Ok, ich bin zurück aus dem Urlaub und ihr kennt mich ja: fast kein Tag vergeht, ohne mindestens einen Film gesehen zu haben. Deshalb habe ich in jener Zeit auch einige schöne Exemplare der cineastischen Vielfalt zu Gesicht bekommen, weiß aber nicht, ob ich für jeden die richtig großen Texte heranholen kann - man braucht eben immer eine Weile, um wieder in die Materie hineinzukommen, erst recht nachdem das neue Buch von Martin Hentschel über die Filme der Ruhrpott-Erotik-Reihe 'LASS JUCKEN KUMPEL!' mit einigen intensiven Texten von mir zu krassen Rip-Offs der Serie herausgekommen ist (welches man übrigens hier bestellen kann) und ich mich gleich darauf etwas weniger euphorisch um die Abhandlung zum dritten EXPENDABLES-Abenteuer kümmern musste, welche man auf CEREALITY.NET nachlesen kann. Nichtsdestotrotz möchte ich Euch, meine lieben Leser, nicht enttäuschen und hoffe, dass ich einige schöne Empfehlungen in Euer sehfreudiges Herz zielen kann.
MAGIC, MAGIC - Ich will nicht einmal anfangen, irgendwas an diesem Film zu rationalisieren - zu Beginn seiner Laufzeit hätte ich das unter Umständen noch probiert (erste Eindrücke: ausbaufähige, digitale Kamera; gewisse Genre-Tropes; Kompressionsfehler der Blu-Ray, etc.), aber zum Schluss hin hat mich sein Sog doch so verwegen hypnotisiert, wie es nicht mal der Amateur-Hypnotiseur Agustin bei Juno Temples Alicia versucht hatte. Ein kleiner Rekonstruktions-Versuch kann ja nicht schaden, auch wenn er im Vergleich zur filmischen Erfahrung doch simpler klingen könnte, als es in Wirklichkeit ist: oben genannte Alicia macht mit ihrer Cousine Sara (Emily Browning, wie immer eine gute Wahl) einen Ausflug nach Chile zu einigen ihr unbekannten Hipster-Freunden Saras (u.a.: Michael Cera am Hyper-Abräuden) - zusammen plant man die Tour zu einer Insel, auf dem Weg dorthin verlässt Sara aber kurzfristig die Truppe, um 'eine Klausur zu schreiben'.
Mit den Fremden allein gelassen, ist die schüchterne und innerlich offenbar sehr nervöse Alicia auf verlorenem Posten - in ihr türmen sich allmählich Stück für Stück Kleinigkeiten und Eindrücke auf, die in eine schwere Psychose münden, in der alle mit ihren kleinen unscheinbaren Sticheleien gegen sie zu sein scheinen. Geschickt vermittelt Regisseur Sebastián Silva eben jene winzigen Puzzleteile der aufgebauten Angst mit prägnanter Beiläufigkeit, so merkwürdig das auch klingen mag - die schleichende Suggestion dazu kommt dadurch eben zustande, dass er die Atmosphäre fast hauptsächlich aus Alicias sperriger, doch nachvollziehbar-furchtsamer Perspektive einfängt, die Natur des Ganzen teilweise in mystischer Zeitlupe auflöst, jedoch nicht darin schwelgt, sondern immer wieder eine unruhige Umkehrung darauf folgen lässt.
Diese Unsicherheit überträgt sich natürlich auf den Zuschauer, da der Film kein klares Ziel, stattdessen intensiv eine abstrakte Form von (auch sexueller) Bedrohung entwirft, allein auch anhand der abwegigen Darstellerleistungen. Man kann schlicht nicht voraussehen, was geschehen wird, der Handlungsraum nutzt auf jeden Fall die Gelegenheit, immer tiefer im siffigen, psychotischen Wahn zu versinken, ohne dass man wirklich irgendjemandem die genaue Schuld dafür zuweisen kann (na gut, Ceras Charakter trägt wahrscheinlich am Ehesten dazu bei) - es scheint, ob nun beweiskräftig oder nicht, eine Verschwörung gegen diesen einen Menschen stattzufinden, auch in sich selbst und da will das ungreifbare, aber aus Hilflosigkeit eingesetzte Übernatürliche keine Lösung zu Tage fördern = ewige Verlorenheit in der Nacht.
