Sonntag, 28. September 2014
Tipps vom 22.09. - 28.09.2014
LA DANZA DE LA REALIDAD - "[...] Diese individualisierte, fantastisch-schräge Interpretation des Vergangenen beweist nämlich nochmals, dass man den Wahn und die Schönheit der Welt noch klarer erkennen kann, je stärker man sie eigensinnig stilisiert. Es macht sie schlicht greifbarer, intensiver, reizender für denjenigen, der sie auf diese Art vermittelt bekommt – aus den Augen einer mentalen Unschuld und Abergläubigkeit, die das Geschehen an sich und dessen zwangsläufig stattfindendes Entgleiten einfach verarbeiten muss, aber ihre Integrität mit reinem Herzen mutig aufrecht erhält.
Das ist eben auch eine Grundeigenschaft des Künstlers Jodorowsky, die sich aber ebenso mit der eisernen Ambition des Vaters vereint und fortan den reißenden Geist seines Werkes ausgemacht hat. Da entfesselt der Tanz mit der Realität noch bis heute ein loderndes Feuer; doch der Tanz der Realität allein macht sich hier noch stärker bemerkbar, fordert zum wilden, leidenschaftlichen Dance Off auf und lässt alles schließlich in einer festen Umarmung der Tanzpartner für die Ewigkeit münden [...]"
(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)
GONE GIRL - "[...] Mittel der Illusion, des Betrugs und der Manipulation werden nicht nur am kriminalistischen Prozedere selbst ausgeübt, sondern auch am Publikum vonseiten der Filmemacher aus. Blanker Nihilismus ist an der Tagesordnung, die etablierten Systematiken von audiovisueller Vermittlung dienen hier ausschließlich dem Machtkampf der Meinungsbildung, zur rufschädigenden Hexenjagd oder auch zur emotionalisierten Sympathie-Ergreifung. Allen wird ein verallgemeinertes, wiedererkennbares Stigma aufgedrückt: Ehebrecher, Mörder, Darling, Opfer, Zeugin, Amazing – eben das, womit sich der Medienzirkus effektiv verkauft und im Alleingang Geschichten erbauen, Personen ins Lampenlicht stellen und zerbrechen kann. Fairness ist da Mangelware; das muss man einsehen, für sich akzeptieren, aber auch bestenfalls bar jeder wahren Moral nutzen. [...]"
(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)
PHOENIX - Der neue Film von Christian Petzold stellt eine schwierige Übergangsphase dar, vom zweiten Weltkrieg und dem dritten Reich hinüber in einen Neuanfang, der mit abgeklärter Mühe versucht, das Vergangene hinter sich zu lassen. Mitten drin: die Überlebenden, die Heimkehrer und vorallem Verletzten, Traumatisierten. Sie scheinen auch glatt vergessen, sind zwar präsent, aber werden (auch aus Schuldgefühl) gemieden, während der Alltag unter neuer Leitung so weitergeführt wird, als sei nichts gewesen. Aus dieser psychologischen Dissonanz erbaut er sodann ein potenzielles Melodram, das sich jedoch keinen typisch-melodramatischen Stilistiken hingibt, stattdessen Understatement praktiziert, was aber auch zur Protagonistin Nelly (Nina Hoss) passt - eine ehemalige Sängerin und aus dem KZ-befreite Jüdin, deren entstelltes Gesicht dank der Unterstützung ihrer idealistischen Freundin Lene (Nina Kunzendorf) zwar halbwegs rekonstruiert wird, aber keine rechte Perspektive für sich finden kann, außer die Wiedervereinigung mit ihrem Mann Johannes (Ronald Zehrfeld).
