Sonntag, 4. August 2013

Tipps vom 29.07. - 04.08.2013 (inkl. Jess-Franco-Special)



LIPS OF BLOOD - Ich kann Jean Rollin einfach nur dafür bewundern, wie konsequent und entfesselt er seine innersten Fantasien und schönsten Träume auf Zelluloid bannte, mit minimalistischsten Dialogen und Handlungen (obwohl die Grundidee allein schon einfach die pure Beglückung ist) und einer Riesenmenge eindringlichster Bilderwelten auf kleinstem Budget.

Umherwandelnde Vampire, die befreit werden wollen. Aus verwunschenen Burgen, an die unser Held (Thomas-Gottschalk-Lookalike Jean-Loup Philippe) sich aus Kindertagen sehnsüchtigst zurückerinnern will. Auf der Suche nach diesem heilig-gothischen Ort trifft er auf die göttlichsten Aktmodelle und Fotografinnen, die ihm sofort um den Hals fallen. Geht dann ins Kino und schaut sich LA VAMPIRE NUE von Jean Rollin an (^^).

Und dann erscheint SIE, sein Nosferatu-Traumgirl (Annie Belle), der er sofort hinterherläuft. Auf einigen der wundersamsten (und ausgiebig-traumhaft fotografierten) Wanderwege der Nacht, die sodann von weiteren, in schlichter Seide gehüllten, nackten Vampirinnen erfüllt werden. Schließlich jedoch verfolgt ihn ein Mörder mit Schalldämpfer, doch 2 eineiige, blonde Vampirinnen retten ihn mithilfe einer der größten Wasserfontänen, die sich gen Nachthimmel erstrecken durften.
Irgendwann erwacht die Nacht zum Tage, man weist ihn in eine Psychatrie ein, doch der schöne Traum ist noch nicht zuende: die Zwillingsvampire befreien ihn und sodann macht er sich per Zug auf den Weg in die Vampirburg, wo seine Mutter ihn zwingen will, seinen Traumvamp zu köpfen. Er "trickst" sie aber aus, befreit seine große Liebe und schlägt mit ihr, nackt entlang der Strandküste, den neuen Lebensweg ein, mit dem Sarg in den Liebesrausch des Meeres.

Ich hab mich verliebt :) BITTE MEHR ROLLIN, JETZT! (R.I.P.)




DES TEUFELS SAAT - Der Film hat genau das gemacht, was ich von ihm wollte - wie oft hat man das schon? :) Finster, angsteinflößend, perfide, trippig, mit viel Liebe zur Fantastik und zum Horror gestaltet - das Konzept rockt, ist durchweg konsequent und atemberaubend in seinen Bilderwelten, Effekten, Stimmungen und seinem Soundtrack. BTW, eine Fortsetzung vom Film wäre gar nicht mal so falsch gewesen^^




AUF DER REEPERBAHN NACHTS UM HALB EINS - Der wohl (bisher von mir gesichtete) herzlichste Hamburg-Milieu-Knaller Rolf Olsen's.

Die erste Stunde lang lernt man Hannes Teversen (Curd Jürgens) und seine Mitmenschen kennen, die sich nach 8 Jahren Zuchthaus wohl (o. übel) an ihn zurückerinnern und ihn wieder zu sich aufnehmen (o. ablehnen). Ihn, dem Unrecht getan wurde, der damit kämpft, seinen Namen reinzuwaschen, wieder Kapitän zu werden und wieder lieben zu können. Ihn, der 8 Jahre seines Lebens verpasst hat und mitansehen muss, wie seine Kumpanen ohne ihn schwere Zeiten durchmachen mussten.

Zusammen aber raffen sie sich auf und erschaffen wieder Lebensfreude für sich, können sogar ein paar Lieder beim Rundgang über die Reeperbahn trällern, ohne dass die eigentliche Krimi-Handlung des Films großartig dazwischen funkt - hier bleibt recht viel Raum für die Charaktere, die sich selbst vorantreiben. So muss es sein (und ich musste mir die ein oder andere Träne verkneifen).

Im letzten Drittel allerdings verschenkt Olsen ein gutes Stück emotionales Potenzial und liefert die reißerische Gangster-Action, die durchweg angedeutet wurde (sowie einige nette nackte Tatsachen und andere exploitative Elemente), hier aber den Hauptsitz einnimmt. Diese Auflösung passt zwar einigermaßen, bleibt aber weit hinter den Möglichkeiten zurück, wenn man bedenkt, was die erste Stunde alles menschlich angerissen wurde.