Mehr an 'MAGIC, MAGIC' erklären kann und will ich im Augenblick nicht, dafür weiß er ordentlich auf seine eigene Art zu verstören, eben immer Stück für Stück den Teppich unter den Füßen weg zu ziehen und dabei trotzdem noch in seinen nervösen Ekstasen aufregende Unterhaltung und langsam ins Rückenmark ziehenden Nervenkitzel der filmischen Zerstreuung anzubieten. Was man dabei in Reihenfolge sieht, mag an sich nicht so ungewöhnlich oder wirklich unerklärbar sein (Juno Temple nackt zu sehen, ist z.B. echt nichts Neues), doch bei so einer inszenatorischen Dringlichkeit und subversiven Verzerrung der gezeigten Eindrücke mit minimalsten Mitteln erlebt man dann doch wieder etwas äußerst Besonderes - was natürlich auch auf den individuellen Zuschauer ankommt, klar, aber ich bin drauf angesprungen, auf diese Hypnose. Den Silva muss ich auf jeden Fall wohl erstmal eine Weile im Auge behalten.
SUCKER PUNCH - Wird von Mal zu Mal besser - Snyders 'HEAVY METAL', so schön frei vom konventionell-logischen Kino, großspurig, intensiv und dennoch herzlich von Kopf bis (tanzenden) Fuß. Die REIZvollste und krasseste Visualisierung von Freiheitssucht, die Hollywood in den letzten Jahren erlaubte - "Extreme Cinema" in jeder Hinsicht, ekstatisch im Digitalen und Musikalischen, aber über allem steht die empathische und gerne auch schroffe Unschuld des weiblichen Geschlechts. Ein knalliges und fetischisiertes Musical - handwerklich, audiovisuell und schauspielerisch erhaben und so herrlich overpowered, sogar trotzdem noch immer pointiert. Und allein, wie Oscar Isaacs und Abbie Cornish hier abgehen - ganz zu schweigen von der Präsenz Emily Brownings, welche sie ja im Blockbuster-Rahmen schon ewig nicht mehr hervorbringen durfte (anders in MAGIC, MAGIC - siehe oben). Das alles und noch viel mehr liefert diese ausgezeichnete Wichsvorlage - wenn man Bock auf ekstatisches Kino hat. Bitte mehr davon wieder mal, ist schon eine Weile her.
DIE BMX-BANDE - Brian Trenchard-Smith hat es einfach drauf! Als kommerziell fokussierter Kinderfilm gedacht, verleiht er dem Abenteuer der titelgebenden Haudegen um BMX-Radler P.J., Goose und Judy (Nicole Kidman) - welche sich in den Sommerferien ein paar Kröten dazuverdienen wollen, um sich ihren langersehnten Traum einer eigenen Rennstrecke zu erfüllen - die von ihm gewohnte affenstarke Stunt- und Spektakel-Energie. Ganz fix ist das bunte, radlerische Treiben in der sonnigen australischen Strandstadt Manly (!) etabliert, in welchem einige ganz rabiate, aber chaotische Gangster einen Geldtransporter ausrauben wollen, ihre High-End-Walkie-Talkies jedoch an unsere pfiffigen Protagonisten verlieren. Ab da entwickelt sich der Film zu einer atemlos erfrischenden Non-Stop-Hatz fürs kindliche Gemüt - angefangen auf einem gruseligen Friedhof, wo die zwei größten, mit phantastischer Blödelsynchro (Tommi Piper und Oliver Grimm) ausgestatteten Räuber-Trottel Moustache und Whitey in Faschingsmasken dem BMX-Trio auflauern wollen, während dieses sich nicht nur äußerst authentisch schaurige Geschichten verschiedener Horrorfilme zuspricht, sondern auch gewisse Flirtversuche mit dem Mädel der Truppe unternommen werden, das zumindest behauptet, beide Jungs irgendwie zu mögen.
