Sonntag, 5. Januar 2014

Tipps vom 30.12. - 05.01.2014

 

BATMANS RÜCKKEHR - So denn, ich stelle den lieben Winter mal wieder (irgendwie) ins Zeichen von DC: ich habe mir dafür nicht nur ein Haufen Comics/Graphic Novels aus jenem Universum angeleiert (u.a. das hervorragende 'THE LONG HALLOWEEN' und 'WHATEVER HAPPENED TO THE CAPED CRUSADER?'), während ich mich alle paar Tage durch 'ARKHAM CITY' prügele - natürlich darf bei so einer Aktion auch nicht der Back-Katalog an (guten) filmischen Adaptionen aus jener Panel-Schmiede ausgelassen werden. Und da ich ja gerade erst vor einiger Zeit Burton's Erstlings-'BATMAN' sichtete, sprang ich dieses Mal wieder auf seine weit persönlichere Fortsetzung des Stoffes auf - und halte diese inzwischen zurecht für eine der Besten.

 
Dabei ist 'Returns' essenziell ein durchaus bizarres Produkt: vom Superheldenflair ist nur wenig übrig geblieben - dieses wird als Franchise-Verpflichtung zwar effektiv-abenteuerlich, aber deutlich understated eingesetzt. Das Wesen der Vorlage wird zwar schon zitiert - aus ihr erwacht aber eine freimütig-eigensinnige Kreation, so wie es sein muss. Weit mehr wirkt jetzt nämlich die originäre Vision Burtons, die zwar schon im ersten Teil klar dem Expressionismus huldigte, der Anlehnung ans räuberpistolige Hardboiled-Gangsterkino der 1930er Jahre allerdings nun vollends aus dem Weg geht, zugunsten einer tiefgreifenden Liebeserklärung an die Anziehungskraft des Andersartigen.

 
Da erschafft er ein fein-gewitzt-ausgearbeitetes, vielschichtiges Dreieck der kuriosen, sehnsüchtig-exzentrischen Gotham-Freaks; verschmilzt ihre Lebensgeschichten, Abweisungen/Huldigungen, Wünsche und Ängste in einen wechselseitigen Komplex um die Herrschaft dieses grotesken, machtlosen Territoriums - erinnert dabei einerseits (auch im Produktionsdesign) an die schräg-satirischen Ausbruchsfantasien eines BRAZIL, andererseits natürlich auch an leidenschaftlichen Schurkenschauer aus der Weimarer Republik (ein bisschen melodramatischen Humanismus aus dem klassischen Hollywood habe ich auch ein Stück weit wiedergefunden). Auf jeden Fall steckt da ganz viel Tim Burton drin und der Film gewinnt dadurch umso mehr süße, originelle, humorvolle als auch emotionale Facetten dazu.


Dass es sich dadurch nicht komplett wie eine wahrhaftig-originalgetreue Batman-Geschichte anfühlt, kann ich zwar nachvollziehen, bietet aber eine wunderbar-aufgemischte Einsicht in die persönlichen Sehnsüchte & Träume jener verschrobenen Charaktere hinter den Rollen-definierten Masken. Es geht weit weniger um den Mythos der rechtschaffenen Fledermaus und ihrer Rogues Gallery (wie u.a. in Nolans Trilogie), sondern mehr um das Streben der Figuren nach innerer Erfüllung/Glück. In Sachen Bruce Wayne & Selina Kyle, zwei missverstandenen Ausgestoßenen jenes Molochs Gotham, die sich zur persönlichen Entfaltung in ihre abenteuerliche Maskerade retten und dabei zueinander finden, wird dies besonders deutlich.

