Willkommen, meine Woche war gezeichnet
von einem Set an eingekauften Pepsi-Flaschen, die es glatte zwei Mal
schafften, beim Öffnen meinerseits aufzuschäumen sowie meine
Klamotten zu versauen. Cola ergibt gewiss kein so schlimmes Stigma
wie Kotze oder anderes übelriechend verfärbendes Zeug, aber es
klebt Zucker an meinen Händen und jetzt, da die Sonne rauskommt,
wird es gefährlicher denn je, sich zur Außenwelt zu begeben. Also
wurde sich endlich mal intensiver an ein längerfristiges Projekt
gesessen, das ich hoffentlich in nicht allzu ferner Zukunft für
jedermann ersichtlich verwirklichen kann (Tipp: Es hat auch schon mit
reichlich Schreibarbeit zu tun, an die 30 Seiten gibt es bereits).
Dementsprechend geringfügig fiel mein Kinoeinsatz auf, umso mehr kam
zwischendurch auf heimischen Bildschirmen zustande. Da ich sogar
einen Haufen legitimer Kritiken zusammenbekommen habe, wäre der
Begriff eines Kurzberichts nicht unbedingt angebracht, von daher
führe ich alles wie sonst auch auf, soviel muss sein:
BASIC INSTINCT - Paul Verhoeven und Joe Eszterhas, was haben sich da zwei gefunden. Das psychologische Spiel mit eigentlich trivialen Oberflächen beherrschen beide ausgezeichnet, so wie sie Provokation in Genre-Topoi akzentuieren, die Gewalt und die Lust daran mit intensiver Analyse zur Verführung ausstellen und das Wechselverhältnis von Opfer und Täter zu einem Akt der Ekstase ballen - man bemerke in dem Sinne allein die Intro-Sequenz, stilecht mit Eispickel und Penis in abwechselnden Stößen. Die aus jener verbindlichen Autorenschaft geborene Einheit „Basic Instinct“ erzählt sodann auch die fruchtende Begegnung von Detektiv Nick Curran (Michael Douglas) und Krimi-Autorin Catherine Tramell (Sharon Stone). Zunächst glaubt man das Puzzle schnell zusammenfassen zu können, schließlich hat man als Zuschauer alles Mörderische beobachten dürfen und die gleichsam siegessicher in kollegialem Zynismus witzelnde Tatortuntersuchung vonseiten des Morddezernats sind gewiss Anzeichen, anhand derer uns Verhoeven und Eszterhas auf eine willkommene Spur voller knackiger Lösungen einladen wollen. Doch obwohl Kumpel Gus (George Dzundza) ebenso lachend zur Abgeklärtheit beiträgt, ist der Fall kein simples Unternehmen. Im Gegenteil: Die Top-Verdächtige Tramell mag als Femme Fatale herausstechen, doch ihre wasserdichte Kälte ist zu perfekt für ein Urteil, so wie sie auch ihr Gegenüber galant durchschauen kann. Gleichsam stilisiert das die Inszenierung anhand ihres Terrains, das die irdischen Grundelemente (insbesondere Wasser und Feuer) um sie herum vereint, sowie mithilfe des Scores von Jerry Goldsmith, der Catherines Thema als Markenzeichen der Kontrolle aufdreht.
(Bilder via http://lobbycards.tumblr.com/)
Nick (der wohl unschuldigste Name für einen Cop) scheint es noch nicht zu wissen, dass er sich in sie verliebt bzw. wir als Zuschauer wissen noch nicht, warum sich da eine herrlich perverse Chemie stimmig ergibt. Im Verlauf von Verhör und Recherche herrscht nämlich beiderseits ein Vorwissen über den jeweils anderen, schon in etwa Vertrauen. Catherine entpuppt sich durchaus als Verführerin, spielt gerne mit Wahrheit und Fiktion, so wie sie Leben und Tod im Werk reflektiert, sodann sogar Nick zum Sujet auserwählt, an dem sich das Geschriebene wie bei seinen Vorgängern bewahrheiten lassen könnte. Nick ist aber nicht minder davon besessen, sie „festzunageln“, seine Vermutungen und Theorien bestätigen zu lassen, schlicht als Mann ein Statussymbol zu erobern. Anhand dessen erfahren wir als Zuschauer aber erst die Wahrheit über ihn, was er von seiner Persönlichkeit unter disziplinärem Zwang zurückhält, welche Ängste, Schuldgefühle und Leidenschaften ihn verfolgen. Der Trieb schlummert in ihm und womöglich möchte er diesen an Catherine zunächst exerzieren, ehe er jedoch schnell dem Reiz ihrer pointiert eingesetzten Präsenz verfällt, „den Fick des Jahrhunderts“ bei ihr zu erleben. Von solchen Ambitionen kann man nur verschlungen werden, es herrscht demnach ein wahrhaftiger Sadomasochismus, der auf Tuchfühlung mit vermeintlichen Mördern geht und von Angesicht zu Angesicht behauptet, die Handschellen anlegen zu können, während er im Bett bereits bewusst per Seide angeleint wird und den Tod erwarten kann. (Vermeintliche) Geheimnisse werden zudem bereitwillig verraten, die Konsequenzen dessen mit Impulsen der Wut im gesetzestreuen Apparat begegnet. Da kann man von Glück reden, das Verhoeven und Eszterhas insofern auch schlicht keine Scham kennen, höchstens zeigen.