Später jedenfalls, als sie allesamt mit frischen Bikes, personalisierten Helmen und offiziellen BMX-BANDITS-T-Shirts (brauch ich auch) durch das flotte, Perspektiven-auslotende Schnittgewitter Trenchard-Smiths düsen, bringen ihre flexiblen Radelfähigkeiten äußerst euphorische Blicke und Zooms untereinander hervor - der jugendlich-groovige 80's Soundtrack pumpt da entsprechend mit ins glückselige Adrenalin. Nach einem missglückten Aushorchungsversuch der Fieslinge verlagert sich die Jagd hinter den Walkie-Talkies sodann in die Innenstadt, durch vollgepackte Supermärkte und Freizeitparks, in denen man mit dem Rad durch die Wasserrutsche schliddert - volles Rohr, da schreien die zuschauenden Massen ohne Unterlass: "BMX"! Schließlich mischt sich doch die Polizei noch mal ein und erklärt den Kids, dass man sich eine Menge Ärger hätte einhandeln können, aber wie es sich für einen unbedarften Superfilm von dieser Sorte gehört, nehmen die Leute von der Sitte die Sache nicht so ernst, schließlich sind unsere Helden (vollkommen unabhängig von den nicht präsenten Eltern offenbar) nun drauf und dran, die Bösen dingfest zu machen, versammeln dazu eine ganze Schar an Fahrrad-Bengels und -Mädels um sich, welche mit krassem Hurrah!-Elan eine Mehlschlacht gegen die Gangster entfesseln, welche schlussendlich im slapstickartigen Mega-Schaum endet.
Eine ganz simple Angelegenheit eigentlich, wie natürlich auch der Schlusspunkt mit dem Erhalt der fetzigen Rennbahn, unterlegt mit dem Titelsong der PAPERS. Aber so bleibt einem auch die pure Essenz genüsslichen Kinos, die sich hier einfach nur allzu gerne ins energetisch-eskapistische Getümmel hineinstürzt und konsequent die Power pusht - erst recht von audiovisueller Seite aus, die zudem stets der immer leicht abwegigen Urigkeit der australischen Filmsprache verpflichtet ist und besonders im extremen 80er-Jahre-Look bizarre Befremdlichkeit anbietet. Und dennoch steht über allem die jugendliche Naivität an vorderster Stelle, nicht gerade bösartig-anarchisch, aber schlagfertig, sympathisch und in unentwegt-knackiger Dynamik - so lebenslustig und akrobatisch wie in einem Hongkong-Stunt-Reißer jener Zeit, hier mindestens genauso ambitioniert im Umgang mit den versierten Gimmicks eingefangen. Da kommen insgesamt nicht nur viele rasante Manöver, sondern auch hochgradig-spaßige Laune zusammen - eben eine erneut grandios zusammengewickelte Ladung cineastische Zuckerwatte vom Altmeister des Outback-Entertainments, Brian Trenchard-Smith. Hier sollte man als interessierter Zuschauer unbedingt in die Pedale treten!
DROP ZONE - John Badham führt uns an die aufregende Welt des Skydivings anhand eines High-Concept-Actionthrillers klassischer 90er-Jahre-Schule mit Wesley Snipes als dringlichen Gesetzeshüter heran - was an sich schon urtümlich gut klingt, aber in der Umsetzung der Idee erst den besten Elan findet. Mit dem ekstatischen Antagonisten Gary Busey auf der Gegenseite muss sich Snipes nämlich überwinden, die riskanten Luft-Manöver des freien Falls zu verinnerlichen, um den Tod seines Bruders aufzuklären und auch dessen Namen reinzuwaschen, nachdem sie bei der Überführung eines Zeugen von einer angeblichen Terrorzelle im Flugzeug überwältigt und im Nachhinein dafür verantwortlich gemacht wurden, dass sie mit ihren Handlungen eine folgenschwere Explosion an Bord verursachten. Nun kommt er dafür unter die Fittiche von HARD-TARGET-Dame Yancy Butler, die im Vergleich zum John-Woo-Vehikel einerseits mehr reizende-Frau und andererseits auch weit taffer sein darf - gute Schlagabtausche mit dem zunächst etwas skeptischen Sympathen Snipes kommen da pointiert zustande, selbst ein Schlag ins Gesicht ist da in petto, je schneller sie sich gegenseitig gewitzt ins Risiko schmeißen.