Der erkennt sie zwar nicht wieder, aber sich ihm zu offenbaren traut sie sich ebenso nicht, eben weil sie sich auch selbst nicht in den zerbrochenen Spiegeln zerbombter Häuser findet - nur diese starrenden, verwundeten und mit Grauen-erfüllten Augen. Allein diese optische Präsenz, die Hoss ihrer Figur zukommen lässt, definiert die brutalen Tiefen des erlebten Martyriums, ohne dass Petzold da mit filmisch-aufdringlichem Stempel auf die Tränendrüse drücken muss - lediglich eine direkte Anekdote, auch schlicht erzählt, offenbart noch genauere Einblicke in das bereits bekannte Bild vom Holocaust und vom Krieg, das sich die Charaktere in diesem Film am liebsten wegwünschen würden ("Danach wird dich keiner fragen."), obwohl ja überall Trümmer liegen. Bezeichnenderweise geistert sie dann auch wie hypnotisiert durch den neuen Club 'Phoenix', in dem ihr Mann arbeitet und beobachtet eine Welt, der sie fremd geworden ist und die sie auch auszuschließen versucht. Schließlich nimmt Johannes ihr sich aber doch noch an, jedoch mit dem Plan, dass sie sich als seine Frau ausgeben soll, damit er an ihr Geld herankommt, weil alle anderen Familienmitglieder ihrerseits verstorben sind und ihr jetzt alles zusteht.
Daraus entwickelt sich sodann eine bittersüße Erfahrung für sie, indem er Nelly wieder auferstehen lässt, obwohl er nur für eigene Zwecke handelt, unwissend darüber, dass sie es wirklich ist. Dass sie sich ihm (abgesehen von einigen missglückten Versuchen) fortwährend nicht zu erkennen gibt und er auch trotz klarer Zeichen schlicht nicht darauf kommt, dass sie the real mccoy ist, mag zwar ein Stück weit konstruiert wirken, doch passt es perfekt zur psychologischen Tragik des Films, in dem nun mal von vielen (vorallem männlichen) Seiten versucht wird, Bewältigung und Reflexion zu verdrängen, alles Vorherige als geradezu statistische Erinnerungen abzuheften ("Der war ein Nazi. Die hier ist tot.") und schlicht mit dem Leben weiterzukommen. Dies alles geschieht in einem intimen Aufbau, den Petzold ausschließlich seinen Charakteren überlässt und dabei auf detaillierte oder oberflächlich-reißerische Außenfaktoren verzichtet.
Klar ist der historische Rahmen präsent, schließlich beeinflusst er ja das gesamte innere Leiden von Nelly, doch er bleibt genauso funktional wie die behutsame Dramaturgie des Ganzen, aus dem die Nachvollziehbarkeit für die Figuren noch markanteren Raum erhält - mit aller natürlicher (und doch kurzweilig/pragmatisch geschnittener) Stille, durchgehend darin wirkender, verlorener Identitäten packend. Ein spannendes schnörkelloses Stück Kino, so subtil und doch treffend-empathisch, dass es letzten Endes selbst mit der vorhersehbarsten Fassungslosigkeit der Offenbarung und der gleichzeitigen, doppelbödigen Reinkarnation messerscharf ins Herz dringt.
(Diese Kritik gibt es auch bei den DREI MUSCHELN zu lesen.)
DEATHCHEATERS - Wer bewundert sie nicht, diese tapferen Teufelskerle von Stuntmännern, die für die Leinwand jede noch so krasse Aktion mit Bravour auf sich nehmen und dennoch bereitwillig-bescheiden in Kauf nehmen, nicht als die Stars des jeweiligen Films heraus zu stechen? Nun, Brian Trenchard-Smith scheint eine besondere Euphorie für jene Haudegen zu haben und widmet ihnen deshalb hiermit einen ganzen, eigenen Film, der aber nicht, wie man zuerst denken könnte, mit Pathos und Angebereien um sich wirft, sondern stattdessen erstmal die Film-Industrie an sich ein bisschen aufs Korn nimmt. Da hat man's mit größenwahnsinnigen Karikaturen von Regisseuren zu tun, die ganze Schlachten in einer Aufnahme einzufangen gedenken und selbst für kleine Werbungen unverhältnismäßig große Emotionen verlangen.
