Sonntag, 23. März 2014
Tipps vom 17.03. - 23.03.2014
BRUCE LEE GEGEN DIE SUPERMÄNNER - (GESICHTET IM METROPOLIS KINO HAMBURG VON 35MM IM RAHMEN DES 'BIZARRE CINEMAS')
Wer auch immer die Aufgabe erteilt bekommt, diesen Film ausführlich zu besprechen, der ist nicht zu beneiden. Und auch ich muss zugeben, dass es alleine schon ein vergebliches Unterfangen wäre, überhaupt auf die Handlung einzugehen, so wirr wie sie letzten Endes zusammenstückelt wurde. Stattdessen macht es eher Sinn, auf die unwiderstehlich unterhaltsamen Aspekte dieses amatuerhaften, wilden Kloppers einzugehen.
Zunächst mal die Kampfszenen: diese finden so schnarchig choreographiert und dennoch übertrieben-brachial statt, dass man eher glaubt, den Proben beizuwohnen, anstatt ein wirklich sicher ausgeführtes Faustgemenge zu betrachten. Der Schnitt tut dem auch keinen Gefallen, offenbart nicht nur vergeigte Manöver, sondern schert sich einen Dreck darum, tatsächliche Kohärenz auszudrücken. Menschen tauchen aus dem Nichts auf, um Genre-gerechte Schauwerte zu forcieren, überspitzen sich derartig in ihrem Dilettantismus der Charakterzeichnung, welcher durch die deutsche Hammer-Synchro in vollends plakative Lächerlichkeit verfallen dürfte.
Keinerlei Szene kann durch zielstrebige Handlungsrelevanz überzeugen (erst recht nicht die grundlose Sexszene), schmeißt stattdessen rasend viele Zutaten an- und ineinander, dass einem der Schädel wegfliegt - zudem hat man durchaus Glück, wenn eine Szene überhaupt eine einigermaßen schlüssige Auflösung bekommt, Überleitungen zu nachfolgenden Momenten finden erst gar nicht statt (z.B. rettet unser 'Bruce' Alice, die Tochter vom berühmten Wissenschaftler Ting und optisch eine asiatische Variante von Sigourney Weaver, im nahen Osten und befindet sich daraufhin mit ihr in einer romantischen Montage wieder, in welcher man sich sogar, warum auch immer, austauschbaren Strandfotos bedient).
Unterstrichen wird diese ausufernde Manie der narrativen Verwirrung mithilfe eines Soundtracks, der dank geklauten Stücken von EMERSON, LAKE & PALMER, KRAFTWERK, TANGERINE DREAM und offenbar auch LALO SCHIFRIN permanent psychedelische Grooves vom Affen gebissen in den Äther jagt. Bezeichnenderweise geschehen sodann auf der visuellen Ebene so viele artistische und physikalische Unmöglichkeiten am Rande des Nervenzusammenbruchs, dass man sich durchaus in einem Märchenfilm wiederfindet - wo unlogische Taten an der Tagesordnung sind und den Kopf schütteln lassen, was man aber auch gleichsam mit hysterischem Gelächter quittiert.
Der Mammutanteil an durchgeknallten Einfällen des cineastischen Unvermögens schießt nämlich wie auch die übermäßig-kräftigen, doch ebenso behämmerten Figuren mit durchgehender Faust-Macht in die Sandgrube des Versagens und lässt kaum Zeit zum Durchatmen übrig, erst recht sobald einige Kindergeburtstags-Verkleidungen gewisse Herren als 'Supermänner' ausgeben sollen, wie einen auch schon die Kato-Aufmachung mit einmaligem Einsatz an frühere Bruce-Lee-Abenteuer zu erinnern gedenkt, jedoch gleichsam im wahllosen Wust der herrlich-banalen Schwachsinnigkeiten dieses planlosen Unterhaltungsfilms zerfällt.
Weiter auszuholen macht da keinen Sinn, für eine umfassende Wiedergabe aller haltlosen Ereignisse eignet sich der verballerte Streifen ja ohnehin kein Stück - viel mehr bleibt von mir der Appell an euch liebe Leser, diesen Film so schnell es geht ausfindig zu machen. So einen fantastischen, sympathischen Quatsch hat man nämlich selten erlebt.
NEED FOR SPEED - Welch eine Freude es doch ist, dem kleinen Scott Waugh beim Spielen zuzusehen. Da versucht er sich natürlich erstmals an einer Videogame-Adaption und kann seinen leidenschaftlichen Fokus auf Karren und Action nicht verbergen - soll er auch nicht. Daher ist seine prächtige, durchgehend-pathetische PS-Hymne auf das jugendliche Outlaw-Rebellentum der passende Katalysator für die anstehende Sommer-Saison des eskapistischen Kinos. Folglich muss er natürlich bei der Figurenzeichnung auch keine nuancierten Bäume ausschlagen, bestückt seine Protagonisten mit einer kindlichen Unbedarftheit, die höchstens noch von dem wehmütigen Gerechtigkeits-&-Rache-Drang seines Hauptfahrers Tobey Marschall (Aaron Paul) überboten wird - welcher in Dominic Cooper einen ebenso hitzköpfigen Rivalen findet, der ihm nicht nur die Freundin ausgespannt hat, sondern auch sonst das überhebliche, reiche Arschloch abgibt, das für seinen Geltungsdrang auch mal kaltherzig über Leichen geht. Augenscheinlich mickrig in der menschlichen Statur wirken beide Seiten - man soll merken: hier sind eigentlich noch immer Kinder am Spielen.
