Sonntag, 20. Mai 2018

NACHHOLBEDARF (Tipps vom 23.04. - 20.05.2018)

Chow Yun-Fat, Conan Lee, Wolfgang Fierek, Cleo Kretschmer, Dwayne The Rock Johnson, Gerard Butler, Little Bear

Liebe Leser,

ich bitte um Entschuldigung für die Verspätung! Der Titel des Blogeintrags ist heute sehr programmatisch gedacht und umfasst einfach vieles an der derzeitigen Gefühlslage, die mich heute wieder hierher geführt hat. Zum einen war es doch mal an der Zeit, die Rekapitulation der inzwischen zwei (!) letzten Filmabende schriftlich festzuhalten – da liefen also schon mal 15 Filme durch, die sich repräsentiert wissen wollen. Zum anderen habe ich mir in den letzten Wochen auch eine Menge Filmgut gegönnt, auf das ich schon länger heiß war oder dauernd von hörte und nun eher durch Zufall Zugang zu hatte (und dann war ich seit März auch mal wieder im Kino!). Von letzteren ist im Blog eventuell weniger über geblieben, aber erwähnen möchte ich sie trotzdem. Vorher ist es mir aber noch sehr wichtig, durchzusagen, dass für mich auch ein besonderer Nachholbedarf herrschte, euch mit Lesestoff zu versorgen. Ist ja beinahe schon wieder ein ganzer Monat her seit der letzten Ausgabe und das sollte so eigentlich nicht geschehen. Die üblichen Ausreden von der regulären Arbeit und anderweitigen externen Einflüssen hilft euch gewiss wenig über die Runden, deswegen ist das Angebot der Kompensation in der Fülle all dieser Faktoren vor allem jetzt eins geworden: Ziemlich dick, mit 12 Filmen in umfangreichen Abschnitten (abgesehen von den schlechteren Streifen, aber das merkt ihr schon, hoffentlich ohne Abzug an Qualität wohlgemerkt). Bei der Auswahl der Filmabend-Streifen hatte ich mir überlegt, diese im Review-Rahmen fair aufzuteilen – jeweils 4 Beispiele vom jeweiligen Evening habe ich spontan auserwählt, vom verbliebenen Ensemble seien vor allem aber noch folgende Filme herzlichst empfohlen (nur im Augenblick irgendwie nicht in meinem Schreibfluss gelangt):

DER FALL BACHMEIER - KEINE ZEIT FÜR TRÄNEN (Hark Bohm, 1984); SCHICKSALSSPIEL (Bernd Schadewald, 1993); GIB GAS - ICH WILL SPASS (Wolfgang Büld, 1983); THE SOULTANGLER (Pat Bishow, 1987); STEP UP: MIAMI HEAT (Scott Speer, 2012); MARIHUANA (Dwain Esper, 1936); DREAM NO EVIL (John Hayes, 1970)


Da auch ein wenig rumexperimentiert wurde, was die Verpflegung bei den jüngsten Filmabenden angeht, möchte ich noch einige kulinarische Erfahrungen bezeugen: Ich hatte mir vom örtlichen Asia-Markt Getränke besorgt, die uns bisher vollig fremd waren. Leider nur zwei Sachen davon würde ich uneingeschränkt empfehlen: Zum einen den Energydrink Lipovitan-D Plus und zum anderen Sake als geschmeidigerer, wenn auch etwas verdächtiger Wodka-Ersatz, jawoll! Mit einigen Einschränkungen hab ich auch den Soja-Drink der Marke Chin-Chin sowie den kalten Kaffee „Oliang“ aus Thailand ausgetrunken, doch beim Grassgelee-Getränk mit Kokosnuss-Geschmack (ebenfalls von Chin-Chin) war’s dann doch zu viel des Guten. Noch schwerer fällt es mir allerdings, folgenden Filmen keinen ordentlichen Text spendieren zu können, aber ihre hiesige Listung ist eventuell sowas wie meine persönliche Cannes-Siegerliste:

DER FAN (Eckhart Schmidt, 1982); THE COMMUTER (Jaume Collet-Serra, 2018); PADDINGTON (Paul King, 2014); LA BOUM - DIE FETE - ELTERN UNERWÜNSCHT (Claude Pinoteau, 1980); GREASE - SCHMIERE (Randal Kleiser, 1978)

Oha, was blieb nach diesen ganzen Top-Streifen dann noch alles übrig? Ich hoffe, ich kann euch mit der folgenden Auswahl so oder so trotzdem zufriedenstellen und freue mich jetzt schon, bevor der heutige Hauptteil rankommt, auf die nächste Ausgabe an Filmtipps – irgendeiner muss es ja tun :D


Cleo Kretschmer, Wolfgang Fierek, Dolly Dollar


FLITTERWOCHEN (Klaus Lemke, 1980) – Langsam wird es eng bei uns im Fundus an Cleo-Kretschmer-und-Wolfgang-Fierek-Paarungen. Abseits dessen, was auf diesem Blog schon besprochen wurde, sind die verbliebenen (Fernseh-)Filme immer seltener vorzufinden, doch hier lässt sich zumindest nochmal aufatmen, dass die Zwei immerhin endlich in einer fruchtenden Ehe zusammenfinden. Zumindest theoretisch, denn mancherorts besitzt der Filmtitel nicht umsonst die Zusatzzeile „Zitterwochen“ – die Begleitumstände hierfür macht der Film auf die Schnelle fest, wenn neben der Romantik unter unseren beiden drolligst naiven Zollbeamten ständig Alltag+Frust in die Bindung einkehren, bereits im kleinsten Kleinen an die jeweilige Gurgel gehen. Schon bei der Hochzeitsfeier steigt der Alkoholpegel Wolfgangs in die Höhe, sobald der Ex der Cleo noch seine Blumen abgibt, sie hingegen im Rausch aller gen Kohlenkeller rumkrabbeln muss. Ein seltsamer Brauch, der in eine ebenso dustere Hochzeitsnacht mündet – und dann soll’s am morning after schon nach Rio in die besagten Wochen gehen. Wie dünn da jeder Geduldsfaden wird, genauso knapp auch die freien Zimmer im Hotel, auf dass man sich eins mit dem Reiseleiter teilen muss. Es wird nicht leicht für unser Traumpaar, trotz der Zauberkulisse im Hintergrund auch nur einmal zum Schmusen zu kommen. Alles funkt dazwischen und da darf sich der Film gerne von einer gesteigerten Hemmung in die nächste hangeln, so wie der improvisierte Urlaubszank seine Ventile sucht, höchst nachvollziehbar auf den Nerven des Gegenübers rumkaut, genauso wie die schiere Komik des Verlorenseins im Paradies. Und wenn sich dann noch die fesche Dolly (Dollar) und Guntram Vogel von der Scotia als Touristen aus deutschen Landen zwangsläufig der hart vermissten Kommunikation wegen dazu gesellen, ist das Chaos an Cockblock und brasilianischem Exzess ringsum perfekt. Im Gegenzug bedient sich Lemkes Film sehr frei an bodenständigen wie abstrusen (auf jeden Fall sehr gelingenden) Gags, verlässt sich wie gehabt auf schlichte Perspektiven mit umso größeren Ausblick. Im Gegenzug wirkt der Spießrutenlauf von Cleo und Wolfgang, ihre Strapazen mit Dialekt nochmals umso mehr zum Kugeln, liebenswert und ohne Plan – eine Tati-Dynamik erlebnissüchtiger Demut. Kann die Liebe in solch unsteten Zeiten aber noch Bestand haben? Da muss der Film selber auch erst mal einen drauf kippen, um zur Einsicht zu gelangen, wie viel Freimut, Eifersucht, Überwältigung im Großen, Ganzen und Privaten die richtige Mische ergibt. Selbst dann macht er jedoch Lust auf mehr von dieser Kombo an Filmschaffen – ein bittersüßer Ausflug!




