Liebe Diebe des Herzens,
es ist wieder mal Zeit für eine obligatorische Ankündigung zum Formatwechsel: Die Herrschaft der langen Texte ist vorbei, die rasante
Meinungsbekanntgabe nimmt Überhand! Zumindest für diese Woche, denn ich brauche
meines Erachtens doch immer mal die eine oder andere Regenerationsphase. Ich bin quasi wie eine Aufziehpuppe, weshalb ich an dieser Stelle auch jedesmal ungefähr dasselbe sagen muss - es hilft nichts, irgendwie muss ich ja zu Flow und Ebbe kommen. Ihr
erinnert euch hoffentlich daran, wie viel Text ich zu Ostern anbieten konnte -
das volle Fass lässt sich in unserer ökonomisch erpressbaren Ära aus Frust wie Überfluss eben nicht mit Muckipower und Anti-Denkfaulheit aus dem Perpetuum mobile heraus umsetzen, insbesondere, wenn man
inzwischen bei Ausgabe 223 dieses Blogs angekommen ist! Achtung Mitleid: Zudem ist es leider auch seit
jeher das Schicksal des Durchschnittsschreiberlings à la moi, dass die Menge an
lesenswerten Filmreflexionen wie eine Flut vom Bildschirm aus aufschlägt, in
den Sand (am Meer) eingesaugt wird und sofort wieder für die nächste Welle
zurückfließen tut, weil die Physik und die Erde und der Mond... Ja, dieser
Vergleich ist jedenfalls so raffiniert, dass er im Grunde schon meinen
Lieblingsfilm der letzten sieben Tage vorwegnimmt, aber bis dahin lassen wir noch
ein bisschen Spannung ins Land ziehen und lachen, lachen, lachen, ohne an morgen zu denken, ha. Soll heißen: Vorerst halte ich chronologisch einige
Eindrücke fest, die bei Gelegenheit sicherlich noch ausbaufähig sind, fürs Erste
aber aus Prinzip und Übersichtlichkeit Empfehlungen zusammenzimmern, was in der Filmwelt so alles ging - inmitten von Doppelgängern, Asteroidenschauern, Geschlechtsakten jenseits der Milchstraße, versagten Liebeswünschen, Mordssalven an Musik und Blei sowie Krebs bis hin zum Frieden auf die Insel, die kein Mann (allein) ist. Wie sehr sich dieses
Intro bewahrheitet? Lest selbst, Freunde!
Zunächst mal gebe ich zu Protokoll, dass ich letzten Samstag
mit Siegfried Bendix im All war. Jene (den Science-March
antizipierende?) Space-Night hatte
mit sechs enorm kosmischen Filmen zu tun, die allesamt mehr Schuss in den
Lenden hatten als der erste Blick auf die letzten Jedi – als Startschuss dazu
fungierte natürlich der vierdimensionale Angriff vom „Star Crash – Sterne im Duell“, jener Wundertüte via Luigi Cozzi,
die sich voll kindlichem Elan und prallem Herzen in eine interstellare Schlacht
zwischen Märchen, Antike und Freundschaft jenseits von Zeit und Raum stürzt.
Stella Star (Caroline Munro) ist da sicherlich der kecke Unschuldsblickfang
binnen der Lichterkette kunterbunten Sternenstaubs, doch wie sie sich mit
Kollege Akton (Marjoe Gortner) und Roboter Elle/Al versteht, gehört mit zu dem
Drolligsten, was man sich bei jenen Touren über mehrere kostengünstig irdische
Planeten auszumalen vermag – zusätzlich angetrieben von Effekten aus
Harryhausen-Tagen, sprich Rückprojektionen, Matte-Paintings und Stop-Motion
galore, während die Modelle am Neonregenbogen vorbeiflirren, alle Laser irre zurren
und auch mal einen Schmelzprozess vom Formate Draculas initiieren. Es wird nie
langweilig, dafür sorgen schon Spandex-Raumanzüge, galaktische Bikinis und aus
dem Englischen importierte Anreden wie Emperor (Christopher Plummer!),
Imperial Battleship sowie Count Zarth Arn (Joe Spinell), doch neben den von
ihnen besetzten Lavalampen-und-Alufolie-Kulissen macht insbesondere Laune, wie
unsere Heroes jeden spontanen Abenteuerzweig flugs und froh auf sich nehmen,
mal gegeneinander jetten, dann doch zusammen das Festland aufmischen und David Hasselhoff zwischen Höhlenmenschen aufsuchen. Bei der Abwechslung staunt sogar „Einer gegen das Imperium“. Zu toll
dann auch, wann und wie Elle nervös
wird, wozu er noch und nöcher programmiert ist, wie sweet Stella ihn als Freund
für die Frau von Welt(all) einschätzt – je mehr man lacht, desto exponentieller
fiebert man um deren Schaffen, da hilft John Barrys Leitmotiv (ausgerechnet auf den späteren E.T. verweisend) auch gehörig mit,
wie herzlich das Script zudem Wiederbegegnungen und aufopfernden Zauber von
Leinwandsehnsüchten her hinein strukturiert.
