weltgeschichte aussetzt, dem Vater von Steven Spielberg eine Begegnung mit der Riesenechse beschert und anhand von alles-erklärenden Dialogen fesch-enthusiastischer Stereotypen auf ein opulentes Mega-Duell der Giganten hinarbeitet.


Darin steckt soviel Detail & Ambition, in den Miniaturbauten und Animatronics, Blitz-Effekten und Kampfsequenzen, dass es beständig Wunder vor die Augen regnet und speziell durch den unsterblichen Einsatz von Akira Ifukubes Musik-Märschen in ein gleißendes Licht unfassbarer Liebe hüllt, wie man es inzwischen nur als Erinnerung aus einfacheren Zeiten zu kennen vermag. Alles kulminiert in der bezeichnenden Szene, in welcher der Großindustrielle Shindo seinen Kameraden aus dem Krieg, Godzilla, Angesicht zu Angesicht wiederbegegnet. Wortlos fließen Beiden die Tränen hinunter und die Trauerstreicher von 1954 trumpfen nochmals empathisch auf.


Das ist objektiv grandios-poetischer Kitsch, aber auch ein Ausdruck dessen, wie wir uns als Zuschauer mit Godzilla verbunden fühlen - nicht nur als Subtext-Erfindung aus den Gefahren der Atomkraft heraus, sondern insbesondere als Teil unserer gemeinsamen, filmischen Vergangenheit. Für solche Momente ist das Kino gemacht und ich bin immens froh, diesen zu Lebzeiten in derartiger Umgebung nochmal erlebt haben zu dürfen.




LUDWIG II. - Helmut Käutners Interpretation des Lebens vom König Ludwig II. ist sein 'CITIZEN KANE'. Das bedeutet nicht unbedingt, dass es sein bester Film ist, sondern dass er sich gut und gerne an Orson Welles' BioEpic orientiert hat, sprich an dessen im Grunde fragmentarischen, aber wesentlichen Rise-&-Fall-Dramaturgie vom aufstrebenden Regenten hin zum exzentrischen Einzelgänger und Ausgestoßenen. Die Wirksamkeit eines derartigen Aufbaus wirkt aber auch hier vorzüglich und zeichnet ein packendes Portrait historischer Individualität und schlussendlicher Manie.


Stets ist man dabei auf Ludwigs (O.W. Fischer) Seite, der als junger, unbedarfter, bayrischer Monarch zunächst im glitzernden Pomp & Prunk des goldenen Ambientes daran ansetzt, seinem Volk die Schönheit der Kunst nahe zu bringen und einen progressiven, geistigen Fortschritt einzuleiten. Zu diesem Zwecke ersucht er dann auch den Kontakt zu seinem musischen Idol Richard Wagner (dessen Kompositionen quasi als Best-Of den gesamten Soundtrack des Films ausmachen) - eine Begegnung, die beide Herren nicht nur in pathetische und tränenreiche Höhen treibt (da sich beider Drang nach dem Kunstverständnis endlich erfüllen darf), sondern auch starke Konsequenten für das Wesen des Königreichs hat:


Während Bismarck und Co. sich mit strenger, kalter Selbstverständlichkeit dem Krieg zwischen den Völkern um Besitzansprüche und Stellungen ergeben, will Ludwig eine himmlische Zelle um seinen Staat erbauen, die dem Frieden und der Kultur dienlich ist. Doch seine Minister drängen ihn auf jene unliebsamen Pflichten, von denen er sich weitgehend distanziert, baut sich stattdessen lieber Schulden an, um seiner Liebe für die Musik Wagners Ausdruck zu verleihen. Doch auch da erfolgt ein Einschnitt, wonach er diesen seinen Gott schweren Herzens fallen lassen muss. Zu stark stehen da die 'Skandale' um dessen Person im Raum, insbesondere die berüchtigte Beziehung zwischen ihm und der eigenen Schwägerin.