Michael Douglas ist da als mehr oder weniger freiwillig Gehörnter durchaus im Fokus der Kohärenz, so wie er sich später im Verlauf der Jahre ohnehin durch Filme wie „Enthüllung“ und „The Game“ als gereizter Spielball der Gefühle zeichnete. In seiner Perspektive, bei Hatefucks in Form von Verfolgungsjagden, Vergewaltigungen oder Brüllkonzerten, zeichnet sich die perfide Spannung sodann mit einer Eleganz aus, die durch Brutalität eine Befriedigung im Schock findet, im Designer-Outfit nicht anders kann, als ans Fleisch kommen zu wollen. Der „Basic Instinct“ denkt nun mal mit Hormonen, flirtet wider besseren Wissens mit der Gefahr und verweigert sich energisch, von Außenstehenden anhand konventioneller Kriterien verstanden werden zu können. Diejenigen, die sich hier untereinander verstehen, machen sich aber ebenso das Leben schwer. Nick liebt gewiss noch seine alte Flamme Beth (Jeanne Tripplehorn), andersrum läufts genauso, doch sie stehen sich nicht nur innerhalb von Berufswegen im Weg, können nicht offen miteinander umgehen. Bei Catherine verläuft genau das erst recht in Extreme - da er sich selbst aber erst wirklich an ihr erkennt, was er bisher vermied, macht es die Bindung umso bedeutender. Es entsteht unvermeidlich der Homme fatal, an dem zudem seine besten Freundschaften absterben. Bei Verhoeven sind die Transformationen immer brutal, im Vergleich zu seinen anderen Filmen mag da (vor allem zur zweiten Hälfte hin) die Konzentration ein bisschen ins Schwanken kommen, je verzwickter Eszterhas seinen ausgekochten Pulp als Erzählkino durchkaut. Aber schon gewusst? Sex ist auch nicht perfekt. Sex kann zärtlich und krass zugleich sein, Krallen in die Haut fahren lassen, für die sich keiner entschuldigen muss. Wenn sich Menschen entschieden verknüpfen, machen sie es nicht unbedingt aus schlichter Nettigkeit, sondern aus einem Funken, einer Leidenschaft, einer Verbindung heraus. Die lassen sich allesamt in den irrsten Bahnen wiederfinden, selbst wenn man sich von gegensätzlichen Seiten des Gesetzes ausfragt, wie es ist, jemanden umzubringen.
