Sonntag, 14. Januar 2018

Tipps vom 08.01. - 14.01.2018


Liebe Leser,

nun schau mal einer an, ich habe seit langem mal wieder einen neuen Post innerhalb einer Woche nach dem letzten zusammengekriegt. Unglaublich, dass ich mir das selbst beweisen musste, aber in diesem Fall klappte es vor allem dank meiner neuesten Methodik, jede Filmbesprechung auf eine reguläre Notizseite zu beschränken - handschriftlich wohlgemerkt, damit sich nicht so viel im Nachhinein verändern ließe. Das hat doch Potenzial für die Zukunft, newa? Mir ist natürlich bewusst, dass es noch eine abgespeckte Version von dem ist, wie es zu manch anderen Zeiten hier abging, ich hoffe, dass ich da nicht euren guten Willen mit überstrapaziere. Aber nichtsdestotrotz, bevor wir uns den jüngst versammelten Empfehlungen widmen, möchte ich noch einige Bonusmaterialien erwähnen, welche ich über die Tage besonders genossen habe. In erster Instanz sei da der Audiokommentar Mike Siegels (der Mann, der immer frägt sagt) auf der neuen Blu-Ray zu Sergio Corbuccis „Leichen pflastern seinen Weg“ genannt, welcher sich recht gemütlich dem technischen Know-How und biographischen Einzelheiten jener Produktion widmet, freimütig oft ins Detail geht und den Kern damit umso größer schürt, bis dann auch noch pralle Zitate die Schnüre legen. Es zeigt sich eine ganz bescheiden agierende Liebe zum Sujet (selbst der Hinweis auf Filmfehler ist eine sehr versöhnliche Angelegenheit), gepaart mit der richtigen Portion „Ich finde es scheiße, dass...“, die ich mir dann auch spontan zur vollen Länge gab. Und dass die Abtastung einer zeitbedingt verranzten 35mm-Kopie des Films ebenso an Bord ist, stimmt umso froher.


An zweiter Stelle möchte ich sodann das Bonusmaterial der 3. Staffel „Twin Peaks“ hervorheben, an dem man gut und gerne den ganzen Tag aufopfern mag, so wie sich die Behind-the-Scenes-Impressionen des Jason S. zu knapp 5 Stunden ballen. Der Rahmen dazu gibt sich als außerweltliche Fly-on-the-Wall, was entgegen bloßen Footage-Abarbeitens einigermaßen gut als Wahrnehmungssubversion/-Obsession gen inszenierten/echten Lebens funktioniert. Ab und an wirkt es auch kitschigst verkopft, wenn es davon ausgeht, dass einem der Kontext zu allem Gezeigtem nicht bekannt wäre. Sehr stark dagegen ist der Eindruck davon, wie David Lynch Regie führt und welch Ekstase selbst dort zu Tage tritt, wie er seine Mitwirkenden in Stimmungen lockt und stürzen lässt. Zum Ende jedes fertig gedrehten Parts gibt es sodann ein Abschiedsritual und man hängt da wie jeder Anwesende mit drin in Geschehen und Emotionen. Größtenteils bleibt dieses Werk vermittelter Transfixion natürlich ein Porträt des Regisseurs an sich und da wird es intim in Überlänge, auch frustrierend bei manch Produktionsumstand. Dann ist man auch mal am Set-Runnen zuhaus, wenn die Erkenntnisse länger auf der Maloche ruhen bleiben - bei aller vorgezeigten Schaffensstärke findet man dennoch ein Gros an Inspiration, kann ich nur empfehlen. Übrigens, es gibt nun auch endlich einen Termin für die deutsche Veröffentlichung der Heimkino-Variante jener Staffel - und zwar der 22. März! Vormerken und nachmerken, jajaja!

Gut, die Geschichten sind durch, nun folgen noch zwei Erlebnisse aus meiner Welt der Träume, welche ich die Woche schon über Twitter geteilt hatte. Danach legen wir aber mit den Filmen los, versprochen - ich möchte die hier nur chronologisieren, damit ich zum Ende des Jahres nicht wieder solange nach ihnen suchen muss:


So, genug der totalen Erinnerung, jetzt kommt das Spektrum an vorbehaltsloser Empfehlung (u.a. geborgen aus dem letzten FILMABEND via Siegfried Bendix sowie dem auf Twitter und Co. stattfindenden #Japanuary) zu euch in Herz und Hirn - möchte ich jedenfalls hoffen. Dabei biete ich wieder zwei Varianten an, wie man sich diese einverleibt - einerseits kann man aufs jeweilige Bild klicken und von dort aus lesen/vergrößern, etc.; andererseits habe ich wieder eine Videovariante produziert, in die ihr unten anklicken und reinlauschen könnt, wie ich die berüchtigten Texte vorlese. Ich bin mit den Formaten noch in der Testphase und kann mir vorstellen, dass sich eins in Zukunft an dieser Stelle durchsetzen wird - oder auch ein ganz anderes? Welches nur? Müsst ihr mir sagen! Schnuppert mal rum, jetzt!^^


(Robert Sigl, 1989)

(?, 1965)

(Tetsuya Yamanouchi, 1966)

(Hideaki Anno & Shinji Higuchi, 2016)

(Karl Hartl, 1937)

(Eckhart Schmidt, 1986)

Und hier haben wir die Videovariante für jeden, der meine enorm idealisierte Handschrift beim besten Willen nicht entziffern kann und sich sowieso wundert, ob sich mein Stoff überhaupt vorlesen lässt:



BONUS! Filme, zu denen ich was zu sagen habe und die es diese Woche nicht in die reguläre Tipp-Sparte geschafft hatten oder halt noch ergänzend hier stehen, weil ich letzten Endes mehr Zeit über hatte:

DIE MÖRDER SIND UNTER UNS (Wolfgang Staudte, 1946)
Hätte ich gerne in längerer Textform empfohlen, da die Nachkriegseindrücke weit kritischer ins Mark gehen als z.B. „...UND ÜBER UNS DER HIMMEL“, doch den tief verwundeten Abgleich aus Nihilismus und Hoffnung erlebt man am besten in seiner Stimmung an sich, als dass ich diese polemisch wiedergeben müsste. Im Endeffekt halt auch trotz aller Kernigkeit wie zeithistorischen Relevanz in der Kontinuität des UFA-Stils angesiedelt, zum Schluss hin zudem etwas daneben gegangen in Sachen mutiger Darstellung (Wozu diese Modellaufnahme z.B.?).

STORM HUNTERS (Steven Quale, 2014)
Ein typisches Prozedere an Katastrophenfilm-Topoi wirbelt als souveränes Spannungsstück durch den Mittelstand Amerikas. Das heißt, dass es reichlichst um Familie geht, aber auch um mediale Reizüberflutung/Ethik, da die Wetterwissenschaft inzwischen Infotainment in allen Klassen hergibt, so wie jene Katastrophen alljährlich die USA heimsuchen. Das Klima zwischenmenschlicher Konflikte löst sich dann auch „San Andreas“ nicht unähnlich in knackigem Hypermelodram auf und bietet Handheld-Bilder an potenziellem Albtraumfutter, was weit mehr fordert als von der Tele5-Prämisse zu erwarten wäre.

HIDE YOUR SMILING FACES (Daniel Patrick Carbone, 2013)
Ach ja, der atmosphärische Konzeptfilm unter 80 Minuten. Man weiß bei dem Genre meistens schon im Voraus, dass man gen Schlussakt die Sekunden runterzählen wird, wann das Werk die Gefühlsprämisse auserzählt hat - und da ist dieses US-Indie-Kintopp nicht allzu verschieden von seinen Epigonen, auch wenn es sich engagiert auf Coming-of-Age-Stationen jener Sorte einstellt, in welcher man Tod und Verlustängste reflektiert. Das ist natürlich künstlich geballter Diskussionsstoff, im bewährten Stil der Stille gebettet, aber zeitweise authentisch im Grusel vorm Inlandselend wandernd. Die Bärenszene gibt aber den Tiefpunkt dessen ab.

DER KLEINE aka DIE STADTWÖLFE (Klaus Lemke, 1983)
Der Münchener Prototyp von Lemkes eigenem „Die Ratte“, wenn man mal davon absieht, dass keine so reißerische Triebkraft wie Thomas Kretschmann zugegen ist. Macht sich sodann naturalistischer auf die Socken, Milieus und Nacht- wie Tagbegegnungen im schnellen Erfolg auf-/untergehen zu lassen. Der Road Runner gibt dazu das perpetuum mobile auf dem Soundtrack, doch der Film kann's nicht lassen, eher strukturorientiert zu agieren, als dass er sich, seine Figuren und deren gewohnt ambivalenten Männermythos aus distanzierter Tristesse hieven kann.

