Sonntag, 13. September 2015

Tipps vom 07.09. - 13.09.2015

Diese Woche wird die Retrospektive zu Hans W. Geißendörfer auf CEREALITY.NET selbstverständlich weitergeführt. In chronologischer Reihenfolge:




DER ZAUBERBERG - "[...] In diesem Fieber kommen unvermeidlich Visionen der inneren Scheußlichkeit zustande, Aussichten auf Terror im anstehenden Ersten Weltkrieg – reflektiert von einer Zone, in der jedes Zeitgefühl verloren geht und Schnee schon im August fällt. Gäste wie Propheten kommen und gehen am laufenden Band; am schnellsten die entsetzten Menschen von außerhalb. [...] Hans W. Geißendörfers Epos der Isolation ist gerade dann tragisch, wenn es die stilistische Emotionalisierung fernhält und die Assimilation zur Selbstzerstörung um die eigene Achse dreht; wenn es unbeschwert vermittelt, was wie ein Schatten über den Menschen hängt und trotz aller Anzeichen ignoriert wird. [...]"


(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




EDITHS TAGEBUCH - "[...] Der Kontrast der Berliner Villa, ihren wohl eingerichteten Arbeits- und Esszimmern zum globalen Geschehen erklärt schnell, wie müde die Revoluzzer in ihrer Gemütlichkeit angekommen sind. [...] Oftmals schließt sie sich dabei ins Arbeitszimmer ein, das von Ranken überwuchert ist, und dreht die Musik so laut auf, bis Schreie und Schläge vor der Tür verstummen. Doch die erneut von Jürgen Knieper komponierte Musik zieht in ihre Realität hinüber, wie auch ihre Fantasie allmählich die Wahrheit ersetzt. [...] Pornos, Prügeleien und Kotze zwischen kargen Tapetenmustern und Marmorböden. [...] Eine moralische Wertung bleibt hingegen aus, Geißendörfer sieht in allen Entwicklungen den Gipfel und den Abgrund. Er beherrscht stets das Abwägen zwischen Sehnsucht und Realität, Genre und Identifikation, Mensch und Gesellschaft, selbst auf kleinstem Raum. [...]"


(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




SUPERSONIC MAN - Juan Piquer Simóns kleiner Beitrag zum Trivialkino ist natürlich in erster Linie fünf Ligen naiver als der gängige Superheldenfilm und gerade in jener unbedarften Niedlichkeit unbefangener zu verarbeiten als das gegenwärtige Blockbuster-Kompendium von Marvel und DC. Klar bedient er sich dabei in technischer Unbeholfenheit an Bildern via "Superman" und "Star Wars", als hätten sie Luigi Cozzi und Antonio Margheriti in Personalunion versemmelt. Zudem wirkt die Dramaturgie zur gesellschaftlichen Assimilation des außerirdischen Aussenseiters weit weniger stringend als der Hang zum Groschencomic über entführte Wissenschaftler und Handlanger voll spärlicher Gehirnzellen - inklusive Spencer/Hill-artigen Kneipenschlägereien im streng budgierten, weit hergeholten und teils schlicht depperten Euro-Abenteuer um New York herum.


Gerade dann gewinnt der Film aber mit seinem herrlich drögen Hauptdarsteller, der sich einstweilen in ein buntes Wesen fern jeder Mimik verwandeln kann, Dampfwalzen stemmt und als Spielzeugfigur durch Spielzeugkulissen fliegt - ganz zu schweigen vom Running Gag, einem alten Säufer und dessen Basset Hound zur passiven Entnüchterung zu verhelfen. Zwischendurch gibt es natürlich auch belangloseren Leerlauf mit bleiernen Dates anhand des Love Interests Patricia Morgan (Diana Polakov in drolliger Blässe), ohnehin pappige Kolportage-Elemente im Low-Budget-Charme. Die Show stiehlt allerdings Cameron Mitchell als Bösewicht Dr. Gulik - ein Menschenfeind voll redundanter Überlegenheitsthesen über Macht, Kraft und mangelndem Nuklearwissen, der abwechselnd/gleichzeitig Zigarillos pafft, Shakespeare zitiert, sich mit Caesar vergleicht, Motivationen x-mal erläutert und Gefangene im Diskurs als alte, vertrocknete Idioten bezeichnet.


Da glüht die Leinwand fast so über wie bei der Pyrotechnik des Films, welcher diese mit dumpfen bis flotten Sprüchen (teilweise voll grammatikalischer Unstimmigkeiten) untermauert, nebenbei gerne auch mal den Slapstick aus der Mottenkiste bemüht. Das kann vielleicht nur kleine Herzen vollends verzaubern, ist trotz 85 Minuten Laufzeit mit Längen geplagt und selbst im B-Movie nicht unbedingt die Speerspitze des Spaßes. Doch wenn der "Supersonic Man" (bzw. "Sonicman", "Superman" oder wie er auch immer im Film zeitweise wie selbstverständlich genannt wird) Wein und Cola per Flug besorgt, Titelthemen rechts und links versucht werden, Roboter Flammen werfen und der Hund mit seinem Herrchen per Uhr ins Weltall darf, wird die Erde hier schlicht zu einem unschuldigeren Ort. Darf auch mal sein.




THE VISIT - "[...] Dies etabliert einen Spaß, welcher den Grusel vom Zwang der Anspannung befreit und somit als Spuk zum Augenzwinkern einlädt. Shyamalan bleibt dabei bodenständig und hält eine legitime Genregeschichte bereit, die sich aber nicht erst auf den zweiten Blick mit ironischer Brechung unterfüttert. Spätestens zum Finale wird es dann für die hintersten Reihen offensiv frech, als Shyamalan wortwörtlich das macht, was ihm gerne im übertragenen Sinne unterstellt wird. So fliegt die Kacke mit Schwung ins Gesicht, während der Wahnsinn mit plakativen Sprüchen tobt. Ein Familienfest für jedermann! [...]"



