Sonntag, 22. März 2015

Tipps vom 16.03. - 22.03.2015



MAN OF STEEL - Im Rahmen von CEREALITY's Superhelden-Retrospektive durfte ich nochmal über einen meiner Lieblingsfilme der letzten Jahre schreiben. Hier nun also mein ultimatives Statement zum kontroversen Superman-Reboot in fast 2000 Wörtern:

"[...] Zack Snyder hat zwar Respekt vor den Jahrzehnten an Vorlagen, welche das Charakter-Ensemble um Superman Stück für Stück aufgebaut haben – in seinem Drang, diese Verhältnisse auf die Essenzen genau zu destillieren und in ein muskulöses Kino der Eskalationen umzusetzen, erbaut er sich jedoch eigenen künstlerischen Respekt. Dazu gehört auch der Fokus auf eine Ästhetik, die mit knöchernen Waffen, verrotteten Schädeln und bizarren Kommunikationssystemen unterm Sternenhimmel zum befremdlichen Staunen einlädt. [...]

 
Die Vorstellung eines allmächtigen Wesens findet hier seine furchterregenden Ausmaße. Das kann letztlich auch nicht von Superman aufgelöst werden, der noch nicht der souveräne Held sein kann, den die Comics porträtieren. Snyders kompromisslose Tour de Force wirft hier ihre kontroversesten Schatten, wie sie auch einen beständigen Druck von sich selbst fordert. Geradezu atemlos verengt sich die Zeit, in welcher der Schrecken von Krypton noch verhindert werden kann. Jeder Moment jongliert mit der Eskalation und bringt das Publikum in angespanntes Schwitzen. Die Sicherheit einer gängigen Comicfilm-Erfahrung ist nicht gegeben, dafür aber die audiovisuelle Einbeziehung in finstere Perspektiven.
[...]"


(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




LOST RIVER - Endlich mal wieder ein Film, der nichts Festes erzählen will; der träumt und in der Dunkelheit summt. Logik und Narrativ bleiben abstrakt und vage, es zählt stattdessen die ungewisse Stimmung ruinierten Americanas, eingebettet in Strahlen neonbunter Suburbia-Gotik. Hier brodelt das Feuer in der Nacht; nicht immer ersichtlich, aber der Gashahn ist stets aufgedreht. Drum zieht ein lethargischer Kummer über die Häuser, Gräser, verrosteten und gefluteten Pfade des Lost Rivers (Detroit). Mittendrin eine ebenso desolate Familie am äußersten Rande der Existenz; Kupfer stehlend oder in undurchschaubar-konstruierten Nachtclubs den anachronistischen Todeszauber aufführend. Nichts führt zur Auflösung, meistens eher in weitere menschliche Tiefen. Die Flucht in weiche Skizzen von Erinnerungen bringt auch nur den machtlosen Schlaf; der Halt an Mitmenschen und Haustieren ist nur von vorübergehender Entlastung - die Sehnsucht aber bleibt.


Wieso? Weshalb? Warum? Gibt keinen Grund zu fragen, weil es keine Antworten geben wird - nur der Einblick in die hypnotisierte Ermattung einer Zwischenwelt, von Kräften der allgemeinen Ziellosigkeit hin und hergerissen. Ryan Goslings Regiedebüt ist daher durchweg unberechenbar, uneindeutig und wenn man so will belanglos...als wenn es denn beim Medium Film immer um einen bestimmten Sinn ginge. Was ist nämlich, wenn es ein Film "nur" auf die sinnliche Erfahrung abgesehen hat, entschieden abgetrennt von komplex durchorganisierten Figuren und Spannungsbögen? Wo ein unerklärlicher Drang Körper in Lichter, Blut und Finsternis steuert; eine audiovisuelle Lust im 35mm-Korn zusammenfließt - wohlgemerkt in zahlreichen mehr oder weniger offensichtlichen Inspirationen badend, an welchen sich die jeweiligen Fanbases laben oder mokieren können.


