Sonntag, 19. Januar 2014

Tipps vom 13.01. - 19.01.2014



Was soll man zu diesem Film noch sagen, was nicht eh schon jeder für sich selbst ausdiskutiert: wie stehts mit der Moral der Darstellung vom Börsen-Wolfsrudel? Bevor ich versuche, da einen Standpunkt zu finden, hier erstmal die oberflächlichen Vorschusslorbeeren: diese hammerhart-fiese Komödie steckt so voller Energie, Spielspaß, Exzess und technischen Meisterleistungen auf allen Ebenen (ein, zwei Ausfälle im Schnitt inkl.), dass sich die 3 Stunden Laufzeit höchstens wie 2 anfühlen. Die visuelle Ebene liefert eine durchschneidend-kinetische Größe, die dem hochprozentig-bombastischen Lustspiel vollends entspricht und nur so vor wilden Pointen strotzt. Sogar eine wilde CGI-Sturmsequenz springt unvermittelt hervor und dreht alle Knöpfe auf 100. Zudem befindet sich auf dem Soundtrack ein weitreichendes Archiv aus allen Richtungen, immer in Richtung Party und Punk-Attitüde, ohne Urteil, voll mit Action - in allen Lagen.


Der Spannungsbogen zischt ratz-fatz durch hunderte von aberwitzigen Szenarien, nimmt sich allerdings auch gut Zeit für außerordentliche, komödiantische Highlights (Stichwort: Lemmon) und bleibt bei ca. 2 1/2 von 3 Stunden auf energisch-durchgeknalltem und faszinierend-voranpuschendem Speed (und Koks). Kommt da auch irgendwann mal der Absturz? Tja, er findet schon statt, aber im Vergleich zu den ähnlich strukturierten Mafia-Geschichten GOODFELLAS und CASINO von Scorsese geht dieser relativ niedrig vonstatten. Im Vordergrund steht die zelebrierte Abzocke und der hedonistische Exzess, da lebt der Film im Moment und führt die Outlaw-YOLO-Mentalität an Grenzen, die immer weiter zersprungen werden. Und obwohl sich gegen Ende hin unser Protagonist Leo quasi mit einem Schlag die Gunst des Zuschauers, der das Treiben bis jetzt fasziniert verfolgt hat, versaut, so überkommt ihm dennoch keine wirkliche Läuterung, macht stattdessen weiter wie bisher.


Hier baute sich für mich ein moralischer Zwiespalt auf: feiert der Film die Methoden des Belfords und seine ausschweifenden, unfassbar spaßig-frivolen Verschwendungen so hart ab, dass man sich daran ein Beispiel nehmen könnte, alà "So gut wie diesen Typen könnte es mir auch gehen!"? Je länger man aber drüber nachdenkt, hält diese theoretische Wirkung nicht wirklich stand. Japp, Scorsese zeigt alle diese sehr subjektiven Ereignisse und Orgien des Belfords mit einem spektakulär-voyeuristischen Auge, schamlos und schmerzfrei, auch dass der Typ quasi unverändert & früh aus dem Knast entlassen wird, wie es dem Jordan im wahren Leben ebenso erging. Warum sollte sich Scorsese also dazu verpflichtet fühlen, all das abzuschwächen oder plakativ zu dämonisieren (anhand eines dramatischen Score o.ä.), wenn der Lauf der Dinge doch wahrscheinlich genauso abgefuckt, hitzköpfig und zynisch, wie in einem anarchisch-verätzenden Dschungel, durchgeführt wurde (oder auch nicht, ist eh irgendwo irrelevant)?


Man kann es ja nur schwer abstreiten: so eine Welle des illegalen Erfolges und der aberwitzigen Ausgelassenheit fasziniert die Menschen, das liegt einfach in unserer Natur. Und so ertappt man sich dabei, dass man die Aktionen dieser Börsen-Arschlöcher mega-unterhaltsam findet, obwohl man weiß, wie abzockerisch sie durchgeführt und wieviele Menschen von ihnen so aufs Kreuz gelegt wurden. Da macht der Regisseur im Grunde nichts anderes, als unsere objektiv höchst-verdorbene Lust auf diesen Exzess vorzuführen, diese bis zum Zenit zu tragen und dann immer tiefer in den grotesken Drogenrausch und seiner Vollgekotztheit reinzustecken, dass wir diese Honk-Millionäre auf der Leinwand nur noch auslachen können, bis zum Geht-nicht-mehr. Keine Sorge, ab einem gewissen Punkt findet (hoffentlich) auch der letzte Zuschauer diese Leute abscheulich - aber wenn wir mal ehrlich sind, haben wir sie doch erst so groß und gierig gemacht (bzw. die Ära, in welcher der Narrativ wirkt, gilt aber genauso gut für heutige Verhältnisse).


Und in der letzten Einstellung des Streifens, wo einige wahllose Zuhörer erneut der manipulativen Magie von Belford und seinen Reden verfallen (wie wir mittendrin ja auch), macht Scorsese erst recht vollends deutlich: wir sind genauso solche manipulierbaren Schafe, wahrscheinlich wie er selber mit seiner Faszination zur Story, also: Aufgepasst! Ich muss zugeben, der letztjährige 'PAIN AND GAIN', der in großen Teilen Scorsese's WOLF vorwegnimmt und quasi dieselbe Geschichte erzählt, machte in dem Sinne noch deutlich klarer, was für schmierige Bastarde wir da als Protagonisten vor uns haben. Die bekamen allerdings in ihrer Siffigkeit auch die gerechte Strafe und waren zudem totale Vollidioten, deren Pläne nur mit chaotischster Gewalt klappten und nur für kurze Zeit eine Art 'Erfolg' einstellten. Bei Scorsese sind diese Leute zwar auch die größten Sauhunde, aber verdammt clever in der Ausführung, schlagen sich weit geschickter aus jedem möglichen Schlamassel und werden dabei permanent-schweinereich. Das ist ohne Zweifel weit gefährlicher. Und dennoch als Komödie unfassbar unterhaltsam. Sicher, da gibt's noch ne Menge drüber zu grübeln, aber Junge, war das ein ausgezeichneter, grenzenloser Rausch der Verkommenheit.




