Sonntag, 10. August 2014

Tipps vom 04.08. - 10.08.2014

Ich entschuldige mich schon mal im Voraus dafür, dass ich diese Woche einen etwas schwächeren Output an Schreibkraft hinlege. Es ist ja nun nicht so, dass ich zu wenig Empfehlenswertes gesehen hätte - absolut nicht -, doch mangels Zeit habe ich nicht für jeden Film etwas Intensiv-Detailreiches zu schreiben. Aber ich möchte dennoch kurz versuchen, ein bisschen näher auf verschiedene Tipps einzugehen, bevor ich nächste Woche in den Urlaub gehe.




NACHTSCHATTEN - Dieser Debütfilm von Niklaus Schilling ist im wahrsten Sinne eine frühe Saat, aus deren minimale Mittel eine schöne kleine, atmosphärische Erfahrung entstanden ist. Gedreht auf 16mm im Dörflein Döhle (Landkreis Harburg), fängt 'NACHTSCHATTEN' wie ein ganz beschaulicher Besuch in norddeutscher Heimeligkeit an, getragen von sinnlicher Ruhe und Entdeckungslaune, die den ganzen Film umspannt. Recht methodisch wird dabei der Besucher Jan Eckmann (John Van Dreelen) eingeführt, der ein bestimmtes Landhaus zum eventuellen Kauf besichtigen möchte. Die Besitzerin Elena Berg (Elke Haltaufderheide) gibt sich aber sperrig und zurückhaltend, will keinen Preis nennen, bleibt aber gastfreundlich in der extensiven Schau der provinziellen 70er Jahre Einrichtung - im Spiel bleiben beide ebenso wie die Gesamtgestaltung ganz behutsam mit ihren Bewegungen, passend zum traumartigen Rhythmus des Films.


Jan bleibt dann auch über Nacht, doch ganz wie in einer Gruselgeschichte gotischer Prägung kommen mysteriöse Begebenheiten zum Vorschein: einerseits ist Elena nachts immer unterwegs, wird aber auch bei gemeinsamen morgendlichen Spaziergängen von der Dorfgemeinschaft gemieden, wobei manche Bewohner auch ab und an von draußen in ihr Haus reinschauen. Je unnahbarer sie wird, desto eher fühlt sich Jan ihr aber auch hingezogen - eben dieser unsterbliche Reiz des Geheimnisvollen - und da kommen sowohl sexuelle Obsessionen als auch Frustrationen zum Vorschein, als sie beinahe darauf eingeht und dann doch einen Rückzieher macht. Bei jener Konfrontation beichtet er ihr aber auch einen seltsamen Traum, in dem sie vor seinem Grab trauerte, welches 1968 datiert war, wobei der Film aber bereits 1971 spielt.


Was es damit auf sich hat, möchte ich hier nicht offenbaren, ist an sich zwar etwas merkwürdig (für den geschulten Genre-Freund jedoch nicht gerade ungewöhnlich), wird aber durchweg unaufgeregt aufgezeichnet und auch gar nicht direkt aufgelöst - schafft aber durchaus Gedankenansätze übernatürlicher Seelenverbundenheit, die hierin letztendlich nach friedlicher intimer Romantik des Zusammenlebens sucht, aber vom nahe gelegenen Moor (ein Leitthema des Heimatfilms, hier nochmals finster umspielt) und den Tönen von Edvard Griegs "Ase's Tod" überschattet wird, bis die Hoffnung schließlich verwelkt und Jan sowie der Zuschauer mit trüben Zweifeln übrig gelassen werden. Doch innerhalb dieser weiten Landschaften ringsherum gibt es dennoch reichlich geographische Schönheiten, Merkwürdigkeiten und urige Gesellen zu entdecken, die in der gemäßigten Sedierung der skizzenhaften Handlungsentwicklung einen angenehmen Sog entwickeln - auch weil sich das Mysterium an sich nicht so aufdrängen möchte, wir aber allmählich jede einzelne Schicht davor gerne abziehen wollen, die bodenständige Aufarbeitung des minimalistischen Films sei Dank.