BÖSE SAAT - Basierend auf dem Theaterstück von Maxwell Anderson, welches wiederum auf dem Roman von William March basiert, kommt die ultimative Verfilmung des Ganzen unter Mervyn LeRoy, „Böse Saat“, womöglich etwas didaktisch an, wenn mit bestechender Kohärenz die Psychologie von Mutter und Tochter unter einem Dach gezeichnet wird, sobald sich herausstellt, dass das Mädchen den mörderischen Soziopathen durchscheinen lässt. Das heißt, sie verschleiert ihr Wesen mit allzu perfidem Perfektionismus, der anderen nicht auffallen mag und ohnehin den Anstand schlechthin repräsentiert, doch als der Daddy vom Daddy's Girl aus zur Arbeit beordert wird, entfesselt sich ein Schauspiel aus Nerven, Schuld und Muttergefühlen vor den fassungslosen Augen des Matriarchats vor Ort, als allmählich klar wird, dass das Kind ohne jede Empathie in den Tag hinein lebt und keine Skrupel kennt. Gestandene Psychologen sehen nur die Unschuld (insbesondere durch Evelyn Varden gefördert, siehe auch „Die Nacht des Jägers“), doch die Zweifel türmen sich, während man als Zuschauer mehrere Emotionen am Prozedere durchmacht: Schock, Witz im Kontrast individueller Reflexionen, Kopfkino der finstersten Sorte, Suspense; allen voran Konflikte, anhand derer Verklärung mit den Opfern in Berührung kommt sowie der Schmerz im Mütterlichen geteilt wird. Nicht gerade erklärungsscheu versucht der Film dabei einige kriminologische Schritte zu etablieren, die entgegen des kontemporären Konsens über die Erfassung der Oberfläche, sprich der kulturellen Begebenheiten hinaus schauen und vom vererbten Genfehler aufs Übel stoßen.
Don't judge a book by it's cover, allgemein gesagt. Die Melodramatik der Offenbarung obliegt da einer strikten, aber einvernehmenden Konstruktion, welche in ihrer Ausweitung minimalistischer Szenarien das Verhängnis der Wissenden umso stärker vermittelt. Dieser Quer- und Einschnitt ins Herz mittelamerikanischer Naivität findet dann auch neben den „Blinden“ gleichsam gemeine Personen, doch selbst für diese geht das Mädchen zu weit. Das ergäbe beinahe bunten Camp, wenn denn die Leistungen des Ensembles nicht auf einem derartigen hohen Level mit Präsenz und Realismus glänzen würden. Patty McCormack als ausschlaggebende Rhoda ist in dem Sinne schon eine unfassbar giftige Wucht, die fix-niedlich Frau Mutter und andere Gönner manipuliert, gleichsam für Kleinigkeiten lügt und mordet. Doch das zentrale Highlight schlummert mitunter in Eileen Heckart als Hortense Daigle, welche als Verbliebene von Rhodas Opfer eine Existenz der Verzweiflung derartig schmerzhaft im Gewissen ankommen lässt, obgleich sie aus alkoholisierten Impulsen handelt. Ihre Pein wird im Dialog dann zwar reinforciert, ohnehin kommen die Anzeichen der Dramaturgie teilweise mit vergnügter Eindeutigkeit durch, doch grundsätzlich ist LeRoys Inszenierung ein feinfühliges Martyrium einer Mutter, die zwischen den ethischen Verpflichtungen zu Tochter und Recht steht - getrieben von einer fast vergessenen Vergangenheit, die sie jetzt binnen der Bestätigung aller Vermutungen dort vorfinden muss, was ihr eigentlich am liebsten ist.
Die Lasten, späten sowie drastischen Konsequenzen, die Mama Christine (Nancy Kelly) davon nimmt, sobald es kein Entkommen mehr aus der Schuld gibt, sind letztendlich auch in einer bitteren Katharsis zusammengefasst, die im Ansatz zwar mit Genre-Reizen hantiert, die mehr oder weniger bewusste Schuld des Kindes jedoch äußerst effektiv als tieftraurige Herzensangelegenheit des Films herausstellt, ehe der Schlusspunkt wieder in einen pechschwarzen Humor einschlägt. Die Blitze des Schicksals sind hier märchenhaft und riskant zugleich, aber ihre brutalen Ansagen kommen in dem Fall auch nicht von ungefähr, sind selbst in höheren Kreisen durch Vorurteile, Selbstüberschätzung und Klassismus verwurzelt. Die „Böse Saat“ überwältigt da trotz ihres hohen Alters weiterhin, nicht nur weil sich die universelle Ursprünglichkeit vom Titel in den Narrativ ausschlägt oder von der Novelle zur Theaterbühne bis hin zum Status als Hollywoodproduktion adaptiert wurde. Sie schöpft ihre Frische nämlich auch aus einer qualitativen Perfektion, die nicht mal Rhoda emulieren könnte; die eben an Schauspiel, Inszenierung und Charakterbeobachtung so glaubwürdig im sowie abseits vom Zeitkolorit ankommt, dass die kontinuierliche Gewissheit des Wahns auch Jahrhunderte später bitterböse im Innersten zuschlagen dürfte.