SO EIN SATANSBRATEN - Holt euch mal ein bisschen Proviant herbei, liebe Leser, das hier wird eine etwas längere, aber hoffentlich lohnende, Besprechung.

Vor kurzem habe ich mir, nachdem ich den Nachfolger hiervon, 'Ein Satansbraten kommt selten allein', relativ stark abfeierte, die 'Satansbraten'-Trilogie auf 3er-DVD aus Australien bestellt, da diese als günstige PAL-Variante sogar deutschen Ton bereithält. Im Endeffekt beherbergt Teil 1 zwar nicht dieselbe Radikalität der überzeichneten, plakativen Cartoonhaftigkeit seiner Fortsetzung, stellt aber eine noch tiefergreifende Erfahrung bereit. Und das obwohl 'So ein Satansbraten' der Debütfilm von Regisseur Dennis Dugan ist, der in den letzten Jahren mit seinen immer dröger werdenden Adam Sandler-Komödien scheinbar an Ambition nachgelassen, stattdessen an Kommerzgeilheit dazugewonnen hat. Mit diesem Film allerdings, den er nach einem Drehbuch von den 'Ed Wood' & 'Mondmann'-(sowie Burton's nächster BIG EYES)-Autoren Larry Karaszweski und Scott Alexander (deren Feder und Geist man im Verlauf des Films immer stärker bemerkt) inszenierte, beweist er, dass er einstmals durchaus mehr in seine Werke zu packen vermochte, als schludrig umgesetzten Random-Humor-Zynismus.

Sein Stil wirkt hier nämlich geradezu frisch und ausgezeichnet pointiert, behilft er sich doch bereits in der Eingangssequenz - wo unser SATANSBRATEN Junior in seinen Windeljahren aufgrund seiner anarchischen Handlungen von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht wird, dabei immer wieder im selben Korb vor die Türschwelle unbedarfter, stetig desolater erscheinender Familienhäuser ausgesetzt wird - einer visuellen Konzentration, die mit geschicktem Timing vermittelten Bildern nicht nur kongenial einen bloßen Joke erzählen, sondern auch warum dieses Kind solche Sachen überhaupt macht und zum Satansbraten deklariert wird: die 'Eltern' kümmern sich kein Stück darum und behandeln es als belastend-überforderndes Anhängsel, welches keine Gegenliebe verdient hat und infolgedessen um Aufmerksamkeit buhlt/sich rächt - ganz einfache Psychologie und ein treffender Seitenhieb auf die Foster-Child-Mentalität Amerikas: "Let the problem solve itself!"

 
Kein Wunder also, dass dieses Kind, welches letztendlich im Waisenhaus landet, dadurch zum frechen, Streiche-spielenden Soziopathen 'aufgezogen' wird, sich sodann auf eine Brieffreundschaft mit einem Serienmörder einlässt, da es glaubt, nur von jenem verstanden werden zu können - auch insofern, was den Faktor des Gefangenseins betrifft, was sowohl für den Serienmörder im Gefängnis als auch für Junior im Waisenhaus gilt. Diese Parallelität tritt zudem nicht nur dadurch in Erscheinung, dass beide Individuen von ihren Mithäftlingen und Aufsehern gefürchtet werden, sondern auch in dem stets eingebläuten Mantra, gefälligst artig zu sein oder sich zum Besseren zu wandeln, wenn sie denn rauskommen wollen.


Dieser Punkt greift in das größte Thema des Films ein: es herrscht in der Bevölkerung eine deutliche Faszination für das Bösartige, den Outlaw, das Misanthropische - sich damit zu befassen, wo die Wurzel des Übels liegt und dem mit Verständnis entgegen zu kommen, dazu hat keiner den Mut. Erst John Ritter als bemühte, gutmeinende Vaterfigur Ben Healy, welcher schon selbst nur niederblickend von seinem eigenen Vater 'Big Ben' Healy behandelt wird und - so wird es suggeriert - seit der Kindheit von ihm keinerlei Aufmerksamkeit oder Anerkennung bekommt, will versuchen dieses Kind in sein Herz aufzunehmen und es wie einen echten Sohn zu lieben.


Im Gegensatz dazu steht dessen Ehefrau, die sich in ihrer all-amerikanischen Nachbarschaft (welche Ben immer wieder mit ihrem forciert-stolzen Familiensinn unterbuttert) mit einem Kind profilieren will, zwar unfruchtbar ist, aber auch gerne darauf verzichten kann, die Qualen des Umgangs mit Babies zu erfahren, weshalb sie der Adaption des Satansbratens zustimmt - auch weil sie in ihrer hohlen Konsum-Abhängigkeit vom 'Kinderhändler' Gilbert Gottfried insofern hinters Licht geführt wird, so schmackhaft er Junior für sie (und natürlich auch für Ben) macht. Der gutmütige Ben sieht zwar nach wenigen Augenblicken in der neuen Wohnung schon, dass der Inhalt nicht ganz das ist, was die Verpackung verspricht, bleibt dennoch (im Vergleich zu seiner Frau) voller Zuversicht. Erst als 'Big Ben' zu Besuch kommt und das Kind zum ersten Mal nach einem feurigen Streich erblickt, weist dieser es sofort als 'Satansbraten' und 'Teufel' aus.