So oder so entwickelt sich eine ehrenvolle und energiefreudige Kameradschaft, die auch davon profitiert, dass Snipes auch öfters hilfreich den rettenden Martial-Arts-Experten für seine Kollegen geben darf - auf jeden Fall ist er gerne dabei, so ausgelassen er im Verlauf des Films dem Glück des gelungenen Fluges hinterherfeiert, er ist eben auch ein wahrer Kumpelmensch. Bei Buseys Truppe sieht das Ganze nicht so rosig aus, klar sind eh alle etwas hämischer drauf, aber der Macker kennt auch kein Erbarmen, potenzielle Risiken in seinem Stab auszuschalten (wodurch auch Butlers Charakter noch ein Huhn mit den Baddies zu rupfen hat) oder diese ohnehin zu Extremen zu triezen - alles für den perfekten Einbruch zur Erbeutung von Drogen und korrumpierenden Daten. Dahingehend findet der Film allmählich seinen Klimax in einem Szenario, das verschiedene Stationen der STIRB-LANGSAM-Formel komprimiert und zu bombastisch-rockiger Hans-Zimmer-Musik (der in den euphorischen Flugszenen schon den Pathos seines MAN-OF-STEEL-Soundtracks vorgreift) Genre-gemäß pointiert, das Hauptaugenmerk aber vor allem auf die luftige Akrobatik des engagierten Stunt-Teams legt.
Da steckt reichlich Ehrfurcht und Respekt für das aerodynamische Kunstwerk, wird unter Umständen von den effekt-technisch, für die Entstehungszeit erwartbar sub-realen Zwischenschnitten auf die bodenständigen Hauptdarsteller vorm Greenscreen etwas abgelenkt - was aber insgesamt zum Film ziemlich homogen abläuft, da dieser stets eine etwas unwirklich-künstliche Beleuchtung inne hat. Abgesehen davon ist der Unterhaltungs-Faktor des souveränen Genre-Reißers nicht von der Hand zu weisen und auf narrativer Ebene zudem auf die Erfüllung von Gerechtigkeitsgefühlen und der Erbauung von eskapistischen Endorphinen ausgerichtet, mit durchgehend-kurzweiligem Spielspaß und Action-süchtiger Rasanz in der Vermittlung der sportlerischen Talente und Ekstasen ausgestattet.
I'M ALMOST NOT CRAZY: JOHN CASSAVETES - THE MAN AND HIS WORK - Auf der frisch bei CRITERION erschienenen und empfehlenswerten Region-A-Blu-Ray-Edition zum Film 'LOVE STREAMS' befindet sich diese knapp 1-stündige Dokumentation, welche anhand der Dreharbeiten zum besagten Film einen kleinen Einblick in die Schaffensart des Regisseurs John Cassavetes gewährt. Dabei wird er gerne seinem Credo gerecht, insbesondere auf den Aspekt des Lebens Liebe eingestellt zu sein, nicht unbedingt auf das formelhafte Handwerk des bloßen Filmemachens, das kann man ja schon von seinem Werk an sich erahnen. Nein, stattdessen porträtiert der Beobachter des Ganzen, Michael Ventura, hauptsächlich kreationale Charakterentwicklung im stets fließenden Einklang der brütenden und intensiven Macher in Sachen Cast & Crew - eine Transzendenz findet statt und das erklärt auf gar nicht mal so spektakuläre Weise (was auch gar nicht nötig wäre), warum seine Filme eine derartig ehrliche Kraft in sich haben.
In diesem Fall konnte Cassavetes schon von Glück und besonderer Unterstützung reden - dank der Zuspruchskraft des jüngst verstorbenen Kinomagiegläubigers Menahem Golan -, sich filmisch so ausdrücken zu können. Doch eine runde Sache wurde das erst durch den exemplarischen Katalysator der lebensliebenden Philosophie in Zelluloid, Gena Rowlands, weshalb der Film sich gleichsam-anteilig ihrem Approach und ihrer kreativen Leistungen widmet - immerhin steht sie ja als einvernehmende Präsenz der Cassavetes-Streifen meist schon allein für 'HIS WORK' oder besser gesagt 'THEIR WORK'. Da wird dann auch klar, wieviel Wert man als Regisseur aus seiner cineastischen Arbeit herausholen kann, wenn die menschliche Führung zum aufregenden Fokus gerät und da versteht man nochmals, warum Cassavetes in seinem Schaffen so eine rohe ungefilterte Filmsprache einsetzt, dafür ein großes Fass der wahrhaftigen Emotionen öffnen kann.
