Sonntag, 5. Oktober 2014

Tipps vom 29.09. - 05.10.2014



WHIPLASH - Es wetzen im kleinsten Raum bei Nacht Bassdrum, Snare und Cymbals, bedient von der kreativen Leidenschaft des sich selbst dort umsetzenden Menschen (Miles Teller, meist auch selber das Schlagzeug-spielend), unentwegt auf der Suche nach der Einfahrt in die Glorie, in die eigene Erfüllung. Aus dem Nichts kommt der geneigte Lehrmeister (J.K. Simmons - bestialisch-geil wie noch nie), ein Fanatiker des Tempos, der aus der innewohnenden Intensität seines Schülers die volle Power herausschöpfen will. Gemein und sarkastisch muss er da sein, leicht-intrigant, unbarmherzig und lauter als die Musik, die sie zu erschaffen gedenken. Das Äußerste wird abverlangt und der Drummer spürt stets die Bedrängnis, das Äußerste herauszuschlagen.


Schweiß, Blut, zerrissene Haut und Schwielen an den Händen - mit Pflaster und Eiswasser muss man drüber stehen, denn wer sich fertig machen lässt und davon weicht, wer ist derjenige am Ende dann schon? Dafür muss die Unschuld bitter drauf gehen, potenziell hemmende Freund- und Liebschaften aus Respekt vor dem Gegenüber sowieso, denn die Selbsterkenntnis kennt nur schlicht die Ambition, den Schub des Schaffens, den Drang des Besten. Und dennoch ist man an den ungünstigsten Stellen ab und an mal schludrig und muss dafür die seelische Prügel einstecken - es folgt die Enttäuschung, die provozierte Wut, doch für den Weg der Entmutigung will man sich trotzdem nicht entscheiden, PUSH IT TO THE LIMIT!



In Damien Chazelles zweiten Spielfilm ist die Musik schlicht alles und steht mit explosiver Schusskraft über jeder Möglichkeit von dramaturgischem Ballast. Ihre taktvolle Energie mit Doppel-Schwung ist dementsprechend hinreißend und nahe an der Schallmauer inszeniert, ebenso die obligatorische Anspannung des Anstimmens jener Bewährungen, die auf unseren konzentriert-etablierten Protagonisten warten und der von J.K. Simmons erbarmungslos auf der Suche nach Perfektion mit der mächtigen Peitsche des Sounds bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen wird. Doch die enervierende Sehnsucht nach dem Ziel der unerläuterbaren Großartigkeit lässt sich universell übertragen.



Einen schlichten "Good Job" abzuliefern kann schließlich jeder, doch wirklich bis zur Selbstaufgabe die Grenzen des Bisher-Möglichen zu überschreiten, sich in den Rausch zu schießen, auf den Mond zu fliegen und mit der Gewissheit des meisterhaften Könnens wieder auf der ermatteten Erde zu landen - das ist das Streben nach wahrer Kunst und in diesem Film so eine gottverdammt-brutale LEIDENschaft, dass es einen vor Spannung und per Leinwand-übertragener Motivation zerfetzt, gar in Tränen des Glückes treibt! Bezeichnender Weise tauschen sich sodann zwei Peitschen gegenseitig aus und lassen es zusammen krachen, auf dass es sich auch auf den Zuschauer überträgt. Eben ein waschechter, purer Schaffensfilm, mitten aus und mittendrin in der Adrenalin-geschüttelten Verbissenheit der Willensstärke.




WINTERSCHLAF - In jenen anatolischen grotesk-schönen Gebirgen, die wir schon als phantastische Welten aus z.B. 'EINER GEGEN DAS IMPERIUM' kannten, kraucht sich anhand dieses Filmes von Nuri Bilge Ceylan eine weit realere Gemeinschaft an Menschen zusammen, die mit der allmählichen Ankunft des Winters von der Hülle der Zivilisation und dem Verständnis blank und kalt enttäuscht werden. Die Vorzeichen dafür sind aber schon länger präsent, tauchen zwar meist nur in Donner-artigen Ausbrüchen rauf, hinterlassen aber auf ewig zerbrochene Scheiben und blutige Knöchel, für die sich der wohlhabende Vermieter und Hotelbesitzer Aydin (Haluk Bilginer) zwar am Liebsten nicht ganz verantwortlich sehen möchte, aber trotz bescheidenem Nicht-Aufregens mehr beiträgt als er denkt. Denn eigentlich könnte man 'WINTERSCHLAF' auch 'AYDIN KANN'S NICHT LASSEN' nennen, so wie er sich mit seinem akademischen Gestus des denkenden Mannes in Diskussionen involviert, für die er schlichtweg immer eine Meinung, aber nicht unbedingt die Perspektiven des Gesamtkomplex inne hat.