Ohnehin regiert das Prahlen mit Karren - mit Lamborghinis, Ferraris und nicht mal auf amerikanischen Straßen zugelassenen Koenigseggs (welche im Verlauf eine wichtige Rolle zur Aufklärung eines Mordes beitragen). Ein Umstand, den Waugh sich allzu gern ästhetisch ergibt. Bezeichnend dafür sei allein die Szene genannt, in welcher Hologramme von Pferden und motorisierten Innenräumen die Stärke des heißen, europäischen Rennwagens in augenfüllendem Glanz erstrahlen lassen. Diese lässt er erst recht in den zahlreichen High-Speed-Actionszenarien ausleben, die zwar nicht immer der gelackten Perfektion der Boliden entsprechen, dafür aber mit bestechender, krach-süchtiger Echtheit den Wahnsinn auf der Straße ausleben (auch wenn der Zusatz von 3D alles noch künstlicher erscheinen lässt, als es tatsächlich ist). Unbeholfen stellt Waugh sich nur an, sobald er sich mit all den anderen Sachen beschäftigen muss, die in ihrer visuellen Vermittlung irgendwie immer ins Stocken geraten und mit mäßig-überpinselter Unsicherheit Plot & Charakterentwicklung sowie den allzu naiven Humor vorantreiben wollen. Dies besitzt aber auch durchaus einen süßen B-Movie-Charme nach Vorbild der 50er-Drive-In-Kinos (welche hier auch einen Auftritt erhalten, passenderweise mit 'BULLITT' auf der Leinwand).
Immerhin entsteht daraus eine äußerst bizarre Sequenz, in welcher der Werkstatt-Kumpel Finn (Rami Malek) nach 2 Jahren Wartezeit in einem Bürojob angesichts der Rückkehr Tobeys völlig unvermittelt alle Kleider von sich fallen lässt, die weibliche Belegschaft abknutscht und voller Stolz durchs Firmengebäude auf die Straße schlendert. Eine wunderbar-naive Allegorie der Befreiung, schließlich wollte er dafür sorgen, dass er nie wieder an diesen Ort zurückkommen darf. Sodann stürzt er sich mit verschmitzter Euphorie bereits in den nächsten, waghalsigen Stunt, bei dem er ebenso erneut die Lebenskraft spürt, wie der Rest der rasenden Haudegen - dazu gehört auch die niedliche und selbstbewusste Beifahrerin Tobeys, Julia (Imogen Poots), welche dieser natürlich allmählich immer mehr in Schutz nimmt, je mehr Cops und Auftragskiller ihnen den Spaß verderben wollen. Sie alle tun es zudem für Gerechtigkeit, wollen Tobeys Unschuld beweisen, indem sie bei einem illegalen Straßenrennen in Kalifornien teilnehmen. Jenes wird von Michael Keaton als Radio-DJ veranstaltet, der in vielerlei Hinsicht das Alter Ego Waughs darstellt:
In seiner Funktion als finanzieller Zugänglichmacher der High-Speed-Verstöße beschreibt er mit expressionistischem Gestus und aufgeladenen, gefühlsbetonten Reden scheinbar allwissend die Entwicklungen der Handlung und später natürlich umso mehr, welche Manöver im Straßenrennen getätigt werden - wer vorne und wer hinten liegt, wer gerade explodiert ist oder von der Polizei gejagt wird. Da tönt der Enthusiasmus des Regisseurs hinaus, der auf der audiovisuellen Ebene dieser Erzählungen dieselbe Begeisterung und Leidenschaft, erst recht in den feinsten Details der Karosserie, beweist. Bei ihm dürfen sogar die verschiedenen Parteien anrufen, um ihre Seite der Geschichte, sprich ihre Motivation darzulegen - da bleiben keine Fragen mehr offen. Und genauso wie eine der Hauptfiguren das Schicksal unseres Helden vorausgesehen hat, so geschieht es dann auch, 1:1. Im Gegensatz dazu verspricht unser Tobey seinem Erzfeind, dass er ihn eventuell im Wrack zurücklassen wird, was er aber letzten Endes nicht übers Herz bringt - schließlich erlebt er im Verlauf des Films genug traumatische Erlebnisse beim Versuch von Rettungen aus Autoresten. Was kann er da anderes werden, als ein glänzender Held?
Insofern ist 'NEED FOR SPEED' mächtig unkompliziertes Genre-Kino, zwischendurch aber noch immer zu ungelenk, um mit sicherem Gang durch die Ziellinie zu rasen: das Handlungskonstrukt erweist sich als bemühtes Mittel zum Zweck, die Schauwerte dagegen als spannende, luftige Sattmacher. Das gesamte Ensemble bedient einseitige Leistungen und einen schwer albernen Humor bar jeder gelungener Pointen, entlässt den Zuschauer aber auch mit jugendlicher Frische und unbedarfter Sympathie. Die Aufmachung ist größtenteils hochklassige, erschlagend-werbeträchtige Autopornographie, die Rasanz und Zerstörung eben dieser lässt aber mit bebender Feuerkraft den Atem stocken. Der Soundtrack ist durchweg sentimental-'episch' aufgedunsen, der poppige Kern des Films lässt dem Pathos aber auch keine andere Wahl und schafft umso mehr emotionale Bewegung bei den hemdsärmeligen Raser-Gespann mit ihren aerodynamischen Zauberkisten. Dieser Film driftet nun mal stets an der Kurve des guten Geschmacks entlang, gibt dann aber außerhalb dieser ordentlich Vollgas. Ein drolliger Blockbuster-Schmarrn, der sich selbst völlig gerecht wird und hauptsächlich Spaß machen will. So haut das hin!
AUF WIEDERSEHEN, FRANZISKA! - Tja, so leid es mir tut, an diesem Film lässt sich nun mal beweisen, dass auch Helmut Käutner keine absolute Narrenfreiheit genießen darf, wenn es um seine meist differenzierte Involvierung mit dem Nazi-Regime jener Zeit geht. Sein süßes Romanzen-Melodram über das Liebesleiden zwischen der jungen, provinziellen Franziska und dem weltbewanderten Sensationsreporter Michael erzählt im Grunde eine durchaus universelle, nachvollziehbare Geschichte, vermittelt aber mit geschickter, ausweglos-erscheinender Emotionalität die passenden Werte zur damals-erwünschten Ideologie. Wollen wir diesen Umstand mal etwas genauer betrachten...
