Sonntag, 2. März 2014

Tipps vom 24.02. - 02.03.2014 (Oscar-Edition)



GROSSE FREIHEIT NR. 7 - Die Stimme des Individuums ist mitunter eines der wertvollsten Güter, die der Menschheit erst ihre wahre Größe verleihen. Wo, wenn nicht in der Kunst, erleben wir tagtäglich die Bestätigung dafür? Ein leuchtendes Beispiel findet man in diesem Werk von Helmut Käutner, der als Filmemacher im dritten Reich Geschichten auf die Leinwand brachte, mit denen sich zu jener Zeit keiner messen konnte und die auch heute noch ihres Gleichen suchen. Sicherlich gab es in der Nazi-Ära der unterdrückten Kunsterschaffung einige beachtliche Talente, die mehr oder weniger ihren eigenen Weg gehen konnten, ob nun im Ästhetischen, Melodramatischen oder Komödiantisch-Artistischen (nicht unbedingt im Ideologischen).

 
Doch bekommt man mal unter all jenen Erzeugnissen einen waschechten Käutner-Film zu sichten, erscheint es kaum fassbar, dass jener unter den bekannten Umständen so fertiggestellt werden konnte. 'UNTER DEN BRÜCKEN' war ja schon ein bezeichnend-humanistisches Wunderwerk von ihm, 'GROSSE FREIHEIT NR. 7' geht da noch ein Stück weit tiefer in das kontemporäre Deutschland und erforscht dessen unpolitische, sehnsuchtsvolle Seele in überquellenden, leidenschaftlichen Agfacolor-Farben.

 
Geschickter Weise lockt er da seine Charaktere und uns Zuschauer schon mit der bunten, einladenden Revue-Optik der Reeperbahn (nachgebaut in Prager Studios, wo sich doch schon die Außenaufnahmen in Hamburg durch Fliegerangriffe und Ruinen-Skylines schwierig gestalteten) in ein eskapistisches Mekka des deftigen Frohsinns. Schnell wird unserem hyper-sympathischen Protagonisten Hannes Kröger (Hans Albers), Shanty-Sänger im Hippodrom, allerdings die Härte der Realität bewusst, als er seinen von ihm entfremdeten Bruder am Krankenbett verliert. Die Flucht zurück ins Hippodrom soll Ablenkung schaffen, doch das Gefühl lässt sich nicht übersehen.

 
Während andere Filme aus Nazi-Deutschland meist in Komödien und Tanzrevuen die Flucht ins ablenkende Triviale propagierten, befasst sich Käutner gerade dann mit den Sorgen der Menschen, die durch bloße Unterhaltung nicht weggewischt werden können - ein aufrichtiger Ansatz, der sich sodann im Verlauf des Films vollends empathisch entfaltet. Da holt Hannes die vergangene Liebe seines Bruders, Gisa (Ilse Werner) nach Hamburg, fern vom anstrengenden Trott des mühselig-provinziellen Landlebens hinein in die aufregende Großstadt und verliert dabei sein Herz an sie, die er liebevoll 'La Paloma' nennt - er fängt an, sich Hoffnungen zu machen.

 
Das legt sich auch in seiner Performance des beliebten 'La Paloma'-Liedes nieder, welche so schwer und dringlich aufklingt, dass jeder seiner Bekannten im Milieu eine Wandlung an ihm bemerkt. Im Zeitalter der Gleichschaltung durchaus beachtenswert, erst recht, da dieser Stimmungsumschwung nicht mit bösartigen Argusaugen beobachtet wird, sondern mit Herz für den hanseatischen Barden. Denn so sehr er sich auch auf dieses neue Glück freut, so hadert er doch noch immer schweren Herzens mit seiner Verbundenheit zur alten Braut, der See.


Wovon er allerdings noch nichts ahnt, ist die sich langsam entwickelnde Romanze zwischen Gisa und dem gewitzten Willem (Hans Söhnker), dessen Lebensmotto sich schon von der ersten Szene seines Charakters abzeichnet, in welcher er mit der Hand am Automaten, auf dem 'Wer wagt, gewinnt' steht, erstmals die unschuldig-begehrenswerte Deern erblickt. Trotz aller Sympathie für unseren Hannes nehmen wir es den Beiden nicht übel, dass sie schlussendlich zueinander finden. Doch dem Verbliebenen wünschen wir durchweg sein persönliches Glück und fiebern mit ihm mit, wenn ihm obgleich aller handfester Bemühungen und aller süßer Gesten die persönliche Erfüllung nicht gelingt.

 
Regisseur Käutner schaut da mit warmem Geschick ins menschliche Herz, setzt mit der Lichtführung auf offenbarend-aufscheinende Augenpartien inmitten des milchigen Hafen-Ambientes und erspäht in einvernehmlicher Vermittlung die natürliche Ungezwungenheit & Leidenschaft seiner Darsteller in detailliert-anschmiegender, doch realistischer Umgebung - fern von plakativen Schwank oder schwülstig-konstruierter Melodramatik, nahe an den herausschwemmenden Emotionen in der meisterhaften Mimik seines Ensembles. Das geht sogar so weit, dass Käutner sich in die fantastisch-expressionistischen Träume seines Hannes begibt. Das Aufzeigen einer individuellen Gedankenwelt: in jeder Hinsicht eine absolute Besonderheit im Kino des dritten Reichs, erst recht in solch einem humanistischen Kontext.

