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Montag, 12. September 2016

Tipps vom 05.09. - 11.09.2016 (Spektakel USA!)

Um sich vor Augen zu führen, wie man knapp innerhalb eines Tages den Querschnitt einer ganzen massiven Nation feststellen kann, bedarf es eigentlich gar nicht mal so vieler Mittel. Ok, bei der Wahl des Mediums ist dieser Blog hier schon vorbelastet, von daher sollte es den hiesigen Leser nicht überraschen, dass zum Film geblickt wird, ferner zur exemplarischen Auswahl aus Zufall und Planung, wenn das US-amerikanische Kino seine Aufwartung macht. Ohne den Begriff Mainstream aus der Hose holen zu müssen, boten sich uns also dieses Mal die Vereinigten Staaten in ihrem Facettenreichtum an, Wurzeln und Adern jener Weltmacht direkt oder indirekt binnen scheinbar unverbundener Werke kennenzulernen. Ein Filmtag unter Freunden schaffte insofern die Plattform, anhand derer sich zu Anfang schon alles von seiner besten Seite zeigte:




Tage des Donners“ von Tony Scott, zweifellos die Art Don-Simpson/Jerry-Bruckheimer-Produktion, die spätestens ab den 90ern zum Markenzeichen des Leinwand-Bombasts avancierte. Die Ära wurde sodann mit diesem Schmuckstück an gewohnten Erfolgsformeln angegangen, da sich Tom Cruise nun aus der „Top Gun“ heraus als NASCAR-Fahrer beweisen wollte und dafür auch selbst an der Story des Bro-Epos Hand anlegte. Der adaptierende Part wurde von „Chinatown“-Veteran Robert Towne übernommen, doch der Umstand, dass offenbar viele Szenen erst am Drehtag geschrieben wurden, scheint qualitativ doch etwas auffällig durch, selbst obwohl sich Scott oftmals als Beobachter Amerikas via Sport bewähren konnte. Als ob man eine Audiodiskription für Blinde angeschaltet hätte, machen sich vielerlei Dialoge daran, zu erklären, was sich gerade abspielt, ganz gleich, ob im visuellen Spektrum oder in dem, was manch Charakter - hauptsächlich Cruise als Cole Trickle - tut. Es streckt die Laufzeit, insbesondere, wenn Mentor Harry Hogge (Robert Duvall) dem hübschen UND schlauen Love Interest Dr. Claire Lewicki (Nicole Kidman) manch burschenhafte Handlung Coles anhand einer vor wenigen Minuten geschehenen Anekdote erklären muss, doch mit dem ganzen Selbstbewusstsein in der Reiteration dürfte sich eh ein regelrechter Cartoon herauskristallisieren. Der Macho-Pathos ist eben drollig aufgegeilt unterwegs und gemäß des Milieus eine White-Trash-Fantasie der Coolness, in der die Mucker-Karren romantisiert, teilweise sogar erotisiert werden und im Zusammenhang mit schlicht allem stehen, weshalb Cole sie einfach fahren muss, obwohl er vom Getriebe und weiterer Mechanik keinen blassen Schimmer hat. Bei Frauen geht er nicht anders voran, doch Stück für Stück ist dem selbsternannten Fachidioten in beiden Gebieten der Erfolg gesichert, bis Kidmans Schenkel eben eine Rennstrecke für zwei Zuckerpackungen hergeben. Ohne die Ziffer Zwei geht allerdings auch wenig in diesem Jungskino der Abenteuer-Hormone, schließlich ist auch das Rennfahrer-Ambiente eins aus Gewinnern und Verlieren, Champions und Rookies, die sich gegenseitig an die Bande fahren, rivalisierend um Sponsoren hadern und hinter den Kulissen erst recht nicht im Schwanzvergleich bremsen.


Rowdy Burns (Michael Rooker mit famosen Rollennamen) erlaubt sich mit Cole selbst Duelle im Rollstuhl nach dem Horrorcrash bis hin zum spontanen Rennen Richtung gemeinsames Geschäftsmeeting, wenn's nun mal möglich ist. Im Grunde weiß er aber den würdigen Gegner zu schätzen und irgendwann heißt es dann auch einfach, dass sie beste Freunde seien, auf dass Cole auch den Schlitten von Burns in die Ziellinie scheppern darf, Ehre sei mit ihm. Der Kodex der Freundschaft hat sich vom Iceman auch hier rüber gerettet, weshalb der eigentliche Antagonist Wheeler (Cary Elwes) erst recht spät ins Feld zieht, doch ehe dem ist der Film auch einfach zu ergiebig mit seiner Aufbauphase voll endloser Etablierungen beschäftigt, welche die Jungs durch die Lande fetzen lässt, um Vergangenheit und Zukunft an den Scott'schen Jalousien zu träumen, während der rasante Sport im orangenen Gradient um die Wette zischt. Extra-Soundeffekte zum Schwenk bringen schon ins Training um die Pole Position Energie, Reifenwechsel mit Experten-Gespür die lauteste Aufregung, Ratschläge über Funk die Obi-Wan-Magie und Panoramas über die Felder von North Carolina den Stolz einer eventuellen Rente. Das heißt, wenn es bis zum Schluss klappt, schließlich sind Schädeltraumata nicht ausgeschlossen und der dramatische Knackpunkt für eine Stockcar-Bande, welche die maskuline Siegerstraße Daytona genauso begiert wie die wahre Liebe, die am liebsten gar nicht zuschauen wollen würde, wie gefährlich die Runden gedreht werden und Motor heißlaufen lassen. Das Risiko wird aber einkalkuliert, schließlich, so Cole, hätte man mehr Angst vor dem Nichts-Sein als vor einer Verletzung. Alles wie geschaffen für einen Hans-Zimmer-Soundtrack, dessen Sound offenbar erst durch solche Typen und ihre High-Concept-Pulp-Streifen zustande kam, jetzt Gewohnheit pur ist und an dieser Stelle natürlich zum unbedarften Mitsummen anregt, wo's beim thematisch ähnlichen, doch hoffnungslos überdramatisierten „Rush“ inzwischen nach verflachter Hektik klingt.




Solch ein Melodram des Testosterons hätte aber noch lange nicht die Stoßkraft eines Todd Solondz, der 1 „Life During Wartime“ um 2009 untersuchte. Die Fortsetzung seiner „Happiness“ im Rahmen einer vollständig neuen Besetzung fürs selbstständige Standbein knöpft sich den moralischen Zwiespalt in der George-W.-Bush-Ära vor, wie die Fassung der Zufriedenheit im überhöhten Bewusstsein eventueller Gefahren funktioniert und abstumpft. Die Angst vor dem Terror oder eher jene vor der Rückkehr von Schuld und Identität in der familiären Vergangenheit ist hier bewusst zum Déjà-Vu jener im Vorgänger erkundeten Gefühlskälte stilisiert, die Heuchelei und passiv-aggressive, in Komplimente wie Ratschläge verpackte Urteile bereits im Brutkasten heranzüchtet. Familien geben eben innerhalb ihrer selbst Werte an Generationen weiter, bei Solondz ergibt das ein Bündel an Lügen der Gefälligkeit wegen: So tun, als ob der pädophile Vater (Ciarán Hinds) tot wäre, zum Beispiel, schützt den Jüngsten Timmy (Dylan Riley Snyder) vor Ehrlichkeit und Wahrheit, für Freiheit und Demokratie, selbst wenn der angehende Schwiegerpapa Harvey (Michael Lerner) Bush aufgrund dessen Unterstützung für Israel gewählt hat. Was die Mutter Trish (Allison Janney) nicht von ihrem neuen Beau und dessen Normalität schwärmt, wie feucht sie durch eine einfache Berührung von ihm wird und das auch dem Sohnemann aus halbem Versehen mitteilt, so klar lässt sie dabei auch durchsickern, wie gerne sie aus dem vergänglichen Spießer-Elend Familie und Mutterschaft entkommen möchte. So ehrlich bleibt sie aber nur in der Ekstase des Egoismus, in der Doppelmoral und dem Umgang mit den schwierigen Fragen eines Kindes wird dieselbe Berührung sodann schon zum Missbrauchsfall, erst recht, wenn vorher schon die Indoktrination besteht, ja nicht schwul zu sein, während Timmy eben auch seine Bar Mitzvah Richtung Erwachsensein vorbereitet. Der Druck lastet auf allen Schultern, selbst wenn man von New Jersey runter nach Miami gezogen ist. Besseres Wetter und die Sorgen sind vergessen, nicht wahr? Tja, selbst die Dynamik unter den Schwestern Trish, Joy (Shirley Henderson) und Helen (Ally Sheedy) beweist das Gegenteil, wenn Joy in der Mitte offensichtlich die selbsterfüllende Prophezeiung des Neurotikers für ihre Geschwister hergibt, in stiller Unvereinbarkeit mit dem Verlust ihrer Beziehungen hadert und psychisch ebenso zerbröselt.