Aber schwamm drüber, die Lebensfreude siegt am Ende trotzdem und dafür lob ich sie mir, diese tolle Hamburg-Zeitkapsel mit dem sympathischsten Jürgens seit "langem". Bin gespannt auf das Original mit Hans Albers und Heinz Rühmann!




CARLOS - Sehr ruhiger und impressionistischer Western von Hans W. Geissendörfer. Hier weicht der Heroismus launiger Cowboyhelden einer allgegenwärtigen Niedergeschlagenheit und einer hart-wehmütigen Todessehnsucht im Angesicht lähmensten Nihilismus, dass tatsächlich jede einzelne Verletzung, ob sie nun einem Guten oder einem Bösen widerfährt, diesen recht traurig und erschöpft zurücklässt und für den Zuschauer spürbar wird. Unterstützend sind hierbei die lethargischen Kamerafahrten Robby Müller's, der symphonisch-düstere Soundtrack und die hoffnungsfrei-gebrochenen Figuren dieses "Endzeit"-Westerns, in dem keinerlei Erlösung oder Spektakel geboten wird, konsequent bis hin zum finalen, unausweichlichen Schusswechsel, der eine ganze Familie zerstört.




DIE REGENSCHIRME VON CHERBOURG - Ein komplett zuckersüß-beschwingtes, über mehrere Jahre erzähltes, Liebes-Musical, dass mich in vielerlei (erst recht Story-technischer) Hinsicht an Andrei Konchalovsky's spätere Musical-Kitsch-Demontage "ROMANZE FÜR VERLIEBTE" (1974) erinnerte, nur eben dessen entzaubernden Realismus missen lässt - stattdessen selbst in den dunkelsten Momenten seine sehnsuchtsvolle Musikalität beibehält. Einfach zum Knuddeln - mit einem Gänsehaut-Finale der Extraklasse! :)




DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG - Ganz, ganz schönes und leichtlebiges Anime-Zeitreise-Märchen, das viel Herzschmerz und übersympathische Charaktere mit sich bringt - eine Zweitsichtung ist wohl Pflicht^^




STRAY CAT ROCK: SEX HUNTER - *ACHTUNG - SPOILER* Inmitten einer japanischen, psychedekadent-verblendeten Jugendgang-Community, die rücksichts- und perspektivenlos ihre Umwelt unterwirft und verlottert, entbrennt aus allzu kindischen Gründen ein brutaler, gegen "Halbblüter" gerichteter, Rassismus, angezettelt von der halbstarken Männerfraktion, den "Eagles". Diese wird angeführt von einem gewissen "Baron", der mit diesen "Halbblütern" ein traumatisches Erlebnis verbindet und nun Jagd auf diese macht - insbesondere auf Kazuma, der seine verlorengeglaubte Schwester sucht. Zunächst lediglich skeptisch steht dem "Baron" die "Stray-Cats"-Mädelsgang um Mako (Meiko Kaji) entgegen, die ebenso eine durchweg narzistische Lebensauffassung um Parties, Drogen, Sex und Kleinkriminalität verfolgt. Auch als sich herausstellt, dass Kazuma's Schwester in ihren Reihen verkehrt, weißt diese ihn sichtlich bemüht-verleugnend ab. Dann jedoch erfahren sie ein Schlüsselerlebnis, als der Baron sie an die weißen US-Besatzer für eine "Rape-Party" verschärbelt. Sodann entschließen sie sich zurückzuschlagen und für die Gerechtigkeit zu kämpfen, doch die erhoffte Katharsis erstickt allzu schnell.