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STARTUP - Schon mal vorweg: Die obligatorischen technischen Zeitkapseln hängen so einem Film natürlich wie ein Stein im Schuh hinterher und können von allein schon glänzend unterhalten. Weitaus einschlagender ist allerdings die in stetiger Bemühung befangene Pose zum intriganten Thriller voller Wendungen, wobei letztere so grenzwertig offensichtlich telegrafiert werden, dass daran nur die schwächsten Glieder im Zuschauerdurchschnitt schockiert sein dürften. Für die wird ohnehin alles dermaßen plakativ erklärt, dass man der Dramaturgie in jener Unterforderung stets zwei Schritte voraus ist (anderweitig kann man sich auch nicht beschäftigen, so wie die spärliche Charakterzeichnung keinerlei Identifikation zulässt), bis hin zum nachgeholten Jumpscare aus der Perspektive des Erschreckenden. Ausnahmen ergeben da die übertriebenen Veräußerlichungen von Fassungslosigkeit bei gewissen aufgedeckten Machenschaften - dem Lachkrampf da zu entkommen, ist keine leichte Angelegenheit.



Milo Connor (Ryan Phillippe) sollte da als Computer-Genie (oder "Freak", "Eiermann", etc.) eher den Durchblick haben, doch das wäre dem Film ja zu clever und geschickt in seiner extradoofen Inszenierung. Gemessen am zeitgenössischen Cast & Soundtrack (der Score pendelt hingegen zwischen "Braveheart" und "Matrix" hin und her) sowie leicht entlarvbarem Technobabble und duften Frisen, darf man sich jedenfalls glücklich schätzen, dass diese Opfer einer so hanebüchenen Melodramatik geworden sind. So entsteht post mortem ein geradliniger Cyber-Unsinn mit ernster Miene, der seinerzeit schon vor Vorratsdatenspeicherung und Software-IP-Diebstahl warnte, obwohl er der Technik gegenüber noch in den Kinderschuhen steckte. Aber vorsicht: Lach- und Schnarchbombe zugleich!




MAGGIE - "[...] Zeitweise wie eine Kompilation an Downer-Momenten aus dem Fundus der Zombiefilme, und folglich repetitiv, je länger man an die Hand genommen wird, wie man sich fühlen soll. Doch sobald diese ersten Hürden genommen sind, zeigt der Film einige selbstständige Qualitäten. [...] Beachtlich feinfühlig äußert sich aber auch die Führung seiner Protagonisten, anhand derer sowohl Schwarzenegger mit subtiler Haltung als sorgsamer Vater überzeugt, wie auch Abigail Breslin ihre Verwandlung als Teenager zu verdrängen und verarbeiten versucht. Wie die Gewissheit des Sterbens innerhalb ihres Freundeskreises aufgenommen wird und Sprachlosigkeit hervorruft [...] Dann jedoch wieder eintönig und vor allem zum Schluss hin bemüht in seiner Melodramatik. [...]"



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BANDSLAM - GET READY TO ROCK - Kurz und knackig: Protagonist Will Burton aka Alki ist einfach mal DER Superhonk des Teeniefilm-Genres und verantwortlich für mindestens eine der peinlichsten Szenen der Filmgeschichte - auch mal eine Leistung! So ist er eben, der charismabefreite Spacken mit aufdringlichem Musikgeschichte-Halbwissen - nur schwer liebzuhaben, besonders bei seinen Bemühungen zum "zweiten" Kuss ;) Der Film ist trotz seiner schrecklich einfachen Prämisse ebenso dermaßen unkonzentriert, dass seine Unkonformität fast schon wieder reizvoll wäre, wenn die Mucke der zentralen "I can't go on, I'll go on"-Gruppe nicht ein übler Bastard aus Country, Christen-Rock, Ska und flachem Prinzessinnen-Gesang wäre. Eben so weit von Rock entfernt wie "Barbie - Eine Prinzessin im Rockstar Camp", nur mit einem semi-halbärschigen David-Bowie-Stempel-of-Approval auf dem Handrücken. Aber ihr wisst ja: Die 5 in "Sa5m" ist stumm und alle relevanten Social-Media-Aktivitäten laufen auf myspace und Wikipedia ab - ganz schön hip und ein garantiert zeitloses Ding! Wie das zweckmäßige Narrativ an sich, das höchstens durch musikalisches Hall-of-Fame-Namedropping und ein Stück vorwurfsvoller Persönlichkeitsfindung à la Nicholas Sparks zur Eigenständigkeit ausgefüllt wird. Lieber nochmal "Swing Girls" einwerfen, obwohl es sich hier auch gut lachen lässt.

P.S.: "The Burning Hotels" hätten den Bandslam gewinnen sollen, mal ehrlich.

BONUS-ZEUGS:




THE PROGRAM - UM JEDEN PREIS - "[...] Ihm fällt nämlich hauptsächlich nichts mehr ein, als die bloße Wiedergabe der Geschichte; derart aufs Wesentliche konzentriert, dass sie darüber hinaus keinerlei Stoff zur Diskussion anbietet. So ist es passiert, ab und an wird spekuliert und dramatisiert – doch im Grunde erhält man einen umfassenden, filmgewordenen Wikipedia-Artikel. Wer wirklich nur das sehen und sich informieren will, für den ist „The Program“ zumindest eine flotte Rekreation vergangener Ereignisse (allerdings voll mit Archivmaterial), bei der keine Fragen offenbleiben. Aber wer will das schon? [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

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