Das kollektive Leiden im Werke Solondz', das zieht sie an und doch ist eine gemeinsame Lösung offenbar nur im Ende zu treffen (siehe auch Jessica Hausners „Amour Fou“ zur weiteren satirischen Formulierung dieses Aspekts), so wenig Hoffnung und Missgunst in einer Welt herrscht, in der sich Helen zum Beispiel vom Großerfolg und Sex mit Keanu verrückt machen lässt. Maßlosigkeit und Perspektive bringen hier ein giftiges Missverständnis unter glühender Sonne, das mit der Oberfläche des Sozialen für Verständnis ausgegeben wird, gleichsam muss Bill, besagter just aus dem Knast entlassene Pedo-Dad, außen vor und in der Linie bleiben, zwanghaft vom Menschsein abgekoppelt bleiben. Gegen seine Verantwortung zu rebellieren, fällt ihm aber auch nicht ein, so wie er die Schuld und die Scham verinnerlicht und nur hoffen will, dass seine Kinder nicht wie er werden, während er sich durch das Abstellgleis entmenschlichter „Monster“ (Charlotte Rampling) ans Überleben hält - auch da hilft die Gemeinsamkeit im Verlust nicht weiter, aber mal ehrlich: als ob Solondz sich jemals in Lösungen bzw. behauptete Heilungen retten würde. Gleiches gilt für die Fragestellungen vom Vergeben und Vergessen, wie haltbar der Humanismus darin sein kann, wenn es individuelle Grenzen gibt, wann den Taten eines Menschen solche Gnade widerfahren darf. Parallel dazu gibt der Film binnen der Kargheit des mühsam aufrechterhaltenen Konsens stets Auskunft über die Motivation seiner Charaktere und straft keinen komplett in Gut und Böse ab, präsentiert eher die Stufen an Entwicklung, wie weit fortgeschritten der Zynismus in der Einzelperson angekommen ist oder wie sich das Gegenüber dadurch hat verletzen lassen. Im Endeffekt sind aber nur die wenigsten unter allen Parteien unschuldig, weshalb Solondz zwar ihre Verlorenheit unnachgiebig nachempfindet, aber auch nicht darum verlegen ist, einen Schnitt zum Nihilismus zu machen, die Garstigkeit entfernter Situationen als Pointe zu suggerieren und deren Verhältnisse als Vorstufe der Selbstzerstörung abzuzeichnen, was in der schlichten Stichfestigkeit seiner Filmsprache an Härte nachwirkt sowie tieftraurige Bekenntnisse im Miteinander festigt. Die überbordernde Neigung zur Sadness verwirkt daran wohlgemerkt trotzdem nicht ihr komödiantisches Potenzial, auch wenn das Lachen bekanntermaßen gerne im Halsen stecken bleibt und daher nur wenig am Würgegriff des gehemmten Miteinanders löst, welcher jedem bestimmten Zeitgeist vorausgeht.




Man sieht, so einfach wie bei Simpson und Bruckheimer läuft es eigentlich nicht, so auch im Bewusstsein festgefahrener Geschlechterrollen und entmündigter Sexualität, wie man jene Erkenntnisse sodann aus „China Blue bei Tag und Nacht“ ziehen kann. Regisseur Ken Russell besitzt dafür natürlich mehr einen Blick von außen, so wie er als Brite seinem ebenso von der Insel importierten Kollegen Tony Scott insofern entspricht, ein unbefangeneres Konstrukt aus den Verhaltensweisen der Amerikaner zu schöpfen - hier wohlgemerkt in eine Erfassung der Schlafzimmerliason geformt, die ein jeder gerne eingehen möchte und doch nicht kriegt. Der Griff zur Alternative ist dann aber auch der provokante Reiz, den Russell seit jeher gerne ins Auge fasst, so wie er schamlos auf die Verknüpfung von Befriedigung und Religion hinweist, wahre Barmherzigkeit auf Erden feststellt, wenn 50-Dollar-Hure China Blue (Kathleen Turner) in jede gewünschte Rolle ihrer Kunden schlüpfen kann und der scheinbar geistliche Psychopath Shayne (Anthony Perkins) an dieser Frevelei um Verführung und Verstümmelung der Sünde buhlt. Sein schneidender Dildo Superman in der Tasche ist schon der astreine Kontrast, wie sich Lust und Schmerz in den verschiedensten Händen ergänzen, später wird Russell auch an einem willigen Polizisten die Sodomie per Knüppel üben. Die Zwischenwelt des bezahlten Ficks kennt ihre Macht, wird aber auch fürs Infame bemächtigt, das Geben und Nehmen in der Nacht hat da auf jeden Fall Leidenschaft in der Existenz, auch wenn Vergewaltigungen der Kundenzufriedenheit durchgespielt werden, jedes Kinkerlitzchen seine Bedürfnisse ausleben darf. In die Fenster leuchten dazu „Suspiria“-Farben hinein, so rhythmisch wie der phallische Stoß, doch gleichsam Signale des Domizils der China Blue, die sich keck in die Herzen schmuggelt, so wie sie das Konservative in einer Tour prellt, tagsüber nur bedingt als Designerin Joanna Crane vorhanden ist, die sich in ihrem offiziellen, weißen Schlösschen nicht ausgestellter unter die Gewohnheit mischen könnte. Letztere tut sich ohnehin schwer damit, die eigene Maske aufrecht zu erhalten, was sich in der langsamen, aber stetigen Einführung von Bobby Grady (John Laughlin) bemerkbar macht, der den Reagonomics entsprechend gute Berufungen darin findet, Sicherheitssysteme fürs Eigenheim zu verkaufen sowie potenzielle Petzer für Großunternehmen auszuspionieren. Im eigenen Haushalt ist jedoch der flaue Hahn am Krähen: Stilecht zwei Kinder vorm Fernseher und kaum noch Geld für Extrawürste in der Tasche, mangelt es ihm vor allem an Zuneigung, so wie seine Gattin Amy (Annie Potts) die Ehe anpackt, in grundloser Frustration nie eine Stimmung zum Glück erreicht und die Ambitionen ihres Gatten daher unterbindet - allerdings auch unabsichtlich, so verstockt Russell die Einöde einer ungefähren Zufriedenheit am Nervenkostüm zerren lässt.


