Sonntag, 9. März 2014

Tipps vom 03.03. - 09.03.2014



OPFERGANG - Nach erneuter Sichtung doch ein aufregendes, bizarres und packendes Melodram allererster Güte und dank einiger (mehr oder weniger) unbemerkter Schnitte in der Nachkriegsfassung kaum noch offensichtlich-ideologisch gefärbt (anfangs werden lediglich noch Kolonialbestrebungen erwähnt, die unserem gern umherreisenden Protagonisten Albrecht Froben schlicht egal zu sein scheinen), stattdessen ein vollends intensives Martyrium der Romantik. War damals mein erster Veit-Harlan-Film, weshalb ich auch ziemlich perplex über dessen ungewohnt-dringliche Wirkung in seinen derartig biederen Kulissen war - selbst heute wird 'OPFERGANG' noch von einer überschwänglichen Morbidität und surrealen Verzerrung ungebändigt-lyrischer Gefühlsexzesse in Wort & Spiel beherrscht.


Aber die Söderbaum so schön leiden zu sehen, symbollastige Dialoge und Todeschöre am laufenden Band geliefert zu bekommen und den schnoddrigen Carl Raddatz als Albrecht bei der verhängnisvollen Liebe zwischen zwei Frauen (wobei seine Ehefrau Octavia die kranke 'Gegenspielerin' Äls ebenso per Ross am Tor zur Gesundung grüßt, wie ihr Ehemann) in keimigsten Agfacolor oberflächlich gesunder, aber innerlich zerfallender Naturschönheiten zwischen Elbe und Ostsee zu erleben (Kamera: natürlich Bruno Mondi) - was das nur für eine dicke, warm-ausblutende Schwulst der (Todes-)Sehnsucht im Taumel von Hans-Otto-Borgmanns beschwörenden Symphonien der himmlischen Zersetzung und Harlans von der Realität entrückten, poetisch-versierten Nebelwänden der in-dekadenter-Hypnose-schwelgenden Bürgerlichkeit ist.


Da wir es aber auch wie gesagt mit einem waschechten Melodram alter Schule zu tun haben, bestimmt das eigentümliche und einerseits ums Leben ringende, allmählich aber auch abgeklärt den Tod empfangende Schicksal der Frau, des Individuums, ähnlich wie in 'OPFER EINER GROSSEN LIEBE' von Edmund Goulding die Gefühle des Zuschauers - weshalb man ihr unweigerlich, trotz Seitensprung-Ansporn, nachvollziehbar die Liebe und das Leben wünscht, welche sie ja als menschliches Wesen beidesamt verdient (und da zeigt selbst die gehörnte Ehefrau Verständnis). Zu jener Zeit der Durchhaltepropaganda eines Goebbels eigentlich kaum vorstellbar, aber im (schließlich bereitwilligen) Fatalismus allzu bezeichnend für die innewohnende, verblendete Hoffnungslosigkeit des Scheiterhaufen-Unternehmens 'Drittes Reich'.

 
Kein Wunder also, dass 'OPFERGANG' so ein Erfolg beim Publikum wurde, gab er ihm doch nicht nur eine bewegende, aufbrausend-sehnsüchtige Geschichte, sondern auch eine Art Erlösung von der Angst und von der Verantwortung, dass man sich dem umliegenden Verderben (immerhin hatte der Film 1944 Premiere!) machtlos ergeben kann, auch wenn die Propaganda-Maschinerie die Wehrhaftigkeit beschwor - im Tod wartet schon das sehnliche Glück. Da ist Harlans Werk eigentlich noch immer eine ausufernd-krankhafte Behandlung über das Sterben, erst recht im historischen Kontext, den man nie ausklammern sollte - wenn auch beileibe nicht so heuchlerisch-kalt und fordernd-alternativlos wie z.B. Liebeneiners Euthanasie-Suggestion 'ICH KLAGE AN'.


Eine verwunderliche Atmosphäre mysteriös-verinnerlichten Leidens und die herzliche, kusssüchtige Annäherung daran, der erquickenden Gefühle wegen (siehe Albrechts Rettung von Äls' Kind vor der Typhus-Seuche im Hamburger Hafenviertel, woran er schließlich selber erkrankt, was er aber wohlweislich und aufrichtig in Kauf nimmt) machen 'OPFERGANG' aber dennoch zu einem wirkungsvollen, empathischen Reißer, der zwar nicht die Natürlichkeit eines Käutners vorweisen kann, aber dafür eine theatralisch-naive Selbstverständlichkeit, welche die Seelen (ähnlich wie der Glühwein und der knallbunte Fasching zur Mitte des Films) ebenfalls stark zum Glühen bringt.