Zunächst mal folgen wir in gemächlicher Atmosphäre einer malerischen, von Tälern und Flüssen umgebenen Kleinstadt (gedreht in Burghausen an der Salzach) den ersten Annäherungsversuchen des ausgefuchsten Junggesellen Michael (Hans Söhnker) bei der titelgebenden Miniatur-Gestalterin Franziska (Marianne Hoppe). Zunächst widerstrebt sie entschieden den hartnäckigen Avancen des Foto-begeisterten Pfifferlings, verfällt aber nach einigen verspielten Treffen seinem umspielenden Charme. In seinem Anwesen - wo er allein mit seinem alten Dienstmädchen Katrin (Frida Richard) zwischen allerlei globalen Gerümpel haust, welches er sich als Weltreporter zusammensammelt und damit seine Lebenserinnerungen ausfüllt - erlebt Franziska für sich eine verheißungsvolle Vision von der eigenen Zukunft mit ihm, wo die ganze Welt ihr Zuhause sein wird.
Hier legt Käutner sodann den Grundstein für die emotionale Eindringlichkeit seiner Figuren beim Zuschauer, tastet sich mit der Kamera allmählich immer näher an sie heran, rückt ihre Empfindungen in den Mittelpunkt und macht die Sehnsucht zur spürbaren, warmen Lust. Hilfreich ist dabei ohnehin, dass er sich nicht auf theatralischen Kitsch verlässt, sondern seinen engagiert-glaubwürdigen Darstellern natürliches Spiel ausführen lässt, welches ihren Figuren empathisches Gewicht durch und durch menschlich-alltäglicher Züge verleiht.
So ist man dann auch ganz bei Franziska, nachdem sie sich von Michael seines Berufes wegen am Bahnhof verabschieden muss und erfreut sich über die Ekstase ihres Verlangens, den Heimatort zu verlassen, um die weite Welt zu erkunden - was ihrem Vater (Fritz Odemar) trotz eigenem Globus im Arbeitszimmer zuerst nicht passt, da er sie lieber mit dem bodenständigen Christoph (Rudolf Fernau) zusammen sehen will. Doch er knickt natürlich schnell bei der Liebe zur eigenen Tochter ein und möchte sie dabei so gut es geht unterstützen. Sodann macht sie sich selbstständig, landet in Berlin und verkauft auf eigene Faust ihre ganz persönlichen Miniatureisenbahnen, die Michael als Erinnerung an jene Zeit stets mit sich trägt.
Er hält es nicht aus, trifft sich mit ihr in ihrer kleinen Wohnung und erkennt, dass sie zwar so tut, als ob sie wunschlos glücklich wäre, aber eindeutig keine Perspektive im Leben ohne ihn findet, schließlich sind die Beiden beherrscht von ihrer ewigen Liebe füreinander, die man als Zuschauer ebenso gern erfüllt sehen möchte, so wie Käutner ihre wunderbar-reell erscheinende Leidenschaft in Wort & Bild fasst - es kommt wie es kommen muss: Michael bittet um ihre Hand an, beide entschließen sich zurück in sein Haus in der Heimat zu ziehen. Hier erschleicht einen aber schon trotz natürlich-konstruierter Charakteretablierung der berechtigte Verdacht, dass die Geschichte einen äußerst konservativen Weg eingeht und Franziska ihrer Selbstständigkeit entzieht, da sie ihrem Liebsten treu ergeben ist.
Zudem äußern sich erste Missstände in seinem Beruf des weltlichen Reporters, unterredet er doch mit seinem Kollegen Buck Standing (Hermann Speelmans) die Schwierigkeiten, eine feste Liebe in so einer turbulenten Profession zu verfolgen, wovon auch sein Kumpan ein Lied singen kann - hat er doch überall eine süße Maus, mit der er es aushalten kann. Michael möchte dies Franziska ersparen, versucht bei seinem Verleger in New York zu kündigen, hat aber laut Vertrag noch bis zum Sommer nächsten Jahres für ihn zu arbeiten. Franziska indes unterdrückt so gut es geht die Zweifel an diesen Umständen einer Fernbeziehung (ein Thema, das heutzutage nachvollziehbar wiegt wie eh und je, dank Online-Diensten wie Video-Chat aber immer erträglicher scheint), auch wenn sie einen Sohn gebiert, während Michael auf dem Globus unterwegs ist.
Käutner übt dabei nicht direkt Kritik am Beruf des Reporters aus (der Grund dafür trägt zum perfiden Schluss der Geschichte bei, dazu später mehr), gestaltet ihn im Gegenteil sehr reizvoll und spannend anhand von eindrucksvollen Überblendungs-Montagen mit explosivem Archivmaterial und minutiös-detaillierten, exotischen Sets, die einen gestalterisch-ausgefeilten Hang zum internationalen Ausstattungsbombast voller knallbunter, ausgelassener Kulturen & Völker heraufbeschwören. Doch da sieht man auch verständlicherweise den Zwiespalt Michaels ein, der offensichtlich doch lieber mit seiner Franziska zusammen sein möchte - was anhand der Natur seines Berufes immer nur kurzweilig gelingen mag.
Selbst als er kündigt und wieder für längere Zeit daheim ist, sich erstmals mit seinem Sohnemann befasst und auch beim Großvater vorstellig wird, dabei stets einen fabelhaften Eindruck macht, merkt Franziska bald an ihrem innigen Gatten, dass er zum mittelständischen Familienleben nicht angepasst ist - überlässt ihn aber voller Verständnis erneut ins Abenteuer der internationalen Sensationsreportage (siehe auch 'THE HURT LOCKER'), harrt als Ehefrau nochmals aus, denn, so erklärt sie es ihrem Sohnemann: "Allein sein macht stark.". Natürlich unterdrückt so ein umgesetztes Verhältnis auf längere Dauer das Glück, selbst wenn noch ein Kind unterwegs ist: die Jahre vergehen und der Mann lässt sich nur spärlich blicken, macht sogar auf Reisen eine etwas tiefere Frauenbekanntschaft mit einer ebenso weltgewandten Reporterin - Michael bleibt Franziska dennoch treu, kämpft insgeheim aber immer mit seinem Gewissen.