 
Allerdings kann ihr Wunsch nicht erfüllt werden, dafür sind sie sich und ihrem Rollenspiel doch zu sehr verpflichtet und müssen auf jene Art zusammenleben/gegeneinander kämpfen, was natürlich auch seine Vorteile und Reize hat. Interessanterweise wurde dieser Ansatz vom ultimativen Glücklichsein ja schlussendlich doch noch von Nolan in seinem RISES aufgegriffen und tatsächlich herzergreifend erfüllt - etwas was ich mir insgeheim seit Kindheitstagen an gewünscht hatte, denn so ein trauriger Held der Aussenseiter wie Batman/Bruce Wayne einer ist, tja, der hat sowas nun mal verdient. Und so sympathisch wie er von Michael Keaton dargestellt wurde, hat ja auch nicht jeder sooo hinbekommen.

 
Ich denke, unser RÜCKKEHRENDER BATMAN wurde hier von der Allgemeinheit doch etwas STRÄFLICH unterschätzt und bietet doch so viele schöne Ansätze zum Verlieben, dank dem schön-schummrigen Weihnachtsambiente, den fantastisch-geschriebenen Wortgefechten unserer fliegenden Latex-Exoten, dem umschwingenden, lieblich-finster schnurrendem Elfman-Score, den flehend-eruptiven & energiereich-unterhaltsamen Sehnsüchten des Besonderen und so vielem mehr. Ach ja, was war das eine Zeit, damals in den frühen, verträumten 90ern. Heutzutage sehen jene Filme aus diesem Genre alle ein ganzes Stück ernster und gar nicht mehr so unbeschwert aus. Auf ihre Art sind sie natürlich dennoch fantastisch (und irgendwie auch mal tatsächlich näher, intensiver am unsterblichen Geist ihrer ikonischen Vorlagen), doch sowas wie dieses Werk hier könnte einen ruhig öfter begegnen, nicht nur unbedingt unter strebsamen Superhelden. Ach Burton, wo bist du nur hin?




HEISSES PFLASTER KÖLN - Hand aufs Herz: viele dieser schönen, deutschen Milieu-Kracher aus vergangener Zeit ähneln sich doch echt stark in ihrer Aufmachung der Unterwelt-Exploitation. Aber Herrgottnocheins, es gibt noch immer viel zu wenige davon auf DVD, mein Heimkino lechzt geradezu nach solchen stark gelaunten Werken! Umso mehr erfreut es mich, dass die lieben Leute von LISAFILM und KÖLNPROGRAMM diesen Film von Ernst Hofbauer nach einer leidlich gelungenen (und gekürzten) Auflage endlich im optimalen Zustand, anamorph und ungekürzt, veröffentlicht haben. So eine Entdeckung macht Liebhaber des außergewöhnlichen Bahnhofkinofilms natürlich immer glücklich, aber kommen wir doch mal dazu, warum man sich auch dieses Stück Nachkriegs-Krimi-Eskapismus ins Haus holen sollte:

Quelle Aushangfotos: DVD-ROM-Part von KÖLNPROGRAMMS VÖ

Im Fokus des 'Heißen Pflasters' liegt der siedende Gang-War zwischen Kölsch'n und Wiener Zuhältern. An der Spitze der österreichischen Konkurrenten steht Walter Kohut, wunderbar gemeine und altbekannte Hackfresse aus zahlreichen ähnlichen Streifen, der sich schön und gern die Pomade schmiert & kämmt, wenn er mal wieder teuflisch-verschmitzt Frischfleisch in sein feines Etablissement einführt - wobei ihm sogar die Handkamera von hinten folgt, als wäre das hier ein früher Scorsese. Auf der Seite der Einheimischen stehen Arthur Brauss, der sich als peitschenschwingender Irre geradezu heißblütig-energisch ins tödliche Spiel hineinwirft, sowie Klaus Löwitsch, wobei sich dessen Auftritt (noch recht früh in der Karriere) beinahe als Hauptrolle entpuppt (da darf er nicht nur mit einem halben Ständer in der Hose an nackten Häschen herumfummeln, sondern auch gepflegt Leute durchprügeln, sich an Autos fesseln lassen und zum Schluss sogar einen eindrücklichen Abgang hinlegen).