 
Er muss es ja wissen, schließlich führt er eine große Baumarktkette, steht kurz davor dieses Franchise an die Japaner zu verhökern anstatt seinem Sohn eine Art Erbe zu hinterlassen und drängt zudem mit guter Miene seine Mitbürger dazu, ihn zum Bürgermeister zu wählen. Als er dann das nächste Mal unseren Junior bei einer Geburtstagsparty begegnet, wo dieser sich als Teufel verkleidet hat, behandelt ihn Big Ben ganz wohlwollend, wie einen alten Kumpel und bittet ihn darum, Kampagnen-Sticker und -Aufkleber an seine Freunde zu verteilen. So läuft der Hase...

Doch nicht mal die Kids haben ein Herz für Junior übrig, beschimpfen ihn, kein echtes Kind zu sein, weil er ja adoptiert ist und lassen ihn nicht an ihren Spielchen teilhaben. Sein Adoptivdaddy erkennt die Situation und versucht ihm gut zuzusprechen, überreicht ihm ein Geschenk von seinem Großvater - eine vertrocknete Pflaume die für den senilen Opi wie Roosevelt aussah - als Zeichen der Verbundenheit. In solchen Augenblicken merkt man dann, dass sich was in Junior wandelt und auch wenn diese herzerweichenden Sequenzen in ihrer Dauer recht konzentriert und flott bleiben wie der Rest des Films, so erschaffen sie dennoch eine beachtliche, emotionale Resonanz, die sie sich im Kontext des Narrativs und der Charakterentwicklung redlich verdient haben. Aber da der Film jetzt noch nicht zuende sein kann, rächt sich Junior an seinen Kiddie-Peinigern und vermiest mit gewitzt-durchtriebenen Streichen sodann die Party des kleinen, ihn hänselnden Geburtstagsmädchens - in einer Montage zu 'IT'S MY PARTY' von Lesley Gore, die in ihrem anarchisch-kathartischen Rebellen-Humor und 'Replay'-Spielereien an die erhebende 'Everytime'-Sequenz im letztjährigen SPRING BREAKERS erinnert.


Als es Junior jedoch durch diese Aktion und einem chaotischen Baseballspiel übertreibt, steht Ben vor einer Glaubensprobe und entschließt sich, das Kind ans Waisenhaus zurückzugeben. Dort beschwert er sich zunächst zusammen mit seiner Frau, dass sie dieser Plage in Menschenform ausgesetzt wurden, wird aber vom sich ertappt fühlenden, defensiven Gilbert Gottfried darauf hingewiesen, dass es dem Waisenhaus scheißegal ist, wo das Kind als Nächstes hinkommt, schließlich wurde es schon knapp 30-mal herumgereicht. Diese Information schockiert Ben so dermaßen, dass er endlich erkennt, warum Junior solche Verhaltensstörungen hat und schwört daraufhin, ihn bedingungslos zu lieben, denn nur so kann man ihm helfen.

 
Doch auch das gestaltet sich schwer, sobald nämlich jener Serienmörder von Junior's Brieffreundschaft plötzlich vor der Haustür steht, Ben's Ehefrau verführt (Faszination mit Soziopathen wieder mal) - welche das gerne mit sich machen lässt, weil sie glaubt dadurch das Kind los zu werden - sie & Junior kidnappt und Ben sodann um 100.000 $ für die Freilassung erpresst. Da rastet Ben vollends aus und will am Liebsten alles hinschmeißen, erkennt aber dann in Juniors Zeichnungen seiner neuen Familie, dass er als treusorgender Vater doch der einzige Lichtblick für ihn war - schließlich macht er sich auf die Suche nach seinem Sohn, konfrontiert dabei auch seinen eigenen Dad, der nicht bereit ist, das Geld für die Freilassung bereitzustellen, weshalb er ihm die Meinung geigt, das 'Sohn-Sein' kündigt (!) und Big Ben vor der Bevölkerung bloß stellt.

 
Es kommt sodann passenderweise zum Showdown auf einem Rummel, voller Clowns und Freaks, Ausgestoßene und Gespött der Unterhaltungs-dürstigen Gesellschaft, wo Junior vor die Wahl zwischen zwei Dads, zwei Ideologien, zwei Lebenswegen gestellt wird. *SPOILER* Er entscheidet sich für Ben, doch nach einer heißen Verfolgungsjagd, die schon mittleren Action-Standard jener Entstehungszeit erfüllt, muss er mitansehen, wie sein abgewiesener Dad, sobald dieser von der Polizei abgeführt wird, zur Waffe greift und Ben erschießt. Nach dem tränenreichen Flehen Juniors, Ben solle weiterleben, stellt sich heraus, dass die Kugel doch noch von einem Wahlkampf-Button seines Vaters und der vertrockneten Pflaume des Opas abgeprallt war. Somit gibt's ein Happy-End für die Healy-Boys. Die Mutter hingegen landet auf einem Truck zusammen mit einer Gruppe Schweine und wird von denen angeschissen, weil sie ja auch eine ganz selbstsüchtige Sau war. Es ist ja schließlich immer noch eine Komödie! *SPOILER ENDE*