Doch davon lassen sich unsere Helden Steve und Rod, dargestellt von John Hargreaves und dem damaligen australischen Stunt-Master schlechthin Grant Page, nur schwer beeindrucken, bleiben immer mit zurückgenommener Lockerheit am handwerklichen Ball und reißen unentwegt herrlich-trockene Witze mit leichtfüßiger Haltung zur jeweiligen Situation - eine Methode, die sich auch gewitzt über den Gesamteindruck des Films erstreckt. Doch auch so abseits des Berufes bleiben die Beiden ausgesprochene Sympathen, Steve zum Einen der liebevolle Ehemann von Julia (Margaret Gerard), Rod zum Anderen der Besitzer des drolligen Basset-Hounds Bismarck und zudem ein frohlockender Ladykiller.
Beide Parteien treffen sich des Öfteren in kumpeliger Eleganz, um auch z.B. mal einfach die nächste Kampfszene auf der Dispo in der eigenen Bude zu proben und alles im Haushalt dabei zu zerdeppern. Man darf nämlich nicht vergessen: die Zwei kennen sich schon vom Vietnamkrieg (immer mal überraschend-abstrakt in den Narrativ per Rückblenden & Archiv-Footage eingebaut), in dem man sich erst unschuldig fragte, ob man etwas zu essen, etwa einen Keks, dabei hätte, bis dann schließlich die Befreiung aus spitzen Fallen anstand. Seitdem ist dieser ewige Ritt auf der Klinge des Todes der Adrenalin-Kick schlechthin für unsere athletischen Asse und da sieht man sie stets selbstverständlich-formvollendet in brenzligen Situationen, ob sie sich nun an Gebäuden entlang seilen, mit Wüstenbuggys durch die Gegend jumpen, abgefackelt oder von Autos angefahren werden - zudem auch immer mit den professionellsten Sicherheitsmaßnahmen ausgestattet, soviel Zeit muss sein.
Umso irrer wird's dann, als einige ebenso unaufgeregt-spaßige Vertreter der Regierung (mit geringem Budget fürs Modellbauen offenbar, nicht aber für U-Boote) unsere Protagonisten in ihren zahlreichen Fähigkeiten antesten, sie u.a. durch einen Supermarkt jagen, um einigen falschen Gangsters Lammkeulen in die Windschutzscheibe zu schmeißen und einen explosiven Trainingskurs durchlaufen lassen, damit einige geheime Dokumente in den Philippinen entwendet werden können. Der Lohn, der in Aussicht gestellt wird: eine gute Herausforderung, aufregende Anwendungen für ihre Talente, die scharfe Sekretärin Gloria (Judith Woodroffe) für den natürlich Augen-zwinkernden Super-Junggesellen Rod und vorallem eine Menge Spaß - kein Witz, das ist die tatsächliche Belohnung (Geld gibt's vielleicht auch noch)!
Oder besser gesagt doch ein Witz, denn 'DEATHCHEATERS' nimmt sich nun mal nicht wirklich ernst, will stattdessen mit der eskapistischen Freude des Unterhaltungskinos punkten und schmeißt sich dafür enthusiastisch in feurige Gefahren und rasante Karambolagen, stets mit der Kamera hautnah dabei am Steuer waghalsiger Manöver, bei ungesicherten Klettereien und besonders gern präsent bei heißen Schüssen und hitzigen Feuerbällen, eben ganz die furchtlose Sause bei groovigen Beats. Doch wie gesagt ist dieser australische, abgeklärt-ironische Humor wohl das große Herzstück der ganzen Angelegenheit, welches den Zuschauer nochmals zum mitreisenden Kumpel für den Showman-Spaß macht und dabei eben auch jenen Hals-und-Beinbruch-Kerlen eine menschliche Zugänglichkeit verpasst, die sich zwar auch bewusst kleineren Jobs hingeben muss, aber immer noch gleichzeitig lebensfrohe und fatalistische Freimütigkeit beweist, selbst im Angesicht des Dschungel-Todes (letzteres ebenso verschmitzt zu einem urig-entspannten Schachspiel gegengeschnitten).