 
In jenen Träumen erkennt man dann nochmals Hannes Zwiespalt zwischen seinen zwei Liebeleien, jeweils mit Gisa und mit der See - die Hoffnung auf das letztendliche Glück lässt ihm so oder so keine Ruhe und versetzt ihn sowohl in wütende, als auch engagierte Ekstasen, die ihre bittere Fallhöhe mit der Erkenntnis davon erleben, dass Gisa sich doch für den Anderen entschieden hat. Dass er nach diesen niederschmetternden Stunden der Einsamkeit allerdings doch erkennt, dass ihn die See und seine alten Kumpels stets mit offenen Armen empfangen und schlicht mit einem Lied allesamt wieder Mut fassen können, entlädt sich sodann auch beim Zuschauer.


Und selbst wenn ich jetzt versucht habe, ein Stück weit das Geschehen dieses Films zu umschreiben, dürfte es mir doch letztendlich unmöglich sein, adäquat auszudrücken, inwiefern mich die 'Große Freiheit' doch tief packen konnte, mich und seine Charaktere mit unendlicher Würde & Liebe aufnahm und von Anfang bis Ende unter die Arme griff. Ebenso unmöglich erscheint es ohnehin, dass so ein einfühlsamer, universeller und doch 100%-ig eigenständig-leidenschaftlicher Film unter dem wachsam-misanthropischen Auge eines Goebbels durchsickern konnte (man bemerke auch die im Film dargestellte, leicht furchtsame Gewitztheit gegenüber der durch einige Wachtmeister repräsentierten Obrigkeit) - Gott sei dank ist es Käutner geglückt und uns erhalten geblieben, dieses Abbild von echten Menschen aus einer finster-unheilvollen Zeit.




LOBSTER - EPISODE 6: DAS KIND - Heute habe ich die Ehre, zum leider letzten Mal über eine Episode der nur 6-teiligen LOBSTER-Serie zu berichten. Es betrübt mich schon einigermaßen, dass zu jener Zeit nicht noch mehr Staffeln in die Wege geleitet wurden und somit ein allumfassend-befriedigender Abschluss nicht gewährleistet werden konnte. Und dennoch bin ich froh, zu guter Letzt doch noch eine der besten Folgen gesichtet zu haben, die alle eigensinnigen Stärken der Sendung nochmal wunderbar zur Geltung bringt.

Das Thema Familie war schon immer eine feste Grundlage für die Abenteuer des Privatdetektivs Lobster, welcher gemeinsam mit seiner Tochter Ellen den Alltag zu meistern versucht, um die Miete zu bezahlen und dafür jeden möglichen Job annimmt - Hauptsache, man bleibt eine Einheit. In dieser Folge mit dem bezeichnenden Titel 'DAS KIND' strebt der humanistische Familiensinn nach neuen, gütigen Wegen und bemüht sich am schlussendlichen Pfad der Wiedergutmachung um jene Empathie, welche diese Serie von Anfang an so besonders machte.


Ausschlaggebend dafür steht bereits wie so oft das Gespräch zwischen Vater und Tochter am Frühstückstisch, wo er von einem Briten berichtet, der angeblich aus 100 Pfund mit einer Rasierklinge 200 machen konnte. Lobster selber würde das auch gerne mit 100 D-Mark hinkriegen, wobei ihm Ellen aber klar macht, dass sie im Augenblick ja nur 10 Mark zur Verfügung hätten. Ihr reicht das aber schon aus, um sich per Bus und Bahn nach neuen Minijobs umzuschauen - alles im Lot also. Bei Lobsters ist das Himmelreich nämlich ohnehin schon auf Erden, wird die Schlafzimmertür doch wie gehabt von einer blauen Himmels-Tapezierung umschlossen. Auch der Herr Papa ist guter Dinge und drängt wie gehabt nicht darauf, unbedingt einen Auftrag anzunehmen - erst, als er Ellen im spielerischen Ton seine Erhabenheit beweisen will, geht er darauf ein und schon landet ausgerechnet ein Scheidungsfall vor seinen Füßen, bei dem er einen gewissen Giuseppe Scaffi für eine Zeugenaussage aufsuchen soll.


Bei dem zuhause findet er aber nur dessen Sohn Nicky (der noch heute in Krimiserien aktive Oliver Lentz) vor, der selber nicht zu wissen scheint, wo sein Vater steckt und der seine Freizeit in einer verlassenen, vermüllten Fabrik mit Schießübungen verbringt. Lobster probiert zwar über ihn eine Lösung zur Suche nach dem Zeugen zu finden, ist da aber noch immer ein ausgesprochener Menschenfreund und bietet dem scheuen, flinken Jungen seine Freundschaft an - schließlich ist er auch ein Familienmensch und weiß mit Kindern umzugehen, erfüllt daraufhin gewisse Anwandlungen einer Vaterfigur; liegt es ihm daran, wenn's schon nicht mit dem Geld klappt, sein wahres Glück (die familiäre Einheit) auf diesem Wege zu teilen? Zudem setzt er sich auch wohlmeinend in Kontakt mit der mütterlichen Tante des Jungen, von der er erfährt, dass Giuseppe mit seiner Geliebten (Mascha Gonska) davonsegeln möchte.