 
Man merkt schon, die Story bietet so einiges an gehobener, dramatischer Tiefe und auch wenn sie im Endeffekt als freche Komödie mit etwaigen, unbedarft-kindischem Totlachfaktor aufgelöst wurde, zeigt sie hinter ihrer unterhaltsamen, Familien-freundlichen Fassade ein furchterregendes Bild vom modernen Amerika, welches in seiner aufgetragenen Nettigkeit und Perfektion eine Bösartigkeit gegenüber dem Fremdartigen verbirgt, sich zwar irgendwo dafür begeistert und Unterschwellig-Abgefucktes wie Big Ben's Kampagne als unschuldige Volksnähe zelebriert, dem Problem und seinen Konsequenzen aber dabei starrköpfig aus dem Weg geht, lediglich sofort 'verdammt'. Da stört es mich kaum noch, dass dieser Erstling im Vergleich zu seinem Nachfolger weniger überzeichnet bunt daherkommt - je trister und aufgesetzt-lächelnder die US-Idylle auf Junior einwirkt, desto eher wird deutlich, wie bitter und Zerstörungs-würdig dieses Umfeld für ihn sein muss.

 
Lediglich der einzige aufrichtige Mensch in dieser konservativen Misere, Ben Healy, kann ihn allmählich davon überzeugen, dass er nicht von allen als Feind dieses Umfelds angesehen, sogar irgendwo akzeptiert wird und sich erst recht nicht alles gefallen lassen muss (in Teil 2 ist letzteres sogar die omnipräsente Hauptmotivation). Und selbst wenn das alles einen gewissen, christlichen Schmalz ausdrückt, so ist die Botschaft an sich doch eine äußerst vorbildliche - wird auch noch von einer guten Menge fantastisch gesetzter Pointen mit satirischer Ader (u.a. die 'Dad' & 'Super-Dad'-Mützen und der immer deftiger werdende Gehalt von 'Erziehungshandbüchern', die Ben als frischer Vater liest) und einem stets fühlbaren, knallig-verschmitzten Streben nach einem Ausbruch aus dem Regelbuch begleitet, selbst in der gefälligen, doch punktgenauen, fettfreien Inszenierung. Eine überraschend harte Familienkomödie!




DER DUFT DER FRAUEN - Wer braucht schon Urlaub, wenn man sich auch einfach Dino Risi's klassische Komödie reinziehen kann, in der wir eine gemütlich-abenteuerliche Reise durch das vom Sonnenglanz erstrahlte Italien per Zelluloid erleben? Was wir dort nämlich zu sehen kriegen, erweckt mit geschickter Beiläufigkeit die Erinnerung an mediterraner Wärme und herrlich-salziger Meeresluft. Zudem springen überall lachende, dralle Mädels zum Greifen nahe herum, während der smoothe Soundtrack über die Tonspur gleitet - ein Fest für die Sinne.

 
Dass wir diese 7-tägige Reise als junger Kadett Giovanni mit dem liebenswerten, blinden Ekel Fausto (ein fantastischer Vittorio Gassman) teilen, reizt die Lust aufs Entdecken erst recht an. Auch wenn der uns permanent triezt und aufgegeilt den Weibern hinterherläuft, so lernen wir doch von ihm, dass der Genuss der Atmosphäre nicht bloß übers Auge abgeht - Risi als Regisseur vermittelt uns Stimmung, Euphorie und Sehnsucht dieses Ambientes ja auch kongenial, ohne uns persönlich anfassen zu müssen, da werden wir schon von alleine 'sinnlich' aufs Dargestellte. Nicht mal 3D ist hier von Nöten.


Und dennoch, hinter all der luftigen Lockerheit (auch im Narrativ), dem sonnigen Narzismus und der neckisch-fummeligen Verspieltheit steht immer noch die tief sitzende Tragik des Blinden - vom Leben frustriert und abweisend der Liebe gegenüber - die kein Mitleid erlaubt, sich aber dennoch endlos frustriert nach Etwas sehnt, was es nicht bekommen kann, sich deshalb vollends ergeben will. Und wir Zuschauer genießen jenes 'Objekt' der Begierde ständig, erst recht am Schönsten in den letzten 90 Minuten, wo wir zudem noch mit stetiger Faszination Agostina Bellis Sara begegnen, die mit Fausto eine tragisch-romantische Vergangenheit verbindet.


Ich möchte nicht darüber urteilen, ob der Film nach unserem Mitleid angelt, dafür drückt er einerseits nicht auf die Tränendrüse und andererseits steht unserem stets saftigen Fausto die Welt trotz fehlendem Augenlicht quasi zu Füßen - aber zumindest Verständnis und ein bissl Sturm & Drang dürften durchaus drin sein. So oder so, eine Lektion können sowohl wir als auch Fausto von dieser Voyage mitnehmen: Life is good. Vergisst man ja manchmal leicht.


 

STAR ROCK aka THE APPLE - Wieder mal ein verschmähtes Kuriosum aus den 80er Jahren und von vielen Seiten als einer schlechtesten Filme aller Zeiten bezeichnet (die lahmste Phrase ever...) - dieses Schicksal ereilte dem von mir nun erstmals gesichteten 'APPLE' oder 'STAR ROCK', wie er in Deutschland heißt. Der Ruf, der diesem Werk vorauseilt, ist an sich wie so oft ungerechtfertigt und übertrieben, aber wollen wir doch mal kurz erforschen, wie es dazu kommen konnte...