HERCULES - "[...] (Brett Ratners) Herkules repräsentiert eine Ikonografie des ehrenvollen, einnehmenden und doch zugänglichen Strong Man – ein kraftvoller Freund der Menschen, wie er seit Jahrhunderten Groß und Klein begeistert und inspiriert, hierin sogar noch näher an die Menschen herangeführt wird, aber auch aus der Kraft der Humanität seine volle Stärke schöpft. Und selbst wenn der Rahmen in diesem Film dafür ein gewöhnliches Prozedere in der Handlungs-Etablierung durchläuft und jeder stilistische Einfall so ähnlich schon in anderen Werken gesehen wurde, bleibt trotz aller Formalitäten ein intensiv-schnörkelloser Genre-Reißer klassischer Handwerkskunst, der im Zentrum einem der grundsympathischsten Action-Darstellern unserer Zeit die beste Bühne für seine schwitzigen, knallhart-eskapistischen Fähigkeiten bietet, gar nicht unähnlich Liam Neeson im diesjährigen „Non-Stop“. Ein wahrhaftig einschlagender Brocken für genüsslich-knackige 98 Minuten Laufzeit!"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

Und nun möchte ich ein paar Filme vorstellen, die ich diese Woche verschlungen habe und unter Umständen an anderer Stelle nochmal näher besprechen werde:




WENN DIE MUSIK SPIELT AM WÖRTHERSEE - Die allererste MusicHouse-Produktion für die Leinwand, noch ohne den Billian'schen Input, aber von Ensemble, Setting und Humor her schon ein genüsslicher Prototyp für spätere, aberwitzigere Erzeugnisse. Mit Eddi Arendt im Cast zwar noch etwas in der Spießer-Mentalität der 50er Jahre verwurzelt, doch dafür mit reichlich jungem Gemüse (Margitta Scherr u.a. gegen ein strenges Internats-Mannsweib namens Frau Fingerl) und außerordentlich bekloppt-inszenierten Sketchen versehen (siehe die sinnfreie Verfolgungsjagd mit einem Schäferhund). Letzterer Faktor profitiert erheblich von Hubert Von Meyerincks zornig-ulkiger Performance eines Schreihalses, bei dessen brüllenden Tönen Bilder von den Wänden oder einfach mal Leitern ins Wasser fallen, ganz gerne à la NACKTE KANONE sogar nur pointiert im Hintergrund - doch wenn ihm eine Untertasse auf dem Kopf landet, kriegt er das gar nicht mal mit, urkomisch!


Abgesehen von einem Teddy-Parker-Auftritt ist der Film in Sachen Schlager-Einbindung allerdings meist ziemlich einfallslos und altbacken, mit ständigem Einsatz des Titeltracks und den immer selben Kulissen, sogar nicht mal mit den Original-Interpreten umgesetzt (Ted Herold und so), gegen Ende hin vorallem auf recht biederer Kitsch-Bühne aneinandergereiht. Aber sei's drum, genug Unterhaltungs-Faktor ist trotzdem gegeben und wie es sich für ein Max-Rottmann-Drehbuch gehört (siehe auch '...DENN DIE MUSIK UND DIE LIEBE IN TIROL'), ist die Dramaturgie der innewohnenden, selbstverständlichen Liebschafts-Verwirrungen teilweise herzlich dramaturgisiert, nur eben schlussendlich allzu wankelmütig und unnachvollziehbar-aufgelöst - was bei Drehbüchern von Hans Billian ja nicht anders ist, dank dessen konsequenter Unbeschwertheit jedoch wieder eher entzückt.


Ne, wenn man schon eine unerfüllte Romantik etabliert, sollte man sie auch kathartisch durchziehen, nicht mitten drin in der Wirkung abwürgen - dann lieber Anarchie mit vollem Schwung, aber die kam sowieso in anderen späteren Werken bei allen Faktoren nochmal besser zum Vorschein. Für den Anfang ist das aber eine ordentliche sonnige Saat des Genres und auch ab und an gar nicht mal so unsexy. Der richtig flotte Pep bleibt aber noch verhalten zurück.




WENN TÄUBCHEN FEDERN LASSEN - Richtig obskure Teutonen-Psychedelik aus dem Jahre 1969, von einem Mann namens Lothar Brandler, der sich zuvor und danach ausschließlich mit den Alpen beschäftigte, hier jedoch ein Nackedei-Roadtrip-Lustspiel versucht, bei dem die modernen Herren der Schöpfung trotz liberaler Happening-Ideologie schlicht nicht dulden, dass sich ihre zukünftigen Frauen (u.a. Karin Buchholz, Synchronsprecherin von Sigourney Weaver) als Nacktmodelle versuchen wollen, weshalb letztere mit eigenem Segelboot in einen sonnigen Urlaub an die französische Küste flüchten und eine Reihe frivoler Streiche und Missgeschicke entfachen - stets mit einem neckischen Lächeln und durchsichtigen Negligees in petto.


