Sonntag, 11. August 2013

Tipps vom 05.08. - 11.08.2013



NIGHT OF THE HUNTED - Die wohl schönste, tragischste und packendste Liebesgeschichte, die ich seit langem genießen durfte!

Brigitte Lahaie, Dominique Journet und Catherine Greiner - hier werden sie zu zerbrechlichen, eindringlichen Leinwandgöttinnen, welche selbst die unsterbliche Falconetti stolz machen dürften. Sie wollen leben, lieben, den Moment für immer innehalten.

Doch ihr Schicksal holt sie ein - diese wunderbaren Geschöpfe, die man durchweg fest in seine Arme drücken will, werden uns weggenommen, sind verdammt (unfassbar intensiv) zu leiden:

Gefangen in diesem endlos-hohen, ausbruchssicheren Monolith des Vergessens, inmitten von Wolkenkratzerspießen der Großstadt - die Hölle auf Erden: erdrückende Korridore; spartanische Zimmer; Aussichten nach draußen ausschließlich bei Nacht; keine andere Menschenseele in Sicht, die einen befreien könnte.

Während sie komplett machtlos die Fähigkeit zum Leben verlieren, sich an ausgedachte Erinnerungen klammern müssen, zerbrechen und zerbrochen werden. Selbst der holde Retter aus der Aussenwelt kann nicht verhindern, welch unmenschliche Euthanasie mit ihnen dann getrieben wird. Doch er gibt nicht auf, auch wenn er seinen eigenen Verstand dafür verlieren muss...Hand in Hand in die Unendlichkeit...

Am Ende, bei der bittersüßen Erlösung dann, kann man nur plören.
Essenzielles, hypermenschliches Meisterwerk von Jean Rollin (R.I.P.).




VAMPYROS LESBOS - Eine hypnotische Liebesgeschichte, eingehüllt im Rot des Blutes, der Wollust, des Übernatürlich-Fremden, dass durch interdimensionale Glasscheiben, Tapetenformen, Deckengeflechte und vorallem hochsensible Sinnestore, in unsere Welt zu suppen versucht, für die Erfüllung dessen Sehnsüchte.

Hell erleuchtet von rot strahlenden Lampen und Kerzen, in lauen Swimmingpools und türkischen Striptease-Clubs schwelgend, feiern die makaber-mysteriösen Vampirdamen hier ihren Liebesrausch. Angeführt von der omnipräsent-betörenden Soledad Miranda als phantastisches Leitmotiv schafft Franco hier leidenschaftlich-traumhafte Euro-Magie, die seine unbelehrbar-egomanischen Männerfiguren nicht zu brechen vermag.

Der Übergang zu unserer Welt wird letzten Endes aber doch nicht vollzogen, so Leid es der menschlichen Protagonistin auch tut. Es darf einfach nicht sein (da ist sie noch zu sehr an die gesellschaftlichen Konventionen gebunden) - so endet auch diese Liebesgeschichte, ob nun real oder nur geträumt, tragisch.




DOWNTOWN - DIE NACKTEN PUPPEN DER UNTERWELT - Der pummelige Franco inszeniert sich selbst als hartgesotten-spruchreifen Hardboiled-Hero Al Pereira (gewitzt synchronisiert von Gerd Duwner, so dass die Niedlichkeit seines kleinwüchsigen Ulk-Detekivs umso drolliger wirkt), der sich in die drall-übersexte Cynthia (Lina Romay) verguckt, die in Nachtclubs strippt und in akzentreichem Englisch versaute Chansons säuselt (weniger wie die Monroe, mehr wie die Steeger ♥).

In einem schlüpfrig-blödeligen "Film Noir", der wohl kaum den ästhetischen Standarts des Genres gerecht wird, stattdessen auf saftig-versiffte Sex-Szenarien, bizarr-schrullige Off-Texte und lasziv-flapsige Flirt-Dialoge setzt, welche die sleazige Essenz der Mann/Frau-Verhältnisse solch altbekannter Detektivfilme schön plakativ und überaus körperbetont-exhibitionistisch herauskristallisiert, dabei oft ans Pornografische grenzt (nochmal ♥ ♥).

Aber auch eine höchstsympathische Entspanntheit strahlt der Film aus, innerhalb bunt-&-klobig-ausgestatteter Sets/Hotelzimmer und schwül-spanischer Urlaubsluft, die höchstens vom griesgrämigen Inspector Mendoza (Paul Müller) unterwandert wird, ihn aber gekonnt mit der nächsten, frivol-erregenden Sinnestat abweisen und läutern kann, zusammen mit dem verspielten Jazz-Geklimper des Soundtracks.