Mitte/Ende der 70er Jahre lösten Film-Musicals wie 'GREASE', 'ROCKY HORROR PICTURE SHOW' und 'HAIR' einen regelrechten, weltweit-erfolgsträchtigen Boom ihres erneut zum Leben erweckten Genres aus (welches in jenen Jahren höchstens nur noch von Jacques Demy innigst geliebt wurde). Auf so eine Welle des symbiotischen Box-Office- & Musik-Charts-Goldregens wollten natürlich gleich eine ganze Reihe mehr oder weniger talentierter Surfer aufspringen und so kam es zu zahlreichen weiteren Auswüchsen der choreographiert-besungenen Kult-Garanten, wie 'THE WIZ', 'THE GREAT ROCK 'N' ROLL SWINDLE', 'GOTTSEIDANK, ES IST FREITAG' und 'ROCK 'N' ROLL HIGH SCHOOL'. Selbst Bob Fosse meldete sich 1979 mit seinem autobiographischen Mammut-Musical 'ALL THAT JAZZ' zurück.

Zudem wurde diese Filmrichtung dann noch mit modernen Trends, wie Disco, Punk und sogar dem Jesus-Kult vermengt (siehe 'JESUS CHRIST SUPERSTAR' und Celentano's Meisterwerk 'JOAN LUI'). So kam es im Jahre 1980 dann, dass ganze 3 Musical-Movies international starteten und (mal abgesehen vom Punk) genau jene oben genannten Elemente bedienten: 'XANADU' (mit Olivia-Newton John aus 'GREASE'), 'CAN'T STOP THE MUSIC' (mit den Village People, übrigens gar nicht mal so schlecht, wenn auch ultra-albern) und natürlich unser heutiges Subjekt, 'STAR ROCK'.
Und herrje, der Film pumpt geradezu vor flotten Discobeats am laufenden Band und ungestüm-durchsprengenden Anspielungen aufs alte Testament, mithilfe des Adam-&-Eva-Ersatz-Duos Alphie & Bibi, ein unschuldiges Kitschlied-Team, das vom Teufel der Musikindustrie, Mr. Boogalow, dazu verführt wird, komplett ohne Subtext vom berüchtigten 'Apple' zu naschen und sich dadurch ins Verderben zu stürzen - allerdings nach ihrer Läuterung wortwörtlich wieder ins Himmelreich hineingelassen werden, aber dazu später mehr.

Zunächst mal was zum Setting: wir befinden uns in einer dystopischen Zukunft, genauer gesagt, 1994. Die Musik befindet sich noch auf dem Stand der Drehzeit des Films, die Vision in Sachen Mode ist allerdings inzwischen so grotesk überladen, verschminkt und offensichtlich knallhart-'tuntig', dass man aus den Wolken fällt (und in fast jedem Bild des Films immer IRGENDWAS funkelt). Doch unterstützend dabei ist nicht nur die wunderbar verspielte und rasante Inszenierung, die sich ohne Schnörkel von einem Song zum Anderen hangelt, sondern auch die krachigen Songs an sich, immer irgendwie zwischen Disco, Rocky Horror, Blues Brothers und auch ein bisschen Moroder.


Das zischt gut rein, soll aber als Musik der 'Bösen' stehen. Tut mir Leid, aber wenn ich dann den austauschbaren Langweiler-Schmalz von Alphie & Bibi höre, wundere ich mich kein Stück, dass die zunächst ausgebuht werden. Allerdings vermittelt ihr Liedgut beinahe vergessene Werte wie Liebe und Freude - sind deshalb dem Obermogul Boogalow im Weg, der sie aber unter Vertrag nehmen und kontrollieren will, mit guter Miene zum bösen Spiel, versteht sich. Ja, daraus entwickelt sich sodann der Hauptplot als ganz naive, karikaturenhafte Satire auf das korrumpierende Show-Business. Mir egal, solange die Bösen ordentlich die Beats fetzen lassen.


Alphie bekommt bei der Vertragsunterzeichnung in deren HQ sogar eine stilecht-klobige Vision von der Hölle, wo Monstren wohnen, die aus den Privatgemächern von CALIGULA stammen könnten und eine starke Hymne auf die Verführung anstimmen, während Bibi sofort frohlockend diesem Vertrag zustimmt, zum Starlett aufgedröselt wird und Alphie, dem Songwriter mit einem Herz aus Gold und einem Konto voller Luft, in die Armut seiner jüdischen Vermieterin hinausgewiesen wird.

Mit dem neu erbauten Ruhm Bibis machen sich auch neue Zwangsmaßnahmen von Boogalows Plattenfirma in der Bevölkerung bemerkbar: So muss jeder Bürger einen patentierten Sticker im Gesicht tragen (wenn nicht: Strafzettel) und zu einer bestimmten Tageszeit müssen ALLE streng choreographiert mit einem Lächeln in der Schnauze aus Zwang tanzen - selbst Ärzte, die gerade eine Operation vollführen sowie auch die Patienten. Werte Leser, verbindet diese Umstände mit Gestapo-ähnlichen Polizeiklamotten und der sofort ins Auge springenden Tatsache, dass der Film trotz US-Lokalisierung im guten, alten Berlin gedreht wurde - Voila: schon kommen die Nazi-Allegorien zu Tage.

