Sonntag, 1. September 2013

Tipps vom 26.08. - 01.09.2013

 

DRUG WAR - (GESICHTET AUF DEM FANTASY FILMFEST IN HAMBURG)
Methodischer Drogenthriller von Johnnie To, der in seiner Gesamtwirkung das Geschäft mit Drogen fast schon belehrend verteufeln will - "...UND DIE MORAL VON DER GESCHICHT..." - setzt dazu teils drastische Bilder ein (im Körper geschmuggelte Waren entleeren, etc.) und lässt einen Kugelhagel auf die Charaktere einregnen, von dem kaum einer verschont bleibt.

Beweist wiederum dennoch sehr viel Humor und auch eine gute Menge Herz für dieses Ensemble der Kriminalität & Justiz. Die packende Emotionalität eines EXILED kann DRUG WAR leider nicht erreichen, dafür ist der Film zu straight-forward und rasant am Werk - doch dafür gewohnt richtig hochwertig inszeniert, schön stimmig ausgespielt und von tollen Schauspielern dargeboten, mit einem treibenden Soundtrack versehen und natürlich auch recht fies (vorallem im letzten Drittel).

Stilsicher, kompromisslos und durchweg unterhaltsam - Vielfilmer To hat erneut eine kleine Meisterleistung hingelegt. Seine Filme sollten ruhig öfter mal auf der großen Leinwand zu sehen sein.




SHOOT 'EM UP - Mit vollem Karacho in die ab-18-Sektion von Toon-Town.

Clive Owen als Hardboiled-Bugs-Bunny in einer reißerisch-pulpigen Baller-Odyssee durch ein anarchisches, rasant-überzeichnetes Crime-Universum, dass in seiner surrealen Verspieltheit, artifizieller Blutschmodderei und Faux-Kernigkeit eine bunt-ulkige Achterbahnfahrt durch die Eskapismus-Männerfantasien des Actionfilms darstellt.

Ein durchgeknallter, hyperstupidisierter Rock'n'Roll-Meta-Movie, erbaut auf dem Testosteron eines explosiv-stilverliebten Clowns, mit Anleihen an ARIZONA JUNIOR, dem Heroic-Bloodshed-Genre & den LOONEY TUNES.

Extrem kurzweilige Comic-Toughness, die sich von Anfang bis Ende ins Hirn pumpt und es aufbläst wie Mutanten-Steroide, für ekstatisch-zackige 86 Minuten. Meine cinephilen Lustzentren sind sowas von hell erleuchtet :)




LONE RANGER - Oh, war doch sehr positiv überrascht vom LONE RANGER, von dem ich ja im Vornherein nur wenig Gutes vernommen hatte. Und ja, der Ulk macht wirklich nur was für Kiddies her, zieht einen neben einiger misslungener CGI-Effekte einige Male ruppig aus dem Geschehen heraus (allen voran die bestialischen Pixel-Karninchen) - Charaktere & Plot bleiben auch einigermaßen schablonenhaft und meist lediglich Plot-dienlich, auf jeden Fall leicht verständlich für alle Altersklassen.

ABER Lone Ranger ist für einen Familienfilm nicht nur ausserordentlich drastisch-naturalistisch brutal, bizarr und von einer unheilvollen Stimmung beherrscht - er ist zudem noch eine schmerzhafte, herzbrechende Abrechnung mit dem Genozid an den Ureinwohnern Amerikas durch abgrundtief-eklige Silberfanatiker und Südstaatensoldaten, welche in dieser Form wohl schon seit Langem nicht mehr so hautnah und kraftvoll vermittelt wurde, erst recht nicht in (vermeintlichen) Blockbusterstreifen wie diesem.

Umso mehr freut man sich dann, wenn Tonto für sein geschlachtetes Volk mit Hilfe des Rangers zurückschlägt und ein akrobatisch-gewitztes Train-Chase-Finale entfesselt, dass in seiner Greenscreen-Künstlichkeit zwar kaum mit den Kunststücken eines Buster Keaton & seines "Generals" mithalten kann, dafür aber eine zelebröse Katharsis gegen die xenophob-fatale Finsternis unter dem Gebrüll der Wilhelm-Tell-Overtüre abliefert, die beinahe so befreiend und verspielt wirkt wie die besten Momente vom anderen großen Revisionismus-Western diesen Jahres, DJANGO UNCHAINED.