Zwischen diesen Fronten geschehen sogar einige voll ausgespielte Subplots, die an sich fast immer extrem unterhaltsam sind, aber nur bedingt zum Hauptplot ineinandergreifen, erst zum Ende hin wirklich ein gemeinsames Gefüge ergeben. Da darf natürlich auch nicht die obligatorische, unausgegorene Love-Story fehlen, die niemanden juckt - dafür bekommt man aber als Ausgleich ein sadistisches, minderjähriges Mädels-Team serviert, welches sich faustdick-erpresserisch durchs Leben mogelt, immer eine kesse Lippe riskiert und alte Omas terrorisiert, um ein paar Kröten von der Rente abzubekommen. Top-Material also, auch wenn man längere Zeit etwas auf dem Holzweg ist, wohin all das nun führen soll. Dieser Umstand passt natürlich perfekt zum Wesen des Regisseurs Ernst Hofbauers, der solch episodische Strukturen später in seinen SCHULMÄDCHENREPORTS noch schamloser aufsetzte. Und ebenso wie dort bemüht sich dieser Film erst in letzter Instanz um irgendeine Form von fingererhebender Moral durch einen dahingeschluderten Voiceover am Ende.


Ernst nehmen kann man diesen abschließenden 'Rückzug' allerdings nur bedingt und es hat auch seine Gründe, warum der Film an sich erst ab 18 ist, wird das kriminell-draufgängerische Ambiente hier doch so genüsslich-verkommen abgefeiert, dass man sich zwar selber nicht vorstellen mag, in solchen Kreisen zu verkehren, aber dennoch die zynische Outlaw-Freakshow mit ihren sündig-verführerischen Frauenwesen (u.a. Beate Hasenau, Angelica Ott, Christine Schubert und andere Genrebekannte) vollends zu genießen. Und zum Schluss kommt dann auch noch Herbert Fux dazu - Kenner wissen: ab hier kann ein Film nur gewinnen, selbst wenn er wie hier in provinziellem Schwarz & Weiß daherkommt. Man sollte sich übrigens nicht täuschen lassen von der altbacken-monochromen Gestaltung, denn Hofbauer ziert seine Gangster-Posse nicht nur mit schnitttechnischer Rasanz, swingenden Trompeten, assigen Mordvarianten und großmäuligen Beleidigungen erster Güte, sondern lässt sogar den einen oder anderen, inszenatorischen Scherz zu (neben den bewusst nur beiläufig eingestreuten Moralanwandlungen):


In einer Szene im österreichischen Edelpuff wird gerade der Beischlaf in einer Halbnahen vollzogen, man hört die Tür aufspringen, die Dame schreckt auf und ruft den Namen des Eindringlings, "Paule". Normalerweise würde die Kamera jetzt zum besagten Cockblocker an der Tür herüberschwenken, und das macht sie hier auch - in diesem Fall aber verharrt sie dazwischen auf den Hund der Freudenspenderin, der natürlich die ganze Zeit schon brav auf dem Bett herumsaß. Erst danach zuckt die Kamera weiter zu Paule. Wirklich irrwitziger Einfall und einer von vielen in diesem hochprozentigen, erquickend-knalligen Skandal-Reißer im freizügigen, mörderisch-gutgelaunten Exzess von 1967.




12 YEARS A SLAVE - Im Vornherein erwartet man viel von so einer Produktion, mit Ausnahmetalent Steve McQueen am Ruder: Hardcore-Eindringlichkeit über die human condition, mit einer unverwechselbar-konsequenten, eisig-drastischen und packend-verstörenden Bildsprache. 12 YEARS A SLAVE hingegen sucht weit mehr die kalkulierte Sentimentalität, ist dabei zwar nie so overstated, wie z.B. der Schlussmoment von GRAVITY, allerdings aber auch so understated, dass einen das Geschehen nicht wirklich tief ins Herz sticht (da ist sogar der Protagonist Solomon etwas befremdlich zurückhaltend charakterisiert). Man spürt in vielen Momenten McQueen's Gefahr, in jene Falle der Academy-Gefälligkeit zu versinken, woran u.a. der deplatziert-beliebige (und schlicht ZU repetitive) Hans-Zimmer-Score leider etwas zu oft Schuld ist - ohne emotionalisierende Musikspur hätt's m.M.n. besser funktioniert, wo der Film doch ab und an dem Zuschauer die Entwicklung der Gefühle überlassen möchte, aber auch nicht allzu stark davon Gebrauch macht, in die wirklich aufwühlenden Bilder der menschlichen Finsternis und des höllischen Settings einzudringen. Das fühlt sich im Endeffekt in leider vielen Momenten etwas lauwarm an - in manchen, ausgewählten Szenarien allerdings auch wahrhaftig eindrücklich.