Erwarteter Weise lässt sich das eigenwillige Verrückte in dieser durchgehend auch hinter der Kamera praktizierten Methode nicht von der Hand weisen, dem Humor des Ganzen ist man sich dennoch bewusst, man lässt es eben sowieso geschehen, weil das Leben nun mal wilden Impulsen folgen, ausrasten will - es bleibt dabei nun mal trotzdem grundmenschlich und das in Filmform zu bannen, ist noch immer harte Arbeit, die es dann auch in kommerzieller Unterwerfung schwer hat, sich durchzusetzen, wovon Cassavetes ja ein Lied singen kann. Aber lieber aus dem letzten Loch pfeifen, um menschliche Erfahrungen und Liebe aufzusaugen und herauszusprühen, vor oder hinter der Leinwand, als gar nicht. Schon inspirierend - und auch schön temperamentvoll, wenn in privater Besprechung ein 'Fuck off with the camera!' entgegnet wird. Ehrlichkeit in der Kunst ist nun mal eine Tugend.
TAUSENDSCHÖNCHEN - Ausgelassener, formbrechender Dada-Slapstick und frivoler Vandalismus als genüsslich mädchenhafte Anarchie - als 60's-Pop-Art-Manifestation des rebellischen Zeitgeistes anhand eines neckischen Mädel-Duos in der damaligen Tschechoslowakei äußerst konsequent, fröhlich und visuell durchgehend kunterbunt. Mehr muss man dazu nicht sagen, denk ich mal.
CONEHEADS - Eines von Dan Aykroyds genüsslich merkwürdigen Passions-Projekten der 90er Jahre neben VALKENVANIA, basierend auf einem beliebten SNL-Sketch und randvoll mit jenen von dort stämmigen Cast-Mitgliedern besetzt - hat vielleicht nicht mehr die ganz großen Lacher auf seiner Seite, macht als absurde All-American-Familiengeschichte (inkl. Kontrast der Aliens und ihrer in der Menschenwelt aufgewachsenen Tochter) mit dem satirischen Hintergrund der US-Einwanderungspolitik eine noch immer gefällige Figur, welche von der souverän-pointierten und auch effekt-technisch geschulten Arbeiterhand des Regisseurs Steve Barron ('TURTLES', 'LIEBE AUF DEN ERSTEN BIT') ordentlich-quirlige Kurzweiligkeit verliehen bekommt, welche den Zuschauer anhand eines noch immer nachvollziehbaren Sozialfaktors gejagter und liebenswürdiger Minderheiten am Ball hält, auch wenn die wahre Herzensgüte des Kerns aufgrund der kompakten 90-Minuten-Laufzeit natürlich etwas kurz treten muss. In der deutschen Fassung gibt es dabei aber einen irre tollen Thomas Danneberg oben drauf, der die bizarre Einzigartigkeit des Konzeptes nochmals unterstreicht. Auf jeden Fall eine nette Wiederentdeckung wert.
2-HEADED SHARK ATTACK - Ich weiß, es ist inzwischen tristester Mainstream, die lieblosen Auswüchse des sogenannten Hai-Trashs zu unterstützen, doch im Falle dieses Films von Christopher Ray werde ich mal eine Ausnahme machen, da er ja verhältnismäßig wenig ironisch-gewollten Mickrigkeits-Humor einsetzt und allein durch seine schon so aufkeimende Unbeholfenheit glänzend unterhält. Hinzu kommt dabei aber immer noch der exploitative Genuss von schnieken Babes mit/ohne Bikini (= Carmen Electra) in selbstzweckhafter Fassung und der einigermaßen bemühte Versuch, eine Charakterentwicklung des Sich-der-Angst-Stellens anhand der Hauptdarstellerin Brooke Hogan zu skizzieren, was zumindest echte filmische Ambition erahnen lässt. Dass diese neben den abgesoffenen CGI-Effekten mit einem als rasant-gedachten, aber höchst plan- und orientierungslosen Schnittkonzept ausgestattet ist, gibt dem doppelköpfigen Hai-Schlemmer-Prozedere auf einer verlassenen, allmählich durch Seebeben untergehenden Insel aber erst den unterhaltsamen, faszinierend-perplexen Pfiff. Über allem steht aber die muskelbepackte Karikatur von Fratboy Cole, der ständig alle Chicks anmacht, nach Proteinen lechzt, selbstgefällige Fratzen schneidet und aus der ganzen Situation einen Witz macht, bis hin zum eigennützigen Verrat an seinen austauschbaren Teenie-Freunden. Natürlich ist er mein Favorit, allein auch daher, wie grenzgenial er von Geoff Ward aufgespielt wird. Abgesehen davon bleiben die Augen natürlich effektiv auf die großen Brüste, die blöden Biester-Effekte und das dringlich-tropische Blutgematsche fixiert - eben ein purer Spaß für den geneigten Tele5-Zuschauer, selbst wenn der Sender jetzt immer mehr in ekelerregenden Schubladen denkt (nach dem grundfalschen SchleFaZ-Konzept kommt jetzt auch die Kategorie AndersARTig für 'qualitativ hochwertigere Arthousefilme' = KOTZ!).