Nebenbei liefert Gore Verbinski auch sowieso einen stilsicheren, klassischen und recht harten Western ab - mit malerischen Canyon-Panoramen, Morricone-artigen Wehmuts-Score, Saloons, Banditen, Eisenbahn-Hype, korrupten Unternehmern, Indianerweisheiten und Flashback-Strukturen, die ohne Zweifel an Leone's SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD (Tonto's Origin-Story) und ES WAR EINMAL IN AMERIKA (die Rahmenhandlung vom alten Tonto, der einem kleinen Jungen von seinen Abenteuern erzählt) angelehnt sind.

Und letztendlich ist LONE RANGER dann auch ein Genre-Mix wie der von Leone "produzierte" MEIN NAME IST NOBODY, der ultimative Blödelwestern mit einem großen Herz für alternde Revolverhelden, wenn auch nicht ganz so stimmig wie dort gelungen. Wäre der Humor beim LONE RANGER allerdings gar nicht mehr vorhanden, müsste ich zurecht bezweifeln, dass er dann noch immer eine FSK-12-Freigabe tragen dürfte.

Jedenfalls habe ich in einem so mit Kindern und Eltern angefüllten Publikum noch nie derartig oft "Augen zu!" gehört. Aber damit lassen diese Eltern ihren Kindern die intensive Härte der fiesen Widersacher und entsetzlich-bitteren Menschenverluste verpassen, die gerade erst das eindringliche Herzstück des Films offenlegen und den Grund für den Gerechtigkeitssinn des LONE RANGER darstellen.

Wer keine Mami zum Augenverdecken mehr braucht und über den bisweilen infantilen Humor hinwegsehen kann (muss), sollte dieses starke Stück modernen Westernkinos nicht verpassen!




THE ROCKETEER - Ganz klassisches Superhelden-Kino (mit einem starken, lukendichten Drehbuch) voller 1940's Charme, einem gehörigen Sinn für gerechte Abenteuer, aufreizenden Damen (Jennifer Connelly, *schwärm*), spitzfingrigen Bösebuben (Timothy Dalton) und saftiger Filmmagie!




A BAND CALLED DEATH - Eine Dokumentation über die erste Punk-Band der Welt, aus Detroit. Wie SEARCHING FOR SUGAR MAN, nur weit christlicher (!) UND loud as hell :)




REDEMPTION - Der Titel hält, was er verspricht. Nur dass Jason Statham in diesem Regiedebüt von Steven Knight, einem ganz ordentlichen Charakterdrama & Milieustudie, weniger auf seine Muckis, als auf seinem emotionalen Schauwert als gepeinigter Ex-Soldat/Jetzt-Säufer, im Teufelskreis der Kriminalität, setzen muss.

Brutalitäten werden zwar schon ausgetauscht, setzen aber eine eher verstörende Note - addieren sich konsequent zur Pein des Protagonisten, der eigentlich genug vom Verletzen seiner Mitmenschen hat - und stehen gekonnt im Kontrast zur Coolness der gewohnten Statham-Gewaltzelebrationen.

Hat der deutsche Verleih UNIVERSUM den Film deshalb sofort ins Heimkino verbannt? Denkt man, das Zielpublikum würde den Crank-Star nicht als gebrochenen Riesen sehen wollen, der für seine Taten im Krieg Buße tut und Vergebung bei einer jungen Nonne sucht - während er sein Geld auf der Straße mit Geldeintreiberjobs und Menschenhandel verdienen muss, um damit Unrecht zu bekämpfen?

Nun ja, wer dennoch ein Herz für in-den-Abgrund-blickende, britische Gangsterdramen hat, wo die harten Burschen auch mal ein paar Tränen wegdrücken müssen, sollte auf jeden Fall mal reinschauen.

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