Der erste Eindruck, den ich zunächst vom Film hatte, war, dass er ein saubunter, frecher Gang-War-Exploitation-Streifen sein müsste, in dem ganz viel Sex, Gewalt und knallige Popsongs die Richtung bestimmen würden. Doch er entpuppt sich als ein durchaus kritisches Bild einer emanzipiert-haltlosen Jugend, die ganz naiv, anarchisch und selbstsüchtig um Territorien buhlt und Andersartige aus ihrer Clique und ihrem Turf verbannen will. Das äußert sich in einer Lynchjustiz und einem angehenden Faschismus, den der "Baron" mit seinen Mitläufer-Boys durchsetzen will, schlicht und einfach aus purem Hass. Zudem biedert er sich an die weißen Besatzer an, lässt seine Gang in G.I.-Trucks rumrasen, liest Jagdmagazine (deren Bilder er an Kazuma rekreiert) und organisiert die schon oben erwähnten Gangbang-Happenings für seine neuen Gaijin-"Freunde". Er ist absolut machthungrig und blind vor Hass, doch ein komplett einseitiger Charakter ist er nicht. Grund hierfür ist zum einen sein Hintergrund (das traumatisierende Erlebnis seiner Kindheit), dass ihn in diese Gangwelt hineingeworfen hat, und zum anderen seine wiederum kindliche Versessenheit auf Mako, dem einzigen Halt, den er sich wohl vom Leben noch erhofft, als Ersatz für seine zerrüttete Familie. Da sie sich jedoch schließlich für den "Halbblüter" entscheidet, rastet er vollends aus und schlägt einen fatal-selbstzerstörerischen Weg ein. Das ist für einen Bösewicht im Pinky-Violence-Genre schon recht tiefsinnig von der Charakterzeichnung her.

Auch sonst ist der Film mit recht ernsten Themen unterlegt und man kommt nicht umhin, Paraleelen zu einigen sozialkritisch-antirassistischen Melodramen Fassbinder's (oder eben dessen Vorbild, Douglas Sirk) zu sehen, erst recht da "Baron" vom Look und vom Charakter her dem Fassbinder und seinen Figuren durchaus verbunden ist, quasi aus demselben Universum stammen. Da STRAY CAT ROCK gerade mal von 1970 ist, ist es zwar recht unwahrscheinlich, dass Regisseur Yasuharu Hasebe wirklich vom Rainer-Werner beeinflusst wurde, denselben Geist haben sie dennoch irgendwie inne (auch wenn Hasebe eine zelebrösere Optik und flottere Inszenierung anwendet). Zentral dafür steht natürlich auch die Figur Kazuma's, dem ausgestoßenen "Halbblüter", der die sadistischen Spielchen der Eagles ertragen muss, getreten und niedergeschlagen wird und selbst in seiner "Heimat", der "Mama-Blues"-Bar, vor Hilflosigkeit und Enttäuschung erstarrt, wie seine anderen "Brüder" dort, die machtlos gegen die Gewalt der Eagles scheinen. Als einzigen Ausweg sieht er schlussendlich nur noch die Gewalt. Und obwohl Mako ihn davon abhalten will und die vermeintlich letzten Stunden mit ihm verbringt (sie säuseln noch ein letztes, trauriges Duett zusammen), kann sie auch das tragische Duell zwischen ihm und Baron nicht verhindern, in dem auch noch Kazuma's Schwester, die ihre Verleugnung doch noch entladend überwindet, ihr Ende findet.

So schließt sich dann der Vorgang um diesen vermeintlichen Exploitation-Kracher ganz bitter und melancholisch, in einer pessimistischen Auflösung, die jeden überlebenden Protagonisten in Sprachlosigkeit zurücklässt. Wow :D




A FIELD IN ENGLAND - Eine ruppige, minimalistische Medieval-Quest, auf der Suche nach einem Schatz, der Gewalt und Fegefeuer heraufbeschwört und den Protagonisten die Psyche zermatscht (auch dank Mushrooms). Es wird viel geflucht, die Helden sind von Kopf bis Fuß in Scheiße eingeschmiert, sind ihrer erdrückend-umnachteten Natur hilflos ergeben und verfallen frustriert in ständige Streiterei. Regisseur Wheatley inszeniert diese Burschen recht zynisch und kann mit keinem so richtige Sympathiepunkte erzielen. Umso erlösender wird es für den Zuschauer, sobald sie aufhören, sich anzukeifen. Denn dann verfällt Wheatley dem audiovisuellen Rausch, den man sich von den ersten Trailern erhofft hat und schickt den Zuschauer auf eine eindringliche, wenn auch meist leider viel zu kurze Reise ins cineastische Wunderland - am Besten wirkt da noch die letzte halbe Stunde, die sich dem Wahsinn vollends ergibt und der Logik ein Bein stellt/wegschießt. Vollends begeistern konnte er mich leider nicht...da wünscht man sich einfach mehr Bilder & Atmo, weniger Gerede - aber der Versuch war es wert :)


Und nun, weil ich in dieser Woche schon recht viel von Jess Franco gesehen habe, hier einige Empfehlungen von mir (Achtung: Beim Lesen werdet ihr womöglich angenehm überrascht sein, wieviel ihr von mir über Franco's Filme dabei lernt):




NECRONOMICON - GETRÄUMTE SÜNDEN - WARNUNG: wer SPOILER vermeiden will, sei auf den letzten Abschnitt dieses Kommentars hingewiesen, wo ich spoilerfrei auf den Gesamteindruck des Films eingehe.