An sich ist 12 YEARS nämlich handwerklich famos und souverän abgewogen, mit einigen wirklich schockierenden Momenten in petto, die bei so einem Thema einfach unerlässlich sind. Allerdings fehlt es dem Film irgendwie an kühner Radikalität, die ihn von Filmen ähnlicher Machart abheben sollte, denn so bleibt einem wieder mal nicht mehr als die total-direkte, tränenreiche Darstellung vom Triumph des menschlichen Geistes in immens ungerechter, sadistischer Behandlung. Selbst die bestialischen Antagonisten, weiße Südstaaten-Sklaventreiber, haben nur wenig Facetten zu bieten, auch wenn sie recht intensiv gespielt werden (allen voran: der Fassbender). Es wird sich doch in Sachen Charakterisierung irgendwo zu sehr auf die 'Star-Power' verlassen, wodurch eine gewisse Kostümfilm-Theatralik entsteht. Sowas funktioniert vielleicht bei Exploitation wie DJANGO UNCHAINED, hier zieht es einen aber schon beinahe aus dem Film raus, wenn eine ganze Reihe Indie-Darlings zur Nachstellung von Tatsachen antritt. Am Schlimmsten kommt dabei Brad Pitt rüber, der sich nicht nur als Produzent des Films, sondern auch noch als rechtschaffene Befreierfigur profiliert. Argh...


Aber genug gemeckert, sehenswert ist 12 YEARS A SLAVE auf jeden Fall und gewährt uns einen recht einfühlsamen Einblick in die hässlich-rassistische, brutale Fratze der Sklaverei, in der man sich schlussendlich doch überwinden muss, irgendwie zu leben, denn nichts zählt mehr als das Überleben - da gewährt einem das Schicksal am Ende auch die bittersüße Erlösung. Allerdings muss man als Zuschauer damit rechnen, dass jene 'Erlösung' im Narrativ etwas zu überflüssig-tränendrüsig aufbereitet wird, auch wenn es der Film selber nie zugeben würde: er bedient einfach irgendwo alteingesessene, vorhersehbare Formeln und versucht diese mit stilvoll aufgelöster Härte zu kaschieren. Ich gebe zu: es gibt genug ähnliche Filme, die weit plakativer mit ihren Emotionen umgehen, aber ein bisschen mehr als gut gelungene Stilsicherheit im nur bedingt erhellenden Aufklärungsauftrag, hätte ich mir schon gewünscht. Aber das ist nur meine Ansicht, es schadet auf jeden Fall niemandem, sich mit diesem Film bekannt zu machen.




DAS AUGE DES BÖSEN - Wenige Stunden vor Neujahr hatte unsere Feiergesellschaft diesen feinen 'Giallo'-Exploiter aus italienisch-französischer Ko-Produktion gesichtet, natürlich stilecht von VHS, wo die wunderbar verkorkste, alte dt. Fassung von Uwe & H.G. Schier verewigt ist, die im Vergleich zur Originalfassung gut und gerne einige Szenen vermissen lässt, dafür 'ne gute Menge 'neuer' Einspieler (mit sehr unterschiedlicher Bildqualität) und Wiederholungen blutiger Highlights hineinschneidet - selbst der originale Bruno Nicolai-Soundtrack wurde gegen italienischen Electro-Funk aus der Poliziottesco-Ecke sowie flottem Boogie-Disco ausgetauscht.
 