Don't judge a book by it's cover, allgemein gesagt. Die Melodramatik der Offenbarung obliegt da einer strikten, aber einvernehmenden Konstruktion, welche in ihrer Ausweitung minimalistischer Szenarien das Verhängnis der Wissenden umso stärker vermittelt. Dieser Quer- und Einschnitt ins Herz mittelamerikanischer Naivität findet dann auch neben den „Blinden“ gleichsam gemeine Personen, doch selbst für diese geht das Mädchen zu weit. Das ergäbe beinahe bunten Camp, wenn denn die Leistungen des Ensembles nicht auf einem derartigen hohen Level mit Präsenz und Realismus glänzen würden. Patty McCormack als ausschlaggebende Rhoda ist in dem Sinne schon eine unfassbar giftige Wucht, die fix-niedlich Frau Mutter und andere Gönner manipuliert, gleichsam für Kleinigkeiten lügt und mordet. Doch das zentrale Highlight schlummert mitunter in Eileen Heckart als Hortense Daigle, welche als Verbliebene von Rhodas Opfer eine Existenz der Verzweiflung derartig schmerzhaft im Gewissen ankommen lässt, obgleich sie aus alkoholisierten Impulsen handelt. Ihre Pein wird im Dialog dann zwar reinforciert, ohnehin kommen die Anzeichen der Dramaturgie teilweise mit vergnügter Eindeutigkeit durch, doch grundsätzlich ist LeRoys Inszenierung ein feinfühliges Martyrium einer Mutter, die zwischen den ethischen Verpflichtungen zu Tochter und Recht steht - getrieben von einer fast vergessenen Vergangenheit, die sie jetzt binnen der Bestätigung aller Vermutungen dort vorfinden muss, was ihr eigentlich am liebsten ist.
Die Lasten, späten sowie drastischen Konsequenzen, die Mama Christine (Nancy Kelly) davon nimmt, sobald es kein Entkommen mehr aus der Schuld gibt, sind letztendlich auch in einer bitteren Katharsis zusammengefasst, die im Ansatz zwar mit Genre-Reizen hantiert, die mehr oder weniger bewusste Schuld des Kindes jedoch äußerst effektiv als tieftraurige Herzensangelegenheit des Films herausstellt, ehe der Schlusspunkt wieder in einen pechschwarzen Humor einschlägt. Die Blitze des Schicksals sind hier märchenhaft und riskant zugleich, aber ihre brutalen Ansagen kommen in dem Fall auch nicht von ungefähr, sind selbst in höheren Kreisen durch Vorurteile, Selbstüberschätzung und Klassismus verwurzelt. Die „Böse Saat“ überwältigt da trotz ihres hohen Alters weiterhin, nicht nur weil sich die universelle Ursprünglichkeit vom Titel in den Narrativ ausschlägt oder von der Novelle zur Theaterbühne bis hin zum Status als Hollywoodproduktion adaptiert wurde. Sie schöpft ihre Frische nämlich auch aus einer qualitativen Perfektion, die nicht mal Rhoda emulieren könnte; die eben an Schauspiel, Inszenierung und Charakterbeobachtung so glaubwürdig im sowie abseits vom Zeitkolorit ankommt, dass die kontinuierliche Gewissheit des Wahns auch Jahrhunderte später bitterböse im Innersten zuschlagen dürfte.
POLYESTER - John Waters gelang mit diesem Coup ein
respektabler Sprung Richtung Mainstream, wenn dieser auch erst mit
„Hairspray“
wirklich komplettiert wurde. Hier schon jedoch zeichnet sich eine
schön subversive Zweigstelle ab, die anhand wiedererkennbarer Muster
des Melodrams die wilde Herzlichkeit im Geiste der „Pink
Flamingos“ infusiert. Francine Fishpaw (Divine) erlebt dabei im
Grunde eine wilde Amalgamation aus Bresson und Sirk binnen des
knallbunten Baltimore, wenn das Kleinbürgerliche mit giftigem
Sadismus auf die unschuldige Hausfrau eindrischt, wobei die fiesesten
Früchte schon aus der Familie an sich heraus wachsen. Das
verschrobene Dekor spendet da nur wenig Trost, gleichsam lockt
Francines Nase sie ebenso oftmals vom Schleier des Suburbanen in den
amoralischen Gestank. Kein Wunder aber, dass Waters diese
Wechselwirkung mit offenen Armen empfängt und dem Zuschauer als
gewitztes Gimmick voll sadomasochistischen Potenzials unter die Nase
reibt: Odorama lautet das Motto seines Geruchskinos, welches,
ähnlich dem Format eines William Castles, zur Zuschauerpartizipation
einlädt und an entsprechenden Stellen fiese Gerüche zum Freirubbeln
inne hat. Als Zuschauer der Gegenwart hat man nur wenige
Möglichkeiten, dieses Erlebnis von einst zu rekreieren, lediglich
zur amerikanischen DVD-Ausgabe findet man exklusiv die entsprechende
Karte des Gestankpanoramas vor, aber die lohnt sich allemal.