BORN HERO 2 (Liu Chia-Liang, 1988) – Die 2 im Titel bitte mal kurz wegdenken, da es sich ja trotz jener Kreation des dt. Verleihs in Wirklichkeit um „Tiger on Beat“ handelt, gelle? Gut, das ging fix, ich wette, da könnt ihr euch dann auch gleich genauso flott mit dem Film an sich vertraut machen, oder? Schließlich ist es eine Actionkomödie aus Hongkong mit den Dreh- und Angelpunkten Chow Yun-Fat (mit Schirmmütze und Hawaii-Hemden!) und Conan Lee, die sich als Bullen-Buddies einen tolldreisten Schlagabtausch liefern, wie weit Berufsethos und Energien im Medium Film an sich auszulegen sind. Eine gehörige Sauerei ist den Genremixern aus jenen Landen und Zeiten ja immer vorbehalten, doch hier geht das Kurzweil besonders sympathisch im Pendel  blutig-durchchoreographierter Action und moralisch-grenzenlosem Jux auf. Jene Extreme lassen sich exemplarisch auf zwei Szenen festlegen: Eine, in der Yun-Fat mehrere Eier der Potenz (?) wegen ins Glas schmeißt und in einem Schwung runterkippt; dann wiederum eine andere gen Schluss, in welcher Conan Lee das Kettensägenduell aus „Texas Chainsaw Massacre 2“ auf den Mond schießt. Die Verbindungslinie dazu hat wie so oft mit Drogenschmuggel zu tun – ein Fall fürs Kino wie viele andere zuvor und danach, weshalb dessen kriminelle Mechanismen eher funktionell dahinticken, während die geballten Sequenzen drumherum mit unseren Tigers im jeweiligen Zentrum der Einmischung erst die Bomben platzen lassen. Und da bleibt einfach alles (auch intensiv spruchreif) in Erinnerung: Die scherbenreiche Neumöblierung der Aerobic-Buden, Verfolgungsjagden und Geiselnahmen in Unterhosen (bei denen schon Verhandlungssache ist, wer sich entblättern muss), vollends misogyne Verhöre und sowieso das stets bipolare Gebären einer Macho-Männerwelt im kunterbunten 80’s Outfit. „Lethal Weapon“, Stallones „Cobra“-Irrsinn und Jackie Chan wären da als geistige Anleitung schnell genannt, doch die hiesigen Unmengen an Groteske, Melodram und Dynamik² arbeiten nochmal auf einer wilderen Ebene. Launig, sehr daneben und exzessiv – ich liebe alles daran! 