Den Fehler können wir ja alle mal ausreizen, doch in seinem Fall kommt noch erschwerend hinzu, dass er mit zweierlei Maß misst und schlichtweg jede Seite, nur nicht seine eigene, kritisieren kann. Das beweist der Film sodann in seinen zahlreichen, kurzweilig-aufgelösten, doch KOMPLETTEN Konversationen, die in der gemütlichen Einöde zwischen Ofen, Holzbau und Laptop abgehalten werden. Wie bei normalen Gesprächen driftet man als Zuhörer dann auch mal gerne ab, da bietet Regisseur Ceylan mit seinem behutsamen Aufbau immer eine heimelige Vertrautheit, die vom gemeinsamen Miteinander der Familien-Charaktere und der visuellen Stringenz auf limitierte Einstellungen noch unterstrichen wird - aber wenn sich da ein Streit entwickelt, dann aber auch ein richtiger und dann ist man auch ganz Ohr. Wie dann nämlich die Ideale des Gegenüber (in diesem Fall Aydins Schwester Necla und seine junge Ehefrau Nihal) mit fehlender Einsicht auseinander genommen und alle dazugehörigen Faktoren verurteilt werden, ist keine Glanzleistung von Aydin, der immer das letzte Wort haben muss und sich unweigerlich immer tiefer in ein antagonistisches Loch gräbt.


Er merkt nämlich schlicht nicht, dass z.B. Neclas Ansicht des Sich-Nicht-Gegen-Das-Böse-Wehren, bei dem der Täter im Nachhinein ein geplagteres Gewissen haben dürfte, auch an ihm angewandt wird - sei es nun, ob er anfangs nur die Sinnhaftigkeit seines Blogs verteidigt, seiner Schwester frustriert von ihrer Handlungsunfähigkeit überzeugen will oder sich bei seiner Frau besserwisserisch in ihre karitativen Unternehmungen einmischt. Klar kann man letztgenannten eine gewisse Naivität nicht absprechen und nicht jede Meinung und Handlung der Frauen kann hier bedenkenlos abgestempelt werden (da fehlt es dem Film auch bewusst an dramaturgischer Berechenbarkeit), doch so wie Aydin diese Sachen nicht stehen lassen will, auch weil er sich als gebildeter Mensch bewähren muss und alle Anderen unweigerlich demütigt, macht es ihn immer mehr zu einem umherschleichend-invadierenden Tyrannen des Gut-Meinenden.


Da läuft's einem eiskalt den Rücken runter, trotz Heizung, auch weil man bei 196 Minuten Laufzeit nicht so schnell davonkommt. Dabei verbleibt Ceylan aber auch nicht immer allzu lange in einem festen Szenario, löst den Narrativ ab und zu wieder mal in kurzen Zwischenschnitten auf, die wiederum beweisen, dass Aydin wirklich nur wenig Ahnung von seiner Umwelt hat, speziell was die Tiere angeht. Dass die wilden Pferde von ihm genauso klobig in den Stall versetzt werden, wie er es mit seinen Frauen macht, erklärt dann auch, warum er sich zusehends vor beiden Gruppen fürchtet, entweder vorsichtig durch die Nacht stakst oder bemüht seinen Grund und Boden behauptet. Sein Standpunkt bleibt oberflächlich auf jeden Fall eisern, doch im tiefen Schnee bleibt er dann auch seinen geplanten Entschlüssen fern und versucht eine Bestätigung mit alten Freunden, während Nihal die Wiedergutmachung mit den von ihn Verletzten ausüben will, was natürlich nicht gelingen kann.