Wo es unter mancher Nummer (die sodann auf dem Bildschirm an entsprechenden Stellen aufblinkt) noch nach neuem Auto und nettem Parfüm riecht, schnüffelt man alsbald auch an den ranzigen Tomaten und dem fettigem Käse einer Pizza-Karambolage, ehe ein Stinktier seine Aufwartung macht und zusammen mit dem Räudenduft eines Gasofens den Höhepunkt der Widerlichkeit abgibt. Beim Film selbst kommt man in der Hinsicht ebenso auf seine Kosten, so wie vor allem Francines Ehemann ihr voller Kaltschnäuzigkeit sowie Freveleien begegnet und sie im Verlauf auch durch erbarmungslose Demütigung in den Wahnsinn und Alkohol treibt. Daran nicht unbeteiligt, bringen sie ihre Kids ebenso an den Rand der Verzweiflung: Lu-Lu (Mary Garlington) rasselt schamlos durch jedes Fach durch und lässt sich vom Oberlumpen Bo-Bo schwängern, ehe sie sich voller garstiger Fröhlichkeit nach einer Abtreibung sehnt. Francines Sohn Dexter (Ken King) ist ebenso kein Musterbengel, zieht sich Drogen durch die Nase und tritt in seinem Horror-Fetisch wildfremden Frauen auf die Füße, wodurch er sodann landesweit von der Polizei gesucht wird. Francine steht am Abgrund, lediglich Cuddles Kovinsky steht ihr zur Seite, prall und urig als sorgenlos naives Zentrum der Grundempathie unterwegs, wie sie eben nur von Edith Massey gespielt/verkörpert werden kann.
Die Freundinnen helfen sich mit brachialen Konsequenzen aus, Waters' Regie macht dabei jeden erfahrenen Schock zum vergnügten Moment aus Hass und Häme, Intrige und Ekel, ohne seine Protagonisten der Lächerlichkeit preis zu geben - wie soll das auch gehen, wenn wirklich allesamt drübber wider der Gefälligkeit agieren? Überspitzung schließt eben Herzlichkeit nun mal nicht aus, selbst sobald Francine dem Mann ihrer Träume, Todd Tomorrow (Tab Hunter), verfällt und meint, dass es jetzt wieder aufwärts gehen dürfte. Wie so oft im Leben wird es aber erstens schlimmer und zweitens als man denkt, wie auch die Besserung der Kleinen mit brutaler Methodik im Konservativen erwirkt wird. Der Frieden ist hier ebenso lachhaft wie der Terror, letztendlich siegt dann auch das Mörderische aus der Unschuld heraus, wie es lustiger und ungelenker nicht eskalieren könnte. Eine dufte Duftnote vom Dirigenten deftigster Zeitgeistbeobachtung, wie eh und je direkt aus dem Herzen glücklich verdorbener Americana.
ASPHALT VIBRATION - RAPPIN' - In der Kunst der freien Adaption eines
kontemporären Zeitgeist zu Unterhaltungszwecken gehörte die Cannon
Group einst zur Meisterklasse. Einer ihrer stärksten Stürmer in
der Hinsicht, Joel Silberg, war nach dem Überraschungserfolg von
„Breakin'“
dann auch der ideale Mann, um den nächsten Trend aus
afroamerikanischer Musik- und Lifestylekultur binnen des selben
Jahres so einzufangen, dass ein wildes Märchen kollektiver
Aktivitäten zustande kam. Urban angesiedelt, bedient er sich dabei
bezeichnenderweise der Legende von Robin Hood, um John Rappin'
Hood (Mario Van Peebles) sodann in seine Hood wiederkehren zu lassen.