Der Nonsens-Krimi-Plot um das geheimnisvolle Serienmorden in der Unterwelt von Paris, der sich als 'auf Edgar Allan Poe basierend' gibt, wird dabei von wahlweise übertrieben (Peter Martell, dessen herumgereichter Kopf das Highlight des Films darstellt), verträumt (Howard Vernon) oder lächerlich (Robert 'Humphrey Bogart-Imitator' Sacchi) agierenden Witz- und Klischeefiguren bevölkert, die entweder ekstatisch-klobig ausrasten oder durch schnarchigst-verhonkte Investigationsmethoden glauben zu wissen, wer der morchelnde Täter sei.


Als Opfer & Verdächtige steht dabei reichlich junges und betagtes, weibliches Bordell-Gemüse bereit (ein fantastisches Euro-Ensemble von Rosalba Neri und Barbara Bouchet, über Evelyn Kraft und Eva Astor bis hin zu Anita Ekberg in ihrer schwächsten Stunde), welches von schmierigen Playboys, Freiern, Professoren und Pfeiferauchern (u.a. ein Rolf Eden, der hier ausschaut wie Leo Fong, sowie Gordon Mitchell in einem Gastauftritt) drangsaliert, geliebt, verstümmelt und natürlich auch reichlich-keimig gebumst wird. Denn der Sleaze-Faktor von 'AUGE DES BÖSEN' ist weit höher eingepegelt als irgendeine etwaige, künstlerische Raffinesse, die das Genre (immerhin kam der Streifen als Erster in der GIALLO EDITION von FilmArt raus) vermuten lässt.


Es gibt reichlich Kunstblut und nackte Haut, sogar ein (Schafs-)Auge wird in Nahaufnahme ruppigst zerschnitten (soll im Narrativ einem wissenschaftlichen Zweck dienen, welchen auch immer), auch die Dialoge steigern sich in herrlich-superdoofe Zynismus-Hohlheiten und schablonenhafte Blödel- & Dramatikversuche. Stilecht dazu kommen eine anachronistische Beleuchtung, die ausschließlich mit harten Baustrahlern getätigt wurde, unterschiedliche Tageszeiten und Farbtöne in durchlaufenden Sequenzen, verkackteste Tricktechnik (u.a. recht 'plastische' Leichenteile und eine 'Fall-Animation', die sich so noch nie jemand getraut hat) und ein 'Spannungs'-bogen, der sich immerhin von einer plakativ-irrwitzigen Fickerei/Morderei/Kneipenschlägerei/Rätselei zur nächsten hangeln kann.


Kurzum: ein energiereich-naiver, strunzdummer Crime-Reißer zum Totlachen. Wer auf solch einen exploitativ-knalligen, schmierig-hingeschluderten Bahnhofskino-Quatsch steht (und da gehöre ich voll und ganz dazu), der ist hier besonders gut aufgehoben. Exquisites Räudenfutter, nur vom Feinsten und dazu auch noch irre komisch, besonders in unfassbarer Schier-Manier. Ein Knaller-Tipp!




VOM SATAN GEZEUGT - Oberflächlich bietet sich hier ein waschechter 'Rosemaries Baby'/'Der Exorzist'-Rip-Off an, natürlich aus italienischer Hand, mit einem schön-naiv-verquerten Blick aufs zeitgenössische Amerika, hier in Form des liberalen San Franciscos, wo eine ebensolche moderne Familie den dämonischen Schrecken einer weiteren, überfordernden Schwangerschaft erlebt (schließlich gibt's da schon 2 anstrengende Kids zum Aushalten).

Der Handlungsrahmen ist an sich dann auch streng vorhersehbar und greift beherzt-exploitativ zu erfolgsversprechenden Zutaten wie Kotze, Budenzauber-Blackmagic und hysterischen Make-Up-Fressen. Und ach, wie herrlich verspielt es hier doch zur Sache geht! Allein auf der visuellen Ebene bekommt man eindringlich-fiese Verengungen der perfiden Furcht eingeführt (meine Favoriten: die paranoiden Spaziergänge durch die wilde Stadt, auf Tuchfühlung mit Satans allumfassenden Blicken), zudem schön plakativ hingerotzt mit psychedelischen Videoeffekten, Stopmomenten, wirren Loops & Single-Frame-Einsprengseln (nicht ganz so unterschwellig-suggestiv wie bei Friedkin) und Dimensionen-verschmelzenden Überblendungsmontagen.

