Sonntag, 31. August 2014
Tipps vom 25.08. - 31.08.2014
DIE MAD MAX TRILOGIE - Bis Mai 2015 ist es zum Zeitpunkt dieses meines Schreibens noch etwas hin und da man nach solch einem furiosen Trailer der Marke MAD MAX: FURY ROAD ungern wartet, muss und sollte man auf die nächstgelegene Alternative zurückgreifen: alle anderen zuvor erschienenen Mad-Max-Streifen. Nicht, dass es eine mühsame Obligation wäre, oh nein, in vielerlei Hinsicht dürfte das gepflegte Baby von Regisseur George Miller und Produzent Byron Kennedy als eine der grandiosesten Actionfilm-Reihen aller Zeiten gelten. Natürlich denkt man dabei hauptsächlich an den zweiten Teil, der so ziemlich im Alleingang die große Welle des postapokalyptischen Films ab Anfang der 80er Jahre in der Kinowelt anzettelte. Doch alles nahm 1979 als lupenreines Ozploitation-Vehikel seinen Anfang, in einem Debütwerk des zu jener Zeit 34-jährigen Millers, welches in seiner Darbietung Stunt-fixierter Energien und Karossen-Rasanz schon einige Jahre zuvor vom ebenso australischen Brian Trenchard-Smith und Filmen wie DER MANN VON HONGKONG vorweggenommen wurde, jedoch in sich eine krasse verdorbene Welt aufschlug, die das Rebellentum von CLOCKWORK ORANGE in einen tribalen Fleischwolf verwandelte. Die einleitenden Momente von MAD MAX 1 weisen das wilde, noch mit der normalen Welt wiedererkennbare Territorium als "A few years from now..." ein, insgesamt herrscht noch eine Grundfassung vom kontemporären, zivilisierten Leben in Australien, doch allmählich zerbröselt dies an allen Ecken, wird von raubenden und mordenden Raser-Banden terrorisiert und von Miller zudem so überladen und abwegig in Szene gesetzt, dass man jenes Szenario teils nur schwer erfassen kann. Doch den Zorn der Straße, den gnadenlosen Horror des Anarchischen und die Abstumpfung gesellschaftlicher Konsistenz spürt und sieht man durchweg wie eine Achterbahn durchs Hirn jagend, mit einem pausenlosen Brian-May-Score am bedrängenden Dröhnen. Die einzige erdende Eigenmacht bildet sich mit Polizist 'Mad Max' Rockatansky und seinem Nitro-Dienstwagen vom Modell Interceptor (dieser scheppernd-zischende Sound des Motors: HALLELUJA!) - einer dieser ganz heißen Schlitten, die bis Teil 2 hin und offenbar auch im neuen Kapitel der Serie aufgetuned werden -, die nicht nur gewissenhaft und blitzartig, vorallem aber nicht minder brachial das Verbrechen, vertreten durch Figuren wie den 'Nightrider' (Vincent Gil), aufhalten, sondern zudem an eine junge Familie mit Frau und Sohn gekoppelt sind. Max's Frau Jessie (Joanne Samuel) trägt dabei die meiste Sorge um ihren Gatten mit sich, doch noch ist er sicher bei der ehrenvollen Sache, seinen Job durchzuziehen, ganz charmant und unverbraucht wie der junge Gibson eben auch dabei aussieht. Anhand seines Kollegen Jim Goose (Steve Bisley), der in der ersten Hälfte des Films sogar stärker und öfter auftritt als Max, jedoch von der berüchtigten Bande des Toecutters (Hugh Keays-Byrne) monströs entstellt wird (was Miller nicht explizit zeigt, aber bei Max's Anblick dessen durch einen geschickten Jumpcut inkl. wabernder "Hitzewellen" suggeriert), erkennt unser Titelheld jedoch die desaströsen Gefahren, die der