 
Nun nutzt Lobster sein etabliertes Vertrauen bei Nicky etwas perfide aus, um den Job möglichst kurz und schmerzlos über die Bühne zu bringen - verklickert ihm, dass sein Vater bereits ohne ihn abgedampft sei, was dieser zwar skeptisch, aber doch nervös beäugt; jedenfalls Lobster auffordert, ihm nicht hinterher zu spionieren, worauf dieser auch bereitwillig eingeht. Der Trick bei der Sache ist: Lobster schickt Ellen voraus, um Nicky zu folgen und so den Aufenthaltsort seines Vaters zu erspähen. Beachtlich wirkt allerdings, dass diese leicht verschämte Spionage auch als erster, neugieriger Annäherungsversuch einer großen Schwester zu ihrem faszinierenden, neuen Brüderlein gelten könnte, so wie sich Lobsters väterliche Beziehung zu dem Jungen bis hierhin entwickelt hat.


Wer aber mit der Rasierklinge sein Glück zu teilen versucht, begibt sich unweigerlich auf gefährliche Pfade. Sobald Lobster nämlich dem angeblichen Anwalt seines Klienten (dessen Namen er nicht mal weiß) die Position vom Herrn Scaffi mitteilt und von jenem kalt dahersprechenden Rechtsvertreter fix abgewimmelt wird, entsteht in ihm schnell kombiniert der Verdacht, dass er offenbar einen Fehler begangen hat - ruft daher seine Kollegen bei der Polizei an, ebenfalls schnell vor Ort zu sein. Doch jede Hilfe kommt zu spät: Nicky muss mit ansehen, wie seinem Vater in den Kopf geschossen wird und Lobster erblickt in Folge dessen aus schuldbewusster Distanz den verstörten, einsamen Jungen.
Ein introvertierter, tief-bitterer und von der Kamera sorgsam eingefangener Moment des Leidens.


Lobster will es ihm wieder gut machen, in gewisser Weise die Erwartungen einer Vaterfigur erfüllen und den Mörder aufsuchen (was er auch der besorgten Tante Nickys hoch versprochen hat). Dass er ihn dabei in der alten Fabrik zusammen mit 'der neuen Schwester' Ellen aufsucht, ist zwar ein gewisses Schuldeingeständnis beider, da sie ja fataler Weise zusammen ein Kind ausgetrickst haben, wird aber von Nicky so gedeutet (da er Ellen wiedererkennt), dass Familie Lobster den Mord an seinem Vater verübt hat - flüchtet sodann zurück in die finster-verdreckte Einsamkeit des verrosteten Fabrikgeländes.

 
Nun ergibt sich Lobster erstmals in der Geschichte der Serie dem Suff aus Frust, macht sich selbst Vorwürfe, ein Schwein und ein Idiot zu sein. Ihn plagt die Schuld und auch Ellen, die besonnen hinzu kommt, erkennt ihm diese an, fördert aber aus ihm heraus, dass er sich aufrappelt, um Wiedergutmachung zu leisten - selbst wenn er sich vorher noch ordentlich auskotzen muss. Schließlich beginnt er erneut mit cleverer Härte die Ermittlungen aufzunehmen, verlangt von der Geliebten Scaffis direkte Antworten, forciert darin aber inständig, dass er es dem Kind zuliebe macht und kommt somit geradewegs auf die Spur seines schwer auffindbaren, doch mörderischen Auftraggebers - welcher nach einem unscheinbaren Gespräch den 'Anwalt' nun auf Lobster ansetzt.


In dem spannenden Finale der Geschichte bricht der verzweifelte und zur Rache entschlossene Nicky in Lobsters Wohnung mit seinem Gewehr ein, um diesen aus dem Hinterhalt, sobald er nach Hause kommt, zu erschießen. Eine wahrlich bittere Wendung, wenn Nicky nicht bemerken würde, dass der Auftragskiller ebenfalls seinen Weg in die Wohnung bahnt, weshalb er sich im heimeligen Schlafzimmer mit dem Wolkenhimmel versteckt. Durch ein Geräusch lenkt er die Aufmerksamkeit auf sich und läuft dadurch Gefahr, in diesem 'neuen Zuhause' vom Killer erlegt zu werden. Doch Lobster ist schnell zur Stelle und macht den Mörder mit einem Schuss in die Schulter unschädlich.


In diesen letzten Momenten der Serie gelingt ihm ein Gefühl der Geborgenheit und Genugtuung für diesen einsamen, zwischen seinen Emotionen hin- und hergerissenen Jungen und erlebt im Gegenzug seine ultimative Vergebung - ein universelles, befreiendes und bewegendes Einverständnis; der Wiederaufbau einer 'Familie'. Diese gezwungenermaßen letzte Episode im Lobster-Zyklus stellt zwar wie gesagt keinen dramaturgisch auflösenden Abschluss des Gesamtkonzepts dar, funktioniert aber dennoch als vollends befriedigende Konzentration der lieb gewonnenen Elemente der Serie. Regisseur Geissendörfer geht dabei erneut mit einem audiovisuellen Verständnis heran, das sich ebenso effektiv in der nachvollziehbaren Charakterzeichnung seiner gebrochenen und herausgeforderten Figuren widerspiegelt - wobei Lobster hier so stark wie noch nie an die ethischen Grenzen seines (nur bedingt Genrekonventionen erfüllenden) Berufes gerät und deren bittere Konsequenzen erleben muss.