Findet man darin überhaupt noch gar eine intellektuelle Substanz? 1.) Was soll die dumme Frage und 2.) ist ja doch wohl nichts essenzieller, als die pure Lust am bloßen (Filme-)Machen, am Riskieren, am Frohsinn, am Explodieren, Rasen, Fliegen, Flirten - gleiches gilt auch für die ästhetische Pointierung von Hunden mit Kopfhörern, von Bikinis, umherspritzenden Fluten, von knackigen Schrotflinten, wehenden Palmen, übereinander gestapelten Freunden, honkigen Karatemeistern und dicken Kanonen auf dem Balkon. Glaubt ihr mir nicht? Dann möchte ich euch diesen Film doch mal gerne ans Herz legen, der ist nämliche eine urkomische Wucht des Ozploitation-Genusses.
MOMMY - Schick verpacktes, allerdings auch konventionelles Sozialdrama über Mutterliebe, Hoffnung und Freundschaft. Klingt oft gesehen? Da muss man leider recht geben - auch wenn Xavier Dolans Regie nicht allzu heuchlerische Indie-Träumereien und gestelzte Lebensweisheiten vorpredigt, wie so manches aus dem Genre, ist sein melodramatischer Wiederaufbau und eventueller Bruch einer dysfunktionalen Familie, zwischen der kämpferisch-verzweifelten, sich nichts-sagen-lassenden Mitte-40er-Mutter Diane (Anne Dorval) und dem Vandale-ADHS-Sohn Steve, der auf die schiefe Bahn gerät (Antoine-Olivier Pilon), eine stark vorhersehbare Angelegenheit.
Sein Cast spielt dabei durch die Bank weg engagiert, das muss man ihm lassen, am meisten sympathisiert man jedoch abseits der Mutter-Sohn-Kombi mit der Figur der stotternden Kyla (Suzanne Clément), dem leicht nervösen, aber bescheidenen Anker des Verständnis, der die Sozialität der Beiden mit dem lehrsamen Pflaster des sich-gegenseitig-stützenden Zusammenseins wieder vereint und auch dafür sorgt, dass ein neues Licht am Horizont zum Greifen nahe erscheint. Da öffnet sich dann auch, immer mal leicht am Rand der Zuschauer-freundlichen Feelgood-Masche, Dolans konzentriertes Format des 1:1-Aspect-Ratios, welches ohnehin schön kompakte Perspektiven auf das Wesentliche, eben auf die Charaktere, setzt und deren persönliche Sackgasse zusätzlich unterstreicht - wird sodann aber wieder von der alteingesessen 3-Akte-Dramaturgie geschlossen, auf dass die beliebige Tristesse weiterhin ihre Bahnen zieht.
Zwischendurch bekommt man es dann immer wieder zur (Über-)Akzentuierung jener universellen Situation mit grenzwertig-schwülstigen, immerhin technisch hervorragenden Montagen zu tun, welche die innere Melancholie und stürmische Frustration unserer Protagonisten nach außen trägt, dazu berechnend-nostalgische Tracks von Dido, Beck, Eiffel 65 und Oasis mit dem filmgewordenen Instagram-Pathos verschmelzt (dazu muss man aber auch sagen: mit "Wonderwall" kann jede wahllose Szene von Natur aus gewinnen). Daraus kristallisieren sich aber auch die natürlich-intensivsten, weil erzählerisch pursten Sequenzen jenseits der bodenständigen Dialogarbeit heraus und schlagen so effektiv mit bittersüßer Liebe zu, wie es zwischen Mutter und Sohn auch des Öfteren im kanadisch-suburbanen Haushalt kracht.