rechtschaffenen Seite des Gesetzes zuteil werden, und quittiert bei seinem wahrhaft exzentrischen Vorgesetzten Fifi (Roger Ward aus INSEL DER VERDAMMTEN) vorzeitig seinen Dienst. Dass letztgenannter dabei mit freiem Oberkörper seine Blumen gießt, ist nur eine der vielen kleinen Irrwitzigkeiten, die der Film unterbreitet und besonders im abgefahrenen Spiel der Darsteller eskalieren lässt. Schließlich wird damit eine filmisch unberechenbare Brutalität erschlossen, die den psychischen Faktor der Angst klaustrophobisch-bizarr auf die Leinwand bannt, sich ebenso in maßloser, chaotischer Zerstörung von Karren und Körpern entlädt. Kein Wunder, dass Max sodann die Ruhe und den Frieden trauter Zweisamkeit auf dem Land sucht, sich so ziemlich von der urbanen Gefahr abzukapseln und die modernen Nicht-Nur-Mittelschicht-Ängste der nihilistischen und rücksichtslosen Endzeit-Stimmung hinter sich zu lassen. Doch kaum anders wie in jeden anderem klassischen Rachefilm bleiben die Zurückgezogenen auch davon nicht verschont, speziell Jessie, die von den Raudis wie jede Frau als sexuelle Beute erspäht wird. Die grenzenlose Jagd des Vandalismus führt in die intimste Zelle der ängstlichen Familie und der stärkste theoretische Verteidiger Max kann das Übel nicht aufhalten. Ab jenem Zeitpunkt aber wird der Zünder der menschlichen Bombe für die gesamte Reihe aktiviert, brennt nach Rache und zieht mit dem pechschwarzen Interceptor eine explosive Linie in den horizontalen, in die endlose Weite streckenden Staub, womit auch der ultimative Henker angesetzt wird - trotzdem keine einfache Sache für unseren innerlich zerstörten Helden: ein Bein wird für immer zerschossen, eben ein knallig-rotspritzender Ausdruck all dieser inneren Wunden, die Max zugeführt wurden und in der Reihe auch garantiert nicht die letzte. Dennoch wird Max schier unaufhaltbar auf seinem direkten und aus dem Innern dynamischen Weg der Vergeltung - ein tragischer Mordskerl, der unweigerlich in diese Welt des Chaos eintaucht, die er sowieso nicht mehr aufhalten oder neutralisieren kann (wie das Sequel beweist), welche aber immerhin markig seinen Zorn zu spüren bekommt. Man muss schon sagen: so sehr Miller uns mit seinen anfänglich sperrigen Konzepten einer dystopischen Welt und der dazu kommenden filmischen Sprache befremdet, so monolithisch etabliert er einen tief getroffenen Charakter, der mit der ungebändigten Wut der Kamera und des kompromisslosen Stuntwork eine neue Ära der filmischen Bewegung und Eruption einleitete. Doch trotz dieser ikonischen Besonderheit der Figur Mad Max und dem inszenatorischen Drive drum herum sieht man noch immer einen Menschen; einen Familienmann; einen Kollegen, der in seiner Dienststelle auch mit Minderbemittelten und bei der Suche nach seiner Frau später mit Zurückbebliebenen arbeitet (was im dritten Teil nochmals die empathische Verschonung vom 'Blaster' motiviert); allerdings auch einen, der immer weiter zum Unmenschlichen getrieben wird und deshalb für die universelle Gerechtigkeit den Wahn der Gewalt übernimmt, für sich einsetzt, aber nicht mehr zurückkommen kann. Eine Konsequenz, welche noch heute die Indizierung des Films in Deutschland erklären dürfte.