Dabei kann Ludwig gerade diese 'verbotene Liebe' am Besten nachvollziehen, drängt sein Herz doch seit jeher nach der österreichischen Kaiserin Sissi (Ruth Leuwerik), die in unglücklicher Ehe mit ihrem Franz lebt und sich im Innersten nach ihrem Seelenpartner Ludwig sehnt. Beide verbindet die Erinnerung an eine Kindheit am malerischen See (ein durchweg nostalgisch-wiederkehrendes, naturalistisches Motiv im Film) und die unsterbliche Liebe zur Musik (ihr wallender Busen und stockender Atem im Angesicht von Wagners Tönen und den blutroten Rosen Ludwigs - eine weitere, klare Rosebud-Anspielung - sprechen da für sich) - ihre Seelen schweben durchaus in den Wolken, frei vom Irdischen, doch genau das hält sie voneinander fern.


Selbst der Versuch einer Ablenkung dieser Pein, in Form von Prinzessin Sophie (Marianne Koch), erweist sich für Ludwig als vergebens. Zu sehr ist das junge Frauenzimmer, trotz aller Ehrerbietung für ihren König, von dessen innerem, emotionalen Kern des Abgeschiedenen und Esoterischen bedrückt - kongenial aufgelöst in jener Szene, worin Ludwig sie in einen leeren Opernsaal hineinführt und dort die beschwörenden Anfangsmomente von Wagners 'Rheingold' erklingen lässt. Die Furcht vor dem strahlenden Nirvana - da ist eine Einigung unmöglich. Selbiges gilt sodann in der Politik, welche von Ludwig den Anschluss ans Deutsche Reich verlangt - eine glatte Disharmonie gegen das Wesen des Königs, erst recht, da der eigene Bruder Otto (Klaus Kinski) momentan schwerste Schizophrenie erleidet. Emotionen haben auch dort für Ludwig klaren Vorrang.


Jene Entwicklungen zwingen ihn schließlich, äußerlich ein verbrauchtes Wrack, zum inneren Rückzug, fern von den gesellschaftlichen Bestimmungen, hin zur Konstruktion des Himmels auf Erden. Zwischen zahlreichen, atemberaubenden Schlössern, schimmernden Kathedralen ähnlich, dämmert Ludwig seinem eigenen, ekstatischen Seelenheil entgegen, möchte Sissi auf diese Reise mitnehmen, doch auch sie will sich aufgrund ihrer innewohnenden demütigen Bescheidenheit letztendlich nicht so stark von der Erde und den Menschen abheben - weshalb man es auch den stellvertretenden Machthabern nicht ganz übel nehmen kann, dass sie Ludwig absetzen wollen, so wenig er in Sachen Politik noch voranbringen dürfte.


Und dennoch ist sein körperlicher Zerfall in die architektonische Manie der Schönheit hinein (= eine erstrebte Entsprechung zum Körper Sissis) die berauschendste Einheit des gesamten Films, den metaphysischen Höhenflügen eines 'LETZTES JAHR IN MARIENBAD' nicht unähnlich, zieht uns ebenfalls in einen Bann einer Genuss-Romantik, die mit geschickt vermittelter Gewissheit die Folgerichtigkeit der Paranoia nachvollziehbar macht. Jenen geistigen Zustand attestiert man dem Ludwig dann auch, woraufhin er natürlich dementsprechend wutentbrannt reagiert, schließlich bleibt ihm dennoch nur die Aufgabe seiner selbst, nicht aber ohne die Befreiung der Seele vom Irdischen endlich herbeizuführen - natürlich mit der Destination der ursprünglichen Schönheit, dem See, im Sinn.


Die Verbindung mit seiner urältesten Liebe, seiner Sissi, erfüllt sich doch noch, wenn auch wie geplant nur auf geistigem Wege. Mit Wagners Tönen dankt er ab, herauf zum Himmel, das Glück ist da, in Blau & Weiß von der Leinwand herabstrahlend. Der Patriotismus zu seinem Bayern erhält dabei natürlich auch eine gewisse Liebeserklärung, auch wenn die Liebe zu seinem Volk und umgekehrt eher im Off aufgebaut wird und egozentrisch, gar unausgesprochen bleibt - sowieso kann man sich nur entsprechend spekulativ darauf verlassen, wie sehr Käutners Variante der Geschichte der Wahrheit entspricht (ohnehin musste er laut eigenen Aussagen gewisse Ideen zurückziehen, um den Film überhaupt drehen zu dürfen - die angedeutete Homosexualität Ludwigs, speziell im Hinblick auf seine Vergötterung Wagners, ist aber dennoch gegeben).