DAS LEBEN GEHT WEITER - Der Titel des Films reflektiert nicht nur den Gegenstand des verschollenen Spielfilmprojektes, das diese Dokumentation zu erforschen versucht, sondern auch die gleichnamige Parole des Propagandaministers Nazi-Deutschlands, Joseph Goebbels, der sie zu eskapistischen Beruhigungszwecken der deutschen Bevölkerung erschuf und diese in den Kanon der damaligen Filmkunst einzubinden gedenkte (wobei er weniger auf platt-offensichtlich politisiertes Kino setzte, als auf geschickt-untergejubelte Weltansichten, ähnlich seiner Vorbilder 'Vom Winde verweht' und dem US-Propagandrama 'Mrs. Miniver') - wobei jener Pro-Life-Spruch von Goebbels schließlich auch nach dem Krieg an die neuen Machthaber zur Verwendung gelangte.

 
Dieser ruhmlose Werdegang wird in einer dokudramatischen Form wiedergegeben, die den Erzähler Dieter Moor als quasi metaphysischen Beobachter in rekreierte Kulissen des damaligen Zeitgeschehens hineinversetzt, wo sich in passiven Realszenen, verbunden mit Archivmaterial, visuelle Beschreibungen der Geschehnisse abspielen. Moor's Erzähler ist sich dabei der gestalterischen Mittel des Kinos bewusst und umspielt charmant-allwissend & selbstsicher die Räume anhand von zweckmäßig-künstlichen Effekten und offen gelegten Manipulationen - bezeichnend für das Medium Film, aber auch speziell für die Mechanismen der Propaganda-Absichten des dritten Reichs, welche hier anhand der verantwortlichen Persönlichkeiten & und deren Erzeugnisse gleichfalls chronologisch umrissen werden, wie auch die historischen Begebenheiten jenseits der Leinwand.

 
Doch auch Moor ist in dieser Konzeption bewusst machtlos gegen die Unterbrechungen durch Bombenangriffe, sobald diese im historischen Kontext der Dreharbeiten angesprochen werden - da kann er nur mit den Augen rollen und erlebt die dargestellten, furchtsamen Zustände mit. Dies vermittelt dem Zuschauer einerseits nachvollziehbar die Schwierigkeiten der damaligen Produktion, macht aber auch deutlich wie verblendet und perfide angesichts der allgegenwärtigen Kriegssituation jener Gedanke an einem derartig groß angelegten, verharmlosenden Durchhalte-Filmprojekt war - welches zudem für möglichst viel Realismus in echten Ruinen gedreht wurde (Bilder, die man dem Volk in Wochenschauen vorenthielt).

 
Zeitzeugen kommen auch zu Wort und berichten von den damaligen Eindrücken, der Film zieht aber bei den entscheidenden Mitverantwortlichen eine klare Linie und betont mit starker Beweiskraft, dass keiner von ihnen eine weiße Weste hatte - so zeichnet er den damaligen Regisseur Wolfgang Liebeneiner zwar zunächst als Opportunisten, fördert aber zu Tage, dass er von der Aussage seiner Filme immer überzeugt war. Das einzige, was man ihm zu Gute halten könnte, wäre, dass er mit seinen lang herausgezögerten Dreharbeiten seine Mitarbeiter vor dem 'Endkampf in Berlin' beschützt hätte. Aber ihm ging's inmitten des Wahnsinns wohl auch um eine sauber einbezahlte Gage, wie aus einigen Briefen seinerseits deutlich wird - das Leben muss ja weitergehen. Also auch ein realitätsfremder Heuchler wie seine Auftraggeber, so findet selbst Moor dafür trotz seines Charmes nur hämische Verachtung - durchaus narrativ vertretbar, seine Haltung; in jener Emotionalität trotz künstlicher Fasson sogar noch immer sachlich.

So gelangt die Geschichte folgerichtig auch zu einem Punkt - nach all den illusionistischen Einsätzen der 'LEBENS'-Parole in verklärenden Wochenschauen und anderen Propaganda-Filmen wie Harlans 'KOLBERG' - dass die Verantwortlichen sich doch die Realität der Niederlage eingestehen müssten. Liebeneiner, ganz der Opportunist, versteckte aber Kopien seines Materials, um damit im Nachhinein womöglich einen pazifistischen Antikriegsfilm zu erschaffen. Dazu sollte es nicht mehr kommen, da einige unbedarfte Nachkriegskinder die Filmrollen in ihrer Unschuld zerstörten, weil das Zelluloid ja so schön brannte. Blanke, poetische Poesie - die Propaganda der Nazis zerfällt ebenso in Flammen & Ruinen wie deren Städte und einstige Symbole.

