Sonntag, 5. Juli 2015

Tipps vom 29.06. - 05.07.2015

Bevor es mit den Tipps losgeht, erstmal ein sachdienlicher Hinweis:

Seid ihr Juli-Julen? Und gerne im Kinno? Dann wird euch das neue Video von CEREALITY zum Kino-Monat Juli 2015 ordentlich wegfetzen. Danach hinein zum Tanz in die Sonne, näh!



Und wer danach gerne liest, sollte auch unbedingt unseren Artikel mit fünf Empfehlungen in der Hinsicht durchlesen, wie schön das doch alles klingt, Ehrenwort! Den gibt's übrigens hier:

http://www.cereality.net/thema/filmempfehlungen-im-juli-075246

Zudem: Auf CEREALITY habe ich in den letzten Monaten eine Retrospektive zu den Filmen der CANNON Produktionsgruppe betreut. Nun sind alle Besprechungen in einem Artikel zusammengefasst. Viel Spaß beim Lesen, erneuten Lesen und eventuellem Weiterleiten :D

http://www.cereality.net/thema/die-wilde-welt-der-cannon-films-075223

So, das dazu, jetzt geht's weiter mit den Tipps:


So, das dazu, jetzt geht's weiter mit den Tipps:




WENN DER KATER KOMMT - Ein aufrichtiges und vergnügtes Märchen aus tschechoslowakischer Widerstandshaltung, das als politisches Gleichnis nicht allzu schwer zu entschlüsseln ist, sich aber auch nicht auf ideologische Absichten versteift. Im Gegenteil: Die Fantasie kehrt von Anfang an ins Ambiente ein und unterwandert reelle Strukturen, auf dass Jung und Alt einen Spaß jenseits der engen Kleinstadtmauern erfahren. Lehrer Robert (Vlastimil Brodský) sowie der wundersame und altkluge Oliva (Jan Werich) geben den Kindern dahin gehend schon eine Grundlage der Freiheit, Freundschaft und Ehrlichkeit; im Gegensatz dazu klammern sich der penible und konspirative Schuldirektor (Jiří Sovák) sowie gewisse andere Bürger an ihren Regeln, Mächten und Lügen, wie es unter "Genossen" nun mal wie überall auf der Welt leider üblich war und ist. Doch alsbald manifestiert sich der Elan des Phantastischen zur bunten Wahrheit, als ein Zirkus mit Kater angerollt kommt. Das Besondere an diesem Kater: Wenn man ihm seine Brille abnimmt, schaut er auf die Bevölkerung und legt wortwörtlich deren wahre Farben offen.


Für Regisseur Vojtech Jasný bedeutet das, eine bunte Sause in musikalischer Logik zu inszenieren, bei der Choreographie und Farben die Wahrheit einer jeden Person aussprechen. Ob Neid, ob Feigheit, ob Gleichgültigkeit, Argwohn und natürlich Liebe: Der schwelgerische und turbulente Tanz ist eröffnet, welchen manche mit offenen Armen empfangen oder vor Angst vermeiden. Manch einer entpuppt sich sogar als Chamäleon! Und weil das nicht allen passt, versucht der Schuldirektor den Kater (für ihn) unschädlich zu machen und die strenge Normalität zu reetablieren. Doch da hat er nicht mit Roberts Rückrat und dem seiner Schulklasse gerechnet, wie im Verlauf auch überhaupt die ganze Stadt auf eine Wahrheit drängt, die als Konflikt durchweg angemessen unschuldig arbeitet, aber dennoch nicht fürs kleine Zielpublikum weich gewaschen wurde. Die politische Parabel wirkt zielsicher nach und dürfte Grund genug sein, warum der Film in der DDR um knapp zehn Minuten gekürzt wurde. Er hat aber noch weitaus mehr zu bieten, als jene Ebene - das fängt schon in der visuellen Brillanz an, die in 2,35:1 verzaubert und dementsprechend zauberhafte Tricks anwendet, um die Lust am ausgelassenen Glück wahr werden zu lassen.


Man wird sich wundern, wie viel Freude man an simplen Stoptrick-Effekten haben kann! Darüber hinaus stellt sich hier feinsinniger wie menschennaher Humor auf, der von der lockeren Gutmütigkeit Olivas grundiert wird und sich fortwährend in der magischen Subversion des Alltags fortsetzt. Und dann sollte man natürlich erst recht nicht verachten, wie viel romantische Lyrik noch in der Enthemmung der inneren Zustände ans Tageslicht gelangt und so dynamisch leuchtet, dass das breite Grinsen nimmer schwindet - höchstens, wenn sich der Schuldirektor einmischt, da etabliert der Film ganz klar Antagonisten, wie sie entschiedener nicht agieren können (und dennoch eine überaus drollige Strafe erhalten). Knallharte Satiren oder pathetische Manifeste sehen im Gegensatz dazu auf jeden Fall anders aus, bei dem Film erklärt sich das Spiel der Mächte und die Leichtigkeit der Güte auch alles so ganz einfach - mit BILDERN (und wie immer niedlichen Katzen und Damen)! Audiovisuell wie in seiner erhebenden Gemütsqualität also ein leicht unbekannter Klassiker, den ich jedem nur wärmstens empfehlen kann.