 
Zudem hitzt einen die Tonebene dann noch so richtig auf - der stilechte Micalizzi-Score zischt zwischen mysteriösem Funk und blubbernder Hysterie hindurch ins rhythmisch-vergiftete Blut, beschwörend-finstere Atembomben lauern in den machtlosen Hauswänden, während die deftige Berliner Synchro vollends auf die Kacke haut: Danneberg als verwirrter Daddy, der gegen beide ihm vertraute Stimmen der rechten Hand des Teufels ankämpfen muss (Wolfgang Hess UND Arnold Marquis), während der Vulgärwortschatz vom 'Exorzisten'-Vorbild schon dadurch übertroffen wird, dass die 2 Gören der Familie schon vor der Einkehr des anstehenden Damian-Child frei Schnauze daherkeifen dürfen (anti-autoritäre Erziehung halt, da kommt der Teufel eben nun mal schneller zu Besuch).


So gerät allmählich der Wahnsinn im Narrativ außer Kontrolle, je näher der Tag der Geburt voranschreitet (und sowieso von Teufelshand beschleunigt wird). Da stößt Satan den metaphysisch-begabten Dimitri mit dem Auto von der Klippe, lässt ihn aber noch für ein paar Tage weiterleben, um ihn als beinahe ektoplasmischer Sklave arbeiten zu lassen, der immer machtlos die Kotze der Besessenen ins Gesicht abkriegt. Sobald er seine Funktion aufgebraucht hat, fliegt das Auto schlussendlich dann doch vollends von der Klippe. Welch ein psychotronischer Wahnsinn, zudem filmisch recht geschickt aufgelöst.


Apropos Machtlosigkeit: die steigert sich zum Hauptthema des Films, sobald der Teufel einfach willkürlich jene Familie terrorisiert, deren Frau in eine räudig-schreiende Bettpilotin verwandelt, ihr Prophezeiungs-mäßig ein Horrorbalg androht und schlussendlich (offenbar aus Trotz) doch einfach nicht mehr als eine von sich aus schon lebensunfähige Totgeburt aus dem Leib zieht (recht verstörender Schlussmoment, muss ich zugeben). Da fummelt er auch noch spitzbübig an der nachvollziehbaren Kohärenz des Films herum, remixt ihn geradezu wie ein verträumter Korine und versetzt den Zuschauer in bizarre Verwirrung - zwar noch mit den zu erwartenden Bausteinen des damaligen Horrorgenres, welche hier allerdings so überspitzt auf die Kacke hauen, dass man sich wirklich nicht mehr sicher, sprich machtlos fühlt. Ganz toll!




SEMMEL, WURST UND BIRKENWASSER - Hans Dieter 'Barny' Bornhauser, einschlägig-ulkiger Sex-Klamauk-Regisseur aus deutschen Landen, der ab den 1980ern offenbar als Budenguru-Psychologe Sektenmaterial über die Reinkarnation publizierte (siehe hier), war den Schmuddelfilm-Kollegen mit seinen bumsfidelen Werken trotz merklicher Budgetgrenzen immer ein gutes Stück voraus, jedenfalls in Sachen durchgeknallter, fast schon satirischer Humor. Und ja, auch mit seinem Debütwerk 'SEMMEL, WURST UND BIRKENWASSER' gibt er in der Hinsicht Vollgas:


Gleich zu Anfang schon meldet er sich persönlich als Produzent zu Wort, warnt das Publikum davor seine aufreizenden Produkte in allzu unvermeidlichen Kleinstädten zu zeigen, da diese dort für (lenden-)gewaltige Unruhe sorgen dürften. Sodann zeigt er uns solche Auswirkungen am Beispiel des Kaffs 'Bumsenhausen', wo eben jener Film (mit dem Titel eben dieses Films) läuft und die durchweg derben, doch feigen Proleten-Kerle nun mit Ehefrauen konfrontiert werden, die auf der Leinwand ausgelassene Liebesspiele gesichtet haben und diese nun auch zuhause am eigenen Körper erleben wollen - wer kennt's nicht? Das erbost sogar den örtlichen FSK-Arbeiter, der aber zugibt, jenen Film nicht gesehen zu haben (es zwinkert ach so heftig aus Bornhausers Auge).