So ist’s nun mal mit dem italienischen Hauruck-Flair,
komischerweise kam es schon beim nächsten Film, „Goldorak – Kampf der Welten“,
erneut zum Einsatz, welcher als
Zusammenschnitt der in den Siebzigern erarbeiteten Tokusatsu-Anime-Serie gleichen Heldens einen Titelsong vom Stiefel Europas beherbergte. Die Episoden
dazu liefen allem Anschein nach auch hierzulande, denn auf der DVD gibt es auch
eine kontemporär teutonische Sangeskreation zum Trommelfellabziehen – indes ist gerade die
Synchronisation vielleicht die Sensation
zum Film, welcher vier Folgen des Getümmels aneinanderreiht und insofern
reichlich dramaturgische Stringenz vermissen lässt, Redundanzen und lose Enden
des Serienformats umso gleichgültiger zu kaschieren versteht. Als animierte
Variante von Flickwerken wie „Roboter der
Sterne“ hat man also zig Zerstörungsorgien zwischen Megamaschinen und
Monstren auf der Glotze, ehe man im Figurenensemble utopischen Sci-Fis
durchblickt, das im Rahmen seines Zeitgeists schon generisch wie Sau agiert und
fachsimpelt, allerdings keineswegs im Wurmen mangelt, wenn man so mir
nichts dir nichts in die jeweiligen Belange des Einzelnen sowie dessen im Team
hineingeworfen wird. Böse Herrschaften aus dem All werfen dann noch alle 20 Minuten eine
neue Weltenkillermethode auf unseren Planeten, die jugendlichen
Identifikationsfiguren in ihren fliegenden Vehikeln kriegen dazu noch einen
Bauerntölpel plus Sohnemann in Heidi-Proportionen dazwischen geschnitten; ebenso Mitmenschen, die in der Reflexion merkwürdiger Ereignisse beinahe unter
Zugzwang stehen, so flott diese im Narrativ eintreffen.
Die turbulent rabiate Animationsweise leistet ebenbürtige Zerstörungswut
an der Kohärenz des Zuschauers, parallel dazu lernen wir eine junge Bikermaus namens Maria
kennen, deren Großvater ihr schon in der zweiten gemeinsamen Szene verrät, dass sie
nicht seine Enkelin sei, während das Melodram um sein Ableben sowieso im
Eiltempo inklusive Rückblick auf weit entfernte Planeten ins Kurzzeitgedächtnis hinein stilisiert wird. Kann der
Kopf das aushalten, wenn manche Kerls der Nicht-Enkelin/Rächerin in spe gegenüber dann noch die urigsten Jugendbegriffe
aus dem Nichts dranformulieren? Es fördert jedenfalls mehr Aufmerksamkeit herauf als die
Kämpfe binnen gespaltener Berge, Täler und Städte, die von UFOs und Superrauben
heimgesucht werden, was eventuell durchaus beeindrucken könnte, wenn es denn real verfilmt wäre
– so erschöpft sich die Tour etwas, wenn man auch vielerlei tolle Namen für die
jeweiligen Waffenmanöver erwarten darf. Schöner sind aber doch die gemeinsamen
Stunden auf dem Pferdehof, inklusive Übungen fürs kommende Reitturnier, Trainingsneckereien für Motorrad- und Raumgleiterskills unter dem wachsamen Auge der Lords aus der
Ferne, welche noch Ninjas in die Stratosphäre lotsen, bis der ganze Zorres
schlussendlich einen riesigen Asteroiden auf die Erde zu schleudern droht. Ein
Happy-End ist gewiss, so wie es quasi nächste Woche schon eine neue Schurkerei
zu sehen gäbe, doch da bricht der Film genauso inkonsequent ab wie ein „Krieg der Infras“. War trotzdem eine
Gaudi zum Dusseligwerden.
Komisch, dass man Ishirô Honda im Vergleich immer mehr als braveren Zeitgenossen des phantastischen
Kinos einschätzen muss, aber das hemmte „Frankenstein
und die Monster aus dem All“ nicht allzu sehr, nach mehreren wahrgenommenen
TV-Ausstrahlungen binnen der Kindheit noch überraschende Spitzen anbieten zu
können. Der darin enthaltene Blick in die Zukunft anno 1999 bringt den Angriff
der Kilaaks via Hitzkopf Katsuo (Akira Kubo) in die Umlaufbahn, der anhand
legerer Gert-Günther-Hoffmann-Stimmgabe zwischen Mond und Erde pendelt („Independence
Day 2“ bedient sich gerne daran, was wiederum den Bogen zu Emmerichs
Godzilla schlägt), mit bleihaltiger Skepsis auf die üblen Pläne der Invasoren
schließt, dass er seiner Freundin sogar die Ohrringe vom Läppchen rausreißt,
wenn er einen außerirdischen Peilsender darin vermutet. Solche Drastik findet
dann noch angenehmere Partner in provinziellen Gegenden, welche ähnliche
Kügelchen vorfinden sowie mit der Neugier des Nachbars teilen; später wird ein
Chef der Raumfahrtpatrouille noch angesichts fortschreitender Anti-Alien-Strategien
um Kaffee bitten, den ein Kollege im Hintergrund freiwillig zuzubereiten
schwört – nette Leute! Mächtig gewaltig wird es dann, wenn alle bekannten Kaiju von
der Monsterinsel weg globalen Terror verbreiten, die bewährte wie grandiose
Tsuburaya-Miniatur-Parade abfahren und am Fuji wieder zueinander finden.