Es lässt sich jedoch nicht abstreiten, wie formvollendet und stimmig diese chronologische Erfassung des Märchenkönigs als filmische Erfahrung funktioniert, uns jenseits der mondänen Historie & Politik in dessen ambitioniert-verschwenderische, unkonventionelle und leidenschaftliche Seele führt, so dass man sich ebenso nach der Schönheit der Liebe sehnt (so wie es auch Leuweriks Augen hinter ihrer Anständigkeit aufscheinen lassen) und das Himmlische erwarten möchte, dabei sowieso einen unterhaltsamen und spannenden Leidensweg präsentiert bekommt, der durchaus dem Kitsch huldigt, aber dessen psychotronischer Verträumtheit ein entsprechendes Gesicht zwischen Manie und Passion verleiht (erst recht anhand Wagners Sphären als omnipräsente Stimme).


Natürlich steckt darin eine gewisse Verklärung der Realität, aber auch eine entschiedene Ablehnung gegenüber deren Härte (hinsichtlich der Entstehungszeit ohnehin ein Zeichen gegen die militärische Wiederaufrüstung der BRD) - die Überdosis davon rafft den König schlussendlich dahin, aber immerhin hat er seinen Traum ausleben dürfen und fand darin auch ein poetisches, orgasmisches Ende, zumindest im Sinne des hier entfalteten Technicolor-Zelluloids. Im wahren Leben wäre so eine Person an der Macht mehr oder weniger unbrauchbar, aber vielleicht wäre solch eine Unbedarftheit und Nähe zum Zauber, zur Fantasie gar nicht mal unbedingt der falsche Weg - zumindest im Ansatz. Bis dahin darf man sich mit diesem Welles-artigen Exzess zufriedengeben, da bietet Käutner uns dementsprechenden psychologisch-rauschhaften, romantischen Spaß allerfeinster Sorte.




STERNENKRIEG IM WELTALL - (GESICHTET IM METROPOLIS KINO HAMBURG IM RAHMEN DES 'MONSTER MACHEN MOBIL'-EVENTS)

Bevor ich etwas zu diesem Film schreibe, den ich nicht das erste Mal genießen durfte, nun aber erst- und einmalig in 35mm von der großen Leinwand, möchte ich noch ein paar Worte an das Publikum richten, in der Hoffnung, dass es mitliest: ich kann ja verstehen, wenn ein etwas ulkiger B-Movie wie dieser Gelächter hervorruft (gerade in diesem Fall ist genügend Potenzial vorhanden). Ich kann aber nicht verstehen, dass derartige 'Fans' sich so respektlos, wie ich es erlebt habe, gegenüber einem herzlichen Eskapismus-Werk verhalten, als hätten sie so etwas noch nie in ihrem Leben gesehen, wie die Hyänen jede Eigenart hämisch auslachen müssen und auch dann nicht aufhören, wenn es einige wirklich wirksam-traurige Szenen hervorbringt - wie kann einem da noch die Konzentration bleiben, sich wirklich auf den Film einzulassen?

Ich raff das einfach nicht: da wird eine alte Frau zu Tode gequält, ihre Erinnerungen an die Erde auszuquetschen und solange gefoltert, bis sie schließlich stirbt und auch der Soundtrack dementsprechend bitter-trübselig auftritt - und aus irgendeinem Grund herrscht in den Sitzen pure Hysterie, bei solchen Momenten, wo es gar nix zu lachen gibt. Vielleicht bin ich nicht ganz auf der 'Höhe' der sogenannten Zielgruppe, die wahrscheinlich aus dem Ironie-verseuchten Tele5-SchleFaZ-Keller kommt, aber wer sich bei einem derartigen Privileg für wahre Genrefreunde so zynisch aufführt, darf sich in meinen Augen kaum als Filmliebhaber bezeichnen. Gilt dann auch für einige der Veranstalter des Events (!) und deren Cliquen, die den gesamten Film hindurch Klatsch & Tratsch betreiben und ohnehin Filme wie Jun Fukudas 'DER GROSSE KRIEG DER PLANETEN' als Käse bezeichnen.