Zudem auch mit relativ süßen Szenen, in denen Franco ganz gemütlich mit Beni Cardoso (in der Rolle seiner Gelegenheitsdame Rita) im Bett liegt und über den Fall daherquasselt, innig und erwärmend. Witzigerweise ist sein Detektiv in der nächsten Szene aber, wie so oft, schon wieder komplett knülle.

Dieser Anachronismus geht dann auch gut einher mit dem ausserordentlich minimalistischen und mehr und mehr nebensächlich-inkonsequenten Krimi-Plot, dass man als Zuschauer stetig zum reinen Genießer, weniger zum Mitdenker des Geschehens wird...wenn man denn nichts gegen die 70er Jahre-typischen, einigermaßen behaarten Geschlechtsteile hat. Wer aber überhaupt bei diesem Film angekommen ist, dürfte sowieso schon längst daran gewöhnt sein und ihn folgerichtig richtig mögen.




EUGENIE DE SADE (DIE JUNGFRAU UND DIE PEITSCHE) - Maria Rohm liegt in ihrem Appartement herum und liest, mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen, ein Buch vom Marquis de Sade (wie könnte es anders sein?). Ihre dunkelroten Gedankenzüge entfalten sich sodann auf der Leinwand - während Christopher Lee, augenzwinkernd zum Publikum, De Sade's Zeilen rezitiert, findet unter Mönchgesang die Opferung eines Mädchens statt - ihr wird das Herz rausgeschnitten und die Rohm langt als Erste zu, dessen frisch gezapftes Blut lustvoll zu verköstigen.

Inspiriert von diesen literarischen Sadismusfantasien, spielt sie die sinnliche Verführerin und lockt die unschuldige Eugenie (Marie Liljedahl) auf ihre dekadente Lustinsel, wo sie langsam, aber sicher in die Welt der Sinnlichkeit und unterwürfigen Perversionen hineingeführt wird - erst mit neckischen Fummeleien, dann mit Date-Rape-Drogen und Haschisch, unter den begierigen Blicken des offensichtlich impotent-devoten Jack Taylor - während die anderen, bereits-gebrochenen Untertanen der Beiden nur hilflos zuschauen können.

Bezeichnenderweise ist einer dieser bewährten Untertanen, Augustin, auch noch schwarz und muss widerwillig als Gitarre-spielendes Sextoy Rohm's herhalten, während Taylor meist ganz bubenhaft-verträumt, aber auch hinterlistig-selbstverliebt an den Jalousien herumspielt, die Bumsräume auch in gleißendes Rotlicht hüllt, während der Nicolai'sche Top-Easy-Listening-Score groovig-symphonisch dahinwabert.

Schließlich kommen noch andere Gäste (die Rohm's Folterfantasien entsprungen sind) auf die Insel, um ihre brutal-erotischen Greueltaten auszuspielen, was schon ziemlich deftige Ausmaße annimmt. Danach jedoch versichert Rohm ganz zärtlich ihrer Eugenie, dass sie diese Quälereien nur geträumt hat. Und tatsächlich: ihre zugetragenen Verletzungen sind verschwunden. Doch Traum und Wirklichkeit verschwimmen schlussendlich wie so oft bei Franco und ein Entkommen aus der Hölle, in die man sie hinterhältig hineingeworfen hat, scheint unmöglich.

Dabei setzt die gelungene Inszenierung vorallem dank der extremen, abgeschotteten Ausleuchtung auf die Aufbrechung der Dimensionen, eskalierend in einem infernalischen Finale, dass Eugenie - nackt und zerbrechlich - keinen Ausgang in ihre gewohnte Realität und Unschuld mehr zulässt. Auch geht jeder der Schauspieler in seiner Rolle wunderbar auf: Rohm als betörend-perfides Teufelsweib begeistert da am Meisten, bringt sie doch eine Lust und ein Körperbewusstsein in die niederträchtige Sphäre der Alptrauminsel, somit der zarten, unberührten Schönheit der blutjungen Marie Liljedahl in nichts nachsteht.

Die Männerfiguren sind wiederum meist der Lust der Frauen verfallen, trotten ihnen hinterher, quälen dafür aber auch nicht umso weniger besessen. Im Gegenteil, Christopher Lee, der zum Schluss hin als Herr zwischen Erde und Hölle steht, verdammt Eugenie auf ewiges Fegefeuer, nachdem er sogar die Folterung an seiner Jüngerin Rohm zugelassen hat.