Nicht, um Matthew McConaughy vorm Selbstmord
zu bewahren wohlgemerkt, sondern um noch gigantischere Kugelkuppeln zu entdecken und
King Ghidorah im Tag-Team plattzumachen, die Besucher von weit oben wieder in ihr Urschleimschneckenhaus zu bugsieren. „Destroy
all monsters“ lautet das amerikanische Motto zu diesem Film, doch die
wachsen einem selbstverständlich am meisten ans Herz – so sehr, dass sich Herr
Bendix schon auf das Sichten der vorherigen Abenteuer von Godzillas Sohn Minya
freut. Dem werde ich gerne nachkommen, klare Sache!
Was man gerne auch
tun will, ist „Star Force Soldier“
von Paul W.S. Anderson aufzufrischen – ein Film, in dem Kurt Russell wiederum
das macht, was er tun muss. Dem Soldatendasein in der weit fortgeschrittenen
Zukunft jenes Neowesterns auf fremden Globen, nach einem Drehbuch von David Webb Peoples („Erbarmungslos“), sind hier eben
entmenschlichte Funktionen effektiven Tötens aufgebrummt, die sich in der
Tilgung der Gefühle trotzdem nicht vom Pflichtbewusstsein zivilen Schutzes
abtrennen können, selbst wenn die Hardliner der Militärindustrie zum baldigen
Austausch bereits willenlose Superkiller genmanipulieren – so ewig aktuell hallt das Ganze natürlich nach, dass Gary Busey mit Trump-Frise vorbeischaut. Russells Söldner lebt
also den Film über einen inneren Schmerz vor, der unter versteinerter Miene mit
Vermittlung und Empfang der Empathie kämpft, Traumata als Befehl verrichten muss und sich nur umso belasteter in eine Kolonie an Verlorenen und
Ausgeschlossenen integrieren kann. Der Versuch dessen ist so zentral und
sensibel im Film präsentiert, dass man der damaligen Abneigung durch Kritik und
Publikum nur wenige Argumente abnehmen kann – höchstens beim Aufbretzeln der
martialischen Schlussphase im Widerstand, ikonographisch zwischen Vietnam,
Bosnien und dem Alamo eingeordnet, macht sich Anderson mehr für knallschattige Schauwerte
des Kräftemessens warm, als dass der humanistische Geist inklusive UN-Blauhelm-Emulat vollends obsiegt.
Klassisches Meucheln zwischen den Erzfeinden Gut und Böse hat natürlich
trotzdem stets etwas für sich, vor allem, wenn es in derartiger Kompromisslosigkeit
aufbereitet wird, sich mit einer sinnlichen Schlagkraft bei Regen ins Gesicht
greift, wie es seitdem höchstens in „Batman
v Superman“ wiedergesehen wurde. Die letzten Einstellungen zu neuen Welten,
mit der nächsten aus Ruinen geborgenen Generation im Arm, zudem auch
entschieden weg vom selbstverständlichen Salut, hat sowieso etwas Bewegendes im
Universellen/Universum an sich, so in etwa: Das Überleben geht ständig auf
Reisen, die Kämpfe und Krämpfe der Unschuld durch alle Dimensionen wie Parteien
des Seins im Schlepptau.
So, die nächsten zwei Filme im planetarischen Wechselreigen
waren dann auch erneut solche, die ich schon von Vornherein kannte und in diesem Rahmen für aufmerksame Genossen empfänglich ausstellte, deshalb nur
noch einige Ergänzungen (?) zu „Sternenkrieg
im Weltall“ und „Armageddon
– Das jüngste Gericht“: Beide sind weiterhin unglaublich stark darin, einen
emotional abzuholen, obgleich man bei Bays Ausflügen von Ölplattform zur NASA
zum Asteroiden binnen 2 ½ Stunden Laufzeit mehrmals die Orientierung verliert,
trotzdem im Überschallmodus irgendwann auf die Gipfel an Americana stürmt, als
wäre man zur furiosesten Oper der Welt und darüber hinaus geladen –
verständlich, dass wir eine dicke Flasche Rotwein dazu gebucht hatten, denn vieles daran ist in seinem hyperakzentuierten Überschwang (wie meine Wenigkeit auch) strunzdumm in den 90ern hängengeblieben. Kinji
Fukasakus heimeliges Epos leuchtender Nüsse, anachronistischer Folkloren-Adaption und lichter Helden murmelte sich davor
jedoch schon in wärmere Gefilde aus Edelmut und Koexistenz
japanisch-amerikanischer Freundschaft ein - mit einem solch effektiven Pathos
auf der Schulter, wie er im Vergleich zu Lucas‘ Vorlage/vorzeitiger
Verarbeitung eben jener Nippon-Topoi immerhin hochdynamisch Bock auf die
Erde an sich macht, Liebe und Güte durch die Toei-Schächte strahlt, dass jeder Einzelne im Ensemble das Zeug zum
Mutmacher hat. Die Melodramatik daran prägt sich in der deutschen Kinofassung
schon stark ein, doch der Blick zur Originalversion offenbart noch eine gute
Handvoll mehr ungeniert rührseliger Schlüsselmomente, was sich natürlich kein
Freund des Films entgehen lassen sollte. Zisch und Pep des Astro-Schlachtengewitters
bleiben da wie gehabt ein tolles Stück Affektkino, die Melancholie Vic Morrows sowie
der fantastische Wortwitz von Robo-Kumpel Beba mit inbegriffen, selbst wenn diese ebenso vor Aerosmith und Ben
Afflecks Tiervergleichen auf die Knie fallen würden.
