Sonntag, 3. Januar 2016

Tipps vom 28.12. - 03.01.2016



ANOMALISA - "[...] Über allem hängt der Schatten der letzten Beziehung, der er einfach entflohen ist, doch die sich nun in jedermann bemerkbar macht. Michael predigt in seinem Beruf zwar die Stimme des Individuums – aber er kann sie nicht mehr hören. Kaufman reflektiert dies in einer Konsequenz, der man langsam, aber nicht kryptisch auf die Schliche kommt. Denn obgleich seine Figuren nach Perfektion und Glück streben und denken, lungert darin auch die Angst vor der Imperfektion, die im Stop-Motion-Verfahren nicht kaschiert wird, sobald einzelne Frames leicht verschiedene Hauttöne und Positionen einnehmen. Umso prägnanter stellen Kaufman und Johnson das Menschliche eines Ensembles heraus, dessen Komplexe und Makel nicht verborgen bleiben, egal, wie sehr es sich bemüht. [...]"


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DIE UNGLAUBLICHE GESCHICHTE DER MR. C - Wie reichhaltig ein anscheinend reißerisches Produkt der 50er-Jahre Sci-Fi-Welle beim Menschen ankommen kann, beweist Jack Arnold eindrucksvoll mit dem Schrecken des Schrumpfens. Was dem unbescholtenen Bürger aus der Mitte, Scott Carey (Grant Williams), geschieht, ist natürlich in erster Linie ein phantastisches Ereignis, auch im Rahmen des Narrativs eine Medien-Sensation, aber dennoch stets das Leiden eines Individuums in einer immer größeren und bedrängenden Welt. Welche gesellschaftlichen Symptome kann das Schrumpfen hinsichtlich der kapitalistisch geprägten Entstehungsära repräsentieren? Die anbahnende Angst vor dem nuklearen Wettstreit des kalten Krieges, geboren in der Übergangsphase vom zweiten Weltkrieg in die Baby-Boomer-Behütung der vermeintlich ideellen Surbubia? Die auslösende Nebelwolke mit ihrem unerklärlichen Staub auf hoher See gibt dafür schon frühe Hinweise, wie überhaupt auch bei folgenden Arztbesuchen über die eventuelle Arbeit mit radioaktiven Stoffen oder gar einer Krebserkrankung gesprochen wird. Arnold und sein Autor Richard Matheson spielen keineswegs verklärend mit den Zeichen der Zeit und Wissenschaft, obgleich die Inszenierung mit ihrem effizienten Zugang durchaus per Schlichtheit anspricht und die surrealen Veränderungen mit Spannung erwartet. Allmählich gerät die Sorglosigkeit der Verhältnisse für Scott ins Wanken, ob nun jene zum Eigenheim, zur Ehe oder zum Selbstbewusstsein an sich.


Nicht aber die Gefahr von außen oder von Invasoren bestimmt hier den Abstieg, sondern viel mehr die inneren Zweifel der Persönlichkeit, welche sich immer mehr ihrer Kraft beraubt sieht und nie wissen wird, weshalb es genau geschieht. Arnold bewegt seinen Protagonisten zum Abgrund hin, der zunächst auch ein finanzieller ist. Die Relevanz und die baldige Armut des Einzelnen im Gesamtgefüge der Gesellschaft stellt sich hier schon in Frage, im Grunde aber reflektieren die sinkenden Kräfte Scotts auch den universell nachvollziehbaren Umgang mit der Depression. Nichts gelingt einem mehr, nichts passt mehr, zeigen will man sich sowieso niemandem und anders als die anderen ist man von Vornherein, ganz gleich wie sehr man eigentlich den Anschluss finden will. Das lässt sich am Effekt der Geschichte mit genialer Einfachheit erzählen, wie auch Scotts Treffen mit der kleinwüchsigen Clarice (April Kent) neue Hoffnungen illustrieren kann, selbst aus jener Lage heraus weiterzumachen und auf die Hilfe von Freunden zählen zu können. Das Wechselbad vom Schwung des Optimismus zur unvermeidlichen Wiederkehr von Zweifeln, die einen erneut kleiner machen, fängt Arnold aber genauso empathisch und direkt ein, wie er im Folgenden sodann den Überlebenskampf in die reißende Tiefe mit der Überwältigung durch die eigentlich kleinsten Einflüsse zeichnet. Diese personifizieren durch ihre tricktechnische Imposanz im Gewöhnlichen den Schrecken im Alltag und vor der Welt, dem man sich mit der Flucht in abgeschlossene Zellen des Privaten zu entziehen versucht, woraus man sich allerdings gleichsam zu einem Gefangenen macht.