Der lustvoll-ausschweifende Nihilismus ist dann auch so konsequent umgesetzt und auch noch recht ansprechend gestaltet, dass man hier wieder mal von einem gelungenen Franco-Frühwerk sprechen kann. 1975 sollte noch ein weiterer EUGENIE-Film von ihm folgen (den er schon 1970 drehte), diesmal mit Soledad Miranda in der Hauptrolle. Ich bin hochgespannt :)




MARQUIS DE SADE - JUSTINE - Eingeschlossen im lichtdurchfluteten Kerker entbrennt in Marquis de Sade's (Klaus Kinski) Geisteszustand ein "pompöser" Fieberwahn (angetrieben durch den abenteuerlichen Bruno-Nicolai-Score), bringt Frauengeister in Ketten und bunten Lichtern zum Vorschein - schon setzt er mit der Schreibfeder zu seiner neuesten Geschichte an. Stellt Franco sich hier in seinem eigenen kreativen Schaffensprozess dar? Schließlich kann man davon ausgehen, dass er sich am Ehesten mit dem französischen Erotik-Schriftsteller identifizierte, verfilmte er nicht nur einmal dessen Geschichten, begnügte sich auch desöfteren etlicher Sadomaso-Elemente seines Werkes.

In diesem Fall bringt er allerdings eine relativ leichtlebige Geschichte auf die Leinwand. Romina Power als titelgebende JUSTINE erlebt liebestolle Barockabenteuer in einem recht kurzweiligen Tempo. Wirkt dabei so naiv, unbeholfen und unschuldig (Franco meinte einmal, sie sei eine noch schlechtere Schauspielerin als Sabrina Siani - meine Meinung: wirklich überzeugend ist sie nicht) neben den anderen, aufgedreht-überzeichneten Charakteren, die sie auf ihrem Wege trifft (allen voran: Horst Frank, Howard Vernon mit Paganini-Perücke und ein delirierend-besoffener Jack Palance), welche alle sehnsüchtigst um ihren jungfräulichen Körper buhlen, ausgedrückt in schlicht-ulkiger Geilheit bis hin zur lustvollen Folter, dass man sich wahlweise an ein Jack-London-Jugendabenteuer, ein Coming-of-Age-Märchen oder eine Decameron-Geschichte erinnert fühlt - mit der ein oder anderen, perfiden Intrige, Brandmarkung oder Nadelpiekserei.

Die (offenbar ziemlich originalgetreue) Gestaltung des Films ist sogar recht angenehm für's Auge, authentisch ausgestattet (dank Harry Alan Towers' Finanzspritze) und solide fotografiert, lässt aber auch Raum für die Franco-typische Handschrift - nennenswert seien da natürlich die wilden Fieberfantasien Kinski's, die "extremsten" Episoden von Justine's Körpererfahrungen durch Jack Palance's geile Mönche, als auch die Bordell-Abenteuer von Justine's Schwester Juliette, gespielt von der obligatorischen, zeigefreudigen und hier auch lustvoll-rabiaten Maria Rohm.

Insgesamt bietet sich hier ein unterhaltsam-abwechslungsreicher und genüsslich-frivoler Streich um die Lösung der Virgin-Angst an, auf der Suche nach der ultimativen Lust und der wahren Liebe, in einer herrlich verkommenen Spritzer-Welt.




DIE VERGEWALTIGUNG DES VAMPIRS - Recht pessimistisches Vampirdrama und Debütfilm von Jean Rollin, in 2 Teilen. Wie die missverstandenen Kreaturen von der intoleranten Dorfgemeinschaft gejagt und getötet, schließlich durch ihre machthungrige Vampir-Königin wiedererweckt, doch wie Ausgestoßene von ihren veblendeten Artgenossen verachtet werden, sodass sie auch aktiv an einer Heilung vom Vampirismus arbeiten, doch für ihren Verrat unbarmherzig gequält werden, präsentiert sich unhaltbar brutal und tragisch - bis die Gepeinigten schlussendlich zurückschlagen, aber feststellen müssen, dass ihr vermeintliches Gegenmittel Vampire tötet und somit keine Chance auf Heilung mehr besteht.

Konsequent apokalyptisch und entmystifizierend, die Stimmung dieser vom Chaos der 68er-Studentenunruhen beeinflusste Genreperle - wird auch durch die kakophon-zerbrechende Musikuntermalung und der expressionistisch-düsteren Kamera- & Schnittgestaltung hervorgehoben.
Im Gegensatz zu späteren Rollin-Vampirgeschichten zum Hineinträumen denkbar ungeeignet, eher verstörend und verbitternd. Dennoch unbedingt sehenswerte Untoten-Tragödie!