Doch sie verzweifelt allmählich an diesen Zuständen, ringt energisch und temperamentvoll um seine Liebe, die sie nur allzu selten erleben darf und verfällt zusehends in Trauer, sobald der Abschied naht, den sie schon vor ihm nicht mehr hinnehmen, aber daran dennoch in letzter Verzweiflung festhalten will. Sobald ihr nicht mal das mehr gelingt und auch Michael in bittere Ratlosigkeit verfällt, da er seinem Job ergeben ist und dafür seine Liebe ständig im Stich lassen muss, entschließt sie sich zur Scheidung. Auch ihre eigenen Kinder wünschen sich einen Vater, der nun mal bei ihnen ist - da eignet sich der Nebenbuhler Christoph doch als idealer Nachfolger, doch Franziska findet dafür keine Überwindungskraft, was Käutners Inszenierung ebenfalls eindringlich-sehnsuchtsvoll nach außen trägt.
Auch die Welt an sich scheint diesem Zwiespalt ähnlich zu verkommen: überall bricht der Krieg zwischen den Völkern aus, Michael und Buck geraten des Berufes wegen an die Front zur brandgefährlichen Kriegsberichterstattung. Das Risiko ist dabei bekanntlich hoch, weshalb es sodann auch Buck erwischt, der von einer Explosion erfasst wird und in den Armen Michaels diesen auffordert, seinen Beruf an den Nagel zu hängen und zu Franziska zurückzukehren, denn hier krepiert man für nichts. Nach dieser bitteren Todesszene, die unseren Michael verstört zurücklässt, blendet Käutner daraufhin weitere unheilvolle Montagen von Krieg und Zerstörung ein, zudem auch noch verbunden mit Schlagzeilen zum Angriff Deutschlands gegen Polen (!). Setzt er hierbei den Schrecken des Nazi-Regimes mit dem sinnlosen Schrecken und Sterben des Krieges gleich?
Gut möglich, dass er diese Kritik subversiv einarbeiten ließ. Was danach folgt, negiert aber jede negativ-geprägte Anwandlung aufs Befremdlich-Explizite - mit einem Schlusspunkt, der so zielsicher und offenbarend das bis hierhin etablierte Gefühlskonstrukt der Charaktere und deren ambivalente Konflikte zu einer selbstverständlich-erscheinenden Propaganda verdichtet, dass er von Goebbels selbst hätte stammen können: der Film verlässt darin seine bisherige, nicht näher definierbare Erzählungs-Ära und zeigt Franziskas Heimat & Familie nun ganz unverhüllt als Patrioten bzw. schlicht-selbstverständliche Nazi-Sympathisanten. Der Vater verfolgt auf der Weltkarte die Siegeszüge der Wehrmacht in Europa und auch Christoph steht bereits in Uniform dar. Und schon fällt da was auf: ein ganz grober Schnitt mit Schwarzbild zwischendrin, nach welchem plötzlich Franziska auch im Raum steht und die Szene flugs beendet wird. An dieser und anderen Stellen wurde in den Nachkriegsjahren die gröbste Nazi-Propaganda entfernt, aber was gibt es hier noch zu retten? Erst recht, wo man daran doch merkt, wie man hier Ausflüchte vor der Ideologie sucht, die sich jedoch in den Schlussminuten vollends entfaltet:
Michael kommt nämlich zurück und Franziska freut sich plötzlich wie frisch verliebt - schließlich hat sie ihn nach seiner endgültigen Läuterung & Kündigung wieder und auch die Kinder erfreuen sich daran. Aber der Propaganda-Faktor des Films weiß diese Freude effektiv zu missbrauchen: Franziska weiß nämlich, dass er vom Propaganda-Ministerium einberufen wurde, Frontberichterstattung für die Wehrmacht zu leisten. Er selber mag das zunächst kaum mit seinem Gewissen vereinbaren, nach einem unfassbar ungeschickten Schnitt sieht er das aber schon einigermaßen zögernd als seine Pflicht an und wird vollends von dem verträumten Gesang seiner Kinder überzeugt - auch wenn er zunächst dachte, Franziska würde ihn loswerden wollen, da er vorher noch die inzwischen veralteten Scheidungspapiere fand (man kann durchaus argumentieren, dass sie ihn mit ihrem folgenden Bedrängen insgeheim doch loswerden will, glaube ich aber nicht wirklich).
Ich konnte nur erahnen, was in der fehlenden Szene geschehen sein müsste, das Resultat lässt aber nur eine Möglichkeit zu: Franziska will Michael vollen Herzens an der Front wissen und redet ihm ein, dass seine Fähigkeiten als Reporter bei der deutschen Kriegsmaschinerie erstmals wirklich Sinn machen würden (was sie ja schon von Anfang an leicht schüchtern hinterfragte), wonach er ja auch seit dem Tod Bucks gesucht hatte - schließlich trägt er ja damit sinnvoll zur Verteidigung der Heimat bei, dem Ort nach dem sich beide ja schon seit Anbeginn ihrer Liebe gesehnt hatten. Dem Ort, den der Film als einzige, nachvollziehbare Konsequenz für ein Gelingen der Romanze in jenen Umständen deutlich machte. Dem er somit folgerichtig eine verdiente Sonderstellung verleiht, die Franziska letzten Endes darüber hinwegsehen lässt, dass sie wiederum erneut von ihrem Liebsten getrennt wird - denn einerseits ist sie es ja, wie sie selbst meint, schon gewohnt und andererseits handelt er dabei ja für das Wohl der Heimat.
