Ehe es mit der etwas spärlich ausgefallenen Menge an Tipps losgeht (die Arbeit war halt "im Weg"), gibt es erstmal einen Hinweis auf die Veröffentlichung meines Kurzfilms "Geh ins Herz" von 2015, den ihr auf dem Kanal von Hauptdarsteller Martin Hentschel begutachten könnt :) Nicht mal ein ganzes Jahr ist nach den Dreharbeiten vergangen, doch zur Winterzeit schickt es sich womöglich doch an, jenes wärmende Werk vor der Zeit hoher Frühlingsgefühle an die Öffentlichkeit zu führen. Nachdem es in herzlicher Tradition auch 2015 beim Indigo Filmfest vorgeführt wurde sowie ebenso von der Fachpresse freudig in Empfang genommen wurde, präsentieren wir dieses Kleinod nun für die gesamte Öffentlichkeit auf Youtube:
Wir wünschen eine gute Menge pochender Horror-Stimmung für all die lieben Einsamen und einsam Liebenden da draußen. Pressematerialien zum Film lassen sich weiterhin über folgender Adresse einsehen: https://www.dropbox.com/sh/ajzwenmjcw5pw1e/AACTYQAl9LR32-T-55BVtUCza?dl=0
So, damit wäre das auch geklärt, jetzt geht's ran an die bereits bewährten Empfehlungen der modernen Filmwelt:
HAIRSPRAY - Wem sonst kann man es zutrauen, eines der unangenehmsten jüngeren Kapitel der amerikanischen Geschichte mit einer Leichtigkeit anzupacken, welche die gesamten Ausmaße von Segregation und folgerichtiger Integration zu einer Komödie der Gerechtigkeit ballt und dazu massiv Bock auf Tanz, Liebe und Heiterkeit entfacht, wenn nicht John Waters? Hier spielt er die Spießigkeit des weißen Jugend-Tanzkults um 1962 gegen die Realität der unbedingten Gleichberechtigung aus, frönt der Menschlichkeit, ob sie nun schwarz, weiß, dick oder dünn sei. Der Antagonismus der Altbackenheit verhält sich da entsprechend bockig, wird zwar von der Gegenseite (und dem Publikum) ausgelacht, hat in seiner Macht aber noch genügend Zügel in der Hand, um unseren Protagonisten zuzusetzen. Nicht, dass die sich für längere Zeit im Eigensinn aufhalten lassen, stattdessen hält man im Widerstand zusammen und hat den Spaß seines Lebens - auch in Vierteln, in denen man zuvor nie war und sich trotzdem fix zuhause fühlt. Wer seit längerem in einer Großstadt haust, wird letzteres unter Umständen gewiss nicht als Märchen empfinden. Die großartige Divine kommt dabei auch als Hausfrau zum selben Schluss wie Bob Dylan: „the times, they are a-changing“ und jene herzliche Wandlung kommt im Gesamtverlauf zudem ohne Extraladung betroffenen Pathos' aus, so wie der Film ohnehin in bunten Farben, irren Tänzen und exaltierter Performance-Laune zur großen Sause ansetzt.
In der Enthemmung liegt die Kraft, umso empfindlicher stößt man sich von der Fiesheit der Gegenseite ab, selbst wenn der Konflikt in seiner Überzeichnung keinerlei historisch haargenauen Anspruch sowie keine allzu finstere Dramatik verfolgt, aber natürlich exquisit melodramatisch daherkommt - gepaart mit Dialogen der Aufrichtigkeit, die gleichsam den Ton altmodisch verpeilter Lehrfilme anklingen, Pickel platzen und dämliche Heilmethoden in den Sand setzen lassen. Dazu Ricki Lake, Leslie Ann Powers, Ruth Brown und Elvis-Klon Michael St. Gerard: Mit solchen Mengen an Charme langt der Kurzweil besonders großzügig zu, inklusive frischem Lebensgefühl der Musik in der Tasche, bei der die Weißen so gerne die Audio-Leistungen und Tänze der Schwarzen abfeiern/emulieren, die Menschen dahinter aber allerhöchstens nur zum „Negro Day“ rein lassen (ins Fernsehen schon gar nicht). Dabei wollen es die Showmaster schon anders, sind jedoch an die Sturheit der Obermacker gebunden. Dass sich das ändern muss, sollte dem modernen Menschen von Vornherein klar sein. Das Böse spielt sich hier aber besonders lächerlich auf und obwohl die Unterschiede untereinander schon stets groß genug sind (Schul-Cliquen, Arm und Reich, Hair Hopper und Beatnik, etc.), kann es trotzdem nur im Widerspruch des Gruppenzwangs aufgehen.
Alles, was dazu nicht passt, kommt in die „Special Ed.“, aber da wird erst recht abgehottet, trotz ansteigender Gerüchteküche, die Haupttänzerin Tracy zum Argwohn der Neider sogar ins Positive umzusetzen im Stande ist. Am Ende zieht Persönlichkeit eben mehr, kommt mit Natürlichkeit sowie Güte voran und hat das Herz derartig am rechten Fleck, dass man als Zuschauer Lust kriegen wird, allgemein einfach netter zu werden. Waters' Ansatz zwingt einen durchweg nicht zu dieser Erkenntnis hin, dafür kommt auch seine Marke der Absurdität gewinnbringend zum Einsatz, wodurch die entrückte Welt mit Anlauf ins „Yeah, Yeah, Yeah“ der Publikumsgunst mündet. Dabei kommt der Ernst der Situation ganz von alleine im Gewissen an - etwas, das New-Line-Chef Robert Shaye mit dieser Produktion fördert, wie er es auch mit „Elm Street“ und Co. hielt: Der Schrecken im Menschen darf per Abstrahierung gefürchtet oder eben auch veralbert werden. Die Vorgänge haben durchaus ihre Gemeinsamkeiten; Hauptsache, es wird was verarbeitet, vielleicht ist man dann auch überzeugt, wenn es im drolligen Kanon heißt: „Let's Dance“.