Selbst in der Abwägung aller vom Manne vermuteten Faktoren (Menstruation, Atomkrieg, etc.) schlussfolgert er eher die Verständnislosigkeit zwischen gebundenen Partnern. Sobald Amy und Bobby dies einsehen, ist es dann auch zu spät und die Stilistik auch gnadenlos nüchtern im klärenden Gespräch vertieft, woran Russell sich aber nicht auf ewig einschießt und eher der Thematik gemäß Impulse bevorzugt. Die Normalo-Ehe kriegt da schon früh ein Musikvideo geliefert, das nach wenigen Sekunden die Leinwand beherrscht und wortwörtlich bis auf die Knochen vom gegenseitigen Eindreschen binnen des Eheglücks erzählt, rotzige Sangeskunst zum Rick-Wakeman-Synth-Opus inklusive. Russell beißt gerne zu bei Beziehungsmodellen, aber ausschließlich als Zyniker mag er nicht agieren, wenn er sich an Bobby heftet und in der Begegnung mit China Blue einen Halt findet, der ohne die Lasten der Vergangenheit mit neuen Erfahrungen beginnen mag und doch eher wie ein „Pfadfinder“ mit diesen umgeht. Es wird reichlich ordinär geschnauzt, Assi-Zaubershows à la Atze Schröder beim BBQ vorgeführt, doch die Zärtlichkeit schwingt im verruchten Saxophon eben auch mit, mal melancholisch unterfüttert, mal in der Fleischeslaune von alt-japanischen wie absurden Aktzeichnungen gegengeschnitten oder ab und an auch dem versteckten Guckloch sei dank vom frommen Wichser begafft. Das Heiligtum irdischer Wesen lockt nun mal vielerlei an, umso erbitterter fallen die Konfrontationen aus, die hysterisch um die Seele kämpfen, gemeinsames Glück forcieren wollen oder die Aktien abgleichen, wie dringend sich die Gesellschaft nach ihrem Bodensatz, den ursprünglichen Instinkten sehnt und diese zum höchsten Gut/größten Übel erklärt. Sexsucht, Frigidität, Fanatismus: Jeder kann auf seine Kosten kommen, so wie der Körper als Instrument des Willens auch über die Normen hinaus gehen kann, hier die Befriedigung im Geiste zu befähigen oder zu extremisieren imstande ist. Dementsprechend haltlos pendelt sich der Film auch zwischen den erogenen Zonen der Individuen aus, hält die Ungewissheiten dazwischen bis zum Schluss an, streitet sie ab und klatscht dennoch gegen Ziegelstein, Marmor sowie Blutlachen, sind ja eben dem Originaltitel gemäß „Crimes of Passion“ - demnach hat die Bestrafung des Natürlichen hier die kritische Spannung inne, bleibt insofern auch Jahrzehnte nach 1984 ein intensives Vergnügen der Triebhaftigkeit in all ihren Facetten. Das ist eben auch Amerika.




Einen etwas biedereren Blick auf die 80er erlaubt sich hingegen ein Nachzügler aus den späten 90ern, Risa Bramon Garcias „Eine Nacht in New York“. Unter dem MTV-Films-Banner produziert sowie von einem ansehnlichen Ensemble an DarstellerInnen besucht, das u.a. Ben und Casey Affleck, Paul Rudd, Christina Ricci, Courtney Love, Dave Chappelle sowie Jay Mohr und Kate Hudson beherbergt, entpuppt sich der reichlich Interpretationsraum anbietende Titel leider als einer dieser unsäglichen Silvesterfilme. Gemeint sind jene, in denen mehrere Episoden ein Netz an Figuren ergeben, das sich schlussendlich zum Happy End der Liebe vereinigen wird, ehedem dieses aber Beziehungsstress und andere Querelen zu überstehen hat. Die Darbietung des urtümlichen Konflikts gegen die Einsamkeit fixiert sich größtenteils darauf, den Abend über hoffentlich auf eine angeblich starke Party zu gelangen, an deren Ende schon neurotisch um das mangelnde Gästeerscheinen gemausert wird, während sich allesamt mit ihren Begleitungen rumstreiten, mit wem und warum man Schluss gemacht hat, wer (wenn überhaupt) als nächstes im Herzen landen könnte. Die Varianz dieser Fragen ist über die verschiedenen Szenarien binnen New York City nur bedingt gegeben, zumindest einigen sie sich oft auf das Nieten-Exemplar „Mann“, sprich schlappen Nudeln, Mehrfach-Fremdgängern, Sexisten und uncoolen Langweilern. Manch zärtlicher Punker, liebenswerter Chaot oder verkappter Romantiker versteckt sich natürlich auch in jenem Geschlecht und im weiblichen Gegenüber finden sich ebenso militante Feministen, naive Tolpatsche (Jungfrauen), Enthaltsamkeits-Sünder sowie Angsthasen, wenn man mal die Balance des Ganzen loben möchte. Alles wohlgemerkt no homo und schnurstracks in die brave Monogamie steuernd, wie ein Film aus solch sicherer Distanz eben nicht über die Oberfläche hinaus auf die Belange der Figuren zusteuert, in der Gefälligkeit auf hippen Jugendstil Richtung Kevin Smith schielt und einen bekannten Zeitgeist-Song nach den anderen reiht - schließlich muss MTV ja irgendwie seine Muskeln spielen lassen, Elvis-Costello-Cameo inklusive.


Der Strom an Mucke kann jedoch nur schwer darüber hinwegtäuschen, wie austauschbar jede der ineinander verwobenen Episoden auf denselben Sachverhalten hockt, beliebigste Streitigkeiten und Problembekundungen in (laut Originaltitel) 200 Zigaretten wegqualmt und die Laufzeit auch derartig streckt, dass im Mangel an Wesentlichkeiten sogar wesentliche Unterhaltungsmerkmale verschütt gehen. Vom Zeitkolorit hat man nur ein plakatives Abbild ohne wirklich genutzten gesellschaftlichen oder politischen Bezug (wahrscheinlich der universellen Nachvollziehbarkeit wegen), die Honk-Power Ben Afflecks bleibt in Mini-Momenten hinterm Tresen und die so dringlichst herbeigesehnte Party wird natürlich ausgeklammert, um daraufhin festzustellen, dass die ultimativen Paarungen nach dem Zufallsprinzip verlaufen sind, was die vorherige Etablierungsstrecke des Films im Nachhinein nochmals umso belangloser als zuvor erscheinen lässt. Nicht, dass in der vorherrschenden Harmlosigkeit überhaupt große Hoffnungen aufkommen würden, schließlich ist der hohle Durchzug für zwischendurch auch mal nötig, solange er mit seichtem Kurzweil um triviale Spritzer an Eifer- wie Sehnsucht kreist, auf die Selbstfindung per Liebe hofft und wenigstens den Versuch, an Spaß zu gelangen, unternimmt. Entbehrlich, aber auch keine technische Beleidigung, da ist man in Inszenierung sowie Schauspiel nett aufeinander und insgesamt so anarchisch wie eine Hüpfburg. Eine Handvoll tollen Slang und blödelige Aktionen bleiben da gewiss auch nicht aus, doch es bleibt hauptsächlich bei Nettigkeiten und angezogenen Bettgeschichten gängigster Art, weshalb diese Parade an Abziehbildern und Idealen nicht allzu lange im Denkapparat die Runde machen wird, auch wenn der Film eine exemplarische Deutung dahin ergibt, wie stark die 80er in der Popkultur seitdem romantisiert wurden. Nostalgie muss deswegen natürlich kein Schimpfwort sein, doch in Sachen reeller Härte dürfte Amerika doch nur schwer an sich selbst vorbeikommen.