Wie dem auch sei, Kinji Fukasakus erneuter Ausflug ins Space-Abenteuer nach 'THE GREEN SLIME' (1968) fuhr damals, wie viele erfolgsträchtige Produktionen jener Art, im Fahrwasser des Überraschungshits 'KRIEG DER STERNE' mit und machte zumindest auf japanischen Boden besonders effektiven Eindruck, der bis hierhin in die Bahnhofskinos herüberschwappte. Zudem offensichtlich beeinflusst von kontemporären Mangas und Animes jener Zeit, beherbergt er zudem ein knallbunt-schnittiges Arsenal einfallsreicher Dekors, Villains, Heroes und auch Raumschiffe, die deutlich dem SPACE BATTLESHIP YAMATO nachempfunden wurden, aber durchweg dem handgemacht-plakativen Charme der TOEI-Schmiede zur explosiven Superschau entsprechen.


Fukasaku behilft sich im effektvollen und teils brachialen Gefecht hingegen meist jenem virtuos-energetischen, Reportage-artigen Handkamerastil, den man aus seinen zahlreichen Yakuza-Filmen gewohnt ist und beschert damit dem 'STERNENKRIEG' trotz aller phantastischer Elemente eine hautnahe Authentizität, die insofern als intergalaktischer Prototyp moderner aufgelöster Blockbuster-Schlachten aus heutiger Zeit wirkt. Diese inszenatorische Frische ist eine willkommene Abwechslung zur zwar auch hochwertigen, aber eher 'kontrollierten' Bildebene von George Lucas' Galaxie-Oper. Beide Filme haben jedoch ohne Frage einen starken Bezug zum Märchen- und Zauberhaften, der vor allem in Fukasakus Variante noch stärker der einheimischen Folklore nachempfunden sein dürfte und jene Space-Fabel vom Kampf gegen diktatorische Unterdrückung in direkter Nähe zu unserer eigenen Erde setzt.


Fukasaku färbt diese gewitzte, quirlige Quest in entfernte Dimensionen jedoch nicht allzu politisch - was man im japanischen Kino, erst recht im Genrefilm, normalerweise durchaus zu erwarten hat. Stattdessen versammelt er anhand der Auserwählung durch goldene, fliegende Nüsse ein Spitzen-Team aus jungen Leuten und deren drolligen Assistenten (inkl. Roboter mit Ivar-Combrinck-Sprücheklopfen), egal welcher Herkunft - Männer, Frauen, Japaner, Amerikaner, Veganer (Aliens, nicht die von der Erde) sowie einigen aufrechten Kriegern wie Sonny Chiba. Nicht jeder der Auserkorenen scheint dieser Aufgabe gewachsen zu sein, sträubt sich vor der Verantwortung und begeht u.a. egozentrischen Verrat für das schnelle Geld oder ist aufgrund vergangener Enttäuschungen, Konsequenzen und Verluste dem Elan zur Hilfe überdrüssig (wunderbar wehmütig: Vic Morrow). Doch in diesem magischen Höllenritt an zahlreichen Planeten vorbei findet sich allmählich trotzdem der gemeinsame Glaube vom Guten ein und strebt nach Wiedergutmachung.