Letztendlich werden sich doch beide klar über ihren inneren Status, auch zueinander. Ob die Einigung ausgesprochen wird, scheint nicht absehbar, die Aufteilung wird schlicht optisch unüberwindbar und mündet in einen ewigen weißen Schlusspunkt ein, der die Zelle der Ehe zwar noch mit ursprünglicher Seelenverwandtschaft, aber auch generationsübergreifender Verzweiflung gründet. Wo geht man ab hier weiter, lässt man dem Gegenüber seinen Raum oder verschließt sich jeder dem anderen? Menschlich lässt sich an diesem Film nun mal so einiges ergründen, von Kopf bis Fuß, von den sich-langsam-entwickelten Gesprächen bis hin zur natürlichen Einzwängung und Konfrontation verbissen-selbstverständlicher Mentalitäten. Muss man erlebt haben!

(Diese Kritik gibt es auch bei den DREI MUSCHELN zu lesen.)




BEAVERLAND - "[...] Da hebt er sich schon am Anfang von allem ab, was man so aus dem Genre erwarten würde und blickt aus dem Kosmos heraus auf die Chronologie des Bibers, wie er nach Chile kam und warum sich ein bestimmtes Pärchen, Derek und Giorgia, dazu entschlossen hat, ihn in seiner Population einzudämmen, sprich zu exterminieren. Je näher wir dann in jenes Gebiet Südamerikas eindringen, erleben wir zu psychedelischen Tönen eine mysteriöse abgehalftert-bewölkte Landschaft, die wirklich einem fremden Planeten ähnlich sieht und genauso wie außerirdische Besucher begutachten wir fortan das drollige Gespann der Biberjäger bei ihrer gewissenhaften Arbeit. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




HÖHERE GEWALT - Ein langsam aufkochendes Psychogramm der verletzten Ideale gestaltet sich in Ruben Östlunds neuem Film kühlster doch brodelndster Bilder, der einer schwedischen Familie im Urlaub zwischen französischen Alpen allmählich-bitterböse die Wohlstands-Unbeschwertheit raubt. Eingepfercht im stets für die Touristen künstlich-aufgeknallten Schnee der Berge und der Praktikabilität-vorheuchelnden Klaustrophobie des hölzern-kubistischen Megahotels, wird von außen schon an den Nerven des strikt-durchgeplanten (also von Natur aus frustrierenden) Familienurlaubs gezehrt, doch die Saat der inneren (ich beurteile im Folgenden aus eigener Erfahrung) typisch-schwedischen Unzufriedenheit erblüht erst so richtig, als der Familienvater Tomas (Johannes Kuhnke) bei einer schiefgegangenen kontrollierten Lawine hauptsächlich mit iPhone und Handschuhen das Weite sucht, während sich seine Frau Ebba (Lisa Loven Kongsli) und die Kinder Harry & Vera (Vincent & Clara Wettergren) voller Angst unter den zugeschneiten Tischen eingraben.


Niemandem passiert wirklich was, doch der gedankliche Schaden des entrüsteten Vertrauens aus blanker Feigheit heraus manifestiert sich im Verlauf immer stärker, auch weil Tomas der Konfrontation, vorallem aber der Verantwortung des Zugebens seiner Handlung aus dem Weg geht. Was also zunächst nur als kleines Vorkommnis gewertet wird, entwickelt sich zur kritischen Auseinandersetzung mit den Vorstellungen des Männlichkeitsideals und zur bebenden emotionalen Last Ebbas - welche sie auch vor versammelten Freunden ausgiebig dramatisieren kann, während Tomas angesichts der harten Fakten in unausweichlicher Erklärungsnot kommt. Man muss aber nun mal am Film beachten, dass er dieses eigentliche Drama des wütenden Vertrauensbruches zu einem hypothetischen Diskurs formt, der mit der intellektuellen Prätension und dem verhaltenen Stolz beider Geschlechter (durch das Hinzukommen von Tomas' Freund - Kristofer Hivju) die Lage noch verschlimmert und den Zuschauer durch die Eskalation der drumrum-geredeten Motivationen der Feigheit und des intensivierten Konflikts zum erwischten Fremdschämen einlädt - gepaart mit dem Hintergedanken des Wie-würde-ich-selber-Handeln. Klar lassen sich da Vorwürfe machen, aber wie dort der Druck auf alle steigt, wird durch den tristen Tagesablauf der hämischen weißen Urlaubshölle noch verstärkt.


