EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN - Was hier nicht alles drin steckt! Eine zeitlose Satire über suburbane Americana; ein zu Herzen gehendes Märchen-Melodram; eine symphonische Verbeugung vor der Fantasie, dem Expressionismus und schlicht dem Außergewöhnlichen; ein leichtfüßiges Ensemble-Stück knalligsten Kleinbürgertums, geschmeidig und clever in deren Farben, Frisuren, Haustieren, Faszinationen, Ängsten, Nettig- und Schwierigkeiten eintauchend; eine klassisch-süße Jugend-Romanze; der unfreiwillige, doch symbolisch-aufrichtige Abschied von Leinwandlegende Vincent Price; ein Film von selbstverständlicher Güte und tiefem, auch sehr visuell veräußerlichtem Verständnis für missverstandene Aussenseiter und ihrer Ambition nach Zusammengehörigkeit mit ihren Mitmenschen; ein Stück Kaspar Hauser; ein gutes Stück Camp; ein Stück Frankenstein und Frankenweenie sowieso; kalifornische Weihnachten; Provinznaivität und Schönheitswahn; zudem noch getragen von einer Rahmenhandlung der zauberhaften Gute-Nacht-Erzählung-mit-emotionaler-Reminiszenz. Da könnte man zweifellos noch ausführlicher werden, aber in diesem kaum gealterten 90er-Jahre-Werk von Tim Burton kann man so viel entdecken und lieben lernen, dass es sich kaum fassen lässt, wie natürlich das alles zusammenfindet. Eine schöne und noch bis zum heutigen Tage quicklebendige Leistung mit Tränengarantie! Wer da eine fix konzentrierte Ladung vom empathischen Kern als Motivation zur Ansicht des Films braucht, sollte sich einfach mal diesen alten Teaser Trailer anschauen, lohnt sich:
'84 TAEKWON V - Um 1984 herum hatte die südkoreanische
Animationsschmiede Seoul Donghwa den Dreh einigermaßen raus.
Im Vergleich zu Kim Cheong-gis „Run, Wonder Princess!“
(1978) bringt derselbe Regisseur mit „'84 Taekwon V“
zumindest aufwendigere Bilder und Bewegungen zum Vorschein.
Allerdings hat sich innerhalb der sechs dazwischenliegenden Jahre
nicht alles zum Positiven gewendet. So beherbergt dieser Film als
sechster Teil von insgesamt sieben „Robot Taekwon V“-Streifen
einen Abklatsch von Mazinger Z, jenen bekannten Riesenroboter
aus japanischen Mangas und Animes, als titelgebenden Beschützer der
Menschheit. Plagiatsvorwürfe kann man also auch hier machen. Auch
was die Sorgfalt zur Synchronisierung der Tonspuren angeht, lässt zu
wünschen übrig - da werden teilweise sogar ganze Einstellungen mit
bewegten Mündern gezeigt, ohne, dass überhaupt Dialoge herauskommen
oder noch anhand fehlerhafter Anpassung nachgereicht werden.
Dies geht auch einher mit gewissen anachronistischen Hintergründen und Kontinuitätsfehlern in der visuellen Gestaltung, über deren Einsatz man sich schlicht nur wundern oder transzendentale Metaphysik hineininterpretieren kann (siehe den Endkampf, in welchem Bösewicht Hyun eigentlich im Cockpit des Roboters Kang-ga Q sitzt, dann aber in einer Einstellung irgendwie doch direkt hinter ihm zu schweben scheint). Ganz besonders der kleine Sidekick Chul lebt von fantasievollster Logik, da er in seiner Verkleidung als Roboter mit einem Teekessel als Kopf anthropomorphe Mimiken darbieten kann - dasselbe gilt übrigens für manche Mechs, die mit der Wut eines Gorillas gestikulieren können. Ein Vorteil, den man als internationaler Zuschauer aber aus der ganzen Sache ziehen kann, ist, dass eine Fassung mit Untertiteln existiert. Nur ist es ein Stück ernüchternd, welche Inhalte in den Dialogen transportiert werden. Im Grunde tragen sie die schlichte Einfältigkeit der Bilder genauso stimmig zusammen, wie man es auch mit Sprachbarriere hinkriegen könnte; zudem wird ständig explizit das ausgesprochen, was gerade passiert und wer derjenige ist, der etwas macht - als wenn man das nach einiger Zeit nicht langsam wüsste.
In der Handlung geht es jedenfalls zunächst darum, dass sich der junge Hühne Hoon auf eine nahende Taekwondo-Meisterschaft vorbereitet, wobei er mit seiner Kampfkunst zugleich im Auftrag des Militärs die Bewegungen von Robot Taekwon V - laut seines Erfinders Dr. Yoon der stärkste Roboter im ganzen Universum (!) - ausführen kann. Hoon bandelt ansonsten gerne mit seiner Freundin Mina an, doch sie ist betrübt von der manisch abweisenden Ambition ihrer Mutter Dr. Cho, den toten Bruder Hyun wieder zum Leben erwecken zu wollen. In dem Fall nimmt der Film nämlich eine Gegenhaltung zur Wissenschaft ein, da Frau Cho in dem Sinne Gott spielt und gegen die Natur handelt - diese Ideologie wird nicht nur vom Narrativ, sondern auch vom Erzähler zum Schluss hin mit eben jenen religiösen Implikationen forciert. Irgendwie eine recht geheuchelte Moral, wenn dann gerade humanoide Roboter die Welt davor retten.