*AB HIER SPOILER*

Schon nach wenigen Minuten (inkl. einer inszenierten Folter-Erotik-Show und einem privaten Striptease) entführt uns der Film für längere Zeit in die wunderbare Traumwelt von Lorna (Janine Reynaud), wo sie sich schwelgerisch von Ort zu Ort bis hin zu ihrer Traumburg fahren lässt, dort umherwandert und schließlich eine Liebes-Session mit Howard Vernon beginnt. Das Gefühl der Hemmungslosigkeit und Freiheit ist hier allgegenwärtig. Im nächsten Moment, wieder in der etwas grimmigeren Realität angekommen, wird ER ermordert aufgefunden - sie wendet sich verschreckt von diesem Horrorbild ab. Sucht dann Ablenkung in der Gesellschaft, in die sie ihr Liebhaber Bill (Jack Taylor) hineinführt: eine verblendete, im LSD-Rausch-verlorene Intellektuellentruppe, die sich an ihr ergötzt, wie an einem Stück Fleisch.

Eifersüchtig zerrt Bill sie aber wieder zu sich und nimmt sie mit in eine dekadente Casino-Bar, wo sie bereits von einem Fremden (Michel Lemoine) beobachtet wird, der ihr erklärt, dass sie unter seinem Bann steht, dann allerdings wieder weitergeht. In diesen Sequenzen schon entblößt Franco, wie schein-"frei" Frauen in dieser so hochkultiviert-aufgeklärten Gesellschaft der 60er noch waren. Setzt es zudem mit einer weiteren Traumsequenz fort, in der Lorna's Leidenschaft nach der Liebe-einer-Frau durch plötzliche Gewalt, die sich aus der Realität in ihr Unterbewusstsein gedrängt hat, zunichte gemacht wird. Sie wacht auf und erblickt zudem eine tatsächliche Leiche neben sich. Kein Platz mehr zum Träumen. Schließlich reist sie auf Drängen Bill's mit ihm nach Berlin, doch aus einer wahllosen Laune heraus beschließt er ein Komplott, sie umbringen zu lassen, durch eben jenen Fremden aus der Casino-Bar, indem er sie in eine Falle lockt (war ihr letztes "Opfer" auch fingiert?).
Diesmal ist die Folter-Erotik-Show nämlich real und Lorna bringt unbewusst ihre zwei Kollegen um. Auf ihrer verzweifelten Flucht wird sie scheinbar erschossen, Bill sieht sich siegessicher und wandelt in sein Hotelzimmer zurück - wo sie allerdings schon wartet und ihm einen letzten, tödlichen Kuss verpasst. Dies wird überblendet mit Nahaufnahem der Augen des Fremden, der sie somit wohl tatsächlich in seinen Bann gezogen hat. Mit ihm jedenfalls schreitet sie in der Schlusseinstellung des Films in ihre Burg aus den Träumen, die jetzt höchst real erscheint, hinein. Ist er, der vermeintliche "Gebieter", letzlich der wahre Erlöser Lorna's aus der heuchlerischen, pseudoliberal-dekadenten Kulturgesellschaft?

*SPOILER ENDE*

In diesem Frühwerk von Jess Franco werden schon die pro-feministischen Grundsteine seiner späteren Filme bereitgelegt. Selten aber war die Optik seiner Werke so hochwertig, feinfühlig und reich ausgestattet wie hier (dank dem hohem Budget, dem erfahrenen Kameramann Franz X. Lederle und dem Input Karl Lagerfeld's) - da entstehen Sequenzen von anmutiger und schwelgerischer Qualität, dass man mit Lorna zusammen ins Träumen gerät. Selbst die sadistischen Showszenen und perfiden High-Society-Happenings leben von solch einer sehnsüchtig-genüsslichen Langsamkeit, dass der ziellose Narzismus der verlogenen Beatnik-Haute-Couture-Playboys allzu greifbar wird. Franco baut hier schon verstärkt auf Atmosphäre, traumtänzelt gleichsam auf süßem Sahne-Eis und zum-Aufspringen-gespannten Goldklingen. Zeichnet dabei das Bild einer sehnsuchtsvollen, erotisch ent-/gefesselten Frau, die aus der Männerwelt herauswachsen will, dafür unbequem beäugt/sabotiert wird und schließlich doch gewinnt. Ein kleines Meisterstück!