DER INDIANER IM KÜCHENSCHRANK (Frank Oz, 1995)
Da hatte mich die ganze Zeit irritiert, wie doof das Hauptkind immer frontal in die Kamera glotzen musste, ansonsten war der Film ja eine schön innige Seltsamkeit an Buddy-Movie binnen des multikulturellen New Yorks. Per tricktechnischem Zauberkasten werden Grenzen und Möglichkeiten der Freundschaft gelehrt, Respekt und Zeitpunkte des Abstands, zudem es ganz nebenbei noch um die kulturhistorischen Kernsätze/Versäumnisse amerikanischer Simultanheimat geht. Hat sich gefühlsmäßig aber mehr von E.T. abgeschaut, als ihm gut getan hätte.

SKINNER ...LEBEND GEHÄUTET (Mark Herrier, 1991)
Diese Hommage ans Horrorkino der Gimmicks ist beinahe Richtung „Demoni“ oder „Matinee“ unterwegs, als waschechte Liebeserklärung zu begeistern, doch ehrlich gesagt war nur der erste Fake-Film ein Sonderschmaus, während der Rest allzu frustrierend billig abgefrühstückt wurde. Die Phantom-Der-Oper-Variante der Rahmenhandlung hätte eben nur als Gerüst für episodenhafte Topoi-Sammlungen getaugt; sobald sie für sich selbst Nervenkitzel erzeugen soll, kommt die Inspiration zu unentschlossen - mal übernatürlich, mal als Standard-Slasher. Als naives B-Movie ist POPCORN (so der Originaltitel) trotzdem nicht zu verachten.

TIGER, LÖWE, PANTHER (Dominik Graf, 1989)
Eine deutsche Fingerübung, an Woody Allen ranzukommen - hastig in seiner wortgewandten Konfrontation der Neurosen, Mann/Frau enervierend, bittet der Film den Zuschauer also, sich hinten anzustellen. Er muss nämlich jetzt sein Theater durchziehen! Die Hysterie reißt nicht ab, Regisseur Graf bleibt entsprechend flott im Schnitt und scheucht sein Ensemble kultivierter Uneinigkeit mit stets direkten Ansagen ins Amerikanische. Die Erkenntnisse sezierter Beziehungsfragen reichen von Ironie bis Frust, sind aber eher durchstilisiert denn involviert. Kann aber sein, dass an dem Film bewusst eitle Witzfiguren vorgeführt werden sollen - bin mir noch nicht so sicher.

HANNAH TAKES THE STAIRS (Joe Swanberg, 2007)
Mumblecore ohne besondere Vorkommnisse. Greta Gerwig und Mitspieler sind wie so oft bei Swanberg full frontal nude, legen dementsprechend die Seelen offen, wie weit Depressionen zurück bzw. in gegenwärtige Zweisamkeitsdilemmata (gleich 3 hintereinander) reichen. Der Gesprächsstoff dazwischen ist in seiner Beiläufigkeit leider etwas dolle distanziert und mit dem laschen Aufhänger eines TV-Writers-Room ausgestattet, umso lieber hat man die stichfesten Selbstzweifel und Strukturen hemmender Rücksichtnahme, selbst in ihrer eher sporadischen Anwesenheit. 



Huch, warum ist der Bonus nochmal so ein Riesensegment geworden? Na was solls, ich habe geliefert, ihr dürft nun entscheiden: Soll ich den Blog so in Zukunft halten? Braucht ihr bei den regulären Tipps beide Präsentationsformate oder seid ihr mit einer Variante der Empfehlungen zufrieden? Oder soll alles doch wieder so werden, wie es früher schon einmal war? Weiß ich selber grade am wenigsten, so helft mir doch auf die Sprünge, diese Beschäftigungstherapie sinnvoll zu nutzen! Wie immer meine ich es nicht so dramatisch, aber ihr wisst ja: Wer kein Feedback bekommt, wird Katzenfutter. So oder so vielen Dank, dass ihr es wieder bis hierher geschafft habt - solch treue Leser sind auch nach all den Jahren an Blog-Aktivität meinerseits stets sehr geschätzt, kann ich nicht oft genug beteuern. Stellt euch an dieser Stelle ein pochendes Herz vor und man sieht sich dann beim nächsten Mal, wenn nicht sogar zwischendurch wie gehabt auf Facebook, Twitter oder Instagram (jetzt mit Live-Lesungen zu unregelmäßigen Zeiten!).

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