 
Letztendlich erfährt man aber auch, dass die sowjetischen Macht-Nachfolger in der DDR verbliebene Ausschnitte aus Liebeneiners Film in ihre eigene Propaganda hineinmischten und so verwundert es niemanden, dass auch dort noch immer der alte, aufmunternde Spruch von den schwarzweißen Ruinen der Leinwand herunterpredigt: 'DAS LEBEN GEHT WEITER'. Das galt nicht nur einigermaßen für die erhaltene, unterdrückende Politik in Ostdeutschland, sondern auch für die Karriere von Liebeneiner, dem man anhand des Erfolges seiner 'Trapp-Familie' in Westdeutschland offenbar fast alles verzieh, wo man sich mit seiner Vergangenheit nicht mehr auseinandersetzen wollte.

Da endet die Dokumentation auch in den großen Archiven des deutschen Filmbestandes und sinniert darüber, wo die verbliebenen Ausschnitte von Liebeneiners Film darin zu finden wären. Moor zieht dabei den Schluss, dass sie, so suggeriert auch die Kamerafahrt über die weitflächigen Hallen, überall lauern dürften (eventuell sogar in anderen europäischen Archiven) und damit das Filmschaffen in Deutschland & Europa bis zum heutigen Tage beeinflusst haben. Ein schlussendliches Plädoyer dafür, das Leben nicht nur 'weitergehen' zu lassen, sondern auch die Vergangenheit zu reflektieren.




THE GRAND BUDAPEST HOTEL - Wes Anderson bringt einen flotten Abenteuerfilm auf die Beine, der sich in europäischer Märchenhaftigkeit hüllt und dabei ebenso allzu reale Zeitumstände des frühen 20. Jahrhunderts in einen fiktiven Rahmen setzt, nebenbei auch dessen Aspect-Ratio dauerhaft die Ehre erweist. Aus dem titelgebenden Hotel und den innewohnenden Figuren macht er liebevoll handgemachte, anarchische Püppchen und detailverliebte Toy-Dekors, legt auf irre Verspieltheit an und frönt geradezu narzisstisch seinem altbekannten Stil - was aber noch lange nicht heißen muss, dass er hier höchst sperrig agiert.

 
Im Gegenteil: Humor, Handlung und Charakterzeichnung geschehen in perfekt abgeglichener, publikumswirksamer Kohärenz und Rasanz, machen den Zuschauer tolerant für Zucker-übergossene Erhöhungen der plakativen Naivität und erfreuen sich ebenso an klassisch-kindlicher Unterhaltung, als auch an erwachsenen, hier vollends frech aufgespielten und irrsinnig-willkürlichen Genre-Ansätzen von Sex, Fluchwörten und Gewalt. Pubertärer Leichtsinn in sympathischer Leidenschaft, traumhaft aufgebaut im Studio Babelsberg, versiert mit klassischen Self-Made-Effekten - von Miniaturbauten und -figuren bis hin zu verkünstelten Matte-Paintings.

 
Lediglich sobald seine Entsprechung der SS, die Zig-Zags, ihre erbarmungslosen Schädel-Emblems in die Geschichte stecken, gerät eine angebrachte, furchtsame Spannung in die Luft, welche zum Ende hin auch in schmerzvolle Gefahr ausartet und den Film in fortschreitend-anlaufenden Kriegsjahren aufs Trübsinnigste entfärbt. Ansonsten ist die dramaturgische Fallhöhe nur ansatzweise auszumachen. Da es Anderson hierin eher um die luftige Stärke des Stils geht, um seinem fortlaufenden Abenteuer genügend frischen Bubblegum-Wind und Absurditäten zu verleihen, musste die sehnsüchtige Melancholie anderer Werke (siehe u.a. 'DIE TIEFSEETAUCHER' und 'DER FANTASTISCHE MR. FOX') leider weichen - weshalb auch viele Charaktere nur kurz angerissen werden und/oder comichafte Karikaturen darstellen.