Dass sich Dolan dann aber so mutlos auf ein allzu bewährtes Konstrukt stützt, das schließlich wortwörtlich in einer plakativen Zwangsjacke der Rollenmodelle steckt, ist dann wieder so ein frustrierender Umstand, der sich mit dem eigentlich recht geschickt zurückgehaltenen Kitsch beißt und so oder so die volle ungehemmte Emotionalität verwehrt. Wie dem auch sei, wer über die innewohnende Konventionalität der Geschichte hinwegsehen und sich in dieser allgemein-verständlichen Seelenwelt der Charaktere wiederfinden, sowieso mitleiden kann, der hat ein wunderbares, ethisches Los für sich selbst gezogen. Ich hingegen sehe nur Sachen, die ich schon kenne und Ideale, die ich seit langem verinnerlicht habe - nur eben diesmal in einer oberflächlich-frischen, filmisch-reizvollen Einheit und das ist ja auch schon eine Menge wert, nur eben nicht alles.
(Diese Kritik gibt es auch bei den DREI MUSCHELN zu lesen.)
HÖLLENKOMMANDO ZUR EWIGKEIT - Einer dieser strikten Dschungelkriegs-Filme, die Regisseur Antonio Margheriti in jener Ära gerne bewanderte, da hat er mit David Warbeck sogar seinen Hauptdarsteller aus 'JÄGER DER APOKALYPSE' am Start, verbunden mit einigen weiteren oft eingesetzten Gesichtern aus dem 80er-Jahre-Werk des handwerklich fokussierten Action-Meisters und Miniatur-Spezialisten. Hier spielt Warbeck jedenfalls den charmanten und in den passenden Momenten gewissenhaft-schweigsamen Vietnamveteranen "Tiger Joe", der zusammen mit seinen alten Sprüche-klopfenden Kumpanen Midnight (Tony King) und Lenny (Luciano Pigozzi) im Auftrag des stets hungrigen und skrupellosen Arms-Dealers Bronski (Giancarlo Badessi) Waffenlieferungen per Flugzeug an die indonesische Rebellenfront transportiert, um den tyrannischen Herrschern im fortwährenden grausamen Krieg endlich mal eins auszuwischen. Bei einer Mission kommt es dann aber ganz übel, da die argen Schurken Joe vom Himmel holen und er sich fortan mitten im Gefecht und Dickicht der exotischen Pampa wiederfindet.
Nach einer baldigen Gefangenschaft jedoch gerät er an einen sympathischen Trupp von Freiheitskämpfern, unter ihnen die engagierte Kia (Annie Belle), und zusammen bewältigen sie einen unbarmherzigen Spießrutenlauf feindlicher Armeen, die Berge von Leichen unschuldiger Einheimischer hinterlassen - Margheriti bleibt dabei von einer sentimentalen Stilisierung fern, hält das Tempo aufrecht, aber vermittelt zweifellos-präzise das ermattende Grauen des Krieges, auch anhand konventioneller, doch gewissenhafter Hand- und Stand-Kameraarbeit. In diesem höchst geradlinigen und explosiv-kurzweiligen Setting beweist sich Joe trotz seiner misslichen Lage als durchaus hilfreicher Geselle und auch zutraulicher Tröster, der aber ebenso starke Tricks drauf hat und reichlich Blei in die Angreifer pumpen kann, sogar wenn sie die von Margheriti stilecht gruselig-inszenierte-und-vertonte Ruine von Versteck umkreisen - mitten drin: eine ulkige Cobra, die zunächst erst unsere Helden beißen wollte, aber im Verlauf doch noch sogar ein bisschen nützlich wird.