Und dennoch setzt er ein Zeichen der Hoffnung und der Güte, mit dem man jeden frühen Morgen erneut familiär und verschmitzt zusammensitzen kann, auch wenn einem Geldsorgen im Nacken sitzen - solange der soziale Wille jede herankommende Herausforderung in gemeinsamer, lockerer Einheit zu bewältigen versucht, lässt es sich leben. Die dunklen Seiten jenes Lebens mögen zwar um jede Ecke lauern, aber es gilt, sie nicht bloß mit der groben Kelle zu vertreiben, sondern mit einem verständnisvollen Sinn für Gerechtigkeit, auf allen Seiten, zu konfrontieren. Die Welt, die diese Serie für sich erschaffen hat, mag zwar in den Augen mancher zeitgenössischer Kritiker weit hergeholt gewesen zu sein. Ich jedenfalls würde mich nur allzu gerne freuen, wenn mehr moderne Krimiserien einen derartig bodenständigen und empathischen Ansatz anhand ihrer Pro- und Antagonisten versuchen könnten, anstatt dem reißerischen Genre-Konsens zu gefallen - dabei tatsächlich mal die Schwarz/Weiß-Färbung ihrer Weltanschauungen auszusortieren. LOBSTER hätte in seiner Umsetzung eben dieser erfrischenden Komponenten noch mehr Unterstützung verdient gehabt, so aber bleibt uns auf ewig - in 6 abgeschlossenen Fällen - der eindrückliche Beweis für die erstrebenswerte Wirkung von Geissendörfers ambitioniertem Konzept. Hut ab!




BREAKING POINT - Schon der Vorspann versetzt den Zuschauer in unangenehme Verwirrung. Wissend, dass er es hier mit einem schwedischen Film zu tun hat, klatschen ihm nämlich eine ganze Reihe amerikanisierter Pseudonyme entgegen. Nun ist das ja für ähnliche Produktionen nichts Unübliches, sich international zu geben, erst recht da Stab & Besetzung wahrscheinlich aufgrund der zahlreichen Hardcore-Einstellungen lieber bedeckt bleiben wollen. Doch hier tauchen recht zweifelhafte Namen auf, wie 'Anton Rothschild' als Hauptdarsteller, 'Adolf Deutch' als Nebendarsteller und 'Urban Hitler' für die Spezialeffekte. Regisseur Bo Arne Vibenius, der sich selbst die Pseudonyme 'Ron Silberman Jr.' und 'Stan Kowalski' gibt, bereitet uns damit schon auf das nachfolgende Greuelspektakel vor, das sich in die niedersten Fantasien eines soziopathischen, potenziell schizophrenen Bürgers begibt.


Dem geistern nämlich (über die fortlaufende Tonspur verteilt) Babygeschrei und eine wiederholt auftauchende Zither im Kopf herum, als 'er' scheinbar zwischen der Finsternis eines Fahrstuhls und einer vollkommen abgedunkelten Wohnung eine Frau attackiert, kurz vergewaltigt und dann (im Off) einen Aschenbecher über ihren Schädel eindrischt. Wer der Täter wirklich ist, lässt sich nicht erkennen; auch wirkt die Szenerie an sich komplett irreal, wenn auch fortwährend unheilvoll. Dieser Umstand setzt sich einvernehmend im Film fort und stellt provokant in Frage, wie viel im Kontext der Handlung schlicht in der Fantasie der Hauptfigur geschieht (schon früh verdeutlicht an einer Szene, in welcher jener Mann Bilder von Modellzügen betrachtet und dazu passende Geräusche in seinem Hirn dröhnen).

 
Jedenfalls erfährt unser 'Protagonist' - ein griesgrämig-dreinschauender, korrekter Büroarbeiter mit Hornbrille - im Fernsehen erst vom soeben geschilderten Überfall, der von diskutierenden TV-Moderatoren einerseits verurteilt wird, welche aber anderseits den Frauen der Stadt zu verstehen geben, dass sie sich nicht gegen den rumlaufenden Vergewaltiger wehren sollen, da es keinen Zweck hätte - sie würden so oder so vergewaltigt (!). Der Büroarbeiter, der im sphärisch-treibenden Elektro-Takt mechanisch, aber mächtig Dokumente abstempelt und dabei ohnehin in einem phallisch-herausragenden Hochhaus malocht, erblickt sodann eine seiner Mitarbeiterinnen, wie sie vor ihm an ihren Brüsten rumfummelt, weshalb er sich entschuldigen lässt.

 
Das Leder seiner Schuhe und seiner Aktentasche knirscht mit überwältigender Präsenz, als er sich in die neon-verkeimten U-Bahn-Schächte der Großstadt begibt, wo er bald aus dem Schatten heraus eine junge Frau erblickt und ihr langsam, aber bedrohlich folgt. Schließlich überrascht er sie in ihrer Behausung, umgeben von beschwörenden Nebelfluten - zwingt sie zum Verkehr in quälend langen Einstellungen, eingehüllt in einer faux-romantischen Feuchtigkeit. Dieses Szenario mit seiner inkonsequenten Auflösung (er entschwindet in den Nebel zurück und findet sich abermals wieder im Büro ein) erweist sich als ebenso befremdlich wie die Eingangssequenz und dürfte gleichfalls der naiven Eroberungsfantasie des Büroarbeiters geschuldet sein.


Diese steigert sich sodann in härtere Extreme hinein, als die Regierung Gutscheine austeilt, mit denen man sich Waffen gegen den läufigen Vergewaltiger besorgen kann. In einer fanatischen Ironie besorgt sich der Büroarbeiter auf diesem Wege dann einen Revolver mit extraordinärer Munition von einem misanthropischen Händler, der es allzu gerne sehen würde, dass die Straßen 'aufgeräumt' werden. Dieses neue Symbol der Macht geht dann auch 'harmonisch' einher mit seinem unscheinbaren, neuen Mietwagen, mit dem er nun in provinzieller Tristesse seine Opfer aufsucht (die sich ihm sofort Kleider-entledigend ergeben), von denen ihm allmählich ein Stück Gegenwehr entgegenschlägt, welches aber sodann zu deren infernalischen Tode führt - allerdings immer wie ein Unfall scheint, bei dem der 'Angreifer' schlicht zum Beobachter wird. Stellt er sich da einfach nur vor, dass er all dies herbeigeführt hat?