LINIE 1 (Reinhard Hauff, 1988) – Mir war der Ruf von Musical und Film bisher immer irgendwie entgangen, welcher offenbar von Kult bis Geißel der Schulzeit reicht. Ganz ab davon muss ich jedenfalls festhalten, dass Reinhard Hauffs Adaption gehörig konsequent, derbe und innig an die Gosse ran ausgefallen ist – vielleicht sogar als eine der überspitzt abstoßendsten und ehrlichsten Darstellungen Berliner Subkulturen überhaupt. Der Vermengung des S-Bahn-Panoramas menschlicher Untiefen mag als Musical ein Hauch der Romantisierung innewohnen, doch die Haltestellen gen Sozialkitsch existieren eher im Wunschdenken. Das schroffe Ensemble bietet die richtige Schnottersprache zum Bodensatz der Existenz, der physische Umgang untereinander ist ebenso penetrant am Fummeln und Drohen, natürlich auch in der Permanenz des eigenen Drucks gefangen. Ressentiments und Gruppendenken/-kloppe schüren sowieso die Abgrenzung ins Asoziale wie Alksüchtige, da bietet man im Gegenzug umso weniger Fußraum, eher das Durchsetzungsvermögen der Provokation. Dies im schamlosen Sing-Sang auf Touren zu erleben, bereitet nicht von ungefähr auf Schlingensief vor, wie die urbane Intensivstation daher rast – jeweils voller Hypokrisie, Desillusionierung und Abenteuerlust ins endgültige Entschwinden. Schulschwänzer, Selbstmörder, No-Futuristen, Kellerkinder, Hobbydetektive, Hascher, Napper und Nazis, Penner, Schweinepriester und die Normies mit ihrer vorgehaltenen Hand der Doppelmoral: Hier treiben sie einen alle in die Enge, doch die Sympathien liegen definitiv gegen das Verklemmte, für den Außenseiter, gegen Fremdenhass und die Übermacht des Molochs. Gut so, vor allem, da diese Reise von Neuankömmling Sunnie (Inka Victoria Groetschel) nie so tun will (oder kann), als ob sie irgendwas davon zu überwinden vermag, so wie alles an sich schon unmöglich geballt daherkommt. Der Film endet sogar lediglich mit einer kleinen Hoffnung im großen Scheitern – eine ganz schön schonungslose Supershow, vom im Dreck spielenden Hauff ins Neonlicht der bombastischen Schmierenkulisse gerückt und dann doch nicht im Voyeurismus gelandet. Hart und happy halt.




THE AMAZING WIZARD OF PAWS (Bryan Michael Stoller, 2015) – Von den Machern von „First Dog” und sogar mit demselben Haustier Little Bear am Start, gibt’s noch einen sehr merkwürdigen Hundefilm hinterher – und es wird nicht der letzte bleiben! Klingt wie eine Werbezeile und sollte genauso wahrgenommen werden, denn hier wird ja getippt und bei solchen Abenteuern an zauberhafter Tristesse bestimmt nicht zu knapp. So abgegriffen Narrativ und Inszenierung auch in sicheren B-Movie-Gefilden verbleiben wollen, sind die unverhofften Qualitäten des Herrn Stoller wiederum im Großeinsatz: Darsteller von Jung bis Alt, die zwischen ausgestelltem Desinteresse und hyperventilierter Depression pendeln; Schnittmuster der Abwegigkeit aus visueller Leere, spontan-entrücken Reaktionseffekten und dauergedämpfter Musik; das Nimmerendenwollen eines Nicht-Spannungsbogen angelernter Magie, der nicht nur einen (!) Bösewicht auszubremsen versucht, sondern auch einen Talentwettbewerb gewinnen und am besten noch den verstorbenen Vater zurückholen will. Wie wird sich dies auflösen? Das Raten überlasse ich euch, auf jeden Fall ist die absehbare Kausalkette weniger entscheidend als die Erwartungshaltung, die der Film von Anfang an mit seinen Widersprüchlichkeiten der unerfüllbaren, ständig umgeworfenen und doch ersehnten Niedlichkeit schafft. Ganz bezeichnend dafür ist der Umstand, dass Little Bear als magischer und Pizza-verrückter Hund nun spricht. Stoller animiert die Sache selbst und man muss es gesehen (und gehört) haben, um diesen Film Stück für Stück ins Herz zu schließen – insbesondere, wie frei er mit der allgemeinen Menschenkenntnis umgeht (siehe den Kurzauftritt von Tiny Lister) und seine eigenen Supersituationen (siehe alles im Zusammenhang mit dem Talentwettwerb und dessen Eindruck von der Existenz der Magie) verflachen lässt. Eine Weihnachtsvariante dieser Gruppenleistung ist schon unterwegs!