 
Allerdings haben die Herren der Schöpfung in Bumsenhausen auch so schon ordentlich 'verdorbene' Pläne - so versuchen sie alle ein bisschen Hypnose (ein Thema, mit dem sich Bornhauser 1975 in seiner 'Dokumentation' HYPNOS nochmals näher befasste) zu lernen, nicht nur um die süß-sanften Vollblut-Frauen in der Umgebung gefügig zu machen, sondern offenbar auch um für sich selbst visualisieren zu können, wie die drallen Mitbürgerinnen unten drunter ausschauen - na da ist aber jemand kindisch! Nebenbei prahlen sie auch noch mit tollen Geschichten von ihren früheren Eroberungen, die sich aber in hypnotisch-tonfreien Rückblenden als ausgekochte, demütigende Lügengeschichten entpuppen, wo jene Kerle von den Frauen im lauen Herbstnebel der nassen, weiten Wiesen hämisch unterjocht wurden.


Selbst ihre geheimen, naiven Sex-Fantasien, die sie vor ihren anspruchsvollen, feurigen Ehefrauen zurückhalten, laden eher zum entlarvenden Belächeln ein, erst recht die urigen, Missgeschick-behafteten Bemühungen eines angeberisch-frechen Opas, der im örtlichen Massagesalon einen wegstecken will und dabei auch vermeintlich-selbstsicher zu dämlichen Rick-James-Perücken, vollbestickten Rocker-Jacken und dem dazugehörigen Halbstarken-Jive greift - dabei vollends die Fäuste des heiser Phrasen-zischenden Bouncers sowie dessen knalligen Hausverbot zu spüren bekommt. Zuhause gibt sich das senile Großmaul dann topfit, sobald man ihm unwissend anbietet, sich in jenem Salon die Bandscheibe behandeln zu lassen.

 
Dagegen schauen die schlagkräftigen, Initiative-ergreifenden Frauen des Films natürlich weit geschickter, offener und cleverer aus, hauen ordentlich unverklemmt auf den Putz und verlangen nach dem besten Sex, den ihre schlaffen Gatten bieten können - wenn das nicht hilft, holt man sich eben auf geheimen Wege stärkere Bolzen in die Bude! Was ein irrsinniges Lustspiel unser Barny doch hier in die bieder-keimige Provinz hineinbringt; so herrlich-locker, sarkastisch und verträumt mit den Irrungen und Wirrungen der kleinstädtisch-unbeholfenen Geilheit herumspielt - dabei der Herrenwelt den Boden unter den Füßen wegzieht und Platz macht für ein paar wahrhaftig liebesdürstende, kesse Käfer. Wirklich anregend-erotisch aufgeladen ist seine Posse trotzdem zwar nicht allzu oft, doch dafür niedlich-frech und kumpelig-entspannt allemal. Gibt's in mehreren Editionen (und Titeln) ungekürzt (?) auf DVD - da erwartet Euch ein unbeschwert-genüsslicher Schwank, im guten alten Bumsenhausen.




GRIECHISCHE FEIGEN - Siggi Götz lässt mal wieder im bezahlten Urlaub die Seele baumeln und seine fesche, freiliebende Protagonistin im malerisch-sonnigen Griechenland jede Menge erotisch-frivole Abenteuer erleben, wobei diese sich als äußerst hübsch anzuschauender, fast immer barbusig-nackter Gammler per Anhalter durch die Landschaft fahren lässt, bei swingenden Paaren durchfrisst, vermeintlichen Vergewaltigern einen Streich spielt, deren Karre klaut und ab & an allmählich davor steht, die große Liebe zu entdecken.