Wer schon mal dementsprechende Abkopplungen mit dem Sozialen durchgemacht hat oder durchmacht, wird sie in Scotts Bezwingung des „Normalen“ wiedererkennen, seine Verzweiflung spüren und bei seinem Aufbegehren mitfiebern, während die Schauwerte ohnehin mit klassischer und liebevoll ausgestatteter Kohärenz mitreißen, ohne die Belange des Charakters zu übertrumpfen. Das Bild vom erneut im Urschlamm angekommenen Menschen wählt Arnold bewusst zur Ambition des Wiederaufbaus und der Selbstverwirklichung, letzten Endes bringt die Probe der Bewältigung und der Flucht aus der Gefangenschaft aber nicht die Rückkehr zum Gewöhnlichen, im Gegenteil: Scott wird weiter schrumpfen, doch innerhalb der Dimensionen werden ihm und dem Zuschauer erst recht bewusst, wie klein der Einzelne bleibt, in der Mächtigkeit des Äußeren aber auch zu den Sternen, sprich zu den Möglichkeiten des Menschenmöglichen blicken kann, obwohl der Kampf darin bestehen und nichts für immer bleibt. Arnolds Film schließt bittersüß ab, wie man es von der Außenwirkung her nicht unbedingt erwartet hätte und den Zuschauer alles andere als gelassen entlässt. Er weiß nun mal, dass Lösungen und Erklärungen keine Selbstverständlichkeit darstellen, aber er hilft über den Genre-Rahmen hinaus zu verstehen, was das Individuum stets auf sich zu nehmen hat, um sich selbst sowie die Rolle des Menschen im Universum zu finden und eine Grundhoffnung am Leben zu erhalten, für die es sich durchaus zu hadern lohnt und gemessen am Film auch ungemein dringlich anzusehen ist.




BIBI & TINA - MÄDCHEN GEGEN JUNGS - "[...] Die Hexe in Reiterhosen und ihre Freunde gehen ein verhältnismäßig aufrichtiges Coming of Age an, erst recht, wenn die Pubertät ruft, obwohl Küsse noch immer etwas eklig sind. Erwachsen werden muss man hier noch lange nicht, denn die Erwachsenen sind durchaus auch ziemlich lächerlich. Den Fun am Jugendlichen muss man eben nicht ablegen und umso schöner kommt die Überraschung, wenn sich entscheidende Lösungen filmisch unerforschten Möglichkeiten hingeben und mit einer Absurdität auftrumpfen, die selbst erfahrene Kinogänger aus den Sesseln hüpfen lässt. Manche, wenn nicht sogar viele Bilder, Symbole, Charaktere, Sprüche, Effekte und Einzelmomente wird man lange Zeit nicht vergessen und ins Herz schließen. [...] Das hat Temperament, Pep und Herzblut, trägt aber auch stolz Honkfaktor zehn auf. [...]"