SPECIAL ID - Nicht wirklich der ruppig-straighte Intensiv-Martial-Arts-Thriller, den die ersten Trailer vermittelten, stattdessen eine geradezu kinderfreundliche, poppige (aber musikalisch ironischer Weise völlig billig-aufgesetzte) Variante eines geläufigen Undercover-Cop-Streifens, mit einem Donnie Yen, der ein flippiges, schon komödiantisches Image herausholt, wie er es seit den frühen 90ern nicht mehr benutzt hatte. Als vermeintlicher 'Hooligan' (Triaden werden der politischen Zensur wegen nie erwähnt) ist er aber zumindest ein netter Kerl, dessen höchstes Ziel neben der Wiedereinkehr in den normalen Polizeidienst der Schutz seiner eigenen Mutti ist, der er auch fröhlich lachend Bilder von der bildhübschen Skyline bei seinem Auftrag in Festland-China schickt. Dort muss er nämlich hin, um den Mord an einem anderen Gangster aufzuklären, hinter dem sein ehemaliger Schläger-Kollege Sunny steckt. Währenddessen streitet er sich aber auch mit seiner neuen Kollegin Amy rum, die weit effizienter und linientreuer als er arbeitet, ebenso ordentlich Arschtritte austeilen kann, aber auch von ihm einiges an Flexibilität und Tötungshärte lernen kann.
Eine Dynamik, die wie der gesamte Film an sich einen gewissen BEVERLY-HILLS-COP-Vibe ausstrahlt - allein der Wechsel von Hongkong in die Festland-Metropole Shenzhen (soweit ich mitgekriegt habe unter anderem Namen, um ja die Integrität der Stadt zu wahren, nehme ich mal an) kommt wie der Übergang von Detroit nach L.A. rüber, nur eben noch sauberer. Der großzügig von der Regierung gesponserte Streifen legt eben doch besonderen Wert darauf, dass ein gutes Bild vom kontemporären Wirtschaftszentrum China vermittelt wird: die City ist hochmodern und attraktiv, die gewissenhafte Polizei benutzt die neueste Supertechnik, die Autos für die Verfolgungsjagden haben benutzerfreundliche Sicherheitssysteme und alles, was mit der Unterwelt zu tun hat, fällt ausgesprochen verharmlost aus. Da der Film eh offensichtlich an ein jüngeres Publikum gerichtet ist, muss man solche Kompromisse wohl oder übel in Kauf nehmen, auch was die kalkulierbare Plattheit der Charakterzeichnung und den Mangel an fühlbarer Tension betrifft.
Abgesehen davon sind die verschiedenen Kampfszenen von Yen selbst ordentlich choreographiert und gekonnt bunt in Szene gesetzt, mit dem Vorteil, dass man sich in diesem Rahmen auch mal den ein oder anderen visuellen Witz erlauben kann à la Jackie Chan. Letztendlich arbeitet 'SPECIAL ID' passabel auf solche souverän-unterhaltsamen Qualitäten hin, geht aber zu sehr auf Nummer Sicher in der Anbiederung an 'ordentliches Entertainment' fürs Festland, obwohl die Liebe zur filmisch festgehaltenen Kampfkunst noch immer engagiert zur Geltung kommt, auch wenn die digitale Kameratechnik dafür alles einfach zu glatt ins Licht rückt. Eben voll und ganz ein glattes Donnie-Yen-Vehikel, demnach auch weit ab von der Rohheit eines KILLZONE SPL, um mal ein in jeder Hinsicht interessanteres Beispiel seiner Karriere zu nennen - trotzdem mal nett, den Mann wieder mal so quirlig (und braungebrannt!), wenn auch nicht ganz so frech, wie man's gerne hätte, zu erleben. Hauptsache, er geht nicht irgendwann so hart auf solch ernüchternd-patriotische Pfade wie es Chan und Chow Yun-Fat jüngst nicht lassen konnten.
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