Meine Damen und Herren, jetzt schauen wir aber mal wieder auf
den Boden unseres Planeten hinunter, denn als einzelner Passagier buchte ich
mehrmals Reisen nach Santo Domingo binnen der Dominikanischen Republik, wo ein Joe D’Amato unserseits um 1980 herum eine Vielzahl erotischer Filme am Stück kredenzte. Stab und
Ensemble gleichen sich also je nachdem mehr oder weniger mit denen aus „In
der Gewalt der Zombies“, weshalb es ein Leichtes war, sich in das Areal
zwischen Städten und Palmenstränden via Trauminseln wieder hineinzufinden bzw. diese tiefer zu erkunden. Eher weniger simpel war es allerdings, jene daraus entwickelten Narrative
im Nachhinein auseinander zu halten. Am beachtlichsten blieb mir „Orgasmo Nero III – Schwarze Haut auf
weißem Sand“ (so ein X-Rated-Nachholtitel,
man kann auch beim O-Namen „Sesso Nero“
bleiben) dennoch in Erinnerung, jens vielschichtige Requiem für eine Variante Mark Shannons
(Rollenname: Mark Lester!), die vom Prostatakrebs angefressen zu dem Ort und zu
der Frau (Annj Goren) zurück sucht, welchen er Zeit seines Lebens nacheiferte,
dass die Überkompensation im Aktionismus des steifen Glieds immer heftigere
Entgnügungen am Miteinander ausübt und bittersüße Schmerzen dazu erleiden muss.
Die Freiwilligkeit Marks dazu ergibt erst recht das Rückenmark der hier verlebten Tristesse
unter heißen Sonnen und Damen, welche er im Schatten der eigenen Erschöpfung so
verzweifelt und grob mit Spritze am Bein verbraucht, obgleich eine
lebensrettende Operation und Ehefrau in New York auf ihn warten würden; er sich
jedoch den letzten Wunsch erfüllen will, einem vergänglichen und längst
vergangenen Glück hinterherzujagen.
Auf dem Pfad zerstört er auch gerne eine Unschuld (Lucia
Ramirez), die bereits genug in der Unterschicht zu leiden hatte, vor kurzem erst von seinem intellektuellen, Schulen bauenden Kumpel eingekauft wurde –
die sozialen Hüllen und Ideale fallen zwangsläufig auch bei solchen Modellen mit ideologischem Segen, Mark bleibt jedoch durchweg der Schmiermisanthrop des übersättigten Jet-Sets schlechthin. Trotzdem graut es
einem davor, wie seine Zeitgenossen (u.a. George Eastman, wieder mal als verrückter Grieche) darin
pendeln, sich um ihn zu sorgen sowie ihn leiden sehen zu wollen, genauso steht
es mit Nico Fidencos finsteren Tönen, selbst wenn sie in den
sinnesverstärkenden Bossa Nova übergehen. D’Amato nimmt da durchaus einiges von
„Shame“ vorweg, wenn auch mit einem übernatürlichen
Element in der Präsenz der Verflossenen als Geist, deren Vergeltung aus
versagter Liebe Mark ebenso in Kauf nimmt, wenn er schon nicht mehr Herr seiner
Sinne ist, sich in Visionen seiner Schwächen und rassistischen Vorurteile säuft. Angst und
Penisneid vorm schwarzen Mann paralysieren ihn, ehe er zum Biest vor Ort
geballter Enttäuschungen wird, die Außenwelt abstreift und vollends regressiv
in die Illusion der Vergangenheit taumelt. Das sagt mehr über Realitätsbezug, Abhängigkeit und Gültigkeit innerhalb wie abseits von Beziehungen aus, als einem lieb ist. Im Delirium und Gruppensex unter
Sonnenstrahlen kommt der Bezug zur „Letzten Frau“ von Marco Ferreri zum Schluss hin dann sicherlich nicht von
ungefähr, so brutal und eisern leidend ist man dennoch nicht immer mit dem Werk D’Amatos in Kontakt.