Jenes Ghetto ist eine Versammlung herzlicher Stereotypen, gleichsam
gedenken fiese Bauspekulanten, das Viertel für den kapitalistischen
Fortschritt einzureißen und in die Heimatlosigkeit hinein zu
manipulieren. Jene Widersacher kommen im Verlauf drastisch und
plakativ, also einem „Death Wish 3“ nicht unähnlich, auf den
Plan - bei Hood ist nach seinem Knastaufenthalt aber Sense in Sachen
Gewalt und Kriminalität. Seine Wut lässt er höchstens noch an
Klobecken aus, die wahre Erfüllung findet er jedenfalls im Rap.
Und der ist wie in einem Musical beinahe omnipräsent, im Freestyle durch den Alltag unterwegs, derartig nett und gewitzt, wie er seit N.W.A. nicht mehr sein wollte. In dieser Ära jedoch vermag er wahre Wunder zu schaffen oder eben die Freundschaft zu akzentuieren, wobei Silbergs Selbstverständlichkeit zu jenem Stilmittel einige außerordentlich aus dem Abseits einfliegende Sequenzen zustande bringt. Ganz gleich, wo die beliebigste Szene anfängt: am Ende ist man völlig außer sich, welche Pfade sie eingeschlagen hat und wer da nicht bis zum Platzen mitlachen kann, ist selber schuld. Ein beinahe permanenter Beat hält Spannung, Kurzweil und Rapeinsatz sodann bei der Stange, die aberwitzige Verquickung dessen ergänzt sich sodann mit einem erheblichen Räudenfaktor durch Meisterraudi Duane (Charles Grant), welcher mit seiner Gang jedes „Fest“ der friedfertigen Community stets spruchreif verdirbt. Jedes Konfliktpotenzial kommt einem da mit Knalleffekt entgegen, ebenso wenn John Hood seinen kleinen Bruder auf den rechten Weg bringen will oder die Liebe mit Dixie (Tasia Valenza) wieder anheizen möchte. Diese Ambitionen führen ihn zum Hineinschnuppern in die Musikindustrie, aber noch oft genug auf die ihm immens wichtige Straße, um das Unrecht von oben gegen die Mitbewohner aufzuhalten.
Die Resultate naiver Selbstgerechtigkeit schaffen teilweise sogar den Sprung ins Slapstickhafte, der Bogen des Ganzen ballt sich jedoch vor allem mit variierenden Rap Acts zusammen, die im stilechten 80's Synth-&-Scratch-Sound ebenso rhythmische Montagen aus High-Energy und Story ergeben. Die dramaturgische Richtlinie ist dabei durchaus sogar noch minimalistischer ausgestattet als ein „Breakin'“, doch das Spektrum an Sozialdrama, Romantik, Battle, Beef, weißen Hoschis und weißen Schergen, sanften wie taffen Brüdern, geht mit Antrieb auf die schmerzfreien Barrikaden und darf sich zudem mit einer def'tigen Slang-Synchro brüsten. So schmierig der Realismus des Ambientes dabei auch eigentlich keinerlei Hoffnung zulassen dürfte, reißt der Ansporn neuer Inspiration hier letztendlich dennoch das Winterfell ein und sobald sich der Schlusspunkt entschieden aus der Enge der Realität abkoppelt (eine schöne Vorschau auf Silbergs „Lambada“), ist der Tag auch für den Zuschauer gerettet und die Reagan-Ära um ein Zeichen jugendlichen Eigensinns reicher. Eben nur echt bei Cannon erhältlich.
CONVOY BUSTERS - Bei Darsteller Maurizio
Merli gibt es nimmer ein Pardon, so aufgedreht seine Figuren die
Selbstjustiz innerhalb des Polizeiapparates ausüben und sich schon
gar nicht um die Rechte von Zeugen, Verdächtigen und Tätern
scheren. Regisseur und Koautor Stelvio Massi konzentriert diesen Hang
des Poliziottescos hiermit in ein narrativ äußerst freies
Konstrukt aus Korruption, Drogen- und Waffenschmuggel sowie
bleihaltiger Ermittlung, bei dem sich Merlis Kommissar Olmi (!) von
seiner besten Seite präsentieren darf: Ein wütender Schweinehund,
der sich in durchweg bestätigter Brachialkompetenz durch zynische
Sprüche, Verhöre sowie noch zynischere Gangster schlägt und
ballert. Die simplistische Direktheit der Gewalt erinnert hier nicht
von ungefähr ans Groschenromanformat, gleichsam bugsiert sich
Regisseur Massi mit der Kamera ständig auf Merli und seinen
Schnurrbart ein, die selbst in den entlegensten Spiegelflächen eine
Perspektive des harten Durchgreifens repräsentieren. Als Privatmann
erlebt man ihn daher eher selten, doch wenn es soweit ist, stellt er
sich geradezu drollig im Alltagston dar, welcher dennoch wie
abzusehen mit Flirteinlagen des weiblichen Geschlecht angefüllt ist.