 
'BREAKING POINT' wird nicht umsonst als 'pornographischer Thriller' gehandelt, legt er doch nicht unbedingt die Geschlechtsmerkmale seiner Darsteller, sondern die verkommene, sexuell-sadistische Gedankenwelt seines Subjekts drastisch und explizit offen. Die Gefährlichkeit eines (Genre-gemäßen) psychopathischen Hirns wird dabei spürbar anhand der Gewalt an der nachvollziehbar-bekannten, sensitiven Körperlichkeit vermittelt. Die fiebrige, audiovisuelle Spannung von Vibenius, der seinen in 'THRILLER - EN GRYM FILM' aufgebauten Seelenterror hier noch konsequenter und kälter bemächtigt, fühlt da erbarmungslos auf den Nerv und fordert uns stets heraus, wie viel wir vom Gezeigten an uns herankommen lassen wollen.

Besonders hundsgemein, aber auch höchst geschickt und effektiv-verstörend stellt sich sodann eine spezielle, furchterregende Sequenz heraus, in welcher der Büroarbeiter nach einem kurzen Ausflug auf einem Spielplatz ein kleines Kind abholt und mit dem Auto in ein abgelegenes Waldstück fährt. Während auf dem Soundtrack eiskalte, doch heimelige Synth-Flächen eine gewisse, unheilvolle Ruhe ausstrahlen, verharrt die Kamera auf der verschneiten Natur, ohne nähere Einsicht auf das Auto, wodurch einem als Zuschauer schon unweigerlich grausiges Kopfkino entsteht - wo wir doch wissen, was das Monster von Hauptfigur bis hierhin alles angestellt bzw. sich vorgestellt hat. Als dann aber nach einem Umschnitt auf das Innere des Autos offenbart wird, dass die Beiden lediglich Süßigkeiten naschen, entspannt sich die Lage beim Zuschauer jedoch keineswegs.

 
Einerseits, weil Vibenius mit dem 'Süßigkeiten-Naschen' alteingesessene Urängste über Pädophile bedient und es damit ebenso als Sinnbild für Kindesmissbrauch stehen lässt - andererseits aber erst recht, da er mit seiner vorangegangenen expliziten Sexualgewalt Vorstellungen in jenem Kontext entstehen lässt, die uns als Zuschauer unfassbar herausfordern und nochmals forcieren, dass 'BREAKING POINT' zwar als pornographischer, aber nicht erregender Film über einen krankhaften Gedankenablauf verstanden werden will. Eine bewusst zweifelhafte, potenziell unverantwortliche Methode und wie gesagt ein durchaus schockierender Trick, nichtsdestotrotz beachtlich wirkungsvoll.


So erleben wir die nachfolgenden Szenarien vollends als soziopathisch-phantastisches Gedankenkonstrukt, in dem die Hauptfigur u.a. innerhalb der (bewusst ausgewählten) unschuldigen Naturlandschaft Anhalterinnen aufgabelt, die sich sofort geil an ihn ranschmeißen (allerdings ohne entsprechenden Gesichtsausdruck und dank der klobig-entrückten, englischen Synchro offensichtlich artifiziell) und am ledrigen Schaltknüppel vergehen (der Fokus auf Leder im Film fördert ohnehin sadomasochistische Tendenzen zu Tage). Auch als unser Bürohengst von ein paar langhaarigen Gangstern (die sowieso schon die Stadt beherrschen und Leute terrorisieren, wogegen niemand was zu unternehmen scheint) entführt wird, übt sich der Zuschauer in Ungläubigkeit, sobald er verschmitzt zum Revolver greift und die Entführer in die Luft jagt, gefolgt von einem Polizei-Helikopter und einigen unschuldig vorbeifahrenden Autos (durch welche er bezeichnenderweise zwischen rast, als wären sie die verängstigten Schenkel einer Frau).


Diese Handlungen spielen sich schlussendlich in einer letzten Traumsequenz nochmals vor seinen Augen hyperrealistisch, aber bruchstückhaft ab - zeigen dabei auch Einstellungen und Details auf, die wir so vorher nicht in den jeweiligen Szenen gesehen haben, woraufhin nochmals deutlich wird, wie vergänglich die 'Realität' jener Sexualattacken war, die visuell jetzt ohnehin eher in Verbindung mit der Gewalt des phallischen Revolvers gebracht werden. Zu guter Letzt enthüllt Vibenius, dass sein krankhafter Protagonist am Flughafen Frau und Kind abholt, als sei nie was gewesen. Höchstwahrscheinlich ist ja auch nie was gewesen, jedenfalls nicht im physischen Rahmen. Psychologisch gesehen ist in ihm aber die Welt in Flammen aufgegangen, was auch beim Zuschauer einen bitteren, ungemütlichen Nachgeschmack hinterlassen hat.


Ganz fieses, dreckiges und gefährlich-provokantes Rape-Terror-Exploitationkino aus Schweden - aber auch eine heutzutage fast undenkbare, drastisch-horrible Dekonstruktion von Pornographie als morbides, unterkühltes Gesellschafts-Schauerstück. Keine leichte Angelegenheit, aber eine einschlagende Erfahrung.