Belegen lässt sich das u.a. an den simultan bewerkstelligten
Reißern „Porno Holocaust“ und „Hard Sensation“, die vergleichsweise
schroffer und schlichter auf die Bestätigung der per Packung versprochenen Reize eingehen (abgesehen vom Holocaust-Begriff, sollte man anmerken). Ersterer Film stieg
mir allerdings trotz längerer Laufzeit (knapp 110 Minuten) leichter übers
Zwerchfell, was auch daran liegen mag, dass allesamt viel netter zueinander
sind - erst recht Shannon als Captain O’Day in seinem Verhältnis zu Lucia
Ramirez als Forscherin Annie, die zusammen mit Simone (Dirce Funari), der
Gönnergräfin (Annj Goren) und Dr. Lemoir (George Eastman) einige biologische
Extremitäten auf derselben Insel wie in allen diesen Filmen zu erforschen gedenken. Da kommt
noch zu späterer Stunde ein Ein-Mann-Zombie-Faktor ins Spiel, bis dahin leistet
sich der Film jedoch mehrere Abstecher in die Ablenkung per Fleisch, in jedem
Szenario mindestens einmal ficken zu wollen. Das Beste daran ist, dass die
Charaktere solche Wünsche auch explizit aussprechen, jene Gelegenheiten trotz
der Gefahr dramaturgischer Schlappe wahrzunehmen – selbst Shannon muss in der Menge an Flutsch und Weg mal ein verhaltenes „Nein, danke“
anbringen, ehe er sich doch wieder zu tollen Überschäumungen zwischen
Sonnenglut und Wellenschlag überreden lässt.
Eastman hingegen zieht in solchen
Situationen ja immer wunschlos glücklich von dannen, doch als Autor jener Filme
- in ihrer Varianz zum selben Ambiente nicht unbedingt die simpleste Kolportage - ist
solche Bescheidenheit erst recht lobenswert oder Zeichen eines kompliziert ausgelebten Minderwertigkeitskomplexes. D’Amato nutzt den Effekt daraus so oder so, dass das
letztendliche Monster ganz wie Frankenstein nach Verständnis giert sowie
ein Ungeheuer der Triebe ergibt. Das Verständnis zu schwarzen Männern ist in
dem hardcore-italienischen Rahmen natürlich weit hinter der Zeit geblieben,
aber bis zum Ende hin noch versöhnlicher, als es der groovende Showeffekt per
Doppelpenetration noire zu Beginn
hinkriegt - Annj Goren geht in jeder Lage aufs Ganze! Vergnügter Ulk begegnet einem dann ebenso am Rettungsboot und ist da durchaus die
Antithese zur Rape-and-Revenge-Klaustrophobie
von „Hard Sensation“, welcher anhand der
zuvor genannten Zutaten zeitweise eher den Anschein macht, die kollektive
Erniedrigung, Machismo und Sexismus als Lust auf den Zuschauer übertragen zu wollen. Haut
erwartungsgemäß nicht so ganz hin, obwohl sich alle Männer hier als
Etappenschweine der Grausamkeit aus Macht entlarven; die Sympathie unter
Beihilfe von Alessandro Alessandronis Score konstant bei den gefangenen Frauen
liegt, obgleich die Kamera sie im Blowjob geißelt. Mark Shannon rotzt sich da
als Haupträude eines entflohenen Knasttrios am Fiesesten einen von der
omnipräsenten Goldkette ums Genick, kriegt aber auch erst so in der letzten Minute
sein Fett weg, was der Film mit einem tragischen Bündnis zum Vergessen
quittiert, dessen Tragweite ich viel lieber und früher genutzt gesehen hätte.
Naja, nächstes Mal läuft’s bestimmt wieder besser zwischen Joe und mir.
Bis dahin haben wir wieder ein bisschen an amerikanischen
Stoffen in petto – James Mangolds Debüt „Liebeshunger
– Hungry for Love“ nämlich, das per Originaltitel „Heavy“ weit weniger platt klingt, hat es mir nämlich auch angetan,
die Schwierig- und Selbstverständlichkeiten des sozialen Kontakts via
Pizzabuden-Mitbesitzer Victor (Pruitt Taylor Vince) mit zu verfolgen. Obwohl
sich der Rahmen auf provinziellere Sehnsüchte der Arbeiterschicht und solche,
die es werden wollen, konzentriert, als es Mangolds aktueller „Logan“
von außen hin unternimmt, merkt man denselben Macher zwischen jenen auseinander
klaffenden Wunden an, die ihre jeweils zentralen Individuen am Eingeständnis derer selbst zweifeln und Kreuze machen lassen. Keiner mag mit den
Gegebenheiten brechen, Beerdigungen in die Wege leiten oder eine Trennung aus
gewohnten Mustern vornehmen – man träumt von einem Ziel der Sicher- und
Geborgenheit, doch in der Unterwürfigkeit zur eingelebten Desillusionierung Amerikas und seiner Tankstellenmärkte auf Valium (immer mit
Schaukelpferd davor, von dem Hunde wie Kinder ausreißen) bleiben diese verbaut.
Nicht unbedingt aus Dickköpfigkeit gegenüber nötigen Veränderungen (in diesem
Fall: Weg vom Speck), eher, weil man allen Seiten nach zu urteilen ein Narr sein müsste, diese in Angriff zu
nehmen. Die neue und blutjunge Aushilfe Callie (Liv Tyler) hat eben schon einen Beau, alles
andere als der beste Hengst im Stall, aber eben das, was schon ist, was selbst
sie nicht ändern kann, obwohl der Wille in den Tränen steckt und man es sich
als Zuschauer fast so sehr wünscht wie Semi-Kupplerin/Victors Mutti Dolly
(Shelly Winters).