MARS MEN aka HUO XING REN (Hung Min Chen, 1976) – Mehr aus der Trickkiste Asiens, ordentlich (optisch) angestaubt und obskur, aber nicht minder delirierend in geballter Topos-Sause inszeniert. Anhand einer DVD aus Frankreich unter dem Titel „Les hommes d’une autre planete“ hat man die Gelegenheit, jenes Sci-Fi-Puppenspiel, welches sich anhand von Mythologie und Kautschuk-Eskapismus schnell wie oft in den Sternen wiederfindet, in angemessener Synapsen-Pestilenz einzuverleiben. Einen besonderen Hinweis hat dabei die englische Synchronisation verdient, die mit Ach und Krach aus dem Hobbykeller stammt, unter wenigen Leutchen alle Rollen aufteilt und bei Kinderstimmen sogar den Chipmunk-Effekt einsetzt, während die Tonqualität sonst vor allem mit Lautstärke, die Sprecher mit steifem Unvermögen glänzen. Wie viel davon bewusst eingesetzt ist, sei mal dahingestellt – es ergänzt vor allem einiges an Aberwitz, welcher diesen Film mit seinen unglaublich aufgeregten wie ausgestreckten Expositionsphasen umhüllt, nur um diese mit allzu turbulenten Auflösungen jeweils in die nächste Surrealität der Invasion kippen zu lassen. Böse Aliens vom Mars greifen nämlich an und ehe man sich mit dem taiwanesischen Hauptpaar angefreundet und miterlebt hat, wie dieses den Götzen Hanuman zum riesenhaften Lebensretter wiedererweckt, verbündet sich dieser sodann mit dem Roboter-Pendant aus Japan und nimmt damit über die Hälfte der verbliebenen Laufzeit ein. Pyrotechnik und Lasermalereien schießen sodann kreuz und quer durch die Galaxis, am Erdboden kriegen zudem mehrere Monster Zorres auf die Birne. Nicht, dass den Beteiligten deswegen öfters die Worte fehlen würden, dafür geht’s dem Zuschauer blendend fassunglos in seiner Konstante an Verwunderung. Passend dazu empfehlen wir: Lipovitan-D Plus, allerdings aus Thailand.


Matt Dillon, Andrew McCarthy


KANSAS (David Stevens, 1988) – Wer es nicht bis Ende des Jahres abwarten kann, Matt Dillon beim Abrutsch ins Soziopathische via Lars Von Trier zuzusehen, dürfte zumindest einen guten Anhaltspunkt in diesem späten Americana-o-drama vorfinden. Zweigleisig auf den Pfaden des Outlaw-Mythos spazierend, findet man hier eventuell sonst wenig festen Boden, was in diesem Fall nichts Schlimmes bedeuten soll. Im Panorama aus Kleinstadt-Ruhelosigkeit und endlosen Maisfeldern finden nämlich Gleich-/Abstand von Kumpelfeinden Dillon und Andrew McCarthy statt, die als entwurzelte Macker ziemlich hitzig auseinanderreißen, gleichsam in ihren jeweiligen Einöden ankommen, dort auf ihre Art mit begrenzten Chancen auf Tuchfühlung gehen. Regisseur Stevens zeichnet dieses Kansas trotzdem geradezu widersprüchlich als Leinwandromantik in Sonnenblumenfarben, die sich nach der Auseinandersetzung sehnt, da latent homosexuell in Schwüle bis Flammen schwelgt. Dass zudem eine gute Handvoll Jugendfantasien ausgespielt werden, steht hoffentlich außer Frage, aber der Reihe nach vorhanden sind: Liebe auf den ersten Blick zum Mädel auf dem Pferd (Leslie Hope), heimtückischer Einstieg ins fremde Haus inkl. Ausstatten mit dessen Kleidern, Aushilfsarbeiten auf dem Rummel (siehe auch „Gib Gas – Ich will Spaß“) inkl. Stelldichein mit der Chefin oder auch eine Spritztour mit dem Truck vom Vadder der umworbenen Meid, bis man zum zweifachen Helden erklärt wird. Dazu gesellen sich aber noch Geschichten um Gouverneure, Autounfälle, Banküberfälle, unschlüssige Journalisten und versteckte Kohlen, auch eine üble Vergangenheit um Antiheld Dillon und so gut wie gar keine um Sonnyboy McCarthy. Ein seltsames Potpourri an Wurzeln und Verästelungen, das hier durch die Lande streift und stets voll Übergriffigkeit schwärmt, mehr als vagen Zielen (Geld, Ehre, Liebe?) zu ahnden. Klar, dass Dillon dann auch mal einem Girl voll patzig erklärt, was er von ihr nicht hören will, obwohl wir von ihr zuvor nix gehört haben. Die USA, so wirr und unbedingt heimelig, wie man sie sonst vielleicht nur in „Dirty Tiger“ erlebt.