NINJA - PFAD DER RACHE - Isaac Florentine beweist mit dieser Fortsetzung zu seinem eigenen 'NINJA - REVENGE WILL RISE' (2009) endgültig eindringlich, dass er nicht nur auf dem DTV-Sektor ein fantastischer Kenner seines Faches ist, sondern auch allgemein einer der wenigen, verbliebenen Filmemacher sein dürfte, die wirklich wissen, was ein echter Actionfilm ist.

Der in 'NINJA: SHADOW OF A TEAR' wirkende Rache-Plot entbehrt jeder größeren Überraschung, schneidet aber jedes unnötige Fett weg und verläuft herrlich geradlinig und ironiefrei, zudem ungemein kurzweilig in seinem durchweg souveränen Fokus auf logische Kinetik im Narrativ. Ebenbürtig dazu fusioniert sich die Schauspielkunst von Scott Adkins, dessen mimische Spannung, wie auch körperliche Präsenz, unvergleichbar präzise, subtil und ehrfürchtig das Bild beherrschen.


In diesem konzentrierten Konstrukt erblühen sodann wunderschöne, artistisch-knallharte Ekstasen der Kampfkunst und Stuntarbeit. Die rasante Intensität der Martial-Arts-Gefechte steigert sich auf dem Pfad der Rache kontinuierlich ins Unermessliche, hitzt sich mit brennender Leidenschaft in Myanmar auf, im Taumel glühender Schweißperlen des Neon-Dschungels. Wie Adkins darin seine zahlreichen Überwindungen leistet, mit infernalischer Muskelkraft und schnörkelloser Cleverness seinen Weg bahnt, lässt sich mit jeder Pore seines Körpers erspähen und spüren.


Die magische Zutat dafür entfaltet sich in der glasklaren, zielgerichteten Kameraarbeit, die im Vergleich zu anderen ähnlichen Produktionen, das Subjekt des Geschehens stets im übersichtlichen Auge hat und auf neo-eskapistischen Firlefanz wie Shakey-Cam aufrichtig verzichtet, stattdessen der einvernehmenden Ästhetik der Dollyfahrt vertraut und das Augenmerk der Kampfchoreographie in atemberaubend langen, erfrischend-kohärenten Halbtotalen zelebriert - zusätzlich mit pointiert gesetzter Intensität anhand von Nahaufnahmen, Zeitlupen-Einsätzen und streng logischer Tracking-Erforschungen.


Bemerkenswert dazu erscheint auch das beinahe gänzliche Fehlen von CGI-Kreationen. Wenn diese auftauchen, dann nur zum Dienste der Handlung, sprich schlicht, wenn man u.a. am Horizont der Nacht die geheime Station des Obermotzes erblickt oder wenn ein Giftröhrchen mit Blitz-artiger Geschwindigkeit in den Hals eines Gegners schießt. Alles andere Effektvolle wird praktisch gelöst - mit wahrhaftig spritzenden Blut-Squibs, famoser Pyro-Technik und glaubwürdigem Make-Up. Ohnehin spielt die Glaubwürdigkeit eine massive Rolle in der Vermittlung der Action: Adkins ist kein Übermensch, da stellen sich seine Kämpfe zwar als schlagfertig, aber auch bodenständig und roh heraus. Die Gegner bleiben stets auf geringer Distanz und bedienen sich dabei auch zum eigenen Vorteil den Gegebenheiten ihrer Umgebung, die er reaktionsschnell & wagemutig abzuwehren hat.


Nun könnte man meinen, dass ihm brachiale Genre-Wut von Natur aus den Weg ebnen würde und tatsächlich demonstriert er nach einer Runde Frustsaufen, wie flink und einkrachend er seine Macht ausdrücken kann. Als Meister des Ninjitsu kommt er aber erst ans Ziel, wenn er seine Fähigkeiten mit bedachtem Geschick einsetzt (bezeichnenderweise liefert ihm der Wutanfall vom oben genannten Frustsaufen keine relevanten Ergebnisse). Da heißt es für ihn, mit stilvoller Präzision ein Zeichen zu setzen, die Gegner mit gezielten Treffern unschädlich zu machen, anstatt deren eventuelles Leiden allzu lange auszukosten, selbst wenn sie sich mit eben solcher Härte dagegen wehren - eine spannende Konfrontation verschiedener Kampfkünste entsteht so oder so allemal.

 
Und das ist schlussendlich auch die essenzielle Qualität von Florentines Film. Er besitzt ein geradezu instinktives Gefühl dafür, wie ein guter und wirksamer Actionfilm funktioniert, vollkommen unabhängig von schmückenden Plot-Verknotungen und unvorstellbaren Schauwerten aus dem Computer. Allein die Beherrschung des menschlichen Körpers ist eindringlich und effektiv genug, in der Kampfkunst und auch in der konzentriert-direkten Darstellerführung durch Regie und Dialog. Und wenn sich dem ein angenehm-funktioneller Narrativ, fabelhaft-kohärente Kameraarbeit und ein ebenso bescheidener Musikscore unterordnen, erhält man in der Konsequenz ein wahrhaftig aufregendes, essenzielles Genre-Sahnetörtchen.