Dass in dieser Liebe zum Frieden letztendlich reichlich Feuerkraft steckt, ist fast schon göttliche Poesie - nicht unbedingt pures, gerechtes Rebellentum wie in 'STAR WARS', sondern das soziale Anpacken interstellarer Unterstützung füreinander gegen die rücksichtslosen Invasoren. 'STERNENKRIEG IM WELTALL' ist in der Hinsicht vielleicht der herzlichste Film Fukasakus überhaupt, zumindest im Rahmen dieser jugendlich-stürmischen Genre-Arbeit, die zwar auch nicht davor zurückschreckt, Tod und Verderben darzustellen, dabei aber stets empathisch bleibt und sich zum gemeinnützigen Erblühen entschließt. Wo jeder der Auserwählte ist, wenn er nur will und wo am Ende als demütige Ablehnung der Eigennützigkeit nach einer neuen Heimat gesucht wird, ohne noch mehr von der blauen Erde abzuverlangen - das alles ist cineastische Herzensgüte, fernab aller Budget-Engpässe, selbst in solch einem Film basierend auf der Rip-Off-Mentalität. Wer das nur belächeln kann, tut mir (relativ) wirklich Leid.




STERNE ÜBER COLOMBO - Geplagt von Jahren der bundesweiten Verstoßung und noch heikleren Dreharbeiten kam Mitte der 1950er Jahre ein gewisser Zweiteiler mit indischem Lokalkolorit von Veit Harlan in die Kinos. 'STERNE ÜBER COLOMBO' stellt den ersten Teil jenes exotisches Abenteuers dar, das wohl als kunterbuntes Pendant zum 'INDISCHEN GRABMAL/TIGER VON ESCHNAPUR'-Komplex einstehen soll (welcher nur wenige Jahre später von Fritz Lang wiedererweckt wurde) und im feinsten Agfacolor, welchem Harlan seit seiner GOLDENEN STADT verbunden war, die ewige Muse Kristina Söderbaum zwischen Zirkusattraktionen und romantischen Avancen in aufregende, malerische Kolportage versetzt.



Dass Harlan seine Ehefrau dabei nicht allzu fern von der Gefahr der Attraktion hält, gründet sich natürlich einerseits auf seinem geradezu sadistischen Ansporn von überschäumend intensiver Gefühlsnähe, andererseits aber auch auf dem narrativen Gesamtgefüge des Films, in welchem die Männerwelt anhand der ungebändigten Risikobereitschaft der 'Königlichen Reiterin Yrida' eine magische Anziehungskraft verspürt, die sie zu teils manischen Handlungen verführt. So muss Yrida sich nach und auch zwischen den Vorstellungen vor dem Tiger-Dompteur Ambo und seinen Hormonstürmen schützen, die beinahe in Vergewaltigung gipfeln (und später auch aus Eifersucht die Grenzen der Royalität zu brechen versuchen) - lässt sich aber trotz gewisser Zweifel zu einem weiteren Engagement für den Zirkus nach Indien überreden, das der Maharadscha von Jailapur Gowan (Willy Birgel, mit fast schon blau bemaltem Gesicht) aufgrund seiner leidenschaftlichen Faszination für ihre Erscheinung in die Wege geleitet hat.


Zunächst tritt er selbst allerdings nicht in Erscheinung, eher sein Sohn Gowaran (Adrian Hoven), dessen Charme Yrida auf geradezu magische Art gerne entgegenkommt - ohnehin sehnt sie sich nach der indischen Kultur, spricht aus dem Nichts von selbst ein 'Namaste' aus und suggeriert mit hypnotischen Gestus die Empfänglichkeit zur Sympathie bzw. Liebe mit dem Außergewöhnlichen, inkl. der lyrischen Beschwörung des Symbols einer Lotusblume in der Hand, die formatfüllend die Leinwand beherrscht, bevor Gowaran fortwährend von ihr getrennt wird und auf ewig an sie denken muss. Es mag vielleicht an der Notwendigkeit laufzeitlicher Auffüllung hinsichtlich der problematisch-abgeschlossenen Dreharbeiten liegen, dass Harlan hier erneut besonders-extensiven Wert auf schwelgerische, natürliche Passagen in seiner erzählerischen, expressiv-theatralischen Vermittlung vom im Grunde naiven Eskapismus legt - ohne diese wäre sein dramatischer Griff nach den Sternen und dessen anschließender Zerfall aber nur halb so schön.