RAMPAGE - BIG MEETS BIGGER (Brad Peyton, 2018) – Nach dem hochemotionalen Aufstieg aus Ruinen namens „San Andreas”, den Regisseur Peyton und Dwayne The Rock Johnson schon zur tollen Familienkittung anwenden konnten, bleibt ein guter Anteil dessen auch in der Videospieladaption um ein Städte demolierendes Riesenmonstertrio über. Die Bindung zwischen dem Rock und Albino-Gorilla George ergibt da schon früh ein Quell an Freude und Pathos, der fortan auf die Probe gestellt wird, wenn Malin Akerman als Bösewichtin mit Gespür fürs Cartoon-Theatralische (Peytons Weltbild seit eh und je) skrupellose Gentechnik betreibt, Söldner und Sonarsatelliten vorschickt. Mit jener Plotte nimmt es der Film mal sehr und mal gar nicht ernst, ist aber trotzdem selten in Erklärungsnot, seinen Ansporn an Spaß und Spannung auf den Zuschauer zu übertragen. Man trägt das Absurde mit Fassung und bewegt sich sicher im Genre-Rahmen, dass sich die Action per Wow-Effekt steigert und die gottseidank spärlich eingesetzte Komik eher aus der Ehrfurcht der jeweiligen Größen/Rollen und nicht bloß aus den ach so beliebten „Echt-jetzt?“-Phrasen ergibt. Selbst Jeffrey Dean Morgan als verschmitzter Cowboy kann da einiges an Charisma ausschütten, während er genauso selbstverständlich ins Prozedere eingepflanzt scheint (und zufällig überall auftaucht) wie die meisten hiesigen Topoi - vom Flugzeugabsturz über Militär-Kurzschlussentscheidungen bis hin zum Wolkenkratzerinferno. Das Leinwandspektakel weiß sich genau richtig zu stapeln, so dass die ollsten Kamellen an Wendungen schon einer Katharsis gleich kommen à la „Ich hoffe (und weiß), dass das gleich passiert.“. Die Sommerfilmstimmung buhlt sodann um Zerstörungsschauwerte und immer heftigeren Fähigkeiten von Tier wie Rock, demnach hat der Kern der Dringlichkeit aus „San-Andreas“-Tagen hier eben etwas abgenommen (und ist auch hinsichtlich Naomie Harris etwas zu kurz gedacht), obgleich das Spiel mit dem vermeintlichen wie reellen Leinwandtod erneut an entsprechenden Stellen tiefer als erwartet atmen lässt. Ein angenehmes Präludium zum nächsten „Jurassic World“ scheint’s allemal zu sein.