Nichtsdestotrotz wurde das Teil ein weltweiter Knüller, so ziemlich ein Kassenerfolg, abgesehen von den USA, drum kam 2 Jahre später, wie auch heute üblich, die Fortsetzung. Doch damit entfesselte sich ein Fegefeuer am filmischen Horizont, welches seitdem kaum zu lodern aufhörte - aus dem normalen und letzten Endes von der Leine gelassenen Max ist schlichtweg eine Legende geworden, ist bereits von Anfang an das Zentrum einer episch-mythischen Sage nach dem Formate CONAN's, weshalb Miller hier auch die Umstände des Settings nacherzählt und einen schnellen Rückblick auf die Tragödie von Max dazu spendiert (u.U. für das amerikanische Publikum, welches diesen Film und seine Welt als THE ROAD WARRIOR ganz neu kennenlernte) - mit dieser pointierten Einleitung als Unterstützung präsentiert sich sodann aber auch ein Film, der in seinem Narrativ, seiner stilistischen Funktion und dem Aufbau seiner inneren Macht geradezu vollkommen eigenständig wirkt. Zwar noch immer überrannt von mordenden und raubenden Motorbanden, ist die Landschaft nun komplett neues, offeneres und auch gleichzeitig konzentriertes Terrain: desolater, abstrakter, feindlicher. Darin verbuddelt liegt eine frisch zusammengeraufte Sozialität der Post-Apokalypse, welche filmisch komplett von Grund auf zubereitet und uns peu à peu zugeführt wird. Nur eben Max (jetzt mit Bart und grauen Schläfen) und sein Interceptor (begleitet von einem toll spielenden Hund) sind vom letzten Teil wirklich übrig geblieben sowie die Sehnsucht der Anderen nach dem Wiederaufbau der Menschlichkeit - doch Max als einsamer, meist schweigsamer Wanderer jenseits von gut und böse funktioniert auch ohne große Erklärung als klassischer Outlaw und Antiheld einer Welt, mit der er eigentlich nichts zu tun haben will, stets eher um sein eigenes Überleben denkt: Clint Eastwood lässt grüßen. Mit dem Hintergrund seiner Vergangenheit wird die einschlagende Dimension seiner konkreten, doch zurückgezogenen Persönlichkeit natürlich weit sinnlicher und sinniger, aber seine Konzentration auf das Wesentliche und Nötige steht ihm als Anziehungsfaktor der Interessen von Seiten des Zuschauers und der Nebencharaktere aus außerordentlich gut. Millers Film tut es ihm daher gleich und reduziert seine Zukunftsvision auf eine einzige, intensive Belagerung von überlebten Neu-Zivilisierten durch den bunten Höllenschlund bestialischer und verdieselter Fieslinge, noch bekloppter und destruktiver als in Teil 1, angeführt vom undefinierbaren, doch furchteinflössenden Obermotz Humungus (Kjell Nilsson). Und das Einzige, was alle in solch unsicheren und gesetzlosen Zeiten antreibt, ist das wertvolle Benzin, welches die Eingekesselten nun mit letzten Kräften horten. Max ist da in seiner abgeklärten Mentalität, gleichzeitig demütig und schnauzend gegenüber seinem Schicksal in diesem wüsten Inferno, nicht anders und wittert seine Chance, sich mit Rohstoffen für seine Maschine abzusichern - gemäß seiner dennoch weiterhin vorhandenen, inneren moralischen Gutmütigkeit im Austausch für riskante Hilfestellung der Nicht-Assigen, auch weil sich unter ihnen ein flinker, primitiver, aber für ihn sicherlich hart ins Herz treffender Bub befindet, der ungefähr so alt ist, wie es Max's eigener verstorbener Sohn sein sollte. All das will er unabhängig davon trotzdem schnell über die Bühne bringen, doch bei seinen Fähigkeiten verwundert es nicht, dass sich das kleine Volk allmählich auf seinen neuen Helden verlässt, es in die Freiheit anzuführen. Da will er sich jedoch gründlich zurückhalten, der Schatten des Verlustes hängt ihm nachvollziehbarer Weise wohl noch immer trüb hinterher, weshalb er der Wiederholung dessen schleunigst zu entziehen gedenkt. Doch die Gewalt der neuen (Un-)Ordnung in Millers krassem Kosmos holt ihn dauernd wieder ein, wickelt sich um die Leiber und nimmt auch den Zuschauer schweißtreibend in die Mangel. Zum Schweiß gesellen sich das Blut, der Rost, das in alle