 
Sowieso, wenn man die kalten, dreckigen und äußerst passenden Beton-Monolithen, Garagen und Wohnblöcke Berlins (sowie einige stilechte NDW-ige Props) wiedererkennt, während im Plot die manipulierte Karriere eines unschuldigen Starletts durch einen durchgeknallten Teufel vorangetrieben wird, erinnert das schon verblüffend an Roland Klicks 'WHITE STAR' von '83. Hat er sich an 'STAR ROCK' ein Vorbild genommen und ist deshalb mit seinem Film irgendwie fast genauso hart auf die Fresse gefallen? Näh, pure Spekulation! ;)


Unserem Alphie geht es mit stetigerem Misserfolg jedenfalls mindestens genauso dreckig wie Moody in Klicks Film und drängt sich selbst dazu, seine Bibi aus den Fängen der Bösen zu befreien. Dafür geht er in die 100-%-transsexuelle, hedonistische Clubosphäre ihrer Plattenfirma und wird so hart mit sexuellen Klischees vollgedröhnt, bis er der Verführung einer äußerst heißen, afroamerikanischen Maus erliegt und mit ihr eine kaum noch suggestive Sex-Szene inkl. Gruppenorgie vollführt, während auf der Tonspur frech von Donna Summers 'I FEEL LOVE' geklaut wird, nur eben mit eindeutig-gehauchten Phrasen wie 'Get harder!' und 'Comin' to you...'.


Nach dieser delirisch-lustvollen Nacht wird er dann von einem weisen, bärtigen Supertypen in eine aufrichtige, unverdorbene Höhle von - explizit als solche benannten - 'Hippies aus den 60ern' eingeführt, wo Frieden, 'kein Eigentum!' und Liebe die Herzen der Gammler regieren. Jedenfalls sieht auch Bibi ihren Fehler irgendwann ein, landet ebenso in jener Höhle und innerhalb eines kurzen Liedes hat sie ein Kind und Alphie einen Vollbart (mit dem er volle Kanne wie Will Ferrell ausschaut). Doch ihre Plattenfirma kommt vorbei und verlangt einige Millionen Dollar aus den finanziellen Schulden ihres Vertragsbruches. Doch Alphie ist voller Zuversicht, dass sich jemand um sie kümmern wird.

 
*SPOILER* Denn genau auf der selben Wiese im Berliner Stadtpark, auf der die letzten 10 Minuten Film antiklimatisch stattfinden, landet dank einem äußerst missglückten Spezialeffekt die fliegende Limousine eines sogenannten Mr. Topps, der seine gutgläubigen Hippie-Schäfchen in den Himmel fliegen lässt und sich ein kleines, feines Streitgespräch mit Boogalow liefert. Mr. Topps hat nämlich vor, eine neue Welt aufzubauen, diesmal ohne Boogalow, der allerdings bezweifelt, dass diese ohne ihn funktionieren wird. Topps/Gott will es darauf ankommen lassen und fliegt sodann davon. ENDE! *AUCH SPOILER ENDE*

Ziemlich aberwitzige Geschichte, nicht wahr? Und dann noch unter 90 Minuten Laufzeit, mit einer guten Menge schicker Songs (inkl. ein paar richtig grausigen) im sauflotten, vollgepackten Tempo und einem durchweg durchgeknalltem Spielspaß, auf hitzigen Disco-Pomp und halbwegs-gewitzt vermittelter - vorallem naiv gefärbter - dystopischer Groteske eingestellt. Lediglich der 3. Akt wirkt recht schludrig zusammengeschustert und biedert sich an schwachsinnige Hippie-Fantasien alà HAIR an (hätte eher was von der Apokalypse eines 'JOAN LUI' vertragen können), mit einem dusselig-platten und gehörig-verballerten Schuss religiöser Esoterik, wie es Oliver Stone nicht Holzhammer-artiger, aber erst recht mit einem derartig niedlich-kindlichem Geist hinkriegen könnte.

 
Ganz klar das herzhafte Ergebnis des energiegeladenen Hollywood-Tagträumers Menahem Golan (späterer Regisseur von 'DELTA FORCE' & 'OVER THE TOP'), dessen Produktionsfirma Cannon Films sowohl in den ersten als auch in den letzten Tagen ihrer Existenz enorme, finanzielle Anlaufschwierigkeiten zu überwinden hatten. Und sein 'APPLE' war leider einer von diesen katastrophalen Misserfolgen beim Publikum und an der Kasse. Der Film wurde sogar so kritisch aufgenommen, dass Golan, wie er selbst zugab, bei einem Screening anlässlich des Montreal Film Festivals, wo sein Werk durchweg ausgebuht wurde, nach der Hälfte des Films aufgestanden sei und sich vom Balkon seines Hotelzimmers in den Tod stürzen wollte, wovon ihn sein Co-Produzent Yoram Globus gerade noch abhalten konnte. Hard business!

Solch einen Hass hat 'THE APPLE' aka 'STAR ROCK' keinesfalls verdient und hält trotz deutlicher Budget-Engpässe (und Übertreibungen) eine ganze Menge psychotronischen Zauber bereit, erst recht in seinem vollends aufgedunsenen 80's Design auf Endstufe. Da mag der Narrativ noch so schimpansig-simpel aufgebaut sein und eine zweckmäßige, wirre Ablagestelle für zelebrierenden, potenziellen Mainstream-Pop jener Zeit darstellen: eine Unterhaltungs-Energieeinheit sondergleichen wird in dieser kindisch-überm-Rand-gemalten Zeitkapsel, die es einfach nicht besser wusste, beherbergt. Ach ja, außerdem sieht Catherine Mary Stewart hier in ihrer Debütrolle äußerst zuckersüß aus. Traumhafter und lustvoller Mini-Kult, dieser 'STAR ROCK'. Sowieso: wer möchte denn nicht gerne einmal ein Star sein? Da kann man doch erst mit dem Golan und seinem ambitionierten Film sympathisieren. Gebt euch einen Ruck, wird's bald?!