Machos in Paradise! Der Herr ist aber vorrangig mit seinem Job
verheiratet, also ist auch der Film stets scharf darauf, jene Paarung
zu euphorisieren, was zur Folge hat, dass Olmi mehrere Einsätze
betreut, die mit dem anfänglichen Hauptfall mal sowas von rein gar
nicht in Verbindung stehen.
Ohnehin entsteht ein Bruch zur zweiten Hälfte hin, in der nochmals ein anderer Fall an anderer Dienststelle begonnen wird, dessen Lösungen sich wie eh und je mit Ballermännern sowie genüsslich zusammengespinnten Aufklärungen ergeben. So sieht sein Job nun mal aus, gleichzeitig lässt man anhand jener Abwechslung auch davon ab, den Zuschauer mit ach so langweiligen Ermittlungsschranken zu begegnen. Stets heißt es dann im Endeffekt: „Sie hatten recht, Olmi“. Spannung kann sich daher nie wirklich entwickeln, stattdessen wird der Film zur Schaubühne für Olmis reaktionäre Ideologie, die in den richtigen Momenten wenigstens nicht zu asozial gegen die Kriminellen vorgeht und auch mal, mit einigen Konsequenzen verbunden, das Ziel verfehlt. Der Film zieht sich damit selbst vorsorglich aus der Schlinge, in seiner elliptischen Erzählung versperrt er sich ohnehin einer kohärenten Absicht - wenn er sich dessen auch nicht wirklich bewusst zu sein scheint. „Convoy Busters“ leistet sich so einige unfreiwillige Lachvorlagen, gleichsam wird die Figur Olmis auch in überspitzte Situationen männlicher Kernigkeit hinein konstruiert, dass sich jenes Schauspiel mit einer Distanz aus Unfassbarkeit und Lächerlichkeit äußerst unterhaltungsfördernd beobachten lässt. Wie Olmi dann auch dazu kommt, die aufreizende Lehrerin Anna (Olga Karlatos) klarzumachen, ist eine haarsträubende Angelegenheit für sich, ebenso ihre innigen Stunden zu zweit inklusive weltfremden Dialogen und einer Auflösung, die in ihrer Form schlicht kein gewöhnliches oder überhaupt funktionierendes Narrativ ergibt.
Sei es drum: Die Power des Primitiven lässt sich nicht komplett abstreiten, allen voran Stelvio Cipriani pumpt die Synths mit Nitro-Sequenzen auf, wenn Blut, Glas und Autos durch die Luft fliegen. Dazwischen spannt sich der Leerlauf immer in eine gewisse Erwartung zum nächsten Einsatz auf - Ballern als Ersatzsex -, dementsprechend wird per Exploitation auf die Kacke gehauen, wenn Olmi zum Schuss kommt. Im stilistischen Saft steht der Film aber durchaus etwas unbeholfen, wenn er kurz vor Schluss noch in ausgiebigstem Detail die Vertriebswege der Schmuggler nachzeichen muss, als hielte er sich für einen Melville. Im Gesamteindruck zum Belanglosen hin kann man nur richten: Was für ein Relikt, idiosynkratischer als die Polizei erlaubt. Von daher auch gar nicht mal uninteressant für Genrefreunde und so zurückgeblieben in einem Weltbild, welches sich zudem nicht mal wirklich rechtfertigen kann, dass es irgendwie zu Herzen rührt und zugleich frustriert, wenn man es sich denn mit vollem Ernst an die Brust nehmen will, obgleich der Film keine derartig dringliche Angriffsfläche bietet. Massi und Merli, hach, wie schmierig die Beiden nur Schmiere stehen können...