Himmelsrichtungen zerspringende Metall und das gnadenlose Einsacken in den hart traktierenden Wüstensand - mit einem noch höheren Tempo als jemals zuvor. Es wird ein filmischer und atmosphärischer Wahnsinn signalisiert, der sich haltlos vor einem aufbaut, durchschüttelt, in den Shredder wirft und sich dabei noch selbst zu zerreißen droht, solange die wohl heißeste Action-Maschine auf Erden auf Zelluloid gebannt werden kann. Das macht auch keinen Halt vor dem bisschen, was Max als einziges noch geblieben ist, es stößt ihn nochmals in den feurigen Abgrund und schießt weitere Löcher in seine gepeinigte Seele - doch darauf folgt die brennende Wiederauferstehung, der Weckruf eines wütenden Giganten, eines stählernen Straßenkriegers, der in seiner ultimativen Rolle des Beschützers Wiedergutmachung leisten, aber vorallem ausgleichende Gerechtigkeit walten lassen will. Was dann auf den Pfaden der Vergeltung und Zerstörung, der Jagd und der Verteidigung losgetreten wird, spottet jeder Beschreibung, hat aber auf eigene Faust schier unerreichte Maßstäbe gesetzt, die das Risiko des Leinwandgeschehens so risikoreich und fühlbar-granatenhart wie noch nie in die Sitze des Publikums drückte. Mad Max wurde endgültig zur Legende, letztendlich in der kompromisslosen Verausgabung für vermeintliches Benzin - ein bittersüßer Sieg, denn schließlich ist nur ein Tag, nicht die Zukunft gerettet. Aber aus seinem Willen heraus, für die Menschheit, für den Funken der lodernden Ambition, entsteht ein ewiges Vorbild - eben die Ikone im Untergang (mit einem im Vergleich zu Teil 1 weit polierteren Brian-May-Score dafür in petto), für die Überlebenden des Films und auch für zahllose Trittbrettfahrer sowie Hommagisten des internationalen Kinos. Doch das Feuer in Max selbst war noch längst nicht gestillt.
Ein dritter Teil seiner Geschichte sollte schließlich folgen, nun erstmals mit amerikanischer Finanzspritze und einem massentauglichen PG-13-Rating im Rücken (EXPENDABLES 3, ebenfalls mit Gibson, kann davon auch ein Lied singen). Eine inhaltliche und gewalttechnische Reduktion war abzusehen, Max und Miller mussten sich schein- und sichtbar einem Publikums-freundlicheren Appeal unterordnen (Maurice Jarres Score packt dafür sogar platt ein Didgeridoo auf der Tonspur aus), allerdings war der Film an sich zunächst wirklich als Kindergeschichte gedacht und wurde offenbar erst im Nachhinein mit der Figur und Welt von Max verbunden. Man kann dem kreativen Team jene Entscheidungen also nicht ganz so hart zur Last legen, erst recht, wenn man bedenkt, dass Miller seinen alten Kollegen Byron Kennedy während Locationscoutings bei einem Hubschrauberunfall verlor und wahrscheinlich deshalb auch einen großen Anteil der Regie an George Ogilvie abwarf. Da kann man die Einbußen in der Bösartigkeit der Gewalt und des Settings gut nachvollziehen und sich umso besser auf die versöhnliche Entwicklung von Max konzentrieren, der allmählich endlich seinem seelischen Martyrium zu entkommen scheint, auch wenn die ganz entscheidenden emotionalen Momente wohl auch unterm Schneidetisch gelandet sind (siehe die natürlich allwissende imdb-Quelle). Nichtsdestotrotz stellt man schnell fest, dass der dritte Streich der Trilogie den wohl aufwendigsten Look inne hat: die Kinematographie ist feinste Sahne, aus den Kostümen und Sets suppt geradezu ruppige Verlebtheit und so ziemlich der gesamte filmische Aufbau verläuft super-sauber - eine meilenweite Abkopplung von der schönen Eigensinnigkeit des Erstlings, aber dennoch ordentlich kurzweilig. Allerdings kann er nicht die einfache Eleganz des Vorgängers aufweisen, dafür quartiert er sich ausgiebigst in die zentrale Barter Town des Films ein, mit all ihren angehenden Regenten (Machtspiele zwischen Tina Turner als Auntie Entity und Angelo Rossitto als 'Master', Paul Larsson als sein 'Blaster'), unterirdischen Versorgungs-Rohstoffen (Schweinekacke en masse), den dazugehörigen Untergebenen und