Da dieser verklärende, überspitzte Kniff allerdings auch zur Erzählstruktur passt - schließlich lesen wir zusammen mit einem Mädel ein Buch über jenes Hotel, welches von einem Autoren niedergeschrieben wurde, der wiederum den Erinnerungen des alt gewordenen Lobby Boys Zero lauscht; wohlgemerkt alles in einem fiktiven Land, welches allerdings Deutsch als Amtssprache benutzt - und ohnehin mit leichtherziger Verknüpfung & Liebe um Gerechtigkeit und Glück innerhalb einer turbulenten Hatz aus der Rache der Enterbten heraus buhlt, geht das schon voll in Ordnung.

Direkt ins Herz zu schießen, gelingt dem stets eigensinnigen Anderson diesmal leider nicht ganz - weiterentwickeln möchte er sich ja offenbar ohnehin nicht mehr. Aber für einen Autorenfilmer, der schlicht seinem eigenen Herzen folgt, ist er noch immer ein spaßiger Geselle und mit jedem Jahr die stets erfrischende, gelungene Ausnahmeerscheinung - welche die bereits aus seinen anderen Filmen bekannten Stars neben einigen neuen, allerdings ebenso berühmten Gesichtern wie befreite Gastspieler einer Bühneninszenierung vom stets gleichen Ensemble wirken lässt (außer natürlich Fisher Stevens - wie ist der hier reingekommen?).




HEIMAT - Carl Froelich inszenierte dieses Drama nach einer (bereits mehrmals verfilmten) Vorlage von Hermann Sudermann. Allein daran lassen sich schon Qualitäten und auch Missstände am Film selbst feststellen. Zunächst einmal sollte klar sein, dass 'HEIMAT' aus dem Jahre 1938 ein Produkt Nazi-Deutschlands ist, allein vom Titel her schon eine bezeichnend-beschwörende Absicht einnimmt und deshalb einige arge Faktoren in der Umsetzung der Geschichte aufweist, die man zwar einerseits dem Setting (Ilmingen zu Zeiten Kaiser Wilhelms im Jahre 1885) zuordnen kann, allerdings auch eine gewisse, politische Schönfärberei mit sich bringen.

So erhält man schnell den Eindruck, dass Militär und Monarchie ausnahmslos gern gesehen sind und sich in ihrem Umgang äußerst freundschaftlich und kleinbürgerlich geben - im Gegensatz zum Spießbürgertum, das sich am Adel nährt und lieber schick aussehen möchte, als zu arbeiten. Jene Gesellschaft echauffiert sich sodann auch über die Einreise der vermeintlich-amerikanischen Sängerin Maddalena Dall'Orto (Zarah Leander) - die dürfte als Nicht-Deutsche & Heimatlose doch nicht Bach singen und sowieso ist dort drüben gemischtes Publikum an der Tagesordnung. Einige fortschrittlichere Vertreter der Kunst und der Obrigkeit sehen über diese Einwände hinweg, sind aber auch bedeutend erleichtert, als sich jene Magda als Deutsche entpuppt, die nun ihren Heimatort besucht.

 
Magda jedoch liegt es bei jener Visite eher am Herzen, wieder in ihrem alten Zuhause angenommen zu werden - die deutsche Heimat konnte sie sich wohl trotz des Erfolges nicht aus dem Kopf schlagen, auch wenn sich ihr autoritärer Vater, Oberst Leopold von Schwartze (Heinrich George), seit ihrer Abreise in die Staaten von ihr verraten fühlt. So weit stellt sich die zweifelhafte Ideologie in dieser UFA-Produktion dar. Was aus diesen Eingangskomponenten folgt, ist allerdings eine ambivalentere Angelegenheit, welche jenem soziopolitischen Mief mit Kritik begegnet. Magda bangt nämlich darum, von ihrem Vater noch immer verstoßen zu werden - eine furchtsame, familiäre Spannung, die auch nicht an ihrer Schwester Marie vorbeigeht, die ebenfalls unter der jüngst angeschnauzten Fuchtel des Vaters zu leiden hat, seit er von Magdas Rückkehr weiß.

 
Doch sobald jene 'verlorene Tochter' bei Schneefall & Nacht vor der Haustür steht, wird auch er weich wie ein Schoßhund und heißt sie, in Sentimentalität eingebrochen, im vertrauten Haushalt willkommen. Mit eine der wohl stärksten Szenen des Films, die sich in süßer Vergebung und machtloser Gefühlsüberwältigung übt. Bei seinen Kumpels lästert der Herr Papa danach zwar noch immer mit über die Amerikaner, freut sich aber wie ein Klops, als Magda mit ihrem in den Staaten verdienten Geld gerne die Hochzeit der Schwester bezahlt (weil er es selber nicht kann). Bei der Bank, wo sie jenes Geld abhebt, begegnet sie aber einem alten Bekannten, Von Keller (Franz Schafheitlin), der inzwischen zum Direktor aufgestiegen ist. Hier stellt sich heraus, das nicht alles aus der Heimat für sie glänzt.