Moms Ableben per Herzinfarkt hinterlässt schließlich einen
Sog für den ohnehin schon auf Zurückhaltung gepolten Sohnemann, der
fehlplatzierte Schuldgefühle und Beziehungsunfähigkeiten zu einer allumfassend
zerstörerischen Mischung aufbereitet, noch mehr (auch wortwörtlich) in sich
hineinfrisst, wenn das Diner, eben der Treffpunkt aller, immer mehr Fragen ans Gewissen stellt
und das Schlechteste aus dem Egoismus des seit jeher Festgewachsenen fördert. Amerika frisst sich bei Mangold oftmals aus dem Innern nach
oben=unten, u.a. anhand von Kollegen wie Delores (Deborah Harry), die einem beim Aussichtszaun zu aufsteigenden
Flugzeugen noch Süßes vorsäuseln kann und im nächsten Moment Gemeinheiten aus
Frust in die Wege leitet, so abgeklärt sie auch an einem Tresen arbeiten muss,
der in seiner Gemütlichkeit oftmals
auf „Blutgericht
in Texas“-Ebenen aufleuchtet. Die Methodik an Hinweisen und Konstruktionen,
mit denen Mangold dahin arbeitet, hat er übrigens bis heute nicht abgelegt – es
herrscht hier wie dort der Zwiespalt, einen inneren Weg mit deutlich identifizierbaren
Mittlern per Script zu unterfüttern, wie sie eher in Filmen denn in der Realität
funktionieren, eben die Funktion an sich repräsentieren und doch noch mit einem
Feingefühl gehandhabt werden, wie es ihnen vom Genre her normalerweise nicht
zuteilwird. Mangold weiß seine geliebten Dysfunktionalen eben in der
Filmsprache (erst recht in der höchst exemplarischen Einnahme der Darsteller)
zu verinnerlichen, selbst wenn das Drehbuch mit Pflichten auf der Kippe steht,
dennoch singuläre Ereignisse und Figuren ins Erfahrungsspektrum des Verdrängens
und Verlangens nach Liebe zulässt, wie es einem unsteten ewigen
Wanderer wie Wolverine ebenso ins Gesicht geschrieben steht. Die angeschlagenen
wie anschlagenden Erwartungen zur Männlichkeit sind hier natürlich stiller als
2017 im Clinch, letztendlich fahren eh alle nebeneinander im selben Auto gen (n)irgendwo, bis sich die Wege trennen und es da ja doch weitergeht.
Wir kurven dagegen weiter zum „Point of Terror“ in Los Angeles lang, genau dorthin, wo uns Peter
Carpenter letzte Woche schon zur „Blood
Mania“ einlud. Mir war da noch nicht ganz bewusst, in wie viele Bereiche
jenes Films er seine Hände stecken hatte, umso deutlicher tritt das hier zum
Vorschein, wo ich zunächst noch vermutete, dass Robert Vincent O’Neill erneut
die Führung übernommen hätte. Denkste! Alex Nicol heißt der Regisseur hiesigen
Erotikthrillers, doch das ist im Grunde banane und einerlei. Inhaltlich gleichen sich die
Filme fast bis aufs Haar – also gut, zumindest in den Grundzügen geht es wie
dazumal um einen von Frauen umgarnten Toptypen (Carpenter), der seiner
Geldsorgen wegen mit einer reichen Dame anbandelt, welche jedoch einen Knacks
in der Psyche hat und besonders dann um die potenziellen Besitztümer wettert,
wenn eine jüngere Unschuld aus Familienkreisen zu Besuch kommt und besagtem
Manne bis zum Trauring den Kopf verdreht…was üble Konsequenzen nach sich zieht!
Ganz wie bei Mangold sind die doppelten Lottchen an Filmerfahrung aber
keineswegs solche, die sich gegenübergestellt von selbst aufheben, dafür kommt
der jeweilige Elan dann doch immerzu auf die tollsten Eigenarten und offenbar
sowieso von Carpenter selbst. Schade, dass er, der binnen beider Filme auf
Beerdigungen vorstellig wurde, noch im selben Jahr, 1971, einer Gehirnblutung
erlag – an ihm ist ein fesches Multitalent verloren gegangen, das vielleicht
mehr den Hansdampf in allen Gassen ergab, aber eine solch selbstüberzeugte
(nicht immer selbstsichere) Exploitation auffuhr, dass es nur allzu schmackhaft
knisterte.
Man siehe dieses Mal allein das Intro, in dem der Herr Hippie’esken Soul am
Vorhang vortanzt und mitsingt, den Sänger/Songschreiber Tony Trelos mimt und
höchstwahrscheinlich nicht höchstselbst auf der Tonspur trällert. Ja, sieht
leicht unbeholfen aus, aber den Mann kann man nur liebhaben; die Schnittstelle
zwischen Tony Curtis und Ryan Gosling sehe ich ihm weiterhin an und genauso
angenehm gestaltet sich auch sein Beuteschema zur Weiblichkeit. Die erste
Freundin ist wieder eine rothaarige Schönheit, Sally (Paula Mitchell), und ein
motivierender Anker inmitten seiner Behausung als halber Beachbum, der hinter der fitten Fassade um den Ehrgeiz
gegenüber Mutter und Skeptikern auf Lebenszeit ringt, was er in einem One-Take und Schoße genialer Konkretheit so nah wie möglich zum
Ausdruck bringt, Carpenter vor unseren Augen transzendierend privat wird. Damit er also die Katharsis erreichen kann, weil es ihm keiner an dieser Stelle abschlagen kann, meldet sich der Zufall in der Standsonne an, in Gestalt der Ehefrau des invaliden
Plattenmoguls Martin Hilliard (Joel Marston, fantastisch am Quängeln und mit
Phil-Hartman-Ton in der Stimme): Andrea, gespielt von keiner geringeren als
Dyanne Thorne, epochenmarkierende Sadomasochistin aus den Ilsa-Filmen.