VENUS IN FURS (PAROXISMUS) - Gestrandet, abseits der Realität, im Angesicht eines Strudels aus fiebrigen und alptraumhaften Erinnerungen, die nach und nach angespült werden, wogegen das melancholische Spiel auf der Trompete nur schwer ankommt.

So ergeht es unserem, von Angst zerfressenen, "Helden" Jimmy (James Darren), der sein traumatisiertes Leben wieder in den Griff kriegen will, aber immer wieder davon gequält wird, ein- und derselben Frau (Maria Rohm) verfallen zu sein. Weil er deren grausamen Tod hilflos mitansah und nun in einem unausweichlichen Zyklus erlebt, wie sie immer wieder (im Grunde schon seit Jahrhunderten) auf die Erde zurückkehrt, um ihre Mörder als "Venus in Furs" in die Hölle zu schicken.

"We escaped from the real world into a dream world...that I never wanted to end..."

Franco pendelt hier losgelöst von den Fesseln Zeit und Raums, zwischen Istanbul, Rio und einer darüberliegenden Zwischenwelt umher. Zu berauschend-intensiven Bildern und zelebrös-verträumten Musikklängen (alleine schon im Intro bis hin zum göttlichen Titelsong). Surrealismus nimmt hier stimmungsvoll Überhand (auch wenn Jess sich mindestens eine Auto-Verfolgungsjagd nicht verkneifen konnte) - erschafft somit eine der schönsten & intensivsten Rauschfantasien im Gesamtwerk Franco's, bis hin zum erlösend-abgerundeten Finale.

"Venus in furs will be smiling"

"Venus in furs will be smiling"

"Venus in furs will be smiling" 




KÜSS MICH, MONSTER - Völlig unbedarft-erfrischendes, spaßig-kurzweiliges Frauen-Krimi-Abenteuer um 2 charmante, gefahrsuchende Globetrotter-Damen, die mit ganz viel Witz und Blödelsynchro einen allzu bizarren Fall mit vielen irren Wendungen lösen. Verbringen die Zeit am Liebsten damit, Musiknummern mit Striptease-Einlage aufzuführen, u.a. im Saxophon-Duett mit Glitzer-Frack und Zylinder.

Diese ulkige Actionkomödie von Franco sprüht geradezu vor Lebensfreude, mit sonnigen Sets, beschwingtem Soundtrack, flotten Schnitt-Tempi (75 Minuten Laufzeit :D) und überaus sympathisch-frechen Protagonistinnen. Zudem spielt Chris Howland in einer kleinen, trotteligen Interpol-Agentenrolle mit, stilecht mit dem bekannten Howland-Akzent.

Alles zusammen, bis hin zum frohlockenden Schluss, macht den Film extrem liebenswert und unterhaltsam, zudem ist er durchaus Damen-fixiert und zeigefreudig. Was ein schöner Spaß :)




DER TEUFEL KAM AUS AKASAVA - Schön spaßiges Pulp-Abenteuer mit einem für Franco recht ungewohnt flotten Tempo, welches ihm mit reichlich Zooms, chaotischen Schnitten und einem wild durchgewichsten Storytelling gelingt.

Zudem verliebt er sich zuhauf in extreme Nahaufnahmen seiner Darsteller, lässt ununterbrochen den verträumt-groovigen Easy-Listening-Score von Manfred Hübler & Sigi Schwab laufen und gewährt seiner damaligen Muse Soledad Miranda (R.I.P.) zwei verlängerte Stripteaseszenen allerfeinster Sorte.

Auch sonst stellt sie mit ihrer physischen Präsenz und ihrem Charme den Anker des Films da - der Stein, nachdem im Film gejagt wird, scheint eher nebensächlich im Vergleich zur Eroberung ihres Körpers, wofür sich der Held der Geschichte, Fred Williams, offensichtlich am Allermeisten interessiert. So kommt es dann auch ab und an mal vor, dass nach einem "Plotpoint" auf einmal im selben Take ohne Worte eine weitere Bumsszene zwischen den Beiden entbrennt. Hier wirken klar die Gesetze der Anziehungskraft!