 
Denn in jenen Herrn Von Keller hat sie sich damals in Berlin verliebt, weil er ihr eben ein Gefühl von der Heimat gab - ließ sie aber mit ihrer aus dieser Beziehung entstandenen Tochter allein. Dass sie ihr Kind aus Angst vor einem Skandal, der gesellschaftlichen Konventionen wegen, seit jeher 'verstecken' muss, kann sie ihm verständlicher Weise nie verzeihen - auch wenn er sich in seiner bürokratischen Kälte noch immer anbiedert, sie doch noch zur Frau zu nehmen. Doch sobald ihr Vater von diesem Umstand erfährt, will er mit jedem Mittel die eventuelle Schande verhindern und Magda mit eisernen, doch schlicht nervösen Willen zwingen, Von Keller zu heiraten, selbst wenn der unerwünschte Anwärter ihr Kind dafür aus dem Weg räumen möchte.


Froelich zeigt da starkes, dramatisches Verständnis für die individuelle Entscheidungskraft der Magda, die im Angesicht der konservativen Regeln ihrer Heimat in Ungnade zu fallen und zerbrechen droht. In den aufreibungsvollen, harten Streitgesprächen zwischen Vater und Tochter zeichnet er zudem bei der Figur des Oberst ein Bild von einem verzweifelten, alten Mann, der im Zwiespalt seiner Gefühle, starrköpfig den Grenzen seiner Weltvorstellungen & Ehre unterlegen ist und trotz seines offensichtlichen eigenen Schmerzes einfach nicht verhindern kann, was er seinem eigentlichen Glück, seiner Tochter, damit antut.


Schlussendlich kann er sie nur vor die Wahl stellen, ob sie Von Keller heiratet oder ob sie beide, Vater & Tochter, an Ort und Stelle im Familienhaus, gemeinsam sterben. Und doch findet sich für Magda letzten Endes ein befreiender Ausweg: Von Keller hat nämlich Geld veruntreut und sich vor einer Stellung durch die Polizei selbst gerichtet. Magdas Vater ist aber noch immer unheilvoll besorgt, wird aber von ihrem neuen Liebhaber, dem sanften Dirigenten Franz Heffterdingk (Paul Hörbiger) zurechtgewiesen, dass es Zeit ist, liberaler zu denken.


In der letzten, wunderschönen Sequenz des Films, singt Magda an der Seite ihres Liebsten in der örtlichen Kirche die durchweg angedeuteten, heiß erwarteten Passions-Kompositionen von Bach - wobei natürlich auch Magdas eigene Passion durch die suggestive, aber auch hinreißende Gestaltung Froelichs ihr vergebungsvolles Ende findet, als der Vater im Publikum nicht nur erstmals ihr künstlerisches Talent erkennt, sondern auch ihre Tochter, welche er zwar vorher schon zufällig traf, ihm aber jetzt unschuldig zu verstehen gibt: 'Das da ist meine Mami.' - das schießt so eindringlich ins Herz des Zuschauers, diese selige Erfüllung von Magdas Wünschen und diese späte Läuterung des Vaters, dass man letztendlich von einem schlicht gelungenen Drama sprechen muss, eben wie es sich für ein richtiges Sudermann-Werk so gehört.

 
Der Kontext zur Entstehungszeit macht sich dabei zwar durchaus bemerkbar, die Essenz der Geschichte bleibt aber ungebrochen und setzt sich noch immer durchweg beachtlich für die Toleranz des Individuums ein - ein Paradoxon sondergleichen hinsichtlich des Ursprungs dieses Films im Dritten Reich. Auch wenn hier der Drang zur Heimat als Hauptthema und mit Sicherheit ebenso als Erziehungsabsicht fungiert, überwiegt der Gedanke, die veralteten und unmenschlichen Verhältnisse aufzurütteln, um dem Individuum zum Glück zu verhelfen.

Dass die Nazis sich offenbar selber in dieser Befreierfunktion sehen wollten - dafür besteht kein Zweifel (auch wenn die Figur des Vaters, der den aufstrebenden Bismarck verehrt, zur Einsicht aufgefordert wird). An der leidenschaftlichen und bewegenden Anteilnahme für das persönliche Glück der Magda ändert das jedoch herzlich wenig und propagiert in heutigen Augen wohlweislich eher liberales Verständnis & Humanismus, wie es Sudermann in seinem gleichnamigen Bühnenstück von 1893 vorsah.