In der Zwischenzeit jedoch beschließen Lenny und Co. nach ihrem verschollenen Kumpanen zu suchen, werden dabei jedoch ebenso von den Regierungstruppen zur Bruchlandung gezwungen. Der Hinterhalt wird allerdings von Joe und Kia vereitelt und was freuen sich die alten Haudegen, zumindest gemeinsam eine Chance auf die Flucht aus der Hölle zu bewältigen, die teilweise bei allmählich verschlissenen Brücken über ihren Köpfen gerade noch so glatt herüber fährt. So gut kann es allerdings nicht für jeden enden, selbst im Angesicht des wortwörtlichen Tigers, den Joe repräsentiert - die Wut der Trauer und des Verlustes fängt jeden irgendwann ein und da zerreißen sich uralte Männerfreundschaften, um kurz darauf doch noch wieder zueinander zu finden, da man ja unter all dem Tod und Verderben weiterhin der Hoffnung der Gerechtigkeit auf die Sprünge helfen kann.
Wie da dann mit entschlossener Selbstverständlichkeit und dennoch innerer Ruhe Brücken und Laster in die Luft gejagt werden, ist schon erwartbarer, doch gelungen-reißerischer Standard bei Margheriti, nur eben u.a. mit dieser schon ziemlich bescheidenen Note in Sachen Musik-Dramaturgie - weshalb die Dringlichkeit des Gelingens aus den Charakteren heraus allein, vorallem im Angesicht der schnörkellosen Gehetztheit der Story, noch fiebriger oder eben konzentrierter heraus sticht. Wie's dann eben ausgeht, besitzt gewissermaßen eine bittersüße Note, kann aber vom Genrefreund ebenso kalkuliert, jedoch natürlich nicht missachtet werden, so wie sich hier der empathische und abgeklärte Buddy-Faktor die gegenseitige Ehre erweist und alle trotz der zahlreichen Opfer einer besseren Zukunft entgegenblicken können. Ist natürlich naiver, ruppiger Eskapismus, aber in seiner Funktionalität und dennoch präsenten respektvollen Gewissheit in der Vermittlung der knalligen Kriegsszenarien und Anti-Kriegs-Sehnsüchte ein durchaus sympathischer Genre-Vertreter à la Italia.
PALO ALTO - Es ist doch so: ab und an reicht zur Sympathie eines Films die stilistische Schönheit lauer Morgen- und Abenddämmerungen, welche die Frustration unerfüllter Liebe in Teenager-Zeiten zusammen mit melancholisch-verqueren Tonflächen effektiv veräußerlicht, doch aus. Dass alle jugendlichen Protagonisten dabei einfältige Obszönitäten von sich geben und aufs Bumsen aus sind, ist zudem gar nicht mal zu unauthentisch. Das besitzt insgesamt wohlige Abhängqualitäten und ohnehin diese bittersüße Sehnsucht nach Romantik, welche man in dem Alter noch nicht wirklich definieren kann, die einen aber schon ordentlich fertig macht. Letzten Endes verläuft alles dann doch irgendwie zu unwahrscheinlich unentspannt und gleichzeitig noch ins Leere, so dass man außer diesem zerrenden Gefühl der Unzufriedenheit aus den Charakteren heraus nichts wirklich für sich als Zuschauer mitnimmt - es sei denn, Autor James Franco will uns nur schleichend-pervers mit zuckersüß-schläfrigen Fantasien über Almost-Legal-Mädels füttern. Wer's denn braucht...doch wie gesagt, die atmosphärische Verquickung vonseiten Gia Coppolas lädt gelungen zum traumhaften Schwelgen ein und hält sich zudem trotz aller potenzieller Prätentiösität bodenständig, da erwarte ich in Zukunft noch einige angenehme Stunden.