Die gefährliche Verführung ihrerseits ist da allzu absehbar, sobald sie Tony
unter ihre Fittiche nimmt, es aber eher insofern auskostet, ihren Gatten vor
Eifersucht rasend zu machen – obwohl sie sich da gegenseitig an die Gurgel
gehen wollen, funktioniert wohl genau das schon seit einiger Zeit als Beziehungsgrundlage. Das Essig-Syndrom im Menschen!
Mit Tony als neuer vom Mister bezahlter Plattenbengel scheint
jedoch eine Spitze der Frechheit erreicht, bei der es kein Zurück mehr gibt. In der Sippe
sind die um mehrere Köpfe geworfenen Ultimaten dann auch so blutrot wie Tomaten, mit Farben geizt der Film
sowieso nicht, wenn er das Muster mörderischer Intriganz und Erpressung sogar mit den Signalen
des Stierkampfs ausstattet. Über welches aus „Blood Mania“ übernommene Element ich mich dann aber doch am meisten
freute, war die Rückkehr von Leslie Simms als per Trockengift schnatternde und
trinkfreudige Kumpeline Fran – die Frau leuchtet selbst mit
unschmeichelhaftesten Perücken und Leopardenfellklamotten auf, dass ich mich
frage, warum Tony nicht einfach mit ihr um die Häuser zieht. Gute Freunde werden
sie hier ja so oder so, null problemo. Die Kontrolle behält allerdings Andrea,
zwingt Tony (und - siehe den tollen Couch-Schlagabtausch - sich selbst) in Abhängigkeiten, die mich an „Love and Mercy“
erinnern ließen und auch hier von einem Engel in blond, Hilliard Tochter aus
erster Ehe Helayne (Lory Hansen), errettet werden, mit welcher die schönsten
Freizeitaktivitäten unternommen werden, ehe die Provokationen an Eskalationen
ihren im Titel erwähnten High-Point erreichen. Der verausgabt sich bis dahin
vielleicht mit weniger Sexappeal und Delirien, als es bei O’Neill der Fall war,
aber das ordnet ihn vielleicht sogar kurzweiliger in jene Variante der Hardboiled-Seifenoper ein, zwischen
deren tollen Damen (und dem perfekten Barpärchen nebenan, als käme es der
Funktion aus „Begegnung“
gleich) sich Peter Carpenter deutlich pudelwohl fühlt und dennoch allesamt hart
gegeneinander sowie gegen ihn als Versager aus Stolz und Ambition antreten
lässt.
Gegen sich selbst und die eigenen Schwächen arbeiten zu wollen, tja,
darum geht es auch in meinem schon ganz oben angekündigten Darling innerhalb
dieser Filmwoche: „Emanuelle – Insel
ohne Tabus“. Wieso springe ich gerade auf den Film an, wenn er Laura Gemser
ausnahmsweise mal nicht durch Joe D’Amato in die Welt der Sinnlichkeit führen
lässt? Ich hätte mir die Frage jedenfalls nicht bei ihrem Einstand als „Black Emanuelle“ im (ich übertreibe mal:) gesteigerten Sextourismus
von Bitto Albertinis gleichnamigen Film stellen müssen, aber diese italienisch-venezolanische
Koproduktion von Enzo D’Ambrosio und Humberto Morales hat sich auf eine ganz eigene
Art ins mediale Vergnügen meinerseits eingepflanzt, welche ihre Hingabe zum
Wandel eines Individuums so friedfertig und ehrlich wie die Wenigsten ihrer
Epigonen angeht. Im Sinne einer gefühlsmäßigen Orientierung kann man anfangs
durchaus einen Mittelweg zwischen „Robinson
Crusoe“ und „Die blaue Lagune“ für
sich erkennen, doch selbst wenn man auf dem verlassenen Eiland des dort
gestrandeten Daniel (Paolo Giusti) begrenzte Möglichkeiten des Erzählens vorzufinden
glaubt, konzentrieren sich dann doch zielsichere Erkenntnisse zu Leben, Liebe,
Selbsterkenntnis und Respekt für alle Lagen des Daseins heraus, was angesichts
der schmuddeligen Umstände ein kleines Wunder darstellt. Beim Rückzug auf eine
Insel wie diese liegt es natürlich gerade dann immer im Auge des Betrachters,
wie der Entzug, die (un)freiwillige Flucht und die Reflexion zur eigenen und
Fassung des Films - der sich natürlich nicht vollends dem Sleaze und seinen extensiven Streicheleinheiten entziehen wird - zu werten ist.