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THE BIG SHORT - "[...] Wenn jedes Verantwortungsgefühl von vornherein zur Tür entlassen wird, klicken E-Mail- und Handytöne einen nervösen Rhythmus. Red-Bull-Dosen stapeln sich für den Erfolg zum Turm von Babel, worauf dieser Millionen an Jobs, Behausungen und Menschen fallen lässt. Mit jenem sich zu wiederholen drohenden Weltbild könnte McKay dringlicher punkten, würde er das Big picture im Big Short nicht zugunsten eines beinahe dokumentarischen Ablaufzwangs verkomplizieren, obwohl er es in seiner Außenwirkung virtuos und subtil verpackt. Andererseits ist sein präzis-kritischer Ton und die authentische Darstellung ungehörter Propheten inmitten machtloser Mächtiger lobenswert, ohne dass er auf die Faulheit gekünstelter Empathie zurückgreifen müsste. [...]"



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THE WARD - Nun mal ein kleines Stück Sympathie zum "schwarzen Schaf" im Fundus von John Carpenter (obwohl es seine Variante vom „Dorf der Verdammten“ mit Leichtigkeit übertrifft): Es führt kein Weg dran vorbei, die eigentliche Konventionalität des Inhalts anzusprechen, mit dem Carpenters bislang letztes Filmwerk ausgestattet ist. Dem Potenzial eines Terrors innerhalb der Psychatrie steht ein etwas unausgereiftes Drehbuch entgegen, das seine Thrills einigermaßen berechenbar hält und auch gar nicht mal so außergewöhnliche Rückblenden aufwendet, wie das Charakterspektrum ohnehin in eher „effektiver“ Natur aufbereitet ist, um beim modernen Tempo mithalten zu können. Von reiner Austauschbarkeit im Gesamteindruck kann aber gewiss nicht die Rede sein. Carpenters Perspektive der Belagerung, wie er sie über die Jahre hinweg immer öfter ins Auge der Angst trieb, geht auch hier konsequent zugange, pegelt sich dabei vor allem auf sein weibliches Ensemble ein, das sich mit jugendlicher Natürlichkeit im Zeitkolorit der sechziger Jahre einzufinden versucht, es aber nur innerhalb von Gittern, Mauern und weiteren Einschränkungen ausleben darf, ehe die verständnislose Leitung erneut die Therapie gegen den Widerstand einleitet. Wäre „The Ward“ in jener Ära erschienen, hätte man ihn in diesem Sinne alsbald als Reflexion zu Vietnam, den Studentenunruhen und anderen antiautoritären Entwicklungen verstanden, hinsichtlich des Veröffentlichungsjahres 2010 spürt man hingegen durchaus das Echo von Guantanamo, wobei Carpenter allerdings eher eine recht persönliche Psychoanalyse im Prozedere der Mordsanstalt durchmacht.


Seine gefangenen Frauen repräsentieren verschiedene Persönlichkeiten und individuelle Probleme, besitzen aber beinahe kollektiv Aufsässiges sowie den Hang zur Flucht, obgleich ihre Erscheinung vom „Girl next door“ herrührt - Rollenmodelle, die von Laurie Strode über Elizabeth Solley bis hin zu Jenny Hayden etc. im Werke Carpenters auftauchen. Mit dem behandelnden Chefarzt Dr. Gerald Stringer (Jared Harris) taucht ohnehin eine psychologische Vertrauensperson auf, wie sie sich auch in Carpenters Durchbruch in „Halloween“ anhand von Dr. Loomis präsentierte. Nun ist er erneut der Träger einer mysteriösen Mordslaune innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs, ihm lässt sich im Vergleich zu seinem Vorgänger nicht ganz trauen und doch ist er am Ende stets der Helfer gewesen. Damit hören Carpenters Reminiszenzen an die eigene Vergangenheit gewiss nicht auf, wenn man sich auch die Morde anschaut, die unseren Heldinnen nach und nach zustoßen: Der erste Würgegriff erinnert an Michael Myers, die kühlen chirurgischen Eingriffe an die Haken des „Fog“ oder die Pfählungen des „Fürsten der Finsternis“, die bratenden Elektroschocks an seine „Vampire“ im Sonnenlicht und manch im Off veranstaltetes Sterben an die Suggestion des „Assault“. Die Fratze, welche all dies ausführt, folgt über die Dimensionen hinweg und kreist die Korridore ein, wie auch die Helfer in Weiß - welche den Blick fürs Grauen à la „Sie leben!“ ausblenden - mitmischen, als wäre „Big Trouble in Little China“ angesagt. Die Einflüsse reichen nun mal von überall her und vermitteln durchweg den Carpenter-Touch, wie er auch den „Turm der schreienden Frauen“ wie gehabt auf den Röhrenfernseher zaubert, um eine Parallele zum Story-Schrecken aufzustellen.