Versklavten sowie dem Austragungspunkt von schicksalhaften kämpferischen Konfrontationen, der Donnerkuppel. Letztgenannte Arena stellt nach der Infiltration von Max - der eigentlich nur seine jüngst gestohlenen Wertsachen zum Überleben wieder herausholen wollte, jedoch unweigerlich Deals und Intrigen in die Wege setzte, um damit voran zu kommen -, das erste von wenigen Action-technischen Highlights im Film dar: hier wird mit Waffen gekämpft, die das Publikum von den äußeren Rangen ab weiterleitet und so einen gladiatorischen Wettkampf herbeigröhlt, bei dem die Kontrahenten zudem an Gummibändern durch die Luft geschleudert werden. Die Fantasie der Dystopie hat Miller offensichtlich noch längst nicht verlassen, da macht der Film keinen Hehl draus, jedoch lässt er in seinem Prozedere der Handlung Stück für Stück langsam durchsickern, dass man hier nicht in jene Extreme und Bewegungen vordringen wird, die der Vorgänger eröffnete - stattdessen verschlägt es Max im Kinder- und Teen-kompatiblen Abenteuer auf ein Exil in die Wüste (übrigens in atemberaubend verschlingenden Landschaftsaufnahmen eingefangen, so völlig verloren im Sturm des Bewusstseins), wo er dem Verdurstungstod nahe von einer Gruppe wilder Waisenkinder aufgefunden wird, welche ihn für den lange verschollenen Captain Walker halten, der sie als prophetischer Erlöser ins Tomorrow-Morrow-Land führen soll. Peter Pan lässt grüßen und allein vom Design her bekommt man hierbei selige Flashbacks an Spielbergs HOOK. Auf jeden Fall eine ungewöhnliche Situation für unseren Max, der aber auch in jedem seiner Filme ganz neue Perspektiven der verlorenen (hier explizit post-nuklearen) Welt erlebt. Doch auch da gibt er den zurückhaltenden Eigenbrötler, der die Hoffnungen der Kids etwas ernüchternd in Perspektive setzen muss - allerdings auch nur, weil er weiß, welche Gefahren da draußen auf sie lauern würden und, das sollte seit Teil 1 schon klar sein, ein Herz für Kinder hat er ja sowieso. Die enttäuschte, es jedoch-nicht-wahrhaben-wollende Semi-Anführerin des Kinderstammes, Savannah (gespielt von einer 22-jährigen Helen Buday), macht sich dennoch auf, das gelobte Land zu entdecken - und da kann Max einfach nicht anders als hinterher, erst recht, nachdem er gesehen hat, wie sehr die Kids an eine bessere Zukunft mit einem zivilisierteren Lebensstandard glauben (siehe die ergriffen inszenierte Präsentation ihres Flugzeugwracks). Fortan ist die Erfüllung dieses Traumes aus der Mitte feindlicher Zonen heraus sein oberstes Ziel und da waltet diesmal nicht der Zorn beim Beweis seiner Wiedergutmachungs-Bestrebungen, welche die Balance zwischen Recht und Unrecht wieder einpegeln will. Selbstaufopferung kommt aber erneut zum Einsatz, hinterlässt jedoch erstmals keine neue Narbe (die letzte erkennen wir noch an seinen unterschiedlichen Augenfarben - soviel Detail ist löblich) und auch das Böse und Anarchische scheint die Blutrünstigkeit ausnahmsweise in der Tasche stecken zu lassen, denn die Jägerin Auntie Entity hat noch immer irgendwie auf die eine oder andere Art ihr Wort gehalten (scheint aber auch so, als ob sie Max ganz reizvoll findet). Das ist nun mal ein versöhnlicher Schlusspunkt und da spricht das ruhige Ende durch den beklemmend-stillen roten Sandsturm hindurch, quasi schon etwas auferstanden aus Sydneys Ruinen, Bände. Max selber hat wie immer nicht Teil daran, doch sein Wille ist sichtlich geschehen, seine Funktion als Vertreter der Gerechtigkeit hat sich endlich gewissenhaft (zurück zur Menschlichkeit des ersten Teils) erneut erfüllt und jene als Rächer hat wohl endlich ihren Frieden gefunden. Doch welchen Weg wird er jetzt, knapp 30 Jahre später, in Form von Tom Hardy gehen, wieder hineingeworfen in die reißenden Fänge der hinterherjagenden Zerstörung? Wie auch immer es laufen (oder besser gesagt fahren) wird: für einen Straßenkrieger gibt es immer eine Spur nach vorne und solange das zieht, springen wir gerne mit drauf.