Da bleibt einem vielleicht noch das vermeintliche, recht peinliche Ausleben des inneren Alpha-Tieres, doch das Vorhalten eines bestimmten männlichen Instinktes hilft nicht über die schlussendliche Ziellosigkeit hinweg, wobei die Frau auch letzten Endes trotz aller Distanz ihrem Mann nicht verzeihen oder gar ansprechen will. Da folgt der Ausbruch der Verzweiflung im offenen Holzkasten, diesem Sarg des Wohlfühlens, der die Seele malträtiert und Rollenmodelle gnadenlos in die Knie zwingt, aber auch eine Familie zu zerbrechen droht. Schließlich kann aber noch eine (bewusste) symbolische Probe und Wiedererweckung geordneter Verhältnisse empathisch erwirkt werden, doch vor einem eventuellen Pathos schützt noch die letzte fiese Angst am Ausgang, in der wenigstens einmal alle rechtzeitig die sichere Flucht vor der Unfähigkeit ergreifen und dadurch das Gemeinschaftsgefühl der gewissenhaften und verantwortungsvollen Feigheit erleben.




ALLELUIA - "In vier stetig eskalierenden Akten und kompromisslosen Bildern schildert der belgische Regisseur Fabrice Du Welz mit seinem neuen Film „Alleluia“ eine Abstraktion des Fanatismus. Dabei spart er auch nicht mit mehr oder weniger subtil gesetzten religiösen Symbolen (ein Neon-Schild mit der Aufschrift Faith), zeichnet damit Extreme der Liebe auf und erschafft eine psychologische Irrwitzigkeit, die nicht von ungefähr an die Provokation eines Lars von Trier erinnert. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




THE DOUBLE - "[...] Das perplexe Alter Ego trifft da zunächst der Schock, dieses lässt sich jedoch im Folgenden dazu überreden, als Komplize mitzuwirken, auf dass man sich einige unliebsame Aufgaben des echten Arbeitens abnehmen und im Gegenzug bei Selbstwerterhöhungen und vor allem Frauengeschichten nachgeholfen werden kann. Aber wie so oft in solchen zweifelhaften Abmachungen folgt auf die Versprechung meist die Ausnutzung, sprich der langsame Verrat. Und so erlebt der Unschuldigere von den Beiden die allmähliche Zerstörung seiner Existenz – in einer Welt, die sich vollends gegen ihn verschworen hat und, am allerschlimmsten, die Liebe entsagt, dem Anderen aber im Übermaß schenkt. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




TU DORS NICOLE - "[...] Wäre ja auch etwas unsinnig vom Film, seine entspannte Haltung hinterrücks zu verurteilen – klar lässt er die Zeichen dagegen mit leicht verbitterter Verklärung aufblitzen, doch umspielt sie mit inszenatorischem Spielspaß, der auch einer festen Dramaturgie weitgehend fern bleibt. Daraus kreiert „Tu dors Nicole“ zwar eine drollige Naivität des Nichts-Tuns, macht sich aber auch nicht über sie lustig oder setzt ihr grausam zu. Man darf es eben doch noch mal ein bisschen ruhiger angehen lassen und schlicht die Unbekümmertheit genießen. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




STILLE IM TRAUMLAND - "[...] In seiner Grundlage der Stille lässt er nur andeuten, bleibt universell nachvollziehbar und allein vom strengen Konzept her ereignisarm, wenn auch in seiner gemäßigten Näherung liebend-fühlbar. So ernüchternd er darstellt, kann er aber keine allzu tragische Dramaturgie verfolgen, nur eben diesen inzwischen vielleicht nicht mehr so bitteren Schlusspunkt, den man erwarten muss, welcher jedoch wenigstens in der letzten Gnade des Traumlands endet. Diese schlussendlich geisterhafte Hoffnung darf man den Sterbenden schon überlassen – auch wegen der Liebe, die sie durchwegs in sich bewiesen haben und trotz ihres Verlustes bescheiden-abgeschottet dem Ende entgegen gingen. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




WELCOME TO NEW YORK - "[...] Eine Emotionalisierung bleibt außen vor, ebenso eine direkte Verquickung oder Pointierung des Konflikts auf das Wesentliche – was wiederum eine konsequente, bitterböse Zurschaustellung übersättigt-trister Selbstgefälligkeit und Asozialität unter dem Deckmantel des ausgelassenen Reichtums ermöglicht.