Er zeigt daran gleichsam die fließende Adaption des Genres, umso stärker ballt er seine Zutaten sodann in einen Horror, der inzwischen nur noch konventionell wirken kann, wo er doch soviel dazu beigetragen hat. Umso bittersüßer illustriert er damit auch den Tod und die Homogenisierung des Horror-Auteurs, wenn er seinen ums Überleben kämpfenden (und doch nie ganz unschuldigen) Protagonistinnen/Vertretern seiner Karriere-Eckpunkte hier im oftmals zum Zynismus tendierenden Mainstream-Tempo beim Sterben zusehen muss. Der objektiv gesehen etwas plumpe, aber in seiner inszenatorischen Tragik recht bezeichnende Schluss, dass alle Hauptdamen dem Gehirn eines schizophrenen Mädchens entstammen, festigt sodann den Meta-Gedanken. Carpenter sieht seine Ideale und Erinnerungen schwinden, bis vom vielfältigen Leben sowie der Kreativität in die verschiedensten Richtungen nur noch ein Mensch vom Künstler übrig bleibt, aus dem man alles herausgezogen hat. Wie man aber am letztendlichen Album der gezeichneten Erinnerungen an Leute, die nie existiert haben, erkennen kann, hält Carpenter den Grundgedanken der Unsterblichkeit im Kino gerne am Leben (wohlgemerkt in 35mm, das inzwischen umso gereifter beglückt) und gibt sogar nochmal einen schicken Jumpscare oben drauf, welcher sich ganz klar für die Unzerstörbarkeit des Genres positioniert. Hoffen wir aber bloß, dass „The Ward“ trotz Carpenters präsentierter Abgeklärtheit kein Abschluss seiner Karriere wird, denn nach solch einem audiovisuell und schauspielerisch weiterhin zackigen Kommentar auf den Stand des modernen Horrors muss irgendwann noch die Neuerfindung folgen.




ZONE TROOPERS - KRIEGSMISSION AUS DEM ALL - Danny Bilson und Paul De Meo, spätere Drehbuchautoren des "Rocketeer", übten für die Empire Pictures schon mal vor und zauberten hier einen waschechten B-Movie über kosmische Einmischung im zweiten Weltkrieg zusammen, der das schleichende Low-Budget-Tempo der Fünfziger emuliert, sich damit durchaus der Kostengünstigkeit von Produzent Charles Band unterordnet, aber stimmig sympathisches Gut draus fördert. Anhand einer kernigen und doch ziemlich bodenständigen Vier-Mann-Truppe aus US-Streitkräften geht es in die blassen Wälder Italiens, die solch einsparendes Feeling vermitteln, wie auch das Ensemble mehr mit schnippischen und totkauenden Dialogen ums Überleben kämpfen muss, als mit einer Kanonade an Schauwerten, Ausstattung, extravaganter Kameraarbeit oder anderen reizvollen Goodies. Sie sind als Charaktere auf sich allein gestellt, den Zuschauer zu fesseln und das kriegen sie sogar größtenteils mit schlichter Präsenz hin, die sich nicht unbedingt mit Ironie dem Charme des simplistischen Billig-Manövers nähern muss. Die Rollentypen sind dabei durchaus klar verteilt: Der eiserne Sarge (Tim Thomerson), der brummende Mittelstandsbär Mittens (Art LaFleur), der junge naive Comic-Sonnyboy Joey (Timothy Van Patten) und der mutige Journalist Dolan (Biff Manard). Zusammen gilt es, gegen die Krauts zu bestehen - eine Gruppe an uniformierten Darstellern, die mit schwerem Akzent die deutsche Sprache versuchen und mit finsteren Maschinen sowie einem verdächtig dem Imperial-Marsch aus Star Wars nachempfundenen Orchesterstück das Böse verbreiten.