DAIMAJIN - Die filmische Lust auf geradezu göttliche Rache findet im steinernen Kriegsgott der DAIEI-Studios seine effektive Manifestation. Dafür baut Kimiyoshi Yasudas Film anhand eines klassischen Dramas im mittelalterlichen Japan eine grob finstere Atmosphäre auf, die allmählich auf eine rechtschaffene Entladung mit übernatürlicher Macht hinarbeitet. Anfangs schon legt man großen Wert auf Glaubensriten, bei denen man gemeinsam mit der alten weisen Priesterin Shinobu den DAIMAJIN zu ehren und besänftigen versucht. Verräter im herrschenden Hause Hanabasa jedoch nutzen die Situation aus, um den Regenten zu stürzen und die Macht zu erlangen. Lediglich ein paar Vasallen und die Kinder des Clans können mithilfe des Samurai Kogenta entkommen, werden dank der Hilfe von Shinobu zur einzigen Zufluchtsstelle, einer Höhle am Wasserfall, auf dem die titelgebende Statue ruht, gebracht - für die nächsten 10 Jahre wird das ihr Zuhause, in der Zeit herrscht unten im Dorf allmählich unter Leitung des tyrannischen Odate und seiner Gefolgsleute ein alltäglicher, willkürlicher Terror von Sklaverei, Folter und Verfolgung gegen potenzielle Verräter und Ronin.
Familien stehen da auch nur im Wege, weshalb einer der armen Dorfjungen um Hilfe bei Shinobu sucht, während Kogenta und der herangewachsene Hanabasa-Erbe Tadafumi ebenfalls in Bedrängnis und Gefangenschaft geraten. Es geschieht noch so einiges mehr an brutalen Ereignissen, auf jeden Fall führt alles schließlich dazu, dass die Schwester von Tadafumi, Kozasa, den Daimajin tränenreich um Hilfe und Rettung bittet - und da die Schergen von Odate ihn ohnehin mit Hämmern und Meißeln zerstören wollten, bricht er endgültig los und waltet als 10-Meter-großer Golem mit stampfender Erbarmungslosigkeit seines Amtes in der Ausbalancierung der Verhältnisse. Letztgenanntes Ereignis nimmt so knapp die letzten 20 Minuten des knackigen 80-Minuten-Films ein, der im stilsicheren Cinemascope ein glaubwürdiges Bild historischer Vergangenheit vermittelt und gerade dann in jenen Highlight-Augenblicken gehörig zum monströsen Staunen der konkreten, effektvoll-dargebotenen Rache einlädt.