A TOUCH OF SIN - Ganz schwierige Angelegenheit, hier definitive Worte zum Film zu finden. Einerseits ist die Gestaltung der Systemkritik und Bestandsaufnahme des Underdog-Lebens im kontemporären China auf der visuellen Ebene höchst geschickt verarbeitet und angenehm unaufgeregt. Andererseits entbehrt die episodische Struktur zusammen mit der bewusst kalten Bildsprache einer emotionalen Resonanz, erlebt man in allen 4 Geschichten bei aller nüchtern-gesellschaftskritischer Brisanz doch schlussendlich immer nur den 'Triumph' der Gewalt, in zynisch-machtloser Konsequenz.

 
In 2 Geschichten geschieht sie als plumpe, heimlich-genussvolle und gerechtfertigt-konstruierte Rache-Fantasie aus einer proletarischen Agitprop-Wut auf grundlos bösartige Ausbeutung heraus. Die dort innewohnende Dramatik kristallisiert sich zwar dank der angewandten, kunstvollen Vermittlung augenscheinlich heavy, aber doch im Grunde - wenn man über das Gesamtgefüge wirklich mal reflektiert - allzu forciert und naiv heraus. Dort wird eine objektiv-feinfühlige Charakterzeichnung nach einigermaßen sadistischen Martyrien durch bluthaltige Genre-Auswüchse ersetzt, die teilweise so Pro-Gewalt-plakativ einen Antagonisten nach dem anderen ausschalten, als wäre man auf einmal bei Kitanos OUTRAGE (Kitano ist sogar Co-Produzent dieses Films hier) oder KILL BILL gelandet. Hier darf Moral 'mal eine Auszeit nehmen'. Fragwürdig...

 
Die anderen 2 Episoden gehen mit ihrer Beobachtung zu den zwiespältigen Lebensverhältnissen dann wenigstens objektiver, wenn auch alles andere als subversiv um und wollen eher hinterfragen, inwiefern Tradition und alteingesessene Politik in dieser Welt noch Bestand haben, wie Menschen unter ihr überleben oder dafür sogar zu demütigenden/moralisch abstoßenden Alternativen geradezu gezwungen werden. Doch auch hier traut sich der Film nicht, irgendeine Form von Empathie zu vermitteln, will kalt bleiben und ein Bild der unausweichlichen, korrumpiert-nihilistischen Gewalt und Unterdrückung zeichnen (sowieso: recht viele, wahllose Tierquälereien), mit Charakteren, die sich denen sowieso schon machtlos ergeben haben und mit entgeisterter Umnebelung, manchmal völlig ohne nachvollziehbare Kohärenz, ihr verdammtes Schicksal beschreiten.

 
Zum Ende dann spricht ein traditionelles Schauspiel sein Publikum als 'Allesamt schuldig' an, woraufhin dies aber nur recht ratlos jener Anschuldigung entgegenblicken kann. Zeigt Regisseur Jia Zhangke da nun doch noch echtes Verständnis für sein Volk und spricht sogar dafür, dass die einzelnen Episoden in ihrer Konsequenz ihre Berechtigung haben, sowohl in der eskalierten, 'gerechten' Gewalt, als auch in der unzufriedenen, Freitod-wählenden Demutshaltung? Oder sieht er sein Volk als verlorene Gesellschaft, unfähig zur Sozialität und Hoffnung?

 
So oder so, schlussendlich erscheint das Ambiente des Werks durchweg pessimistisch und abgeklärt-verkommen - der Patient China ist tot. Insofern scheint da ein harter, bitterer Kern zur Auffassung der derzeitigen Realität durch, um einen Lösungsvorschlag wird sich dennoch wieder mal nicht bemüht - da kann nur noch die Gewalt alles regeln, wenn der Film Angst davor hat, tatsächlich sein Herz zu offenbaren. Empfinde ich alles nicht gerade als ideale Empfehlung.




TRUE DETECTIVE, S01E01 - THE LONG BRIGHT DARK - Ich weiß, es ist noch recht früh darüber zu urteilen, wie die erste Folge wirkt, wenn der Gesamtkontext der kompletten Miniserie noch längst nicht erschlossen ist. Und ich kann auch verstehen, dass man in diesem Fall eher mehr Zeit damit verbringen wird, erstmal die Charaktere und den Fall, den sie bearbeiten, als zukünftig-beherrschenden Narrativ einzuführen. Dennoch fühle ich gerade in den Punkten bis jetzt eine gewisse Lustlosigkeit bzw. eine noch recht ambivalente Faszination - mit gewissen, ziemlich abbremsenden Längen.


Formgerecht zum forciert-düsteren Ambiente der obligatorischen Hoffnungslosigkeit behelfen sich nämlich ALLE Charaktere einer durchgehend gedrückten Stimmlage, vermeiden bedeutungsschwer-ausbrütend die Verständigung und verstecken innere Probleme, während der Score semi-plakativ unheilvolle Bass-Drones austeilt und über Kamera & Setting, in einer geradezu sedierten Konzentration (technisch natürlich makellos-stilvoll und passenderweise quälend-statisch), siffig-biederes Rotten-Americana aufbereitet wird, inkl. dem erwartungsgemäßen Spektrum an Nutten, religiösen Fanatikern, Arian Brotherhoods und Körperlich-Behinderten im Trailer Park.