Doch die Parteien sind nicht allein, da UFOs auf der Wiese gelandet sind und haarige Piloten in die Nacht entsenden, die sich als hilfreicher erweisen, als man zunächst glauben würde. So ist es! Bilson und De Meo lassen die antikommunistische Paranoia-Funktion der Ausserirdischen aus dem Sci-Fi-Kino der Fünfziger hinter sich und setzen diese für das Gute ein - zumindest am Stärksten im letzten Drittel und auch dann nur dramaturgisch recht dünn etabliert. Die Involvierung des Extraterrestrischen ist durchaus von Sparmaßnahmen gezeichnet, baut aber gleichsam auf der Natürlichkeit des langsamen Herantasten auf, welches eine Konfrontation mit der dritten Art durchaus mit sich bringen würde. Das ist natürlich eine schwache Ausrede meinerseits für die umständliche Hinhaltetaktik des Films, aber auch Teil jener Art von altbackener Inszenierung, die naiv und harmlos den Spannungsaufbau für ein naives und harmloses Publikum versucht und pubertäre Vorteile aus der Alien-Technik schlägt, obwohl das Reißerische der Prämisse durchaus hinters Licht führt. Die Nachahmung bringt aber auch das Spielerische zwischen den Zeilen heraus, voller Eigenarten und kleinen charakterlichen Details, deren Beziehungen zueinander und Marotten des G.I.-Genres bestimmend, auf dass einem die Angelegenheit trotz geringer Mittel stetig zu Herzen geht. Alles andere eben als eine eventuelle Neufassung dieser Geschichte, die sich im modernen Standard der grenzenlosen CGI nur ins Hohle verlaufen würde.


Wenn hier dann nämlich einer unserer vier ins Gras beißt, wird man überrascht sein, wie feucht die Augen dabei werden und dabei nicht mal aus ideologischer Nähe zum pathetischen Militär-Mythos - wohl auch, weil der Film seine Hemdsärmeligkeit (auch irgendwo die seiner Protagonisten) von Anfang an offen auf den Tisch legt, weshalb sich umso leichter mit den Konsequenzen seiner Welt mitfühlen lässt, wenn Prätention von Vornherein eliminiert ist. Ein größeres Budget hätte dem Film also nicht unbedingt besser gestanden, wohl aber könnte sein Konstrukt noch eine Handvoll clevere Einfälle mehr vertragen, um die knapp 82 Minuten Laufzeit kurzweiliger zu gestalten, obgleich seine so schon minimalistische Kohärenz mit gesundem Selbstbewusstsein auftritt. Zumindest kann er sich stets mit einem Score der Marke Richard Band brüsten, welcher bei jedem noch so trägen Empire Picture eine Symphonie des Kinos vor dem geistigen Auge suggerieren lässt. Natürlich bleibt es ein halbwegs actionreiches Scharmützel unter Jungs (oder doch nicht?) und für Zuschauer unserer Ära eine Schnarchtablette sondergleichen. Für aufgeschlossene Filmfreunde dürfte sich hier aber auch mal wieder beweisen, dass selbst das Unvermögen mit aufrichtiger Seele ausgestattet ist und an seinen Limitationen umso ehrlicher wächst.




LEGEND - "[...] Alles steht unter dem Schutzmantel des Plakativen, ist teilweise mit markigen Sprüchen, lächerlichen Politikern und Polizisten angereichert, die genauso gute Chancen haben, wie manche Ganoven als Running Gag zu enden. Es spricht aber auch durchaus für sich, dass Helgeland seine Burschen noch (unabhängig von der Wahrheit) als mehr oder weniger sympathische Selfmade-Men zeichnet, die aus der Unterschicht kommen, etwas aus sich machen, gegen Widerstände wettern oder bei Frau Mutter Kuchen mampfen, nachdem sie jemanden in den Kopf geschossen haben. Der mangelnde Respekt vor Autoritäten zieht weiterhin an und im Grunde wird ohnehin lediglich untereinander gekabbelt und gekillt, ehe man als Zuschauer große Mühen haben muss, die Distanz zu wahren. [...]"