BULLETPROOF GANGSTER (KILL THE IRISHMAN) - Wer hätte es gedacht? Ein weiteres konventionelles Mobster-Biopic, das mit kaum geheimer Faszination den Ethos am Verbrechen heroisiert? Ya bustin' my balls, Tony! Autorenregisseur Jonathan Hensleighs Variante besitzt aber wenigstens die ungehaltene Chuzpe, einen aufrichtigen Sympathen in Form von Danny Greene als Protagonisten beleuchten zu dürfen (oder ihn zumindest sehr positiv zu zeichnen) - dargestellt von (ironischer Weise nicht mal Hensleighs eigenem) PUNISHER Ray Stevenson, der ruhig öfters Hauptrollen übernehmen sollte, hier jedenfalls umgeben vom eklektischen Genre-Cast als konsequenter und dennoch Menschen-freundlicher Gangster-Ire hervorsticht, u.a. für seinen Sinn nach einem geregeltem Familienleben Rocker platt prügelt, korrupte Gewerkschaftsbosse pimp-slapped und auch mal starrköpfigen Omas von der Heimatinsel aus Mietschulden heraus hilft.
Im Gegenzug teilt er in der Funktion des Kuriers, Hitmans und engagierten Aufsteigers reichlich Bleisalven, Brecheisenhiebe und vorallem Autobomben aus, stets getrieben vom Kampfgeist keltischer Krieger vergangener Jahrhunderte, mit denen er sich stolz identifiziert und ohnehin seine Konkurrenten öfters mal mit Alltags-rassistischen Tough-Guy-Jokes & Disses piesackt. Kein Wunder, dass man hierzulande die FSK-18-Plakette austeilte, so undifferenziert hier das Wesen des organisierten, provinziellen Verbrechens in Cleveland sogar mit knackigen Rock-Gitarren idealisiert wird. Doch das ist alles irgendwie ehrlich-enthusiastischer als so manch beliebteres, verhaltenes Herantasten ans brisante Thema in eleganter Filmform, wo man die Lust am Outlaw-Dasein noch mit moralischen Grauzonen zu kaschieren versucht.
Bei Hensleigh gibt's das eben nur echt mit dem Selfmade-Man-Schlägertypen inkl. Herz aus Gold. Alles andere am Film versprüht dagegen leider etwas doll den wenig begehrten Geist von Routine und begrenztem Budget, speziell was die ungünstig-zubereiteten CGI-Effekte betrifft - doch die simple Kohärenz in der Vermittlung jener bereits oft erlebten Dramaturgie, hier sogar ab un an verbunden mit authentischem News-Footage jener nachgebildeter Tage, läuft schon einigermaßen gut den Genre-Rachen runter, solange eben das Hauptaugenmerk Held als ruppig-kumpeliger Anker des Interesses sitzt. Und so kommt's auch, dass man letzten Endes eine Träne des männlichen Mitgefühls für Danny's Lebensweg verdrücken kann - eben der gute alte Pathos für das Prinzip des Rebellen, weshalb auch auf die explizite Mahnfunktion verzichtet wird.
Danny rät zwar den Kids auf der Straße folgerichtig wie einst James Cagney, nicht wie er zu werden, doch seine (wie er selbst durch und durch katholische) Kette mit dem Jesuskreuz reicht er trotzdem an die nächste Generation weiter, verbunden mit der historischen Gewissheit eines Domino-Effekts, der mehrere andere Verbrecher hinter Schloss und Riegel gebracht hat - und natürlich wollte er sich sowieso vorher schon zur Ruhe setzen, um in Texas von vorne zu beginnen. Voll die Wahrheit? Entschuldigt mich, wenn mir da das mentale vierblättrige Kleeblatt im Hals stecken bleibt. Aber ich beschwer mich auch nicht, denn das war genau das, was ich erwartete und sowieso bleibt die Erkenntnis: wenn man nicht mal strahlen darf, seit langem wieder Tony Lo Bianco in einem Film zu sehen, was für Freuden hat man dann überhaupt noch im Leben?