Freilich ist das eine wahre Wonne und Franco bleibt auch oft länger da, als er sollte. Kein Wunder also, dass die eigentliche Hatz um den Stein in einem allzu fixen und bruchstückhaften Finale abgearbeitet wird und mega-inkonsequent bleibt - aber bis dahin hat man die Tour einfach so sehr genossen, dass es schlichtweg egal ist. Jess weiß eben, womit er am Meisten punkten kann.
Vom atmosphärischen Surrealismus seiner stärkeren Werke ist dieses hier zwar noch ein Stück weit entfernt, auch wenn der Kamera-"Dilettantismus" wie dort allgegenwärtig ist, aber als psychotronisch-vergnügte Geheimagenten-in-den-Tropen-Sause unterhält dieser TEUFELS-film ungemein.




DER TODESRÄCHER VON SOHO - Ein allzu konventioneller Bryan-Edgar-Wallace-Krimi - der zweite, den Jess Franco inszenierte, nach "Der Teufel kam aus Akasava". Die beiden Filme könnten unterschiedlicher kaum sein: In "Akasava" war Franco die Story schlicht egal, lieber stellte er seine Muse Soledad Miranda in den Vordergrund und war inszenatorisch freimütig-patzig, aber auch luftig-psychedelisch, wie in einem Liebesrausch. Im "Todesrächer" jedoch herrscht eine inszenatorische Reife und Zurückgenommenheit zum Zwecke der Publikumsfreundlichkeit, wo der Plot viel mehr in den Vordergrund rückt und sich die recht gewitzt-ulkigen Charaktere daran anpassen müssen.

Was war geschehen? Am 18. August 1970 verunglückte Soledad Miranda tödlich bei einem Autounfall mit nur 27 Jahren. Der Schock saß tief bei Franco, der seine Muse, beste Freundin und auch Lieblingsmotiv seiner Filme verloren hatte. Es hielt ihn zwar nicht vom Drehen ab (neben diesem "Soho"-Film kamen 1972 von ihm noch 8 weitere Filme raus), aber irgendwie musste er dieses tragische Ereignis verarbeiten. Und so drehte er Anfang 1971 diesen biederen Krimi, der einen recht klaren Bruch von früheren Arbeiten darstellte (aber nicht lange bestand bzw. sich weiterentwickelte): die Kamera schluderte nicht mehr mit unbeholfenen Zooms herum, konnte nun mit ganz netten Dollyfahrten und einer recht stimmungsvollen Beleuchtung punkten (abgesehen von den misslungenen "Nacht"-filtern). Und gleichsam wie flott der Schnitt in "Akasava" schon war, wurde er inzwischen sogar recht kohärent. Nun betrübt es einen aber, dass dieser recht unansprechende Krimiplot (an dessen Drehbuch Franco hier sogar mitschrieb) vieler "Wallace"-Verfilmungen die Überhand nahm im "Todesrächer", wo Franco doch "Akasava" noch seinen eigenen, impressionistisch-verspielten Stempel aufgedrückt hatte (hier gibt es relativ wenige Szenen, die noch daran erinnern, allen voran die Mordversuche des Glatzkopfes).

Er wollte sich einfach bewusst ablenken von seinem Verlust und streute ganz viel Ulk in die Handlung ein, machte seinen Haupthelden Inspektor Ruppert Redford (Fred Williams, mit dem er auch schon "Akasava" drehte) zu einem luftig-frechen Sprücheklopfer mit Danneberg-Synchro, der allerdings Franco-untypisch keine Dame im Film erobert/erobern will. Nichtmal den offensichtlichen Miranda-Ersatz Elisa Montés in der Rolle der Helen Bennett, die zunächst auch noch sehr luftig daherkommt und höchstens neckisch mit ihm rumflirtet. In "Akasava" sah die Situation schnell anders aus, da gingen sich Williams und Miranda so notgeil an die Wäsche, so oft sie konnten.