GEOSTORM (Dean Devlin, 2017) – Wenn man mal einen Tag erwischt, an dem der filmische Anspruch recht niedrig eingepegelt ist, können einen die Weltuntergangsvisionen eines Dean Devlin noch immer einigermaßen catchen, obgleich er sich hier grenzdreist etlicher Quellen bedient, den Katastrophenfilm-Baukasten nochmals abendfüllend trivial auszubreiten. Zwischen dem Space-Melodram à la Gravity/Armageddon und der kontinentalen Verwüstung, die jeweils einen vom Desaster Verfolgten zur Rettung begleitet (und Tausende mit einem Schlag killt), macht das Ensemble eben zentral noch einiges an identifikationsstiftendem Boden gut: Ein Brüderzwist um Jim Sturgess und Gerald Butler (wieder als der beste der Besten) sehnt sich insgeheim ständig nach Versöhnung, kommt im passiv-aggressiven Konkurrenzdenken aber immer näher an die Lösung aller Menschen Leben. Beide spielen sich zudem fortwährend Verschwörungstheorien zu, wer für die Fehlfunktion der weltweit verkomplizierten Klimakontrollstation im All verantwortlich ist – und da sind vielerlei verdächtige wie unverdächtige Kandidaten unterwegs, im globalen Abenteuer mit Klischees en masse ausgestattet (siehe Alexandra Maria Lara als die Deutsche, Ute Fassbinder!). Die Lösung dieses Whodunits macht sich wie abermals aufgegeilt ins Hemd, wie auch die Melange aus Action, schlagfertigen Sprüchen, Ro-/Bromance und Pseudo-Technobabble schier nach Prinzip aus Überzeugung (und gehörig Deus Ex Machina) zu handeln scheint. Im Vergleich zur „Independence Day“-Wiederkehr herrscht aber zumindest keine volle Gleichgültigkeit, die Blockbuster-Muster von vor 20 Jahren zu wiederholen, so dass sie in ihrer Menge an CGI-Schauwerten zwar angepasst werden, Rollenmodelle aber dieselben Aufbau-Etappen mitnehmen, selbst wenn sie mit Andy Garcia als Präsidenten und Ed Harris als dessen Berater nicht typischer ausfallen könnten. Jene seltene Ecke an Aufrichtigkeit, kurz vorm Tele-5-Ironiegewitter, ist tatsächlich etwas kostbar geworden und wenn schon nicht originell, dann hier wenigstens noch auf eine stimmige Euphorie im Sieg des Menschen gegen seine Natur eingestellt.




BIBO'S MÄNNER (Klaus Lemke, 1986) – Etwas neben dem regulären Kanon an Lemke-Filmen firmiert diese Sam-Waynberg-Produktion, die den bewährten Schwabinger Humor jenes Regisseurs in der Mitte der 80er zu orten versucht. Die neue Generation des Anpflaumens startet allerdings mit Protagonisten bedingter Anziehungskraft, wenn man so will. Tanja Moravsky, Nikolas Vogel, Dominic Raacke und der Rest an Provinz-Damen wie Münchener Kerlen sind in ihrer Pomeranz weniger von herzlicher Naivität als von sprunghaftem Temperament geprägt, verlieren sich daher öfter in sehr lockeren und gleichsam intensiven Beziehungen, wie dann auch der Film an sich agiert: Abhängend wie abgehangen im Zeitgeist. Leicht sperrig, diese Sommerlaunen, aber gewiss nicht mundfaul voll Konfrontationsbock - so sehr, dass die Synchro im Vorbeigehen stets mehr beleidigte Leberwürste aus den Leuten macht, aber gerade da mangelndes Vertrauen in den Film offenbart. Tempo und Pointe bleiben daher eher kleinen (uneingeweihten?) Rollen, Gesten, Klamotten und Situationskomiken vorbehalten, während die feschen Teens wie eh und je ihre Möglichkeiten der Eifersucht austesten, anlernen und mit Gegensätzen anziehen. Der Zuschauer findet in dem Hin und Her leider bedingt Stichhaltiges vor, einen neuen Satz zur Herzensangelegenheit mitzumachen – gut also, dass jene Beziehungsposse nicht zu dolle für sich selbst aus allen Wolken fällt, nach unter 80 Minuten fertig in die Turbulenz d‘amour gaga aufgestiegen ist.