Dieses perfide Happy-End erschütterte mich zurecht zutiefst. Man ist ja immer auf einiges gefasst, wenn man sich Filmen aus dem dritten Reich widmet, wie auch mit ebenbürtigen, pro-militaristischen Filmwerken anderer Länder aus jener (und auch noch heutiger) Zeit. Hier aber wiegt die ultimative Absicht umso schwerer und schockierender - nicht unbedingt daher, weil man Regisseur Käutner normalerweise nicht mit derartig tendenziösen und essenziell-konservativen Inhalten verbindet (man denke an seine humanistischen Klassiker 'UNTER DEN BRÜCKEN' und 'GROSSE FREIHEIT NR. 7'), sondern eher angesichts der Tatsache, dass er diese Geschichte und ihre Charaktere so glaubwürdig und einfühlsam aufbaut, sich dabei vornehmlich ihrer Liebe anstelle der eingangs gezeichneten Gesellschaftskonventionen verpflichtet fühlt, dass man als Zuschauer vollends mit ihnen mitfühlt und die Liebe auf jeden Weg gelingen sehen möchte - weshalb die ultimative Konsequenz geradezu sinnig und stimmig erscheint.
Dafür nimmt man auch anfangs allmählich in Kauf, dass sie ihr Glück zusammen an einem festen Ort finden mögen, da man ja weiß, wie hart eine Fernbeziehung sein kann. Danach sieht man als Zuschauer ebenfalls ein, dass Michaels internationaler Beruf seine Reize hat, aber ebenso das essenzielle Glück mit Franziska verwehrt, da Käutner uns so geschickt untrennbar mit den Charakteren verbunden hat, dass wir deren inneren Zwiespalt wie ein altbekanntes Familienmitglied sofort erkennen und lösen möchten. Und dann kommts ganz dicke, als genau jene Lösung im Krieg Deutschlands gefunden wird, bei dem Michael sozusagen seine Liebe für Franziska im Dienste des Vaterlandes verteidigen kann und somit eher nahe an ihrem Herzen, ihrer Heimat ist, wo sie sich beide (und auch der Zuschauer) doch schon so lange gemeinsam sehen wollten.
Ich schätze mal, hier könnte man daher von einem durchaus gelungenen Stück Propaganda sprechen: es legt nachvollziehbare Sehnsüchte für seine identifizierbaren Charaktere auf den Tisch, lädt den Zuschauer somit in deren Gefühlswelt und emotionale Konflikte ein, lässt darauf ein harmloses, wenn auch rührseliges Drama erbauen und arbeitet allmählich mit kleinen, unscheinbaren Ansätzen auf die Akzeptanz bzw. Rechtfertigung gewisser Werte, konservativer Ideologien und patriotischer Weltbilder zu, basierend auf der liebenswerten Emotionalität seines durchweg natürlich wirkenden Ensembles (allen voran Marianne Hoppe - eine Wucht!) und dem Wunsch nach Erfüllung von dessen Sehnsüchten.
Diese Erkenntnis hatte mich durchaus kalt erwischt, erbrachte mir sofort reichlich Zweifel an meiner Sympathie zum Film, der bis dahin eine ganz gelungene und dramaturgisch involvierende Angelegenheit hoffnungsvoller Romantik darstellte. Spätestens bei den ganz groben Schnitten war mir aber klar, welch bösartige Absicht mir diese Fassung des Films verschweigen wollte - hob aber in geradezu blanker Ironie erst deren besonderen, Verschleierungs-würdigen Stellenwert drastisch heraus, wobei jene erhaltenen Szenen rein gar nichts an der ursprünglichen Aussage änderten: dieser Film arbeitet für den Staat und Käutner war wohl oder übel ein williger und vorallem fähiger Ausführer von dessen Forderungen.
Da kann man noch echt von Glück sprechen, dass er keine besonders rassistischen Motive einbrachte und zumindest bis zu einem gewissen Punkt hin dem internationalen Wirken einen gewissen Reiz gab (von einem 2. Weltkrieg war anno 1941 ja noch nicht die Rede - vorausgesehen hatte es wohl aber jeder schon, so wie sich der Krieg in diesem Film auch in Deutschland langsam etabliert), dennoch fühle ich mich wohlweislich von Käutner betrogen, der seine süße, harmlose und empathische Romanze einer problematischen Fernbeziehung schlussendlich verachtenswert zur harmonischen und unaggressiven Rechtfertigung für die Einberufung zum Kriegsdienst benutzt. Inwiefern er da von der Reichsleitung beeinflusst wurde, sei erstmal dahingestellt - das letztendliche Produkt liefert so oder so eine deutliche, fragwürdig-hinterfotzige Absicht.
Ich würde dennoch lügen, wenn ich 'AUF WIEDERSEHEN, FRANZISKA!' als wirkungsloses Drama bezeichnen würde, dafür sind einfach alle Komponenten so geschickt und natürlich gehandhabt, dass man sich glatt ein Beispiel daran nehmen kann. Wenn da bloß nicht diese pro-militärische Schlusspointe wäre...aber schau an: es gibt sogar ein Remake dieses Films unter selbem Titel aus dem Jahr 1957 (unter der Regie von Wolfgang Liebeneiner auch noch), das den zweiten Weltkrieg vollends ausklammert und das Ende nochmal umgeändert hat. Wenn's hilft....
Vollends empfehlen möchte ich diesen Film dennoch nicht, dafür ist mir die endgültige Absicht zu problematisch. Wer aber dennoch mit differenziertem Blick jene politisch-konservative Komponente distanziert reflektieren kann, erhält bis zu einer gewissen Grenze einen der naturalistisch-emotionalisiertesten und bis zum heutigen Tage nachvollziehbaren Filme seiner Zeit. Den 'liebenswerteren' Käutner findet man in anderen Werken seinerseits, welche auch noch zur Nazi-Zeit mit durchweg liberal-humanistischen Absichten begeistern ('...FRANZISKA!' strebt ja ebenfalls nach Verständnis und Menschlichkeit, nur eben idealisiert im konservativ-nationalsozialistischen Entschluss). Vergessen sollte man aber niemals, dass selbst ein Regisseur wie er sich bei all dem in einer Grauzone befand, selbst wenn seine Filme objektiv gesehen eine hohe Qualität vorweisen - und da bildet auch diese Arbeit hier keine Ausnahme. Ich bin nur nicht dafür, was sie damit letzten Endes propagieren will.