Langsam, aber sicher ändert sich die Stimmung, sobald der zunächst unscheinbare, aber immer melancholischer werdende Charles Barton (Horst Tappert) immer weiter in das kriminelle Netz des Films hineinschlüpft und sich zudem entpuppt, dass er unter falscher Identität umherläuft. Es stellt sich nämlich heraus, dass er der totgeglaubte Ehemann von Helen ist, der vor Jahren angeblich bei einem Autounfall verstarb (!) und nun in ihr Leben zurückkehrt. Verwirrt, ratlos und unter Tränen beichtet sie es Redford, dass Barton, der inzwischen ganz rabiat 'BAD LIEUTENANT"-mäßig die Unterwelt aufmischt und nach Gerechtigkeit sinnt (was sie auch weiß und verängstigt), ihr Mann ist.

So kommt es dann zu diesem höchst bezeichnenden Dialog:

Redford: "Jetzt wo sie ihn wieder haben, glauben sie ihn noch zu lieben?"
Helen (zögernd und unter Tränen): "Nein..."

Man kann zwar nicht unbedingt davon reden, dass Franco danach komplett von seinem Leiden über seinen Verlust erlöst war (das vollendete sich erst wenig später, als er Lina Romay kennenlernte), aber eine klare Ansage und Verarbeitung/Abgesang bleibt es trotzdem. Der Film an sich geht jedenfalls gut runter, macht aber leider keinen so eindringlichen Eindruck wie andere Werke Franco's.




EINE JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON VAMPIREN - In diesem 1972 erschienenen Film verlor Franco sein Herz wieder an einige tolle herbstliche Kulissen, so unbedarft verspielt und frei mit der Kamera umherschweifend - fast so impressiv wie in seinen Filmen vor dem Tod seiner Muse Soledad Miranda's (ab Lina Romay erst gewann er diese Kräfte vollends zurück).

Kristallisiert dabei auch die fiebrigen Liebesspiele zweier Cousinen als Highlight des Films heraus, werden sie doch in minutenlangen und mit ganz nah-unter-die-Haut-gehenden Zooms, teilweise auch mit Zwischenschnitten zu romantischen Klavierklimpereien, untermalen.

Schade, dass diese Cousinen von Anne Libert (recht zauberlos) und Britt Nichols (totale Talentfreiheit) verkörpert werden, nicht gerade die beste Wahl für Franco, der sonst mit Maria Rohm, Shirley Eaton und selbst der ihm verhassten Romina Power weit bessere Optionen parat hatte.
Man merkt, der Mann war noch immer schwer gebeutelt über den Verlust seiner Muse Soledad. Nicht nur gestaltet er recht uninspiriert den eigentlichen Plot des Films, ein hanebüchen-langweiliger Krimi-Stoff um einen alten Grafen und durch "Dracula" (Howard Vernon in einem Cameo) ermordete Frauen - er spielt sogar selbst als ein vom-Leben-enttäuschter Experte-für-Übernatürliches mit, der sich nicht so recht anderen Menschen öffnen mag. Hier verarbeitet er auch wieder (vorallem in den letzten Minuten des Films), wie schon in "Der Todesrächer von Soho", seine Trauer, in dem er die Bitte Ana Kramer's (Yelena Samarina) - welche ebenso von ihren Geliebten verlassen wurde - sich mit ihr zusammen gegenzeitig wieder aufzubauen und Zeit miteinander zu verbringen/von dort zu verschwinden, schweren Herzens verneint.

Stattdessen hat er es sich selbst geschworen, die Pest der Vampire auszurotten (bzw. sinngemäß seine obligatorische Aufgabe des Filmemachens zu erfüllen). Und in der letzten Szene des Films, in der er mit der Polizei den Sarg eben jener vermeintlich letzten Vampirin verbrennt, schreitet er als Einziger ganz langsam und schwermütig, ähnlich wie auf einer Beerdigung, dem brennenden Sarg entgegen, auf dessen Großaufnahme der Film sein doch recht inkonsequentes Ende findet.

Es ist bemerkenswert, dass ihm trotz seiner traurigen Verfassung ein noch so leichtlebig-chilliger Vampir-Erotikfilm gelungen ist, der zwar nun wirklich nicht fesselt und auch fast konsequent ereignisfrei bleibt, aber immerhin ein gutes Zeichen für die Fortsetzung seiner persönlichsten, liebsten Stilmerkmale signalisierte.

Wird allerdings echt langsam mal Zeit, dass ich endlich aus den dunkelsten Perioden Franco's Filmschaffen rauskomme. In seiner Filmographie von 1973 erwarten einem u.a. seine Liebeserklärung an Lina Romay, EROTIKILL (den ich mir bereits auf Blu-Ray bestellt habe) und EINE JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON ZOMBIES, der erste Franco, den ich auf DVD besaß und noch immer recht schätze. Aber da wäre noch...