Das läuft inszenatorisch alles so freimütig und abwegig ab, dass man gewisse Ähnlichkeiten zum späteren 'SPRING BREAKERS' nicht verleugnen kann, wenn auch die Ergebnisse der emanzipatorischen Entlastung hier wohl kaum als einschlagend-provokant oder kriminell gewertet werden dürften. Sie strahlen eben eine Mädchen-hafte Fröhlichkeit der unbedarften Entdeckungslust aus, spielen dabei aber gegenüber dem männlichen Geschlecht ebenso mit ihren drallen Reizen - eine Kombination, die der offenbar bewusst unfokussierte/amateurhafte Brandler geschickt-enthemmend und sommerlich-blödelnd in Bild und Ton umzusetzen versteht, auch weil er sich genüsslich an der freizügigen Haut seiner flott-cruisenden Darstellerinnen erfreut.


Wie er dann auch im Verlauf immer wilder die Formen bricht, angebliche Filmemacher (u.a. Jochen Busse) als Mädchenhändler und daraufhin als Freunde der zukünftigen Gatten unseres Frauen-Trios (die ihren Mädels nur mal einen lehrreichen Trick spielen wollten) entlarvt, zermartert ebenso kurzerhand das alte, Narrativ-gewohnte Gehirn des Zuschauers und bröckelt eindrücklich in die ulkige, anarchische Besinnungslosigkeit dahin - eindeutig-sympathisch der eskapistisch-poppigen Atmosphäre verpflichtet, in die er sich gerne haltlos verirrt und manch einen Zuschauer schnell in den Wahnsinn treiben kann. Der Film kommt dabei nicht höchst clever oder besonders kunstvoll rüber, aber er besitzt einen ganz besonderen, unbeholfenen Charme, der sich keinen Kopf um die Regeln des Kinos macht und nur albern sein will. Darf auch mal sein und zieht einem mit seiner luftigen Gedankenlosigkeit teilweise ganz verrückt den Boden unter den Füßen weg.




OPERATION TODESSTACHEL - Aus Mexiko kommt dieser urige Vertreter des Bienenhorror-Subgenres. John Saxon versucht mit Bienen-Wissenschaftler Dr. Sigmund Hummel (!), gespielt von einem schon greisen John Carradine, und der Witwe eines weiteren Bienen-Forschers, Sandra Miller (Angel Tompkins), den Angriff einer neuen Rasse von Killerbienen aus Südamerika in den USA einzudämmen, welcher sich so gestaltet, als wäre er gleichzeitig eine parodistisch-überhöhte und technisch-minderbemittelte Variante des Monsterfilm-Konzepts, ähnlich 'ANGRIFF DER KILLERTOMATEN'. Genügend freiwilliger Humor ist an der Oberfläche des Dialogs schon vorhanden, doch die wahren Absurditäten erreichen den Zuschauer anhand des ständigen Einsatzgebietes der Bienen an austauschbaren Stränden sowie dürftigen Bienenschwarm-Effekten, gegenüber denen die engagierten Statisten haltlose Manie vortäuschen.


Und wer hätte z.B. gedacht, dass sich DEATH-WISH-artige Räuber derartig von Bienen verschrecken lassen, dass sie aus Fenstern springen und deren Raubopfer im Nachhinein gar niemanden mehr ihr erfahrenes Unglück mitteilen? Besonders ulkig bleibt aber jene Szene in Erinnerung, in der ein alter Mann ein paar Kinder engagiert, damit sie ihm einige Bienen gegen sein Rheuma an den Beinen einsammeln (die Stiche der Viecher lindern da wohl den Schmerz, unabhängig davon, ob's tatsächlich der Wahrheit entspricht) - natürlich mischen sich da die bösen Bienen unters Volk und bringen ebenfalls den hysterischen Tod. Doch warum machen die das überhaupt?