TRANCE - ist recht wunderbar misslungen, da die audiovisuelle Gestaltung Boyle's eine ausserordentlich-artifizielle Beglückung hervorzaubern kann, obwohl die narrative Ebene unnötig verkompliziert, bemüht-logisch und letztendlich doch widersprüchlich entworfen ist.

Hinzu kommt, dass sich der Film zwar nur um reine Trickserei und Rollenspiele dreht, dann aber einige reißerische, "große Charakterentwicklungen" hineinzwängen will, die aufgrund der leidlich packenden (dennoch mit verschenktem Potenzial versehenen) Figuren aber häufiger im Sand verlaufen - was umso schader ist, da der Film im Verlauf deutlich Frauen-zentrierter erzählt wird.
Sinniger wäre gewesen, die vielen unnötigen Plottwists einfach rauszulassen oder auf ein Minimum zu reduzieren, da sie den Zuschauer doch eher von dem eigentlichen Genuss des Hypnose-Konzepts, zur Auffindung eines Gemäldes, ablenken.

Rollenspiele und suggerierte Fantasien (auch erotische), dank denen McAvoy in seinen Erinnerungen lockerer wird, wo sich die Gangster für seinen Komfort mal benehmen und ihm auch Schwäche vortäuschen müssen: das macht den eigentlichen Spaß des Films aus. Und passt zum schelmisch-bubenhaften Charakter McAvoy's, um dessen Erinnerungen gebuhlt wird.

Sein naiv-beschwingtes Bubentum spiegelt sich dann auch in Boyle's Inszenierung wieder, die auf wunderbar-verschrobene Kamerawinkel und einen sphärisch-treibenden, höchst-emotionalen Soundtrack setzt. Welcher in seiner teils schwebenden Ambient-Elegie besonders schön die Erlösung aus den Hypnosesitzungen akzentuiert. So entstehen einige wunderbar rauschhafte Sequenzen, die dann jedoch darauffolgend vom aufdringlichen, Mindfuck-versessenen Plot abgeknickt werden, die bezeichnenderweise McAvoy's Charakter vollkommen ins Perfide umkrempeln, Boyle somit auch ein Stück "kastrieren".

Die Intention hinter diesen Wendungen wird schnell ersichtlich, werden doch durch das phantastische Verwirrspiel verschrobener Gedächtnisdimensionen und die damit verbundenen, extremen Körperhorror-Schocks sowie bizarren Erotik-Wunscherfüllungen (Rosario Dawson: WOW!) Erinnerungen an das Kino David Cronenberg's hervorgerufen.

So kommen dann auch viele bekannte Elemente aus Werken wie CRASH, eXistenZ, NAKED LUNCH, EINE DUNKLE BEGIERDE und vorallem EASTERN PROMISES zusammen - dem Film, der das moderne London und dessen Doppelbödigkeit durch die Augen Cronenberg's zeigte, ebenfalls mit Vincent Cassel als Gangster mit Herz. Doch Boyle's Hommagen an PROMISES (allen voran dessen Thriller-Elemente) in diesem, SEINEN London-Film, arbeiten leider eher gegen die eigentliche Schönheit von TRANCE - welche zwar dennoch sehr oft und schön zum Vorschein kommt und begeistert, aber durch frustrierende narrative Zwischenstopps und Sackgassen geschmälert wird. Wunderbar misslungen eben.




MEAN GIRLS - Lohan, Seyfried, McAdams, Fey, Caplan, Poehler: *schwärm* ♥




YOUR VICE IS A LOCKED ROOM AND ONLY I HAVE THE KEY - Man mag sich nicht sofort mit dem vermieften Sadistico-Assi und seiner Prügelopfer-Frau als Protagonisten anfreunden, aber der weltgrößte Bruno-Nicolai-Score lässt schon erahnen, dass Hilfe auf dem Weg ist:

Die unübertreffliche Edwige Fenech, die einfach jedem sein Leben (vermeintlich) verbessert - wie Milla Jovovich in dieser einen EINE SCHRECKLICH NETTE FAMILIE-Folge. Na gut, Ivan Rassimov mit Lagerfeld-Haarhelm hätt's sowieso nicht gebracht.

Und trotzdem muss jemand wieder Stunk machen, da werden links und rechts Leute aufgeschlitzt, Katzenaugen ausgestochen, ein Teller voller Augen serviert, der Assi und seine Frau können sich noch immer nicht ab, etc.

Doch alles endet in einer schön verspielten Twistigkeit, wie es Martino schon (besser) in DER KILLER VON WIEN gelungen war. Und kann wie immer, neben einer ansprechenden Inszenierung und einer gewissen Spannung, mit einer ausgiebig-nackten Fenech punkten. Nettes Giallöchen.

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