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DER FEUERTEUFEL - Schon gewusst? Eigentlich sollte John Carpenter hier die Regie übernehmen, ehe Universal es sich nach dem Misserfolg von "Das Ding aus einer anderen Welt" in letzter Sekunde nochmal überlegte. Schade allerdings, dass in Mark L. Lester ein Ersatz gefunden wurde, welcher nur in wenigen Momenten dazu fähig ist, das Potenzial des Narrativs zu bündeln und in eine inszenatorisch eindrucksvolle Form zu gießen. Lester bewegt sich durchaus unbeholfen durch seine erste größere Studioarbeit, schleppt sich dementsprechend mit angezogener Handbremse durch eine Charakterstudie, die gemessen an ihrem Inhalt jedes Zuschauerherz brechen könnte, aber meist ineffektiv vorgeführt wird. Liegt das an Tangerine Dreams teilnahmslosen Score, am altbackenen Schnitt, der Rückblenden mit Gedankendunst ankündigen muss oder an der stolpernden Dramaturgie an sich, welche nie so recht feststellen will, ob sie ihren Antrieb auf die Flucht oder auf die Belagerung von Regierungsseite aus fokussiert? Die Antwort liegt bei allen genannten sowie weiteren Faktoren, ein besserer Film liegt aber eindeutig im Kopfkino bereit. Die Zutaten bizarrer Psi- und Feuerkräfte, die in der Unschuld verpackte Gewalt des Übernatürlichen, das Spiel mit Vaterfiguren, Beschützerinstinkten und Verantwortung, gedanklicher Manipulation (die telepathischen Kräfte des Vaters/die Beeinflussung Charlenes durch John Rainbird), Vertrauen, Hoffnung, Angst, Verständnis und Wut sind jedenfalls allesamt vorhanden. Schade allerdings, dass Lester sie beinahe ausschließlich in der Pyrotechnik zur Eskalation treiben kann, wie er es auch kurz darauf mit "Phantom-Kommando" weit befriedigender und flotter hielt.


Den Charme der Geschichte kann er hier zwar nie komplett ausbrennen lassen, dafür ist die Laufzeit schon großzügig genug, doch das Geschick einfühlsamer oder dynamischer Akzentuierung ist ihm (vor allem zur zweiten Hälfte) nur bedingt vergönnt. Bezeichnend wird dies in einer Szene, in welcher die zwei zwanghaft Getrennten, Vater und Tochter, im Gegenschnitt weinend auf ihren Betten liegen, woraufhin zu einem Wachmann geschnitten wird, der dieselben Bilder auf zwei nebeneinander gestellten Monitoren verfolgt. Das ist redundant, könnte unter Umständen vielleicht aber melodramatisch anschlagen, wenn Lester die Szene denn nicht derartig plump und kurzatmig in den Raum werfen würde. Und über den nur unbeeindruckend etablierten Tod einer der Hauptcharaktere gegen Ende lässt sich ebenso nur wenig Ansprechendes sagen, wo die Aufregung der Inszenierung doch eher auf den Effekt des Feuertods setzt. Eine vergeigte Chance zur Großartigkeit wie diese ist aber gewiss auch eine interessante Fallstudie darin, wie man sich als Zuschauer in das Geschehen hineinfinden und den Paranoia-Zeitgeist der Achtziger (die Skepsis gegenüber Reagan und dem kalten Krieg) sowie das Unikat ungleichmäßig abgemischter Filmakzente beobachten kann. Das Pendel der Ambition schwingt dabei etwas zu oft einer Bauchlandung entgegen, aber wenn einen etwas nochmals aufgreifen kann, dann ist es der Drang zum Nukleus der Familie, der trotz aller unkonzentrierter Beilagen noch angemessen durch David Keith und Drew Barrymore dargestellt wird und sein Feuer der Befreiung nicht gerade zurückhaltend entfesselt. Die Leinwand brennt davon aber noch lange nicht, wenn nur ein Pyrotechniker das Streichholz hält.