KREUZWEG - Die Geschwister Brüggemann können einem trotz offenbar maßlos positiver Kritiken und hohen Auszeichnungen beinahe schon Leid tun. Selbst wenn ihre ursprüngliche Absicht (laut sympathischem Q&A nach der Vorstellung) das stets nötige Aufdecken der Schattenseiten des Fanatismus bzw. ein Appell an den Humanismus in streng naturalistischer Fassung war, ist ihnen objektiv leider doch eher ein sadistischer, tendenziös anti-katholischer Agitprop-Film gelungen - welcher wunderbar gnadenlos den Hass gegen bornierte Religiosität im Zuschauer mobilisiert, im Angesicht des Mitleids mit der 14-jährigen, unschuldigen Protagonistin, die sich aufgrund einem für sich ausgelegten, religiösen Missverständnis und einer erzkonservativen Erziehung in einen quälenden Leidensweg versetzt, der zudem durch den unfair-erscheinenden Konflikt mit der uneinsichtigen, oft tobsüchtigen Mutter noch stärker vorangetrieben wird.
Regisseur Dietrich Brüggemann pusht unser emotionales Verständnis dementsprechend anhand der minutiös durchgeplanten Statik im Bild und einer Kapiteleinteilung, die jene Geschehnisse mit dem Kreuzweg Jesu gleichzustellen vermag. Ihm reizt dabei, ein möglichst authentisches Abbild der Realität zu erschaffen, ordnet dieses aber gleichzeitig einer unausweichlich-narrativen Struktur unter, die zwar dem Medium Film gerecht wird, aber nicht immer der gewollten Gefühlsechtheit. Problematischer wird dies sodann durch die Vordergründigkeit des knallhart durchgezogenen Problemthemas, welche sich gezwungenermaßen in teils arg gestelzten Streitgesprächen äußert, die in ihrer Wirkung folgerichtig grundlos-fies niedergeschrieben scheinen (die Darstellerin der Mutter bemüht sich da am Vergeblichsten, Authentizität in verblendeter Autorität zu vermitteln) und gerade durch die alternativlose Bildkomposition einen wenig überzeugenden Eindruck von erlebtem Theater vermittelt (ganz schlimm naiv-sozialkritisch: die Turnhallen-Szene).
Den Unterhaltungsfaktor kann man dabei nicht ausschließen, dafür hält Brüggemann trotz eingeschränkter visueller Vermittlungen ein schönes Gleichgewicht der Kurzweiligkeit und des Humors anhand seiner pointierten Erzählung, aber auch seiner oft plakativ-einseitigen Charakterzeichnungen und Konzentration argwöhnischer Religions-Klischees, die beim unbedarften Zuschauer das Gefühl erwecken lassen: "Hab ich's doch gewusst - Religion ist falsch und fies!", oder differenzierter gesagt: der Katholizismus ist fehlerhaft, dagegen erscheint u.a. der Evangelismus weit liberaler und vernünftiger (dafür liefert er ohnehin reichlich symbolhafte Parallelen). Ob das nun in Wahrheit auch so ist, lass ich mal dahingestellt - Fakt ist, dass Brüggemann seinen fiktiven Konflikt auf wahrhaftige Praktiken bezieht und diese in stetig-schlimmer werdender Reihenfolge als unmenschliche Unmöglichkeiten aufdrängt. Da mag er sich zwar an einer Hardliner-Gruppierung jenes Glaubens orientiert haben, münzt deren Auswüchse aber in seinem Handlungskonstrukt in ein Worst-Case-Szenario der Verständnislosigkeit und des vernachlässigten Missbrauchs mit viel zu später, ästhetisch-vorwurfsvoller (fast schon verhöhnter) Läuterung um, dass man sich an Veit Harlans 'JUGEND' (1938) erinnert fühlt.
Ein kurzes Aufschimmern aus dieser Grundhaltung der Grausamkeit findet sich letzten Endes in der durchaus christlichen Suggestion, dass Marias bitter-herbeigeführtes Opfer doch noch das bewusst sentimental-aufgegriffene Wunder bewirkt, dass sie sich dadurch erhofft hatte (der kleine, 4-jährige Bruder fängt endlich zu sprechen an - als wäre man bei Charles Dickens gelandet) und sogar aufgrund ihrer Selbstlosigkeit aus dem trostlosen Morast eines mit einem Bagger zugeschütteten Grabes doch noch auf dem Weg zum Himmel, zur ewigen Seligkeit gelangt. Aufgrund der strengen, visuellen Komponente bleibt diese Vorstellung aber eher nur ein eventueller Wunschtraum - sodann setzt auch ein Abspann ein, der vollkommen tonfrei und mit minimal offenbarenden, langen Credits nochmals genüsslich den Zuschauer an den Sitz zwingt, dass er ja darüber nachdenken mag und die erlebte Geschichte als profunde Erfahrung anerkennt. Nein danke, dafür war der erbarmungslose Downward-Spiral-Leidensweg doch zuviel des Guten.
Die Grundidee an sich vermittelt durchaus Potenzial und vor allem das Schauspiel von Lea van Acken (die nach ihrem ewigen Leinwandtod plötzlich auf der Bühne vor uns stand - voll weird), Florian Stetter und anderen bietet ein eindrückliches Panorama der perfiden Verblendung und des daraus resultierenden, unnötigen Leidens, sowie reichlich menschliche Züge. Durch die nüchterne und plakativ-gemeine Gestaltung dieses Sachverhalts bleibt man aber schlicht gezwungenermaßen ein latent-quälender und gequälter Voyeur, der zwar einen übersichtlichen Einblick in die Gedanken der Figuren bekommt, aber die Anteilnahme eher aus dem aufgestauten Hass für das Feindbild "religiöser Fanatismus" und drastisch-in-den-Fokus-gerückten Mitleid schöpft, anstatt das Thema wirklich differenziert-verständnisvoll zu ergründen. Hier wohnt man einer pathologischen, beinahe exploitativen Zersetzung mit Belehrungsabsicht bei, ein Dialog über jene dargestellten Problematiken lässt sich darauf aber nur mäßig aufbauen - eher nur weitere, verfestigte Abneigungen. Aber so müssen Leidensgeschichten nun mal sein: besonders grausam. Nur muss dafür auch eine tatsächliche Empathie gegeben sein, um sich in die Figuren einfühlen zu können. 'KREUZWEG' durchkreuzt dies leider mit gesetzten Schocks, die es sich alles zu einfach machen. Recht spannend und aufbrausend kommt er dennoch rüber, also: Mission halbwegs gelungen.