DRACULA UNTOLD - "[...] Eine insgesamt durchschnittliche Filmerfahrung, die schon mit ihrem Vorschaumaterial nicht mehr oder weniger verspricht, als sie tatsächlich liefert. Technisch gesehen ist alles solide und bietet trotz aller Formelhaftigkeit gewisse gewitzte beziehungsweise optische Spitzen im düsteren Gewand, die am ehesten jüngere Zuschauer umhauen könnten, aber nichtsdestotrotz mit flottem Gestus die neunzig Minuten Laufzeit hinweg fließen lassen. Dem Film hätte jedoch zweifellos geholfen, sich jenseits der publikumsfreundlichen Abgeglichenheit seiner Ingredienzen durch den Legendary-Produzentenstab entweder wirklich mehr in ein kompromissloseres, finster-mittelalterliches Horror-Szenario (wie man es inzwischen durch „Game of Thrones“ begutachten kann) oder in eine pompöse Gaudi fantastisch-exaltierter Schlachtengemälde zu stürzen. So oder so eben etwas, was der Legende des Pfählers Vlad III. tatsächlich irgendwie gerecht werden dürfte, diese nicht in ein vermarktbares Heldenkorsett steckt, welches sich zwar für Legendary längst bewährt hat, aber selbst deren ursprüngliche Risikobereitschaft vermissen lässt. [...]"
(Die komplette Kritik gibt es bei CEREALITY.NET zu lesen.)
BONUS ZEUG:
HELI - Regisseur Escalante findet neue Perspektiven der trostlosen Grausamkeiten und übt sich dabei durchweg in permanenter Sprachlosigkeit. Nicht mal der Funken von Liebe und mitleidiger Empathie kann da gegen die omnipräsente Tristesse ankämpfen, höchstens der drastische Shock-Value mit seinen gnadenlos-gekillten Hunden, zerschlagen-aufgehängten Körpern und verbrannten Penissen beherrscht unentwegt, aber auch emotional merkwürdig-distanziert die staubige Szenerie (an mindestens einer Stelle sogar am Rande der Lächerlichkeit), auch weil die Berechenbarkeit des gemäßigten Erzählungsstils Menschlichkeit jenseits der Bandbreite depressiver Ermattung vermissen lässt. Man könnte dies als rohe, respektvolle Eleganz anerkennen, doch abseits der gestalterischen Asketik bleibt auch nur ein skizzenhaft etabliertes Konzept von sozialer Armut, von undurchsichtiger Korruption (?) und vom Frust armseliger (und so Arthouse-typisch blass-minimalistisch-daherredender) Leute, bei denen es letztendlich auch nur darauf hinausläuft, dass man sich grob rächt, um zumindest wieder mit sexueller Erquickung das Karma zu beleben - die Verhältnisse bleiben jedoch ungeändert. Im Endeffekt ist 'HELI' zwar auch kein direkter Aufruf zur Revolution, höchstens ein mutig-deprimierender Einblick ins Höllenloch, aber ich für meinen Teil konnte leider nicht viel davon mitnehmen. Dafür ist die Filmerfahrung an sich einfach zu lauwarm aufbereitet, weil trotz ihres sozialen Gewissens schlicht gelähmt von der eigenen inneren Betroffenheit. Regt es zum berühmt-berüchtigten Nachdenken an? Möglich, aber für eine echt starke Reaktion vom Publikum gibt sich der Film dann doch vom Gesamtkonstrukt her zu uninvolvierend und nüchtern.
AN EYE FOR BEAUTY - "[...] Eine eventuelle psychologische Tiefe aus der überwältigenden Präsenz der Schönheit zu erschaffen, ist keine Option, jedenfalls sträubt sich Regisseur Denys Arcand davor, irgendeine Konsequenz aus seiner Geschichte zu ziehen. [...] Der Zuschauer kann beim neidischen Zuschauen höchstens noch mit den First-World-Problems dieser charakterlich fernen Reichen sympathisieren, was im Gegenzug leider natürlich vollkommen kalt lässt. [...]"
(Die komplette Kritik gibt es bei CEREALITY.NET zu lesen.)
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