Zudem ist 'HEIMAT' wohl der erste Zarah Leander-Film, der mir tatsächlich gut gefiel und in dem sie auch äußerst passend und einvernehmend spielt, wohlweislich an der Seite von Powerhouse Heinrich George. Wer also an ihrer Person und einem wirkungsvollen, aufrichtig-emotionalisierten Drama aus dem Deutschland der 1930er Jahre Interesse hat, sollte hier durchaus mal einen Blick riskieren - natürlich mit einem differenzierten Auge zur ideologischen Absicht des Films, versteht sich.




300: RISE OF AN EMPIRE - Schon mal vorweg: wer vorher nichts mit '300' oder dem Stil eines Zack Snyders was anfangen konnte, wird von diesem Film sicherlich nicht umgestimmt werden. Für alle anderen bedeutet dieses Companion-Piece zum Original eine erneute Erfüllung der bekannten, effektiven Parameter des antiken Schlachtengemäldes - allerdings in deutlicher Überhöhung. So ist der Blut- und Splattergehalt massivst aufgestockt wurden, auf dass man Tonnen an Himbeermarmelade aus einfachsten Stichwunden in die Kamera geschossen bekommt - man darf durchaus davon sprechen, dass dieser RISE OF AN EMPIRE eine äußerst gewaltverherrlichende Angelegenheit darstellt und nicht umsonst das 18er-Siegel verdient hat.


Ideologisch gesehen hat sich auch nicht viel geändert: der patriotische Militarismus der Amerikaner projiziert sich auf den rechtschaffenen, blassen Kampfgeist demokratischer Griechen im Kampf gegen die tyrannischen Perser. Interessant ist hierbei allerdings, dass auf der Seite der Perser Eva Green als Artemisia steht - ebenfalls eine Griechin, deren Eltern aber schon von Griechen (!) vergewaltigt und ermordet wurden, woraufhin sie von denselben Griechen als Sex-Sklavin missbraucht wurde, bis sie eines Tages von den Persern befreit wurde und sich in ihrem Rachedurst zur Kriegerin ausbilden ließ.


Nun führt sie die Schiffsflotte der Perser gegen die Griechen an, nachdem sie durch einen Staatsstreich Xerxes zum scheinbar gottgleichen Herrscher hochmanipulierte, um sich wie bereits erwähnt blutige Genugtuung zu verschaffen. So baut sich der Film im Verlauf eine schicke, überwältigende Faszination für die Perser, deren Maschinerie und ungebändigt-selbstsichere Powerfrau auf, die im krassen Gegensatz zum formelhaften, eingeölten Warrior-1x1 der Griechen um...Thermoskanne (oder wie der da heißt) steht.


Egal auf wessen Seite man sich jedoch schlägt, am Ende bluten sie alle gleich in Massen und in Zeitlupe, tauschen sich brachiale bis feurige Flottenmanöver im schleimigen Nebel überkünstelter CGI-Himmel aus und besiegen eher mehr als einmal zusammen die Gesetze der Physik mit unwahrscheinlichster Übernatürlichkeit, während im Fahrwerk die Ruderer zur Höchstleistung angepeitscht werden - zwischen Stahl, Blut, Holz und Wellen, die schon eher einem Tsunami gleichen. Einladungen zu mehreren opferreichen Schlachten auf hoher See sind die Folge, Körpereinsatz als plakative und bewusst comichafte, blutrünstige Momentaufnahme aus dem Computer ist das Resultat.


Total gaga, aber doch mit einem genüsslichen Augenzwinkern, was sich an einer beispielhaften Szene festmachen lässt: nachts hängt der Mond am Horizont und ist knapp 5-mal so groß wie normal (so war das halt früher). Eva Green lädt ihren Feind Thermoskanne aufs Schiff ein, wo sie ihm die Vereinigung vorschlägt. Er beteuert, dass er verheiratet sei mit dem Militär und keine Verhandlungen mit Terroristen führe, lässt sich trotzdem zu einer Sex-Szene überreden, die es in sich hat: da choreographiert sich das ungestüme Ficken zum grimmigen Machtkampf, während auf der Tonspur die treibenden Zimmer-Sample-Beats von JUNKIE XL genauso hart pumpen wie eh und je - LOVE IS A BATTLEFIELD. Da schauen sich selbst die Perser gegenseitig fragend an, wie in einer College-Komödie.