Ganz extrem an jener emotionalen Schraube sitzt z.B. „Ausbruch zur Hölle“, indiziert und ehemaliger Video Nastie, welcher die bittere Allgegenwärtigkeit des Rassismus in der Geschichte und Gegenwart der USA für einen Rape-&-Revenge-Exploitationfilm nutzt, an dem das Wort Streitbarkeit Überstunden machen dürfte. Darin flüchten drei Gefangene - der weiße Mörder Jessie Lee Kane (William Sanderson), sein hispanischer Mitinsasse Chino (Daniel Faraldo) sowie der chinesische Soziopath Ling (Peter Yoshida) - mit blutiger Spur durch die Lande, stechen Tankstellenhüter und Spirituosenhändler ab, haben sodann auch keine Skrupel, einen Revolver an den Kopf eines Babys zu halten - abzudrücken sowieso, aber da erlaubt man sich einen Spaß, weil eh keine Kugeln mehr im Magazin sind. Der Reißer begibt sich sodann ebenso ohne Skrupel in die Urängste einer zivilisierten Gesellschaft, parallelisiert den Schrecken sodann nicht ohne Grund mit dem geregelten Wohlstand der Familie Turner, die sich als Pastorenfamilie mit afroamerikanischen Wurzeln bereits einen gewissen Status aufgebaut hat; Frieden, schlagkräftige Oma und die Frische der Jugend unterm Dach vereint und auch bodenständig an der Vergebung für ehemalige Traumata übt, selbst gegenüber der weißen Ex ihres Sohnes, welcher beim gemeinsamen Autounfall ums Leben kam. Vor der Einladung zum Essen kriegt jenes Mädel Karen (Bonnie Martin) auch einen romantischen Flashback spendiert, doch ihre Involvierung im Film hält nur von kurzer Dauer, so wie er auch gnadenlos zum nächsten Mord rüber schielt, der die flüchtige Bande alsbald ins Haus der Turners führt. Die Home Invasion ist angesagt, selbst für den kleinen Floyd (Reggie Rock Bythewood), der zuvor noch - wie eine entfernte Szene aus „Stranger Things“ - nach dem Kampieren im herbstlichen Walde Blutsbruderschaft mit Nachbarsjunge Joey (David Dewolow) schloss, nun aber zusammen mit dem Rest der Familie auf die Couch verwiesen wird. Kane kennt mit der Knarre im Anschlag und einem Seil als Gürtel keine Gnade mehr und hält seine verängstigten Opfer in Schacht, indem er ihnen einen rassistischen Kommentar nach dem anderen an den Kopf wirft - derartig auf Demütigung aus, dass es beachtlich scheint, wie diplomatisch Familienoberhaupt Ted (Robert Judd) der Sicherheit seiner Lieben wegen dem noch begegnen kann, obgleich die Situationen des Films den Schmerz immens ballen. Der Fokus lässt auch kaum locker vom Kammerstück des weißen Terrors, beleidigt in einer Tour mit fiesem Grinsen, rumgeworfenen Essen, Befehlen und Schimpfwörtern aus der Sklavenzeit, während die Klingen gewetzt werden und seine Mitstreiter in der Tortur dementsprechend hämisch mitwirken, selbst wenn Kane sie nicht weniger als ihre Stereotypen anspricht. Wer von außen an diesen überhöht konstruierten Konfliktherd herantritt, hat als potenzieller Zeuge sowieso ausgespielt und auch da schaut der Film offen in die Ausmaße der Grässlichkeit, längst über der Grenze des guten Geschmacks und auf die Empörung des Zuschauers setzend, der einige Unmengen nackter Haut und eingeschlagener Kindergesichter zum problematisch ausgetragenen Diskurs dazu geliefert bekommt - „The Purge“ lässt grüßen, nur dass die Provokation hier auch eine echte ist.


Auf der anderen Seite versammelt sich zudem der Ära gemäß wie unverzichtbar eine Polizei, die sich straffere Gesetze und direktere Zugriffe wünscht, deshalb auch meist nur viel zu spät am Tatort ankommt und mit stetiger Eskalation jene Katharsis aufbauscht, die nach der mehrfachen Vergewaltigung von Turner-Tochter Corrie (Yvonne Ross) reaktionär auf Bibel und primitive Urinstinkte pocht: An Eye for an Eye. In ihrer Chance verlieren die Turners alle Hemmungen, wehren sich mit Worten und Bluttaten bar jeder christlicher Nächstenliebe und geben sich der Polizei sogar noch weiterhin als Geiseln aus, damit sie noch mehr Zeit zum Rache üben schinden - soviel zum bereits in „Life During Wartime“ aufgegriffenen Thema Vergebung. Robert A. Endelsons Film bietet schon eine enorme Perfidie auf, mit welcher er das Gerechtigkeitsgefühl des Zuschauers auf die Probe stellt, anhand von Hauptfiesling Kane eine auch im Spiel brutalisierte Kaltschnäuzigkeit zum permanenten Angriff ansetzt und der Unschuld eine Galaxie an Gründen gibt, ihre Menschlichkeit zu vergessen, dafür sogar vom Gesetz unterstützt wird, während die Wurzel des Hasses am geringsten angepackt wird: Unsichere Männlichkeit und Penisneid sowie die Wut über eine Mutter, die einst mit einem Schwarzen durchgebrannt ist - Ende. Die Verachtung gegenüber dem familiären Idyll sowie die Frustration fehlender Liebe mögen daraus eine Rolle im Hang zur Bösartigkeit bilden, doch sie bleiben vom Film so unberührt, wie er zur Lösung ebenso schlicht Gewalt mit Gegengewalt quittieren lässt. Im Fahrwasser von „Ein Mann sieht rot“ und Co. ist nichts anderes zu erwarten, allzu stellvertretend präsentiert sich daran allerdings die amerikanische Mentalität zur Gewalt, in deren Wechselwirkung keiner die moralische Oberhand behalten kann, zum Schutz der Werte ultimativ jedes Mittel recht ist, wenn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten jedes Ego das Sagen über alle haben kann. Im Hinblick auf die Jahrhunderte lange Ausbeutung der schwarzen Bevölkerung ist das hier aufgekochte Payback natürlich auch mehr symbolisch zu betrachten, in etwa so nachgeholt wie „Django Unchained“, ein typischer Topos der Blaxploitation und mit Distanz vielleicht auch einfacher zu reflektieren. „Fight For Your Life“ (so der Originaltitel) hat in seinem arg zentralen Spannungsfeld jedoch rein gar nichts an Aktualität verloren, greift realistisches Terrain auf und geifert geradezu nach den innewohnenden Schauwerten im Leiden, dass man schon eine filmgewordene Ekstase des Zynismus erlebt, wie sich selbst italienische Poliziotteschi jener Zeit selten so nah an die Zerbrechlichkeit der gesellschaftlichen Fassung ran trauten - jenseits von gut und böse, mehr als fragwürdig.




Letztendlich schloss sich der Kreis aber dann noch anhand von Andrew Bergmans „Striptease“, einem Projekt, wie es nur in den 90ern fruchten konnte, als Zeichen seiner Zeit zu einem Kuriosum avancierte, das sich reichlich Einflüssen des Mainstream-Kinos auf einmal bewusst war. Im Zuge einer Reihe erotischer Thriller, die wohl schon ein Jahrzehnt zuvor durch Adrian Lyne gepusht und mit Konsorten wie „Basic Instinct“, „Ein unmoralisches Angebot“, „Color of Night“ bis hin zu „Showgirls“ fortgesetzt wurde, verschlug es Demi Moore auch mal in eine prekäre Situation via „Enthüllung“, eine Bestsellerverfilmung nach Michael Crichton, in welcher der Skandal wie gehabt schon vorprogrammiert war - und in Amerika läuft selten etwas so sicher wie ein Skandal, erst recht im Zirkel an erotischen Abenteuern, in welchen sich manch Hausfrau gerne hinein leben würde und auf der anderen Seite puritanisches Entsetzen als rhetorische Gegenkraft fungiert. Mit der Einfuhr des Kabelfernsehens - sprich HBO, Showtime und Co. - brauchte das Kino (eigentlich noch immer) allerdings ebenso ein Gegenprogramm erweiterter Schauwerte und so kam es dann auch, dass besagter Bergman-Streifen eine strippende Frau Moore als Marketing-Aushängeschild nutzen konnte, wohlgemerkt zu einem Aufpreis von 12,5 Millionen Dollar Gage - durchaus mehr als die „2 Millionen Dollar Trinkgeld“ aus Bergmans vorherigen Film. Obwohl der Film aber pflichtbewusst die Schauwerte des Fleisches aufbietet und dafür auch andere Damen nackt an der Stange tanzen lässt, ist das Prozedere allerdings nur bedingt die typische Tour, zwar auch nach einem Erfolgsroman modelliert, doch kontinuierlich auf eine Verballhornung des Genres zusteuernd. Umso besser fügt sich später noch Armand Assante ein, der - als nur in wenigen Szenen nicht Zigarren rauchender Detective - bereits in Carl Reiners Parodie „Crazy Instinct“ jenen Weg einschlug. Um der Weisung aber auf die Schliche zu kommen, lässt sich der Film im Vornherein noch eine gute Menge Zeit, obgleich sein Figurenkreis an Plakativität um die Wette trivialisiert, bald aber einen Haufen unvergleichbarer Merkmale aufführt. Kostproben gefällig? Ex-FBI-Agentin Erin Grant (Moore) verdient sich eben einige Kröten im Nackedei-Betrieb, um für das Sorgerecht ihrer Tochter (Rumer Willis, Moores Real-Life-Tochter) zu kämpfen, während der Vater Darrell (Robert Patrick) als Rollstuhl-klauender Oberräude einen noch schlechteren Umgang fürs Kind ergibt, die Männerwelt aber durchaus weit korrupter an den Start geht, wenn Kongressabgeordneter David Dilbeck (Burt Reynolds) seine Hoschi-Aktionen im Stripclub mit mörderischer Urigkeit vertuschen lassen will und nur noch Security-Berg Shad (Ving Rhames) den einzig ordentlichen Schwanzbesitzer darzustellen scheint. Letzterer hat wohlgemerkt auch ein kleines Äffchen auf der Schulter und wird stinksauer, wenn die „Free Willy“-VHS noch immer ausgeliehen ist; gleichsam plant er, eine Jogurt-Firma zu verklagen, indem er einen dicken Käfer in einen Becher pflanzt.