EINE JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON FRANKENSTEIN - In diesem Film vollzog sich ein (vorallem von mir) lang erwarteter Wandel in Franco's Filmschaffen.

Seine Filme aus dem Jahr 1972 zeigten einen gebeutelten Regisseur, der den Tod seiner über alles geliebten Muse Soledad Miranda hierin zu verarbeiten suchte. In dieser sehr freien Frankenstein-"Adaption" entwickelt er den Hauptplot sodann endlich um seine ultimative Suche nach ihrem Nachfolger.

Sein selbstbewusstes Alter-Ego tritt hier als Howard Vernon in der Rolle des unsterblichen Cagliostro in Erscheinung, der seinen Gebieterinnen (u.a. die hier bewusst gehandicapte Anne Libert) per eindringlicher Trance Befehle erteilt. Sodann schnappt er sich bereits am Anfang Frankenstein's Kreatur aus dessen Keller und fordert von ihr, blutjunge Frauen aufzugreifen, um aus denen neue Kreaturen einer "Master Race" zu erschaffen.

Britt Nichols, die Talentfreie aus "La fille de Dracula", spielt auch kurz mit, um nach wenigen Momenten schon umgebracht zu werden, was zeigt, dass Franco sie nicht mehr als potenzielle Nachfolgerin Miranda's sehen wollte (auch wenn er ihren Kopf auf die nächste Frankenstein-Kreatur setzt, bedient er sich ja nur ihrer einzigen Qualität, ihrem Aussehen). Größeres Interesse zeigt er wiederum bei der Figur der Vera Frankenstein bzw. ihrer Darstellerin Beatriz Savon, die er wahrlich ansprechend inszeniert. Leider war sie danach in keinem weiteren Franco-Film mehr zu sehen. Aber er hatte sich inzwischen für ein neues, schöneres Objekt der Begierde entschieden:

Denn erstmals schimmert in diesem Film seine zukünftige Muse und Ehefrau Lina Romay über die Leinwand, als unschuldiges Mädel Esmeralda, dass fernab der Ereignisse des Hauptplots plötzlich in Trance gerät und unter dem Bann Cagliostro's/Franco's steht, der telepathisch zu ihr spricht:

"Du bist auserwählt, die Dynastie und den unsterblichen Namen Cagliostro weiterzuführen..."

Zunächst erscheint sie noch vollkommen perplex und sucht in einigen recht surrealen Sequenzen (die mit nebelhaften Aufnahmen von in dunklen Wäldern umherwandelnden "Geistern" unterlegt sind) Rat bei ihrer offenbar hundertjährigen Mutter, die diese Verbindung schließlich bewilligt (auch mit Cagliostro ein Verhältnis hatte und ihm mit Esmeralda ein Kind gebar - steht die Mutter also für den Geist Miranda's, die in Franco's Augen die Romay als ihr Erbe würdig sprechen würde?). So ergibt sie sich ihrem Schicksal und sendet ihre mentale Bereitschaft an Cagliostro/Franco:

"Sag mir, was du willst und ich werde dir gehorchen, Meister..."

Im Hauptplot selbst nimmt sie dann zwar keine tragende Position ein, doch ihre Präsenz setzt eine markante Note auf das Ende des Films: Die Polizei kommt dem Cagliostro schlußendlich auf die Spur und vereitelt seinen monströsen Plan der Weltbeherrschung. Doch bei seiner Flucht per Kutsche und dem darauffolgenden Todessturz ins Meer, lacht dieser nur manisch. Denn er wird weiterleben, wie einige Zwischenschnitte auf Esmeralda in dieser letzten Sequenz beweisen - Franco hat seine neue Muse gefunden!

Was für ein optimistischer Schluss, verbunden mit einer wieder recht ordentlich-stimmigen Castle-Atmosphäre (die Cagliostro/Franco stolz und schwelgerisch betrachtet) und einer guten Menge Spaß (Pappmaché-Monster und quirlige Beleuchtungen an allen Ecken) ohne großartige Story, aber mit einigermaßen wieder-herrschenden Exploitation-Kurzweil, wie man es von Franco in früheren und folgenden Zeiten gewohnt war.

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