Auch wenn die narrative Grundlage keine Überraschungen bietet: ein zielgerichtet-genüssliches, abgerundetes Gericht macht einen mit hoher Wahrscheinlichkeit eher zufriedenstellend satt, als ein wild-komplexes Konglomerat aus verschiedenen Geschmäckern der prätentiösen Herausforderung wegen - nirgendwo sonst als im Action-Genre wirkt diese Faustregel stärker und Florentines zweiter NINJA verkörpert sie so kongenial wie es kaum einer kontemporären, breitgewalzten Hollywood- oder EuropaCorp-Produktion zu gelingen vermag.




JUSTICE LEAGUE: WAR - Jay Oliva meldet sich zurück mit seiner etwas freien Adaption des aktuellen JLA-Neustarts (in Deutschland erschienen als Band 'DER ANFANG'), welcher die beliebten DC-Helden versammeln lässt, um gegen die unaufhaltbare Macht des intergalaktischen Fieslings Darkseid anzutreten, der keine weitere Motivation braucht, als die Erde apokalyptisch zu unterjochen. Von daher ist der Plot eine relativ übliche Angelegenheit und bemüht sich um eine möglichst gering gehaltene Fallhöhe, um das titelgebende Actionspektakel effektiv-großflächig entfachen zu lassen.


In dem Fall erscheint dieser Umstand aber recht begrüßenswert, gibt er Oliva doch den angemessenen Freiraum, seine erfahrenen Stärken in visueller Kinetik und genüsslichen Krachbumm-Mänövern auszuloten (trotz noch immer leicht klobigen Animationsstil). Die Charakterzeichnung der einzelnen Superhelden-Mitglieder geschieht sodann portionsweise auf dem Weg dorthin, während diese natürlich lernen als Team zusammenzuarbeiten - und da macht sich bei jedermann ein Gefühl breit, das man aus dem DC-Film-Universum fast vergessen haben könnte: herrlich dümmlicher Spaß, selbst in einer derartigen Krise.

 
Witzfiguren sind zwar keineswegs im Team vorhanden, aber der bisweilen lockere Umgangston bringt ein gutes Stück sommerliche Frische in die Muskel-Bande, mehr noch als in der Vorlage: nennenswert seien da die schlagfertigen Wortgefechte zwischen Batman und Green Lantern, die fast schon peinlich-naive Overpowered-Fish-out-of-Water-Einführung von Wonder Woman (welche in einer wunderbar bekloppten Sequenz den Präsidenten und Air Force One vor Aliens rettet) und das jugendliche Großmaul von Shazam. Der buhlt übrigens ebenso wie Superman um die Aufmerksamkeit der heißblütigen, doch knallharten Amazone WW - wenn mal gerade keine außerirdischen Roboter angreifen.

 
Apropos Roboter: der wohl spannendste Anteil findet sich in der Origin-Story von Cyborg, einem vielversprechenden Football-Spieler, der durch die Portal-Bombe Darkseids in Lebensgefahr schwebt und letztendlich mithilfe seines Vaters (der nie zu den Spielen seines Sohnes kam, weil er sich zu sehr mit der Wissenschaft beschäftigte) eine brachiale, kibernetische Fusion zur Lebenserhaltung erlebt. Der Junge hat durchaus Potenzial für die große Leinwand (auch wenn sein Schicksal an ROBOCOP und den SECHS-MILLIONEN-DOLLAR-MANN erinnert) und wäre eine nette Abwechslung zur x-ten Batman- oder Superman-Neuerzählung, wie dieses DTV-Animationswerk hier beweist.

 
Ohnehin scheint sich Oliva weniger am bekannten, kinematischen DC-Output orientiert zu haben, sondern eher an Whedons 'AVENGERS', der derzeitigen Referenz im eskapistischen Comic-Team-Up-Genre. Es wird untereinander gezankt, geschubst und schief angeguckt, doch wenn die Außerirdischen die Welt beherrschen wollen, gibt's Saures - alle Fähigkeiten werden stilvoll kombiniert, taktisch konzentriert und in massiven Sachschäden umgesetzt (welche übrigens anfangs noch von Demonstranten verurteilt werden); mit klarem Fokus auf die Eigenmacht Darkseid, der man erst ganz profan die Augen ausstechen und dann mit großer Mühe in ein interdimensionales Loch stecken muss. Ganz simples Konzept; ganz angenehme, zielstrebige Launigkeit - wie geschaffen für Popcorntüten im Juli (auf die Zeit freue ich mich ja schon wieder).

 
Von daher sollte man keine tiefsinnige Reflexion über das Dasein eines Superhelden erwarten (auch wenn ein angemessener Anteil davon im Handlungsverlauf suggeriert wird) - eine herzlich doofe, doch effektiv-kurzweilige, heroische Pyro-Schau im latenten Anime-Stil, mit ekliger Alien-Technologie, für knapp 80 Minuten Laufzeit, ist aber auch nichts Verkehrtes. Let's get nuts!




DER ÖFFENTLICHE FEIND - Eine archetypische, knallhart-nihilistische Gangster-Story in reduziert-nüchterner Stilistik zwischen uramerikanischen Stationen des ersten Weltkriegs und der Prohibition. Endlose Nachfolger jener Formel im Verlauf der Jahrzehnte haben natürlich inzwischen den hier konstruierten Spannungsbogen abgeschwächt, lassen ihn arg vorhersehbar erscheinen. Sehenswert bleibt der Film dennoch aufgrund der einschlagend-souveränen Newcomer-Performance von James Cagney, die schon von Anfang an so fantastisch funktioniert wie in seinen späteren Arbeiten (diese Sonderstellung erkennt der Film sowieso an, lobt er Cagneys spezielle Eigenschaften doch anhand der Schwärmerei Jean Harlows). Und allein mit welcher Wucht die finale Einstellung jede Hoffnung wegfegt, ist schon ein beachtliches, wenn auch konsequent moralisches Highlight.