Damit hören die obskuren Eigenarten im Charakterkreis aber nicht auf, so sehr Robert Patrick den Redneck-Bastard deluxe raushängen lässt und Reynolds mit strahlend weißen Haaren, Zähnen und Horrorteint chargiert, als träume er von Donald Trump und Rip Taylor zugleich. Mitten drin wiegt das Anliegen Erin Grants als ernstgemeinte Sorge einer Mutter zwar angemessen in der Luft, so wie sie noch per White-Trash-Methodik aus dem Trailer Park zu entkommen versucht, doch es wird immer mehr zu einer Art dramaturgischer Nulllinie, um die sich alle anderen Eindrücke weit präsenter ballen - von nerdigen Verehrern bis hin zu politischen Verschwörungen, wortwörtlichen Einschleimern in der Wählergunst unterschiedlichster Gruppen, zynischen Anwälten, trotteligen Handlangern sowie eine Vorliebe für die Musik von Annie Lennox. Frau Moore darf sich dank letzterem in einigen Sequenzen recht schön austoben, doch das Netz an Intrigen, polizeilicher Ermittlungen und Erpressungen im Einfluss oben genannter Faktoren buhlt ausgesprochen obskur ums Interesse der zwei Stunden Laufzeit. Wohl aber ist man als Zuschauer größtenteils der Verwunderung verfallen, als einer Kanonade an Lachsalven, so holprig sich die Topoi um die eigene Achse drehen und selbst lächerlich machen, Spannung mehr oder weniger bewusst im Absurden dahin plätschern lassen und in der dennoch befolgten Dramaturgie Längen erschaffen. Die Wonne zum Pulp bleibt jedoch ungebrochen, emotional hochstilisiert und dennoch sogar in Milieu-Zeichnungen ohne Zynismus unterwegs, selbst bei Antagonisten gerne auf Blickfang eingestellt, so wie das Verruchte nimmer an Liebe und Freundschaft zweifelt, selbst die Korrupten einer Leidenschaft nachgehen und in ihrer Fehlerhaftigkeit ein Treffen auf Augenhöhe ermöglichen, selbst wenn die Satire auf sie ansetzt. Satire muss man in diesem Fall aber so verstehen, als ob sie mit Buntstiften an die Wand gekritzelt wird, so daneben manche Pointe sitzt, vor allem im Finale für eine Auflösung à la Scooby-Doo sorgt, in welcher jeder gedankliche Fortschritt auch dank der Montage übertrieben stockt und genauso formuliert wird, während einstige Gefahren sturzbesoffen sind oder ums Verrecken nicht vom Flirten lassen können. Kann man dumm nennen, doch der darin ausgestellte Mangel an Anpassung birgt natürlich viel Sympathisches, so selbstverständlich dieses Stück Hollywood von der Plattform an Erwartungen aus ins verrückte Herz der unteren Mittelschicht springt sowie in nationalen Strukturen verrückt spielt, als sei es das unbedarfteste Vergnügen in der stets nachgejagten Freiheit des american dreams.

Ganz aufgeklärt wird einen dieser Film nicht hinterlassen, selbst im Zusammenschluss mit den sechs zuvor gesichteten Verwandten des Mediums, doch fürs Verständnis, wie die USA sich selbst sehen, sehen möchten oder auch nicht, ist jeder von ihnen für sich irgendwie die Reise wert. Wie Menschen zu ihren Ängsten, zu ihrer Leidenschaft, zu Güte und Hass, politischen Kacknasen, irdischen Heiligen sowie allem dazwischen stehen, bietet nun mal ein gigantisches Spektrum, aus dem sich stets aufs Neue Geschichten schöpfen lassen, verkünstelt und wahrhaftig zugleich eine Reflexion angestrebt werden kann, welche in dieser Aufnahmekunst selbst über mehrere Generationen hinweg ewig währen darf - ganz gleich, ob sich das wahre Leben daran bereichern lässt oder nicht; kann man eh nie relativieren. Dieser Querschnitt vom amerikanischen Kino macht zudem deutlich, dass er an Überraschungsarmut gewiss nicht leidet und die oft besungenen, unbegrenzten Möglichkeiten gerne ausnutzt - so sei nach dieser Berichterstattung vom thematisch äußerst stringenden Filmtag noch auf ein aktuelles Beispiel des US-Kintopps verweisen, das wie folgt von Zuständen, Fantasien und (Alb-)Träumen seiner Bevölkerung erzählt:




NERVE - "[...] Henry Joost und Ariel Schulman vermeiden den Widerspruch genutzter Technik und der unbedingten Dämonisierung dieser („Unfriend“), indem sie die Verantwortung des Users in den Vordergrund stellen, zwischen den Fronten vermitteln und Stück für Stück unterschiedlichste Genres anwenden. [...] Der Geltungsdrang, auf Platz eins zu landen, überführt hier manch Schwäche des Einzelnen, bringt aber eine visuelle Nähe auf dem Pfad zur knallbunten Ungewissheit, als hätte „Neon Demon“ zugeschlagen, obgleich sich die Spannung aus David Finchers „The Game“ zieht. Der Witz ist, dass „Nerve“ beide Filme jedoch in Ungezwungenheit und Freundschaft überbietet. Er stellt stimmige Charakterwerte über den Deutungstrieb, hat zwar die Realität der Smartphone-Vernetzung auf dem Kieker, ist sich aber nicht verlegen, das Freimütige und Romantische der menschlichen Begegnung zu fokussieren. Einzelne trivialere Motivationen können nicht darüber hinwegtäuschen, wie einladend sich jene Balance steigert und ulkige Eigenarten und Milieus kennenlernen lässt, in denen die Ethik auf den Prüfstand gerät und einen Kompromiss durch coole Hacker-Nerds und Mad-Max-Bros findet. [...]"


(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)

Sonntag, 17. Mai 2015

Tipps vom 11.05. - 17.05.2015



BREAKING THE WAVES - Allein schon, wie diese Gemeinde ist, in der Bess (Emily Watson) untergekommen ist. Ohne Umschweife spürt man an da Unbehagen, eingezwängte Seelen und eine Feindseligkeit dem Fremden gegenüber - eine omnipräsente Selbstgeißelung, die sich über den gesamten Film streckt, wie ein Alptraum von der fernen Vergangenheit: Es gibt keinen Ausweg und man bleibt schlicht hängen in so einer Zwischenwelt aus ultrakörnig-klinischer Realität ohne Lust, Laune und Leben.


Sowieso fühlt man sich machtlos und versteht die fehlende Empathie des Ringsherum einfach nicht, als wäre man ein junges Kind und von Würde ausgeschlossen. Kein Wunder, dass man da sofort bei Bess ist - die reinste Unschuld und wohl deshalb von der Umwelt so fern des Verständnisses in der Rolle des Sorgenkindes unterdrückt, auf dass sie durchweg für "nicht gesellschaftsfähig" befunden wird.


Und wenn sich doch das Glück und die Liebe in Form von Jan (Stellan Skarsgård) ergibt, ist ihre Gefühlswelt so intensiv, dass sich schließlich scheinbar alles gegen sie richten muss - nicht von einem sadistischen Drehbuch aus, sondern durch die "Menschenkenntnis" der "Normalen". Wie niederschmetternd diese Gefühle ankommen, lässt sich nicht in Worte fassen. Auch weil Bess' Güte keine Grenzen kennt, von der nur allzu menschlichen Sehnsucht besessen ist.


Doch Widerstände, Schicksale und Menschen der gemeinschaftlichen Entsagung zwingen sie dazu, um Gnade zu betteln und anhand ihrer hilflosen Naivität in eine Passion zu verfallen, der sich kein Glaube gewachsen sieht; dennoch verurteilt. Was an den Handlungen aller Seiten womöglich richtig oder falsch ist, steht durchaus von außen zum Diskurs, aber hier lässt sich nichts rationalisieren oder ideologisch festsetzen.