Nun, wie sich nach einer ausgesprochenen Zerstörungswut ihrerseits durch aneinander montiertes, explosives Stock-Footage herausstellt, fühlen sie sich schlicht ihrem natürlichen Lebensraum durch den Menschen beraubt und haben sich daher so weit verteidigend und intellektuell entwickelt, dass sie mit uns brummend kommunizieren können und aufgrund ihrer Überzahl wie bei einer Folge der SIMPSONS als neue Herrscher anerkannt werden müssen, wie Saxon in der UN-Versammlung zum Schluss fordernd zugibt. Die daraus resultierende Filmerfahrung der in groovigen Disco-Tunes gehüllten Bienen-Dystopie wirkt wirklich so dusselig, wie man sie sich vorstellt und sollte unbedingt auf Videokassette, inkl. stilecht-aufgesetzter Billig-Synchro, erlebt werden. Danach kann man immer noch für sich selbst entscheiden, ob Regisseur Alfredo Zacarías irgendwas davon ernst gemeint hat.




DIE ANGST DER VERLORENEN - Genrefilm-Enthusiast Don Dohler versucht sich hier nach einigen klobigen Alien-Invasionen auf niedrigstem Budget an einem atmosphärischen, übernatürlichen Thriller, in welchem ein satanisch-metaphysischer Parasiten-Dämon die Leiche eines bärtigen Kugelrunden (Don Leifert) wieder zum Leben erweckt und in der mittelamerikanischen Provinz zum mörderischen Würgen zahlreicher Opfer ansetzt, um seine äußerlich ständig verrottende Form am Leben zu erhalten. Dass er sich bei seiner fragwürdigen Existenz als ominöser Musiklehrer Eric Longfellow den Lebensunterhalt verdient und daher in einer ebenso bescheidenen, wenn auch verdunkelten 80's-Suburbia-Hütte haust, ist nur eine der ungewöhnlichen Zutaten, die diesem Film nicht nur thematisch, sondern auch inszenatorisch einen überwiegenden Gammel-Vibe verleihen - ganz zu schweigen vom farblich-übersuppenden, verschmierten VHS-Look der billigen DVD-Variante.


Unfassbar schleppend zieht sich sodann der herbstliche Amateur-Thriller, bei dem die Farbtemperaturen von Einstellung zu Einstellung unterschiedlich ausfallen, durch sein tristes Szenario der terrorisierten Nachbarschaft, in welcher nur der unzufriedene Arbeiterklasse-Biertrinker und ebenfalls dicker Bartträger Gary (Richard Nelson) Longfellow als Täter verdächtigt, während die Gemahlin Marsha (oder auch Mursha, laut Garys Handschrift - Elaine White) ihre Tage damit verbringt, einer Gruppe von Pfadfindern anhand von Dohlers eigenem Magazin 'FILM MAGIC' das Machen eines Sci-Fi-Filmes beizubringen. Letzteres sieht man nie, wird stattdessen im Dialog nur besprochen, so sehr fokussiert sich Dohler in seiner Unterbudgiertheit auf eine sumpfige, häusliche Drögheit, die geradezu hypnotisch den Lebenssaft des Zuschauers aussaugt, wie auch Longfellow seine Opfer.


Doch das passt auch vollkommen zum bizarren, hässlich-talentfreien Ensemble, das schon an sich natürlich keine Star-Power ausstrahlen kann, aber auch so kaum Sympathie entwickeln mag, sich stattdessen ebenso gedämpft und ineffektiv der versunkenen Alptraum-Logik des Films anpasst und den grottigen, planlos-zusammengeschnittenen Schrecken schlicht über sich ergehen lässt, unbedacht und schneckenhaft-langsam die finstersten Keller erforscht. Das beherbergt tatsächlich eine unkonventionelle, bizarr-sperrige Aura eines beknackten, schnarchigen Horrorfilms, wie er nur alle paar Jahre so ambitioniert-unbeholfen, dreckig und klobig auf Film gebannt werden kann (siehe auch 'MANOS - THE HANDS OF FATE', 'THINGS'). Wahre Spannung muss man leider woanders suchen, aber die beinahe unerklärliche Faszination derartig in sich selbst versinkender Genre-Erfahrungen aus den nebligsten Tiefen des versteckten, schrottigen Videobandes mag man einfach nicht missen.


So denn, hiermit stürze ich mich dann in den Urlaub! Ich hoffe, ich konnte Euch, liebe Leser, wieder ein paar schöne Empfehlungen aussprechen und wünsche weiterhin gute Unterhaltung mit dem Videoprogramm Eurer Wahl. Man sieht sich in zwei Wochen wieder^^

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