TICKET ZUM HIMMEL - Eine strukturell-naive, aber unter dem familienfreundlich-konservativen Deckel emotional-ehrliche (bzw. offen-verträumt, siehe Polly und ihr Voiceover) Coming-Of-Age-RomCom der 80er Jahre, die genauso niedlich und harmlos daherklimpert wie das E-Piano, welches den Soundtrack des Öfteren besucht. Mehr will der Film auch nicht sein, ahnte er wohl schon, dass keiner dem Witz & Herzschmerz eines John Hughes (und seines im selben Jahr erschienenen 'BREAKFAST CLUB') gewachsen sein dürfte. Sowieso mehr ein Mädelsfilm, wie soll ich da mitreden können?

P.S.: Finde es trotzdem weird, wieviele Kinderdarsteller hier teils halbnackt miteinander rumknutschen dürfen. The 80's, man... 




POMPEII - Ach ja, Paul W.S. Anderson - wie arg zweckmäßig und fad sein Cast und sein Plot hier agieren, kann ich durchaus verzeihen. Ihm gelüstet es doch ohnehin eher, mit seiner ausgesprochenen Vorliebe für die herausragende Tiefenwirkung von 3D die detaillierte Architektur des antiken Pompeiis greifbar zu machen und diese nach einer geschlagenen Stunde fühlbarer Ungeduld seinerseits mit eindrücklicher Imposanz minutiös in Schutt & Asche zu legen.


Und siehe da, sobald alle liebevoll zerbröckelten Gebäude vom feurigen Regen verschlungen werden, erschafft er aus der aufopferungsvollen Liebe einer Wendy-Romantik der heiß-schmollenden Augenweide Emily Browning eine wunderschöne Statue des ekstatischen Leidens - eine gnadenlos naive, schöne Poesie zu einem gnadenlos adäquaten Spektakel. Von daher eine hochprozentig harmlose Angelegenheit...und eine schick-versierte Pyro-Schau, leider ohne dramatische Stringenz, aber das habe ich sowieso erwartet.


Unterhaltsamer war da allerdings eine erwachsene Frau im Sitz neben mir, die bei jedem Anflug von allzu harter Gladiatoren-Gewalt verschreckt zusammenzuckte oder einfach mal minutenlang das Gesicht in ihren Schoß legte - und das bei so einem gemächlichen FSK-12-Film. Hab gut gelacht, wie schon bei den Groschenroman-ähnlichen Pferdeflüsterer-Sequenzen.




MICHAEL - Ein Trupp problembehafteter, skeptischer Sensationsreporter geht auf formelhaft-fröhlichen, weichgespült-lehrreichen Roadtrip mit einem wahrhaftigen, vergnügt-rüpelhaften Engel in der Form von John Travolta und entdeckt dabei die Liebe, sowie die Erkenntnis, dass die Karriere nicht das Wichtigste im Leben ist. Dazu erklingt ein klassisch-sentimentaler, austauschbarer Weihnachts- & Countryscore, der sich zudem bezeichnenderweise der proletarischen Blues-Mundharmonika aus ROSEANNE behilft - vom Gastauftritt der beinahe vergessenen Teri Garr ganz zu schweigen.


Ohnehin träumt sich der Film mit gemächlicher Souveränität durch ein trist-herbstliches Christ-Americana, das in seiner optischen Trostlosigkeit eher als kalte Thriller-Kulisse fungieren könnte. Jedoch erfreut sich unser Himmelsprollo an anarchischen, ungelenk umgesetzten Prügelszenen, an-Pulp-Fiction-gemahnenden Tanzeinlagen (bereits anno 1996!) und dem Umstand, dass er für Frauen immer nach etwas Leckerem riecht = ständige Schnellficker-Action für den Superengel, der die Frauen so betören kann wie Weibchen in der Tierwelt (als ob der olle John es unbedingt beweisen musste: no homo!). Misogyne Cuteness für die aufbauende Familienunterhaltung, die auch mal tränendrüsig süße Hunde killen und wiedererwecken kann.

 
Aber hey, immerhin ertönen einmal CCR und auch Joey Lauren Adams lässt sich blicken (selbst wenn sie nur auf Travoltas Schoß landet), die bieder-anständige Löffelchen-Erotik bleibt dabei allerdings erwartungsgemäß im Off, wahrscheinlich wegen der omnipräsenten Verklemmtheit der hier ideal reinpassenden Andie MacDowell (jedenfalls empfinde ich ihr Spiel in allen ihren Filmen immer so). Der Zuckerguss hat nun mal Überhand genommen, den schüttet Michael ja ohnehin inflationär über jede Mahlzeit - schließlich wünscht er sich nichts sehnlicher, als unter uns Menschen weiterzuleben und erhält dafür eine halbwegs-empathische Sterbeszene inmitten der erdrückenden Türme Chicagos.


Doch der Glaube bricht nicht ab und schließlich kreuzt unser neu geborener, noch immer gewitzt-überheblicher und stets-richtigliegender Liebesengel (aus der perfid-selbstdarstellerischen Klapsmühle des Scientology-Elitismus) die Wege zur Liebe & Heirat für seine Schäfchen zurecht - hätte sich selbst Capra sowas Schmalziges getraut? Egal, gibt Schlimmeres...

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