Ein Schmelztiegel an Einflüssen ist aber keine exklusive Eigenschaft dieses bestimmten Werkes, wie auch Traumgebilde keine mentalen Projektionen ohne Herkunft sind - daraus entsteht immer etwas Neues und Wirres, entbehrlich wie auch unfassbar schön. Wozu soll das dann gut sein? So etwas, was nur für sich lebt; im Dunkeln oder im individuellen Hirn vor sich her glimmt? Ist erstmal wurscht. Hauptsache, sowas fern der Gefällig- und Sinnhaftigkeit darf sich überhaupt auf der Leinwand entpuppen und ins Leere laufen lassen; gleichsam verrauscht und grausam an den Sinnen entlang fließen. Eben die Definition dafür, worauf man sich bei einem "Lost River" theoretisch einlässt: Fall ins Kino und versuch danach erstmal, wieder rauszukommen. Erlebt man auch nicht alle Tage.




WILLKOMMEN IN DER HÖLLE - Basierend auf dem gerade mal drei Jahre zuvor erschienenen (und noch immer knackigen) Italowestern "Die sich in Fetzen schießen", adaptiert Cesare Canevari dasselbe Genre-Prozedere zu einem wahrhaft wilden Exemplar europäischer Psychotronik und fängt sich im Zynismus einer neuen Härte, wo sich vorher noch Rollenmodelle des Eskapismus zu Heldentaten animieren ließen. Viel mehr ist davon jedenfalls nicht mehr übrig, wenn man denn mal vom Arsenal an Bumerangs abzieht, das als Vehikel der Gerechtigkeit stumpfer als jede Kugel einschlägt.


Die damalige Handlung ist größtenteils dieselbe, nur eben auf ihr nacktes Knochenmark runter gebrochen, lediglich mit einer Handvoll Dialogen versehen und als narrative Klammer für surreale Wut entsprechend im Hintergrund angesiedelt. Insbesondere der Schlusspunkt wird fern seines kathartischen Ursprungs in eine geisterhafte Leere geführt, die sprachlos zurücklässt; keine Erlösung, nicht mal im Fegefeuer, verspricht - quasi eine stille Überspitzung der Hoffnungslosigkeit vom Vorgänger, der zwar ebenso in unmenschliche Härten, aber nicht in solch eine unnachgiebige Sinnlichkeit vordrang wie hier.


Stattdessen herrscht ein durchweg nihilistischer Wahn im Wirbelsturm der Western-Hölle. Empathie und Identifikationsfiguren sind also Mangelware - es grassiert ein Fieber auf der Leinwand und als Zuschauer ist man der fatalistischen Teilnahme am Exzess und seiner anarchischen Kohärenz machtlos erlegen. Der bestialisch verballerte Score von Mario Migliardi gibt da schon druckvoll den Ton an, die größtenteils von Hand geführte Kamera Julio Ortas' durchbricht aber ohnehin schon alle Grenzen visueller Gefälligkeit. Der radikale Rausch kennt da keine Ruhe, eher eigenwillige Beats zur einschleichenden Zerstreuung des Geisteszustandes aller.


Ob nun Millisekunden lange Schnittbilder die Präsenz von Geistern im dunklen Staub suggerieren, der inmitten von Ruinen um zweckloses Gold delirierende Showdown den Himmel umkreist oder Brutalitäten von "Gut" & "Böse" in hypnotischer Zeitlupe angesetzt, jedoch irritierend im Off ausgeführt werden: Alles ist befremdlich, irrational und kein Stück subtil, ab und an auch schlicht behämmert, doch einen derartig ungestüm-desorientierenden Low-Budget-Trip wird man jenseits von "El Topo" nicht so oft vorfinden. Seit dem 15. Januar 2015 in Deutschland auf DVD erhältlich.