Es hilft alles nichts, Thermoskanne stapft zurück zu seinen muskulösen Burschen und Artemsia geht in die Vollen, bringt seiner Flotte und ganz Athen den Hardcore-Untergang - Maskulinität auf der Verliererseite. Nach einigen Freiheits-betonenden Motivationsreden, einer guten Menge Kriegsgesichtbemalungen und einem wütenden Wiedersehen mit dem Hunchback aus dem ersten Teil erscheint dann aber doch noch der ersehnte Endfight und auch die viehischen Spartaner kommen nochmals zur Hilfe. Alles geritzt, da macht das Drehbuch keine Anstalten und ergibt sich wie gehabt der formgerechten Dramaturgie eines Videospiels alà 'RYSE: SON OF ROME'.


Alles beim Alten also, nur eben im Grunde ein Kampf Grieche vs. Grieche, wie Kryptonier vs. Kryptonier und auch in der Musikgestaltung wie erwähnt schon stark an Snyders eigenen MAN OF STEEL orientiert, optisch und inhaltlich noch komplett im undifferenziert-aufbereiteten, historisch-'freien' "300"-Modus. Aber meine Güte, die herrliche Drübberkeit, die Eva Green ausstrahlt, haut den Film mit listigen Esprit aus den Socken und verteilt einen grotesken, knalligen Schleier von Overacting-Charme über das gesamte Geschehen - macht die Perser nicht wie im ersten Teil zu metrosexuellen Perversen, sondern fast schon zu fesch-fetischen Antihelden, wo die Griechen eh fast nichts zu bieten haben...außer natürlich die eher vertretbare Einstellung zur Demokratie und Gerechtigkeit, auch wenn sie sich dabei eher militarisiert äußern.


So hat wieder jede Partei reichlich Leichen im Keller und man muss sich als Zuschauer für keine von beiden entscheiden - dafür nimmt sich der Film auch selber nie wirklich ernst und bedient auf hohlen Durchzug die konventionellsten Genre-Charakteristika, zum unterhaltsamen Over-the-Top-Selbstzweck. Blutfontänen in tief-bearbeiteten 3D - was dem Paul W.S. Anderson sein Vulkan ist, ist dem Murro der Pixelgore; Marmorsäulen haben beide gern. Hat Spaß gemacht, wenn auch im Grunde ein konservativer, aber schön morbid-gestalteter Monumentalschinken altbewährter Küche.




F.P. 1 ANTWORTET NICHT - Die erste Zusammenarbeit zwischen Regisseur Karl Hartl und Schauspieler Hans Albers ist ein interessanter, wenn auch leicht unstimmiger Genre-Mix, der die Qualitäten eines Abenteuerdramas mit dem Prototypen eines Science-Fiction-Thrillers zu verbinden versucht.

So beschwört er bereits zum Anfang das Herz des Abenteurers mit dem Evergreen 'Flieger, grüß mir die Sonne', der dem Ozeanflieger Ellissen (Albers) geschuldet ist. Jener Haudegen forciert durch einen geschickten und tollkühnen Einfall die Finanzierung einer Pionierleistung, der Landeplattform im Atlantik F.P. 1, und lernt dabei seine Herzensdame und Mitgesellschafterin des Projekts, Claire Lennartz (Sybille Schmitz) kennen, welche seine Ambitionen als Weltenbummler langsam in Vergessenheit geraten lässt.


Beim Angebot eines Non-Stop-Fluges ist er aber voller Tatendrang und vernachlässigt Claire, die sich damit zufriedengibt und sich einen anderen sucht: seinen besten Freund Droste, Kapitän auf der F.P. 1. Die Jahre vergehen und die titelgebende Plattform ist startbereit, wird aber von teils bleihaltigen Sabotage-Akten heimgesucht, die schließlich den Kontakt zur Aussenwelt abbrechen und die Crew per Gas unschädlich machen, um per Flutung der Maschinenräume die Installation absaufen zu lassen.