Bonus-Zeugs:




DIE DUNKLE SEITE DES MONDES - "[...] So hangelt sich der Film von einem unbeholfenen Overstatement zum anderen, lässt seinen Hauptdarsteller bipolar keifen, prügeln und dramatische Entwicklungen erleben, die stets düster brummen, ihn wieder zur Natur finden und sich von verständnisvollen Wolfsaugen helfen lassen. Die schwachbrüstig-esoterische Gesellschaftskritik, die sich ausgerechnet das Finanzkapitol Deutschlands für die Auswüchse des Tieres im Menschen ausgewählt hat, tut ihr Übriges. [...] Langweilig wird „Die dunkle Seite des Mondes“ gewiss nie, nur muss man den Film aus einer versöhnlicheren Perspektive sehen, um den „sinnlichen Genuss“ am Hanebüchenen zu erfahren."



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PANISCHE ANGST - Ein austauschbarer Slasher, dessen größter Sympathiepunkt (neben dem netten weiblichen Ensemble) darin besteht, dass er seine Charaktere relativ natürlich zeichnet und auch sonst recht unaufgeregt durch die Gegend spaziert, was sich von der Inszenierung her zugegebenermaßen angenehm runterspult. Sobald er jedoch anfangen will, Horror zu evozieren, sackt der Film mit seiner Plumpheit gnadenlos ab und zeichnet seine Figuren dümmer als sie eigentlich sein müssen. Letzteres lässt sich aber auch nur schwer/gleichgültig einschätzen, denn gegen Ende stellt man hauptsächlich fest, das jenseits von Stereotypen, Alltagsprozedere und einer Babyhandvoll Meta-Reflexionen zum Reiz des Horrorfilms nur allzu wenig aus deren Kombination gebastelt wurde. Wozu das alles letztendlich zusammenkommt, schlägt höchstens frustrierende Wellen, es sei denn man fiebert gleichsam konservativ dem Erhalt der Ehe mit richtig gewähltem Partner entgegen. Weil dafür aus keinerlei stimmigen Grund wahllos gemordet wird, übt das unausgearbeitete Konzept freilich höchst oberflächlichen Selbstzweck aus. Eine belanglose Fingerübung im Genre, die man während des Abspanns schon wieder vergessen hat.





THE DANISH GIRL - "[...] Im Kern hält Lucinda Coxons Drehbuch ein simples Melodram bereit, das äußerst geradlinig und formelhaft von der Sehnsucht nach der wahren Identität erzählt und dabei keine Chance ungenutzt lässt, seine Absichten auch im Dialog eindeutig auszusprechen [...] Redmayne spielt diesen Reiz in der Berührung mit Kleid und Körper unter stockendem Atem aus. Später wird er passend dazu mit hinter die Beine geklemmtem Gemächt vor dem Spiegel posieren und die Bewegungen einer Frau nachahmen, als würde Weiblichkeit ausschließlich Vogue-Bildern entsprechen. [...] Es ist das Symptom einer übergreifenden Theatralik, welche die Leidensgeschichte der Akzeptanz mithilfe einer audiovisuellen, kitschigen Pastiche zum Wohlfühlen zwingen und über beinahe karikaturenhaft gezeichnete Stationen der Ablehnung zum Rettungsanker in weißen Kitteln und wunderschönen Kurorten kommen muss. [...] „The Danish Girl“ hätte ein aufrichtiges Plädoyer zur Selbstbestimmung werden können, das nicht nur mit einem Lächeln und einigen hier und da verteilten Tränen über die jeweiligen Sorgen hinweggesehen oder etliche Male den Drang zur Wunscherfüllung proklamiert hätte. [...]"



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