Denn wie sich auch letztendlich Hardliner-Intrigen in der Regentschaft des Maharadschas ohne dessen Einverständnis breit machen (aus Beweggründen wie Verlustangst, Eifersucht und Machtgier), um die Präsenz der 'christlichen Blonden' zu zerstreuen, so lässt sich der Film trotz allem inneren, gut abgeglichenen Drang nach Ploterfüllung am ehesten Zeit, sein Ambiente und seine Gefühlswelt zu umfassen. Seien es die erquickenden Zirkusattraktionen mit ihren aufstrebenden Revue-Nummern am Nacht-Himmel und den kunstvollen Zähmungen wilder Tiere (mit der ungedoubleten Söderbaum in allen akrobatischen Belangen), oder auch die sonnendurchfluteten, Begegnungen mit dem liebesdurstigen Charmeur von Maharadscha in verträumter Landschaft (speziell der Walzer am Hof, bei dem durch Überblendung im Tanz alle anderen Gäste verschwinden und das Paar innerlich ganz für sich alleine ist): die Bilder leben im Glanz, luftig umherschwebend zwischen Risiko und der Aussicht nach Glück, während der symphonische Score von Franz Grothe, inkl. schillerndsten Liedtexten, diesem Zauber eine stimmungsvolle filmische Aura verleiht, selbst bei den 'Bösen' und ihren Sehnsüchten (siehe Sujata Jayawardenas Figur der Navarani, mit Ambo auf dem wilden Fluss am Morgengrauen: pure Liebesfantasie) - und das obwohl man auf ein äußerst minimiertes Budget angewiesen war.


Doch die Dramatik findet letztendlich doch noch ihre Konsequenz, mit inszenierter Panik beim Anblick vom schaulustigen Nervenkitzel (das tänzerische Galoppieren im Tigerkäfig) - es entfesselt sich ein bitter-tragisches Todes-Roulette unschuldiger Opfer und tierischer, naturalistisch-gleichgültiger Fleischeslust. Staatsstreich, Entführung, Messermord, Korruption der Gefühle - und mittendrin: Yrida, juchzend-zitternd in den verstrahlten Himmel blickend, weg vom Blick nach den Sternen zur 'Gefangenen des Maharadscha' gemacht, der selber keine Ahnung von jenen intriganten Vorgängen hat, rat- und machtlos den Cliffhanger der Einkerkerung in die bizarre Mystik seines Palastes einleitet. Da freue ich mich außerordentlich auf die Fortsetzung - und wenn man dabei auch nur die Söderbaum immer tiefer in die psychotronische Manie verfallen sieht (die sie mithilfe ihrer geradezu entgeisterten, offenherzig-bebenden Schauspiellust, im entschiedenen Einklang mit der Tierwelt, bereits durch diesen Teil hinweg entfaltet), dann ist das schon ein aufregendes, abenteuerliches Glück, wie man es leider nur viel zu selten erleben darf (wo man doch ohnehin nur schwer an diese Quelle herankommt).




X-MEN: ZUKUNFT IST VERGANGENHEIT - [...] Regisseur Bryan Singer schafft es dennoch, das komplexe Konstrukt seiner Mutantenstolz-Saga, zudem verbunden mit extensiven Zeitreise-Passagen, flott und verständlich unter einen Hut zu bringen, Action und Emotion im nachvollziehbaren Narrativ stimmig abzugleichen – durchweg mit einer visuell-frischen Dynamik, wenn auch teilweise allzu stark durchsetzt von einem Handlungs-fokussierten Expositionsdrang, der eine gute Weile braucht, bis dieser tatsächlich auch auf die handelnden Charaktere abfärbt.