Diese Erlebnisse zeichnet sie auf ihrem Weg der sanft-rebellierenden Selbsterkenntnis auf Tonband auf, führt Buch über ungezwungene Bettbekanntschaften, Natur- und Völkerschönheiten, heißblütige Klima- und Gefühlseruptionen sowie perspektivenlose Zukunftshoffnungen, während auf dem Soundtrack eine Handvoll potenzieller Feelgood-Disco-Hits durchgespielt wird, die in voll ausgespielten Montagen die gemütlich-sinnliche Reise in diesem Ambiente lebensfroh chronologisiert.


Dass dabei für unsere junge, rassige Patricia (Betty Vergès) auch Schattenseiten im Beischlaf-fixierten Erwachsenwerden zum Vorschein kommen, ist bei soviel Offenherzigkeit nur eine Frage der Zeit, stellen sich als Erscheinungen von Enttäuschung, Ausbeutung und Eifersucht in den Weg der lockeren Suche nach dem Glück. Jenen kann sie aber immer noch so gut es geht im letzten Moment gewitzt ausweichen, allerdings manifestiert sich auch in ihr irgendwann der Gedanke, dass sie nur bei einem Partner wirklich erfüllende Zufriedenheit (und Befriedigung) finden kann: einem Macker mit einem Boot, der ausschaut wie 'Luke Skywalker meets Junger Mel Gibson'.


Ach ja, wo die Liebe hinfällt. Aber ein schöner, kurzweiliger und schön schwüler Ausflug in sonnig-eigensinnige und teils auch wunderbar-freche Körperlichkeiten auf olympischem Boden war's trotzdem - recht sympathisch-naiver, hippiesker Eros-Trip, da buche ich doch gerne nochmal.




OKTOBERFEST! DA KANN MAN FEST... - Vollkommen provinzieller Schwank aus der Hochzeit des deutschen Erotik-Klamauks. Dabei immer schön am dauergeilen, exzessiven Fummeln, dass man geradezu fühlt wie gerne doch Regisseur Hans Billian (hier unter dem Pseudonym Christian Kessler) zu jener Zeit schon einen echt spritzigen Vollblut-Porno drehen wollte (und letztendlich auch wirklich einer der Ersten in Deutschland war, u.a. mit 'KASIMIR DER KUCKUCKSKLEBER', ebenfalls wie hier mit Hauptdarsteller Sepp Gneissl).


Ich sage es mal so: es hätte sich echt gelohnt - manche hier präsentierten, aufgehitzten Bums-Abenteuer, u.a. mit Ulrike 'Gefallener Engel' Butz und der etwas deftigeren Dorothea Rau hätten dazumal in hingebungsvoller Hardcore-Aufmachung durchaus lustvoll-augenschmeichelnde Freudentränen zu Tage gefördert. So muss man zwar noch ein gewisses Stück Fantasie anwenden, aber sich hauptsächlich auch noch mit dusseligstem Deppen-Humor zufriedengeben, der mit seinem luftig-knallchargigen Seitensprung-Plot den Bogen der Erträglichkeit ab und zu doch anstrengend überschlägt (das letzte Drittel des Films fühlt sich infolgedessen wie ein aus-dem-letzten-Loch-pfeifend-erschöpfender Epilog an).

 
Nichtsdestotrotz, ein durchaus sympathisches und niedlich-derbes Puderwerk in oberbayrischen Tölpel-Dimensionen, stilecht rasant-zweckmäßig inszeniert, frivol und unaufgeregt-vorhersehbar, mit angenehm-ausgiebigem Fokus auf die weibliche Belegschaft. O'zapft is! Ach ja, einen Subplot mit echter Liebes-Entwicklung zwischen einem Reporter und einem dänischen Zeltmädel gibt es auch noch, juckt aber niemanden und wird ganz zum Schluss in einer 10-Sekunden-Einstellung abgeschlossen (das Paar auf der Achterbahn, in etwa "Wir werden heiraten, gell?").

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