Jedenfalls erklärt sich der Film seine Antipathie dadurch, dass Hyun zwar mit wohlgemeinten Vorsätzen kreiert wurde, jedoch als Cyborg mit weit klügerem Hirn als das eines Menschen (was er auch so knapp zwanzig Mal erwähnt) die Weltherrschaft anstrebt, gegen seine Schöpfer rebelliert und Armeen an Robotern zum Angriff von einer Vulkaninsel aus mobilisiert - ein kleiner Vorgeschmack auf „Avengers: Age of Ultron“? Nun gilt es also, den Fiesling auszuschalten und das ergibt sich in einem mehr oder weniger kurzweiligen Prozedere der Infiltration mit gelegentlichen Kampfmanövern in angenehm portionierter, aber berechenbarer Reihenfolge. Sowieso erscheinen die Genre-standardisierten Anzüge, Helme, Kampfstationen und Laserknarren auch nicht gerade beschwingter, wenn man sie denn schon wie in diesem Fall zum sechsten Mal in Reihe sieht und diese ohnehin aus anderer Quelle geborgt wurden.
Dennoch bleibt ein souveränes und actionreiches Kinderabenteuer mit einigen verballerten Spitzen, wie zum Beispiel jene Szene mit einigen Robotern, denen die Schaltkreise durchbrennen, nachdem ihnen (geradezu bezeichnend für den Gesamtfilm) schlicht gesagt wird, dass eine der taffen Mädels vom Taekwon-V-Team, das sie gerade vor sich sehen, eine heiße Roboterdame wäre. Da steigen sogar Herzchen aus den Maschinen in die Luft! Dennoch fehlen einem als Gourmand außergewöhnlicher Filmerfahrungen die unfassbaren Sparmaßnahmen der Animation eines „Run, Wonder Princess!“ oder auch die ungestüme Manie eines „Lightning Atom“. Eben viel zu normal, um einen faszinierenden Einblick in die abgefahrenen Tiefen verhonkten Zeichentricks abzugeben.
SCALPS - Wenn Bruno Mattei und Claudio Fragasso, die Superhirne hinter solchen Botschaftsknallern vom Schlage "Hölle der lebenden Toten" und "Die Riffs III - Die Ratten von Manhatten", einen Südstaaten-Western in Angriff nehmen, sollte man keine allzu feinfühlige Interpretation des Genre-Terrains erwarten.
So ist ihr relativ spät nachgeholtes Italo-Wüstenabenteuer vollgepackt mit plakativen Konföderierten-Arschlöchern inklusive Rape-&-Massenmord-Auftrag à la "Das Wiegenlied vom Totschlag", reißerischen Gewaltszenen (es wird dem Titel gemäß ohnehin reichlich skalpiert) und einer zentralen Botschaft, Rassismus und Unterdrückung zu besiegen, indem "Weiß" und "Rot" zur tödlichen Gegenwehr ansetzen (natürlich als Mann & Frau, weshalb Er als Weißer zugeben muss: "Du bist nicht so wie die anderen Indianer (oder wie er sie meist nennt: Savages. War wohl halt damals so.)."); in großen kathartischen Gesten das Haupthaar von der Schädeldecke schnippeln.
Dazu gibt's immerhin einen kurzweiligen Bilderreigen auf mittelmäßigem Standard, zweckmäßige Darstellerleistungen (wobei Mapi Galán als Yari das intensivste Leiden aufspielen darf) und einen Soundtrack, der einerseits elektronische Orchester auffährt und andererseits aus dem Archiv der Meister (u.a. Morricones & Nicolais Score zu "Lauf um dein Leben") plündert. Passt zum Film, der größtenteils ziemlich austauschbar ist und seine Genre-Selbstverständlichkeiten als platt-zynisches Rache-Ventil von Gut & Böse gebraucht.
Ist nicht unbedingt die schlechteste Option und in der Ehre zum Spaghetti-Western auch einem ordentlichen, wenn auch räudigen Showdown zwischen "Zwei glorreiche Halunken" und "Wild Bunch" verpflichtet (ein bisschen "Der Mann, den sie Pferd nannten" ist dank Nippelhaken ebenso vertreten), der in seiner dramaturgischen Bedeutungsabsicht zudem typisch Fragasso'sche "Größe" besitzt.
Insgesamt dennoch ein Stück sehr simpel, sowieso exploitativ, nicht unbedingt mit einem adäquaten Frauenbild ausgestattet und naiv bis zur Hutschnur, aber auch kein lahmer Kuhfladen wie einige Joe-D'Amato-Western. Wenn man schon alles vom Genre sehen will, dann sollte man sich auch hier keinen Zwang antun - auch wenn's teilweise echt assig ist.
Bouns-Zeugs:
DER NANNY - "[...] Jedenfalls sind die Kids über ihren neuen Bewohner nicht gerade erfreut und testen schon mal aus, wie heiß sie ihm das Leben zur Hölle machen können. Deshalb kriegt er wortwörtlich einen Chili-Cocktail serviert. Nun blubbert es im Magen, Verdauungshumor inklusive verdrehter Augen im Anmarsch! [...] Wem bei diesen Aussichten schon ein Lachkrampf überkommt, sei gewarnt, dass der Film sich dann doch im Verlauf etwas ernst nimmt. [...] Es ist geradezu unfassbar, wie engstirnig die ältesten Kamellen aus über hundert Jahren Filmgeschichte zur Hymne für Familienzusammenhalt aufgewärmt werden. [...]"
(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)
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