"Breaking the Waves" ist auf dem Wege ein erschöpfendes Monument des Leidens aus reiner Liebe; extrem in der Opfergabe und ein einziger leidenschaftlicher Todesstoß. Als Zuschauer zerbricht man jedoch bedingungslos mit; der Schmerz treibt einen in die Enge der Provinz und Krankenhäuser bis hin zu tosenden Wellen und metallenen Ruinen - weil nichts innigster brennt als diese Sympathie mit der unvergleichlichen Bess.




MAD MAX: FURY ROAD - "[...] Millers Inferno ist dabei weder am Konsens noch an Konventionen des postapokalyptischen Genres gebunden. Quasi als Erfinder jenes grandiosen Endzeit-Actiongenres folgt er seinen eigenen Regeln und tüftelt mit ungebrochenem Elan daran, sich selbst zu überbieten: noch schroffer, noch bombastischer, noch wilder. Die „Fury Road“ ist in ihrer Form die Ekstase einer künstlerischen Karriere und eine unnachgiebige Quelle des flammenden Wahnsinns. So dringlich, bizarr und einzigartig wie im Grunde Alejandro Jodorowskys „Der heilige Berg“ – eben ein Schrei der Kreativität. [...]"



(Die komplette Kritik gibt es auf CEREALITY.NET zu lesen.)




VERBOTENE SPIELE - Bei René Clément wird Humanismus schon in den ersten paar Minuten groß geschrieben, wie hart einen selbst das inzwischen recht gängige Szenario vom zweiten Weltkrieg in Frankreich trifft. Eben auch deshalb, weil die kleine Paulette (Brigitte Fossey) Opfer höherer Mächte wird und im sprachlosen Chaos Eltern wie auch Hund Jock verliert. Als unschuldige Seele weiß sie nicht so recht, was dies alles bedeutet und ihr Gefühl der Hilflosigkeit überträgt sich sofort auf den Zuschauer; bricht einem das Herz, wie man kaum drauf vorbereitet sein kann.


Cléments recht direkte Herangehensweise schreckt nun mal nicht davor zurück, einige unangenehme Wahrheiten auszupacken - ein abgeklärter Realist will er trotzdem nicht sein. Dafür ist seine Inszenierung eben filmisch aufgeklärt, kurzweilig geschnitten und mit musikalischer Begleitung versehen - jedenfalls so angemessen, wie er es für die Charaktere und ihre Umstände hält. Schließlich steht das Wohl des Kindes und die Erhaltung des empathischen Grundgedankens an vorderster Stelle. Drum ergibt sich für Paulette die Flucht aufs Land, zum beinahe gleichaltrigen Michel (Georges Poujouly) und seiner Familie.


Dort eher abseits vom Krieg, ist das Leben bescheidener, einfältiger und ruppiger, aber nicht minder herzlich. So hilft man der Kleinen aus purer Selbstverständlichkeit und bietet ihr ein vorläufiges Zuhause an. Allen voran Michel nimmt sich ihrer an, wird Beschützer und Unterstützer, das für sie unverständliche Grauen ringsherum zu verarbeiten. Angefangen mit ihrem Hund, vergraben sie sodann zusammen Tiere, beten für diese und suchen sich dafür Kreuze zusammen - eine Faszination, die man unter Erwachsenen für morbide halten könnte, in kindlichen Augen aber einem spielerischen Gemeinschaftssinn folgt. Sowieso beachtlich, mit welcher Leichtigkeit Regisseur Clément hier die drollige "Frechheit" vom Kindsein einfängt und ohnehin ein Landleben porträtiert, das immer zwischen Gemütlichkeit und der Gefahr von außen hadert. Kein Wunder, dass man sich da als Zuschauer ebenso stets im Lachen und Weinen einpegeln muss.


In diesem Zwiespalt der privaten Geheimnisse muss es dann auch zur gesellschaftlichen Konfrontation kommen, was die entwendeten Kreuze angeht - Missverständnisse der Blasphemie und persönlichen Fehden hetzen dort die Nachbarn aufeinander, obwohl der Ursprung ganz unbedarfter Natur ist. Hier steigt also im kleinen Rahmen ein Konflikt zwischen Zeitgenossen auf, wie er außerhalb des Dorfes in totaler Zerstörung schon seit Langem am Werke ist. Und selbst wenn die Verhältnisse aufgeklärt werden, folgen für Paulette und Michel sodann die Konsequenzen, die ein jeder in gewisser Weise im Krieg machen musste: Verstecken, Kapitulation, Bestrafung, Verhandlungen, Verrat und schließlich Trennung. Nichts ist in solchen Zeiten nun mal sicher, selbst auf dem unbeflecktem Lande.


Und irgendwie will keiner Verständnis für die Schwere dieser Situation unter den Kindern haben, höchstens die Tiere - seien es nun die toten, denen die Beiden in der Mühle ein liebliches Denkmal gesetzt haben oder der alte Uhu, der müde und vielleicht für hundert Jahre über dem Zeitgeschehen wacht. Er trägt für Michel das Kreuz der Erinnerung über sich, während zum Schluss hin alles ungewiss und verloren wie am Anfang des Films bleibt. Da wird einem innerhalb von leicht über achtzig Minuten Laufzeit mal sowas von einprägsam die Erfahrung individueller Opfer im Krieg klar - schade bloß, dass sich die Welt daran noch immer kein absolutes Beispiel genommen hat.




VAMPIRE'S KISS - Wer mal erleben will, wie es ist, Nicolas Cage kompletten Freiraum im Schauspiel zu gewähren, kommt an diesem Film von Robert Bierman einfach nicht vorbei. Was sich ursprünglich als Metapher auf die Abhängigkeit der Workaholic-Mentalität in der 80er-Jahre NYC versteht, ist die ideale Plattform für ein Gros an Unfassbarkeiten, bei dem Hauptdarsteller Cage derartig ungehalten exaltiert, dass man sich im Verlauf glatt das eigene Seelenwohl weglacht. Der groteske Großstadtvampir giert hier nach Blut, Sex und zielloser Macht; terrorisiert Angestellte und kauert sich im nächsten Moment in dunkle Ecken hinein - bis die nächste Sitzung beim Psychiater jede Neurose willenlos bekräftigt und im Büroalltag zur absurden Manie verkommen lässt.


Verzweiflung und Sucht reichen sich hier die Hände zur stimmungsvollen und stürmischen Ekstase. Später geht es sodann tief ins Strobo-Discoleben hinein, stilecht mit Plastikzähnen aus der Spielzeugkiste - für dieses Rollenspiel wurde Cage geboren und da wird selbst der Film machtlos gegenüber. Die surreale Verklärung kann da nur in den puren Wahn folgen und konzentriert sich in Mini-Apartments und Bürokomplexen zur intensiven Grundfläche der ausweglosen Obsessionen; eben zum abwegigen Hochgenuss in Glubschaugen und existenzialistischer Verausgabung. Wer hier nicht vorsichtshalber zur Weinflasche greift, ist von Vornherein verloren, da man sich schlicht in die Klapsmühle lacht. Ein Wunderwerk entfesselter Schauspiellust.




BRIEF EINER UNBEKANNTEN - Graziös erzählt, vermittelt Max Ophüls das hin- und hergerissene Schicksal Lisas (Joan Fontaine), welche heimlich und unglücklich in Nachbar und Konzertpianist Stefan (Louis Jourdan) verliebt ist - zu ihrem Bedauern ein ganzes Leben lang. Ihre ganz eigene Form der Zuneigung findet nie wirklich Halt, bleibt aber gegenüber den Verhältnissen bescheiden, wenn auch unendlich von Sehnsucht befallen. Drum schlägt sie auch alle Angebote aus, die ihr Gutes wollen oder sogar für sie vorbestimmt sind. Stattdessen hält sie ihre wahre Liebe im Geheimen und verklärt sich gegenüber dem Äußeren, aus Glaube am inneren Willen - eben eine Art schüchterne Obsession.