DICKE MÄDCHEN - Axel Ranisch hat mit diesem entschieden minimalistischen Werk ein Kleinod erschaffen, aus dem man selber Inspiration zum einfachen Geschichtenerzählen schöpfen kann wie er auch ohnehin insofern fasziniert, dass er auf derartig kleinem Boden effektiv Charakter und inhärente Verbundenheit erbaut. Einmal die MiniDV zum freien Umgang parat wie sich auch auf einen gemäßigten und intimen Handlungsspielraum konzentriert wird, präsentiert sich hier ein normaler wie herzlicher Alltag, an dem die Improvisation recht mühelos zur Menschlichkeit gelangt; quasi in der Formalität eines Home-Movies auch technische Wiedererkennbarkeit erzeugt. In solch einer freimütigen Flexibilität lassen sich sodann ganz goldige Figuren repräsentieren; stets irgendwo zwischen Frust, Arbeit, Liebe, Glück und privaten Eigenarten schlendernd, wie man es als Mensch allzu (un)stimmig kennt, hier im Blockkomplex Berlins mit Sehnsucht und Eigenart aufwartet, ohne einer strengen Stilisierung Folge leisten zu müssen. 


Da wünscht man sich schon, dass dieses simple Wirken schlicht solange wie möglich weitergehen dürfe; die unvermeidliche dramaturgische Wende gibt aber im Folgenden keine falschen Töne ab und sucht Spaß wie Konfrontation im immens kurzweiligen Lebenspotpourri. Absurd, billig, schludrig, offen, enthemmend, lebendig, einschüchternd, ätherisch, doof, tragisch, zart: Hier gehen viele Attribute im Einklang miteinander auf, ohne die Bandbreite zu überspannen oder innerhalb von 77 Minuten Laufzeit zu gehetzt zu wirken. Eben eine charmante Liebesgeschichte unter Familien und Männern, in der Realismus keinen gestalterischen Zwang darstellt und der Austausch unter Menschen fern filmischer Funktionen sowie Filmförderungen wirkt - jedenfalls gelingt der Eindruck in der Hinsicht zu einem Gros an Unterhaltung. Mehr Erläuterung ist für eine Empfehlung jetzt erstmal nicht nötig, da entzückt der Film als spontanes Erlebnis ja umso mehr. Auf jeden Fall darf man einen menschennahen Lachfaktor erleben, der sich ohne jede Gesteltztheit gewaschen hat.




DIE BESUCHER - Wie man es von Regisseur Philippe Mora gewohnt ist, stellt sich selbst dieses übernatürliche "Drama" in den Regionen ausserirdischer Entführung und Analsonden als äußerst bizarr heraus - eigentlich recht passend bei jenem Sujet. Im Zentrum dessen steht die an sich schon eigenwillige wie herzliche Familienkonstellation unter Protagonist Whitley Strieber, welcher dementsprechend wirrköpfig von Christopher Walken verkörpert wird. Der ist als abstrakter Autor in allen Fällen ein Garant für künstlerische Unschlüssigkeit; Moras Gestaltung dessen kann aber zumindest eine freimütige Authentizität im Ensemble-Spiel erschaffen, die fern des Konsens fasziniert und somit selbst den dünnen Handlungsfaden von Begegnung & Erforschung voller Häh?-Momente ausschmückt. Im Gegensatz dazu bleibt der Aha-Effekt entschieden aus wie Mora ohnehin am dramaturgischen Korsett vorbei dreht und gerade dann lebendige Charakterstudie betreibt, ohne direkte Lösungen oder gar Identifikationen für den Zuschauer bereitstellen zu wollen.


Was nämlich noch als suggestiver Horror der Alien-Alpträume anfängt und Kopfkino wie direkt aus der Schlafparalyse wahr werden lässt, ist gegen Ende hin (auch erst recht dem freimütigen Elan Walkens geschuldet) ein wunderliches Kleinod, aus dem Tanz, Ekel, Spiegelungen, Halluzinationen, Hirngespinste, fliegende Schädel und so viel mehr hervorragen, bis keine gängige filmische Struktur mehr übrig bleibt - und das im gar nicht mal aufwandsfreien Cinemascope, voll bewegter Masken und obskurer Sets. Mit Walken als Hauptdarsteller geht es nun mal nie normal und das ist schick, dafür gibt Mora das ideale Ventil. Eine Erfahrung, die im Nachhinein nicht viel Substanz vorweisen kann, sich als spekulatives Unding jedoch ungern verfehlen lässt.


BONUS-ZEUGS: 





TERMINATOR: GENISYS - "[...] Cameron musste seinerzeit mit Limitierungen arbeiten, anhand derer jede außergewöhnliche Einstellung zwangsläufig wichtig, da kostbar wurde. Inzwischen jedoch soll Computertechnik an sich als Spektakel ausreichen, was unter den richtigen Rahmenbedingungen Sinn ergibt, hier aber gegen das Herz arbeitet, welches die Reihe in ihren besten Zeiten definierte: die menschliche Erfahrung von Bedrohung, Zusammenhalt, Furcht vor Ersetzbarkeit und dem Über-sich-hinaus-wachsen. Diese Faktoren spielen hier auch eine Rolle, werden aber zur zweiten Geige degradiert, welche dem publikumstauglichen Fokus auf Dystopie Folge leisten muss. [...] Ein Hoch auf die Nostalgie! Das will der Film gerne sagen, doch natürlich darf er sich nicht daran halten, selbst wenn er mit zig Querverweisen auf die Stichworte der Vorgänger anspielt und zu variierten Szenarien zusammenwürfelt. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

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