Diese Konstellation beschwört letztendlich leider wenig Hoffnung herauf, speziell darin, wie der Fall ausgeht, doch ebenso reichlich ungehaltene Schauspielkraft im zersetzenden Gefüge einer Beziehung, die sich stets in der Selbstlüge duldete und nun das hässliche Ergebnis dessen verarbeiten muss. [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




WHITE GOD - "[...] Dieses bewusst düstere und dennoch formelhafte Setting kündigt in sich gewissermaßen wohl ein Gritty reboot des Disney-Hundefilms an, so möglichst realitätsgetreu und dennoch dem eskapistisch-rührseligen Grundgedanken der eigentlich kindlichen Ausgangslage gegenüberstehend. Was dabei als herzliches Drama entzweiter Freundschaft anfing, gerät in die blutige und fluchende, jedenfalls plakativ-dargestellte Unterwelt und scheint sogar trotz eventueller Flucht im dämonisierten und als KZ-Allegorie stehendem Hundeheim zu enden. Doch genau dann legt der Film seinen Schalter um, gibt sich seinen klischeehaften Ansätzen und konstruierten Zufälligkeiten vollends hin und setzt zur fetzenden, urkomisch-kathartischen Befreiung und Rache durch die Erlöserfantasie der Hunde an [...]"

(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)


BONUS-ZEUG:




MARY IS HAPPY, MARY IS HAPPY - Im Rahmen des Filmfest Hamburgs durfte ich diesen Film von Nawapol Thamrongrattanarit schon mal sehen. Obwohl letzteres nur im abstrakten Sinne stimmt, denn auch wenn ich gut ausgeschlafen war, hat es der Film als einer der wenigen Kinovorstellungen in meinem Leben überhaupt geschafft, mich zum Einschlafen zu bringen. Daher will ich mir keine komplette Beurteilung erlauben, möchte aber trotzdem ein paar Gründe angeben, warum man auf diesen Film nicht anders reagieren kann. Zum einen fängt das schon mal mit dem Grundkonzept an, bei welchem aus über 400 Tweets einer gewissen Mary Mallory eine Geschichte von zwei ulkigen thailändischen Schülerinnen gesponnen wird.

Nun ist die Idee an sich ja reizvoll und viele gezeigte Elemente könnten theoretisch ein drolliges Ganzes ergeben, aber man muss sich das mal so vorstellen, dass jeder einzelne Tweet auf der Leinwand zentral erscheint, meist auch als eigene Texttafel hineingeschnitten - und das in einem Abstand von meist nur wenigen Sekunden/später Minuten. Dass diese Tweets voller belangloser Bullshit-Philosophien und Alltags-Beschreibungen sind, ist ja zu erwarten, aber dass sich der Film ADHS-mäßig an wahllose Szenarien klammert, nur um diese Grundlagen abstrakt mit einzubinden, geht schon gehörig auf den Wecker und beschwört zudem reichlich unwitzigen Random-Humor herauf, der den minimal etablierten Charakteren jede realistische Nachvollziehbarkeit entsagt.

Daraus entwickelt sich schnell frustrierende Anstrengung und ehe man sich versieht, zieht eine Ziellosigkeit am Horizont herauf, die ewig gleichausschauende Einfälle abfertigt und zudem allmählich Coming-of-Age-Tendenzen vor den urig-vertonten und planlos-geschnittenen Karren zieht, die eh niemanden interessieren. Der angeschlagene, unbedarfte Humor wird zwar beibehalten, doch nach der anfänglichen Nervigkeit setzt irgendwann nur noch berechenbare Langeweile ein, bis dann ab einem gewissen Punkt nur noch berechenbare Empathie mit Mary und ihren Unternehmungen versucht wird.

Da nickt man leider ganz schnell weg, weil der Film es eh von Anfang an seinem Konzept geschuldet verkackt hat, irgendeine Sympathie oder Identifikation aufzubauen und mit seiner prätentiösen Eigensinnigkeit jedwede Motivation für Verständnis im Keim erstickt. Und dennoch, selbst wenn man einschläft, kommt es einem so vor, als ob der Film niemals aufhört und konstant auf eine Stelle tritt, so oft er dann doch noch einen weiteren Monat im stetigen surrealen Downer-Leben Marys hinterher zieht und sogar weit länger wirkt als WINTERSCHLAF, bei gerade mal 127 Minuten! War keine allzu spaßige Erfahrung.

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