TÖDLICHER SEGEN/MANOS: THE HANDS OF FATE/WILLOW/SPEEDWAY-TRIO - Vier Filme auf einmal ist eine Ausnahmeerscheinung, aber es musste raus, weil alles an einem Tag gesichtet wurde. Welcher dieser Filme wird am schlechtesten wegkommen? Viel Spaß beim Zuschauen^^
DAS DORF DER VERDAMMTEN -Wie man es aus der Ära kennt, gibt auch dieser Sci-Fi-Grusel anno 1960 ein einziges großes Gleichnis über die Angst vor dem kalten Krieg ab, beziehungsweise wie man ihm und dem Kommunismus theoretisch gegenwirken kann. Sein Hang zum Durchgreifen per militärischer Gewalt wäre inzwischen eine recht diskutable Angelegenheit, zumindest ist die dörfliche Bürgerwehr hier wie eh und je allzu unfähig, anhand ihres Reaktionismus etwas Substanzielles abseits ihrer eigenen Zerstörung zu erreichen. Etwas ambivalent erscheint dagegen die Krisensitzung, in der von Dritte-Welt-Ländern berichtet wird, welche ihre Kolonien an Alien-Kids sowie deren unfreiwillige Mütter sofort hinrichten, worüber sich die britische Spitze unseres Figurenensembles allein schon in der ermatteten Wirkung der Inszenierung echauffiert. Im Verlauf des Films wird hingegen aber klar, dass man schon längst zur Tat hätte schreiten, die diplomatische Vorhut also ablegen müssen. Und obwohl Professor Zellaby (George Sanders) darin schlussendlich die Verantwortung für seinen missglückten Vorschlag friedlich wissenschaftlicher Beobachtung übernimmt und erst recht verhindern will, dass Midwich das Schicksal eines russischen und somit natürlich atomar beseitigten Dorfes teilt, findet er die Lösung nur scheinbar im Intellekt.
Stattdessen benutzt er die bezeichnende, stets wiederholt eingebläute Symbolik der Mauer als letztes Mittel für eine Nachstellung des Aktionismus nach dem Formate Stauffenbergs - schon ein gewaltiger Unterschied zum Carpenter-Remake, das die Schuld entsprechend der Entstehungszeit auf die Skrupellosigkeit des inländischen Militärapparates und seiner Regierung lud, wie es auch Abel Ferraras "Body Snatchers" hielten. Im klassischeren Gewand gilt für diesen Stoff auf jeden Fall, dass die Gestaltung ihrem Konzept der ansteigenden Furcht im Sachverhalt durch Regisseur Wolf Rilla doch noch stimmiger gerecht wird und sich allein vom Drehbuch her durch Sequenzen auszeichnet, die in der Kürze die Würze finden. Somit erfüllen sich binnen weniger als 80 Minuten mit schlichter Eleganz reichhaltige Vermittlungen an Atmosphäre, Charaktereigenarten, Zweifeln und Theorien, welche die Sinne des Zuschauers per einfacher, doch geschickter Suggestion (inklusive Hypnose auf der Handlungsebene) als Pointen der Hilflosigkeit bar jeder Kontrolle erreichen. Die Einschüchterung im eigenen Familien- und Bekanntenkreis aus ideologischen Lagern oder eben solchen unterschiedlicher Spezies kommt daher auch weiterhin universell an, obwohl sich da natürlich durchweg die Ära zu Wort meldet, wenn das uniformierte wie überintelligente Grüppchen an "subversiven Elementen" die Provinz heimsucht.
Dazu muss man aber auch anrechnen, dass die psychotronischen Kids in ihrem Alpha-Arier-Kostüm das Echo des (von Regisseur Wolf Rilla erlebten) Nazi-Terrors abgeben und somit durchaus die temperamentvollen Reaktionen der Bevölkerung erklären (auch wie diese ihre Angst in Alkohol tauchen und sich den Tod mutierter Säuglinge wünschen: großartige Räudenszene!). In diesem Kontext der Ungewissheit zum Ost/West-Konflikt manifestieren sie rückblickend aber durchaus konservatives Kopfkino (z.B. die Invasion an den hilflosen Hausfrauen durch das unbekannte Übel), denen man hier im westlichen Survival-Instinkt nur per Zerstörung gewinnbringend entgegen kommen mag. Als eskapistisches Relikt bleibt der Film natürlich vornehmlich ein (seinen Genreverwandten entsprechend recht kluger) Nervengitzel der Fantasie, der heute garantiert nicht mehr die dringlichen Existenzängste von einst im Zuschauer hervorrufen könnte, somit trotz seines Horrors etwas unbefangener reizt (auch weil er wie schon die Urversion von der "Invasion vom Mars" einige unfassbar aufhaltende Längen besitzt) und in seinem Subtext zum humanistischen Diskurs ansetzt. Dass dieser natürlich nicht wirklich zusammenkommt und seine Katharsis schließlich im Konsens findet, kann man aber nicht ohne Grund als problematisch empfinden.
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