Die Bluescreen-Technik dafür ist schon außerordentlich gelungen, doch selbst eine Maßstab-getreue, bewegliche Figur wird zum wahr gewordenen Zorn der Götter eingesetzt - man hat wahrlich keine Mühen gescheut, Ehrfurcht in den Zuschauer zu jagen, wohlgemerkt bei einer Geschichte, welche die konspirative Abkehr und das anarchische Disrespektieren von Traditionen, Mythen und Religionen lehrsam als Wurzel des Bösen darstellt und entsprechend bestraft. Im Rahmen der für jene Zeit schon konventionellen Gestaltung verwundert das wenig, wird daher auch passend zur Genre-Mentalität melodramatisch und melancholisch von Akira Ifukubes teils auch urig mit Orgeln hantierenden Score untermalt (wobei man manche Stücke anders arrangiert aus weiteren Monsterfilmen unter seiner Führung kennen dürfte) und von der Kamera Fujio Moritas stimmungsvoll in dichten Wäldern, zeitgenössischen Kulissen und schön tristen Nebelwänden eingefangen.
Daraus entwickelt sich ein äußerst tugendhafter Handlungsaufbau, jedoch einer, der sich seinem Setting so demütig zeigt, dass er der Tiefe der quälenden Tragik und dem bitteren Streben nach Gerechtigkeit in seiner begrenzten Laufzeit gelungen respektvoll und empathisch nachkommt - ganz zu schweigen vom gewissenhaft-sinnlichen Eintauchen in die natürliche und auch von Geistern heimgesuchte Umgebung, in die religiöse Verzweiflung der Unterdrückten, in den selbstsüchtigen Horror der Fieslinge und letzten Endes in die unaufhaltbare krasse Vernichtung des Bösen unter verdunkeltem Himmel. Eben eine klassische, für unser Verständnis schon biblische Sage nach dem Format des alten Testaments, dabei emotional und dramaturgisch bewegend, nicht unbedingt komplex in moralischen Grauzonen unterwegs, aber nichtsdestotrotz eine befriedigende Angelegenheit - erst recht, sobald der Daimajin den stoischen Vollstrecker mit stets wütenden Gesichtsausdruck gibt. Lohnenswertes für die Freunde des japanischen Genrekinos.
HERKULES - Luigi Cozzi erzählt die Sage des tapferen Muskelhelden griechischer Antike neu und beginnt dabei schon mit der Erschaffung des gesamten Universums - scheinbar unabhängig von altbekannter Theologie, aber nicht minder mythisch, entwirft er ein elementares Chaos, aus dem ein ebenso aus dem Nichts entstammender Konzil an Gottheiten beim "Schachspiel" um das Schicksal der jungen Menschheit aus den Sternen heraus eine superstarke Saat erschafft, mit der auf Erden eben jener Titelheld geboren und à la Kal-El, ferner natürlich auch Moses, von einer Adoptivfamilie an die nächste gereicht wird - auch, weil seine schicksalhafte Präsenz des Guten und die Konkurrenz des Bösen das Maximum an tödlicher Tragik heraushaut. Doch Cozzis Film will sich nicht auf jenen düsteren Pfaden ausruhen, sondern probiert die Magie des eskapistischen Filmabenteuers klassischer Schule, mit einem romantisierten, sympathischen Helden am Steuer, der viele Herausforderungen zu meistern hat und vorallem seine dabei gefundene Liebe Cassiopea (Ingrid Anderson) mithilfe der Zauberin Circe (Mirella D'Angelo) aus den Fängen der Bösen, König Minos (William Berger) und Ariadne (Sybil Danning), zu befreien gedenkt - letztgenannte wollen sie nämlich für die Obermacht des Universums dem Feuergott Phoenix opfern, soweit ich das mitgekriegt habe.
Eigentlich für sich eine ordentlich kino-taugliche Geschichte mit Hang zum Fantasy-Epos, aufgrund des nicht gerade erheblichen Budgets aber eben nur minimal so atemberaubend umgesetzt, wie Cozzi es gerne hätte. Jeder Effekt ist durchschaubar, Sets, Kostüme und Darstellerfundus bewegen sich auf zeitgenössischem Italo-Niveau - selbst Brad Harris und Gianni Garko dürfen dabei mitmischen - und versuchen mehr herunter zu schlucken, als sie überhaupt kauen dürften. Doch das ist natürlich die grundsympathische Chuzpe dieses 'HERKULES': seine Ambitionen sind eben so phantastisch, dass sie durchweg den Rahmen sprengen und dennoch jede Idee, mag sie noch so unfassbar sein, umsetzen. Alleine schon das Mammut-Muskel-Paket von Lou Ferrigno im Zentrum der Aufmerksamkeit zu haben, macht manche Manöver schon aufregend, doch dann kann man erstmal staunen, wenn er zahllose Sachen ohne Weiteres ins Weltall schleudern, Sternenbilder erschaffen und Fluten heraufbeschwören, zudem mit der Hilfe Circes zu gigantischer Größe anwachsen und Kontinente zerteilen kann.