TRACERS - "[...] Es wird schroff, dreckig und rasant, wie man es gerne erwartet; zaubert dafür jedoch keine allzu plakativen Zufälligkeiten aus dem Hut und gewährt dem Zuschauer die erfüllende Fantasie eines jeden gewissenhaften Genre-Dienstes. Das wirkt naiv, aber ehrlich – und entledigt sich dank technischer und narrativer Konzentration auf rohe Greifbarkeit vom Zynismus aufgedunsenen Blockbuster-Gestus. [...]"


(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




TINKERBELL UND DAS GEHEIMNIS VOM NIMMERBIEST - Ohne Vorkenntnis in den angeblich letzten "Tinkerbell"-Film dieser Generation zu gehen, ist gar nicht mal so ein konfuses oder gar peinliches Unterfangen, wie man es sich als erwachsener Mensch jenseits der Zielgruppe vielleicht vorstellt. Im Gegenteil: Der etwas am Rande produzierte Kinderfilm verlässt sich auf schnell identifizierbare Rollenmodelle und Genre-Versatzstücke; ohnehin geht es kaum um Tinkerbell oder einer tief verwurzelten Storyline à la Marvel und Co. Im Zentrum steht nämlich die Freundschaft der aufgedrehten und oft in Schwierigkeiten geratene Fee Emily zum berüchtigten Nimmerbiest, welches sie "Grummel" tauft.


Emily soll sich laut Königin und Vorgesetzten nach einigen unvorteilhaft destruktiven Eskapaden von größeren Kreaturen fernhalten, jedoch kommt sie nicht umhin, den großen Racker vom grünen Kometen ins Herz zu schließen. Da der Film mit ca. 76 Minuten Laufzeit sehr kurz daherkommt, ist das Konfliktpotenzial dieser Situation eher auf formelhafter Basis gegründet: Feenkriegerin Nyx hält das Wesen aufgrund einer alten Prophezeiung für ein Garant des Verderbens im Feenreich; Emily versucht da noch zu schlichten, muss ihren pelzigen Gesellen jedoch zum vermeintlichen Wohl aller loslassen.


Ein stärkerer Fokus auf diesen emotionalen Kern hätte dem Film wohl getan, bei dieser Konstellation spielt er im Studio-Output leider nur in etwa die zweite Geige; hat sich sowieso dem stiefmütterlich behandelten (und kostengünstig animierten) Tinkerbell-Franchise unterzuordnen, wobei die titelgebende Peter-Pan-Fee nur noch allzu forciert in die Handlung eingefädelt wird. Nichtsdestotrotz steht die sympathische Emily und ihr Plädoyer für "Grummel" größtenteils im Vordergrund, wird von einigen schicken KT-Tunstall-Songs, harmlos-drolligen Gags sowie einer Disney-Dramaturgie zum Dahinschmelzen getragen - allerdings auch konsequent bis zum regelrecht bittersüßen Downer-Ende, also Obacht, werte Eltern!

Hätte man aber mal ein eigenständiges Wesen aus der innewohnenden Geschichte machen können - da schlummert ein Gewinner mit Ghibli-ähnlichem Potenzial drin...naja, vielleicht in 1000 Jahren nochmal. Funktioniert aber zweifellos auch so.




DIE BESTIMMUNG - INSURGENT - "[...] Der Ungewissheit vom Anfang wird im wortwörtlichen Zweikampf entgegen geboxt, wie auch andere Mitstreiter des verhaltenen Widerstands ihre Richtung jenseits der vorbestimmten Fraktionen finden. Eine späte Einsicht der Freimütigkeit, wie man es auch dem merkwürdig faszinierenden Film an sich zugestehen muss. Nichtsdestotrotz ist der Weg dorthin – im Narrativ wie auch in der Gesamtgestaltung – ein verworrenes Unterfangen, das zwar voller Sturm und Drang der Erlösung entgegen fiebert, aber nur selten Befriedigung findet. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

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