READY PLAYER ONE (Steven Spielberg, 2018) – Wo man den Eskapismus wüten lässt, muss es zwangsläufig auch mal eine empathische Dockingstation geben, doch in diesem digitalen Wunderland binnen einer Virtual-Reality-Dystopie hat es selbst ein Spielberg schwer, vom Polierten weg das Herzstück rauszukramen. Seine Führung zieht stattdessen höchst unpersönlich durch, die I-Love-the-80’s-Hobbynerds (aka Fans vom saulahmen Buckaroo Banzai) mit Eindrücken aus zig IPs im Strom zu halten, während der Junge (Tye Sheridan) auf der Jagd nach dem Schatz das Mädel (Olivia Cooke) trifft und die Welt vor dem Bösen rettet, Realität als einzig real erklärt und den Online-Kasten daher für jeweils 2 Tage in der Woche (!) dicht macht. Nichts gegen jene Essenz von Heldensage, wenn man diese abseits des Grundgerüsts anfüttern würde. Bei hiesigen Stereotypen kommt allerdings relativ nix neben der Markenidentität hinzu – schlicht grelle Gesellen in funktioneller Perfektion, die selbst mit Muttermal im Gesicht natürlich noch vor Schönheit strotzen. In jener denkfaul positiven Haltung ist der Widerspruch von Kommerzfreundlichkeit und Anti-Großkapitalisten-Adventure natürlich umso stimmiger im emotionalen Nirwana unterwegs - ebenso bleibt der technische Esprit auf Vordermann, also wie viele Renderfarmen in Sekundenschnelle verpulvert werden können. Und das ist zusehends anstrengender anzuschauen, so wie sich die Derivate im Pre-Viz-Mantra türmen. Eben ein Kinderfilm/Mini-Minority-Report äußerst flacher Spannungsebenen, als 3D-Tornado der Nostalgie verschachtelt und selbst dann nur bedingt spaßig (4mal „Echt-jetzt?“ inkl., aber auch mit einigen besseren, visuellen Witzen).

C. Thomas Howell

SOULMAN (Steve Miner, 1986) – C. Thomas Howell gibt die College-Nudel und der Film dazu nimmt ebenfalls die gewohnten dramaturgischen Mühlen der Bildung ins Visier, vom Schlendrian zum Musterschüler – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass sich jener via Blackface ins Stipendium wieselt und somit die ganze Palette an rassistischen Vorurteilen wie Klischees vom afroamerikanischen Mitbürger durchlebt. Check your privilege, sagt die moralische Note, konsequent stellt sich das aber noch lange nicht dar. Es bietet sich eher die zu erwartende Klamotte voller Notlügen, Missverständnisse und unverhoffter Ironie an, deren Lektion genauso gut einem Genrevertreter vom Schlage Body/Gender-Swap gleichen könnte. Der Mut (auch zur bissigen Satire hin) hält sich also in Grenzen, macht zudem noch Platz fürs aufrichtige Pauken in filmischer Gleichgültigkeit. Eine schnarchende Peinlichkeit, gäbe es nicht noch:


BODY OF EVIDENCE (Uli Edel, 1993) – Der Film mit der sexy Wachs-Szene, soweit dürfte ungefähr die kollektive Erinnerung zurückreichen. Was hier jedoch zusätzlich zum mühsam skandalösen Techtelmechtel zwischen Madonna und Willem Dafoe in die Sabbelschmelze getunkt wird, ist ein Gros an Langeweile, das sich zunächst anhand laxester Etablierungsüberholspur jedem Thrill verweigert, seine mickrigen Femme-Fatale-Verführungsskills sodann im ultrapedantischen Gerichtssaalkrimi einlöst. Zig stumpfe Wenden zur Waffe Frau darin ergeben kaum mehr als eine Handvoll müde Lacher, Uli Edel selbst nutzt die Gelegenheit daher lieber für die Lichtgestaltung/Puffbeleuchtung.

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