Wie der Zufall so will, ist Ellissen wieder zurückgekommen, ist aber des Fliegens überdrüssig geworden und hofft an Claires Seite die Erfüllung seines Lebens zu erhalten. In (heute gängiger) Blockbustermanier beschwört sie ihn jedoch dazu, dass er der Einzige wäre, der die F.P. 1 jetzt noch retten kann und so entschließt er sich für die Eroberung ihres Herzens, die Sache anzupacken.
Bis hierhin waren die narrativen Proportionen hauptsächlich auf die Ereignisse der F.P. 1 konzentriert, eine wirklich eindringliche Vermittlung der Dramaturgie von Ellissens Charakterentwicklung bekommt zwar im ersten Akt eine Chance, wird aber bis knapp zur Hälfte der Laufzeit vergessen (weil er ja auch so lange wegbleibt) - umso befremdlicher wirkt dann auch seine Rückkehr, in welcher er plötzlich seinen ganzen Charakter umgewandelt hat, wobei die Motivation dafür etwas minimal ausfällt (und schlicht erzählt wird - eine visuelle Aufnahme der entscheidenden Umstände hätte mehr Wirkung gezeigt).

 
Vom Abenteuer fehlt bis hier hin jedenfalls jede Spur, was sich mit seinem Comeback-Einsatz auch kein Stück ändert, trotz glorreichem Anstimmen des Fliegerliedes in den Lüften. Schnell kriegt er nämlich mit, dass Claire die Aktion vorallem Droste zuliebe in die Wege leitete, weshalb sich Ellissen fortan in Frust & Enttäuschung übt, inkl. desillusioniertem Gesaufe und Gesinge, während alle wiedererweckten Crew-Mitglieder mit Motorbooten das Weite suchen - nicht mal der Verursacher der Sabotage ist mehr anzutreffen, also auch kein Raum für befreiende, eskapistische Genre-Schauwerte.


Schließlich fliegt Ellissen nochmals tollkühn zum Meer hinaus und lässt sich auf einem Schiff nieder, um einen Trupp von Rettungsflugzeugen zu benachrichtigen - und so gelingt doch noch das Unternehmen 'F.P. 1', dem Paar Droste & Claire steht eine blühende Zukunft bevor. Nur, was geschieht mit dem dritten Teilhaber Ellissen? Der findet in seiner ansteckenden Melancholie den Mut, wieder der Abenteuerlust einen Besuch abzustatten und macht sich mit seiner neuen Boots-Crew auf den Weg nach Peru. So ein Kerl lässt sich wohl nicht ändern, das hat er wohl auch selber eingesehen, nach seinem Versuch einer bodenständigen Liebe.


Ist schon ein bisschen ärgerlich, dass der Weg dorthin eigentlich interessant genug wäre, der Film in seinem Aufbau aber mehr Zeit für die (inzwischen veralteten) phantastischen Räumlichkeiten und Ereignisse auf der F.P. 1 anwendet, dabei ähnlich lange von der stringenden Aufmerksamkeit des Zuschauers und auch der Dramaturgie fernbleibt, wie auch der jahrelang verschwundene Ellissen. Denn wie er hier vom schnoddrigen Albers verkörpert wird, ist natürlich ein charmanter Genuss und erhält zudem ordentlich Tiefe in der aufblühenden, aber zum Scheitern verurteilten Romanze mit der reizvollen und verzaubernden Sybille Schmitz.

Dumm nur, wenn diese Entwicklung für einen langen Zeitraum außen vor gelassen wird und Hartls sorgfältiger, aber langatmiger Inszenierungsstil der nötigen Kurzweiligkeit ein Dorn im Auge ist, wo man sich als Zuschauer auch sehnlichst wünscht, mal was tatsächlich Abenteuerliches zu erblicken - was in den entscheidenden Augenblicken zwar stets angedeutet, aber immer langsam abgewürgt wird. Das ist insofern natürlich dem inneren Zwiespalt seines Protagonisten angepasst, der trotz überheblicher Gewitztheit keine erfüllende Perspektive fürs Leben findet und den es deshalb umso schlimmer erwischt, wenn sich alle seine gehegten Hoffnungen als vergebens entpuppen.

Von daher macht es durchaus Sinn, dass der Film Ausdruck für diese Frustration im eigenen Konstrukt findet und sich den wahrlich erwünschten Schauwerten (z.B. ein Showdown oder ein Happy-End mit Claire an Ellissens Seite) verwehrt. Daher wirkt dieser frühe Science-Fiction-Film noch immer recht realistisch - nicht wegen seiner Technik, sondern wegen der ernüchternden Fassung seiner innewohnenden Charaktere. Das ist schon eine beachtliche Leistung und gerade dank des Charmes seiner Darsteller stets zeitlos - das ergreifende oder auch unterhaltsame Potenzial jener Geschichte lässt aber noch deutlich Luft nach oben übrig. Aller Anfang ist nun mal schwer, das repräsentiert auch diese Pionierleistung 'F.P. 1 ANTWORTET NICHT'.

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