[...] (Singer setzt) bei seinem Aufbau zum dritten Akt hin auf ein Spektakel aus den Motivationen der Charaktere heraus – weniger um Feuerkraft und Gewalt buhlend, als um Empathie und Überwindung egoistischen Zorns wird hier nach dem größeren Ganzen, dem Frieden und der Akzeptanz gekämpft. Jene Werte sollen natürlich den Außenseitern zustehen, doch in diesem Fall müssen sie auch dem Mainstream gleichwertig entgegengebracht werden – so wie es Xavier und die gesamte Filmreihe unter Singers Ägide vom Ursprung an wollte.

[...] Individualität, ohne Militanz, dafür mit Nächstenliebe. Etwas umständlich, dass man für diese Erkenntnis sechs bestimmte Filme im Vornherein kennen sollte (wenn man jene Werte nicht von sich aus schon besitzt), aber wer da bereits keine Berührungsängste mit diesen hatte, wird auch hier humanistisch angeregt und ohnehin erneut dem Genre gemäß glänzend unterhalten.

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




DIE DREI SUPERMÄNNER RÄUMEN AUF - (GESICHTET IM METROPOLIS KINO HAMBURG IM RAHMEN DES 'MONSTER MACHEN MOBIL'-EVENTS)

Eine recht sprunghafte Tour stellt dieser erste Eintrag in der ominösen Supermänner-Reihe des europäischen Kinos der 60er und 70er dar. Frisch von den KOMMISSAR X-Streifen herüber importiert schlagen sich Brad Harris und Tony Kendall erneut durch ein sonniges Caper-Abenteuer, welches nun durch die Zugabe knallroter Anzüge mit Superkräften (Trampolin-Jumps und Kugelsicherheit) bereichert wird, die höchstwahrscheinlich im Alleingang für den fiesen Rotstich in der gezeigten 35mm-Kopie sorgten.


Der Domino-Plot jugendlichen Leichtsinns scheint dabei an einem Tag zu spielen, geradezu '24'-artig von einer funktionalen bzw. brenzligen Station zur nächsten zu hüpfen, aus denen sich unsere flink-sympathischen Herzens-Gauner mit spielerischem Witz und Gadgets stets herauszuschlagen wissen. Zwischenstopps bei der eigenen, amourösen 'Supermädels'-Schule und dem Superanzug-herstellenden Professor, welchem einige zuvor erschienene Gangster auf den Fersen sind, gehören selbstverständlich zum Programm dazu.


Ebenso ein flotter Bubblegum-Bossanova-Score von Francesco De Masi und eine handfest-blödelige Brandt-Synchro (welcher selber den muskelbepackt-charmanten Brad Harris spricht) dürfen nicht fehlen. Das zischt und knallt und streift reichlich malerische Kulissen ab, landet schlussendlich in der finsteren Reproduktionsanlage des zwielichtigen Dr. Golem Brunnemann (;D), der mit jener Maschine nicht nur Goldreserven aufstockt, sondern neben roboterhaften Thugs auch noch aus irgendeinem Grund reichlich Kinder klonen will - wofür die Originale in der Eiskammer krepieren sollen!


Dagegen helfen nur geballte Faustpower und pfiffige Heist-Auswüchse, unter Beihilfe sympathisch-archaischster Merkwürden-Effekte (unfassbar: das versuchte Ertränken der viel zu großen Supermänner im Kinderbecken) und allwissender Auffassungsgabe. Weniger hilfreich bei der Umsetzung dieser spannenden Zutaten ist zum einen die sich etwas doll ziehende Laufzeit und dazu noch die verwirrenden Schnitte der deutschen Fassung - wobei man diese aber zum Entschluss belobigen kann, den Schluss an den Anfang des Films zu setzen; andersrum hätte dieser als sinnfreier Epilog zu stark die Nerven des Zuschauers strapaziert (gilt sowieso für die meisten 3-Supermänner-Filme mit ihren zunehmenden Längen).


Alles in allem dennoch der ordentlich-kurzweilige Beginn einer phantastischen Eskapismus-Saga, gewürzt mit reichlich kindlichem Spielspaß und spekulativen Drolligkeiten, sowie Kiss-Kiss-Eurospy-Erotik und Räuberpistolen-Exploitation im knallig-roten Gewand der herzlichen Albernheit.

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