Cozzi kennt da als Regisseur UND Drehbuchautor keine Grenzen seiner Fantasie und erfüllt ganz offensichtlich sein hungriges Kinderherz, selbst wenn er dafür halbwegs detaillierte Miniaturen, irre Crossfades, massig funkelnde Lichter, urig-klobige Props und am-Rande-des-Negativ-Zerreißens-überlagerte Rückprojektionen braucht - für 1983 sieht das alles ziemlich mickrig aus, wenn man nebenan ILM-Zeugs laufen hat, aber auf seinem Level kommt er überraschend gut damit zurecht, allerdings ebenso mit der starken Hilfe des Pino-Donaggio-Scores, der jede visuelle Schwäche glaubwürdig als filmische Ehrlichkeit ausweisen kann. Vielleicht liegt es ebenso an den knappen Kleidern der Damen-Belegschaft, siehe Dannings ständige Semi-Nipslips bei ihrem beinahe platzenden Dekolletee und die kleinen Muscheln auf Cassiopeas Busen - lenkt halt auch gut ab. Doch nichts geht bei solchen Geschichten über einen nachvollziehbaren Hauptprotagonisten und obwohl Ferrigno mimisch nicht gerade überfordert wird, ist seine Präsenz unaufhaltsam prägnant und in den entscheidenden Momenten kindlich charmant - man siehe die Sorge um seine Mutter, das neckische Herantasten zum Herzen Cassiopeas und das nur kurz überlegte Eingehen auf Circes Anfragen auf Hilfe.
Ganz klar: wenn es um die Ehre und Liebe der Frauen geht, ist Herkules voll bei der Sache und führt ohnehin zu reißerisch zornigen, kathartischen Kämpfen mit den Vertretern des Bösen - ein kosmischer Battle, der in diesem Film seit jeher auf die ultimative Entscheidung wartet. Das sollte man ebenso nicht außer Acht lassen: Cozzi zieht dabei ein paar wahnwitzig-psychedelische Szenarien und abwegige Bilder aus dem Hut - seien es interstellar-teleportierende Menschen (nicht Götter in diesem Fall!), Eier mit 3 unterschiedlich-temperierten Barrieren, welche Talismane in sich aufbewahren oder die Hölle, welche über einen Regenbogen überquert werden muss. Cozzis Interpretation der Sage beherbergt einen durchgehenden Wahnsinn jenseits narrativer Sinnigkeit, würde unter eventuellen Umständen mit heutiger Tricktechnik aber eigentlich durchaus für Aussehen sorgen - ist aber so oder so nicht ganz normal, auf erfrischende Weise. Kein Wunder, dass König Minos als erklärter "Wissenschaftler" seiner Zeit der große Antagonist des Films wird, welcher versucht in der universellen Ära des Chaos - aus dem die Welt und eben solche verrückten Schönheiten darin ja erst entstehen - die tyrannische Führung zu erlangen: Cozzi und sein grenzenloser Herkules aus buntem Zelluloid stellen sich ihm mit dringlicher Eigensinnigkeit entgegen und schöpfen sich selbst mit den geringsten Mitteln für den idealistischen Sieg vollkommen aus. Ein echt lustvolles Geschöpf aus den Weiten des naiven Jungskinos, nicht allzu oft geschickt oder wirklich dynamisch, aber eben doch eine herzliche Angelegenheit auf den Spuren des Blockbusters.
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