Und da macht er es mir nicht leicht, ihn an euch Leser
weiterzuleiten, wenn seine bislang erhältlichen Versionen aufgezoomt und breiig
aufs Meer gondeln; die nicht immer kostenintensive Schludrigkeit in Kamera,
Schnitt und Tempo ebenso wohl kaum dem Standard entspricht. Wie man’s von mir
kennt, sehe ich gerade da aber einen Reiz auf Augenhöhe, der hier z.B. in recht
fixen Fragmenten alles zu erzählen schafft, wie Daniel auf das im Meer
verfahrene Boot gekommen, im Parallelschnitt von Einsam- und Mittellosigkeit
umzingelt ist. Die außergewöhnlichen Töne von Marcello Giombinis Soundtrack
machen den einnehmenden Druck der Situation erst recht greifbar, wenn auch eben
eher mit solch unruhigem Wabern, das auch auf der Bildebene eine Schönheit
voller Widersprüche stattfindet. Jedenfalls klebt man fortan ganz fest an
Daniel und seiner nach innen gekehrten Rastlosigkeit dran, die auch dann nicht
aufhört, sobald er die rettende Insel bar jeder Ressourcen erreicht. Dass
solche Schicksale einen nicht gleich derart stilistisch erschlagen und nerven
müssen wie ein „Swiss Army Man“
versteht sich hoffentlich von selbst, entsprechend entschleunigt geht dieser
Mann also auf Spurensuche zur Selbstversorgung und trifft dabei via behutsamen
Herantasten auf das Geschwisterpaar Heyde (Gemser) und Juan (Nicola Paguone),
die seit jeher mit ihrem Vater Antonio (Arthur Kennedy) im Alleingang die Insel
bewohnen. Interessant ist bereits da schon, wie Daniel dem Typus des barschen
Stadtmenschen in der Situation entgeht, Vorsicht und den personal space beherzigt, ohne sein Gegenüber von Vornherein für
dumm zu verkaufen.
Es bahnt sich hier also eine feine Sache Richtung
Menschenkenntnis an, bei deren Freizügigkeit in erster Linie mal nicht von Sex
die Rede ist. Man merkt Antonio auf jeden Fall schon mal eine harte Linie des
Protektionismus an; eben einen Kauz, der nichts von der seiner Meinung nach verkommenen
Außenwelt an sich und seine erwachsenen Kids hinein lassen will – so basisch
jene Eigenschaften auch klingen, sind Dialog und Umgang zwischen den Parteien
dann doch nicht allzu sehr vom Topos gekennzeichnet und leiten ihre Positionen
ohnehin mehrmals zur Differenzierung an. Kann auch sein, dass ich sowas
übersehe, wenn man daran teilnehmen darf, wie Heyde und Juan der ungenierten
Unbedarftheit und Neugier wegen Daniel helfen, dass sich da über die ersten
kleinen Gesten (u.a. Feuer, Harpune und Hochprozentiges) ein Austausch
entwickelt, von dem alle etwas haben, eben geteilte Plätze anstatt geteiltem
Leid. Die insofern noch vorhandene Sucht zur Spritze schlägt bei Daniel zwar
immer wieder unter Krämpfen durch, doch am Genesungsprozess dazu öffnet der
Film erst recht eine Vielzahl von Stärken: Die Balance zum Natürlichen lässt
sich im audiovisuellen Schwebezustand erfassen, die Sympathien bleiben an jeder
Person größtenteils auf einem hohen Level und die Beobachtung moralischer
Kontraste funktioniert eben hauptsächlich als solche. Die buntesten Zoten
bleiben bei Antonio haften, ansonsten bietet der Film eben einen relativ
schwärmerischen, doch intimen Diskurs (entgegen) des Alltäglichen – zudem entschlossen
abseits des Alltags in der Zivilisation.
Das kann man dem Film als Fantasieerfüllung anrechnen, klar,
insbesondere, was die Zuneigung Heydes angeht, doch jene natürliche(re) Erfassung
des Zwischenmenschlichen hatte mich zeitweise sogar an die Leichtig- und
Knappheit eines Hong Sang-soo erinnert. Gewagte und naive These, ich weiß, weise aber
gleichsam auch darauf hin, exemplarisch zu beachten, wie Daniel mit einem
schließlich vorbeikommenden Fischer parliert, wie die Entscheidungen im
Nachhinein dazu ausfallen und überhaupt wie sich allesamt von bestimmenden Mustern
lösen, die teilweise auf ewig über Kino und Realität zu thronen scheinen. Sind
wie gesagt durchweg kleine Gesten in einem Werk, das solche Ansätze von außen
hin nicht zu erwecken wagt, aber in
die verliebt man sich ja bekanntermaßen am ehesten ganz unverhofft. Ich war
sogar überrascht, wie der Film letztendlich seine titelgebenden Tabus auflöst,
wie packend die Grenzerfahrungen darin zusammenkommen und trotz aller Konflikte
über den eigenen Schatten springen können. Solche emotionalen und aufrichtigen
Pfade findet man sonst eben auch eher in unterschätzten Begegnungen wie derer
mit der „Dark
Tide“, wenn es um den Stellenwert des Echten im Genre geht. Falls man also
da schon von den Socken war, wie sich die Elemente mit dem Menschen ergänzten
und ihre gemeinsamen Aktionen auf eine Dreieinigkeit des Wiedererkennbaren, des
Romantischen und des Trivialen einstellen konnten, dann dürfte man hier ebenso ganz
geschmeidig die Sehnsucht inhalieren.
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