 
Eben so als ob eh schon alles verloren, fucked-up und als Freaktown verkommen wäre, selbst bei unserem Detective-Protagonisten Rust Cohle mit seinen wunderlichen Ermittlungsmethoden, einer mysteriös-dramatischen Vergangenheit, teilweise auftretenden Alkoholproblemen und der schwafelnd-philosophischen, aufdrängelnden Misanthropie eines KILLING THEM SOFTLY. Neben ihm steht der ebenfalls Pokerface-bemühte und etwas rustikalere Familienvater Martin Hart (was für ein Name!), der allerdings offenbar so latent-traumatisch von seinen Erlebnissen im Beruf getroffen wird, dass er kaum schlafen kann, in seiner Ehe aber auch nur zurückhaltend darüber spricht. Bei beiden bleibt der Tonfall in allen Lagen eben immer gleich misstrauischer Slow-Mumblecore - 3-Wetter-Taft-Style. Sowieso hängt über allem die schweigsam-abgebrühte Macht- und Fassungslosigkeit, welche die Aura so obligatorisch einnimmt, dass jeder weitere Ermittlungsschritt entweder ernüchterndere oder (hoffentlich im Verlauf mehr) bitterere Ergebnisse zum Vorschein bringt, offenbar nur böse enden kann - what a cruel game of (cruelly written) fate...


Allerdings muss ich dem Konzept hier zusprechen, dass dies alles an sich recht nahe an der Realität zur objektiven Methodik in der Kriminalwissenschaft orientiert zu sein scheint und hoffentlich insofern als hart einschlagender Gegenentwurf zum etablierten, sensationalistischen Crime-TV stehen soll. Wenn da doch bloß nicht diese White-Trash-Archetypen wieder mal zum Einsatz kämen und alle Figuren in ihrer Interaktion nicht wie echte Menschen reagieren, bloß erdrückt dahinschmollen können...und wenn die durchweg-finstere Atmosphäre einen wenigstens bedrohlich packen könnte, anstatt von Anfang an schon trist-distanzierte Hoffnungs- und eben Lustlosigkeit auszustrahlen (ganz entscheidend dabei: die Erzählstruktur durch Flashbacks in abweisend-stillen Confessionals, Jahrzehnte nach dem nicht wirklich gelösten Fall - da kriegt man ja glatt MEMORIES OF MURDER, nur eben in trüb-teilnahmslos)...tja, dann könnte mich der Beginn dieser neuen, heiß erwarteten Serie in spannungsgeladene Ekstase versetzen. Da muss ich vielleicht doch noch die zweite Folge abwarten, bis dahin werde ich wohl oder übel noch mit einer gewissen Skepsis leben.




BATMAN FOREVER - Schumachers Stil finde ich nach all den Jahren persönlich noch immer recht anstrengend anzusehen - unverhältnismäßig-unästhetisch bunt, klobig, schräg und teilweise von Timing & Kameraführung her schludrig-uninspiriert abgefertigt. Natürlich eher an die alte Adam-West-Serie angelehnt, als an Burtons Vorgängern, wird die Toleranz des Zuschauers für platt-konventionelles Storytelling und kindisch-nervigen Humor (erst recht mit Carrey's Ed Nygma und deplatzierten Cartoon-Foley-Sounds) doch recht hart auf die Probe gestellt. 

Spannend sticht in all dem ironisch-actionfixierten Camp (der auf irgendeine Art mit der Continuity der Burton-Werke einhergeht) allerdings die diskret-abenteuerliche Erforschung einer suggerierten Bisexualität des Batmans (welcher sowieso schon mit seiner Dualität zu Bruce Wayne hadert) heraus, welcher nach Vicki Vale & Catwoman deutliche Hemmungen hat, mit Frauen wie Psychotherapeutin Nicole Kidman anzubandeln, von Bösewichten wie dem Riddler und Joker-Ersatz Two-Face obsessiv gejagt/begehrt wird (Handküsse, exzentrisch-grelle Kostüme/Frisuren und liebevolle Rätsel-Geschenke inkl.), schließlich einen jungen Waisen mit hippem Ohrring, Robin, bei sich aufnimmt und als gleichgesinnten Mitstreiter anerkennt.

 Wer wird Batman's Herz erobern?

Am Ende gilt bei ihm - dem von Val Kilmer teils gut-hühnenhaft & sehnsüchtig-unbeholfen dargestellten, smart-verwegenen Milliardär mit seinem Nippel-Leder-Outfit (Zoom auf Arschbacken!) - eben der einsichtige Konsens, dass beide Seiten der Medaille ihre Berechtigung und Vorteile haben, anders als bei Two-Face, der zum Schluss hin durch seine manisch-nihilistische Unentschlossenheit das Zeitliche segnet. Insofern geht in 'FOREVER' schon so einiges, auch wenn der Gesamteindruck in seiner Plakativität mit der Zeit nach und nach immer blasser erscheint (Verfallsdatum: 1995. Gilt leider auch für die hier noch blendend ausschauenden Nicole Kidman & Drew Barrymore).


Meine persönlichen Lieblingsszenen sind aber wie immer jene Sequenzen darüber, auf welch bizarren Transportwegen Bruce Wayne in seine fantastische Bat-Höhle gelangt sowie ein kleiner (offenbar als theoretisches Archiv-Footage viel zu cineastisch gedrehter & geschnittener) TV-Bericht im Film von der Verätzung der Harvey-Dent-Gesichtshälfte im Gerichtssaal, in der Batman versucht hat, dazwischen zu springen (wohnte er der Verhandlung bei, als Zuschauer mit Kostüm? Urkomische Vorstellung!) - erinnerte mich doch stark an die entfernte Grace-Mulberry-Szene aus NATURAL BORN KILLERS, ebenfalls mit Tommy Lee Jones.

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