Irgendwann gelingt ihr sogar das Glück, sich ihm zu nähern, doch sie kommt nicht ganz aus sich heraus und ist eher stille Genießerin. Dennoch ist der Zauber zum Greifen nah - jedenfalls geht sie davon aus, auch weil Stefan ihr ein Versprechen abgibt, dass er als Lebemann jedoch allmählich, doch nie wirklich vergisst. Etwas fehlt ihm doch, benennen kann er es allerdings nicht. Zeit macht das mit einem, doch bei Lisa scheint die Zeit nie wirklich abzuklingen, auch weil die narrative Struktur den Sachverhalt eben so stringend konzentriert, dass sich die Unerreichbarkeit ihrer individuellen Erfüllung aus Entsagung als Lebensmotiv abzeichnet.

 
Wie die Wendeltreppe der Erinnerungen für sie zur zwiegespaltenen Heimat der Belebung und Enttäuschung wird, ist sodann die audiovisuell prägendste Eigenschaft von Ophüls' Regie an dieser oft verfilmten Literatur-Adaption, die hier mitunter mehr durch Schauspiel und Geschichte mitreißt. Sollte man ihm aber nicht zur Last legen, dafür geht er so stimmig mit seinen fokussierten Charakteren und dem klammernden Zeitkolorit um, wie es bei weitem nicht jedem gelingt. Ohnehin ist die Sinnlichkeit in den Blicken und Gesten des voneinander verlaufenden Paares schon eine vereinnehmende Essenz, die mit der kurzweiligen Laufzeit schnörkellos menschliche Sensibilität darlegt. Eben ein Melodram alter Schule.




CRY-BABY - Dieser Doo-Wop-Rockfetzer von John Waters hat bei einer Laufzeit von unter neunzig Minuten (löblich!) reichlich Energie, um gerne noch eine Weile länger dabei bleiben zu dürfen. Die wilde Sause vom 1950er Liebeskampf zwischen den abgefahrenen Drapes und den ultraspießigen Squares versteht sich dabei jedenfalls als freimütige Komödie und dreht ihr liebevoll rekreiertes Zeitkolorit zur bunten Groteske auf. Da liefert Johnny Depp als Titelheld Wade Walker selbst ohne Maske die intensive Supershow vom aufmüpfig-romantischen Halbstarken, der um die Gunst der hin und her gerissenen Allison Williams (Amy Locane) buhlt. Zusammen mit seinen aufgebretzelten Freunden (u.a. Traci Lords und Kim McGuire als legendäre 'Hatchet-Face') geht es jedenfalls anhand eines ungenierten Rock'n'Bop-Gestus in die Vollen, um der suburbanen Feindseligkeit eine Spur des Exzesses entgegenzusetzen.


Die Damen strecken ihre Brüste spitz heraus, eher wird mit der Zunge als mit den Lippen geküsst und saftige Prügeleien unter Teenagern dürfen ohnehin nicht fehlen. Das darauf aufgebaute Camp-Musical freimütiger Gesangsnummern und eifersüchtiger Fressen nimmt sich nicht wirklich ernst, doch sobald die Fascho-Squares den fiesen Krieg anzetteln, eskalieren die Konsequenzen zu handfester Wahrhaftigkeit. Zumindest in diesem Rahmen wirken sie dramaturgisch hart spannend ein, weitab der gängigen Naivität vermeidet die omnipräsente Plakativität im Grunde keinerlei soziale Ungerechtigkeiten und Schicksalsschläge - selbst wenn diese schließlich per absurder Drolligkeit aufgelöst werden. Da will man als Zuschauer gerne bis zur eventuellen Katharsis mitziehen, diese kommt allerdings früher als gedacht - jedenfalls glaubt man das, so kurzweilig "Cry-Baby" in die Vollen geht.


Der Fundus an blödeligen Reaction Shots, Cartoon-Soundeffekten, Jailhouse-Choreographien, Provinz-Satiren und räudigen Intrigen im Machtspiel des gesellschaftlichen Ansehens macht schließlich keine Gefangenen; höchstens Kirschkuchen mit Morgensternen als Füllung. Und wenn das schon keine krude Vorstellung genug wäre, liefert Gross-Out-Pionier Waters natürlich noch Tränen ins Auge, die so dickflüssig wie Sperma sind und gierig aus Gläsern getrunken werden können. Es räudet sehr - und lässt Tanzbein wie Lachmuskeln schwingen! Eben waschechter Zelluloid-Pop auf der Überholspur.




DER FREMDE AM SEE - Die unaufgeregte Sinnlichkeit schmeichelt ein, trügt allerdings auch die Stimmung - das lässt sich sowohl für die inhaltliche Ebene von Alain Guiraudies Film wie auch für dessen gestalterische Wirkung an sich sagen. Denn die wonnige Erotik der Natur will zur oberflächlichen Körperlust keine Gesichter kennen lernen; jedenfalls erst so richtig, sobald das Herz mitspielt - zudem in einem hitzigen Wechselspiel aus Furcht und Liebe, für das Protagonist Franck (auch egoistische) Kompromisse der Abhängigkeit eingeht, während weiterhin scheinbar lockere Verhältnisse von Cruising sowie schlicht asexueller Freundschaft angestimmt werden sollen. Dementsprechend behutsam und konkret - ohne extravagantes Kamerahandling und musikalische Untermalung, zudem auf ein konzentriertes Areal befestigt - stellt sich die Inszenierung dem inneren Konflikt, der von außen hin schwelgt, sich jedoch von Sonne und Schönheit blenden lässt.

 
Der kriminalistische Thrill und die leidliche Erfüllung individueller Zuneigung ziehen allerdings allmählich die Schlinge zu; verdrängen Wunschträume ewigen Sommers und offenbaren moralische Wahrheiten, die ihre Eskalation so lautlos und doch direkt ausleben wie zuvor schon der Samenerguss ins Bild schoss. Zum Schluss hin bleibt in der Aussicht auf das Schicksal Francks eine finstere Ungewissheit und gleichsam eine unvermeidliche Gewissheit, wie es der Gesamteindruck des durch und durch ökonomischen Films von Vornherein implizierte. Das geht ganz natürlich runter wie Schweißtropfen in der Sonne und gibt sich als Filmerfahrung erfrischend und spannungsgeladen - eine facettenreiche Lichtquelle voll windiger Eleganz und körperlicher Intensität.




FÜR IMMER ADALINE - "[...] Die Dimension der Traurigkeit mag sich dabei nicht vollständig auf den Zuschauer übertragen, da der teils haarsträubende Verlauf des Films vor allem gegen Ende zu lieblich seine Klammern schließt. Doch die Regie Kriegers kennt keine Scham und auch keine Ironie darin, sich dem Sujet trotzdem so ambitioniert wie nur möglich anzuvertrauen und vor allem seiner Titelheldin übergreifende und zeitlose Würde zu verleihen. Das lässt den Film vielleicht größer aussehen, als er eigentlich ist (die verschiedenen Zeitebenen des Lebens von Adaline werden meist nur zweckmäßig angerissen), doch wird er deshalb auch dann besonders schön, wenn er die Verletzlichkeit seines High Concepts verinnerlicht. [...]"



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DAS EMPIRE TEAM - Nicht unabsichtlich zwischen "Breakfast Club" und "Clerks" verordnet, zieht das titelgebende Ensemble an neunmalklugen sowie problembehafteten 90's Stereotypen einen realitätsfernen Arbeitsalltag auf, der die Problematiken des Teenager-Typus innerhalb von 24 Stunden zusammenfasst und spekulatives Unterhaltungskino per Drehbuchrealität umsetzt. Entscheidend sympathisch ist dabei die Versammlung effektiver Genre-Gesichter (Liv Tyler, Renée Zellweger, Robin Tunney) sowie energetischer Soundtrack-Einsätze, wobei das standardisierte Narrativ von gemeinschaftlicher und individueller Wunscherfüllung einen schon gut am Laufen hält; dennoch eine episodenhafte Abwegigkeit zur Schau stellt, die Pop, Pillen, Suizid, GWAR, Schlager, Groupie-Sex und Hasch-Brownies in die redundante Struktur eines Plattenladens zu pressen versucht.