KLASSENKEILE - Wenn man schon mal einen Film zu Gesicht bekommt, in welchem Uschi Glas tatsächlich passabel, geradezu sympathisch wirkt, sollte das besondere Erwähnung finden. Und selbst wenn das nur im Rahmen einer gemächlichen Pauker-Komödie stattfindet, die ihre Witze nur selten mit raffiniert-aufgelösten Pointen ausstatten kann - die Lachquote des Drehbuchs scheint dennoch einigermaßen hoch, wenn man bedenkt, dass man hier auf eine Nachsynchronisation verzichtet hat. Ungemein griesgrämiger wirkt dagegen das beständige Wetter, in welchem der Plot - von der Journalistin Katja Hutten, die für ihre heiratssüchtige Jugendfreundin und Notenniete Manuela Schulz in der 13. Klasse büffelt und darin eine Top-Story über das Leben an bundesdeutschen Schulen erspäht, erst recht, als die Schulleitung den beliebten Klassenlehrer Dr. Wagner aufgrund seiner progressiven Lehrmethoden und seiner aufblühenden Beziehung zu Katja absetzt - abgehandelt wird: das ganze Schuljahr über scheint der Winter zu herrschen.
Ein krasser Gegensatz zu den sonnig-unbedarften, frechen Streichen der Gymnasiasten (unter ihnen: ein junger Wolfgang Condrus), aber auch eine stilistische Stütze für die muffige Unterdrückungs-Borniertheit der Lehrer (aller Wahrscheinlichkeit nach aber eher ein Umstand der Dreharbeiten, die F.J. Gottlieb wohl oder übel hinnahm), wobei diese natürlich nur einfältige, lächerliche Antagonisten abgeben. Da wäre z.B. Rudolf Schündler als autoritäre Micky-Maus, der im Philosophie-Unterricht schon mal gerne Friedrich den Großen behandelt, aber auch von der ihm wohlgesonnenen, in die Aula bestellte Marschmusik gestört wird, wo er sich doch vorher schon über Wagners Hag zur musikalischen Vermittlung im Unterricht missfällig äußerte. Alle anderen Lehrer bekommen auch mehr oder weniger schlimme Streiche gespielt, mit denen die Schüler für die Rückkehr ihres Wagners demonstrieren: im Biologieunterricht wird ein Haufen Mäuse 'ganz unabsichtlich' freigelassen und über die gesamte Lehrerschaft verteilt, bei der Chemiestunde tut man so als ob der 'Alkohol ohne Alkohol' doch noch seine angedachte Wirkung entfaltet und ab und an verschwinden sogar die Aufgaben wie von Geisterhand von der Kreidetafel.
Gottlieb drückt in diesem seinen ausgelassenen, einigermaßen-stringenden Lustspiel um die Aufhebung konservativer Lehrmethoden zwar durchweg aus, dass man sich als Schüler in diesen modernen Zeiten nicht alles gefallen lassen sollte, zeichnet aber auch ein Bild von einer gewitzt-draufgängerischen Schülerschaft, die mit minutiös geplanten Geistesblitzen der Pauker-Verarsche ihren Drang zum "spannenden" Lernen lancieren will. Daher erscheint sodann auch der Dr. Wagner, um den es geht, ganz selbstsicher-ironisierend und bemüht sich trotz entschiedener Strenge um die Verbrüderung mit seinen Schützlingen - damit sie mit Humor und Einfallsreichtum an die Schönheit des Wissens gelangen. Streber hat man aber auch hier nicht gern - der prädestinierte Brillenträger bekommt kontinuierlich Nackenschellen, dass er auch ja nichts ausplaudert. Und der Schulabschluss an sich ist auch nicht unbedingt von Nöten, schließlich bekommt die Ausreißerin Manuela ihren Willen zur Heirat, als ihrem tobsüchtigen Vater Willy Millowitsch einleuchtet, dass sein zukünftiger Schwiegersohn Chef eines großen Gemüse-Unternehmens ist. Da mögen die Frauen von heute noch so selbstständig auftreten, in diesem Film akzeptiert man sie doch erst mit einem starken Mann an der Seite (gilt auch für Uschi Glas Charakter) - naja, solange dabei ursprünglich ohnehin Liebe im Spiel ist...
Wie aber steht der Direktor der Schule (Werner Finck) zu all dem? Tja, der wankelt unbeholfen-verblödet zwischen der Freude für die Streiche der Schüler & der Empörung der Lehrer hin und her - wie ein Prototyp von Commandant Lassard aus den Police-Academy-Filmen. Bezeichnenderweise bieten seine unentschlossenen Satzversuche und Stellungnahmen die größten Lacher im gesamten Streifen. So macht es diesem dusseligen Gries auch nichts aus, den Posten an Dr. Wagner abzugeben und seinen problematischen Schülern den ersehnten Abiturabschluss zu bescheren, auch wenn diese in der gesamten Laufzeit des Films alles andere gemacht haben, als zu lernen oder Arbeiten zu schreiben - schwamm drüber. Viel schlimmer wiegt da doch eher der folgenschwere Einwurf zum Finale hin, der mir mindestens genauso schockierend kam, wie diese Woche die letztendliche Wehrmachts-Propaganda in 'AUF WIEDERSEHEN, FRANZISKA!': der kotzüble, Heintje-ähnliche Schlager 'EIN TAG WIE DIESER TAG (KOMMT NIE WIEDER)', welcher nun am Allerwenigsten zum Kulturverständnis der Schüler gehören dürfte (auch wenn er indirekt die achtenswerte Besonderheit des Abi-Abgangs besingt) und zudem von dem niederländischen Kinderstar Wilma besungen wird, die in allen Belangen einfach nur scheußlich aufgemacht ist und zurecht wie ein anbiedernder Fremdkörper im Gesamtkonstrukt wirkt - ein letzter, großer Streich von der Lehrerschaft?
Wie dem auch sei: am Ende sind alle offenbar nicht verstört zurückgeblieben und bekommen ihr selbstverständliches Happy-End. Als harmloser Ulk braucht sich 'KLASSENKEILE' folglich auch keiner allzu eindringlichen Dramaturgie zu bedienen und feiert stattdessen mehr oder weniger platt und sketchartig-freilaufend die Freude an der kindischen Rebellion im Klassenzimmer. Es klingelte dafür einstmals gehörig in der Kasse (2,5 Millionen Zuschauer - nicht zu vergessen, dass man sich hier sowieso an die erfolgreichen LÜMMEL-Filme Werner Jacobs heranzuhängen wagte) und entsprechende Nachfolger wie 'FACK JU, GÖTHE!' gibt's ja bis zum heutigen Tage. Einen hohen Qualitätsanspruch sollte man dennoch nicht erwarten, aber zumindest einige gemächliche, schön-doofe Stunden schlapprig-haltloser Schulzeit.
ALASKA - In vielerlei Hinsicht ist dieser Titel die nicht allzu heiß erwartete Kinder-Variante von 'AUF BRENNENDEM EIS': hier wird mit einer herzerweichenden Breitwand-Optik die schützenswerte Natur des titelgebenden, US-amerikanischen Paradies aus Wäldern, Bergen und eisigen Tälern wiedergegeben, während eine Gruppe plakativ-fieser Wilderer genau jene Pracht mit ihrer unbarmherzigen Respektlosigkeit tödlich (profitabel) zu verschandeln bezwecken, wie bereits Michael Caine mit seinem Öl in Seagals herrlich-dämlicher Adult-Ballerei (als Obermotz anwesend: Charlton Heston, dessen Sohn hier Regie führte - wobei er folgerichtig trotz seiner Position als Main-Villain noch immer eine verhältnismäßig elegante Figur abgibt, auch wenn er anhand des verachtenswerten Animalkiller-Knarrenspiels wohl kaum seinem NRA-Image gerecht werden dürfte).
Als ebenso schablonenhaft erweisen sich die zweckmäßig-gezeichneten Protagonisten - ein Geschwister-Paar kaukasischer Mittelstands-Stereotypen - welche sich auf der Suche nach ihrem in den Bergen abgestürzten, natürlich-allein-erziehenden Dad (Face aus A-Team) allmählich gegen die Naturschänder auflehnen und sich zudem mit einem Eisbären anfreunden, dessen Mutter bereits von den Bösen gekillt und gehäutet wurde. Die stärkste Entwicklung macht dabei der teen-angstige, frustriert-hippe 90's-"Bad-Boy" Sean durch: dem stinkt zunächst die neue Heimat, weshalb er "ganz der Rebel" Mülltonnen umkickt und sich dabei eine Verwarnung von der örtlichen Polizei und aneinander-abprallende Vater-Sohn-Gespräche bekanntester (biederer) Aufmachung einfängt.
Doch sobald er sich mit seiner Schwester Jessie (eine junge Thora Birch) - schon weit fortgeschrittener im Öko-Bewusstsein und Kajak-Handling - verbündet, um das Familienoberhaupt aufgrund inkompetenter Hilfskräfte auf eigene Faust zurückzuholen, taut er langsam auf gegenüber dieser ihm neuen Kultur: Begegnungen mit freundlichen, weisen Ureinwohnern, spirituelle Traumsequenzen zur inneren Verbindung mit mythischen Kräften des Landes und der Genuss von mäßig-computergenerierten Nordlichtern sind die Folge. Deutliche, amüsante Parallelen zu den erkenntnisreichen Abenteuern Forrest Tafts aus dem Jahre 1994 ('ALASKA' hingegen brachte erst ganze 2 Jahre später seine Familien- und Touristen-freundliche Variante hervor, ebenfalls im Verleih der Warner Bros.).
Und so verwundert es niemanden mehr, dass diese feschen, neu-rekrutierten Greenpeace-Langweiler-Kids aus dem kontemporären Durchschnitt alle kurzweiligen Tricks, Kniffe und dramaturgische Einfältigkeiten ausnutzen, um ihren kleinen Eisbär-Schützling namens 'Flocke' vor den Gefahren der Genre-Standards eines unschuldigen, harmlosen Kinderfilms zu retten. Ich kann mich nicht beschweren, selbst wenn nur geringfügige Eindrücke vom beliebig-vermittelten Naturschutz übrig bleiben (ganz anders als das an naiver Dreistigkeit und aberwitzigen Szenarien kaum zu überbietende Seagal-Regie-"Debüt", welches mit seinem Panoptikum an aneinandergereihten Übertreibungen für immer in der Hirnrinde herumschlendern wird).
Damals hätte ich so einen derartig austauschbaren Film bestimmt irgendwie auch noch gemocht (wie z.B. auch 'NESSIE' mit Ted Danson, den ich lieber gut in Erinnerung behalte, anstatt ihn mir nochmal zu Gemüte zu führen) - heutzutage bin ich stattdessen eher gewillt, vorzeitig abzuschalten, da ich mir schon von Minute eins an das gesamte Spektrum an eindimensionaler Gefälligkeit bei diesem Filmkonstrukt denken kann. Die Bestätigung jener Erwartungen hat aber auch irgendwo was Sympathisches, erst recht wenn man sie wie abermals mit Frau Mutter zusammen erlebt. So waren sie nun mal, 'die einfacheren Zeiten'.
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