THE HUNTSMAN & THE ICE QUEEN - "[...] Huntsman & Huntswoman lassen sich aber nicht unterkriegen, lieben sich in geheimen Dampfbädern, rauschen mit Pfeil und Bogen, Axt und Faust in den Eigensinn hinein. Wird auch langsam Zeit, so wie sich der Katalog an Referenzen über knapp zwei Stunden formt und seinen Hang zur Exposition nicht lassen kann. [...] Den Drive bestimmt ohnehin jemand anderes: der Huntsman. Sein verschmitztes Draufgängertum ist sich für keine Rauferei zu schade; Schroffheit, Humor und Sehnsucht vereinen sich in diesem Diener der Adventure-Kompetenz, selbst als der Film nochmals sieben Jahre weiter springt. [...] Deshalb entscheidet der Film sein Schicksal letztlich auch nicht auf dem Schlachtfeld, sondern im Thronsaal unter Liebenden und Schwestern, korrumpierter und wahrer Liebe, Ignoranz und Einsicht. Die Bezwingung der inneren wie äußeren Eismauern schließt es sodann imposant ab. [...]"
(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)
OXFORD BLUES - Der stärkste inszenatorische Griff,
den sich Regisseur Robert Boris leistet, ist sein initiativer
Charakter- und Prämissenaufbau per Zeitungsausschnitten im Intro. Er
geht dabei von der Romantik eines jugendlichen Stalkers aus, der
seinem Schwarm aus den USA ins vereinigte Königreich folgt, dem
Beischlaf und der sonstigen konservativen Art der Eroberung wegen. Es
wäre äußerst gruselig, wäre derjenige nicht Rob Lowe als
mittelschichtiger Haudegen Nick, inklusive Sonnenbrille und
College-Jacke, der sich in Las Vegas mit Minijobs verdient macht,
zumindest aber ein Rudertalent sondergleichen vorweist. Auch bei der
Damenwelt kommt das verschmitzt-naive Schlitzohr gut weg, doch bei
vielerlei Optionen mag sein Herz ganz dem Hitzkopf entsprechend nur
auf eine Karte setzen - und die nennt sich Lady Victoria (Amanda
Pays). Energisch und rücksichtslos gemogelt schafft er es sodann
auch in ihre Nähe nach Oxford, wo sich die Unterhaltungswerte vom
Culture Clash binnen einer archetypischen
Coming-of-Age-Geschichte der achtziger Jahre effektiv im
Zuschauerinteresse einklinken. Nicks Nebenbuhler sind da ebenso eine
Klasse für sich, eben unter anderem Julian Sands und Cary Elwes,
womit sich die Konflikte der jeweiligen Seiten des Teichs auch im
ideologischen Diskurs ansetzen. Der lässt sich sodann allerdings
eher im Wettbewerb austragen, ob nun um die Gunst der Herzen oder
binnen elitärer Rudermannschaften.
Mitten drin als Alternative dabei, erweist sich Ally Sheedy erneut als wahre Herzensdame mit kumpeligem Spleen, die unseren Ein-Bahn-Helden sowie gestandene Charakterfressen wie Bruce Payne sodann ordentlich zu kommandieren vermag. Ohnehin besitzen Synchro und zwischenmenschlicher Umgang die Qualitäten leichter Teen-Spritzigkeit, nur schleppt sich das Prozedere geradliniger voran als es das Intro verspricht. Nicks Anliegen und Bewährungen sind im Verlauf auch nicht mal so ausgeprägt, dass man sein Gelingen darin kaum erwarten kann, gleichsam denkt der Film auch selten daran, sein eingeschlagenes Ruder an Mustern herumzureißen - auch wenn manch Wandlung mehr oder weniger realistische Anstriche besitzt. Einige Sequenzen schaffen da durchaus die Empathie zur Begegnung von Demütigung und Demut sowie mentalen Mauern und Gewissensbissen im Angesicht einer noch formbaren Persönlichkeit. Letztendlich mangelt es dem „Oxford Blues“ aber an dringlicher Energie, zudem stellt er sich etwas doll brav an, um die Katharsis der Verantwortung zu vermitteln. Sympathisch, wenn auch bräsig, lässt er sich ordentlich weggucken, doch für die Reise nach Oxford empfiehlt sich durchaus ein Gruppenticket, um die Besichtigung etwas redseliger aufzulockern.
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