Alles führt selbstverständlich in die Arme der Naivität wie auch der Großteil der Konflikte in kindischer Aufregung sowie hysterischem Brüllgehabe aufgelöst wird. Mit ein bisschen Fremdscham darf man schon rechnen, doch Harmlosigkeit und unbeholfener Eskapismus heben gerne die ohnehin dramaturgisch uneindringliche Nutzlosigkeit des Ganzen auf. Insgesamt ein netter Retro-Bonbon, bei dem sich die größte Aufregung an Rock, "Pizzas" und BH's heran hängt: niedlich, doof, prätentiös, ansatzweise romantisch und anhand eines höchst simplen Gerechtigkeitsgefühls sogar stückweise charmant - und so witzlos, dass man trotzdem lacht.




HARUSHI - DAS BLANKE SCHWERT DER RACHE - Regisseurin Kao Pao-Shu weiß, wie man relativ schnell mit knackiger Martial-Arts-Action überzeugen kann: So darf Wang Yu als akrobatischer Speerkämpfer Lung Ti bereits im Intro einen übermütigen Meister bezwingen, während Sonne und Sand im brüllenden Schnittgewitter herumpeitschen. Ein Heimvorteil kommt zudem für den hiesigen Zuschauer zustande, da Thomas Danneberg jenen Titelhelden spricht, wobei auch der Rest des Ensembles von ausgelesener Berliner Qualität ist. Doch fernab davon besitzt der Film ohnehin dieses ganz stimmige, professionelle Flair Hongkonger/Taiwanischer Expertise. Kulissen, Requisiten und technische Umsetzung anno 1971 strahlen da eben mehr Hingabe als so manche x-beliebige Knochenbrecher von der Stange aus - von den flinken Choreographien und exzessiven Blutbeuteln ganz zu schweigen.


Auch kommen einige effektive Finishing Moves zusammen, die Wang Yu in überdurchschnittlich aufregender Inszenierung vollführen darf. Es hilft eben auch ungemein, wenn man anhand einer schnellen Etablierung einen recht gewitzten und fähigen Helden innerhalb dieses Genres charakterisieren kann. Hängt der Kerl doch glatt Trauben-spuckend auf einem Baum ab und schlägt daraufhin Fieslinge in die Flucht, welche die hübsche Miss Yen (Chiao Chiao, deren halbe Turmfrisur mit Kopf quasi als visuelles Leitmotiv stets komplett von der Spitze an gefilmt werden muss) und den kleinen Ni Chiu (ein Bettlerjunge, der sich immer frech als blind ausgibt, um Silbermünzen zu erhaschen) wegen einer geheimnisvollen Bambusrolle bedrohten. Fortan wird Ni Chiu der fröhliche Sidekick Lungs und begleitet ihn à la "Lone Wolf & Cub" auf eine blutige Eskorte, die irgendwann wieder in Miss Yens Kneipenhütte zum hinausgezögerten Showdown der Mächte führt.


Hier verläuft sich der Spaß des Films ein wenig in der Belagerung der Nacht, wo vorher noch einige physikalische Unmöglichkeiten geübt wurden und plakative Schurken en masse gegen Lung antraten. Dennoch baut Regisseurin Kao auf souveräner Spannung, findet mindestens einen kreativen Szenenübergang (von einem blutigen Rücken zu einem in der Nacht) und entfesselt vor allem zum Schluss hin ein saftiges Heckmeck, bei dem gar nicht mal das komplette Happy-End durchgeführt wird; dennoch Frieden im Lande herrscht - mit einem gehörigen Leichenberg und einem undefinierbar-aus-welchem-Film-Italosoundtrack oben drauf. Ehre unter Männern und fürs Vaterland sind da selbstverständlich auch mit im Spiel, doch hier ist das lüsterne Aufspießen im Flattermodus trotzdem wichtiger als jede Politik. Insgesamt also ein recht handfestes und kurzweiliges Süppchen für Eastern-Gourmets - je nachdem, wie viele Tiefflieger jener Zunft man im Vornherein kennengelernt hat.




ROCK OF AGES - Narrative Qualitäten zu benennen, fällt einem nach Ansicht von Adam Shankmans 80's-Rock-Musical einigermaßen schwer - zumindest ist das Ensemble vom Pro und Kontra des exzessiven Stargeschrammels in seiner verzweigten Drängelei nicht immer konzentriert. Manchmal muss man da auch mit dem eigenen Interesse für einige Subplots im Zwei-Stunden-Komplex kämpfen, doch im Vordergrund überzeugt nun mal ein euphorisches Best-Of an Gitarrenhymnen, das genauso emotional auf den Zuschauer einwirkt wie es auch für die Gefühlsäußerungen der Charaktere gedacht ist. Das entschädigt mit gleißenden Lichtshows und Choreographien, während der offensichtliche Reiz der Noten in Sachen Romantik und Sex seine bunte Auslotung findet. Ob nun schroff oder süß, hetero- oder homosexuell, auf der Showbühne oder in der Strip-Bar: Das Neonlicht bietet für jeden was vom verheißungsvollen Erfolg in individuellen Talenten und Gefühlen und wird jenseits wirtschaftlicher Diktatur zum entscheidenden Motivationsfaktor des haarigen Abenteuers.


"Don't stop believing, hold on to that feeling" wird da nicht umsonst zum ultimativen Motto dieses eskapistischen Märchens. Umso stimmiger prägt sich sodann der Drive des niedlich naiven Performance-Ulks ein, da Hauptdarstellerin Julianne Hough mit unbekümmertem Elan Unschuld, Sexyness und den Glauben an die Musik verkörpern kann - dagegen kann nicht mal die gebündelte Macho-"Pracht" von Tom Cruise und Alec Baldwin in langhaariger Montur was anrichten. Dass beide Ebenen sich zum glittrigen Fun zusammenwerfen, ist jedenfalls so oder so ein unfehlbares Erfolgskonzept - es hätte jetzt nur noch gefehlt, dass man sich von der Story her mehr auf emotional beglückenderes Potenzial konzentriert hätte. Nun ja, man kann nicht immer in allen Belangen ein Best-Of erhalten - Spaß an jener Imperfektion sollte man sich dennoch erlauben dürfen.




WANG YU, DER STÄHLERNE TODESSCHLAG - Im Grunde ist jenes Werk ein dumpfer Thailand-Klopper, wie er zu jener Zeit in mehrfacher Ausführung produziert wurde. Selbst dramaturgisch schon nicht allzu komplexen Genre-Vertretern wie "Wang Yu kennt kein Erbarmen" (vom selben Regisseur, Ting Shan-Hsi) unterlegen, ist die Geschichte um Banditen, Rauschgift, Bruderehre und Rache zur Zeit des alten Chinas (? - komischerweise wird hier mit "großen" Summen wie 500 oder 1000 Yen verhandelt) ein Standardstück, das sich durch möglichst viele Prügelszenen schleift.

Am interessantesten wirkt da vielleicht noch der Umstand, dass Titelheld Wang Yu und seine urkomische Sherpamütze (?) so dreimal hintereinander in demselben Bordell Schergen wie auch Polizei aufmischen; auch mit der Klinge Blut an die Wände verteilen - fern jeder gesetzlichen Konsequenzen. Schön ruppig, geradlinig und auch ziemlich dumm, ab und an im Grenzbereich des Unmöglichen. So lässt sich der Film im Grunde schon solide aushalten, doch er wäre nicht der Rede wert, hielte er nicht eine der deppertsten Synchronisationen seines Fachs inne.

Diese wurde nämlich offenbar als Exportsynchro von französischen Sprechern auf deutsch gemünzt und besitzt neben einem teils obskuren und schlicht falschen Wortschatz zudem eine unbeholfene Akzentenvielfalt, welche die Gestelztheit der 08/15-Produktion so unfreiwillig hervorhebt, dass man aus dem Lachen nicht mehr herauskommt - auch weil das Lachen des Ensembles durchweg erzwungen klingt und der auch noch reichlich protzige Dialog in fast robotischer Rhythmik daherkommt.

Man muss es erlebt haben, um es zu glauben, drum gibt es hier mal einen offiziellen Youtube-Link zum Film, den man nicht missen sollte, selbst wenn der Film nicht jedermanns Kost sein wird: